dieser wirthschastlichen Einheit, und daß die Aufgabe des Zoll⸗ vereins durch den Anschluß Hamburgs ihrer Vollendung ent⸗ egengehe. Beim Reichs⸗Eisenbahnwesen trete eine kleine ehrsorderung von 1400 S6 auf. Er bekenne offen, daß diese Institution ihn sehr getäuscht habe. Die Organisation sei in rer jetzigen Form schwer zu fruitifsäiren. Die Reiche schnid erfordere 1 Million mehr für die Verzinsung. Das bestän⸗ dige Steigen des Schuldenmachens werde doch auf die Dauer sehr bedenklich und zwinge den Reichstag gebieterisch, auf neue Einnahmen zu sinnen. Eben dazu mahne auch der steigende Pensionsfonds, der mit 400 000 S erscheine. In demselben Etat würden 100 000 S mehr gefordert für Erhöhung der Pensionen der ehemali⸗ gen französischen Militärs. Er trage Bedenken, eine solche Pensionsvermehrung eher den Offizieren und Sol— daten, die den Deutschen feindlich gegenübergestanden hätten, als den eigenen zu gewähren. Das könne bei den deutschen In⸗ validen nur Bitterkeit hervorrufen. Auf Grund der geringen Steigerung der Zollerträge habe der Abg. Rickert die Pro— sperität der wirthschastlichen Verhältnisse bezweifelt. Ganz im Gegentheil. Je mehr Deutschland seine Bedürfnisse selbst zu decken im Stande sei, um so weniger werde das Ausland importiren und um so weniger könne man in Deutsch⸗ land erhöhte Zollintraden erhalten. In Bezug auf den Branntwein bekenne er offen, daß die bis⸗ herigen Erträge aus einem so werthvollen Steuerobjekt nicht befriedigen könnten. Er müsse aber energisch gegen den Ver— such prosestiren, nur an der Quelle das Risiko zu erhöhen. In Betreff des Zuckers seien alle Parteien wohl darüber einig, daß die neueren Verfahren z. B. die Verwendung von Stron tian gebieterisch forderten, die Steuer zu erhöhen. Dieser Steuerfreiheit stehe ja doppelt grell die Exvortprämie gegen⸗ über, aber er bitte das Haus, diese Frage, die einen gewaltigen Umfang gewonnen habe, nicht im großen Stil, sondern ein⸗ gehend und schonend zu behandeln. Der Abg. Rickert, der zu seiner Freude in ähnlichem Sinne ausgesprochen habe, habe gemeint: da könne man sehen, daß die Manchesterleute nicht so schlimm seien. Da seien indeß eben die Verhältnisse stärker, als die Doktrinen. Bei der Post habe man ein Brutto von 81/7 Millionen, man habe erfreulicher Weise die wesent lichsten Reinerträge nicht als Plus dem Etat zugesetzt, sondern für die Beamtenaufbesserungen gesorgt. Man habe eine An— zahl Sekretärstellen neu geschaffen; es sollten 400 Landbrief— träger neu eingestellt und die Zahl der fahrenden Land—⸗ posten vermehrt werden. Er gebe aber der Post an— heim, das noch immer sehr kümmerliche Gehalt der Landbriesträger, die eine große Verantwortung und einen sehr mühsamen Dienst hätten, zu verbessern. Wenn man von einer Stagnation der wirthschaftlichen Ver— hältnisse spreche, so könnte gerade nur die Linke die Schuld daran tragen: möge man die „ehrliche Probe“ durchführen und nicht immer neue Einbrüche in das Zollsystem versuchen! Bas die Papierfabrikation betreffe, so hätten sich die Papier— preise, trotzdem die doch importirte Cellulose um 5 bie 10 Pro⸗ zent gefallen sei, auf der alten Höhe gehalten. Den Zoll trage bei der Cellulose genf das Ausland, besonders Schwe— den. Die Textilindustrie sei in ihrer Macht gewachsen, der Seidenverbrauch sei gestiegen, obgleich der Inport auf 16 des Konsums zurückgegangen sei. Die deutsche Halbseide dominire den Weltmarkt. Die deutschen Sammetfabrikate gingen bis nach Paris, wenn sie dann von dort als französische zu⸗ rücklämen, so sei daran der leidige Geschmack der deutschen Damen schuld. Die deutsche Leinwand werde in der ganzen Welt gefragt. Die Baumwollenfabrikate aus Deutschland würden jetzt sogar in den feineren Artikeln den englischen vor— gezogen. Im Elsaß sei gar keine Baumwollenwaare mehr zu haben, — so stark sei die Nachfrage! Auch der Markt in Wollenwaaren versorge sich zum größten Theil aus Deutsch— land, namentlich aus Sachsen. Die Produkijon und der Ex— port sei überall über Erwarten gestiegen, man habe jetzt bessere Arbeiterverhältnisse, keine einseitige . einzelner Industriezweige. Ebenso wie an dem wirthschafülichen Pro⸗ gramm, werde seine Partei auch an dem sozialpolitischen und finanziellen Programme des Reichskanzlers weiter feflhalten. Ein großes ausblühendes Gemeinwesen müsse zu seinem Bestehen r Neuauswendungen machen. Mache die Linke doch den Ver⸗ uch, einen mageren Eiat aufzustellen, die liberalen Wähler würden schon mit ihren Klagen kommen. In Bezug auf das finanzielle Gebiet habe seine Partei im Interesse der Gerechtigkeit die nur mit 2 Stimmen hier gefallene prozentuale Börfensteuer wieder aufgenommen. Der Abg. Rickert habe auf die Um⸗ gehungen hingewiesen. Er möchte indeß von der Mehrheit der Vörsenbesucher etwas Doloses nicht voraussetzen. Dle Ausnahmen, die in die Schlupjwinkel sich verkriechen würden, werde der Reichstag schon mit der weiteren Gesetzgebung in ihre Schlupfwinkel folgen. Auch heute noch, wie das Haus es schon früher in einer Resolution ausgesprochen habe, halte seine Partei im Interesse der Erleichterung der direkten Steuern und der Kommunallasten eine Vermehrung der Neichseinnahmen sür geboten. Ebenso sei seine Partei auf sozialpolitischem Gebiete der Meinung, daß Tie Kranken— lassen· und Unfall versicherungs entwürse die eigentlichen 3 dieser Session seien. Hoffentlich werde das Resultat der Kommissiongberathungen, die leider ein lang— sames Tempo eingehalten ann; ein gutes sein. Ebenso wünsche er einen etwas beschleunigten Fortgang der Kom— wission gverbandlungen über die Novelle zur Gewerbeordnung. Seine Partei werde einen Antrag auf Einführung obliga— torischer Arbeits bücher für Arbeiter über 21 Jahren imn kürzester Rit einbringen und den 8. 100. mit dein Zusatz, daß nur Innungsmesster Lehrlinge ausbilden sollten, dem Hause zur Beschlußsassung vorlegen. Die Fragen, welche jezt auf den Bauerntagen in Hannover verhandelt würden, sollten die Nationalliberalen darauf ausmerlsam machen, daß hier noch viel zu bessern sei. Die konservative Partei sel eine Neformpartel geworden, wag auch die von derselben ange⸗ . Initiativanträge nach außen lar kundgelhan hätten. ie Kęenservativen wollten eine Nesormpartei sein im Anschluß an die Nesormbestrebungen des Reichekanzlerg. — Seine Partei freue sich, daß die dort ergrisfene Initiative bauptsachlich auf konservativen Ucherzeugüngen ful. Das Ringen der Gegner seiner Partei nach pollischer Macht dauere noch immer sori. Der Abg. Ridhert habe vorgestern gesagt: Man wolle sogar im Lande glauben machen, daß die inte Seite bestimmse Porteseuilleg erreichen wolle. Er (Nebner) be „Sehr richtig“ gerusen. Nun habe der Abg. Riert ihn n unter großer Heiterkeit belehrt, daß dies nicht beim bg. Nickert, wobl aber bei ihm (dem Redner) der Fall sei. Der abn. Jidert möge ihm dankbar sein, denn durch seinen Zwischentuf habe derselbe die große Heiterkeit erzielt, die
einzige während der ganzen Rede des Abg. Rickert über⸗ haupt. Viel zu denken gebe das bewußte ortreten der Demokratie. dem sortschrittlichen Verein Waldeck, wo der Abg. Stern gesprochen und den Ton angegeben habe, sei folgende Nesolution gefaßt. (Zuruf) Dr. Stern gehöre doch bekanntlich zur ortschrittspartei (Widerspruch); der⸗ selbe sei doch ihr Hospitant (Rufe: Derselbe sei ar nicht im Reichstag) Die Fortschrittspartei im ieichstag leugne also die Solidarität ihrer Partei mit der im Abgeordnetenhause. Dieser Abg. Stern von der Fortschritts partei des Abgeordnetenhauses (Widerspruch) habe also Anlaß zu folgender Resolution gegeben. „Die auf das Pro— gramm der Fortschrittspartei gewähllen Abgeordneten würden in dieser schweren Zeit der Reaktion — natürlich — uner⸗ schütterlich festhalten an den Grundsätzen der Demokratie, für die Waldeck und Ziegler gekämpft und gelitten hätten“ u. s. w. Seine Partei sehe in dieser Demokratie und in der Sozialdemokratie die großen Gegner, mit denen sie zu rechten haben. Diesen gegenüber dürfe seine Partei die Augen nicht schließen. Sie wolle mit Kopf und Herz vorwärts für die Machtstellung des Kaiserthums, daneben fur die Souveränität der deutschen Fürsten und freien Städte und für eine ge⸗ sunde witthschaftliche Entwickelung. Wenn man hierin ein 6 Gewissen habe, könne man den Gefahren der Zukunst trotzen. Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Vorredner habe auf die inneren Verhaͤltnisse der Fortschrittspartei hinge— deutet. Alle Parteien der Linken fühlen sich solidarisch gegen die Anschauungen des Abg. von Minnigerode und dessen Freunde. Beweis dafür sei der dem Hause vorliegende gemein— schaftliche liberale Antrag über die geschäftliche Behandlung des Etats, die Abwehr des Doppeletats, des Angriffs auf das Etatsrecht. Der Hinweis auf die Demokratie Seitens des Abg. von Minnigerode lasse seine Partei (des Redners) kalt; die Fortschrittspartei habe ihren demokratischen Ursprung niemals verleugnet, sie sei stolz darauf, Männer wie Waldeck und Ziegler in ihren Reihen gesehen zu haben. Männer, deren Königstreue bisher noch Niemand anzutasten gewagt habe. Für den diesmal vorgelegten Etat fehle dem Hause eine Thronrede, fehle ein Dokument in offizleller Form über die allgemeinen Verhältnisse; das Haus sei allein auf die Denk— schrist angewiesen. Nun stehe fest, daß, wenn nicht die Ziele, so doch die Taktik der Finanzverwaltung des Reichs seit einigen Jahren verändert sei. Als die Finanz-Minister vor 2 Jahren in Koburg seierlich zusammengekommen seien, hätten sie ver— sichert, daß alles, was an neuen Steuern im Neich bewilligt würde, bis auf den letzten Psennig zu Steuererlassen in den Einzelstaaten verwendet werden solle. Kaum ein Jahr später habe man in Preußen erklärt, daß die neuen Steuern auch zur Vermehrung der Ausgaben, namentlich für Gehaltsverbesserungen der Beamten, gebraucht würden; und jetzt verlange man diese neuen Steuern auch gar noch zum Ausgleich von bestehenden Einnahmen und Ausgaben, zur Deckung des Defizits. Diese letztere werde zur Begründung der neuen Reichssteuer sogar vorangestellt, mit einem Wort, es sei die Theorie des horror vacui, die man einführe. Daß man unter dem verlockenden Bilde von Steuererlassen neue Steuern verlange, könne Manchen verführen; nicht so, daß man damit ein Defizit decken wolle, denn ein Defizit komme, ein Tefizit verschwinde, neue Steuern aber blleben. Im Jahre 1868 habe der Minister von der Heydt ein Bouquet von 8 neuen Steuern im Hinblick auf die preußische Finanz— lage dem Hause präsentirt; der Reichstag sei vorsichtig genug gewesen, nicht darauf einzugehen, und alsbald habe fich das Preußische Defizit in Ueberschüsse auch ohne den Zutritt neuer Steuern verwandelt. Das damalige Defizit habe nur in den auf die politischen Neugestaltungen von 1866 folgenden Uebergangsverhältnissen gewurzell; und in ebensolchen Uebergangsverhältnissen befänden sich auch heute die Finanzen Deutschlands. Denke man an die Eisenbahnver⸗ staatlichung, die den preußischen Eisenbahnetat auf 16. Milliarde habe anschwellen lassen; denke man an die Ueber⸗ gangsverhältnisse bei dem Gerichtswesen, beim Zoll- und Steuerwesen, bei dem preußischen Hinterlegungsfonds, der in einem Jahre mehr herauszahle, als einbekomme. Die vorjährige Throntede habe die Finanzlage rosig ge⸗ malt; die diesjährige umgekehrt schwarz. in Wirklichkeit scänden die Finanzen aber nicht so gut, wie der Minister Bitter, und nicht so schlecht, wie Minister Scholz sie dem Dause darstelle. Und wie man sich hier in einer Ueberganga⸗ periode besinde, so auch in den allgemeinen wirthschastlichen Zuständen überhaupt. Noch seien die Nachwirkungen der großen Krisiz von 1873 nicht überwunden, noch habe man nicht nor⸗ male Erwerbgverhaltnisse. Die Wiederkehr des normalen Zuslandes aber könne wohl durch Hindernisse, wie die jetzige salsche Wirthschastepolitil, verzögert, nicht aber ganz hintertrieben werden. Der Abg. von Minnigerode habe von dem ungeheuren Getreidetransit des vorigen Jahres, von der verbesserten Lage Königebergs gesprochen, aber dieser Transit habe seine Ursache in einer überreichen Ernte Rußlands, in dem russischen Mangel an Eisenbahnwagen und endlich in einem Sturm gehabt, durch den damalg gerade der Libauer 33 versandet worden sei. Nach dem Abg. von Minnigerode seien an der reichen Ernte, am Wagenmangel und an dem Sturm die neuen wirth⸗ schaftlichen Gesetze des Reichskanzlers schuld. Was die Textilindustrie betresse, so hätten während der Rebe des Abg. von Minnigerode Sachlenner aus dem Hause und von den Tribünen Karten an ihn geschickt, worin sie ihre Verwunde— jung über die Unbesangenbeit des Abg. von Minnigerode in Bezug auf thatsaͤchliche Verhältnisse ausgedrückt hätten. Auf einer dieser Karten habe gestanden, der große Ausschwung in der Fabrikation wollener Decken ihre daher, daß vor einem Vierteljahr die Militarbebörde so große Vestellungen in dieser Branche gemacht habe; ein Anderer habe eine Karte heruntergeschickt, „feine Nummern Zwirn würden fiberhaupt nicht in Deutschland gesponnen, sondern, wie auch Piüsch— Larne, aus England bejogen“. Vei Verathung des Antrags Buddeberg Schmidt habe das Haus anerkannt, daß in Bezng auf die für Kordeln und Ligen erforderlichen Garne die Zölle nicht die beabsichtigte inländische Produktion her⸗ vorgerusen hätten, daß man deshalb die Zöhe wieder ermäßigen müsse. Auch statistisch habe sich die Ausfuhr der Textil⸗ industrse im laufenden Jahr gegen dag Vorjahr nit vermehrt, sondern eher vermindert. Die Fu uf habe Muth bekommen; sie begebe sich in Wettkampf init anderen Nationen, selbst die Englander spürten es schon!“ So sage die Rechte. Nun, wenn Deutschland wirklich in allen Liesen Branchen so Uber⸗ legen sei, wag dran man denn noch Schug joölle? enn die Rechte darauf vertraue, daß Dentschland einem so außerordentlichen Aufschwung entgegengehe, wozn
wolle sie dann so viel neue Steuern? Es sei ja die Signatur des Etats, daß die großen Betriebsverwaltungen in ihren Er⸗ gebnissen von den augenblicklichen gewerblichen Konjunkturen abhingen; ein Prozent mehr Eisenbahnüberschüsse, Bergwerka⸗ überschüsse, Finanzzollüberschüsse, das schwelle gleich zu 10, 20, 30 Millionen in dem Etat und habe weit mehr finanziellen Effekt, als ein paar neue Steuern. Der diesjährige Etat, entsprechend der Theorie vom horror vacni, sei künftlich zu ungünstig aufgestellt; die Matrikularbeiträge ließen sich um wenigstens 19— 15 Millionen vermindern. Auch in Preußen sei der Eisenbahnetat künstlich auf einen zu niedrigen Ueher⸗ schuß zugeschnitten; man käme zu anderen Ziffern, wenn man wie früher nicht das abgeschlossene Jahr 1881/82, sondern die Einnahmen bis in die letzten Monate hinein dem Voranschlag zu Grunde gelegt hätte. Der Abg. von Minnigerode nenne solches Verfahren einen Raubzug; er möchte es eher als Versuch bezeichnen, mehr Matrikularbei⸗ träge und Steuern als nöhig zu erheben. Man müsse mehr als bisher auf Ausgabeersparnisse dringen, die Anschauungen der Milliardenzeit zu verlassen. Allerdings, die Herren von der Rechten sprächen nur vor und bei den Wahlen von noth— wendigen Ersparnissen; nach den Wahlen unterstützten sie die Linke darin nicht; der Abg. von Minnigerode wolle kein Schuldenmachen mehr; woher kämen denn die Anleihen? Vom Militär und der Marine. Wenn aber der Abg. Rickert angedeutet habe, hier lasse sich sparen, flugs erhebe sich der Staatssekretär und im Verein mit dem Abg. von Min⸗ nigerode rufe derselbe, daß die Linke die Wehrkraft, die Wurzel deutscher Macht angreifen wolle! Denke man z. B. an den in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ so prachtvoll geschilderten Bau des zu der neuen Dresdener Schützenkaserne gehörigen Offizierkasinos. Mit dem Gelde, daß diese Kaserne mehr gelostet habe als eine gewöhnliche, hätte man in der untersten Klassensteuerstufe alle Diejenigen frei⸗ machen können, gegen die man mit Psändungen habe vor⸗ gehen müssen. Der Belagerungskrieg gegen den Reichstag zur Erzielung neuer Steuern sei in der Hauptsache jetzt in das preußische Abgeordnetenhaus verlegt. Der horror vacui solle verstärkt werden auch dadurch, daß man neue Steuern erlasse in der Erwartung, der Reichstag werde die Lücke ausfüllen. Wolle man einmal eine solche Vertauschung, so sei es ihm allerdings lieber, wenn man erst die Steuern erlasse, und dann eine neue Steuer in Frage ziehe, als wenn umgekehrt wie bisher erst neue Steuern bewilligg und die alten dann nicht erlassen würden.
Der Etat für 1884/85 ergebe bei den Zöllen, Taback- und
Stempelsteuern gegen den Etat von 18791860 — vor den Be⸗ willigungen — ein Plus von 124 Millionen, also bereits nahezu die Summe, welche er als Wirkung der neuen Bewil⸗ ligungen von Anfang an in Aussicht gestellt habe, 145 Mil⸗ lionen. Diesen 124 Millionen stehe ein Erlaß von 20 Mil⸗ lionen gegenüber, von dem man jetzt sage, daß derselbe auch nicht hätte erfolgen dürsen, weil noch ein Defizit von 30 Mil— lionen da sei. Wenn man damals gesagt hätte, daß jene 124 Millionen nur für neue Defizits und neue Ausgaben er⸗ forderlich wären, wer wisse, ob selbst der Abg. Windthorst auf die neuen Steuern damals so gern eingegangen wäre. Früher habe man hier den preußischen Verfassungsartikel 109, wonach die bestehenden direkten Steuern sorterhoben werden sollten, als die Grundmauer der Monarchie hingestellt. Der Reichskanzler hebe diesen Artikel zwar nicht auf, aber derselbe mache ihn inhaltloß. Nun könne ihm das von kon⸗ stitutionellem Standpunkt aus schon recht sein. Ob der vorgeschlagene Steuererlaß in Preußen richtig sei, unterliege hier nicht der Beuriheilung. Aller⸗ dings solle der Steuererlaß in Preußen zunächst von dem Er⸗ satz durch neue Lizenzabgaben abhängig gemacht werden. Schließlich werde der Reichskanzler auch einwilligen, daß der Steuererlaß ohne die Lizenzabgaben auf Anleihen geschrie⸗ ben werde. Lehrreich bleibe aber immer der Vorschlag einer solchen Lizenzsteuer. Die Lizenzabgaben vom Tabackhandel verstießen gegen das Neichsrecht. Dasselbe gestatte nicht, auf Taback Staatssteuern zu legen; mit Unrecht nenne man die beabsichligte Lizenzabgabe eine Gewerbesteuer. Eine Besteuerung des Bruttowerths des verkauften Tabacks mit einem bestimmten Prozentsatz sei eine Tabackbesteuerung durch Umgehung der Reichsgesetzgebung, ein Schleichweg gegen das Reichsrecht. Den Brannt⸗ wein an der Quelle anzufassen, scheue man sich, und suche lieber die Paar Tausend Branntweinschenker in Preußen auf, um den Vranntwein steuerfähig zu machen! Die jetzige Branntweinsteuer im Reich sei in Wahrheit eine Prämie für die Branntweinbrenner zu nennen. In der Börsensteuer sehe die Rechte keine Störung der Börse. Die Rechte habe kein Glück gehabt weder bei ihrer früheren Vörsensteuervorlage, noch bei den Wahlen. Ietzt machten die Konser⸗ vativen noch bei ihrem neuen Projekt die Forde⸗ rung der persönlichen Beurkundung, die von ihnen sonst bekämpft sei. Die Konservativen gäben dem zu Vesteuernden ein Buch, worin derselbe seine Geschäste eintragen müsse, — warum thue man das nicht bei jeder Steuer? Lasse man doch den Landwirth allein seine Ausgaben buchen, bann werde man erst eine gerechte Einschätzung machen können. Wenn die Rechte die Wetten an der Börse besteuern wolle, müsse sie auch die bei den Wettrennen mit einer Steuer belegen. Die Rechte werden gerade das solide Geschäft an der Börse be⸗ lasten. Er erinnere auch an die vom Minister von Voetticher bei der Debatte über Einführung der Landegsprache im Landegausschuß in Elsaß⸗Lothringen citirten Worte: Es be⸗ zeuge gerade leinen großen Respelt vor dem Gesetzgeber, wenn man ein Gesetz alsbald nach dem Erscheinen wieder abändere. Zufällig hatten sich diese Worte gerade auf den neuen Entwurf der Konservativen für die Börsensteuer bezogen. Die ganze lonser⸗ vative VBörsensteuer sei gerede eine Vexation des kleinen Manneg, der jetzt allein den Stempel zu tragen habe, nicht des Ban⸗ quierg, den die Konservaiiven hätten treffen wollen. In Be⸗ e auf die Zuckersteuer könne er nur aus sachkundigem Munde berichten, daß es bei den kolossalen Gründungen von neuen Etablissemente der letzten 2 auf diesem Gebiete bei einer Reform der Steuer einen furchtbaren Krach geben werde. Schon vor Jahren habe er eine Resorm der Branntwein⸗ und Nübenzuckersteuer gesordert, damalg habe man ihm nicht — gen wollen. Dag Verfolgen von Sonderinteressen treffe g
zuletzt die Jnteressenten selber. Daß Sonderinteressen n würden, sehe man auch am 3 Zuerst sollten dle Differentialtarife an dem Seruntergehen der Holwreise schuld gewesen sein. Nun erhalte man den Holnoll, — 6 sei aber auch der vorjäbrige milde Winter gekommen un 9. Vreise seien wieder Herunler gegangen. Da verlange man von Neuem noch Zollerhöhung, doch nur im Interesse der Waldbesiher.
Ebenso sei es mit dem Verbot der Einfuhr amerilanischen Schmal zes. In seinem Wahllreise habe der aus allen Parteien bestehende landwirthschaftliche Verein den Landrath mit dem Vorschlag abfallen lassen, gegen Einfuhr amerikanischen Schweine⸗ eisches zu petitioniren. Gewiß gebe es Schäden durch chlechte Nahrungsmittel, wie es Unfälle auf Eisenbahnen ebe. Aber die Zahl der durch schadhafte Nahrungsmittel zu runde gehenden Menschen verschwinde gegen die in Folge ungenügender Nahrung verkümmernden, weil sie eine für ihre Gefundheit nöthige Fleischnahrung nicht bezahlen könnten. Wer daher die billige Fleischnahrung vertheuere, vergehe sich gegen die ärmere Bevölkerung. Solche Politik könne nicht für den Reichskanzler Stimmung machen; deshalb habe derselbe auch jüngst seine Wahlpolitik geändert. Früher seien seine Reden in unzähligen Flugblättern verhreitet, ost unwichtigen Inhalts. Aber immerhin habe der Kanzler doch damals noch auf die Ueberzeugung wirken wollen. Jetzt werde dagegen eine systematische äußere Wahlbeeinflussung durch die Behörden getrieben. Der Minister des Innern, man könne ihn jetzt Wahl-Minister nennen, kläre, wie man es nenne, die Ober- Präsidenten über die Ziele der Regierungspolitik auf; von den Ober-⸗Präsidenten würden weiter die Regierungs— Präsidenten, von diesen die Landräthe, dann so fort die Amts— vorsteher und Schulzen aufgeklärt; die Kreisschulinspektoren klärten die Lehrer auf, die Obersörster die Förster und Holz— arbeiter. Wer kenne nicht aus der Soldatenzeit die gesteigerte Wirkung, welche ein leiser Wink von oben, durch alle In⸗ stanzen gesteigert, zuletzt auf die Mannschaften ausübe! Die Beamten hätten den Eindruck empfangen, daß sie die Wahlpolitik sich zur Richtschnur wählen müßten in Bezug auf den Geschäfts⸗ verkehr der Behörden mit Privatpersonen, daß man Liheralen keine Lieferungen übertragen dürfe. Er könne unzähliche Bei⸗ spiele von Wahlbeeinflussungen nachweisen. Aus Cüstrin werde z. B. in allen Blättern berichtet, daß, nachdem der Hotel⸗ besitzer Milisch für einen liberalen Wahlmann gestimmt habe, der Verkehr der ortsangehörigen Offiziere bei demselben auf⸗ gehört habe. Der Oberst von Kalkreuth habe demselben er⸗ öffnet, daß dies die Folge seiner Wahl sei, und selbstver⸗ ständlich sein Hotel jetzt auch nicht mehr von den auswärtigen inspizirenden Offizieren besucht werden würde. Als in diesem Sommer fortschrittliche Wahl vereine Gartenconcerte veranstaltet seien, in welchen nicht einmal politische Reden gehal⸗ ten seien, sei die gedungene Militärmusik kontraktbrüchig gewor⸗ den, weil der Adjutant dem Musikmeister die Mitwirkung verboten gehabt habe. Auf seine Beschwerde habe ihm der Kriegs⸗ Minister erwidert, daß es seine (des Kriegs-Ministers) Aufgabe sei, die Armee von dem Getriebe politischer Parteien fernzu⸗ halten. Er wolle nicht untersuchen, ob die Mitwirkung bei einem Concerte gegen Entgelt eine Betheiligung der Armee an dem politischen Getriebe darstelle; aber was dem Einen recht sei, müsse doch dem Andern billig sein. Unmittelbar vorher habe die Militärmusik überall bei konservativen Festlichkeiten mit— gewirkt. Jetzt sehe er aus den Zeitungen, daß in der Flora zu Ehren des Wahlsieges des Abg. Cremer Meister Roßberg den Taktstock geschwungen und die wohlorganisirte Militär⸗ kapelle den Krönungsniarsch gespielt habe. Eben werde ihm auch gesagt, daß bei der politischen, Geburtstagsfeier des Kollegen Stöcker auch Militärmusik gespielt habe. Er gönne das dem Abg. Stöcker sehr gern, nur meine er, müsse man den Liberalen auch etwas Musik zukommen lassen. Dieselbe Flora, in welcher mit Militärmusik eine. konservative Versammlung stattgefunden habe, sei ihm im vorigen Jahre für eine politische Rede versagt worden. Die Direltion der Flora sei kontrakt⸗ brüchig in Folge Intervention des Polizeidirektors von Sal⸗ dern geworben. Ueber den Vorfall habe das Haus Er⸗ hebungen beschlossen, deren Ergehniß seltsamerweise noch nicht an das Haus gelangt sei. Er bitte den Kriege— Minister, sich hier nicht blos an die einzelnen Fälle zu halten, und etwa auszuführen, daß auch andere Gründe als politische mitgewirkt hätten, oder daß auf liberaler Seite ähnliches statt⸗ finde. Auf den einzelnen Fall komme es nicht so an, wie auf die grundsätzliche Stellung der Regierung in solchen Fragen. Gebe der Kriegs⸗Minister eine solche Erklärung ab, dann interessirten ihm die einzelnen Fälle viel weniger; sie kämen dann nur auf Rechnung der betreffenden unteren Personen. Bleibe eine solche grundsätzliche Erklärung aus, dann würde man in Deutschland allerdings nicht ein Parteiregiment, sondern ein parteüsches bekommen. Alle Etats seien halt⸗ los, sage der Abg. von Minnigerode, die Naturalien⸗ preise, die Militärverwaltung und die Ertrẽge der Rüben⸗ zuckersteuer ließen sich auch pro 18833/‚84 nicht berechnen. Das gerade Gegentheil sei richtig. Die Hälfte des Fourage⸗ bedarss für 1883.ñ84 sei schon jetzt angekaust, so daß man in dieser Beziehung mit bereits bekannten Preisen zu rechnen habe. Ebenso fuße der Ertrag der Nübensteuer pro 1883. 84 auf die jetzige Ernte, während die nächste Ernte in Folge des Sechs monats kredits erst im Etat pro 1884 85 in Rechnung lomme. Anerkennen wolle er ja, daß der Etatsband pro 1884/85 ebenso dick sei, wie der von 1883/84 und eben so viel Ziffern enthalte, das sei aber auch alles, was er über diese Kallulatur⸗ arbeit sagen könne. Vergleiche man nur einmal die beiden Militäretatg. In jedem Jahr unternehme die Negierung eine Reihe von Aenderungen in den Formationen, einfache praltische Neuerungen, die nicht Gegenstand politischen Streits seien. Im Etat pro 188155 fehlten diese Aenderungen. Natürlich derücsichtige die Militärverwaltung ihre bisherigen Erfahrun⸗ gen schon im nächsten Jahre. Di neuen Jahre aber mache sie auch neue Ersahrungen. Stelle man aber schon jetzt die Er⸗ ahrungen pro 1861/85 sest, so komme die Militärverwaltung n die Alternative entweder die Ersahrungen des nächsten 83 X ein Jahr unbenutzt zu lassen, oder man erhalte einen achtragsetat, welcher sast in allen Titeln den jezt sesige⸗ ellilen Etat pro 1863 81 wieder verändern würde. Dies als eispiel, wie auch das Verwaltungsinteresse durch Doppelctate geschädigt werde. Wie liege die Sache rechtlich Man wolle die preußischen Verfassunge artikel auf das Reich übertragen. Weil aber in Preußen der Etat zu spät festgestellt sei, sormulire man noch ein besonderes Schutzmiltel dagegen, indem man sage, att der Etat werde 36 sestgestellt: der Etat werde vor ginn der Etataperiode sestgestellt. Darauf sei damals Nie⸗
mand e daß man einen Etat in veifassungewidriger
Weise zu früh fesistellen könnte. Indessen der Versuch der Ne 141 i. ja wesentlich nur politische Gründe. Man wol die leschten Formen der parlamentarischen Initiative bei der Eiataberathunga ⸗Ausschließung. Falle die Etats berathung aug, so verliere die ganze Session ihren Rückhalt. Möge immerhin die Verfassungabestimmung darin slehen bleiben, daß der — * * —* berathen miüsse, so lönne derselbe doch
Direkt und indirekt solle alles geschehen, um den Einfluß der Volksvertretung zu schwächen und zu verkümmern. Um dies zu decken, werde umgekehrt Klage erhoben, daß die Linke parlamentarische r,. und Machterweite⸗ rung anstrebe. Der Abg. Rickert habe umgekehrt die Frage erhoben, ob man denn etwa glaube, daß ein Volk auf die Dauer gegen seinen Willen regiert werden könne. Oder sei man etwa auf der Rechten dieser Mei⸗ nung? Huldige die Rechte denn der Theorie vom be⸗ schraͤnkten Unterthanenverstande? Wie wolle die Rechte sonst den Nickertschen Satz bestreiten? Der Abg. von Minnigerode habe auf das starke Wachsthum der konservativen Strömung im Volke, vertraut. Aber das sei es ja eben, die Rechte wisse, die Zukunft gehöre ihr nicht. Die konservative Partei habe jetzt nur noch eine kurze Chance zur Verwirklichung ihrer Projekte, deshalb ihre große Eile, die er (Redner) übrigens den Konservativen, im Gegensatz zu Rickert, gar nicht übelnehme. Was die Konser⸗ vativen jetzt nicht bekommen könnten, bekamen sie über⸗ haupt nicht mehr denn sie hätten nur mit einer kurzen Spanne Zeit zu rechnen. Die, große Konkurrenz der konser⸗ vativen Vorlagen untereinander richte dieselben, im ein—⸗ zelnen zu Grunde. In Sommer habe der Reichstag sich mit dem aussichtzlosen Tabackmonopol beschäftigt, jetzt, mit dem ebenso aussichtslosen Doppeletat; auch mit der Börsen⸗ steuer und den obligatorischen Arbeitsbüchern werde die kon⸗ servative Partei lein Glück haben. Man habe von der Nei⸗ gung der Linken gesprochen, Minister zu werden. Warum sollten die Liberalen die Herren am Ministertisch beneiden? Wegen des hohen Gehalts? Wegen der guten Behandlung etwa? Glaube man denn, einer von den Liberalen möchte die Wege Achenbachs, Eulenburgs, Bitters wandeln? PVestigia terrent! Vielleicht sage die Rechte, einer von den Liberalen möchte Reichskanzler werden. Nach Bismarck werde es üher⸗ haupt keinen Reichskanzler mehr geben in der heutigen Ge— stalt! In Bezug auf die jetzt maßgebenden Personen erwarte Niemand von den Liberalen eine Aenderung; aber akademisch betrachtet, werde Fürst Bismarck einen Nachfolger nicht haben. Der Reichskanzler sei in diese Stellung hineingewachsen, und trotz seiner großen Leistungsfähigkeit trete immer mehr hervor an allen Ecken und Enden, wie schwierig und unmöglich demsel⸗ ben werde, seine Aufgabe nach allen Seiten hin auszufüllen.
zißstände aller Art bewirke dies im Stagisleben. Es sei nicht der geringste Vorwurf, den er dem Reichskanzler mache, daß derselbe die ganze Organisation des Reiches so gemacht habe, daß sie, wenn der Kanzler aus dem Amte ausscheide, sofort werde geändert werden müssen. Und dann hahe auch die Krone, vom Standpunkte der Zukunftspoli⸗ tik betrachtet, ein großes Interesse, die Stellung des Reichskanzlers zu ändern. Die Interessen der Krone und des Reichstags seien nicht entgegengesetzt; Parlament und Krone machten sich nicht Konkurrenz Die Konservativen, die sich vorzugsweise Verehrer und Bewunderer der Dynastie nennten, sollten doch in einem Parlament, was alle 3 Jahre neu gewählt werde, nicht eine Gefahr erblicken gegen die Jahrhunderte alte und in den Herzen des ganzen deutschen Volks festgewurzelte Dynastie. Ein angesehenes mit Rechten ausgestattetes Parlament sei ehenso Nothwendigkeit für die deutsche Einheit, wie eine Stütze für die Krone zur Et⸗ füllung ihrer dauernden Aufgabe in Deutschland. Und gerade, weil die Linke von dieser Stellung des Parlaments nichts ab— brechen lassen wolle, darum verweigere sie es mit aller Ent⸗ schiedenheit, auf diesen Versuch einzugehen, das Geldbewilli⸗ gungsrecht durch Einsührung eines doppelten Etats zu schmälern. Auch im weiteren Stadium der Berathung werde die Linke für jeden Antrag stimmen, der am unzweideutigsten und schärfsten diesen Versuch der Schmälerung des verfassungs— mäßigen Rechts Deutschlands zurückweise.
Hierauf ergriff der Vevollmächtigte zum Bundesrath Staats⸗Minister Scholz das Wort: ;
Die Stellung zu dem Vorschlage der verbündeten Regierungen, jetzt für zwei Jahre im Voraus Reichshaushalts ⸗Etats festzustellen, ist, wie einer der Herren Vorredner bereits angedeutet bat und gewiß viele von den Herren im Hause auch als ihre Meinung be—⸗ kennen werden, mehr eder weniger untrennbar von der Stellung u der Frage, ob eventuell auch in Preußen dasselbe Expediens möglich und annehmbar sei. Gestatten Sie mir deshalb zu dieser letzteren Frage einige wenige Worte in die großen Reden einzuschieben, die über diese und sehr viele andere Dinge gehalten worden sind.
Es ist aus der neulichen Aeußerung des Herrn Staats sekretairg des Reichs Schatzamteg, daß er dabingestellt sein lasse, ob der Einführung der jweijährigen Etatsrerioden in Preußen ein be—- sonderes technisches Bedenken entgegenstebe, mit Unrechr gefolgert wor⸗ den, diese Frage wäre nicht auch bereits erörtert, wäre noch völlig eine offene und wäre bei dem Beschlusse der verbündeten Regierun⸗ gen, zweijährige Etateperioden für das Reich berbeijufübren, von der preußischen Regierung selbst vielleicht als zweifelbast angesehen und zweiselbaft gelassen worden. Wie die demnächstigen Worte des Derrn Staalzsekretairg aber bereitt, erlennen lassen, hat er ire, die Absicht gebabt, in diesem Sinne sich ju äußern, sondern nur für selne Person davon ahseben wollen, diese speileil vecußische Frage zu beantworten, und dez halb sogleich auf ander weile Auskunft bejßglich derselben verwiesen. ᷣ .
Dlese Üubtunst batße ic jun dabln ju geben, daß die vreußische Regierung nicht dag geringste Bedenken begt, die CGinsührung swei⸗ jabriger Gtateperioden, wie sie solche für das Neich seitber schon dringend empfoblen und auch bei Ibrer Justimmung zu dem jeßigen Ver such eines praktischen Schrittes in Tleser Richlung vor Augen gehabt, demnächst gang ebenso für Preußen vorjuschlagen und, was an ibr liegt, sie herbeljufübren. Diese Auffassung der xrruslis ben Regierung dattrt nicht ven beute oder geslern, sendern ist selt dem Früöͤbsabr 1858, wo der Herr Reiche kanmler juerst die Einfübeung jweisabriger Gtateperioden angeregt hat, immer und geUn müthig dieselbe in Preußen gewesen. Schon unter dem 29. Mär deg Jabreg 187595 bat mein damallger Derr mteoorgänger zu der Frage volirt (ch erlaube mir die bauptsächlichsten Stellen aus seiner damallzgen Aeußerung w ö e.
Auch kann ich dem Hrn. Reiche kanzler darin nur beistimmen, daß iu diesem Zwecke ; nämlich dem der Vermeldung deg Jasammentageng ren Reiche-⸗ tag und Landtag und der dadurch kberoorgerufenen Uebelstände — daß ju diesem Zwecke die Ginfübrung merisäbriger Gtatrrerioden
für dag Neich und dickenigen Bundegstaaten in Uuesicht 1
nebmen ist, in welken die Gtatg zur Jeit alliährlich sestgestellt
werden, mit der Maßgabe, daß diese für dag Reich einerseitz. für die — 6 nicht in demselben Jabre
9 Anfang zu nebmen ten.
2. 4 * in diesem Votum erörtert, daß ia Preußen schon früber Bestrebungen zur Herbelfübrung messskriemr Gtats verie den ber- vorgetreten. 63 in . —— — aboelebat werden selen.
etum fährt mit Darauf fort: 2. . Vorgang . icht abhalten dürfen senen Antrag
setzt ja errenern, da sich die Wer bälte isse setldem wesentlich anderg g
3. haben G) bandelt ert nich mebt darum, die darla
nach wenig Tagen entlassen werden, wenn dem Reiche kanzler elne längere Sesston nicht in seinen politischen Plan passe.
dern darum, die in keinem —— — konstitutionellen Staate vorkommenden doppelten Eiatsberath
für das Reich und die Einzelstaaten und die großen Unzuträglichkeiten zu beseitigen, welche mit dem Zusammentreffen der
der Reichstags⸗ und Landtagesitzungen verknüpft sind — Unzuträglichkeiten, welche allgemein und nament⸗ lich auch in Landtags- und Reichstagskreisen je länger je mehr sich in dem Maße fühlbar gemacht haben, daß das Bedürfniß einer Abbülfe allseitig anerkannt wird.
Das Votum erörtert dann aber die Frage, ob die Berhältnisse im Reiche und in Preußen — damals im März 1879 — derar- tige seien, daß es opportun wäre, mit der Maßregel vorzugehen. Diese Frage verneint das Votum nach beiden Seiten. Es meint, daß da⸗ mals im Reiche zu viele, zu geße Fragen schwebten, die man erst abwarten müsse, daß ebenso in Preußen insbesondere die Entwickelung der Eisenbahnverhältnisse, die im Werk begriffene Gerichtsorganisation und mehr dergleichen Dinge seien, die jeßt einen solchen Anatrag — also im Jahre 1879 — nicht zweckmäßig erscheinen lassen dürften= Das Votum meines damaligen Herrn Amtsvorgängers schließt also:
Unter diesen Umständen kann ich mich zur Zeit für Einsährung der zweijährigen Etatsperioden nicht aussprechen. Ich stelle viel⸗ mehr dem Königlichen Staats⸗Ministerium zur Erwägung anheim, ob es sich nicht empfehlen möchte, von einer solchen Aenderung der Etatsperiode bis dahin abzusehen, daß die Verhältnisse im Reiche sich noch mehr entwickelt und konsolidirt und auch in Preußen sich 6 so gestaltet haben werden, daß von der beab⸗ . Maßnahme ein wirklich praktischet Erfolg zu erwarten ein würde.
Bei der demnächstigen Berathung im Staats. Ministerium haben sich sämmtliche Mitglieder desselben einftimmig zu dem sachlichen Inhalte des inmwischen ausgearbeiteten Reichsgefetzentwurfes bekannt. und nur die Opportunitätsbedenken, welche von dem damaligen Herrn Finanz-Minister und einigen seiner Kollegen geltend gemacht worden waren, nur diese Opportunitätsbedenken sind durch Majoritätsbeschluß: erledigt worden. In Bezug darguf hat damals der Herr Finanz⸗ Minister sich nach dem Protokoll über die Sitzung insbefondere dahin geäußert:
„Der Hr. Finanz ⸗Minister erklärte die Frage wegen Ein⸗ bringung des Entwurfes beim Bundesrath gleichfalls verneinen zu müssen. Für so segensreich er den Zustand halten würde, daß man in Preußen, wie im Reiche nur ein Jahr um das. andere eine Etatsberathung durchzumachen hätte, sollte man selbst inzwischen Nachtragsetats einbringen müssen, so sei er doch der Meinung, daß der Gesetzentwurf, jetzt eingebracht, auf eine rein fachliche Behandlung nicht zu rechnen habe, sondern vielmehr den Abschluß der schwebenden wirthschaftlichen und finanziellen Tragen zu gefährden geeignet sei, auf die er doch von seinem Standpunkte aus den allergrößten Werth legen müsse
Der hierin ausgesprochenen prinzipiellen Beurtheilung der Ein⸗ richtung zweijähriger Etataperioden hat, so viel mir bekannt, auch mein unmittelbarer Herr Amtsvorgänger ganz und voll zugestimmt, und ich kann mich dem ebenfalls heute nur vollständig anschließen. Die Opportunitätsbedenken, die im März und im Mai 1879 geltend gemacht worden sind, treffen ja selbstverständlich heute nicht mehr zu. Solche Opportunitätsbedenken — und ich glaube, der Hr. Abg. Richter (Hagen) hat vorhin auch die Absicht gehabt, auf dergleichen hinzuweisen — können natürlich immer vorgebracht werden, denn, meine Herren, wenn wir nicht zur völligen Ruhe, das ist zur Stagnation der Entwickelung unseres politischen Lebens kommen, so werden wir zu jeder Zeit Fragen vor uns haben, die nicht abgeschlossen sind, die noch im Flusse befindlich sind, und damit würden wir ebenso gut in zehn Jahren und in zwanzig Jahren Einwendungen begründen können, die uns immer abhalten dürften, einer Sache näher zu treten, die an sich gut und richtig ist. Einen solchen Weg dürfen wir nicht einschlagen. .
Daß die zweijährigen Etateperioden an und für sich selbst nicht besser sind, als einjährige, das brauche ich nicht zu wiederholen, ich brauche auch nicht wiederholt daran zu erinnern, daß nicht um eines solchen vermeintlichen Vorzugs willen, sondern aus anderen über⸗ wiegenden Rücksichten des öffentlichen Wobles dem Reichstage vorge— schlagen wird, auf diese Ginrichtung einzugehen, und daß also auch in sinanztechnischer Beziehung nicht die Forderung zu stellen ist, daß der Nachweis geführt werden soll, daß die neue Einrichtung besser ist als die biserige, sondern nur die, daß der Nachweis geführt wird, daß sie nicht unmöglich, daß sie nicht schädlich ist für die Bundes⸗ staaten und das Reich. In dieser Beziehung möchte ich aber auch nicht das Haus ermüden, indem ich heute etwa nochmals das aus- zufübren suche, was bei der ersten Lesung des die Verfassung in diesem Punkte abändernden Gesetzentwurfes im vorigen Jahre schon von mir ausgeführt worden ist. Ich möchte mir nur erlauben, zu einigen Punkten etwas nachzutragen mit Bezug auf die Ausführungen des Hrn. Abg. Rickert in der vorigen Sitzung. ;
Der Herr Abgeordnete hat da nach dem mir vorliegenden ausführlichen Zeitunge referat inter Anderem gesagt, wenn man aus dem Artikel 69 der Verfassung, daß der Etat vor Beginn des Etatejahres festgestellt werden solle folgerte, daß er auch für 2 Jahre vorber festgestellt werden kann, warum denn nicht auch auf 3 oder 5 Jahre oder gar auf ein Dejennium? Er hätte weiter fragen dunen: warum nicht auf ein balbes Jahr, warum nicht für einen Monat? Der Hr. Abg. Rickert war mit dieser Fragestellung auf so rich⸗ t gem, gutem Wege, daß ich nur bedauern kann, daß er den Ge— danken nicht zu Ende geführt hat, der darin liegt; denn in dieser ganzen Fragestellung ist der Beweig geliefert, daß es sich nicht um tine prinzipielle, um eine volitische Frage handelt, sondern nur um eine reine Quantitätsfrage, um eine Zweckmäßigkeitsfrage im eigent⸗ lichsten Sinne des Wortes, und der Hr. Abg. Rickert würde dann. wenn er sich entschlossen bätte. nur einen Augenblick diesen Stand- punkt einzunehmen, eine große Anjabl von Einwendungen und bochvoli⸗ tischen Bedenken, denen er Ausdruck gab, baben fallen lassen müssen.
Der Herr Abgeordnete hat dann geglaubt, auf diese Seite des Hauscg (rechte) einen besonderen Eindruck zu machen dadurch, daß er den fräberen Fübrer der Reichgvartei, Hrn. Dr. Friedenthal. für seine Auffossung rellamirte. Anscheinend glaubte er, durch die Erinnerung dessen, wag von diesem Herrn im Reichstage aug- gefübrt worden sei, gewissermaßen eine Befangenbeit bervorjurufen wegen der jetzt abweichenden Meinung. Ich bedauere, dem Orn Abg. Rickert in dieser Richtung nichl ‚„azeben ju können, daß er der rich · ige Interpret der Ansichten des Hrn. Friedentbal bier gewesen wäre. ich muß Hrn. Friedenthal fr die Regierung reklamtren. Aus dem. wat ich Fon vorbin mitmtbeilen die Ehre gebabt babe über die Vor- gänge im Staatz. Ministertum im Jahre 1879, gebt sa das schon ber- vor Hr. Frledentbal war damal. Mirister und ist betbeiligt ge- wesen bei den Berbandlungen im vreußischen Staatg. Min isterium. welches sich — wie ich vorbin bKernerfte — einmütbig für den fachlichen. Jabalt det damalz auegearbeincten und vorg. legten Gesczent wurf wegen Ginfübrung jwelsabriger Giatz gerieden augsprach. Ib will aber noch, well dag dem Hrn. Abg. NMictert vielleicht meci elbaft er- scheint, swwentell binjufsigen? in der ersten Verbandluag. die dar nber saltfand, am 4. Ayril 1579, ro nur die Prinibrien deß nenen Ge- sezeß besprechen wurden und der Herr Neichekannlker feiner seitg m dem Gedanken kberrortrat, derjäbrige Lealelatirerverkeden cinzufabren. jst bemerkt, daß der Dr. Starte. Min ister Dr. Frkedengbal fab da- für auzgesprecden dat, die Seglelaturreriode auf ech Jabre jun er- reden; doch Nelli, der Minister. Präsident dem entgegch, dag man dieselben jandchs besser auf vier 833 erstredde. Das sicht nicht danach aun. alg eb Or. 1 — bel der Ber sixien des Gefchkes irgend säbrigen Etate periode jn kefrnnen. Gg dem 21. Mal autdrclich et: der Mialster simmte diesen Ane fn die Drrertun tät eiae Vorlane erbob lelne Giawendungen gegen die r de Gamnenrsg. er würde vielmehr in dolle NUer erblikea. (UAba. NRikert: 1
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