bestehe, modernes Recht sei auch deutsches Recht. Das An⸗ erhrecht lasse sich nur dort empfehlen, wo es durch lokale, historische Tradition sich eingebürgert hahe. Andernfalls wenn es aus dem Kreise dieser Traditionen herausgetragen werde, bedeute das Anerberecht nichts weiter als eine herbe Benach⸗ theiligung der Miterben, er würde also aufs Entschiedenste gegen eine Ausbreitung dieses Prinzips auf alle Provinzen Preußens protestiren müssen. Der Abg. Miquel habe es so hingestellt, als ob das Bestreben nach Erhaltung des Besitzes in einer Hand lediglich das Vorrecht bäuerlicher Gesinnung sei; man finde dasselbe Stre⸗ ben auch im Handels- und Gewerbestande, namentlich in großen Geschäften, deren Stolz ihre Jahrhunderte alte Tradition sei. Er verweise z. B. auf seine Vaterstadt Leipzig, da werde man Exempel genug finden. Finde sich also dieses Bestreben und seine Ausführung, ohne gesetzliche Bestimmungen, bereits im Handelsstande, so werde es recht wohl auch im bäuerlichen Stande unter dem gemeinen Recht zu ermöglichen sein überall da wo ein wirkliches Bedürfniß hervortrete. Was den Hesetze nt wurf selbst betreffe, so habe fein Wortlaut einige allgemein gehegte Befürchtungen zerstreut. Es sei bereits nachdrücklich hervor⸗ gehoben, daß der Entwurf an die Prinzipien der freien Ver⸗ erbung der Theilbarkeit u. s. w. nicht rühre. Sei das aber der Fall, so könne man auch nicht von einer irgend erheb⸗ lichen Wirkung des Gesetzes sprechen, das nur da wirken werde, wo das Volksbewußtsein stark genug sei, das Gesetz zu stützen. Wenn ferner gesagt sei, der Gesegentwurf sei wesentlich zur Erhaltung des mittleren Grundbesitzes, als der Grundlage einer gesunden politischen und sozialen Ordnung, bestimmt, so müsse er bemerken, daß diese Anschauung schon Aristoteles vor mehreren tausend Jahren ver⸗ theidigt habe. Nach seiner Ueberzeugung liege sogar eine gewisse Gefahr im Anerbenrecht, da in demselben die übrigen Kinder nicht genügend berücksichtigt würden. Der Entwurf werde auch nur da eine Wirkung haben, wo derselbe sich auf die vorhandene Anhänglichkeit an ben Grundbesitz stütze. Das Anerberecht bestehe thatsächlich schon jetzt in Westfalen, wenn auch nur in Form der letztwilligen Verfügung, während der vorgelegte Gesetzentwurf umgekehrt das Anerberecht gesetzlich einführen und es eben nur durch letztwillige Verfügung aus⸗ schließen wolle. Für solchen Zwang fehle es jedenfalls an einer ausreichenden Begründung. Einzelne Bestimmungen des Gesetzes seien für ihn schlechterdings unannehmbar, so
besonders die Verfügung im 8. 4, wonach bei beerbter Ehe der Überlebende Gatte nur Verwal⸗ tung und Nießbrauch und zwar bis zu seinem
Tode behalte, wenn er nicht wieder heirathe. Schreite der— selbe aber zu einer anderen Che, so dauere sein Verwaltungs⸗ und Nießbrauchsrecht für die Landgüter, die nicht von ihm herrührten, beziehungsweise nicht gemeinschaftlich von den Ehe⸗ gatten erworben seien, nur bis zum vollendeten 30. Lebens—⸗ jahre des Anerben. Diese Bestimmung, wonach der Gatte ausdrücklich nur Verwaltung und Nießbrauch, aber kein Ver— kaufs- oder Schuldrecht an seinem Vermögen behalte, sei so ungeheuerlich, daß er wirklich nur annehmen könne, sie sei mißverständlich in das Gesetz gerathen. Auf weitere Details brauche er wohl nicht einzugehen und bemerke nur noch im Allgemeinen, daß für ihn ein genügendes Bedürfniß für die hier vorgeschlagenen Zwangsbestimmungen nicht vorliege, daß ein⸗ zelne Bestlmmungen ihm absolut unannehmbar seien und die Frage, ob man vom bestehenden Erbrecht zu einem Zwangs⸗ erbrecht übergehen solle, ihm sehr zweifelhaft erscheine. In zweifelhaften Fällen aber sei er für die freie Gestaltung der gegenwärtigen Gesetzgebung.
Der Justiz-Minister Br. Friedberg bemerkte, nach den Er⸗ klärungen seines Kollegen, des Ministers für landwirthschaft⸗ liche Angelegenheiten, hätte er geglaubt, sich jede weitere Aeußerung ersparen zu können, wenn nicht eine vielleicht nebensächliche Bemerkung des Abg. Miquel ihn dazu Anlaß gäbe. Es sei das die Bemerkung, die die Besorgniß aus⸗ drückte, es möchte von den Juristen, die in altrömischen An⸗ schauungen befangen, das, was politisch und nationalwirth⸗ schaftlich durch das Gesetz erreicht werden solle, wieder geschä⸗ digt werden. Er dürfe die Versicherung abgeben, daß, wenn das Gesetz als ein solches erkannt sei, welches den gedachten Tendenzen wirklich diene, die römischen Anschauungen über das Erbrecht demselben keine Schwierigkeiten bereiten sollten; um so weniger, als in dem Landrecht keineswegs die rö⸗ mische Anschauung über das Erbrecht niedergelegt sei. Im preußischen Landrecht sei mehr vom deutschen Recht enthalten, als in vielen Ländern des gemeinen Rechts. Es sei ja vielfach hergebracht, das Landrecht als ein komplizirtes Gesetzbuch zu betrachten, das man mit einem gewissen mitleidigen Wohlwollen zwar frage, aber niemals als berechtigte Gesetzgebung ansehe. Gerade hier im Gebiete des bäuerlichen Erbrechts sei das Landrecht vom deutschen Erbrecht durchdrungen. Als Justiz-Minister würde er sich den Vorwurf großer Voreiligkeit zuziehen, wenn er heute schon an fond des Entwurfs eingehen wollte. Um sich ein begründetes Urtheil zu verschaffen, müsse er die Bericht⸗ erstattung der obersten Justizbehörden der betreffenden Landes⸗ theile abwarten. Dies werde wohl als eine berechtigte Vor⸗ sicht anerkannt werden und werde ihn entschuldigen, wenn er auf die Bedenken, welche auch ihm einzelne Bestimmungen des Gesetzes, namentlich in Bezug auf das eheliche Güterrecht, hervorrufe, nicht eingehe. Von Seiten der Justizverwaltung werde dem Gesetze jedwede Förderung zu Theil werden, die ihm von dieser Stelle gewährt werden könne.
Der Abg. Dr. von Cuny widerlegte die Hänelschen Auf⸗ fassungen von dem vom Abg. Miquel vertretenen Standpunkte aus. Der . habe die Debatte wieder auf die richtigen Gesichtspunkte zurückgeführt, von denen sie der Abg. Hänel entfernt habe. Letzterer habe behauptet, daß durch diese Vorlage der hergebrachte Zustand in einen Zwangs⸗
zustand verwandelt werden solle. Der Abg. Miquel habe da⸗ gegen mit Recht hervorgehoben, daß es sich hier um ein all⸗ gemeines wirthschaftliches Bedürfniß handele, dessen Ursprung der Abg. Hänel selbst bis auf Aristoteles zurückdatirt habe,
denn der Staat habe in dem Stande der freien Grundbesitzer den besten Schutz gegen die Sozialdemokratie. Hierbei von einem Zwangszustande zu reden, sei durchaus unberechtigt, denn es stehe nach dieser Vorlage dem Eigenthümer frei, durch eine letzt⸗ willige Verfügung das durch dieselbe konstituirte Anerberecht zu Unnulliren. Dagegen könnte man mit mehr Recht den Letzigen HZustand des Intestaterbrechts einen Zwang nennen. Die Hauptursache der überhandnehmenden Verschuldung des bäuerlichen Besitzes liege in der Nothwendigkeit der Erlegung des Kaufwerthes hei der Uebernahme von den Erben oder in Der Abfindung der miterbenden Geschwister durch den Anerben. Welche Schwierigkeiten bas franzbsische Recht durch die Be— messung der Pflichttheile nach dem Kaufwerthe der Sitte der
Anerbung entgegenstelle, habe er in seiner Heimath, der Grafschast Mörs, oft gefehen. Es sei ein allgemeines Be— dürfniß, daß durch diese Vorlage die U. beseitigt würden, welche die Ausbreitung solcher Sitten erschwerten und ver— hinderten. . .
Der Abg. Dr. Schellwitz erklärte sich gegen diesen Antrag, doch fei er im Prinzipe mit der Vorlage des Abg. von Schor⸗ lemer einverstanden; trotzdem sei es nicht möglich, diese Materie in so leichter Weise zu regeln, wie der Antrag wolle. Schon in ben Jahren 1824 und 18354 seien ähnliche Anträge aus den Provinzial ⸗andtagen Pommerns und Preußens hervor⸗ gegangen, und schon damals seien erhebliche Bedenken gegen dieselben erhoben worden. Er bitte, die Vorlage der Re⸗ gierung nach dem Antrag Köhler zu Üüberweisen, damit die⸗= selbe darüber die Provinzialbehörden höre.
Der Abg. Graf Wintzingerode schloß sich den Bemerkun⸗ gen des Vorredners an. Er müsse aber der Vorlage einen Heleitbrief mitgeben, der ihr ein gutes Fortkommen sichere. Er habe sich mit der vorliegenden Materie wiederholt ein⸗ gehend beschäftigt, auch im Landes-Qekonomiekolleglum, und könne den Entwurf nur willkommen heißen, um so mehr, als er ihm eine viel weitergehende Bedeutung zuschreibe als die, nur das Bauernerbrecht in Westfalen zu regein. Er glaube, daß dasselbe sich nicht nur Eingang verschaffen werde, wo schon Sitte und Gewohnheit nach der Anerbung der Besitzun⸗ gen strebe, sondern auch in denjenigen Landestheilen. wo die Zersplitterung des bäuerlichen Besitzthums schon weit vorge— schritten sei. Er betone nur vor Allem, daß der Entwurf in keiner Beziehung eine Beschränkung des Eigenthumsrechts in⸗ vol vire, daß aber die Regelung der Materie in nationalem und nationalökonomischem Inseresse dringend erforderlich sei. Stelle man sich auf diesen Standpunkt, dann dürfe man nicht ver— kennen, daß die fortschreitende Zersplitterung, der häufige Be⸗ sitzwechsel, der häufige Wechsel in dem Zusammenhang unter den einzelnen Grundstücken dem Bestande des ländlichen Mit⸗ telstandes der Ruin drohe. Von den Bedenken des Abg. Dr. Hänel könne er nur einen Punkt als berechtigt anerkennen, nämlich den, daß die Taxation basirt werden solle auf einen Katastral-Reinertrag; solche Schätzung sei nach der heutigen Lage der Gesetzgebung nicht mehr angezeigt. Man habe dahin zu streben, daß die Schätzungen nach dem Katastral⸗Reinertrage in längeren Perioden einer Revision unterworfen würden. Wenn er den Entwurf im Ganzen im vollsten Maße willkom⸗ men heiße, so könne er doch auch nur wünschen, daß derselbe zunächst seinen Weg durch die nächstbetheiligten Organe mache, die zu seiner Prüfung berufen seien.
Der Abg. Holtz erklärte, die konservative Partei werde dem Antrage Miquel zustimmen, um auf diese Weise die Frage in die zweite Lesung zu bringen, für welche sie sich noch einige Anträge vorbehalte, um diese Frage auch für andere Provin⸗ zen einer Regelung zu unterziehen, denn auch dort sei das Bedürfniß für eine gesetzliche Regelung fühlbar.
Ein Antrag auf Schluß der Diskussion wurde ange⸗ nommen.
Der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗-Alst befürwortete zum
Schluß seinen Antrag. Er würde bei einer kommissarischen Berathung der Vorlage eine Aenderung des 8. 4 in dem vom Abg. Hänel angedeuteten Sinne beantragt haben. Wenn der Abg. Hänel Bedenken habe, das i860 kodifizirte eheliche Güterrecht für Weftfalen . schon zu ändern, so habe er doch eine solche Aengstlich⸗ keit nicht gezeigt, als es sich um Abänderung wichtiger Ver— fassungsparagraphen handelte. Wenn der Abg. Hänel be⸗ haupte, daß die abgefundenen Geschwister das ländliche Pro⸗ letariat verstärkten, dann möge derselbe zusehen, wo das länd⸗ liche Proletariat stärker sei in den Landestheilen, wo die Sitte noch der Zersplitterung des Grundbesitzes entgegengewirkt habe, oder in denen, wo dieses nicht der Fall sei. Wenn der Abg. Köhler Bedenken dagegen erhebe, ob es der Regierung möglich sein werde, bis zur nächsten Session eine solche Vor⸗ lage fertig zu stellen, so habe er eine bessere Meinung von der Arbeitskraft der Regierung, die ja selbst die großen Eisen⸗ bahnvorlagen in wenigen Monaten fertig gestellt habe. Nach einigen pPersönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Schellwitz, Dr. Hänel und Frhr. von Schorlemer⸗Alst beantragte der Abg. Dr. Köhler (Göttingen), wenn kein Widerspruch er⸗ folge, schon jetzt über die gestellten Anträge abzustimmen. Nachdem der Abg. Parisius Widerspruch eingelegt hatte, bean⸗ tragte der Abg. Frhr. von Schorlemer-⸗-Alst, wenn kein Wider⸗ spruch erfolge, sofort in die zweite Berathung seines Antrages zu treten. Der Abg. Parisius erklärte auch hier, daß er eine Ueberstürzung im Interesse des Landes vermeiden wolle und daher auch gegen die sofortige zweite Berathung Widerspruch erhebe. Hierauf beschloß das Haus die 2. Bergihung der Vorlage im Plenum stattfinden zu lassen, worauf sich dasselbe um 31 Uhr vertagte.
— In der heutigen (14) Sttzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Kriegs-⸗Minister von Kameke, der Finanz⸗Minister Bitter, der Justiz-Minister Dr. Friedberg und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die definitive Wahl des Präsidenten und der beiden Vizepräsidenten für die Dauer der Session. Auf den Antrag des Abg. Dr. Achenbach wurde das bisherige Präsidium durch Akklamation wiedergewählt. Alle drei Präsidenten nahmen die auf sie ge⸗ fallene Wahl dankend an. Darauf leisteten diejenigen Ab⸗ geordneten, welche dies bisher noch nicht gethan hatten, den vorgeschriebenen Eid auf die Verfassung. Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes
zur deutschen Gebührenordnung für Rechts⸗ an wälte, Obwohl der Abg. Simon von Zastrow die Gebührensätze für Rechtsanwält im allgemeinen
für zu hoch gegriffen erachtete, fo erklärte er doch, daß Preußen die Konsequenzen der Neichsgesfetzgebung tragen müsse, und daß deshalb seine Partei darauf verzichte, prinzipielle Ein mendungen gegen diese Vorlage zu erheben, und nur zur Auf⸗ flärung einiger dunklen Vorschristen dieselbe an die Justiz= kommission zu verweisen wünsche. Der Abg. Dr. Köhler sprach wegen der dringenden Eile, welche die Vorlage habe, für den sofortigen Eintritt in die zweite Berathung, jedoch nahm das Haus den Antrag des Abg. Simon von Zasttow an. Die Rechnungen der Kasse der Dber⸗ Rechnungskammer fur das Etatsjahr 1 April 1877/78 und die Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres 1876 wurden auf den Antrag des Abg. Rickert an die Rechnungskommission ver⸗ wiesen. Darauf setzte das Haus die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats pro 1880 81, und zwar mit dem
Etat der Verwaltung der direkten Sten ern (s. Rr. 278d. Bi.
unter Landtagsangelegenheiten) fort. Einen Vorwurf des Ab Schütt, daß die Regierung in Schleswig bei der eesh fr stehender Gefälle durch Provokation der Ablösung bei den Auseinandersetzungsbehörden vor der Entscheidung 3 ordent⸗ lichen Gerichte in der Angelegenheit einen Mißbrauch mit den ihr gesetzlich zustehenden Befugnissen getrieben habe, wies der Finanz- Minister Bitter als durchaus unbegründet zurück. Das materielle Recht in dieser Frage sei allerdings sehr streitig, aber formell habe die Regierung in Schleswig durchaus gesetzlich korrekt und deshalb auch pflichtgemäß und bona fide gehandelt. Nachdem der Referent der Budget⸗ kommission Abg. Kieschke zu der Position der Gebãudesteuer erklärt hatte, daß die Regierung der Kommission eine Denk= schrift über die Ergebnisse der letzten Gebäudesteuerveranlagung zugesagt und daß bis dahin die Kommission von einem näheren Eingehen auf diese Materie abgesehen habe, sprach der Abg, Dr. Röckerath fein Bedauern darüber aus, daß die Instruktionen des Finanz ⸗-Ministers für die Veranla— gungekommissionen entgegen dem Sinne des Gesetzes viel zu der abnormen Steigerung dieser Steuer bei der letzten Ver—⸗ anlagung beigetragen hätten; namentlich würden die städti⸗ schen Gebäude zu scharf, die ländlichen zu milde herange⸗ zogen. Auch der Abg. Richter erkannte die vom Vorredner getadelte Erhöhung der Gebäudesteuer in der jetzigen Zeit., der verstärkten indirekten Steuern als ene motivirte nicht an, und darin stimmte ihm der Abg. Rickert durchaus bei. Dagegen sprach der Abg. Jacobs die Meinung aus, daß die frühere Veranlagung eine zu Henn gg e und ö . . geworden sei. ir ersuche die Regierung, dem Hause demnächst ei zu machen, wonach die Dienstgebäude der . der Gebäudesteuer frei bleiben sollten. Der Finanz-Minister Bitter erklärte, daß die vielfach er— wähnte Denkschrift über die Ergebnisse der letzten Gebäude— steuerveranlagung unmittelbar nach dem 15. Dezember werde abgeschlossen werden. Er wies dann noch den Vorwurf zurück, daß der Finanz-Minister auf jede Weise die Gebaudesteuer in die Höhe geschraubt habe; er habe nur loyal, dahin gestrebt, bei der gesetzlich vorgeschriebenen Revision die Mängel der früheren Veranlagung zu beseitigen. Der Staat könne für seine Bedürfnisse der gesetzlich feststehen⸗
den Steuern nicht entbehren. Die Abgg. Br. Petri und Berger konstatirten, daß die Organe des Finanz—
'inisters nicht überall von der gleichen Loyalität beseelt gewesen seien, wie dieser selbst. Die unteren Organe wünschten sich den Oberbehörden durch Steigerung der Steuern angenehm zu machen. Es herrsche über die letzte Veranlagung der Gebäudesteuer eine notorische Erbitte⸗ rung im Lande. Obwohl der Abg. Dr. Windthorst in diese Klagen auch in Bezug auf seine Heimathsprovinz einstimmte, so erklärte er doch, daß er darin feine Veranlassung für den Abg. Richter erblicken könne, auch hier seine bekannten An⸗ griffe wegen Belastung des armen Mannes gegen die Majorität, welche im Reichstage die neuen indirekten Steuern bewilligt habe, zu richten. Die Abgg. Dr. Miquel und Grum⸗ brecht sprachen sich für eine Revision der jetzigen Gebäude— steuerveranlagung aus, wo man statt des Miethvertrages den Nutzungswerth zu Grunde lege. Beim Schlusse des Blattes sprach der Abg. Richter.
Um den Studirenden des Maschinenfachs einem mehrfach geäußerten Wunsche entsprechend Gelegenheit zu geben, die großen Sommerferien zu praktischen Arbeiten zu verwenden und sich einen Einblick in die Ein⸗ richtungen und Erfordernisse größerer Werkstattsanlagen zu verschaffen, hatte der Minister der öffentlichen Arbeiten im April d. J. die sämmtlichen Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen angewiesen, die Studiren en, welche einen derartigen Antrag stellen würden, für die Dauer der Ferien als Volontairs in den Eisenbahn⸗Reparaturwerkstätten zu beschäftigen. Auch war den Vornänden der Privatbahn⸗-Verwaltungen ein gleiches Verfahren empfohlen worden. Wie wir hören, hat bereits in diesem Sommer eine nicht unerhebliche Anzahl Studirender von dieser Erlaubniß mit günstigem Erfolge Gebrauch gemacht.
— In Beziehung auf das am 1. Januar 1889 in Kraft tretende Gesetz, betreffend die Statistik des Waaren⸗ verkehrs des deut schen Zollgebiets mit dem Aus— lande, vom 20. Juli d. J. hat das Kaiserliche sta⸗ tist ische Amt an saͤmmtliche Handelskorporationen im Reiche das folgende Cirkularschreiben gerichtet:
Die Vorschriften, welche der Bundetzrath laut Bekanntmachung vom 20. November d. J. zur Ausführung des Gesetzes vom 20. Juli d. J., die Statistik des Waarenverkehrs des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande betreffend, erlassen hat (Centralblatt für das Deutsche Reich, VII. Jahrgang, S. 676), ordnen im 8. 5 an, Daß die gedruckten Formulare zu den Anmeldescheinen, welche vom 1. Jannar ai8s ab fur den gedachten Verkehr erfordert werden, und die An⸗ leitung zur Ausfüllung derselben einzeln von den Anmel zestellen (d. i. den Zollämtern im Grenzbezirk und den sonstigen daselbst zur Entgegennahme von Anmeldungen errich eten besonderen Anmelde poste n, fowie von den sämmtlichen übrigen Zoll. und Stenerstellen unentgeltlich zu verabfolgen sind. Gbenda ist be⸗ flimmt, daß Exemplare der Formulare und der Anleitung in größerer Anzahl von denjenigen Zoll, und Steuerstellen, wesche zugleich Anmeldestellen sind Anmeldeü m ter) oder von den Direktiv⸗= behörden besonders damit beauftragt werden, gegen Erstattung der Kosten entgegengenommen werden können, Für den Druck der Formulare und der Anleitung hat, in Gemäßheit des 8. 44 der zur Ausführung des oben gedachten Gesetzes erlassenen Dienstvorschriften vom 31. November d. J. (Centralblatt für das Deutsche Reich, VII. Jahrgang, S. 687), das Kaiserliche statistische Amt Sorge zu tragen.
Zufolge der letztgedachten Vorschrift haben wir die Anfertigung dieser Drucksachen der Reichsdruckerei (Abtheilung IL, Berlin R. Wilhelmstraße 75) übertragen, welche dieselben, zum Beweis der Korrektheit, mit unserm Stempel versehen, und zu Anfang Dejember d. J. fertig stellen wird. Die Reichsdruckerei verkauft die Formulare zu den Anmeldescheinen in Mengen von 100 Cxemplaren oder in Vielfachen von hundert (die Kosten der Verpackung einbegriffen) für den Preis von 70 Pfennig das Hundert an Behörden, wie an Privat⸗ personen, wenn die Einzahlung des Betrags bei der Entnahme, bezw. der Bestellung baar oder mittelst Postanweisung erfolgt. Unter dieser Bedingung wird auch die AÄnlcltung zur Ausfüllung der An— meldescheine von der Reichsdruckerei verabfolgt, und zwar bei Be⸗ 6 von 50 oder mehr Exemplaren (einschl. der Verpackungf⸗ osten) für 5 Pfennig das Stück, bei Bestellung von weniger als 50 Exemplaren (einschließlich des Portos für die in solchem Falle stattfindende Zusendung unter Band) für 7 Pfennig das Stück.
Des Western ordnet der 8. 13 des Gesetzes an, daß die zur Ent ⸗ richtung der statistischen Gebühr dienenden und entsprechend beze ich⸗ neten Stempelmarken zum Preise des Stempelbetrages (5, 16, 20 und 5 Pfennig), auf welchen sie lauten, bei saͤmmtlichen Postanstalten verkauft werden. . . !
Von den Postanstalten im Reichspostgebiet werden außerdem mit
Deichverbände von