1882 / 13 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

die Besorgniß vorläge, daß der Immunität der Reichstagsabgeord⸗ neten durch die Verhaftung des Hrn. Abg. Dietz zu nahe getreten sci.

Meing Herren! So liegt aber der Fall? nicht Eg neh allseitig fest, daß die Verhaftung des Hrn. Abg. Dietz erfolgt ist, bei Ausübung einer strafbaren Handlung, daß

also der Fall vorliegt, in welchem nach! Artikel 3] der Ver⸗ fassungsurkünde ohne Genehmigung des Neichstages die Verhaftung zulässig ist. Die Frage kann i no entstehen, ob bei der gering⸗ fügigen Bedeutung der vorliegenden strafbaren . es überhaupt nothwendig war, zu einer Verhaftung zu chreiten; das erkenne ich vollstandig an, daß in diefer Beziehung ein Zweifel obwalten kann. Allein, meine Herren, der Reschstag ist nicht berufen, darüber zu entscheiden, ob ein Haftbefehl ein gerechtfertigter war, und er würde also auch kein Interesse haben, die zu Grunde liegenden Ver= hältnisse kennen zu lernen. Es ist Sache des geordneten Instanzen⸗ weges, ju entscheiden, ob, die Verhaftung gerechtfertigt war, und wenn der Amtzrichter, der den Haftbefehl erlassen hat, gegen das Gesetz verstoßen haben sollte, dann ist der, Dicziplinarweg oder allenfalls der strafgerichtliche Weg der Jeeignete, der voin Gesetz gefarderte Weg. Ich glaube deshalb nicht, daß es zweckmäßig ist, die Frage, ob ein Ha tbefehl materiell Ferechtfertigt war oder nicht, zum Gegenstand der Erörterung in diesem hohen 6 zu machen. ; . Erheblicher sind meine Bedenken gegen die Nr. 4. Ich fürchte, obgleich ich natürlich eine entscheidende Erklärung hierüber nicht, abgeben kann, daß der Herr, Reichskanzler nicht in der Lage sein wird, das von der Kommission verlangte Ersuchen an die Bunderegierungen zu erlassen., Meine Herren, der Neichstag ht in keinem unmittelbaren Geschäftérerkehr mit den Gerichten ber Ginzelstaaten. Wenn das hohe Haus, wie das soepen geschehen ist, der Aufhebung eines Haftbefehls oder die Einstellung eines Strafverfahreng heschließt, so geht dieser Beschluß nicht hinaus an die betreffenden Gerichte, sondern wird verfassungdmaßig an den Herrn Reichskanzler mitgetheilt, damit dieser durch die Vundesregierungen die Einstellung des Strafverfahreng herbeiführt. Derselbe Weg, der eingeschlagen wird, wenn ein Beschluß des Reichstags nach unten hin den Gerichten des Einzelstaates eröffnet werden soll, muß meines Erachtens auch

eingeschlagen werden, wenn die Gerichte ihrerfeits eine Aut⸗ kunft an den Reichstag gelangen lassen. Ich glaube auch in der That, daß der Herr Reichskanzler nicht in der Lage

sein würde, den Bundesregierungen die Zumuthung zu stellen, daß dieselben ihre Gerichte zu einem unmittelbaren Der ter mit dem hohen Neichtztage veranlaffen sollen, denn der Herr Reichskanzler ist felbst nicht in der Lage, direkt mit den Gerichten der Einzelstaaten zu ver lehren; der ganze Verkehr kann nur erfolgen durch Vermittelung der Bundesregierungen.

Anders würde die Sache liegen, wenn der Reichstag etwa den Wunsch aussprechen sollte, daß, wenn die Verhaftung eines Reichs“ lagsabgeordneten während der Sitzungsperiode erfolgt, ihm davon von dem Reiche kanzler Mittheilung gemacht werden möge. Ich glaube kaum, daß ein solcher Wunsch erheblichen Bedenken begegnen würde, aber in der jetzt nn , Weise scheint mir der Antrag der verfassungs mäßigen Stellung sowohl des Reichstags als des Reichs kanzlers den Gerichten der Einzelstaaten gegenüber zu widersprechen.

Der Abg. Klotz erklärte, die Geschäftsordnungskommission sei darüber einig gewesen, daß die von der württembergischen Regierung vollzogene Verhaftung des Abg. Dietz nach den Be⸗ simmungen der Strafprozeß-rdnung nicht gerechtfertigt sei. Da 5. 31 der Verfassung ein Prxivilegium nicht des einzelnen Abgeordneten, sondern des Relchstags fesistelle, so sei es die Pflicht des Reichttags zu wachen, daß nicht die Verhaftung eines. Reichstagsmitgliebes vorgenommen werde, ohne daß die Gründe derselben präzisirt würden, und vor allem Acht zu geben, daß keine unzulässige Verhaftung ersolge. 5. 12 der Strasprozeßordnung beslimme, daß ber Angeschuldigte nur dann sofort in Hast zu nehmen sei, wenn dringende Verdachtsgrünbe vorhanden seien, daß ein Fluchtversuch gemacht werde, oder die Spuren der That vernichtet oder Zeugen bestochen werden sollten. Von alle dem werde in dem̃ Telegramm nichts er— wähnt. Es erweise sich sogar aus demfelben, daß der Ange⸗ schuldigte nicht einmal bei der Ausühung eines Vergehens ergriffen sei. Das sei ein Verfahren, wie es eigent⸗ lich gar nicht zu denken sei. Eben der Amtsrichter, der ben Angellagten in Schutz nehmen solle, erlasse den formellen Hastbesehl gegen ihn. Punkt 1 und 2 des Antrags seien daher unter allen Umständen gerechtfertigt. Aber da es den Anschein habe, als ob das württembergische di . sinisterium den 5. 31 der Verfassung gar nicht gekannt habe, oder viel⸗ leicht alsichtlich die Vestimmungen desselben verletzt habe, so sei die Geschästsordnungs⸗Kommission der Ansicht gewesen, daß es im Interesse des Reichstags liege, eine sachgemäße Darstellung des Vorgangs, wie derfelbe in Punkt 3 gefordert werde, zu erhalten. Punkt 4 sei nur eine der in 3 ausge⸗ sprochenen Forderungen.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, Nummern l. 2 und 3 stimmen, für die letztere Nummer des⸗ halb, weil ihm daran liege, daß es festgestellt werde, ob dat Gericht korrelt gehandelt habe oder nicht. Der Neichs tag habe ein eminentes Interesse daran, daß das Ansehen und die Autorität der Gerichte gewahrt werde. Deswegen wünsche er Vorlage der Alten. Bei Nummer 4 sei gestern behauptet worden, daß die Gerichte verpflichtet wären, eine Anzeige hierher zu machen. Im Gesetz liege bies ohne Weiteres nicht. Dagegen liege es in der Naiur der Dinge, daß in

er werde für die

Fällen solcher Art die Gerichte dem Neichstag Mittheilung machen sollten, weil der Neichstag im Stande sein

müsse, über die Sache zu urtheilen. Das sei auch im Falle Mende ohne weiteres geschehen. Er beantrage, um dem . alle Skrupel zu nehmen, die Rr. 4 so zu sassen:

Den Hern Reichskanzler aufzufordern, die Vundezregierungen zu ersuchen, sämmtlichen Gerichten durch eine General verfügung aufzugeben, in allen Fällen, in weschen die Verhaftung eines Reichs tagsahgeordneten während der Sihungen des Reichgtageg erfolgt, dem Reichskanzler davon unverweil auf dem kürzesten Wege und unter gedrängter Darstellung der Gründe Kenntniß zu geben.

Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath Königlich württembergische Ober⸗Finanz⸗Raih von Schmid das Wort:

Meine Herren! Der Hr. Abg. Klotz hat es der württembergi⸗ schen Regierung zum Vorwurf gemacht, da dieselbe nicht sofort, nachdem sie von der Verhaftung des Äbg. jetz Kenntniß erhalten, Mangels von zureichenden gesetzlichen Verhaftungsgründen und An⸗ gesichts des Art. 31 der Reichsperfassung die Verhaftung außer Wir⸗ kung gesetzt habe. Ich möchte doch glauben, daß bei einer ruhigen und objekliven Auffgffung dieses Falles eine solche Zumut hung der wärttembergischen Regierung in keiner Weise gemacht werden könnte, denn, meine Herren, nachdem die Verhaftung. dutch den Richter erfelgt ist war die Sache damif den distrettonären in“

griffen der württem bergifchen Regierung entzogen; nur . 5 der ger ichtl ichen , wie sie die Prozeßordnung

. reibt, Wwinte hier noch vorgegangen werden. Aber, meine Herren, e , e, sagen in dem umgekehrten Falle, wenn es sich um einen das rin e n steten, enden würde, als um einen solchen, welcher ier, nachdem ber f ih. . 64. Reichs verfassung hat, ich sage, wenn

. , und Ile er ., . , . ö ungsgründe besf 3 orliegender gesetzlicher . ö essen Freigeßung veranlaffen würde? ö

a ö

von lettres de cachet und dergleichen sprechen. Man muß hier mit gleichem Maße messen. .

Demmächst aber möchte ich doch auch noch weiter bemerken, daß, wenn, sopiel ich den Zeitungen entnommen ich wohnte bei= dem Verhandlungen nicht bei gestern gesagt wurde, die württem— bergische Regierung hätte jedenfalls die Verpflichtung gehabt, sofort den Reichstag beziehungsmeise deffen Präsidium von diesem Falle Kenntniß zu geben, hier zweierlei zu erinnern wäre: einmal at die württembergische Regierung, das Minifterium, erst, am 13. Abends, also ungefähr zu derselben Zeit, wo in diesem hohen Hause ung e⸗ ähr die Sache verhandell worden ist, von diefem Falle Kenntniß erlangt Ruf: Schlimm genugh Wenn das fo schlim m wäre, so wäre dies ein Fehler, wescher der Staatsanwaltschaft zur Schuld fallen würde, aber nicht dem Ministerium und diesem wurde der Vorwurf gemacht. Sodann aber möchte ich mir die Bemerkung erlauben, daß mit Recht der Hr. Staats sekretär Dr. Schelling nur ausgefükrt zu haben scheint, daß solche direkte Böiehungen zwischen den Regierungen ber ein chnen Hundesstagten und dem Neichstage, beziehnngsweise dessen Präsidium eigentlich doch nicht im Sinne und im Geiste der Verfasfung liege, und daß sie auch nicht jweckmäßig erscheinen dürften. Der Hr. Abg. Br. Windthorst, welcher in diefen Dingen wohl eine hervorrägende Äutorität ift, hat selbst, auf die diesbezüglich? Bemerkung dez Herrn Staats sekretärs hin die Ziffer 4 des Antrages in diefer Richtung modifizirt.

Meine Herren! So scheinen mir die Vorwürfe, welche gemacht worden sind, doch in allemeg nicht ein solches Fundament zu haben, f gn Harn iht gewissermaßen nach dem Gefühle ein Verdikt ällen könnte.

Nun möchte ich aßer doch dem Hrn. Abg. Klotz das Eine noch bemerken, wie bedenklich wäre, wenn man die Autorität der Nichterinstan; = Denn dag muß zuch von mir zugegeben werden auf ein unvollständiges Material hin durch ein solches Urtheil in diesem hohen Hause, was bei der Nation eine weittzragende Bedeutung haben müßte, gewissermaßen in Frage stellen würde. Meine Herren, in dieser Richtung wird auch diefes hohe Haug sich eine gewisse Selbst⸗ beschränkung in dem Sinne auferlegen müssen, daß der Glaube an dis Aktorltät des Richters nicht erschüttert wird. Da müßte das hohe Haus und ich bin überzeugt, hier im Sinne dieler der ver⸗ ehrten Herren zu sprechen doch ein ganz anderes Material, eine viel, größere Summe zureichender, maßgebender Thatmomentz und Gründe zur Verfügung haben, um zu, einem solchen Verdikt im Voraus zu gelangen, als die etwas lückenhaften Bemerkungen in diesem Telegramm darbieten. ; .

Damit komme ich auf den Fall selbst. Meine Herren, so viel steht fest, daß hier nicht die Initiative der Polizei in der Weise zum Durchbruch gekommen ist, daß nicht die richter ichen Erw gungen und zwar in doppelter Beziehung in der Mitte stehen würden. Die Hausuntersuchung wurde angeftellt und, beziehentlich veranlaßt durch den Untersuchungsrichter des Landesgerichtè. Hier haben Sie die erste richterliche Aktion und demnächst wurde die vorläufige Ver= haftung auf Grund des Befundes bel der Hausuntersuchung durch den Amtsrichter vollzogen. ö

Das muß ich zugeben, daß allerdings die Gründe, aus welchen die Verhaftung erfolgt ist, im Telegramm nicht näher slißzirt sind, aber, wir müssen doch voraussetzen, daß, wenn zwei Richterbegmte thätig sind, der Unterfüchungsrichker und demnächst der die Verhaftung beschließende Amtsrichter, dann doch eine zureichende Motivirung

vorgelegen haben wird. Auch darf ich wohl ohne Uebertreibung sagen,

daß es stets eine Sorge der württembergischen Regierung war, am Stadtgericht, jetzigen Amtsgericht in Stuttgart, befühigtere Männer des RNichterstandeß, was ja an und für sich natürlich ist,

zur Verwendung zu bringen. Es liegt auch bicrin eine Garantie, a nicht in einem gewissen Nebel, wie man ez darzustellen beliebt

hat, verfahren worden ist. . k Auch dürfte noch erwähnt werden, daß das Delikt dahin näher

Präzisirt ist, es handele fich um die Verhreitung einer verbotenen Drückschrift in fortgesetzter ,, Es ist entfernt also das Telegramm nicht dahin auszu egen, daß man gewissermaßen in, procura, an Stelle des Goldhausen den Abgeordneten Dietz verhaftete, sondern es ist dahin aufzufassen und zu präzisiren, daß Dietz die verbotene Verbreitung dieser Druckschrift sortgesetzt hat und daß er aus diefem Grunde dann Objekt der Untersuchung und verhaftet wurde.

Meine Herren! Im übrigen wird vielleicht, wenn der Antrag sffer 3. wie ich voraussetze, angenommen wird, der Gegenstand in einen Detailtz noch zur Kenntniß des hohen Hauses gelangen, und es

dürfte dann die bessere Gelegenheit fein, waß den Reat selbst an⸗ belangt, sich des Näheren über die Sache zu besprechen und aus— einander zu setzen.

Der Abg. Dr. Lasker bemerkte, die Aussührungen des Ober⸗Finanz⸗Rathes von Schmid hätten dem Reichstage gegen den Willen des Redners sehr triftige Gründe dafür gebracht, daß Punlt 3 des Antrages durchaus nothwendig sei. Der In⸗ halt des Telegramms sei ihm juristisch und geschästlich gar nicht erklärlich. Unterschrieben sei dasselbe „der Unter⸗ ,, . im Auftrage“. Nun, wenn der Unter— suchunggrichter antworte, müsse doch bie Sache schweben. Wie der Abg. Klotz schon autzeinander gesetzt habe, hieße es die Immunität des Reichetags verletzen, wolle berselbe dieser An⸗ gelegenheit nicht näher treten und nachsehen, wie das In⸗ teresse des Landes bei seinen Behörden vertreten werde.

Der Abg. Schröder (Lippstadt) erklärte, während er die Nummer 3 des Antrages, ber Kommission an⸗ nehme, müsse er der Nummer 4 seine Zustimmung versagen, selbst mit dem Amendement Windthorst. Was die Numnier 3 anbetreffe, so herrsche ja eigentlich auf keiner Seite des Hauses Zweifel, daß sie gerechtfertigt sei. Die Sachlage sei eine recht absonberliche. Goldhausen werde verfolgt, man finde ihn nicht, aber einen anderen Sozial⸗ zemokraten, den Abg. Dietz, und nehme diesen mit. Wenn Goldhausen und sein Nachfolger Dietz , . verbreitet hätten, so sei jeber für sich schuldig. Es liege hier entschieden ein Mißverständniß ber Gerichte vor. Wie ge— sagt, während er Rr. 3 des Antrags seine Zustimmung gebe, halte er Nr. 4 für unannehmbar. Es sei der Antrag ja auch in Eile gefaßt. Vor allen Dingen laborire derselbe daran, daß senommen werde auf ben Verhafteten selbst und dessen Willen gar keine Nücksicht. Es sei ja recht gut möglich, haß Jemand, der verhaftet sei, gar nicht den Wunsch habe, aus der Haft ent— lassen zu werden. Wenn der Abg. Dietz in der Lage sein werde, werze derselbe ja schon selbst den von ihm gewünschten Weg einschlagen, der Reichstag habe nicht nöthig, den Umiveg durch die Wilhelmstraße zu? machen. Er schlage daher vor, die Sache an die Geschastsordnungskommsssion zurückzuweisen.

Der Abg. Kayser bemerkte, er habe fich gefreut über die Einigkeit aller Parteien bes Hauses, wenn es sich darum handele, verfassungsmäßige Rechte des Hauses zu schützen, und er ergreife nur das Wort, weil er als Sozialdemokrat mehr als andere hierbei interessirt sei. Er meine, die württembergische Negierung hätte den Abg. Dietz recht gut entlassen können, d. h. der Minister hätte Veranlassung geben können, daß der betreffende Richter seine Eantschließung geändert hätte. Es werde betont, man solle nicht die Autörllät des Richterstandes angreifen. Die Autorität des ganzen Standes leide doch sicher nicht, wenn einem einzelnen Richter gefagt werde, derselbe habe sich geirrt.

Demnächst nahm der Siga osekretär des Reichs⸗-Justizamts Dr. von Schelling das Wort.

Meine Herren! Der Hr. Abg. Dr. Lasker und der Herr Redner, welcher soeben die Tribüne verließ, haben mir gegenüber gewisse

räzedenzfälle ins Feld geführt, denen gegenüber ich aber zu der Be . . in, daß dieselben in keiner . geeignet sind, die Anschauungen zu erschüttern, welche ich mir vorhin vorzutragen erlaubt habe, diesen vielmehr zur ö dienen. ; Wenn zunächst Hr. Dr, Lasker auf die zahlreichen Mittheilungen hingewiesen hat, die im internen Verkehr z. B. . den , schen Gerichten und den preußischen Verwaltungsbehörden eingeführt sind, oder wenn er auf andere dergleichen Mittheilungen Bezug ge

nommen hat, so bandelt es sich da immer um Mittheilungen zwischen

Behörden ein und desselben Staates, während meine Ausführungen gerade dahin gingen, daß es nicht zulässig sei, daß die Grrichte der Einzelstaaten in unmittelbare Verbindung mit dem Reichstags. räsidium treten. ; 1 . dann auf das Verfahren bei der Stellung von Straf.— anträgen exemplifizirt worden ist, ja, meine Herren, was würde der Reichstag dazu sagen, wenn ein Staatsanwalt käme und direkt an den Reichstag den Antrag stellte, die Ermächtigung zu einer fra, rechtlichen Verfolgung wegen Beleidigung des Reichstags zu ertheilen ? Ein solches e , ren würde im höchsten Grade geschãftsordnungz widrig sein, Es ist da ein andereg procedirt worden, als daß die Stagtsanwaltschaft sich an, die Reichsregierung wendel und diese dann den Antrag auf, Ertheilung der betreffenden Er— mächtigung an das hohe Haus gelangen läßt. 6 2. Davon, daß etwa den Gerichten eine übermäßige n . aus der jetzt in dem Antrage gewünschten Mittheilung erwachse, fab. ich auch, nicht ein Wörtchen gesagt, davon lann. ja überall nicht die Rede sein, ich habe lediglich fin, die verfassungs rechtlichen Bedenken aufmerksam gemacht, ich habe hervorgehoben, daß mit Rücksicht a/ die föderalen Grundlagen der Bundesverfassung es mir gan; un lässig erscheint, daß Gerichte einzelner Bundesstaaten direkt mit den Reichstagspräsidiun in Verbindung treten, und ich muß mich wn. dern, daß der Hr. Abg. Dr. Windthorst die Wahrung er föhernlen Grundlagen der Bundesverfassung für eine minimale Angelegenheit erklärt hat.

Der Abg. Frhr. von Minnigerxode erklärte sich gegen Nr. 3, weil es nicht Aufgabe des Reichstages sei, über bie

Gerichte abzuurtheilen, dagegen werde er für Nr. A summen. Der Abg. Dr. Windthorst bat, von allgemeinen Virdäch. tigungen des Nichterstandes abzusehen. Man müsse jeden ein zelnen Fall erst prüfen. Dem Abg. Schröder (Lippstadh) er⸗ widere er, daß unter Umständen sich die Berechtigung der Verfügung des Amtsrichters durchaus denken lasse— ;

Hierguf wurde Nr. 3 angenommen, ebenso Nr. 4 in der Fassung des Abg. Windthorst.

Das Haus kehrte nunniehr zur Berathung der Frage dez Anschlusses des Unterelbe zurück. Nachdem der Staats sekretẽr des Neichsschatzamts Scholz dem Abg. Lasker gegenüber aus— geführt hatte, daß die Erstattung der Anschlußkosten an Preußen aus Reichsmitteln Sache bundesräthlicher Anord— nung sei, wurde der Antrag Möller nach Befürwortun durch den. Abg. Dr. Windthorst, der denselben lediglich als eine Fixirung der Absicht der Kommission durch Reichstagsheschluß bezeichnete, angenommen. ;

Ohne weitere Debatte genehmigte der Reichstag darauf das Etats- und das Anleihegesetz. Damit war vor⸗ behaltlich der Kalkulation die zweite Berathung des Etats erledigt.

. vertagte sich das Haus um 5is, Uhr auf Montag hr. .

Die in der Freitag⸗ (24) Sitzung des Reichstages vom Bevollmächtigten zun Bundesrath Staats Minister von

Boetticher gehaltenen Reden haben folgenden Wortlaut (siehe

Schuß⸗-Sitzungsbericht in der Sonnabend Nummer des Staats⸗

Anzeigers):

Meine Herren! Ich habe nicht die Absicht, die Debatte über die Wirkungen der Zoll⸗ und wirthschaftlichen Politik zu verlängern. Wir werden uns, glaube ich, hier im Haufe gegenseitig nicht Überzeugen, so lange wir nicht den guten Willen haben, uns überzeugen zu lassen. Wir werden uns nicht weißwaschen. Als Mohren sehen wir uns ja wohl gegenseitig an, und da praktische Vorlagen, an die . eine detaillirte Debatte knüpfen könnte, nicht vorhanden sind, so halte ich es entbehrlich, auf das allgemeine Themg der heutigen Besprechung einzugehen. Dagegen habe ich mir das Wort erbeten zu dein Zwegke, um mich gegen eine mnißverständliche Auslegung meiner am I5. Me; zember e , Worte zu er. wesche der Hr. Abg. JOechel= häuser in feiner Rede angebracht hat. Er hat gesagk, es schiene ihm als ob ich der menschlichen Schwäche unterworfen genesen sei, auf Grund eines, mißliebigen Urtheils in chm einzelnen Handels kammerbericht daz ganze Institut der Han = delskammern, zu verwerfen. Meine Herren, das ist mir nicht eingefallen: ich glaube sogar und meine Rede vom 16. Dezember liegt hier vor mir es ziemlich deutlich ausgesprochen zu haben, daß ich der Thätigkeit der Handels kammern und ihrer ob⸗ seltien Berichterstgttung einen sehr großen Werth beilege, und daß ich diese Thätigleit für die Aufga enz, welche die Regierung auf handels und wirthschaftspolitischem Gebiete zu erfũllen . für ganz unentbehrlich crachte, Was ich, und zwar, wie ich gleich Hnrs will, provozirt durch die Repe des Hrn. Abg. Bamberger am 16. Dözember, gesagt, habe, bezieht sich einfach unde all auf den Bericht der Handelskammer in Grünberg. Ich hatte damals die sen Bricht nicht zur. Hand, konnte alfo einen delafllirten Bern dafür, daß der thatsächliche Inhalt des Berichts nicht im Einklang stehe mit den einleitenden Bemerkungen über die allgemeine Tage des Handels, nur, in allgemeinen Zügen behandeln, und ich hatte daran die Bemerkung geknüpft, daß, wenn ein Be—= richt eingereicht wird, der in seinem chätsächlichen Inhalt das Raisonnement, was, er über die allgemeine Tage des Handels giebt. nicht unterstützt, er werthlos sei. Ich sagte weiten, ich wäre der Meinung, daß es besser sei, jedes Raisonnement zu m⸗ terlassen und dem Leser zu überlassen, welche Schlüsse er sich aus den gegebenen Thatsachen Biehen wolle. Nun, meine Herren, der Bericht liegt heute vor mir; ich will aber doch der Versuchung widerstehen, die sehr nahe für mich läge, den Angriffen, die theils in der P und theils hier im Haufe guf den bekannten Erlaß des Herin n , , er. an die Handels lammer in Grünberg gemacht sind, etaillir

ist: es ist ein fehr beträchtlicher Theil des Volkes gezwungen, weni⸗ z tes zu essen, sich schlechter zu nähren“, wenn weiter gesagt ist: „es wird nicht daß in ihrer chlecht genährte Mannegaster

ihre Fabrikate abzus wir den kleinen Bürger und ländlichen , einbegreifen, immer mehr verarmt“: ich fage, wenn ich Ihnen diese Sätze vorlese, so möchte ich doch glauben, da den Widerspruch mit Handels im Grünberger Handelskammerbezirk vorführe, die Ueber⸗ zeugung haben werden, hier ist zu schwarz gemalt. lindeste, was ich dazu sagen kann. Und wenn in dieser Einleitung ö ren, speziell die Tuchindustrie ist schon jetzt kaum mehr im Stande, ein reelles, gutes Stück ein solches nur aus ebensolchem Materfal herzustellen und deshalb nicht Preise zu liefern ist, aks das große Publikum es unter den erwähnten Verhaͤltniffen haben muß“, und wenn ich