1889 / 14 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Hinneigung und Freundschaft auf den Enkel übertragen zu wollen. Bewegten Herzens erhebe Ich das Glas: Se. Durchlaucht der Fürst lebe Hoch! Hoch!! Hoch!!! .

Die vereinigten Ausschüsse des Bun desraths für Rechnungswesen und für Elsaß⸗-Lothringen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll und Steuerwesen, für Justiz= wesen und für Elsaß⸗Lothringen, sowie die vereinigten Aus⸗ schüsse für Justizwesen und für Elsaß-Lothringen hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbexricht, über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Zweiten bzw. Dritten Beilage.

Auf der Tagesordnung der am Donnerstag, den 17. d. M., Nachmittags 1 Uhr, stattfindenden 21. Plenar⸗ sitzung des Reichstages steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs⸗ haushalts-Etats für das Etatsjahr 1839,30, und zwar folgende Spezial Etats: a. Verwaltung der Eisenbahnen, b. Etat, der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung, (. Etat der Reichs⸗ druckerei, d. Reichs amt des Innern, e Reichs-Justiz verwaltung, f. Verwaltung des Reichsheeres, g. Reichs-Schatzamt.

In der heutigen (2) Sitzung des Hauses der J welcher der Vize⸗Präsident, des Staats⸗ Ministeriums, von Boetticher, der Finanz-Minister, Dr. von Scholz, und der Minister des Innern, Herfurth, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, führte zunächst der Alters-Präsident Dr. Reichensperger den Vorsitz. .

Derselbe machte Mittheilung von der Konstituirung der Abtheilungen und den für vorläufig gültig erklärten. Wahlen.

Auf der Tagesordnung stand die Wahl des Präsidenten, der beiden Vize⸗Präsidenten und der Schriftführer.

Auf Antrag des Abg. Stengel wurde zunächst der Abg. von Köller durch Zuruf zum Ersten Prä ssidenten gewählt. Derselbe nahm mit einigen Worten des Dankes die Wahl an und übernahm das Präsidium.

Auf weiteren Antrag des Abg. Stengel wurde der Abg. Hr. Freiherr von Heereman zum Ersten, der Abg. von Benda zum Zweiten Vize-Präsidenten gewählt. Dieselben nahmen gleichfalls dankend die Wahl an.

Endlich erfolgte auch auf Antrag des Abg. Stengel die Wahl der Schriftführer; der Abgg. Barth, Bohtz, Czwalina,

. Mithoff, von Rehdiger, Sperlich und Vopelius, durch uruf.

Der Präsident wird Sr. Majestät dem Ka iser und König von der Konstituirung des Hauses die vorgeschriebene Mittheilung machen.

Das Haus drückte darauf dem Alters-Präsidenten Abg. Dr. Reichensperger den Dank für die bisherige Leitung der Geschäfte durch Erheben von den Sitzen aus.

Bei Schluß des Blattes nahm der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz das Wort zur Einbringung des Etats und mehrerer mit demselben zusammenhängender Vorlagen.

In einer Extra-Beilage zur heutigen Nummer des

Meichs-AUnzeigers“ befindet sich eine vergleichende Ueber—

cht über die Ergebnisse der Wahlen der Mitglieder es Hauses der Abgeordneten für die 16. und 17. Legislaturperiode.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend, die Theilung des Re—⸗ ,,, Schleswig, zugegangen. Derselbe autet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:

5. 1.

Die Kreise Oldenburg, Plön, Stadtkreis Kiel, Landkreis Kiel, Rendsburg, Norderdithmarschen, Süderdithmarschen, Steinburg, Segeberg, Stormarn, Pinneberg, Stadtkreis Altona und Herzogthum Lauenburg werden von dem Bezirk der Regierung zu Schleswig ge⸗ trennt. Für den diese Kreise umfassenden Bezirk tritt eine Regie⸗ rung mit dem Sitze zu Kiel in Wirksamkeit.

2

Die Regierung zu Schleswig bleibt, bis zu einem durch König⸗ liche Verordnung zu bestimmenden Zeitpunkt, die Hinterlegungsstelle (Gesetz vom 14. März 1879, Gefetz Samml. S. 219) auch für den Regierungsbezirk Kiel.

3 Gegenwärtiges Gesetz tritt für die Provinz Schleswig ⸗Holstein, gleichzeitig mit dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, in Kraft. ;

In Beziehung auf die Zuständigkeit hinsichtlich der vor dem be— treffenden Zeitpunkte bereits anhängig gemachten Sachen tritt für den Regierungsbezirk Kiel die Bezirksbehörde zu Kiel an die Stelle der Beßirksbehörde zu Schlegwig.

Urkundlich 2x.

Dem Hhause der Abgeordneten ist der Bericht über die Ergebnisse des Betriebs der für Rechnung des preußischen Stagts verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahr 1887,88 zugegangen. Nach demselben be⸗ trugen in dem genannten Jahré die Einnahmen: 1) der für Rechnung des Staats verwalteten Bahnen 132 130 427 6 39 S, das ist ein Ueberschuß gegenüber dem Etatsansatz von 50 559 g21 s 49 3; 2) der J bei welchen der Staat betheiligt ist, 14609 296 ½ 38 , . n Ueberschuß von 785156 S 38 3; 3) die sonstigen Einnahmen betrugen 88 129 S 42 ö Minus von 35 026 St 58 3. Die Summe der Ein⸗

ng hm en beträgt 133 628 453 6 69 3, die der Ausgaben

497 573 359 S6 69 3, sodaß fich ein Ueberschuß der Ein⸗ nahmen über die Ausgaben von 251 055 163 „M, gegen den Etat eine Mehreinnahme von 50 664 104 V 44 8 ergiebt. Die Bahnlänge betrug insgesammt 23 466,25 km; der Gesammtbetrag des Anlagekapitals 6 00 76.5561 , dies sind pro Kilometer Bahnlänge 267 281 Von fremden Verwaltungen sind gepachtet 337,93 km, in Mit—⸗ betrieb genommen b, 39 km. Von den Gesammteinnahmen entfielen auf den Personenver kehr 253 Proz, auf den Güterverkehr 10, ) Proz., auf die sonstigen Einnahmen 338 Proz. Die Gesgmmtkosten der Unterhaltung der Bahnanlagen (mit Ausschluß größerer Erweiterungs⸗ und Ergänzungshauten) betrugen: auf 1 Em der unterhaltenen Strecken 1908 , auf J km Länge der unterhaltenen Geleise 1047 M, auf 1000 Wagenachs Kilometer aller Art 65 M6. Die Unterhaltung der Telegraphen und Signalvorrich⸗ tungen 26 betrug auf 1 km Länge der unterhaltenen Strecken 72 An Betriebsmitteln waren vorhanden 8618 Loko⸗

motiven, 13 503 Personenwagen, 3655 Gepäckwagen, 169 988 Gůterwagen. Da Gn n g haf dee. sämmtlicher Be⸗ triebsmitkel belaufen sich auf 1019 216 152 66 Aus dem De triebsfonds sind mehr beschafft als ausgeschieden: 1086 Loko⸗ motiven, 1397 Personenwagen, 46 Gepäckwagen, 16 146 Güter⸗ wagen. Ausgeschieden sind: 2026 Lokomotiven, 2216 Personen⸗ wagen, Ha3 Gepäckwagen, 21 647 Güterwagen; das sind in Summa für 175424316 6 ausrangirte Fahrbetriebsmittel. Auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes sind an ver⸗ unglückte Personen bezw. deren Hinterbliebene an Unfall⸗ renten und Krankengeldbeiträge 333 883 S, für Kosten des Heilverfahrens und der Beerdigung 40 360 6 gezahlt.

Dem Hause der Abgeordneten ist ferner der Nachweis . ö Verwendung des in dem Etat der Eisen⸗ bahnverwaltung für das Jahr 1837.88 unter Titel 42 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 1500000 6 zugegangen.

Die in einer öffentlichen Versammlung von Personen, die sonst keinen Verein unter einander bilden, gewählte Kommission, welche zur Ausführung der Versammlungs⸗ beschlüsse zusammentritt und dauernd zusammenwirkt, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, JI. Strafsenats, vom 2. November v. J., als „Verein“ im Sinne des Preußischen Vereinggesetzes vom 11. März 1850 zu erachten. Tritt diese Kommission mit anderen politischen Vereinen zu gemeinsamen politischen Zwecken in Verbindung, so machen sich die leitenden Mitglieder dieser Kommission und der mit ihnen in Verbindung stehenden Vereine dadurch straf⸗ bar, und es kann auf Auflösung dieser Kommission und der Vereine erkannt werden.

Mehrere Weingutsbesitzer, welche in ihren Kellereien ausschließlich oder vorwiegend eigenes Gewächs behandeln und pflegen, bei den von . zu Zeit stattfindenden Versteige⸗ rungen den gesanimten Bestand der Keller räumen und in der Zwischenzeit Weine nicht verkaufen, hatten gegen die Aufnahme ihrer Kellereibetriebe in die Speditions-, Speicherei⸗ und Kel⸗ lerei⸗Berufsgenossenschaft Beschwerde geführt. Das Reicht⸗ Versicherungsamt hat diesen Beschwerden unter dem 28. Dezember v. J. (Nr. 6455 mit der Begründung statt— gegeben, daß die in Frage stehenden Kellereibetriebe nicht als gewerbliches Unternehmen, oder als Theil eines solchen, be⸗ ziehungsweise als ein Weinhandel, sondern lediglich als Fort⸗ , und Abschluß des Weinbaues anzusehen feien. Da diese Betriebe sich ausschließlich oder doch in der Hauptsache auf die weitere Pflege, Behandlung und Lagerung selbft⸗ gewonnener Rohprodukte erstrecken, so unterliegen dieselben in gleicher Weise, wie der Weinbau selbst, den Bestimmungen des landmwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes vom 5. Mai 1886, und es findet auf sie das Ausdehnungsgesetz vom 28. Mai 1885 keine Anwendung.

Hefsen. Darm stadt, 15. Januar. (Darmst. Ztg.)

Der Erhgroßherzog und der Prinz Wilhelm von

Hessen begeben sich am 17. d. M. nach Berlin, behufs Ent—

a, der Investitur als Ritter des Schwarzen Adler⸗ rdens.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 15. Januar. (Weim. Stg.) Der ärztliche Bericht über das Befinden der Erbgroßherzogin, vom 15. Januar, lautet:

„Kein Fieber. Puls langsamer, kräftiger. Schlaf etwas unruhig. Wenig Husten. Engelhardt.“

Anhalt. Dessau, 14. Januar. (Anh. St -A.) Der Fürst und die Fürstin von Schwarzburg⸗Sonders⸗ hausen sind heute Vormittag nach Sondershausen, die Her⸗ zoginnen Marie und Jutta von Mecklenburg⸗ Strelitz mit Gefolge heute Mittag nach Neu⸗Strelitz von hier abgereist.

Desterreich⸗Ungarn. Pest, 14 Januar. (Prag. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses sprachen Jvanka, Stefan Tisza für, Horanszky, Balth und Horvath gegen die Wehrvorlage. Minister Fejer vary legte die finanziell geringfügigen Folgen der Vor“ lage dar und wies nach, daß die konstiturionellen Bedenken gegen den 5. 14 unbegründet seien; derselbe bestimme wesentlich dasselbe, was der [ gil Paragraph des gegenwärtigen Gesetzes hestimme. Das Recht der Hiekruten— und Kostenbewilligung bleibe der Legislative unverändert er— halten. Stefan Tisza polemisirte in glänzender Weise gegen die Opposition, welche, anstatt die Nation die Pflichterfüllung zu lehren, nur deren Schwächen und Vorurtheilen schmeichle und sie zur Selbstüberschätzung verleite. Horvath erzielte durch die leb⸗ hafte Bekämpfung des 5. 14, welcher der freiwilligen Auf⸗ obferung einer wesentlichen Verfassungsgarantie gleichkomme, stürmischen Beifall der Opposition. Die Interpretationazweifel der Opposition müßten mindestens durch eine klare Textirung des Paragraphen beseitigt werden.

Großbritannien und Irland. Londo n, 15. Januar. (A. E) Den bis jetzt getroffenen Anordnungen zufolge tritt das Parlament am Donnerstag, den 21. Februar, zusammen. Ueber die neuen Vorlagen der Session liegen schon heute einige Angaben vor. Sir Michael Hicks⸗Beach, der Präsi⸗ dent des Handels amts, erklärte in einer gestern an seine Wähler in Clifton gehaltenen Ansprache; die wichtigste Aufgabe der nächsten Session werde die sein, hinlängliche Fürsorge für die nationale Vertheidigung zu treffen.

Frankreich. Paris, 15. Januar. (W. T. B.) Die Regierung hat dem Gouverneur von Obokh Ver⸗ haltungsmaßregeln übersandt, nach welchen derselbe er— mächtigt wird, keinerlei bewaffnete Haufen landen zu lassen.

In der heutigen Sitzung der Delegirtenkammer richtete Baudry d' Af . an die Regierung eine An⸗ . wegen der neuerlichen Unruhen bei Hen Wahl⸗ bersammlungen. Der Minister⸗ Präsident Flogu ct er— widerte, wenn die Monarchie früher das ersammlungs⸗ recht gestattet hätte, so wäre das Land ö im Stande, dasselbe mit Ruhe zu handhaben. Die egierung könne den Unordnungen nur in den von dem Gesetz beslimmten Fällen steuern. Die Kammer nahm alsdann das Rekru⸗ tirungsgesetz wieder auf und nahm mehrere Artikel des⸗ selben an. Nächste Sitzung Donnerstag.

Die Ein ksmmensteuer⸗Kommission verwarf en bloe den Gesetzentwurf des Finanz⸗Ministers.

Rußland und Polen. St. Petersbur g, 15. Januar. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Nordischen ö

wandlung der 29 im europäischen Rußland bestehenden Schützen-Bataillone und einiger Reserve⸗In⸗ fanterie⸗Bataillene in Regimenter zu zwei Bataillonen handelt es sich nicht um eine neue Maß⸗ nahme, sondern vielmehr um eine solche, die bereits im Laufe dreier Jahre allmählich zur J gelangt ist. Der Erlaß der bezüglichen Kaiserlichen Ordre bezweckt die Eintragung des Etatsbestandes der genannten Truppentheile in das Reichsbudget. .

Moskau, 158 Januar. (W. T. B.) Auf die Ne ujahrs⸗ wünsche der Stadt Mos kau erhielt der General⸗ Gouverneur, Fürst Dolgorukow, ein Kaiserliches Reskript, in welchem es mit Bezugnahme auf den Ei senbahn⸗ unfall hei Borki heißt: „Gott hat gewollt, daß in dem Entsetzen über den Untergang, der uns gedroht und in der Freude über die Errettung vor uns und der ganzen Welt sich diejenigen Gefühle unbegrenzter Liehe und Ergebenheit des Volkes offenbaren, welche die Kraft Rußlands bilden, indem sie den Czaren und das Volk zur Arbeit und zu Thaten begeistern. Indem ich in das neue Jahr eintrete mit dem erneuerten Glauben an das Walten der göttlichen Vorsehung über uns und dem eliebten Vaterlande, flehe ich zu Gott: er möge unsere Ge— re, und Handlungen lenken zu seinem Ruhme und zum Wohle Rußlands.“

Niederlande. Schloß Loo, 15. Januar. (W. T. B.) Das heute Mittag ausgegebene offizielle Bulletin über das Befänden des Königs lautet: „Obgleich der König nur wenig Nahrung nimmt, haben die Kräfte in den letzten 2A Stunden nicht weiter abgenommen; das Allgemeinbefinden ist etwas weniger ungünstig.

15. Januar, Nachmittags. (W. T. B.) Der Köni 9 hrachte heute einige Zeit außerhalb des Bettes zu und er ledigte einige Arbeiten.“

16. Januar. (W. T. B.) Das heute Vormittag er⸗ schienene offizielle Bulletin lautet: „Das Befinden des Köni g5 ist günstiger.“

Serbien. Belgrad, 15. Januar. Ein der, Staatencorr.“ (4 Uhr 37 Min. Nachm.) zugegangenes Telegramm meldet: König Milan konferirte heute mit dem General Gruies wegen Uebernahme der Aufgabe, ein neues Kabinet zu bilden. Tauschanovies und Franassovics hatten heute lange Konferenzen mit dem Minister des Aeußern, Mijatovics.

Amerika. New⸗Hork, 14. Januar. (A. C) Die förmliche, verfassungsmäßige Wahl des Generals Har⸗ rison zum Präsldenten der Vereinigten Staaten fand heute statt. Die im November gewählten Wähler traten in den Hauptstädten der verschiedenen Staaten zusammen und

aben ihre Stimmen entweder für General Harrison oder räsident Cleveland in Uebereinstimmung mit den Mandaten

ihrer resp. Parteien ab.

Seitungsstimmen.

Der „Hannoversche Courier“ schreibt:

Die Eröffnung des Landtages ist unter den günstigsten Vorzeichen erfolgt. Die Thronrede, welche der Kaiser und König an die Mit⸗ glieder beider Häuser gerichtet hat, ist eine hocherfreuliche Kundgebung, betont sie doch vor Allem, daß wir uns „der Hoffnung auf fernere Erhaltung des Friedens mit Vertrauen hingeben dürfen.“ In den Landtagsthronreden pflegte seit lange jeder Hinweis auf die auswärti— gen Angelegenheiten vermieden zu werden, er war den Kaiserlichen

Ansprachen an den Reichttag vorbehalten. Wenn in diesem Jahre davon eine, Abweichung gemacht wurde, so geschah es in, der Absicht, dem Lande eine frohe Botschaft zu bringen. Denn das Mißtrauen in die Erhaltung

des Friedens hatte in den letzten Jahren bei Jedermann so tiefe Wurzeln geschlagen, daß es nur schwer auszurotten ist. Daher trotz der seit den Kaiserreisen gesteigerten, Zuversicht, daß die Ruhe Europas nicht durch kriegerische Verwickelungen in abfehbarer Zeit werde gestört werden, doch immer wieder die Furcht vor einem piötz= lich ausbrechenden Kriege verschiedentlich zum Ausdruck gekommen ist. Nachdem nunmehr Se. Majestät in so bestimmter Form der Hoff⸗ nung auf Erhaltung des Friedens Worte geliehen hat, werden hoffent⸗ lich die Schwarzseher auf lange hinaus mit ihren trüben Andeutungen und Befürchtungen keinen Anklang mehr finden, um dle Bevölkerung zu beunruhigen und Handel und Gewerbe zu schädigen.

Seit Jahren haben die Abgeordneten nicht so freudig an ihre dem Wohl des Landes gewidmeten Arbeiten gehen können, wie jetzt bei, der Eröffnung der ersten fünf Jahre umfassenden Legislalur⸗ periode; denn sie sehen sich Aufgaben gegenüber, deren Lösung zwar an ihre Einsicht und Arbeitskraft erhebliche Anforderungen stellt, deren Bewältigung aber um so freudiger von Statten gehen wird, als die Gesammtlage des Landes es ermöglicht, über reiche Mittel zur Bestreitung der n9thwendigen wie der wünschentzwerthen Aus gaben zu verfügen. Mit großer Genugthuung muß allgemein die Mittheilung von der fortschreitenden Hebung der wirthschaftlichen Lage der Industrie und der arbeitenden Klassen erfüllen, welche Unwider⸗ leglich bewiesen wird durch die erhebliche Zunahme der Sparkaffen⸗ einlagen, die sich im Laufe des letzten Jahrzehnts mehr als verdoppelt, haben, indem sie auf etwa 2700 Millionen Mark, im letzten Jahre allein um 209 Millionen, gestiegen sind. Das sind Zahlen, die am besten die Klagen der Sozialdemokraten ber den Rückgang in den Verhältnissen der Arbeiter und gewerbtreibenden Klassen widerlegen, sie beweisen aber auch die Grundlosigkeit der meisten von der Regierungsgegnerschaft wider die feit 18.9 befolgte Wirihschaftspoliti erhobenen Anschuldigungen. Wäre diese Politik eine verfehlte, wie die Herren immer behaupten, so würde der Volks— wohlstand im Rückgang sich befinden, daß er aber einen so erfreulichen Aufschwung genommen pat, ist sicherlich'nicht zum geringen Theil der Wendung in der Wirthschaftspolitik zuzuschreiben. .

Bei der Hebung des allgemeinen Wohlstandes ist erklärlich, daß auch die Finanzlage des Staats eine so günstige geworden ist, um endlich eine weitere Steuererleichterung und die Befriedigung drin⸗ gender Bedürfnisse in Angriff nehmen zu können. Die mit Borsicht veranschlagten Staatseinnahmen ! geftatten Aufwendungen im Interesse von Kunst und Wissenschaft, welche in Rücksicht auf die anderen Gr fordernisse des Staats oft haben zurücktreten müssen, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß in den lehten Jahren für diese Zwecke erhebliche Summen bewilligt worden sind. Die Ankündigung, daß die . besoldungen für die Geiftlichen aller Vekenntniffe derart, erhöht wer fn sollen, daß sie den heutigen Lebengverhältnissen entsprechen, ö ö 9 Kreise der Bevölkerung, welche ein Verstaͤndniß dafür ha . 1 36 der Seelsorger frei fein muß von dem Kampfe um des . Nothdurft, mit hoher Befriedigung erfüllen, in erhöhtem Maße ist dies aber der Fall bei der . der, Thronrede über die zu bewilligende erhöhte Beitragsleistung des Staats zu den Besoldungen der Volksschullehrer, welche auch von den bisherigen gesetzlichen Beiträgen zur Versorgung ihrer Hinter bliebenen befreit werben follen, und außerdem stehen ihnen auch reich= licher bemeffene Alterszulagen in Aussscht. So werden endlich lang= jährige Wünsche und Forderungen der Vertreter dieses für, die Ge⸗ sittung und Bildung des Volks so wichtigen Standes erfüllt, und es r somit zu hoffen, daß die Klagen über die schlechte wirthschaft⸗ liche Lage der Volksschullehrer, welche Jahrzehnte hindurch die Spalten der Zeitungen füllten und zu so vielen gehässigen Angriffen

Agentur“ meldet: Bei der vorgestern veröffentlichten üm⸗

gegen die Regierung Anlaß gaben, nun verstummen werden.