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Entwurf eines Volksschulgesetzes.
Der Begründung zu dem gestern im Wortlaut mit— getheilten Entwurf entnehmen wir Folgendes:
Die Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 bestimmt im Artikel 2ꝑ: Gin besonderes Gesetz regelt das ganze Unterrichtswesen.
Der vorltegende Entwurf bezweckt die Ausführung diefer Vor— schrift auf dem Gebiet der Volksschule.
Das Streben nach einer einheitlichen gesetzlichen . Unterrichtswesens trat nicht erst bei Erlaß der Verfassungs Urkunde hervor. Das Bedürfniß wurde vielmehr schon nach den efreiungs⸗ kriegen empfunden, als die nationale Wiedergeburt Deutschlands eine von einheitlichen Grundgedanken getragene, nach einheitlichen Zielen strebende Jugendbildung als eine besonders wichtige Staatsaufgabe erkennen ließ.
In . Sinne ordnete die Allerhöchste Ordre vom 3. No— vember 1817 den Erlaß einer allgemeinen Schulordnung an. Dieselbe lautet:
„Je inniger Ich überzeugt bin, daß zum Gelingen alles dessen, was der Staat durch seine ganze Verfassung, Oe mg und Verwaltung bezweckt, der erste Grund in der Jugend des Volks gelegt werden müsse, und daß zugleich eine gute Erziehung derselben das sicherste Förderungsmittel des inneren und äußeren Wohls der einzelnen Staatsbürger sei, desto angelegentlicher it Meine Auf⸗ merksamkeit und Fürsorge von jeher auf diesen wichtigen Bestand. theil des öffentlichen Lebens gerichtet gewesen. Einen neuen Antrieb giebt ihr die durch die Gnade des Höchsten, geschehene Herstellung und neue Gestaltung Meiner Staaten, die Mir die von allen Seiten lich . Bedürfnisse des Erziehungs- und Unterrichtswesens in denselben dringend ans Herz legt.
Es würde eine, zumal, bei der vergrößerten Anzahl und der neuen Einrichtung der Prodinzialbehörden, sehr schwierige und weit⸗ läufe, in sich selbst wahrscheinlich nicht recht übereinstimmende, und noch weniger vielleicht mit dem Geist und Streben in den übrigen Verwalkungszweigen zusammenwirkende Arbeit sein, wenn man fortfahren wollte, diesen Bedürfnissen nur im einzelnen, sowie sie si ,, zu begegnen, ohne die Verhäsltnisse des Er= ziehungs⸗ und Unterrichtswesens im preußischen Staat im ganzen ins Auge zu fassen, und das, was im einzelnen dafür geschehen kann und muß, durch allgemeine Bestimmungen zu begründen.
Ich finde aber, daß es ihm an einer Verfassung noch mangelt, wonach dies möglich wäre, an einer Verfassung, wodurch es in Finem Geiste und unter gleichen Grundsätzen vereinigt würde, ohne
Beeinträchtigung der Verschiedenheit, 36. durch die Mannig⸗ faltigkeit der im Umfang Meiner Staaten begriffenen Länder und . und durch deren Stamm, Sprache, Religion, Gewerbe,
besondere Rechte und Einrichtungen nothwendig und durch die fortwährende Entwickelung der Erziehungs- und Unterricht kunst herbeigeführt wird. Die wenigsten Meiner Provinzen 7 mit gesetzlichen Grundlagen dafür dersehen, unter den vorhandenen PYrovdinzial⸗Schulordnungen fehlt Uebereinstimmung in mehreren Punkten, wo sie erforderlich wäre, alle einzelnen ent—⸗ halten vieles noch Streitige, oder nach den in andern mit= wirkenden Verwaltungszweigen eingetretenen Veränderungen, sowie nach den inzwischen fortgeschrittenen inneren und äußeren Verbesse⸗ rungen im Schulwesen neuer Festsetzungen Bedürftige, und die wenigen allgemeinen Bestimmungen, die das Allgemeine Landrecht und das Allgemeine Landschulreglement vom Jahre 1763 geben, sind zum theil nicht umfassend genug, zum theil in fich ungenügend, zum Theil auch als veraltet zu betrachten.
Ich habe deswegen beschlossen, dem Erziehungs- und Unterrichts= wesen Meiner Staaten, ö es der öffentlichen Leitung und ö unterworfen ist, eine Verfassung von dem oben bezeichneten Charakter zu geben.“
Damit im Einklange schrieb die Instruction für die Provinzial= Gonsistorien vom 23. Oktober desselben Jahreß im S 7 vor. daß eine allgemeine Schulordnung, welche die bei Leitung und Aussicht des Schul, und Erziehungswesens sowohl in Absicht der inneren als äußeren Verhältnisse zu befolgenden Grundsätze und Verschriften um⸗ faßt, entworfen und [. Grund derselben demnächst besondere Schul⸗ ordnungen für die einzelnen Provinzen erlassen werden sollten.“ ANeber die bei dem Erlaß dieser Bestimmung maßgebenden Ge⸗ sichtspunkte, sowie über Ziel und Einrichtung der in Aussicht genommenen Schulordnung verbreitet sich näher eine Denkschrift, welche von dem damaligen Staatsrath Sübern verfaßt ist. „Ihm ist der Staat eine Erziehungsanstalt im großen. Zur Nationalerziehung hat die National-Jugenderziehung vorzubereiken. Alles wird der Staat in und mit seinen Bürgern erreichen können, wenn er sorgt, daß sie Alle in Cinem Geiste von Jugend auf für seine großen Zwecke gebildet werden. Das erste Erforderniß ist daher, daß die allgemeinen Principien, nach denen der Staat in seinen öffentlichen Unterrichts und Frziehungsanstalten die Bildung feiner Jugend anlegt, einfach und klar gesetzlich aufgestellt werden.“
Es kam auch im Jahre 1819 zur Aufstellung eines umfassenden 83 indessen gerieth die weitere Berathung desselben bald ins Stocken. ;
Während in den nächsten Jahrzehnten die Verwaltung unaus— gesetzt an der e i des Schulwesens arbeitete, der Lehrerbildung und dem Unterricht neue Grundlagen gab und trotz der knappen Mittel die Durchführung der allgemeinen Schulpflicht durch stetig fortgesetzte Gründung neuer Schulen und Seminare nach Kräften förderte, be—= schrãnkte lich die Gesetzgebung auf einzelne Gebiete des Volkeschul= rechts. Insbesondere wurde in der Cabinetsordre vom 14. Mai 1825 (Gesetz Samml. S. 145) der Grundsatz der Schulpflicht aufs neue
und allgemein zur Geltung gebracht; im übrigen aber kam es nur zu 6. propinziellen Ordnungen, welche haupt⸗ sächlich die Schullast betrafen. So entstanden der Landtags⸗
abschied vom 22. Februar 1829 über die Regelung der Schullehrer⸗ besoldungen bei den evangelischen Schulen in Schlesien (von Kamptz, Annalen Bd. XV S. 178), das Regulativ vom 29. August 1831 be⸗ treffend die Errichtung und Unterhaltung der Landschulen in Neu⸗ vorpommern (von Kamptz, Annalen Bd. TY S. S4), und die Ver⸗ ordnung vom 11. November 1844, betreffend die ö der Rittergutsbesitzer und anderer Grundbesitzer in den vormals Königlich sächsischen Landestheilen in der Provinz Sachsen zur Unterhalkung Pon Kirchen, Pfarren und Schulen (Gesez SSamml. S. 638). Auch ge= hören hierher die Verordnung vom 11. April 1846, betreffend die Beitrage pflicht zur Unterhaltung von Kirchen, Pfarr⸗ und Schul⸗ gebäuden in dem Markgrafenthum Oberlaufitz Geseßz. Samml. S. 164h, und für daz Gebiet des Allgemeinen Landrechts . 1. Juli 1846, betreffend den Bau der Schul und Küsterhäufer esetz⸗ Samml. S. 397). 29 Umfassender war die Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 1. Dezember 1515 (Gesetz - Sammi. 1846 S Sie regelt die ö die Berufung, das Amt, die Besoldung und Entlaffung der Schullehrer, die Schulaufficht Schul⸗ Patron, Schulvorstand, Schulinfpector, Schuldeputation und die Unterhaltung der Elementarschulen. ; Der Plan, ähnliche Schuordnungen für die übrigen Provinzen zu er gssen, wurde durch die Ereignisse des Jahrez 1845 unterbrochen. Nach Erlaß der Verfassungsurkunde, welche, ein allgemeines Unterrichtsgefetz verhieß sind wiederholt Vorarbeiten zu demselben
r än, g Säeite Beilage ö zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Prenßischen Staats-Anztiger.
Berlin, Sonnabend, den 16. Januar
unternommen worden. Nachdem indeß das Haus der Abgeordneten unter dem 6. April 1865 die Staatsregierung aufgefordert hatte, zu⸗= nächst den Entwurf eines Gesetzes, betreffend . der äußeren Verhãältnisse der , insbesondere der Te 1 mög⸗ lichst bald vorzulegen, bewegten sich in den folgenden Jahren die dem Landtag vorgelegten Gesetzentwürfe auf dieser Linie, bis im Jahre 1869 das Haus der Abgeordneten der Staatsregierung wiederum zur Erwägung gab, ob in der That der Erlaß eines allgemeinen Unterrichtsgesezes unmöglich erscheine. Diese Erwägungen führten zwar zur Einbringung eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes, dasselbe wurde aber in den ö, Verhandlungen nicht weiter ge— fördert. Es kam im weiteren das Gesetz vom J1. März 1872, be, treffend die Beaufsichtigung des Unterrichts. und Erzichungswesenz (Gesetz Samml. S. 185), zu stande. Innerhalb des Ministeriums wurde sodann im Jahre 1877 der Entwurf eines allgemeinen Unter- ic eg ces aufgestellt; derselbe ist aber dem Landtag nicht vorgefegt worden.
Seitdem ist eine stückweise Regelung der einzelnen, 9. dem Ge⸗ biet des Volksschulwesens einer gesetzlichen Ordnung bedürsenden An⸗ gelegenheiten erfolgt.
Das Gesetz vom 22, Dezember 1869 (Gesetz⸗Samml. 1870 S. 1X betreffend die Erweiterung, Umwandlung und Neuerrichtung von Wittwen⸗ und Waisenkassen für Elementarlehrer, ist ausgestaltet durch die Ergãnzungẽgesetze vom 2. Februar 1881 (Gesetz Samml. S 41). 19. Juni 1889 (GesetzSamml. S. 131) und 27. Juni 1590 (Gesetz⸗ Samml. S. A135, welche die Wittwenpension erhöhten, die Beiträge der Lehrer beseitigten und ein Waifengeld einführten.
Die en ne ter. der Lehrer sind durch das Gesetz vom 6. Juli 1385 (Hesetz Samml. S. 298) umfassend geordnet. Durch die Gesetze, betreffend die Erleichterung der Volksschul⸗ lasten, vom 14 Jun 1888 (Gesetz Samml. S. 210) und 31. März 1839 (Gesetz Samml. S. 64) sind den Gemeinden erhebliche Bei⸗ träge zur Lehrerbesoldung gegeben. Durch den Staatshaushalt sind den nicht besonders reichlich be— soldeten Lehrern und Lehrerinnen an allen Orten bis zu 10 050 Cin= wohnern Alterszulagen bis zur Höhe von jährlich 500 6 für Lehrer und 350 (6 für Lehrerinnen gewährt worden. Der dem Landtage auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom 3. Mai 1890 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Schulpflicht (Drucksachen des Hauses der Abgeordneten Nr. 189, ist nicht zur ö gelangt (Drucksachen des Hauses der Ab⸗ geordneten Nr. 273). ĩ Inzwischen ist eine gesetzliche Regelung des Volksschulwesens wiederholt und dringend im Landtage in Anregung a ic,
Die Staatsregierung nimmt an, daß nach diesen chrittweisen Vorbereitungen die Zeit gekommen ist, um eine umfassende Ord⸗
der auf die Volksschule bezüglichen Angelegenheiten herbei=
1892.
richtung der , Volksschule, heißt es im allgemeinen Theil der Begründung:
Am 20. Mai 1855 bestanden im preußischen Staate 18271 Schulbezirke (Schulverbände) mit 34016 Volksschulen, in welchen 4838 247 Kinder von 64756 voll beschäftigten Lehrern und Lehrerinnen Unterricht empfingen. Dieser Zustand ist das Ergebniß einer fast zweihundertjährigen stetigen Arbeit, in welcher der ren n . Staat seine eigene Kraft bewährt, und in welcher, wie au allen anderen Staatsgebieten, seine Könige norm ngen sind. Von der Schul⸗ ordnung, welche Friedrich ilhelm J. schon in seinem ersten Regierungsjahre am 24. Oktober 1713 erlassen hat, bis zu dem heutigen Tage haben die Könige von Preußen mit . und Ern darüber gewacht, daß in ihrem Staate kein Kind ohne Unterricht bleibe, daß die Schulen, in welchen die Kinder unterrichtet und erzogen werden, sich in guter Ordnung befinden und den Lehrern das ihnen zustehende Einkommen gewährt werde. Ebenso haben sie von Anfang an und alle gleichmäßig darauf gehalten, daß die heranwachsende Jugend in der Schule zur Gottesfurcht und Vaterlandsliebe erzogen und auf Grund der hier erworbenen allge= meinen Bildung befähigt werde, ihre Stelle in der bürgerlichen Gefell⸗ schaft auszufüllen.
So will 8 Friedrich Wilhelm L. „daß die arme Jugend aus ihrer Unwissenheit . werde und die Stücke lerne, welche zu ihrem Heile und Seligkeit höchst nöthig seien .)
So will Friedrich der Große „nach wiederhergestellter Ruhe und allgemeinem Frieden das wahre Wohlsein seiner Lander in allen Ständen begründet sehen durch eine vernünftige fowohl als christliche , , der Jugend zur Gottesfurcht und anderen nützlichen
ingen“. Y.
So will König Friedrich Wilhelm III. „unter seinen getreuen
Unterthanen nicht allein nützliche Kenntnisse verbreiten, sondern fie auch zu guten Bürgern und Dienern des Staats erziehen. Durch , Unterricht lernen sie vernünftig denken und ihre Begriffe werden berichtigt; durch Moralität und Religion wird ihr Herz und ihre Sitten derbessert. Er hofft, daß die , durchdringen müsse, wie Cultur, öffentliche Ordnung und allgemeiner Wohlstand nur bei gutdenkenden und über ihre Verhältnisse gehörig aufgeklärten Unterthanen stattfinde n. 3) . Der unter König Friedrich Wilhelm TV. von dem Minister von Ladenberg ausgearbeitete Unterrichts gesetzentwurf schreibt im F 2 vor: In der Volksschule sollen durch Unterricht, Uebung, Zucht und Ord⸗ nung die Grundlagen der für das Leben im Staate und in der ö. e, sowie der ö. das Berufsleben erforderlichen Bildung geschaffen werden.
Von den beiden Gesetzentwürfen, welche unter Kaiser Wilhelm's J. Regierung entstanden sind, schreibt der von 1869 (Dr. von Mühler)
zuführen. Der in diesem Sinne auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vem 3. November 1830 dem Landtag vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die öffentliche , chef! (Drucksachen des Hauses der Abgeordneten Nr. 8), ist in einer besonderen Commission des Dauses der Abgeordneten eingehend berathen worden, indeß nicht zur rledigung gelangt. ; ö Die . erachtet die gesetzliche Regelung dieser An⸗ ö für unaufschiebbar und hat daher unter Benutzung der ei Berathung des vorjährigen Entwurfs gewonnenen Erfahrungen die gegenwärtige Vorlage aufgestellt. ! Dieselbe erstreckt sich nicht nur auf das Gebiet der öffentlichen Volksschule, sondern giebt auch einheitliche Vorschriften für den Privatunterricht, soweit er die Ziele der Volksschule verfolgt. Es erscheint dies nothwendig, weil der allgemeine Schulzwang nicht bloß . den Besuch der öffentlichen Volksschule zur Durchführung gelangt. '. er Entwurf will ferner das Lehrerbildungswesen regeln, weil er von dem Grundsatz der Confessionalität der Volksschule ausgeht und eine weitere Sicherung dieses Princips in gesetzlichen Garantien für eine confessionell gerichtete Vorbildung des Lehrerstandes erblickt. Der Entwurf beschäftigt sich schließlich mit einer anderweiten DOrganisatien der Schulbehörden, deren gegenwärtige Verfassung mit der Regelung der Volksschulunterhaltung auf communaler Grundlage nicht durchweg im Einklange stehen würde. Die Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 bestimmt: Art. 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesergt werden. Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht , welcher für die offentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Art. 22. Unterricht zu ertheilen und Unterrichts anstalken zu gründen und zu leiten, steht jedem frei, wenn er seine sittliche wissenschaftliche und technische Befähigung den betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat. Art. 23. Alle öffentlichen und Privatunterrichts, und Erziehungs— anstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staats— diener. Arte 24. Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die e ff ls Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffenden Religions esellschaften. Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volks⸗ . steht der Gemeinde zu. Der Staat stellt, unter gesetzlich ge= ordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Zahl der Befähigten die Lehrer der öffentlichen Volksschulen an. „Art. 25. Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffentlichen Volks⸗ schulen werden von den Gemeinden, und im Falle des nachgewiesenen Unvermögens ergänzungsweise vom Staat aufgebracht. Die auf be— sonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen Dritter bleiben bestehen. Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes, den Localverhältnissen angemessenes Einkommen. In der öffentlichen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlich ertheilt.“ Demgemäß behandelt der Gesetzentwurf in neun Abschnitten: IL. Die * fgabe und Cinrichkung der öffentlichen Volksschule Art. 21 . Art. 24 Abs. J und 2 der Verfassungsurkunde) — 55 1 bis 26. — ö ö II. Die Träger der Rechtsverhältnisse der öffentlichen Volksschule (Art. 25 Abs. 1 und 3 der Verfassungsurkunde) — * A bis 50. — III. Die Verwaltung der Volksschulangelegenheiten und die Schulbehörden (Art. 23 Abs. 1, Art. 24 3 3 der Verfassungs⸗ urkunde) S5 5I bis 14. ; LV. Die Schulpflicht und die Bestrafungen der Schulversäum— f sowie den Privatunterricht (Art. 21 ö. 2, Art. 2 dex Ver⸗ fassungsurkunde) * SS 75 bis 103. — ( 6 V. Die . die Anstellung, das Dienstverhältniß und das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen . (Art. 23 Abs. 2. Art. 24 Abs. 3, Art. 25 Abf. 2 der Verfa ssungsurkunde) — S8 104 bis 154. — Daran anschließend: VI. Die Pensionirung der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volkeschulen — S 155 bis 179 — und . XII. Die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Lehrer an öffentlichen Volksschulen — Ss§ 180 bis 183. — VIil. Die Leistungen des Staats zur Unterhaltung der öffent= . (Art. 25 Abs. 1 der Verfassungsurkunde — S5 184 is 1
X Schluß. und Uebergangsbestimmungen — S§ 190 bis 194. —
Bezüglich des ersten Abschnitts, Aufgabe und Ein⸗
vor: „Die öffentliche Volksschule hat die Aufgabe, der Jugend für das Leben in Staat und irche, . für das Berufsleben
durch Unterricht, Uchung und Erziehung die Grundlagen der Bil. dung und sittlichen ö zu geben — und derjenige von 1877 (Dr, Falk): Die Aufgabe der niederen Schulen ist die religiöse, ittliche und nationale Bildung der Jugend durch Erziehung und anterricht, sowie die Unterweisung derselben in den für das bürger⸗ liche Leben nöthigen allgemeinen Kenntnissen und Fertigkeiten.
Durchgehends tritt dasselbe Gefühl bon der . Verantwort⸗ lichkeit der Sache hervor; an einzelnen Stellen der Gesetze und der Motive für die Gesetzentwürfe wird demselben besonderer Ausdruck gegeben. Die Bedeutung der Sache beruht nicht bloß darauf, ö. es 6 hier um mindestens neun Zehntheile sämmtlicher Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren handelt, sondern daß die Schule auch für diese eine ganz andere Wichtigkeit hat, als für das letzte Zehntheil, ;
Aus diesem Gefühle der Verantwortlichkeit erklärt es sich wohl, daß zu allen Zeiten, wie immer das Verhältniß von Kirche und Staat aufgefaßt wurde, und welche theologische Richkung auch die Zeit be⸗ herrschte, überall die religiös sittliche Erziehung der Jugend als die erste Aufgabe der Volksschule in Preußen . worden ist. s kommen darin zwei . zur Geltung der eine, daß das Ge⸗ deihen, ja der Bestand des Staats von der Bewahrung und der Pflege der religiös sittlichen Gesinnung seiner Bürger abhängt, der andere, daß neben der Kirche die beste und n . Stätte für die Begrün⸗ dung solcher Gesinnung in der Schule zu suchen sei. Hand in Hand mit der religiss⸗sittlichen Erzie 3 der Schuljugend ist aber auch stets die Vorbereitung derselben für das, praktische Leben gegangen. Immer wieder wird daran erinnert, daß in der Unwissenheit und der Ungeschicklichkeit der Bevõl erung die Quellen der Armuth, der Rohheit, des Bettels und dessen ganzer Gefolgscheft liege, daß die Kinder in der Schule erst arbeiten lernen, dann Lust an der Arbeit gewinnen und den Grund zu , 6 legen sollen, daß der Wohlstand der Bevölkerung mit der Aufbesserung ihrer Schulen gleichen Schritt halte. Auch über den Weg, auf welchem das übereinstimmend bezeichnete Ziel zu er⸗ streben ist, hat im Allgemeinen eine Gleichheit der Ansichten bestanden. Unterschiede trafen nie den Kern der Sache und sind wohl vielmehr in öffentlichen Kundgebungen als in der stillen Arbeit der Schule selbst hervorgetreten, ; .
Von dieser inf ehen, auch die Vorschriften in den 85 1 bis 26, betreffend die Aufgabe und Einrichtung der öffentlichen Volks- schule, aus. Dieselben sind bestimmt, die Grundsãtze festzuftellen, an welche sich die Unterrichts verwaltung bei der Leitung und Beauf⸗ sichtigung der Schulen zu binden, und die Ziele zu bezeichnen, welche sie zu . hat. ; ;
Bei dem Entwurfe der bezüglichen Bestimmungen war zu be⸗
achten, daß die Linien, innerhalb deren sich das Lehen der Schule be=
wegen soll, nicht zu eng gezogen werden dürfen. Die Erfahrung hat elehrt, daß die gin hr in Einzelheiten eingehenden gesetzlichen Vor= ö n, welche in einigen Landestheilen gelten, der freien Bewegung und dem sicheren Fortschritte auf dem Gebiete der Schule die größten Hindernisse bereitet haben. Gerade jetzt, wo die allgemeinste Theil= nahme der gesammten deutschen Bevölkerung der Erziehung der heran⸗ wachsenden Jugend in der Schule lebhaft ien . ist, wo man von ihr die Hellung mancher Schäden der bürgerlichen Gesellschaft erhofft, die Hut der höchsten Güter der Nation von ihr erwartet, wo von allen Seiten die verschiedensten Wege zu dem erstrebten Ziele vorgeschlagen und erörtert werden, liegt die Versuchung nahe, im Gesetze eine recht ausführliche Be chreibung der vollkommensten Schul⸗ formen zu geben; es würde jedoch auf das äußerste bedenklich sein, diesen Weg zu betreten. . ; ö
Der vorliegende Entwurf hat sich darum im wesentlichen darauf beschränkt, die gegenwärtig im Schulleben geltenden bewährten Grund⸗ sätze . und nur mit leichten Strichen einer weiteren Ent⸗ wickelung den Weg zu öffnen. ö. ö .
Andererseits . die Familien, welche ihre Kinder der Schule zuführen, und die Gemeinden, welche sie, zum Theil unter nicht ge⸗ ringen Spfern unterhalten, ein Recht, zu erfahren, nach welchen i nen ihre Kinder erzogen werden, welche Kenntnisse und Fertig⸗ keiten sie in der Schule erlangen, welche Bildung sie empfangen sollen. . darf der Zusammenhang nicht verkannt werden, in welchem die Vorschriften ber die Einrichtung der Schule mit dem Aufwande
) Verordnung vom 28 September 1717. * Ge nn, ulreglement vom 12. n ,.
h Katholisches Schulreglement vom 18. Mai 1801.