1892 / 25 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

werden können. Es sei also im Interesse des Zustandekommens eines guten Gesetzes eine nochmalige Commissionsberathung wünschens⸗ werth und nothwendig.

Abg. Dr. Ham macher (ul): Dem Antrage des Vorredners auf Zurückverwelsung an die Commission schließe er hh mit seinen polifischen Freunden an; er habe aber darin nicht Recht, daß die große Bedeutung der elektrischen Technik den Commissionsmitgliedern nicht bekannt gewesen sei. Diesen Vorwurf weise er aufs entschie⸗ denste zurück. 2 .

Abg. Graf v. Ballestrem (Centr); Namens seiner politischen Freunde erkläre er, * auch fie sich dem Antrage Schrader anschlössen. Die Chrinde seien dieselben wie die feiner belden Vorredner. Auch er weife den Vorwurf des Abg. Schrader gegen die Mitglieder der Commission zurück. ö

Abg. Schrader (ofr): Er habe gesagt, daß von der großen Bedeutung der Elektricitäts Industrie nicht bloß die Commission, sondern uberhaupt die große Mehrzahl des Publikums eine, voll⸗ ständig irrige Vorstellung gehabt habe, weil ihre große Ausdehnung erst durch die cleckrische Ausftellung in Frankfurt vor Augen geführt fei. Er habe alfo einen besouderen Vorwurf gegen die Commission nicht aussprechen wollen. . .

Abg. Graf von Arnim (Ry): Er müsse betonen, daß die Majorltät der Commission sich mit ihm vollständig überzeugt habe von der Bedeutung der Kraftströäme und derjenigen neuen Er— findungen, die man auf der Frankfurter Ausstellung gesehen habe. Gerade deshalb habe man sich gesagt, daß das Clektricitätsgesetz solche Schwierigkeiten bieten werde, daß man es für nothwendig erachte, das Regal möglichst bald der Staatsregierung zuzuwenden und nicht zu warten, bis das , welches gar keinen directen Zufammenhang mit dem Regal habe, zum Abschluß gebracht fei. Er bedauere, daß hier durch eine Plenarberathung nicht klar⸗ gestellt werden könne, auf, welche Einflüsse die Verzögerun der Berathung zurückzuführen sei. Es seien hauptsächlich die Ilektri. citätsgesellschaften, welche den Versuch machten, das Gesetz möglichst lange hinauszuziehen, um dadurch auf ihre Rechnung zu kommen. Er werde gegen die Zurückverweisung an die Commission stimmen.

Abg. ö (dfr.): Nicht irgendwelche bedenklichen Einflüsse, sondern die Interessen einer großen Anzahl der wichtigsten Städte wirkten dahin, daß feine Partel eine neue Berathung wünsche.

Die Zurückverweisung des Gesetzentwurfs an die Com—⸗ mission wird darauf beschlossen.

Die ausgesetzte Absitimmung über das Gesetz, betreffend die Ausdehnung der Zollermäßigungen, stellt der Präsident dem Hause jetzmi vorzunehmen anheim, obwohl die Zusammen⸗ stellung der Beschlüsse noch nicht gedruckt vorliegt. Abg. Freiherr von Stumm widerspricht; da der Widerspruch eines Einzelnen genügt, kann die Abstimmung nicht erfolgen. Abg. Rickert beantragt, die Sitzung auf eine halbe Stunde zu vertagen, da bis dahin die Vertheilung erfolgt sein werde. Der Antrag wird mit 1065 gegen 163 Stimmen abgelehnt.

Schluß gegen 5 Uhr.

Haus der Abgeordneten. 7. Sitzung vom Donnerstag, 28. Januar.

Der Sitzung. wohnen der Präsident des, Staats⸗ Ministeriums, Reichskanzler Graf von Caprivi und der . . geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von

edlitz bei.

Auf der. Tagesordnung steht zunächst die Wahl von zwei Mitgliedern der k,

Auf Antrag des . Grafen zu Limburg⸗Stirum werden an Stelle der Abgg. Köhne und Zelle die Abgg. Lückhoff und Goldschmidt durch, Zuruf gewählt. Sie nehmen die Wahl dankend an und erklären, daß sie sich auf Grund ihres auf die Verfassung geleisteten Eides auch für dieses Amt für verpflichtet halten.

Es folgt die weitere Berathung des Volksschulgesetz⸗ entwurfs.

Abg. Graf zu Lim burg Stirum Con): Der Abg. von Kardorff wünsche, daß das vorliegende Gesetz nicht einseitig durch eine Vergewalti= gung von Parteien, mit denen seine (des Redners] Partei, vielfach zu⸗ sammenginge, zu stande komme, sondern daß die Möglichkeit nicht aus= geschlossen sei, das Gesetz zu schaffen durch eine Verständigung mit den Freiconservatiben und Nationalliberalen. Was die ersteren an⸗ lange, so erkenne er an, daß in den Reden der Vertreter dieser Partei nichts liege, was seiner Partei das Zustandebringen des Gesetzes mit ihnen unmöglich erscheinen lasse, anders stehe es dagegen mit den National⸗ liberalen. Wolle man ein Gesetz zu stande bringen, über das große Meinungsverschiedenheiten herrschten, so sei es sehr bedenklich, es gleich für, unannehmbar“ zu erklären. Wenn Herr von Bennigsen im Reichstag eine Rede halte, worin er einen Appell richte an die Frei⸗ sinnigen, mit ihm zusammen zu gehen, um dem deutschen Bürger⸗ thum, worunter er die liberalen Parteien verstehe, während er (Redner) erklären müsse, daß das Bürgerthum auch bei seiner Partei eine Vertretung finde, wenn also der Abg. von Bennigsen dem liberalen Bürgerthum einen größeren Einfluß schaffen wolle, so heiße das: wir wollen mit den 56 zusammengehen und, alles auf Kosten der Conservgtiven, uns den maßgebenden Einfluß in den politischen Körperschaften verschaffen. Wenn der Abg. Hobrecht an demselben Tage hier eine Rede halte, in der er das Gesetz mit stärksten Aus— drücken verdamme und sage, es wolle die Lehrer zu Heuchlern und Augenverdrehern mgchen, * liege es auf der Hand, daß hier der Kampf um das Gesetz nicht vom Standpunkk des . aus, sondern von dem des politischen Kampfes um die Macht geführt wer⸗ den solle. Freilich sei es sehr gefährlich, ein Gesetz zu machen, das in seiner Wirkung im Lande solche Unzufriedenheit erregen werde, daß eine schwere Reaction dagegen eintreten müsse, denn das bedeute nichts weniger als einen neuen Culturkampf, und wer den alten wie er von Anfang durchgemacht habe, der sehe sich jedes Gesetz wiederholt darauf an, ob ein neuer Culturkampf daraus entstehen könne. Nach genauer . müsse er das in . auf verneinen.

3 werde im Lande durchaus keine Unzufriedenheit erregen, sondern höchstens bei den Wahlen Eindruck machen, wo ja die Dia,, von Junkerthum ö Mugerthum und Preisgeben der Schule an die Kirche häufig seien. Für die Confessionalität der Schule komme hauptsächlich das Examen der Lehrer und die Ertheilung des Reli⸗ ionsunterrichtes in Betracht. Mit den Herren, welche die confessionelle

chule überhaupt nicht wollten, werde er kaum zu einer Verständigung kommen; die Entwickelung der Dinge habe festgestellt, daß die große Mehrheit der Bevölkerung sich ihre Religionsübungen nicht getrennt von der Cynfessionalität denken könne, und dann müsse auch die Schule confessionell sein. Man greife nun in Bezug auf die Lehrerprüfung . das Recht des Commissars des Bischofs an, das ii ir zu eanstanden, wenn der Candida die Prüfung in Religion nicht bestehe, und daß, wenn keine Verständigung zwischen dem Bischof und dem ,. identen erzielt werde, der Lehrer das Attest erhalte, aber ohne Befähigung zum Ertheilen des Religionsunterrichts. Nun handele es sich hier um junge Menschen, die sich zum Lehrerberuf borbil= deten, aber wer das thue und kejn gläubiges Gemüth habe, solle lieber davon bleiben, er gehe den schwersten Kämpfen entgegen und könne sicher sein, unglücklich zu werden; es sei gerade so, wie wenn Jemand Caval⸗ serist werden wolle, der das Pferd für ein gefährliches Thier halte. Habe der Lehrer aber ein glaͤubiges cen tk so könne ihm bei der Hrisung nichts passiren, denn er werde gefragt, ob er die Lehren seiner Kirche verstehe und lehren könne und ein gutes Leben führe, und dann werde er eben bestehen; solche jungen Leute seien ja

meist unfertig. Der zweite Punkt sei der, daß unter Umstãnden im . mit der Staatsbehörde der ö eistliche befugt ein folle, den Religionsunterricht in der Volksschule selbst zu ertheilen. . thue nun fo, als oh darin eine Concedirung der missio canonica i Die missig eanonieg bedeute, daß von 6 ö des , richts ohne Angabe von Gründen, lediglich es informata conscientia . ö könne, und das konne zu Conflieten führen und fei unmöglich. Aber zuvörderst werde der ohnehin sehr in An pruch enommene Geistliche es sich sehr überlegen, ob er die Last des hi n e nter e. dauernd auf sich nehmen solle; ohne zwingende Gründe werde er es nicht thun, und diese Gründe müßten dem Urtheil des Regierungs-Präsidenten unterliegen. Also hiernach komme die Lehrerschaft in keine unwürdige Abhängigkeit von der Geistlichkeit. Dem ordentlichen Lehrer, der ane Pflicht thue, könne Niemand zu Teibe. Die beiden Punkte, wegen deren man gegen die Confessionalität der Schule, wie sie das Gesetz plane, ankämpfe, berechtigten also nicht zu einem solchen Widerstand. Anders sei es bezüglich der Privat⸗ schulen. In diesem Punkte hege er schwere Bedenken. Man müsse Gautelen schaffen, daß die Schule confessionell bleibe und nicht für socialdemokratische Zwecke mißbraucht werde, Von der, polnischen Partei sei verlangt, daß der Sprachunterricht in der Volksschule überhaupt polnisch sein folle, und ferner, daß die Kreis⸗Schulinspeetoren durchweg Von der Confefsion der ihnen unterskellten Schulen sein sollten. Der letzten Forderung könne er entschieden nicht beitreten, denn dig Kreis-S uul⸗ mfpectoren feien in erster Linie da, die Staagtsinteressen, und nicht die confessionellen, zu wahren. Der ersten Forderung aber müsse er mit dem entschiedensten Widerspruch entgegentreten. In ganz Preußen sei die Volksschule dazu da, daß dien Kinder zu preußischen Bürgern ausgebildet würden, und da Preußen ein deutscher Staat sie, so müßten fie befähigt werden, in diesem deutschen Nationalstaate ihren bürgerlichen Pflichten zu genügen. Darum sei die Volksschule dazu da, daß die Kinder deutsch lernten. Wenn die Kinder außerhalb der reglementsmäßigen Stunden polnischen Unterricht erhalten dürften, so klinge das . armlos. Ein großer Theil der katholischen, pol⸗ nischen Geistlichkeit sei aber entschieden gesonnen und. ent⸗ schlossen, die Macht der katholischen Kirche im Interesse des Polenthums zu en fen, sogar dazu, um auf deutsche Katholiken zu drücken, daß sie ihre Kinder den polnischen Unterricht besuchen ließen. Es werde oft als eine unnütze Befürchtung hingestellt, daß die Deutschen zu Gunsten der Polen geschädigt werden könnten. Aber die Ernennung des gegenwärtigen Erzbischofs habe neue Be⸗ sorgnisse hervorgerufen und zwar in der Richtung, daß diese Er⸗ nennung bei den Herren von der polnischen Partei, Hoffnungen und Erwartungen erregt habe, welche im Laufe der Dinge schwer ent⸗ täuscht werden müßten. Auf allen Seiten sollte man sich klar sein, daß weitergehende Concessionen an die Polen eine schwere Gefährdung des Friedens in diesen Landestheilen und eine Kränkung der deutschen Interessen mit sich bringen würden. Seine politischen Freunde und er seien der Ansicht, daß dieses Gesetz etwas später als vor⸗ gesehen in Kraft treten sollte, aus folgenden Gründen. Als am Beginn der vorigen Session die große Fluth von Gesetzen vorgelegt worden sei, sei von seiner Partei mehrfach gewarnt worden, einmal dieses Haus, andererseits auch die Verwaltungsbeamten nicht zu sehr zu belasten. Aber es sei gesagt worden, man wünsche dringend diese Gesetze durch⸗ zubringen, Es zeige sich jetzt, daß die Verwaltungsbehörden his an die äußerste Grenze des Möglichen belastet seien mit der Ausführung jener Gesetze. Dieses Gesetz werde ihnen mindestens dieselbe Arbeit machen, wie jene, und er habe die schwere Besorgniß, daß das Ver⸗ trauen und die Tüchtigkeit der Behörden unter dieser Ueberlastung leiden würden, wenn sie mit untergeordneten der Sache nicht gewachsenen Kräften die Geschäfte erledigen sollten. Daher bitte er, daß dieses Gesetz erst in Kraft treten möge, wenn die anderen Gesetze so weit durchgeführt seien, daß sie nicht die Behörden ausschließlich mehr beschäftigten. Seine Partei hoffe, daß das Gesetz in der Commission in dem Sinne, wie der Abg. bon Buch namens der Fraction die 5. vertreten habe, behandelt werden werde. (Lebhafter Beifall rechts).

Abg. Dr. von Jazdzews ki (Pole) bezweifelt, daß der Vor⸗ redner im Namen seiner ganzen Partei gesprochen habe, denn die evangelische Generalsyncde habe verlangt, daß nicht nur die Lokal-, sondern auch die Kreis⸗Schulinspection confessionell geordnet sein solle. Das stimme vollständig mit den Forderungen seiner Freunde überein. Daß eine Volksschule ohne die Volkssprache nicht denkbar sei, werde von allen Pädagogen anerkannt; die deutsche Sprache solle

liege; dem sei nicht so. e . Kirche jederzeit die Befugniß

auch gelernt werden, aber in erster Linie stehe für die polnischen Landestheile das Polnische. Wenn die Volksschule unter staatlicher

Leitung alles erfülle, waz sie erfüllen solle, dann sei die Gefahr, daß Privatschulen eingerichtet würden, nicht groß. Wenn die

Forderungen seiner Freunde aber nicht erfüllt würden, dann seien die Polen auf die Privatschulen angewiesen. Die Befürchtungen, welche der Vorredner an die Berufung des neuen Erzbischofs geknüpft habe, seien unbegründet. Durch diese Maßregel werde vielmehr die allgemeine Zufriedenheit hervorgerufen.

Abg. Br. Porsch (Cent.): Den Vorwurf des Abg. Richter, daß das Centrum verfassungswidrig handele, wenn es die Vorlage an⸗ nehme, weil diese nur ein Stück des Unterrichtswesens regele, nicht das ganze Schulwesen, müsse er als unrichtig zurückweisen. Herr Zelle habe im vorigen Jahre den Entwurf für verfassungsmäßig gehalten und in der Commission hahe Herr Knörcke sich in demselben Sinne ausgesprochen. Beim Schulaufsichtsgesetz und bei den anderen Schul⸗ gesetzen hätten sich die . auch nicht ablehnend verhalten und jetzt wollten sie dem Centrum den Vorwurf des , n, machen! Ehe noch die Vorlage in Aussicht gestanden habe, habe der 3 Rintelen in einer Schrift über die vorjährigen Commissions⸗ verhandlungen ausgeführt, daß es wohl möglich sei, das Volksschuswesen allein zu regeln, wenn gewisse Bedingungen erfüllt würden, namentlich die Aufnahme der Vorschriften über die Lehrervorbildung und über die Privatschulen. Nur wenn die letzteren Verschriften in dem Entwurf blieben, werde das Centrum . den Entwurf stimmen können. Mit Leichtigkeit setze sich der Abg. Richter über die Bestimmungen der Verfassung hinweg; er meine, das sei eine Formel aus den fünfziger Jahren. Sei denn die Verfassung ein Saisonartikel? Solle nicht gerade die Verfassung eine lex in perpetuum Valitura sein? Da könnten auch andere Leute kömmen und andere Artikel der ö als verstaubt und veraltet bezeichnen. Die , habe dem Lande allerdings vorgelogen, daß die Vorlage den

ünschen des Centrums entspreche, und Propst Jahnel solle sich nach des Abg. Richter Mittheilungen gegen die Vorlage ausgesprochen haben. Propst Jahnel habe diese Behauptung in einem an den Vorsitzenden der Centrumsfraetion gerichteten Schreiben widerlegt und erklärt, daß er, wie er glaube, allein gegen die Eingabe gestimmt habe, welche an das Abgeordnetenhaus gerichtet werden solle. Da zeige sich, wie der Kampf gegen die Volksschule von der Presse mit großer Verlogenheit geführt werde. Die „Frei⸗ sinnige Zeitung, stelle es so dar, als wenn der Propst Jahnel nur glaube, gegen die Eingabe gestimmt zu haben, während er glaube, daß er allein dagegen gestimmt habe. Es sei eine Unwahrheit, daß diese Vorlage gh h den Wünschen des Centrums entspreche. Nicht bloß die wwangelische Generalsynode, sondern auch der jeder ultra⸗ montanen Tenden; unverdächtige evangelische Schulcongreß sei für die confessionelle Volksschule und confessionelle Lehrervorbildung eingetreten. Da sei es unerhört, daß man den Leuten, welche den Entwurf nicht genau gelesen hätten, vorrede, daß die Schule der katholischen Kirche ausgeliefert werde, (Zustimmung im Centrum.) Es sei richtig, daß der Entwurf das bestehende Recht codificire; man könne darüber streiten, ob diese Bestimmungen überall das Recht träfen; aber darüber brauche man kein solches Geschrei zu erheben. Der Äbg. Richter würde sich ein Verdienst erworben haben, wenn er nicht bloß die in die Vorlage qufgenommenen Anträge Rintelen erwähnt hätte, sondern auch nachgewiesen hätte, welche etre; nicht aufgenommen seien. Der Gultus-Minister von Goßler habe aus Anlaß des Windt⸗ horst schen Schulantrags erklärt, daß die Schule schon ganz confessio⸗ nell i r s fei; er. habe den Zustand geschildert, wie ihn die Vorlage feststelle. Er (Redner) fordere die Herren, welche behaupteten,

daß die Schule in andere Bahnen gebracht werde, auf, das im einzeln nachjzuwessen. Was wollten die Herren eigentlich? Die Einen ae, die confessionslofe, das heißt die religions lose Volkeschule, Andere wollten zwar den Religionsunterricht confessionell gestaltet sehen, aber den anderen Unterricht bon der Religion nicht beeinflussen lassen. Dazu müsse die Verfassung geändert werden, Seien die Herren der Meinung, daß die Religion oder das Christenthum ein Gift fei, welches inan nur in möglichst kleinen Desen verabreichen dürfe? Das Christenthum sei für seine Partei die Hauptsache; es müsse das Herz des Kindes durchdringen, um es zu stärken für den schweren Weg des Lebens. (Zustimmung im Centrum) Ein christlicher Vater ur am besten sein Kind erziehen zu können, wenn er ed dem Ser sorger anvertraue. So sei die Kirche die Mutter der Schule geworden. Unsere ganze Cultur würde nicht vorhanden sein, wenn die Kirche nicht wäre. (Beifall rechts und im Centrum.) Der 1 Enneccerus wolle nur den eligionsunterricht confessionell, gestalten; das Kammergericht habe aber entschieden, daß der ron? fessionelle Charakter der Volksschule auch in den nichtreligihsen Unterrichtsgegenstanden zu Tage trete. In der Simultanschule linken die Kinder weder katholisch noch evangelisch erzogen werden. uf confessionellen Anstalten werde kein Haß e die anderen Cen. fessionen eingesogen. Das habe er auch erlebt; aber auf den nit confesstonellen Universitäten habe er gesehen, wie unter der Matte der Wissenschaften den Schülern ,, * eingeflößt werde. JZustimmung im Centrum.) Der Abg. Richter habe anerkannt, doß den Religionsunterricht eigentlich die Geistlichen übernehmen müßten, seine Freunde hätten im vorigen Jahre aber im entgegengesetzten Sinne gestimmt. Man werde es bald begreifen, wie schwer geführ, lich es sei, wenn eine Generation ohne christlichen Glauben heranwachse. Der moderne Unglaube sei schlimmer als das alte Heidenthum. Mit dem Worte Pfaffe“ sei die Kirche und Religion beseitigt; die Mor beschränke sich auf das Strafgesetzbuch. Er begreife es, daß die Staatsregierung hier Abhilfe schaffen wolle. Seine Partei wolle der Staatsregierung helfen, wenn die Bedenken, die sie habe, aus dem Wege geräumt würden. Es werde als eli ih hingestellt, daß der bischöfliche Commissar entscheiden solle über die Befähigung eines Candidaten für die Ertheilung des Religionsunterrichts. Das sei weniger, als bisher Gesetz gewesen sei. Herr von Goßler habe erklärt, ein Lehrer, der in Religion durchgefallen sei, sei für die Volksschule unbrauchbar, Das sei noch schlimmer, (Widerspruch links: Kein Veto) Für die confessionellen Schulvorstände trete auch der Evangelische Bund ein. Was habe der Abg. Richter dagegen vor—⸗ gebracht? Er habe Witze. gemacht über die Dausväter. Wenn ein Junker oder ein Pfa ffe solche . gemacht hätte! (Sehr richtig! links) Warum habe man diese Dinge nicht an. geführt gegen die Einrichtung der kirchlichen Vermögensberwaltung? Das Volksschulgesetz sei von großer Bedeutung für unsere Verhäst⸗ nisse. Der Abg. Richter meine allerdings: was habe die Socialdemo⸗ kratie mit der Religion zu thun? Er bestreite, daß Jmand, der bewußt gläubig sei, ein bewußter Socialdemokrat sein könne, (Gu⸗ stimmung rechts) Der Abg. Richter habe eine geistreiche Kritik der Soecialdemokratie geschrieben, welche große Anerkennung finde. Aber sei es nicht wunderbar, daß er, der schärfste Belämpfer der Socialdemo kratie, die schärfste Waffe gegen diese, die Schule, nicht anerkenne? Die Lösung des Räthsels der socialen Frage fänden die Armen nur in dem Glauben an ein Jenseits. Wenn die armen Leute sich sagten, der Kaiser und seine mächtigen Minister müßten sich einmal vor Gott verantworten über die Macht, welche sie in der Hand hätten, so seien das Gedanken, die eine große Bedeutung hätten. . wenn der Glaube an das Jenseits verschwinde, dann seien solche Gedanken nicht vor= handen. Er glaube, daß die moderne Sintfluth, wenn sie zurück. gehalten werden könne, nur durch das hölzerne Kreuz, durch diese stärkste Waffe der Welt, zurückgedämmt werden könne. [Zustimmu rechts und im Centrum.) Deshalb liege ein stagtliches Intense vor, die Menschen so zu ziehen, daß sie wüßten, daß es im Jenselks einen Richter gebe. Es sei der Wunsch ausgesprochen worden, zu einer Verständigung zu kommen, Ob das möglich sein werde bei den vorhandenen Gegensätzen, wisse er nicht. Man könne mit Ruhe und ö discutiren. Wenn man sich klar machen werde, daß die Abweichungen des vorliegenden Gesetzeß von dein bestehenden Rechte nicht erheblich seien, dann werde eine Verständigung nicht aus⸗ geschlossen sein. (Lebhafter Beifall im Centrum und rechts.) Abg. von Eynern (nl): Der Vorredner habe in seinen Aus= führungen über die Socialdemokratie nicht daran gedacht, daß die größten Reichthümer sich in Händen befänden, welche der katho— lischen Kirche naheständen, in den Händen der Klöster und Kirchen. Der Besitzstand der praotestantischen Kirche sei im Vergleich hierzu verschwindend gering. Er habe ferner . extreme Folgerungen auf einandergebaut, daß es sich nicht verlohne, darauf einzugehen. Auf die Frage aber, ob das Christenthum Gift sei, das man in kleinen Dosen geben müsse, sei es überhaupt unwürdig zu antworten. Cin Irrthum sei dem Vorredner bei der Anführung der Thesen des Cban⸗ gelischen Bundes mit untergelgufen ; es sei darin von Mitwirkung der ehan⸗ gelischen Kirche die Rede; der Abg. Porsch habe daraus einfach Herrschaft der Kirche gemacht. Er empfehle ihm, hierüber den ö schienenen Artikel des Professors Berschlag im „Deutschen Wochenblatt. zu lefen. Der Abg. Stöcker habe, gesagt, nach der Rede des Abg. Enneccerus sei eine Verständigung zwischen der konserwwatiden und der nationalliberalen Partei unmöglich; er (Redner) wisse nicht, was ihn berechtige, diese sichere Meinung auszusprechen. Cs sei im vorigen Jahre ein Volksschulgesetz durchberathen und in allen Punkten eine Einigung erzielt worden. Das Gesetz würde auch zu Stande ekommen sein, wenn nicht der Einfluß des perstorbenen Abg. Winnt. orst dazwischen gekommen wäre. So sei der Minister von ö mit seinem Entwurfe bei Seite geschoben worden. Der damalige Entwurf habe der Kirche keine Herrschaftsrechte ein eräumt, der heutige dagegen thue ez, und das sei eben der Unter. ö zwischen beiden. Wenn der Abg. Graf zu Limburg⸗-Stirum es für unmöglich halte, dem Abg. Porsch weitere Concessionen zu machen, fo nehme er (Redner) das nicht so ernsthaft, denn man habe diesen Satz schon öfter von ihm gehört und es seien doch noch Con cessionen gefolgt. Wenn er wünsche, daß die Ausführung des Ent⸗ wurfs hinausgeschoben werde, so meine er, derselbe sollte überhaupt in dieser Session nicht mehr berathen werden. Die Erregung infolge des Culturkampfes in den Gemüthern des Volkes klinge noch so nach daß man sich auf den Erlaß eines Schuldotationsgesetzes beschränken solle. Die Rede des Herrn Cultus⸗-Ministers bei der ersten Berathun des Etats habe auch in den Le n sten Theilen der Bevölkernmg den Widerstand gegen die Vorlage wachgerufen; Beifall habe sie nur in den Reihen des Centrums, nicht bei den Conservativen ge. funden. Die conservative Partei habe seitdem, wie die Rede des Herrn von Buch beweise, ihre Stellung vollständig gewechselt, sie habe sich von dem Goßler'schen Entwurf abgewendet. Es scheine also, daß sie sich der Gefolgschaft des Abg. Windthorst anschließen und die wefentlichsten Rechte des Staates an die Kirche ausliefern wolle. Von der großen weltgeschichtlichen Bedeutung der Vorlage scheine der Minister noch keine Ahnung zu haben, sonst würde er sich nicht darauf beschränken, die Vorlage nur als Ausführung de Verfaffungsrechtes und der Verwaltungs praxis zu bezeichnen. Es sei schon enger einmal gesa t worden: die Schlacht zwischen dem Protestantismus und Ratholicismus werde auf märkischem Sande eschlagen werden; er glaube, die Zeit dieser Schlacht nahe r. . Den Vorwurf müsse seine Partei sich verbitten, daß die Kreise des Bürgerthums die Volksschule religionslos machen wollten. In dieser Beziehung nehme er, die freisinnige Partei in 6 Die frei sinnige Partei beherrsche die Stadt Berlin, wo sei denn die Religion aus dem blühenden Volksschulwesen der Stadt Berlin entfernt worden? Widerspruch rechts) Ueber die Verfassungsbestimmungen bestünden so viel Meinungen als Juristen vorhanden seien. In den weitesten Kreisen werde niemand glauben, daß die Verfassung solche regetionären Ein richtungen verlange, wie sie der Entwurf enthalte. Aus allen Reden des n er ge er; habe er mit seiner Partei fast gar keine Berührungspunkte gefunden; wenn auch der Minister den Wunsch

ausspreche, mit ihr zusammenzuarbeiten, so stelle er sich doch immer auf seine Auslegung der Verfassung, an welche man fich halten solle