wie an die Worte der Bibel, Wenn eine Verständigung erfolgen solle, dann müsse der Artikel 24 erst eine klare und gemein⸗ verständliche Fassung erhalten. Die confesfionellen Verhältnisse sollten möglichst berücksichtigt werden; die betreffenden Kirchengemeinschaften sollten den Religionzunterricht leiten. Das lasse eine Trennung des Religionsunterrichts von der Schule zu, aber nicht eine Scheidung der Unterrichtsanstalten nach confessionellen Gesichts⸗
punkten. Jiese Uusleging sei auch bei der Berathung der Ver= fassung im Herrenhause zum Ausdruck gekommen. Es sollten
jetzs die Verwaltungsborschriften Gesetz werden, welche dem jetzigen Ninister gefielen, Wohin das führe, zeige die neueste Verfügung des Ministers bezüglich, des Religionsunterrichts der Kinder der Dissi= denten. Der Minister glaube aber mit solcher Verfügung neues, geltendes Recht schaffen zu können und behaupte darauf, dies geltende Recht fei in der Vorlage nur kodificirt. Diese Bestimmung sei ihm die wichtigst? in der ganzen Vorlage, sie zeige die Stellung des Cultus-Ministers und, der einzelnen Parteien. Charakteristisch sei die Metivirung des Ministers, der damit allen den Kindern hie Wohl, that erweisen wolle, denen nie eine fromme Mutter die Hände zum Gebet gefaltet,. Das höre sich ja en schön, sehr rührend an; aber mit welchem Recht stelle man denn die Bissidenten als verruchte, göottlose. Menschen, hin, bei denen die Mutter nie ihren Kindern die Hände zum Gebet gefaltet habe und denen die Erziehung der Kinder aus der Hand genommen werden müsfe? Wohl nirgends in, Preußen gebe es mehr BDissidenten als in seine Heir n aber das seien Alles ehr ernste und fromme Leute, die ihre Kinder meist mit mehr Sorgfalt beten lehrten, als die Vogmengläͤubigen. 3. der Auf⸗ affung, des Minifters müßte in Cnglnd der Hüste der ephbltchmg die Etziehung der Kinder genommen werden,. Durch solche Bestim⸗ mungen, wie sie der Minister hier durchführen, welle, würden Hunderftaufende aus de; Landeskirche zi den Dissidenten getrisben, namentlich kenn die Stacker'fchen Beftrchungen nach! hieraræhischer Gliederung der xangeli⸗ en Kirche weiter Erfolg haben . Der Minister weise die Auffassung des Abg. Richter, . daß jede Verfassungsinterpretation durch ein Cultus. Ministerial· Nescript Estützt; sei; aber wer wahre denn die Gen in uitẽt in der , ele mne, seitdem die hierfür im Jahre 1787 auch von einem Herrn von Zedlitz eingerichtete Ober⸗Schuscommission aufgehört habe zu bestehen? Jetzt, sei man gewohnt, diese Continuität ich die Räthe der beiden ersten Abtheilungen des Cultus-⸗Ministeriums, die Provinzial ⸗Schuleollegien und die Unterricht? abtheilungen! der Regierungen gewahrt zu sehen, und es (ei ! anzunehmen, daß ein . in der Person des Cultus Ministers einen Vollständigen Wechsel in den Ansichten aller zieser Personen herbeiführen könne. Wer habe denn, nun das borhjegende Gesetz gemacht? Der Minister sei erst so kurze Zeit im Amt, daß ein Einlebßen in alle bestehenden, Einrichtungen und Bestimmungen, wie es nöthig fei, wenn er allein das Gesetz verfaßt haben wollte, eine , , Leistung sein würde. Dieses für die Schule seit Jahrhunderten wi ö te Gesetz, das die Entwickelung der kommen⸗
1
zeneration regeln solle, sei in nur wenigen Monaten gus⸗ e,, 6. , die Näthe sehr mitgearbeitet haben, nz man müsse faft glauben, daß Hie katholische Abtheilun ihren Wiedereinzug in das Cultus Ministerium ganz heimlich gehalten? habe, Ueher den Geist eines Gesetzes . Vo r⸗
snister, entscheide immer der Minister selbst; aber in der . er i nur den Geist des i Windthorst. Der Entwurf stelle die Herrschaft der Kirche über die Schule fest. Der Grenzgraben zwischen Staat und Kirche sei zugeschüttet. Der Minifker sage, es sei gut so: so stehe es in der Verfassung. Aber wie fei es denn bis ot gegangen? Habe die große Menge der Bevölkerung den Wunsch nach der confessionell aufgebauten Volks⸗ schule? Bis jetzt sei dies Hervorkehren der confessionellen Gegensätze, pie es der Entwurf, verlange. nicht erforderlich erschienen. Der Lehrer möge der befähigtste Mann sein, seine Stellung hänge ab von der Geistlichkeit. Denn da die meisten Schulen einklassige seien, so könne der Lehrer, welcher nicht Religion lehren dürfe, nicht an diesen angestellt werden. Der Appell an die Behörden werde ihm . helfen. Das sei, undurchführbar. Die Staatslehrer würden schließlich ebenso preisgegeben werden, wie seiner Zeit die Staatspfarrer. Der ganze Unterricht werde confessionell werden auf allen Gebieten, namentlich auf dem Gebiete der Geschichte. Der Gegensatz der Confessionen werde Gegenstand des Unterrichts werden. In den, Schulen werde dann gelehrt werden daß Luther ein iu fh e. Selbstmörder gewesen sei, daß der Protestantismus die Mutter der Socialdemokratie sei. (Hört! links. Der Lehrer könne abgesetzt werden von seinem Stagtsamt durch eine, Macht, die außerhalb des Staats liege; das sei ein Eingriff in die Kron⸗ rechte, eine Verletzung, des Artikels 47 der K Bei jedem Grenzstreit zwischen Kirche und Staat sei der Lehrer verloren. Die Lehrer müßten sich den Anforderungen der, Vorgesetzten anbequemen und in erster Linie würden sie sich dem Schutz des Geistlichen anver⸗ trauen. Daß die confessionelle Vollsschule nur der Anfang sei, wisse man ja; die confessionelle katholische Universität sei schon lange eine Forderung der Ultramontanen. Katholssche Minister habe Windthorst mehrfach verlangt. So werde schließlich die . Nation in zwei
älften getheilt. Es möge sein, a, einzelne Lehrer sich selbst über⸗ chäkten. Dechalb könne man doch nicht den ganzen Stand ver— urtheilen. Mache denn Herr Stöcker immer von dem Vexeins⸗
gesetz und von der Presse den richtigen, Gebrauch? Ueberschätze er nicht manchmal . Persönlichkeit? (Heiterkeit; Sollten denn deshalb alle Geistlichen ünter Aufsicht gef, werden? Man brauche solcher einzelnen Vorkommnisse wegen nicht, Bestimmungen in die Verlage 36 bringen, welche, die Selbständigkeit der Lehrer ver= nichten. Wenn die ö der Regierungen aufgehoben werde, w ne ⸗ r — er Regierungs⸗Präsident, namentlich wenn er noch ein Mandat ausübe, n; . . nicht die Durchführung dieses Gesetzes allein übernehmen ohne einen collegialen Beirath. Der Regierungs- Präsident werde vielleicht auch von oben herab angewiesen, in dieser oder jener Richtung vorzugehen, und in die Selbständigkeit ber Städte ünd Gemeinden in iner Weise einzugreifen, wovon man heute noch gar keine Ahnung habe. Seine Partei wolle den legitimen Einfluß der Religion wahren, aber nicht die Lehrer in die Hertschaft der Geistlichkeit stellen. Die Schulvorstände im Ber⸗ ischen entsprächen durchaus nicht den Schulvorständen der Vorlage; e seien nicht Vertreter der Confession, sondern würden von der Schul deputation ernannt. Daß zur Zeit Friedrich's des Großen die Hehslichen einen erheblichen Cihfluß auf ie Schulen gehabt hätten, nchn richtig. Friedrich der Große habe den Minister von Zedlitz sei nicht ri lig nn er , wens eingesetzt und ihm eine Instruktion r g sn so fleinlichen confessionellen Gesichtspunkten ent⸗ J , .
3 wohin es führe, wenn inan Er (Medner
mit dem Centrum cocettire. feine Partei dem Centrum gegen⸗
habe das aussßrechen müssen, wei
über ö ablehnenden Standpunkt eingenommen habe,
wobei sie nicht immer die Unterstützung der en, ge⸗ Wenn ihr jetzt die Bundesgenossenschaft angeboten
funden habe. ö. n , mn were, ü e darin die Führung haben. Heiterkeit links un J egierung an. 1d der Erfahrung no d ber⸗ . . . . Schulen, gründen, die . würden zurückkehren und Ünterrichtzanstalten gründen u. f. w. SHeiter⸗ kit Werfer deenomnischen Theil der Vorlägz wolle er nicht nher giugehen. Der Vornnrf' beg Abg. Sattler, daß di. merle eine Aufllhrung des Windthorst chen Schulantragz sei sei vollstũndig zu⸗ f,, , ,, nf, ber selbs s, e. er schlesische lte stbmschof, gew fen, und der eitigste Verlheidiger der Verlage fei bensalls en Schleier. Hert von Hine, . Feine Stellung dem preußischen König Friedrich II. Er off. 36 es diefen Schlefiern nicht gelingen werde, die re Döolksschule in ihrer Stellung zu erschüttern. Er, hoffe, da die Vorlage nicht werde Gesetz verden, Shne daß für grundlegende Elemente die Bestimmungen darin geändert würden.
3 . der geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von edlitz⸗
ö Herren! Ich bitte Sie, mir zu gestatten, zunächst nicht auf die Einwendungen des Herrn von Eynern einzugehen, — ich be⸗ halte mir das vor —, sondern auf eine Frage zurückzugreifen die von Vorrednern zunächst in der vorigen oder vorvorigen Sitzung — das weiß ich nicht genau — und heute wieder angeschnitten worden ist; das ist die Frage der Schulaufsicht und die Berücksichtigung der Muttersprache in dem Volksschulunterricht.
Meine Herren, ich glaube, ich habe in den ersten Tagen der Ver⸗ handlungen über das Volksschulgesetz keinen Zweifel darüber gelassen, wie ich zu der Durchführung der Schulaufsicht stehe. Ich kann mich darin dem anschließen, was der Hr. Abg. Graf Limburg⸗Stirum heut gesagt hat: die Schulaufsicht ist ein staatliches Amt; der, welcher sie führt, führt sie im Auftrage des Staats. Damit ist gegeben, daß dieselben Grundsätze, welche für staatliche Beauftragungen und Beamtenstellungen maßgebend sind, auch für diese Aufsicht maßgebend sein müssen. Demgemäß kann meines Erachtens die Forderung, die Schulaufsicht in allen Beziehungen und namenjlich auch in der Kreis⸗ Schulinspection überall confessionell zu gestalten, niemals ge⸗ setzliches Recht werden; sie ist auch thatsächlich gar nicht durchführbar, und ich würde jedem der Herren Abgeordneten, der mich mit seinem Besuche beehren will, in dieser Beziehung aus den einzelnen Distrieten sofort nach statistischen Nachrichten zweifellos nachweisen können, daß diese Forderung in Preußen undurchführbar ist, ganz abgesehen davon, daß sie principiell für die Regierung — nach meiner Auffassung wenigstens — nicht acceptabel sein würde. Das schließt ja selbstverständlich nicht aus, daß man in vielen Fällen, wie dies auch jetzt schon immer geschehen ist, die Schulen so gruppirt und unter solche Kreis⸗-Schulinspectionen stellt, wie dies auch den confessionellen Verhältnissen am meisten entspricht.
Dann, meine Herren, der muttersprachliche Unterricht. Es ist nach meiner Ansicht ganz unmöglich, daß in Preußen eine Bestimmung in ein Gesetz aufgenommen wird, welche ein Recht auf Ertheilung des Unterrichts in der Muttersprache giebt — schon um deswillen nicht, weil es unvereinbar wäre mit unserm Hauptgrundsatze, daß wir in Deutschland national ungetheilt sind, und zweitens deswegen nicht, weil nach den Verhältnissen unserer neueren Zeit die Vermischung der Nationalitäten und der Confessionen so stark geworden ist, daß eine muttersprachliche Ertheilung des Unterrichts in der Volksschule immer zur Verletzung einer anderen Nationalität führen müßte, — natürlich da, wo sie nicht in der deutschen Sprache geschieht, zur Verletzung der deutschen Nationalität, und ich glaube, keine Regierung kann das zugeben. Aber auch hier, meine Herren, sage ich, ist es sehr wohl möglich, wirkliche Bedürfnisse im einzelnen zu prüfen und auch zu berücksich⸗ tigen, ganz besonders auf dem Gebiete des Religionsunterrichts. Ich scheue mich nicht, es hier auszusprechen, auch nach den Aeußerungen nicht, die der Herr Abg. von Eynern hier eben gethan hat: mir ist es durchaus kein unfaßbarer Gedanke, daß man den Religionsunterricht in der Schule den Kindern in derjenigen Sprache ertheilt, die die Kirchen⸗ sprache ihrer Eltern ist. Ich würde darin keine Herabminderung des Einflusses des Staates erblicken; nur das kann nicht zugegeben werden, daß es überall geschieht, und daß es unter Verletzung der Interessen der deutschen Kinder irgendwo geschehen dürfte. (Sehr richtig!
Der Herr Abg. Graf Limburg hat dann einen Gedanken ausge⸗ sprochen, den ich lebhaft bedauere: das ist der der Hinausschiebung der Inkraftsetzurg des Gesetzes auf eine spätere Zeit. Ich glaube, dieses Gesetz, das jetzt so schwere Kämpfe hervorruft, so tiefgreifende Fragen berührt, wo, meine Herren, man sich doch jeden Tag auch unter uns sagen muß: Es scheiden sich die Geister — dieses Gesetz
durch die gesetzgebenden Factoren zu sanctioniren und dann noch,
ein Jahr in den Repositorien der Ministerien liegen zu lassen, das halte ich für eine Unmöglichkeit. (Sehr richtig) Ich glaube, man mag auf einem Standpunkt stehen, auf welchem man will: Wird das Gesetz Gesetz, dann muß man auch auf dieser Seite (rechts) wünschen, daß es sofort ausgeführt wird. (Zurufe von den National= liberalen Ja, lieber gar nicht — das verstehe ich; aber ob Sie die fürchterlichen Folgen, die Sie nun alle von diesem Gesetz besorgen, zehn Monate früher oder später bekommen, das scheint mir doch ziemlich gleich zu sein. (Zurufe von den Nationalliberalen.) Sie könnten lieber ganz ausbleiben? — Ich streite mich nicht darüber; nach meiner Auffassung ist es richtig, es anders zu machen.
Nun, meine Herren, muß ich mich leider wieder direct an einen Herrn wenden, und das ist der Hr. Abg. von Eynern; ich spreche lieber allgemein. Der Herr Abg. von Eynern hat seine Rede be⸗ gonnen mit der Ausführung: „Meine Art ist nicht die des Herrn Abg. Richter.“ Das erkenne ich an; aber er wird mir das Urtheil gestatten, die Art des Herrn Abg. Richter ist mir erheblich sympathischer. (Große Heiterkeit In dem Abg. Richter steht mir ein principieller, offener und energischer Gegner gegenüber; mit einem solchen Herrn, von dem ich die Ueberzeugung habe, daß er auch in mir die selbständige Auffassung achtet, mit einem solchen Herrn über so tiefe und wichtige Fragen zu debattiren, das ist mir eine Ehre. (Bewegung Aber ich muß leider bekennen, die Art und Weise, in der der Herr Abg. von Eynern seine Ausführungen kleidet, ist nicht so offen, und stellt doch eine ganze Reihe von Dingen in eine Beleuchtung, die nicht die Beleuchtung der Dinge, sondern die Beleuchtung des Herrn Abg. von Eynern ist, und die in einem sehr bedenklichen Maß persönlich verletzend und objectiv nicht zutreffend ist. (Sehr gut!)
Meine Herren, die Rede des Herrn Abg. von Eynern scheidet sich in zwei ganz getrennte Theile: einen rein kriti—⸗ schen negativen und einen positiven. Diesen kritischen Theil werde ich zuerst einmal vornehmen. Da kommt er mit der Behauptung: Dieses Gesetz, das der neue Minister uns vorgelegt hat, construirt ein ondominium der Kirche in der Schule. Der Herr Abgeordnete ist so gütig, dabei durchleuchten zu lassen — das geht ja aus seinen ganzen Ausführungen hervor — daß ich eigentlich gar nicht der so schlimme Mann bin; dazu wäre ich viel zu unfähig, das müßten die Leute sein, die neben mir stehen, ich wäre ja, wie ich vorgestern schon gesagt habe, eigentlich nur der negotiorum gestor Anderer; er sagt, es wäre ja auch gar nicht möglich, daß ein Mensch in den paar Monaten dieses Gebiet so beherrschen gelernt habe.
Mein verehrter Herr Abgeordneter, ich habe es wirklich be— herrschen gelernt, und überhaupt in meinem Leben gelernt zu arbeiten, und weil ich das gelernt habe, deshalb finde ich mich auch auf diesem Gebiete zurecht. (Lebhafter Beifall rechts und im Centrum.)
Und was heißt denn nun das mit dem condominium? Die Herren von der nationalliberalen Partei haben von Anfang an eine völlig principielle Gegnerschaft gegen das Gesetz eingenommen. Mir war dies unverständlich; ich habe auch heute noch nicht einen völlig klaren Einblick, worauf es beruht.
Es wird ja alles Mögliche gefabelt von großen politischen Ge⸗ danken, die in der Ausführung begriffen sind; (Zuruf links) — ge⸗ fabelt, ja, das nehme ich auch an, selbst die rührende Rütli⸗Scene im Reichstage (Stürmische Heiterkeit.)
Ich kann doch wirklich nicht annehmen, daß die nationalliberale Partei dieses Gesetz benutzen will, und in dieser Form, um es als Eckstein einer neuen großen Parteigruppirung zu gebrauchen. Und mit dieser Begründung, meine Herren! Alles, was hier bisher gegen das Gesetz gesagt worden ist, in seinen einzelnen positiven Theilen läßt sich Wort für Wort widerlegen. Nicht ich habe aus dem Wust von undurchsichtigem Actenmaterial, welches angeblich im Cultus⸗Ministerium vorhanden sein soll, die Ihrer Meinung nach natürlich schauderhaftesten und schlimmsten Rescripte herausgeschnitten und wie ein untergeordneter Redacteur einer Zeitung mit der
Papierscheere gearbeitet und etwas compilatorisch zusammen⸗ geschnitten; (3Zurufe von den Nationalliberalen: Sehr ge⸗ schickt) — sehr geschickt? Ich danke sehr! (Heiterkeit)
Aber das ist doch leider einmal Thatsache, und Sie können es doch garnicht leugnen, daß diese also geschickt eompilirten Bestimmungen von Leuten Ihrer Farbe coneipirt worden sind. Es ist doch der Herr Staats⸗Minister Dr. Falk und die vorjährige Commission des Abgeordnetenhauses gewesen, welche dies gemacht hat.
Herr von Eynern hat mit der größten sittlichen Entrüstung darauf hingewiesen, daß ich es so machen wollte, daß der Lehrer durch den Geistlichen aus der Schule vertrieben werden könne, und daß man den Lehrer dadurch zu einem Augenverdreher, zu einem Heuchler, und ich weiß nicht was alles, zu einem sittlich heruntergekommenen Subject mache, der lediglich dem Geistlichen in die Hand gegeben werde. Und nun, meine Herren, steht es wörtlich in den Beschlüssen erster Berathung Ihrer Commission aus dem vorigen Jahre, von der Majo⸗ rität dieser Commission zugesetzt:
Die eigene Uebernahme des Religionsunterrichts durch die Geistlichen ist mit Genehmigung der Bezirksregierung zulässig.
Ja, meine Herren, dann verstehen wir überhaupt nicht mehr Deutsch, ich construire ganz dasselbe; (Zurufe links) — ja, es steht aber doch drin, ich glaube, Herr von Eynern ist sogar mit in der Commission gewesen. (Zuruß.) Das weiß ich nicht. Ich habe es vorhin festzustellen versucht, aber leider geben die Protocolle über die Abstimmung der einzelnen Herren keine Auskunft, und deswegen kann ich nicht sagen, Herr von Eynern hätte dafür gestimmt. Sie können sich schon darauf verlassen, daß ich sonst nicht unterlassen haben würde, diesen Effect zu verwerthen. (Heiterkeit Jedenfalls ist das doch zweifellos, daß der Herr Abg. von Eynern einen ganz scharfen Gegensatz construirt hat zwischen den vorjährigen Beschlüssen, zwischen dem vorjährigen Gesetzentwurf und zwischen dem diesjährigen.
Nun, meine Herren, sagt Herr Abg. von Eynern ferner: dieser Gesetzentwurf hat eine Aufregung in allen Klassen der Bevölkerung hervorgerufen, die gar nicht zu beschreiben ist, und diese beschränke sich — ich recitire wörtlich — nicht auf Preußen, sondern erstrecke sich sogar auf Deutschland. Nun, das ist ganz merkwürdig. Ich war nämlich auf diesen Einwand gefaßt und habe den gestrigen Tag dazu benutzt, um mich zu informiren, wie es in der Gesetzgebung der andern deutschen Staaten aussieht. Da kam ich zuerst auf Sachsen und auf Bayern, dort ist es natürlich viel schlimmer, als wie ich es Ihnen vorschlage— Da dachte ich: du mußt auf das Musterland des Liberalismus zurück⸗ gehen und die Bestimmungen heraussuchen, die dort jetzt bestehen. Sie erlauben vielleicht, daß ich sie Ihnen vorlese, der Herr Präsident wird wohl nichts dagegen haben. Da steht im §. 22 des im Jahre 1888 emanirten badischen Volksschulgesetzes Folgendes:
Der Religionsunterricht wird durch die betreffenden Kirchen⸗ und Religionsgemeinschaften besorgt und überwacht. Sie werden bei Er⸗ theilung desselben durch den gemäß § 26, Absatz 3 als befähigt erklärten Schullehrer unterstützt. Die Geistlichen sind als Religions⸗ lehrer in der Volkösschule an die Schulordnung gebunden. Den staatlichen sowohl als den geistlichen Behörden bleibt vorbehalten, die Ertheilung des Religionsunterrichts durch den Schullehrer abzustellen.
(Hört! hört! im Centrum) Und meine Herren, wenn Sie nun hören wollen, was über die Prüfung der Lehrer gesagt ist:
Bei der Prüfung der Lehrer sind die betreffenden Kirchen⸗ und Religionsgemeinschaften durch Beauftragte vertreten, welche die Candidaten hinsichtlich ihrer Befähigung zur Ertheilung des Religionsunterrichts prüfen. Die Entscheidung über die Befähigung zur Ertheilung des Religionsunterrichts steht den betreffenden Kirchen⸗ und Religionsgemeinschaften zu.
(Hört! Hört! im Centrum und rechts) Meine Herren, nun kommt hinterher noch etwas über die Privatschulen. Ich will den Ausdruck abschreiben! nicht mehr gebrauchen, ich habe wirklich nicht abge⸗ schrieben, aber es ist beinahe so.
Und derartig amtlich konstatirten Thatsachen gegenüber wird mir hier vorgeworfen, ich wollte die Gesetzgebung des preußischen Staats auf eine, ich weiß nicht welche Periode zurückschrauben und ich wollte die Schule des preußischen Staats zu einer Kirchenschule machen, ich wollte den Geistlichen ein Condominat einräumen. Wo ist denn in Deutschland eine Schule, die Ihrem Ideal entspricht? Sie existirt nicht, weil sie überhaupt nicht möglich ist. (Sehr richtig! im Centrum und rechts) Denn wenn sie möglich wäre, würde sie auf einen Widerstand in der Bevölkerung stoßen, der alles wegfegt, was Sie damit geschaffen haben. (Bravo! im Centrum und rechts Meine Herren, meine Stellung gegenüber der Verfassung und der sogenannten Verwaltungspraxis ist auch von dem Herrn Abgeordneten wiederholt bemängelt worden. Nun, daß ich die Verfassung nicht als Offenbarung behandele und nicht bibel⸗ gläubig in Bezug auf die Verfassung bin — das waren die Ausdrücke des Herrn Abg. von Eynern — das werden mir die meisten von Ihnen selbst aus der eigenen Partei des Herrn von Eynern zugeben. Solche Uebertreibungen haben noch niemals weder einem Redner, noch einer Partei genützt. (Heiterkeit und sehr gut! im Centrum.) Sie haben „Offenbarung“ und bibelgläubig“ ausge⸗ gesprochen. (Widerspruch des Abg. von Eynern) Ja, ich kann doch nur so auffassen, wie ich es gehört habe. (Sehr richtig! im Centrum.) — Das ist ja gleichgültig, aber das habe ich aus dieser Bezugnahme jedenfalls doch herausgehört, daß der