Deutscher Neiehs⸗Anzeiger
und
M 196.
1895.
Berlin, den 18. August.
Auf Allerhöchsten Befehl fand heute, am 25 jährigen Erinnerungstage des unter der . Seiner Majestät des ö. Kaisers Wilhelm JL errungenen ruhm⸗ reichen Sieges von Gravelotte⸗St. Privat die feierliche Grundsteinlegung zu dem National-Denkmal für den verewigten Kaiser statt.
Der Festplatz an der Schloßfreiheit war reich dekoriert.
Gegenüber dem großen Eosander'schen Portal (Nr. II), am Wasser, erhob sich mit der Front nach der Schloßkuppel und dem Grundstein, ein von der goldenen Kaiserkrone ,, purpurroth drapierter Pavillon, von dessen Dach, an der Vorder⸗ seite, das Banner mit dem Reichsadler herabwallte, während un⸗ mittelbar dahinter ein hoher Le en t für die Kaiserstandarte aufgestellt war. Zu beiden Seiten, an der Hinterwand, waren je zwei breite, abgestumpfte Obelisken errichtet, auf deren Spitze vergoldete preußische Abler ihre Fittige entfalteten, während die Vorderseite derselben oben mit von Lorbeerkränzen umwundenen mächtigen Eisernen Kreuzen geschmückt war. Dazwischen ragten belränzte Fahnenstangen empor, welche die Wappen und Banner der vier Königreiche . Bayern, Sachsen und Württem⸗ berg trugen. Rechts und links von dem Kaiserlichen Pavillon waren Tribünen für die geladenen Gäste erbaut. Den ganzen Plaz umsäumte ein Wald von Masten, geschmückt mit den Wappenschilden und Jlaggen der übrigen Bundesstaaten und untereinander durch Tannengewinde verbunden.
Von 8 Uhr an begannen sich der Festplatz und die Tribünen mit den zu der Feier gelabenen Personen zu füllen. Rechts und links von dem Grundstein nahmen die zur Vollziehung der Hammerschläge geladenen Personen Aufstellung, ö. und links von dem Kasserlichen a die Mitglieder des Bundes⸗ ralhs, des Reichstags, der beiden Häuser des preußischen Land⸗ tags, die Wirklichen Geheimen Räthe, die Generale, Admirale und die Räthe erster Masse, die Regiments⸗Kommadeure und die Räthe zweiter Klasse, sowie die übrigen eingeladenen Per⸗ sonen. Hinter der Kanzel, welche bei dem Grundstein errichtet war, nahmen die Geistlichen ihren Platz. Die Baubeamten, die Künstler und die Meister des Maurer- und Steinmetz⸗ Gewerks traten hinter den Grundslein. Am Eingange zu dem Pavillon war ein Unteroffizier⸗Doppelposten vom Regiment der Gardes du Corps und am Grundstein ein solcher vom 1. Garde⸗Regiment z. F. aufgestellt, zu beiden Seiten des letzteren die mit Eichenlaub geschmückten Fahnen und Standarten und die Deputationen der befohlenen Regimenter.
Aus der Armee und Marine waren zu der Feier be⸗ fohlen: die im Garde⸗Korps dienenden und zur Zeit bei ihren Truppentheilen anwesenden Prinzen aus regierenden deutschen Häusern; das Allerhöchste Hauptquartier und die hier an⸗ wesenden General⸗Adjutanten, Generale à la snite und Flügel- Adjutanten Seiner Majestät; der General⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal, der General-Oberst Freiherr von Los, der Kriegs-Minister, der Chef des Generalstabs der Armee, die kommandierenden Generale des Garde⸗ und III. Armee⸗Korps, der kommandierende Admiral; die aktiven Generale und Admirale, die Kommandeure der Regimenter bezw. in Stellungen als solche befindlichen Stabgoffiziere, sowie die Kommandeure der selbständigen Bataillone der Garnisonen Berlin, Potsdam, Lichterfelde und Spandau und die hiesigen Militär⸗Bevoll⸗ mächtigten der deutschen Staaten; Abordnungen der Berliner Truppentheile, und zwar von jedem Infanterle⸗-Regiment drei Offiziere, ein Feldwebel, ein Unteroffizier, ein Gefreiter, von jedem Kavallerie, Artillerie, Eisenbahn⸗ Regiment und selbständigen Bataillon zwei Offiziere, ein Feldwebel bezw. Wachtmeister, ein Unteroffizier, ein Gefreiter; die Komman⸗ deure der Leib⸗Regimenter Seiner Hochseligen Majestät des Kaisers Wilhelm J. und zwar: des 1. Garde⸗-Regiments z. .
des Grenadier⸗ Regiments König Wilhelm J. (2. Westpreußi⸗ ches) Nr. J., des Leib Grenadier-⸗Regimenis König Friedrich Wilhelm I. (. Vrandenburgisches) Fir. 8, des 2. Vadischen rengdier⸗ Negimenz Kaiser Wilhelm JI. Nr. 110, ö. Regiments der Gardes du Corps, des Leib⸗Kürassier⸗ KLegiments Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1, des J. Leib⸗ Husaren-Regimente Nr. 1, des 2. Leib⸗Husaren⸗Regiments Kaiserin Ni. 3 und des Hüsaren Jiegiments König Wilhelm j. 9j „Miheinische Nr. E die d Fahnen des J. Garde= Regiments z. F, je eine h, der vorgenannten drei Grenadier Negimenter, die Standarten der vorbezeichneten fünf Kavallerie Regimenter — begleitet von je einem Lieutenant und die n. und Standarten der in Berlin garnisonierenden ruppen; die Leib⸗ Kompagnie des 1. Garde⸗ Regiments z F. (mit Grenadiermstzen; mit der Regimen ts—= musik und den Spielleuten des J. Bataillons, sowie die Leib⸗ Eskadron des Regiments der Gardes du Corps (zu Fuß) mit . J Die letzteren beiden Truppenkörper laenn . chloßportale bis zum Engang des Festplatzes
Ferner hatten Seine Majestät. diejenigen. General— Adjutanten, Generale à ja shite und . Adjutanten,
welche am Todestage Seiner Majestät des Hochseligen Kaisers Wilhelm J. in diesen Stellungen waren, zur Theilnahme an der Feier einladen lassen.
In dem Kaiserlichen Pavillon versammelten sich die Fürst⸗ lichen Personen mit ihrem Gefolge. Es erschienen: Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog von Baden, Seine Königliche chen der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums , be. Seine Königliche 5 der Prinz i ig Leopolb, Seine König⸗ liche Hoheit der Fürst von Hohenzollern, Seine Hoheit der ö von Sachsen⸗-Meiningen, Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein, Seine Hoheit der Prinz ö Karl von Hessen, Seine Durchlaucht der Prinz
lribert von Anhalt und andere Mitglieder Fürstenhäuser.
Kurz vor 9 Uhr verließen Seine Majestät der Kaiser, in der Uniform des 1. Garde⸗Regiments z. F., mit dem Gefolge das Schloß und betraten durch das große Portal III den Festplatz. Die spalierbildenden Truppen präͤsentierten unter klingendem Spiel, die Fahnen und Standarten salutierten. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe schritt, sich ehrfurchts⸗ voll verneigend, Seiner Masestät dem Kaiser entgegen und
eleitete llerhöchstdenselben, während ein schmetternder
anfarengruß ertönte und die Kaiserstandarte gehißt wurde, in den Pavillon, wo Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden, bis zu den Stufen vortretend, Allerhöchstdenselben empfing.
Nach der Begrüßung Seiner Majestät seitens der übrigen dort versammelten Fürstlichen Personen bat der Reichskanzler um die Erlaubniß, die Feier beginnen he. u dürfen, und überreichte, nachdem die Erlaubniß Aller Ihr ertheilt war, die in den Grundstein zu legende Urkunde, welche Seine Majestät, wie folgt, verlasen;
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,
König von Preußen 2c. thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir beschlossen haben, im Namen der Fürsten und Freien Städte des Reiches den Grundstein zu einem Denkmal zu legen, welches nach ein⸗ müthiger Willenskundgebung der gesetzgebenden Körperschaften dem Andenken Unseres in Gott ruhenden Herrn Großvaters, Kaiser Wilhelm's des Großen Majestät gewidmet werden soll.
Wir vollziehen diesen feierlichen Akt an dem Tage, an welchem vor fünfundzwanzig Jahren der unvergeßliche Kaiser Deutschlandsds Söhne im Kampfe um des Vaterlandes Ehre und Freiheit zu entscheidendem Siege geführt hat.
Kaisec Wilhelm's Jugend reicht zurück in die Zeit schwerer Heimsuchung. Aber, wie es Ihm, dem Jünglinge vergönnt war, die begeisterte Erhebung des Volkes zu schauen und Selbst mitzukämpfen für die Befreiung von fremdem Joche, so hat Er, auf den ruhmreichen Thron Seiner Väter berufen, den deutschen Stämmen die heiß ersehnte Einheit wiedergeben und dem neu erstandenen Reiche die gebührende Machtstellung in der Staatenwelt sichern dürfen.
Nicht ohne hartes Ringen, nicht ohne blutige Kämpfe ist dieses Ziel erreicht worden. In unerschütterlichem, demüthigem Vertrauen auf Gott, in fester Zuversicht auf die sittliche Kraft der Nation, welche sich gegenüber drohender Gefahr zu unge⸗ ahnter Höhe entwickelte, hat Kaiser Wilhelm die Bahn zur Sicherung unserer Unabhängigkeit betreten.
Die opferbereite Einmüthigkeit der deutschen Fürsten, der weise Rath und die thatkräftige Unterstützung Seines Kanzlers, des Fürsten Bismarck, die vollendete Kriegskunst Seines genialen Feldherrn, des Feldmarschalls Grafen Moltke, das unvergleichliche Geschick der kühnen, zur Führung der Heere berufenen Helden, voran des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, und die todesmuthige Treue des von dem Feldmarschall Grafen Roon in den Waffen geschulten Volkes, sie verbürgten den Erfolg. Aus der blutigen Saat ging die von Gott gesegnete Ernte deutscher Einigkeit her⸗ vor, und unter dem Schutze des mit harten Opfern erkämpften Friedens darf Deutschland unbesorgt der Pflege seiner idealen Güter und seiner wirthschaftlichen Interessen sich hingeben.
In dieser Pflege ging Kaiser Wilhelm bahnbrechend voran. Kunst und Wissenschaft, Ackerbau und Gewerbe, Handel und Schiffahrt erfreuten sich gleichmäßig Seiner Fürsorge.
Mit dem inneren Ausbau des Reiches hielt gleichen Schritt das auf die Heilung der gesellschaftlichen Schäden gerichtete Streben des Kaisers. Seiner erleuchteten Anregung
Deutscher
ist es zu danken, daß Deutschland zuerst den Weg werkthätiger Förderung des Wohles der arbeitenden Klassen betreten hat.
Rastlos bis zum letzten Athemzuge auf des Reiches Wohl⸗ fahrt bedacht, geliebt und geehrt von Seinen Verbündeten und von einem dankbaren Volke, das Seiner Führung rückhaltlos vertraute, sichtbar gesegnet in Seinem selbstlosen Wollen und Vollbringen, so lebt der große Kaiser in der Erinnerung der Zeitgenossen, das leuchtende Bild eines Vaters des Vaterlandes, und so wird Er, des sind Wir gewiß, in dem Gedächtniß der kommenden Geschlechter fortleben.
Um Zeugniß abzulegen von der unauslöschlichen Dank⸗ barkeit, welche Deutschlands Fürsten und Völker Ihm zollen, soll sich Sein Standbild in Stein und Erz hier erheben. Es werde ein Wahrzeichen der Liebe zum Vaterlande, die in großer Zeit Gut und Blut einsetzte für des Reiches Herrlich⸗ keit, ein Wahrzeichen der Treue, die in Kaiser Wilhelm's Tagen das Band, welches die deutschen Stämme umschlingt, zu einem unauflöslichen gefestigt hat.
Möge das Denkmal stets auf ein glückliches und zu⸗ friedenes Volk herniederschauen.
Das walte Gott!
Gegenwärtige Urkunde haben Wir in zwei Ausfertigungen mit Unserer Allerhöchsteigenhändigen Unterschrift vollzogen und mit Unserem größeren Kaiserlichen Insiegel versehen lassen. Wir befehlen, von diesen Ausfertigungen die Eine in den Grundstein des Denkmals niederzulegen, die Andere in Unserem Archiv aufzubewahren.
Gegeben Berlin im Schloß am 18. August 1895.
gez. Wilhelm.
gegengez. Fürst zu Hohenlohe—
Diese Urkunde wurde alsdann in eine metallene , Fflfgt und derselben auf Allerhöchsten Befehl folgende gedruckte
ktenstücke, Münzen und Ehrenzeichen beigefügt:
a. je ein Abdruck des Allerhöchsten Erlasses vom 17. Januar 18716 betreffend die Erneuerung der Kaiserwürde; der Verfassung des Deutschen Reichs; der Allerhöchsten Botschaft vom 17. November 18531 über die Ziele der Sozialpolitik; sowie der Plan der Schloß freiheit mit näͤchster Umgebung in dem Zustand vor Errichtung des Denkmals;
b. an Münzen: eine Handelskrone aus dem Jahre 1868, eine halbe Handelskrone aus 1868, je eine Doppelkrone aus 1871 und 1888, je eine Krone aus 16872 und 1888, eine halbe Krone aus 1877. ein Doppelthaler aus 1862, ein Krönungesthaler, je ein Bergsegenthaler aus 1861 und 1862, ein Siegesthaler aus 1866, ein Thaler aus 1870, ein Sieg sthaler aus 1871, ein Sechstel⸗ Thaler aus 1864, ein Zwölftel ⸗Thaler aus 1869, ein Silbergroschen aus 1870, ein halber Silbergroschen aus 1867, ein Fünfmarkstück aus 1874, ein Zweimarkstück aus 1859,
E endlich nachstehende Ehrenzeichen z. 1 ein Großkreuz des Eisernen Kreuze, M ein Eisernes Kreuz erster Klasse, 3 ein Eifernes Kreuz zweiter Klasse;
für den Feldzug von 1864 gestiftet: 4) ein Düppeler Sturm⸗ kreuz für Kombattanten, 5) ein Büppeler Sturmkreuz für die in der Reserve gestandenen Kombattanten, 6) ein Düppeler Sturmkreuz für Nichtkom attanten, * ein schwarzeisernes Düppelkreuz für zii kombattanten, 8) ein Alsenkreuz für Kombattanten, 9 ein Alsenkreuz für die in der Reserve gestandenen Kombattanten, 10 ein Alsenkreuz für Nichtkombattanten, 11) ein schwarzeisernes Alsenkreuz für Nicht- kombattanten, 12) eine Kriegsdenkmünze pro 1864 für Kombattanten, 15) eine Kriegsdenkmünze pro 1864 für Nichtkombattanten;
für den Feldzug von 1866 gestiftet: 14) ein Erinnerungskreuz für Kombattanten mit der Inschrift: Königgrätz, 15) ein Erinnerungs⸗ kreuz für Kombattanten mit der Inschrift: „Main-Armee“, 16) ein Erinnerunge kreuz für, Kombattanten mit, der Inschrift: „Treuen Kriegern; 17) ein Erinnerungskreuz für Nichtkombattanten; für den Feldzug von 1870,71 gestiftet: 18) eine Kriegsdenkmünze für Kombattanten, 19 eine Kriegsdenkmünze für Nichtkombattanten, 20) eine Kriegsdenkmünze von Stahl am Kombattanten⸗Bande.
Nachdem die Kapsel verschlossen und in die Höhlung des Grundsteins versenkt worden war, überreichte der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Gesandter 6 von Lerchenfeld-Köfering, Seiner Majestät Kelle und Mörtel unter folgender Ansprache:
Eure Kaiserliche Königliche Majestät wollen Allergnädigst ge⸗ ruhen, den Grundstein zu legen zu einem Denkmal, das Deutschland erinnern soll an eine große Zeit. — Diese Zeit steht in der Geschichte verkörpert in der erhabenen Gestalt Kaiser Wilhelm's J. — des Kriegshelden, der vor nunmehr 25 Jahren, als der Feind unsere Marken bedrohte, die Söhne Deutschlands von Sieg zu Sieg ge⸗ führt — des Friedensfürsten, der Deutschlands Fürsten und Stämme geeint und dem neuerstandenen Reich eine Aera kräftiger Blüthe eröffnet hat.