Deutscher Reichs⸗Anzeiger
und
* 215. Berlin, Montag, den 9. September, Morgens. 1895.
Die Feier der fünfundzwanzigjährigen Wiederkehr der ruhmreichen Siegestage des Jahres 1870 hat viele Tausende von Festtheilnehmern veranlaßt, auch Meiner freundlich zu gedenken und Mir aus allen Gauen des Deutschen Landes und selbst von fernen Welt⸗ theilen her treue Grüße zu senden. Alle diese Kundgebungen patriotischen Empsindens vermag Ich zu Meinem Bedauern nicht im Einzelnen zu beantworten. Ich wünsche aber allen Betheiligten, hesonders auch den Veteranen der großen Zeit, die freudig Gut und Blut mit in die Wagschale geworfen haben, Meinen Kaiserlichen Dank auszusprechen und
ihnen zu erkennen zu geben, wie herzlich Ich durch jene Aufmerksamleiten erfreut worden
bin. Nit Genugthunng hat es Mich erfüllt, mit welcher Begeisterung das Deutsche Volk in fast allen seinen Gliedern die Tage der Wiedergeburt des Deutschen Reichs gefeiert hat und wie es dabei vin neuem allgemein ins Bewußtsein getreten ist, welche wunder⸗ baren Errungenschasten wir nächst Gottes sichtlichem Beistande der weisen Führung des greisen Heldenkaisers Wilhelm's des Großen, Seinen Erlauchten Bundesgenossen, Seinen ausgezeichneten Ralhgebern, erprobten Feldherren und braven Truppen zu verdanken haben. Zahllose Kaiser- und Kriegerdenkmäler zeugen von der Pietät und Tankbarkeit unserer Zeit und mahnen uns und serne Geschlechter an die blutige Saat, aus der erst unser neu gerintes Vaterland hervorgegangen. Ein Volk, welches so seine Todten ehrt und so seiner Vergangenheit gedenkt, wird — das hoffe Ich mit Zuversicht — allezeit treu zu Kaiser und Reich siehen und sich auch jener vaterlandslosen Feinde der göttlichen Keltordnung zu erwehren wissen, die selbst in diesen Tagen nationaler Begeisterung dreist ihr Gaupt erheben und sich nicht gescheut haben, das Andenken des großen Kaisers zu schmähen und dadurch das Deutsche Volk in seinen edelsten Erinnerungen und Empfindungen
n verletzen. ; Ich ersuche Sie, diesen Erlaß alsbald zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
Ztettin, den 8. September 1895. . ; Wilhelm. JI. k.
An den Reichskanzler.
Berlin: Redalken Stemenretb. erlag der Eweditien Sch ol ). ; Denck der Norddeutschen Rachdrnkerei und Verlag. Anftalt. Berlin SW. Wilhelmstraße Nr. 32.
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