halten. Ich wenigftens möchte nicht dazu beitragen, daß sie irgend verlassen wird. Das muß ich freilich sagen, was speziell die Poppels, dorfer Rede anlangt, so bin ich nicht in der Lage, ihren Inhalt zu vertreten. (Bravol rechts) Ich hätte aber allerdings gewünscht, daß die Kritik hier in einer etwas weniger scharfen Form hervorgetreten wäre. (Ruf links: sehr richtigh *
Abg. Rickert (fr. Vgg): Es ist interessant, wie Herr von Heydebrand den Kopf aus der Schlinge zieht; um Herrn 6 Jagow zu vertheidigen, sagt er, die Freisinnigen hätten Anträge gestellt, welche die Regierung für unannehmbar erklärt habe,. Die konservative Partei hat wiederholt solche Anträge gestellt. Daraus folgt doch ier daß die Freisinnigen dem Gesetz Schwierigkeiten machten, sendern daß sie vielmehr das Gesetz zu verbessern gesucht haben im Interesse der Lehrer. Es ist also objektip unwahr gewesen, wag Herr von Jagow sagte. Das war Wahlpolitik, die ie n ge als Gegner des Gesetzes hinzustellen. Wie würde es Ihnen er, gefallen wenn ich Ihnen sagte, Sie hätten, mit, dem Antra auf Gehaltzerhöhung der Förster Wahlpolitik getrieben? Daß ist auch nicht in der Ordnung. In Bezug hierauf sind wir allzumal Sünder Ich bedaure, daß der Kultus⸗Minister noch kein Wort über die Beschwerde des Herrn Knörcke gesagt hat, Es ist Pflicht der Abgeordneten, solche Beschwerden vorzubringen. Die Frage dez Religionzunterrichts der Dissidentenkinder will hier nicht erörtern, um alles auszuscheiden, was die Fertigstellung des Etats verzögern könnte. Ueber die Rede des Herrn von Retten, burg, die eine durchaus wissenschaftliche war, habe ich mich gefreut. Herr von Rottenburg ist eine so vornehme Natur, daß er die Angriffe des Herrn Gamp nicht verdient. Warum hat denn Herr Gamp nicht die Rede des Landwirthschafts,Ministers bei derselben Feier in Poppelsdorf erwähnt? Diese Rede hat die höchste Empörung des Herrn von Ploetz erregt, und er hat in einem öffentlichen Brief dem, Herrn Minister darauf geantwortet. Herr Gamp beschwert sich über den Ausdruck Hvpertrophie des Egoismus“. Herr von Wedel Malchow hat die Liebes gabe für die Brenner gefordert als Entschädi— ung für die Perluste der Brenner infolge der neueren Gesetzgebung. Ist das nicht Egoismus? Wenn aber Beamte die Handelgverfräge an. , dann hat Herr Gamp kein Wort des Tadelg. Herr Knörcke st verletzt durch die Acußerung des Herrn von Jagow. Wag hat erst Heir von Puttkamer über die Majorität des Reichtztages gesagti Wir sind an solche Dinge gewöhnt. Ich hoffe. der Minister wird alles daran setzen, um in der näͤchsten Sesston die Vorlage wegen der Reliktenversorgung der Lehrer einbringen zu önnen. Ich bilte ferner den Minister um eine Mittheilung über die Medizinalresorm, Nach den Zeitungen soll die Medizinal⸗ Abtheilung vom Kultus Ministerium abgetrennt werden. Im vorigen Jahre hat der Minister für diese Session die Medizinalrefomm in Aucsicht gestellt. Was hat sie verzögert? Ich würde es bedauern, wenn unsere Aerzte mit der Uebertragung der Medizinal. Abtheilung auf das Ministerium des Innern einverstanden wären. Die MedizinalAbthejlung muß in Verbindung mit der Wissenschaft erhalten bleiben. Es heißt, der Kultus Minister sei über lastet. Ja, aber der Minister des Innern ist auch überlastet. Dann soll man wenigstens ein besonderes Medizinal⸗Ministerium errichten; dann könnte auch die ganze Gesundheitspflege und Wohlfahrtspflege geregelt werden. Aber ich wünsche die Trennung vom Kultus Ministerium überhaupt nicht. Die kirchlichen Angelegenheiten müßten dem Justiz⸗Ministerium Übertragen werden, damit lediglich der Rechtsstand⸗ Punkt in diesen Dingen zur Geltung kommt und sie nicht mit den Unterrichts, Angelegenheiten verquickt werden. Was würde bei der Trennung der Medizin vom Kultus Ministerium mit der wissenschaft lichen Deputation werden, soll diefe auch an das Ministerium des Innern ergehen? Ghe die Regierung, hierin enen Schritt thut, sollte sie der öffentlichen Meinung Zeit lassen, die Frage zu er= örtern, und uns vor allem die Medizinglreform vorlegen. Für Schulbauten hat der Finanz.Minister 4 Millionen zur Verfügung ge— stellt. Reicht diefe Summe auch nur für die dringendsten Bedürfnisse auz? Die Konserpativen haben leider 1890 dem Kultus. Minister von Goßler die verlangten 20 Millionen für Schulbauten verweigert. Es sind uns Petitionen wegen der Baufälligkeit von Schulhäusern zuge⸗ gangen. Die in den Petitionen geschil derten . sind in der That für uns beschämend. Ist es richtig, daß der Minister eine Repision der Schulgebäude angeordnet hat infolge der Unglücks in Fredenwalde, wo der Lehrer verbrannt ist? Der Kultus. Minister
den Muth haben, von dem Herrn Finanz⸗Minister zu fordern, was in dieser Beziehung nöthig ist. ;
Darauf will ich diese Frage verlassen und wende mich zu der zweiten Frage, zu der Medizinalreform, und zu der Frage, wie es augenblicklich mit der Absicht steht, die Medizinal Abtheilung von dem Kultus⸗Ministerium abzutrennen und dem Ministerium des Innern zuzuweisen. In der That stehen beide Fragen in einem gewissen Zusammenhang. Ich habe das im vorigen Jahre hier ziemlich aus führlich und eingehend dargelegt; denn auch im vorigen Jahre ist die Frage schon angeregt worden.
Ich habe im vorigen Jahre ausdrücklich gesagt, daß ich persönlich meine Bedenken gegen eine Abtrennung der Medizinalsachen vom Kultus Ministerium würde zurücktreten lassen, wenn im Staats—⸗ Ministerium die Ueberzeugung durchdringen sollte, daß die Abtrennung um der nothwendigen Entlastung des KultugMinisteriums willen — diese Nothwendigkeit erkenne ich in vollem Maße an — wünschenswerth wäre. Ich werde kein Hinderniß bereiten. Ich habe aber hinzugefügt, daß ich allerdings glaube, daß der Abschluß der sogenannten Medyizinal⸗ reform, die Vorlegung des Gesetzentwurfs hier in diesem hohen Hause und die anderweitige Stellung der Kreisärzte — denn das wird der Mittelpunkt der Reform sein —, zunächst noch erledigt werden
müsse von dem gegenwärtigen Medizinal⸗Minister; denn bei
unz sind ja die ganzen Vorarbeiten gemacht, und bei uns
die Erfahrungen gesammelt. Nichts liegt doch näher, als daß der
Minister, der jetzt die Medszinal Angelegenheiten hat, nun auch die
beabsichtigte Neuordnung leitet — natürlich im Einverständniß mit
dem Staats Ministerium und mit dem Herrn Minister des Innern,
der ohnehin schon viel, wenn ich so sagen darf, in den Medizinalsachen
mein Korreferent ist. — Daz ist, ich will nicht sagen, eine Ehren⸗
sache für mich, aber es ist eigentlich etwas durch die Natur der Sache
von selbst Gegebenetz. Und diejenigen Herren, die ein Interesse daran
haben, diese Medizinalreform möglichst bald fertig gestellt zu sehen,
müssen jedenfalls wünschen, daß sie zunächst noch bei mir im Kultus
Ministerium fertig gestellt werde. Denn das ist zweifellos: wenn wir
heute die Medizinalsachen an das Ministerium des Innern abgeben, dann tritt dies Gesetz zunächst wieder in ein neues Stadium, was wieder neue Kräfte, neue Zeit, neue Einarbeitung fordert, und das würde nur eine Verzögerung für dat Gesetz bedeuten.
Also ich stehe in der That so zu der Sache, daß ich bereit bin und wünsche, dies Gesetz fertig zu machen und vorzulegen. Ich habe in der vorigen Session allerdings gesagt, daß wir an der Arbeit wären, und habe auch in Autsicht gestellt, womöglich in dieser Sesston das Gesetz vorzulegen. Ich bin mir dessen sehr wohl bewußt, habe aber auch nichts versäumt, daß zu thun. Ich habe einen Entwurf aufgestellt, habe diesen Entwurf einer Kommission vorgelegt, die ja Herr Abg. Rickert sehr genau kennt, und habe dann nach den Rathschlägen, die ich von dieser Kommission bekommen habe, den Entwurf modifiziert, habe ihn demnächst an die anderen betheiligten Ministerien: an das Finanz⸗Ministerium, das Ministerium des Innein und das Justiz⸗Ministerium gehen lassen und habe vor ungefähr vier Wochen die Monita und die Vota über den Gesetzentwurf von den Herren bekommen. Ich habe sie jetzt bei mir erledigt, habe zum theil den Wünschen, die von dort aus geäußert worden sind, zugestimmt. Aber, meine Herren, ich halte es für ganz unpraktisch, daß ich mich jetzt hier hinstellen und vor Ihnen nun einen noch nicht einmal fertig formulierten Gesetzentwurf eingehend mit allen Differenzen, die da noch vorhanden sind, erörtern soll. Wohin sollten wir dann kommen? (Zuruf des Abg. Rickert.) Jedenfalls wäre das, keine Förderung für unsere Etattz⸗
foͤlste den Muth haben, vom Finanz- Minister noch einmal so viel zu fordern, wie seiner Zeik Herr von Goßler.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ich will mich mit Rücksicht auf die wünschens ⸗ werthe Beschleunigung der Etatsberathung beschränken auf zwei Fragen, die der Heir Abg. Rickert besonders hervorgehoben hat, und fange gleich mit der zweiten an: ob ich glaube, daß mit den 4 Millionen, die jetzs auf dem Etat stehen, bei allen unzulänglichen Schul gebäuden und im ganzen Umfange Abhilfe geschaffen werden kann? So rund kann ich diese Frage nicht bejahen. Aber das ist ganz gewiß, daß ich mit diesem Betrage von 4 Millionen sehr zufrieden und dem Herrn Minister für dies Zugeständniß sehr Dankbar bin. Und wenn ich die technischen Kräfte, die wir für die Schulbauten doch brauchen, nicht überlasten will, so sind mehr als 4 Millionen im nächsten Jahre nicht wohl zu verwenden. Das ist ja richtig, das wird auch von der Finanzverwaltung garnicht bestritten, daß noch mancherlei Schulgebäude äbrigbleiben werden, die noch manches zu wünschen lassen. Aber da hoffe ich denn doch, daß ich auch künftig im Extraordinarium etwas bekommen werde. Auch darf der Herr Abg. Rickert nicht vergessen, daß wir seit dem Jahre 1890 durch das Extraordinarium wiederholt für Schulbauten etwas gethan haben, und daß wir auf diesem Gebiete etwas weiter gekommen sind. Es ist ja vollkommen richtig, daß es in vereinzelten Fällen noch ganz un⸗ zulängliche Gebäude giebt; die werden wir jedenfalls in erster Linie in Angriff nehmen und werden dafür sorgen, daß an ihrer Stelle vernünftige und brauchbare Schulgebäude hergestellt werden.
Nicht richtig ist es, daß ich eine allgemeine Repision aller Schul⸗ gebäude veranlaßt hätte, aus Anlaß des im Regierungsbezirk Potsdam im vorigen Jahre vorgekommenen Falls. Ich will be⸗ merken, daß dieser Fall nach seiner Entstehung leider noch nicht genügend aufgeklärt ist, und daß noch nicht fesisteht, ob der Zustand des Gebäudes den eigentlichen Grund bildet, wodurch das Unglück damals entstanden ist. Aber das nur nebenbei. Wollte ich eine solche allgemeine Revision veranlassen, meine Herren, so würde ich ja die Begehrlichkeit in einer Weise wecken, die ich gar ⸗ nicht verantworten könnte. Das ist aber auch nicht nöthig. Jedes Schulgebäude wird von Zeit zu Zeit von den dazu bestellten Beamten untersucht, und daraus ergiebt sich für uns ganz von selbst ein klarer
Ueberblick darüber, was auf diesem Gebiet zu geschehen hat. Uns fehlt es durchaus nicht an Anträgen und Vorsch lägen der Regierungen, wo gebaut werden soll. Wir haben deren mehr als genug und bekommen jedes Jahr neue. Also wir brauchen garnicht eine allgemeine Reviston
anzustellen, um zu wissen, wo etwa ein schlechtes Schulgebäude vor— handen ift.
Das kann ich dem Herrn Abg. Rickert versichern;: ich stimme mit ihm ganz darin überein, daß es eine ernste Pflicht der Schulverwal⸗ tung list, alles aufzubieten, nach der hygienischen Seite für die Kinder und für die Lehrer ordentliche Schullokale herzuftellen. Dieser Pflicht bin ich mir vollständig bewußt, und ich werde jederzeit
berathung, deren Abschluß doch dringend wünschentwerth ist. Also versäumt babe ich in der Sache nichts; im Gegentheil, ich habe das dringende Verlangen, die Sache zu fördern, und hoffe, daß die Sache auch vorwärts geht. — . Waß nun die Abtrennung der Medißinal . Abtheilung betrifft, so hat Herr Abg. Rickert ganz Recht, die Sache hat sehr ihre zwei Seiten. Es giebt gewisse Dinge, von denen man annehmen kann, sie passen sehr gut in das Ressort hinein, das für die Kommunalverwältung und die Exekutive bestimmt ist. Aber es giebt andere Dinge, die viel besser in das Ressort passen, wo die Wissenschaft ihre berufenen Ver⸗ treter hat. Und ich bin fest überzeugt, daß die Medizinalpersonen und
als nach rechtlichen, und ich hoffe, davon wird sich das hohe Hauß von Jahr ju Jahr mehr überseugen, so lange ich die Kultusverwaltung führe. Ich selbst würde, woraus ich gar kein Hehl mache, freilich die Kultussachen noch viel weniger gern verlieren als die Medijinalsachen. Es würde mir sehr schwer fallen, diese abzugeben; denn sie sind so tief verwachsen auch mit unseren unterrichtlichen Fragen, und die ganze historische Entwickelung des Ministeriums spricht so sehr dafür, diese beiden Dinge zusammen zu lassen, daß ihre Trennung mich schwer berühren würde.
Aber, wann soll nun das Medizinalwesen abgetrennt werden? Oder wann soll die Entscheidung getroffen werden, ob es abgetrennt werden soll? Diese Frage ist, meine Herren, überhaupt noch gar— nicht spruchreif. Ich kann hier ganz positiv versichern, daß die Frage im Staats, Ministerium bis jetzt noch nicht besprochen ist; sie ist nur zwischen dem Herrn Finanj⸗Minister und mir berührt worden. Allerdings liegt es jetzt so, daß die Frage demnächst in das Staats Ministerium kommen wird. Wie die Entscheidung fällt, weiß ich noch nicht; eine Diskussion hat bis jetzt nicht stattgefunden; ich habe die Diskusston angeregt auf Grund der vorjährigen Verhandlungen ö der Berathung des Kultus Etats beziehungsweise des Medtzinal⸗
tats.
Ich glaube, mit diesen Ecklärungen den Wünschen des Herrn Abg. Rickert um Auskunft in dem Umfange, in dem es zur Zeit möglich ist, Rechnung getragen zu haben. h
Abg., Dr, Sattler (nl): Ich persönlich bin für die Abtrennung der Medizinal⸗Abtheilung bom Kultug, Ministerium, weil dieses zu sehr überlastet ist und diese Fragen eigentlich zu den Obliegenheiten des Mi⸗ nisteriumz des Innern und der Polizel gebören. Ich bitte den Herrn Minister, die Lehrer an den böheren Schulen in Waldeck nicht zu ver⸗ gessen, sondern dafür zu sorgen, daß sie den Lehrern in Preußen bei der Aufstellun des Etats ür Waldeck gleichgestellt werden. Die Rede des Unter- Staatssekretärß a. D. von Rottenburg bietet leinen Anlaß zu einem Eingreifen der Regierung. Wir sind alle sammt Sünder und legen nicht jedes Wort auf die Wagschale. Ein Diszsplinarverfahren hat wobl auch Herr Gamp nicht gewänscht. Herr Knörcke hat hier kaum Wahlpalitit getrieben, sondern sich nur bemüht, die Rostflecke wegzuputzen, die er und seine Partei an dem Panzer ihrer Lehrerfreundlichkeit erlitten haben. Die Polen und die Herren vom Jentrum haben das Gemeinsame, daß ihre Wünsche nicht geringer, sondern größer werden. Sie wollen den Sprachenerlaß von Isg auf Westpteußen und Oberschlesien ausgedehnz sehen. Wir haben dabor gewarnt, den Polen zu welt entgegenzukommen. Das Zentrum sst allerdingtz diesmal von einer gewissen ,, be⸗ elt; dat zeigt auch die Form der Rede dez Herrn Bauzenberg. Aber fachlich hat er alle ,,, des. Zentrums aufrecht er⸗ halten, ja sogar erweitert; er eansprucht fogar ein Vorschlagsrecht für die Lesetzung der Rathöstellen im Kulius,Ministerium. Pielleicht hat sich schon eine Vorschlagäkommission im Zentrum gebildet. Das Zentrum hat ja bisher schon Erfolge errungen, die es zu weiterem Ansturm ermuntern können. Nur auf die Frage der Konfessionellität der Kirchhöfe ist Herr Dauzenberg nicht eingegangen; das ist wohl die Domäne des . von Eynatten. Melne Freunde halten nach wie vor alle diefe Forderungen für unbillig und ungerecht. Der Staat mu auf die Vorbilbung der Geistlichen im nationalen Sinne einen Einslu haben. Ble falhollschen Geisilichen müssen ein Verständniß für die deutsche Geschichte haben. Wie wenig Verständniß der Papst dafür hat, t , bekannte Encyklikg, die mit Ausdrücken der Unduldsam keit erfül st, welche den konfesstonellen Frieden nicht stärken können. Die deutschen Geistlichen müssen mit deutschem Geiste erfüllt werden.
Hoffentlich bringt dies der Abg. Dauzenberg in der nächsten Rede eben⸗ falls zum Ausdruck. Der nationgle Geist schabet dem Charakter der Geistlichen in keiner Weise. Die Orden sind ein Bollwerk der römischen
Kirche und die holnischen Orden außerdein noch ein solches der national
polnisch gesinnten Geistlichkeit gegensier den Protestanten, Man hat aber
keine Veranlaffung, sich über die Beschränkung der Orden niederlassungen
in Preußen zu beklagen. Ihre Zahl und die Zahl der Ordens brũder
hat sich in den letzten Jahren sehr erheblich vermehrt, garnicht zur
Freude der Protestanten, denen wohl die Krankenpflegeorden, aber nicht die Kampforden sympathisch sind. Unterlassen Sie doch Gum ö diese h , und die Forderung auf Herbeirufung der Jefusten, die wir als Angriffe auf unsere Konsession empfinden müssen. Die Königliche Staatgregierung darf sich nicht in dem Glauben wiegen, daß es nur auf die Wuͤnsche des Zentrums ankommt.
Abg. Dr. Porsch (ent.): Wir wiederholen unsere Forderungen, weil sie nothwendig find, auch im Interesse des Staats. Graf Posa⸗ dowtzly hat ja den Einfluß der rellgiösen, Mächte im Kampf mit der Sojtaldemokratie hervorgẽhoben, und Abg. Lieber hat darauf hin⸗ gewiesen, daß dle Hände der Kirche zu diesem Kampf gegen den Umsturz rei fein müssen. Und ich sage: die Reste des Kulturkampfetz müssen beseiligt werden. Dat d fei auch nicht dem religiösen Bewußt⸗ sein unserer evangelischen Mitbürger. Oder hält, man schon die Grxistenz der katholsschen Kirche und des Papstetz für eine Störung
auch ein Theil der Medizinalsachen sich beim Kultuz⸗Ministerium recht gut gestaltet haben. Ich will nur an die Bekämpfung der Infektions- krankheiten erinnern; da wohnen bei uns die wissenschaftlichen Ver⸗ treter, ohne die wir gar nichts machen konnten, mit den technischen Beamten und den Verwaltungsbeamten Thür an Thür; et bedurfte sehr häufig in diesen Sachen, die schleunige Maßregeln erfordern, daß der eine zum andern hinüberging; in fünf Minuten, in einer halben Stunde war die Sache mündlich erledigt, die künftig, wenn einmal eine Trennung erfolgt sein wird, große und weitläufige Schreibereien verursachen wird. Diese Bedenken liegen auf der Hand. Die Herren werden sich auch enisinnen: begeistert bin ich für die Ab⸗ trennung des Medizinalressorts vom Kultut⸗Ministerium nie gewesen. Aber ich habe allerdings gesagt: ich bin persönlich kein Hindernlß. Der Grund dafür ist, daß ich eine Entlastung des Kultus Ministeriums — von meiner Person ganz abgesehen — für nothwendig halte. Von meiner Person kann ich absehen; ich werde es wohl noch aushalten, solange ich Kultus-Minister bin; ich habe es bis jetzt auch ausgehalten. Aber, ich fiade es schädlich für die Verwaltung des Kultusressorts, daß der Minister mit einer Menge von Verwaltungs geschäften belastet ist. Diese Medizinalsachen sind zwar nicht politischer Natur, aber sie belasten das Gewissen des Ministers sehr erheblich, denn es handelt sich da um Leben und Gesundheit sehr weiter Kreise, und Mißgriffe auf diesem Gebiet belasten den Minister mit einer schweren Verantwortung. (Sehr richtig) Also, ich halte es nicht für gut, daß der Unterrichts-Minister und Kultus-Minister auch mit dieser großen Verantwortung noch belastet ist, wenn es möglich ist, ihm das zu ersparen, ohne sachliche Interessen zu schädigen.
Nun hat Herr Rickert freilich gemeint, man könne auf andere Weise helfen, man brauche bloß die Kultussachen wegu⸗ nehmen und dem Justiz-Ministerium zu übertragen. Meine Herren, wollten wir diese Frage jetzt gründlich behandeln, dann würden wir garnicht fertig werden; diese Frage lasse ich ganz bei Seite. Das will ich Herrn Abg. Rickert nur sagen — darin bin ich mit ihm ganz einverstanden —: die Kultus⸗ ,. ö Preußen ausschließlich oder doch wesentlich nach recht; . 3. , beurtheilt werden. Das werden sie aber auch
ö ndele sie nicht nach anderen Gesichtspunkten
dez konfesstonellen Friedens? Der jetzige kirchenpolitische Zustand ist doch kein Kompromiß in dem Sinne, daß an ihm nicht gerüttelt werden kann; er ist nur ein aditus ad pacem, und der Mynister kann es daher auch nicht ablehnen, die bestehenden lirchenpolitischen Gesetze abzuändern; der Regierung sst die Initiative leichter als ung, nament ⸗ sich in der Ordensstage. In der Frage der egelung der Verwal· tung des katholischen Kirchenvermögens haben wir hereils die Ini tiatlve ergriffen. Das Gesetz ist mangelhaft. Wir haben eine Repision verlangt und einen eschluß des Hausetz extrahiert. Leider ist die Reglerung noch zu keinem Entschluß darüber gelangt. Wir richten an unsere Gesinnungegenossen im Lande die Bitte, bei den Wahlen nur solche Kandidaten aufzustellen oder zu unterstützen, die für die Beseitigung der bestehenden Kulturkampfreste zu stimmen bereit sind. Der katholische Klerutz ist nach seiner ganzen Vorbildung auf Gymnasien, Universitäten u, s. w. national gesinnt; aus der Canisius· eneyklika entgegengesetzte Schlüsse zu ziehen, ist unrichtig. Ein ähn- liches Urtheil über die Reformation hat schon von Döllinger gefällt. Cine tüchtige Vorbildung entspricht auch den Interessen der fatholischen Kirche. Dispense sind allerdings ertheilt worden; man follte sich aber nicht für etwas bedanken müsfen, was unser Recht ist. Der Fall, daß ein Kandidat im Auslande eine Zuchthautst cafe er⸗ sitten, kann doch nicht ma gebend sein, es ift eine Ausnahme, Herr Sattler kennt die Geschichte unserer katholischen Orden nicht. sonst snrde er nicht behaupten, daß sie gegründet seien, die Ketzereien zu bekämpfen, das trifft auch nicht vom Jesuitenorden zn. Die Zu⸗ lassung von Ordengniederlassungen ist wiederholt ue worden. Datz bat uns schmerzlich berührt. Den konfesstonellen Frieden lann eg nicht erhöhen, wenn in Naumburg in Schlesien ein katholis
Kloster zu einem evangelischen Prediger ⸗Seminar benutzt wol den ist.
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(Schluß in der Zweiten Beilage.)