1898 / 61 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Der Antrag steht im Widerspruch mit dem, was das preußische Gerichtsverfassungsgesetz für das Gebiet der streitigen Gerichtsbarkeit anordnet. Er beschränkt allerdings das Verlangen, daß die Zuziehung eines Dolmetschers lediglich von dem Willen eines Betheiligten abhängig gemacht werde, auf das Gebiet der Beurkundung; aber auch in dieser Beschränkung unterliegt er so erheblichen Bedenken, daß ich glauben möchte, daß seine Annahme das Zustandekommen des vorliegenden Gesetzes und damit auch das Inslebentreten des Bürger⸗ lichen Gesetzbuches zu dem in Aussicht genommenen Zeitpunkt ernstlich würde gefährden können. (Ach! ach! links.)

Meine Herren, es liegt mir eine ganze Reihe von Berichten der

Ober Landesgerichts -⸗Präsidenten derjenigen Provinzen vor, in denen die polnische Bevölkerung einen erheblichen Prozentsatz ausmacht, in welchen übereinstimmend bekundet wird, daß seit einer Reihe von Jahren die Verleugnung der Kenntniß der deutschen Sprache in ganz auffaͤlliger Weise zugenommen hat, insbesondere in den sprachlich gemischten Be⸗ zirken Oberschlesienz und Westpreußens, in denen nach dem Zeugniß aller der Herren, die dort jahrelang praktisch thaäͤtig gewesen sind, vor 10, 20 Jahren die Fälle verhälinißmãßig selten waren, daß auch Personen polnischer Nationalität sich dem Gebrauch der deutschen Sprache, wenn sie derselben auch nur einiger⸗ maßen mächtig waren, entjogen hätten. Im Gegensatz zu diefem Zeugniß aus der älteren Praxis wird jetzt von allen Seiten bekundet, daß von Jahr zu Jahr die Neigung zunahm, die Kenntniß der deutschen Sprache in Abrede zu stellen und dadurch die Zuziehung eines Dolmetschers zu erjwingen. Nun, meine Herren, kann es im einzelnen Falle ganz gewiß zweifelhaft sein, ob eine Person nichtdeutscher Nationalität der deutschen Sprache hinlänglich mãchtig sei, um Erklärungen von rechtsgeschäftlicher Tragweite abgeben zu können, ohne sich dadurch der Gefahr der Schädigung auszusetzen. Ich glaube aber, daß von jedem verständigen Richter erwartet werden kann, daß in solchen Fällen er niemals dem Ver—⸗ langen entgegentreten wird, einen Dolmetscher zuzuziehen. Aus den Berichten, die mir vorgelegt worden sind, ergiebt sich nun, daß in einer großen Zahl zweifelloser Fälle, wo die Kenntniß der deutschen Sprache auf das überzeugendste nachgewiesen war, trotzdem diese Kenntniß verleugnet wurde. Ich würde in der Lage sein, Ihnen eine größere Reihe derartiger Fälle mitzutheilen, wo es außer allen Zweifel gestellt worden ist, daß Personen, die zunächst die Sprachkenntniß in Abrede stellten, sich dann als vollkommen der deutschen Sprache mächtig erwiesen haben. Allerdings liegt dieses Vorkommniß zumeist auf dem Gebiete der streitigen Gerichtsbarkeit, insbesondere der Strafgerichtsbarkeit. Sie würden mir vielleicht ent⸗ gegenhalten können, daß auf dem Gebiete des Beurkundungswesens, um das es sich hier allein handelt, schon das eigene Interesse der erschienenen Personen sie von selbst dahin bringen werde, nicht ohne Noth auf der Zuziehung eines Dolmetschers zu bestehen. Ich glaube jedoch, daß eine derartige Voraussetzung mit den Erfahrungen der Praxis nicht wohl übereinstimmt. Wir werden davon ausgehen dürfen, daß, wenn der hier gestellte Antrag Gesetz werden würde, dann in den Provinzen, die theils schon jetzt eine überwiegende oder erhebliche polnische Bevölkerung haben, theils, wie die westlichen Industriebezirke, auch Theile von Brandenburg und der Provinz Sachsen, mehr und mehr von einer polnischen Arbeiterbevölkerung überfluthet werden, in Zukunft jeder Pole für sich das Recht in An⸗ spruch nehmen wird, bei Beurkundungssachen nur unter Zuziehung eines Dolmetschers zu verhandeln. Wenn ich diese Voraussetzung ausspreche, so halte ich mich dazu deshalb für berechtigt, weil in einer Reihe von Berichten auf Grund längerer Wahrnehmungen der Ueber⸗ zeugung Ausdruck gegeben ift, daß sich eine gewisse national politische Agitation dieser Frage bemächtigt hat, und daß sehr viele Personen lediglich unter dem Eindruck der Wirkung einer solchen Agitation sich weigern, die deutsche Sprache zu gebrauchen, obgleich sie dazu sehr wohl im stande wären. Eine Reihe eklatanter Fälle liegen dafür vor. Vielleicht ist es doch im Interesse der Sache, wenn ich einige derselben zu Ihrer Kenntniß bringe.

Vor dem Amtsgericht Tuchel erschien im Jahre 1895 ein An⸗ geklagter und behauptete, er könne nur polnisch sprechen. Ein Zeuge bekundete nun, der Mann sei der deutschen Sprache durchaus mächtig. Das Gericht belegt ihn mit einer Ordnungsstrafe. (Hört! hört! links.) Nach Verkündung dieses Beschlusses giebt er ohne weiteres alle Erklärungen in gutem Deutsch ab. (Zuruf links.)

In einem anderen Falle, beim Amtsgericht Christburg, wurde eine Ehefrau polnischer Nationalität als Zeugin geladen. Sie er— klärte, nachdem sie zunächst über ihre Person vernommen war, zur Sache könne sie nur in polnischer Sprache aussagen. Es wird des—⸗ halb nach dem Dolmetscher geschickt, der Dolmetscher kann aber nicht aufgefunden werden. Da es der Frau zu lange dauert, giebt sie ihre Aussage so vollständig und deutlich in deutscher Sprache ab, daß, auch nachdem nun später der Dolmetscher erscheint, seine Zuziehung nicht weiter nothwendig erscheint.

Von einem anderen Amtsgerichte, Karthaus, wird mir ein Fall mitgetheilt, daß ein Angeklagter im Dezember 1896 erklärt habe, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig, obgleich nach eidlicher Be—⸗ kundung eines als Zeugen anwesenden Försters er, diese Sprache durchaus genügend heherrscht.

Beim Amtsgericht Zabrze ist ein Fall vorgekommen, daß ein Arbeiter, der mehrere Jahre am Rhein sich aufgehalten hatte und demnächst in seine Heimath zurückgekehrt war und dort vernommen werden sollte, gleichfalls trotz eindringlicher Ermahnung erklärte, er verstehe kein Wort Deutsch. Er wurde deshalb in eine Ordnungsstrafe genommen, und dann zu einem neuen Termin geladen. In diesem erklärte er sofort, er brauche keinen Dolmeischer, und gab nunmehr seine Erklärung deutlich und vollständig in deutscher Sprache ab. Bei demselben Gericht hat ein junger Bursche, der wegen Ver—⸗ leugnung der deutschen Sprache zu einer über ihn verhängten Haft⸗ strafe abgeführt werden sollte, nach Verkündigung dieses Beschlusses

sofort fließend deutsch gesprochen. .

Vom Amtsgericht Neustadt wird berichtet, daß ein Zeuge, der im November vorigen Jahres wegen Verleugnung der deutschen Sprache in Strafe genommen war, 6 Wochen später in einem zweiten Termine eine umfassende Zeugenaussage unschwer in deutscher Sprache ab⸗ gegeben habe.

Bei dem Amtsgerichte Schlechau erklärte eine Angeklagte zu—= nächst, daß sie die deutsche Sprache nicht verstehe; als aber ein Zeuge in deutscher Sprache vernommen wurde, ergab sich, daß sie selbst auch deutsch sprechen konnte. Nunmehr wurde ihr eine Ordnungastrafe

angedroht, es wurde darauf mit ihr deutsch verhandelt, und es zeigte sich, daß sie die deutsche Sprache vollständiz beherrschte.

Vom Amtsgerichte Lindow wird folgender Fall berichtet. In einem Privatklageprozeß jwischen Mutter und Sohn wegen Miß · handlung erklärte die Mutter, als das Gericht zunächst einen Vergleichs⸗ versuch unternehmen wollte, sie verstehe kein Deutsch. Demnächst wurde ihr Sohn vernommen. Als dieser in deutscher Sprache einen Zeugenbeweiß antrat, von dem die Mutter annahm, daß seine Er⸗ hebung zu ihren Ungunsten ausfallen würde, vertheidigte letztere sich plötzlich deutsch, und zwar äußerst zungengewandt. (Heiterkeit)

Ich fürchte, meine Herren, Sie zu ermüden, wenn ich aus der Zahl der mir vorliegenden Fälle Ihnen noch mehr mittheilen wollte. Ich

bitte nur mir zu gestatten, noch einen Fall zu erwähnen. Er hat sich

beim Amtsgericht Dortmund zugetragen und zwar im Laufe dieses

Jahres. Ein des Diebstahls angeklagter polnischer Arbeiter erklärte

dort, daß er die deutsche Sprache nicht verstehe. Als ihm vorgehalten

wurde, daß er drei Jahre Soldat gewesen sei und nach Aussage ver⸗

schiedener Zeugen gut deutsch sprechen könne, sprach er deutsch. Eine

als Zeugin vorgeladene Ehefrau eines polnischen Arbeiters gab zu⸗

nächst dieselbe Erklärung ab. Sie verblieb auch dabei,

trotzdem mehrere Zeugen bekundeten, daß sie des Deutschen

mächtig sei und sie kurz vorher im Zeugenzimmer sich deutsch unter

halten habe. Es wurde deshalb gegen sie die Haft verfügt. In der

Haft erklärte sie sich noch am selben Abend bereit, deutsch auszusagen.

Sie wurde deshalb entlassen, zu einem neuen Termin vorgeladen, in

dem sie bereit war, ihre Aussage in deutscher Sprache abzugeben.

Es wird mir endlich noch ein Fall mitgetheilt aus

dem Kammergerichtsbezirk, wo zur Vernehmung eines polnischen

Arbeiters auf dessen Verlangen ein Dolmetscher zugezogen war.

Als der Mann auf der Kasse seine Zeugengebühren erhob, ergab sich,

daß er gut deutsch sprechen könne. Da ist er denn gefragt worden,

ob etwa jemand es ihm verboten habe, deutsch zu sprechen, und da

hat er nach einigem Zögern erklärt: ja, es sei ihm das allerdings ver=

boten worden. Er hat auch die Person bezeichnet, die es ihm per⸗

boten hat. Ich bin dann der Sache nicht weiter nachgegangen.

Diese Thatsachen, meine Herren, liefern, glaube ich, doch den Beweis, daß eine Einwirkung in der Richtung, eine national polnische Bewegung besteht, die dahin führen soll, daß auch Polen, welche die deutsche Sprache beherrschen, die ihrer im Sinne des Gesetzes mächtig sind, die Kenntniß der deutschen Sprache leugnen und den Dolmetscher für sich in Anspruch nehmen.

Nun habe ich vorhin gesagt, ich glaube, wenn dieser Antrag an⸗ genommen würde, werde eine derartige Anforderung auf dem hier in Rede stehenden Gebiete sich verallgemelnern. Wohin würde das führen? Entweder würde die Staatsregierung in die Lage gesetzt werden, in solchen Gegenden, wo mit einer größeren Zahl polnischer Eingesessenen zu rechnen ist, für die Verhandlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit selbst bei dem kleinsten Amtsgericht einen Dolmetscher anzustellen, oder es würde zu einer fortgesetzten Vertagung und Verzögerung der gerichtlichen Verhandlungen kommen. Ich glaube, daß, wenn schon jetzt unter dem Eindruck gewisser fanati⸗ scher Einflüffe, die ganz gewiß in beschränkten Kreisen geübt werden, diese Fälle der Verleugnung der deutschen Sprache häufig sind, wir vor der Gefahr stehen, daß sie sich in Zukunft verallgemeinern würden. Nun, m eine Herren, ich glaube, einer solchen Gefahr müssen wir unter allen Umständen aus dem Wege gehen; wir dürfen es nicht darauf. ankommen lassen, daß aus nationalpolitischen Rücksichten die Behörden gezwungen werden, auch für solche Personen, die der Hilfe eines Dolmetschers nicht bedürfen, doch den Dolmetscher zuzuziehen. Wenn Sie die polnischen Tagesblätter lesen, welche hauptsächlich die Führung dieser Bewegung übernehmen, so werden Sie den Eindruck gewinnen, daß keine Gelegenheit versäumt wird, dahin zu wirken, jedem Polen es gewissermaßen zur nationalen Pflicht zu machen, den Behörden gegenüber, wo er es nur durchsetzen kann, sich nur der polnischen Sprache zu bedienen. Der Fall ist auch ein alltäglicher; es kommt sehr häufig vor, daß Polen, die ihre Aussage vor Gericht deutsch abgeben, aus dem Publikum heraus von Be⸗ theiligten oder Unbetheiligten zugerufen wird popolskut. (Heiter⸗ keit; Man versucht eben diese Leute, die mit dem besten Willen hinkommen, gewissermaßen unter dem Gesichtspunkt einer nationalen Pflichterfüllung dahin zu bringen, daß sie die deutsche Sprache verleugnen und verschmähen.

Nun glaube ich, obgleich mir vielleicht entgegengehalten werden wird, das Argument dürfe überhaupt nicht vorgebracht werden, weil es an die Vertrauensfrage erinnert, daß wir doch davon auszugehen haben, daß die Handhabung der Gesetze durch verständige Richter ge⸗ schieht, daß wir davon ausgehen müssen, daß ein Richter gewissenhaft genug sein wird, verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärungen nicht von Leuten entgegenzunehmen in einer Sprache, in der sie sich nicht genügend klar auszudrücken verstehen. Ich wenigstens würde es für eine Gewissenlosig⸗ keit halten, wenn ein Richter so verfahren wollte, und ich glaube trotz des zu erwartenden Widerspruchs, daß ich dieses Vertrauen für die Richter in ihrer Gesammtheit in Anspruch nehmen darf. Die Möglichkeit ist ja zuzugeben, daß vereinzelt von der Befugniß ein unrichtiger Gebrauch wird gemacht werden. Gegen solche Möglichkeiten giebt es keinen Schutz. Ich halte diese Gefahr für geringer als die, welche wir herausbeschwören würden, wenn wir vollständig dem Willen der er⸗ klärenden Partei oder sogar eines anderen Mitbetheiligten, dem es nicht paßt, daß ein dritter Pole sich der vaterländischen Sprache nicht bedient, anheim geben würden, die Zuziehung eines Dolmetschers zu erzwingen.

bündeten Regierungen Bedenken tragen würden, sich einem solchen Zwange, wie dieser Antrag auf sie ausüben will, zu unterwerfen, und ich glaube an diejenigen Herren, denen ernstlich daran gelegen ist, daß das große patriotische nationale Werk, welches am 1. Januar 1900 die deutsche Rechtseinheit ins Leben führen soll, in der That der deutschen Nation nicht länger vorenthalten werde, die dringende Bitte richten zu dürfen, diesen Antrag abzulehnen. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Wellstein (Zentr.): Die Anträ di is e, , 8 ntr.) e Anträge sind in der Kommission e

Meine Herren, ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß die ver⸗

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Nur ein Wort zur thatsächlichen Richtigstellung

Der Herr Vorredner hat die Behauptung aufgestellt, es sei eine Verfügung dahin erlassen worden, daß die Kenntniß der dentschen Sprache bei den Polen angenommen werden solle, wenn sie deutsche Schulen besucht oder bei deutschen Truppentheilen gedient hätten. Meine Herren, eine Verfügung diesez Inhalts existiert nicht und hat nicht existiert Es ist selbstverständlich vollkommen ausgeschlossen, daß man irgend einem Richter mechanische Vorschriften geben könnte, unter welchen Voraussetzungen er die Kenntniß der deutschen Sprache anzunehmen

Präsidenten erlassen ist ich bedauere, sie nicht zur Hand zu haben, und wäre sonst gern bereit, Ihnen den Wortlaut mihhn—

theilen hat nur darauf aufmerksam gemacht, daß nach den in seinem Bezirke gemachten Wahrnehmungen, obglelh die Wirkung der deutschen Schule und des Dienstes h

deutschen Truppentheilen sich doch mehr und mehr geltend maln müsse, die Fälle der Ableugnungen der Kenntniß der deutschen Sprah in auffälliger Weise zunehmen; deshalb wurden die Richter ersucht, dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Von einer Anwelsung, insbesondere von einer solchen mechanischen Anweisung, ist nicht die Rede. Man kann solche Anweisungen überhaupt an Richter nicht er⸗ theilen; kein Richter würde sie aeceptteren.

Meine Herren, ich glaube auch nicht, den Vorwurf verdient zu haben, daß ich politische Gesichtspunkte hier ins Feld geführt hätte, die nicht zur Sache gehörten. Waz ich sagte, lag im Rahmen dessen, was zur Begründung meiner Auffassung geboten war, und wenn die ebe davon war, daß eine Ablehnung dieses Antrages zur Folge haben werde, daß politische Leidenschaften auch in die Gerichtshallen ein dringen, so glaube ich, daß mit viel größerem Recht das Umgekehrte gesagt werden kann, daß nämlich die Annahme dieses Antrages solche Folgen jeitigen wird. (Sehr richtig! rechts)

Abg. Haase (Sys) weist darauf bin, daß für die Aufnahme von Testamenten die Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten seien, welche jetzt beantragt würden. Die vom Justij.Minister an= geführten Fälle seien nicht beweisend, denn da hätten die Leute unter dem Zwange der Strafe gehandelt. Da die Betheiligten die Kosten der Zunehung eines Dolmetschers bezahlen müßten, so könne man kaum annehmen, daß Fsie lediglich der Demonstration wegen ihre Kenntniß des Deutschen verleugnen würden. .

Kommissar des Bundesraths, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Struckm ann: Bei Verfügungen von Todes wegen ist gewöhn— lich Gefahr im Verzuge; deshalb kann der Richter nicht prüfen, ob der Verfügende der deutschen Sprache mächtig ist; außerdem treten die Testamente erst in Kraft, wenn dem Verfügenden der Mund zur Deklaration desselßen verschlossen ist. Bei Testamenten kann auch nicht leicht eine politische Demonstration in Scene gesetzt werden.

Der erste Antrag der Sozialdemokraten wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der freisinnigen Volkspartei, der Polen und einiger Zentrums⸗-Miiglieder abgelehnt; der eventuelle Antrag dagegen wird gegen die Slimmen der beiden konservativen Gruppen, der Nationalliberalen, der frei= sinnigen Vereinigung und der deutschsozialen Reformpartei angenommen.

Darauf wird der Nest des Gesetzes angenommen.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be treffend Postdampfschiffs verbindungen mit über— seeischen Ländern. .

Nach 8§z 1 soll die Beihilfe um 1500 000 6 erhä

werden unter Voraussetzung einer vierzehntägigen Verbindung mit Ost⸗Asien und China. Abg. Graf zu Inn und Knyphausen (. kons): Angesichts der Ausdehnung der deutschen Macht in China ist eine Verbindung dorthin nothwendig. England und Frankreich zahlen viel höhere Beihilfen, als die Vorlage verlangt. Wir haben einen erheblichen Vortheil davon, weil die Fahrten nach Ost-Asien verdoppelt werden; der Export und Import kann also ebenfalls verdoppelt werden; die Seemannschaft wird ebenfalls in doppeltem Maße erforderlich. Die Beihilfe ist sehr gering gegenüber den großen Ausgaben, die der Nord= deutsche Lloyd machen muß für Vermehrung seines Materials x. Es müssen abwechselnd die Schiffe von Hamburg und von Bremen gefahren werden. Die Reichtpost muß unentgeltlich gefahren werden; für die Marineofsiztere und Beamten, welche die Schiffe benutzen, sind ermäßigte Frachten vorgesehen. Die Subvention wird einer Unter⸗ nehmung gezahlt, die bei uns allen in dem Rufe steht, eine der allerdeutschesten zu sein. Bremen hat stets beim Verkehr mit den Auslande das deuische Interesse in den Vordergrund gestellt. Allerdin batten die Vertreter der deutschen Landwirthschaft gewünscht, daß Resolution eine andere Fassung erhalte, damit nicht diese Dampfer dem Import von Artikeln dienen, die der deutschen Landwirthschaft Konkurrenz machen. Daß das Fleisch darunter nicht aufgeführt ist, kann eine Beunruhigung nicht mehr hervorrufen, da wir uns überheugt haben, daß der Transport von Fleisch auf diesen Dampfern nicht möglich sein wird. Die Spezialwünsche, welche Mitglieder auß Bayern haben, entziehen sich meiner Beurtheilung. Ich kann daher nur bitten, die Beschlüße der Kemmissign zu genehmigen.

Abg. Frese (fr. Vgg) tritt ebenfalls für die Beschlüsse der Kommission ein; die subbentionierten Dampfer böten größere Leistungen als die subpentionierten Dampfer anderer Staaten. Der Hauptoorzug sei die Regelmäßigkeit des Verkehrs, die allein gestatte, sichete Ge, schäftgabschlüsse zu machen. Dazu komme jetzt die größere Schnelligkeit der Fahrt, die ohne Subvention auf so großen Strecken nicht aufrecht erhasten werden könne, Er (Redner) glaube, der Hoffnung Ausdruck geben zu können, daß durch Annahme dieser Vorlage die deutsche In⸗ Tustrie in die Lage versetzt werden würde, siegreich die Konkurrem in Ost⸗Asien aufzunehmen. ͤ

Abg. Molkenbuhr (Soz.) erklärt, daß die Sonaldemokraten gegen die Vorlage stimmen würden, weil damit ein Wettbewerb deß einen Konkurrenten gegen den andern künstlich unterstützt würde.

Abg. Jebsen (nk) erklärt, er schließe sich den Ausführungen des Abg. Frese an. Für ihn sei das Entscheidende, daß im 8 4 bie Bestim mung getroffen sei, wonach die Dampfer abwechselnd von Iremen und Hamburg auslaufen sollten. Redner erklart auch sein Ginver. ständniß mit den von der Kommisston vorgeschlagenen Refolutionen,

Abg. Dr. Haffe (al.: Die Vorlage hat nicht nur eine with. schaftliche, sondern auch eine nationale Bedeutung. Wir können stolz darauf sein, daß es in Deutschland Gesellschaften giebt, wie die mit denen wir Vertiäge abschließen wollen, Gefellschaftn, von solche

roßen Bedeutung und Leistungsfähigkeit, die ihr Matern 6 ausschließlich aus dem Inlande beziehen. Unsere Dampf bringen nicht nur Leutsch; Induftrieprodukte ins Ausl sondern sind selbst die stoliesten deutschen Produkte. Arnim hat bei der ersten Lesung darguf hingewiesen, daß der Nonb

Interessenten haben sich darüber beschwert und zur 6 M

Firma die Verwendung der englischen Sprache vertragsmäßig alt⸗ gemacht sel., Eine englische oder franzöfische Gesellschaft hälte einen folchen Vertrag, der ihr die Verwendung z. B. der deutschen Sprache vorschriebe, niemals abgeschlossen.

Darauf wird um 5i Uhr die weitere Berathung bit ö 3 Uhr vertagt (außerdem zweite Berathung der

orlage über die Entschädigung unschuldig Verurtheilter und Marine⸗Etat.

habe oder nicht. Die Verfügung, die von einem Ober ⸗Landesgerichtt⸗

deutsche Lloyd sich vielfach der englischen Sprache bediene. Cintz Mittheilung erhalten, daß von seiten einer betheiligten en glich

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