1902 / 35 p. 11 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Feb 1902 18:00:01 GMT) scan diff

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Abg. Dr. Rewold ö Ich spreche hier ebenso wie der Abg. Lückhoff nicht im Namen un K. sondern nur für meine . Bei der Thätigkeit des Buren-Hilfsausschusses ist jede polirische Frage ausgeschlossen. Er vollführt nur ein Werk der Barmherzigkeit und Wohlthätigkeit für die unglücklichen Burenfrauen und Kinder in den Kan— sentrationglagern und bꝛingt nur das Wohl wollen zum Ausdruck das im deutschen Volke für diese vorhanden ist. Als der Ausschuß im November sich an weite Kreife unseres Volkes wandte, um diese Gefühle in praktischer Weise zufammenzufassen zu einem wohlthätigen Liebeswerk, ahnten Wir nicht, daß eine fosche Summe von Güte und Mitleid im deut⸗ schen Volke für dieses Werk vorhanden ist. Reiche Gaben, insgesammt über Jöö Ho0 e, sind bei der Kur- und Neumärkischen Ritterschafts⸗ kasse eingegangen, welche es übernommen hat, die finanzielle Sammel⸗ stelle zu bilden. Daz ist ein sehr mühevolles Werk, denn es handelt sich um kleine Beträge, die vielfach bis auf 0 . heruntergehen. Viele hundert Postanweisungen sind von der . zu be⸗ wältigen, oft S506 M und mehr an einem Tage in diesen kleinen Beträgen. Außerdem sind Sammellisten aufgelegt, in denen auf 2 bis 4 Seiten Beträge von 50 3 bis 1 6 gezeichnet sind. Dies beweist, wie weit in unserm Volk die Empfindung vorhanden ist, daß wir ein Werk der Mildthätigkeit und des Mitleids an dem unglücklichen Burenvolk leisten müssen. Wie weit diese geht, zeigt z. B., daß selhst eine arme Waschfrau gekommen ist und eine Mark auf, dem Altar dieser Wohlthätigteit niedergelegt hat. In einem kleinen und grmen Dorfe im Nassauischen, in welchem jeder Einwohner jeden Pfennig baaten Geldes umdreht, ehe er ihn ausgiebt, ist die verhältnißmäͤßig ungeheure Summe von 120 6 für diefen Zweck gesammelt worden. Der Wohlthätigkeits⸗ sinn des deutschen Volkes in allen Schichten der Bepöllerung und allen Theilen des ganzen Reiches hat fich in großartiger Weise bethätigt. Der Ausschuß des Buren-Hilfsbundes hat eine große und verantwörtungspollke Aufgabe übernommen. Es kommt darauf an, alle diese Spenden ihrem Zwecke zuzuführen. Wir haben in den letzten Wochen eine Summe von 50 O60 S6 bei der hiesigen Legationskasffe angewiesen, welche das Geld durch Vermittelung unseres General⸗Konsuls in Kapstadt und der anderen Konsuln in Süd⸗Afrika vertrauenswürdigen Personen zuführen wird, die ihrerseits mit den Konzentrationslagern in Verbindung stehen, um die besonders Be⸗ dürftigen auszuflatten. Wir haben aber nicht bloß den bequemen Weg der baaren Geldfendung gewählt, sondern wir haben uns auch gesagt, daß es nech besser ist, das Geld in Waaren umzusetzen. Was bei uns einen Thaler kostet; kostet in Süd-Afrika fünf Thaler. Wir haben die Ab— sicht, demnächst für 150 900 6. Waaren nach Kapstadt zu senden. Wir können dies aber nicht, wenn wir nicht die Sicherheit haben, daß die Wgaren in die Konzentrationslager gelangen. Wir haben vor fünf. Wochen den Reichskanzler gebeten, sich zu diesem Zweck mit der englischen Regierung in Verbindung zu setzen. Der Winter in Süd⸗ Afrika steht vor der Thür, und noch ist keine Antwort vom Reichs kanzler erfolgt. Der Abg. Lückhoff hat dem Reichskanzler mitgetheilt, daß er die Frage, heutz zur Sprache bringen werde, in der Er⸗ wartung, daß, die Regierung eine bestimmte, Erklärung von der englischen Regierung extrahiere, Es wundert mich, daß unsere Regie⸗ rung auf die Anregung des Abg. Tückhoff bis jetzt nicht geantwortet hat; es scheint, daß sie eine Antwort nicht ertheilen will, Ich bedaure dies aufrichtig; die Regierung würde sich damit in Wider spruch mit dem Empfinden des Volks setzen. Es handelt sich hier nicht um eine politische Frage, auch englischẽ Zeitungen haben dies anerkannt. Es ist für uns fast, demüthigend, daß trotz der Zustimmung weitester Kreife wir abfolut keine Berücksichtigung finden. Wir haben ein Recht hervorzuheben, daß wir weiter alles thun werden, um dieses Ziel zu erreichen. richte aber besonders an die Staatsregierung den dringenden Appell, uns mit aller Kraft zur Seite zu stehen und sich nicht mit, der Erklärung zurückzuziehen, daß unsere Bitte an die englische Regierung weitergegeben sei. Dadurch würde sich die Regie⸗ rung den Dank weiter Kreise erwerben.

Geheimer Ober- Regierungsrath von Rheinbaben: Der Herr Vorredner hat seiner Verwunderung darüber Ausdruck . geben, daß seitens der Königlichen Staatsregierung auf die = regung des Herrn Abg. Lückhoff, keine Antwort ertheilt worden sei. Ich bin zu ciner Erklärung nicht ermächtigt, erlaube mir aber doch, Für meine Peron darauf aufmerksam zu machen, daß der Herr Vor⸗ redner ja selbst erklärt hat, die Eingabe des Burenhilfsbundes sei an den Herrn Reichskanzler gerichtet worden, Ich möchte daher doch annehmen, daß die zur Sprache gebrachte Angelegenheit eher in den Reichstag als ins Abgeordnetenhaus gehört, ö. .

Abg. Pr. Arendt (freikens ): In dieser Frage sind, glaube ich, alle Parteien einig, auch wohl in der Verurthellung der eben gehörten Erklarung. Ueber das, was in das Abgeordnetenhaus, und in den Reichstag gehört, zu entscheiden, ist Sache unseres Präsidenten. In diefer Beziehung ist die Erklärung des Kommissars nicht gerade ge⸗ schickt. Die Angelegenheit wird im Reichstag zur Sprache kommen. Da aber dort bisher keine Gelegenheit war, sie zu erörtern, und die Sache eilt, haben wir die erste sich bietende Gelegenheit benutzen wollen, um einen Druck auf die Regierung auszuüben. ir können alle dem Abg. Lückhoff für sein? Anregung danken und hoffen, daß endlich in dieser Sache etwas geschieht. Ich glaube nicht, daß die englische Regierung sich diesem Liebeswerk widerfetzen kann. Thäte sie es, fo würde dies einen Schrei der Ent⸗ rüstung in der ganzen zivilisierten Welt heivorrufen. Es handelt sich doch nur darum, dieser furchtbaren Noth entgegenzuwirken, Ich kann mir nicht denken, daß die Nation, die sich bei den armenischen Greueln fo aufgeregt hat, jetz versagen sollte, Ich möchte daher bitten, daß die Regierung dem Drange der deutschen Nation hei. der englischen Regierung Gehör verschaffen möge. Die einfachste Rücksicht auf das Haus hätte es erfordert, daß die betreffenden J, , heute zur Stelle wären. Was hätte sonst die Etatsberathung für einen Zweck?

Geheimer Ober⸗Regierungsrath von Rheinbaben: . Der Herr Abg. Arendt hat es als einen Eingriff meinerseits in die Befugnisse des Herrn Präsidenten darzustellen gesucht, daß ich mir die Bemerkung erlaubt habe, nach meiner persönlichen Meinung eine andere konnte ich hier nicht ö gehöre die Sache vor den Reichstag und nicht ver das bgeordnetenhaus. Die Rechte des Herin Praͤsidenten in Ehren; aber unbheschadet der Richte des Herrn Präsidenten wird wohl guch einem. Vertreter der Regierung eine Meinunggäußerung über die Zuständigkeit dieses Hauses zur Erörterung einer hier zur Sprache gebrachten Angelegen⸗ heit gestattet fein. Ich glaube, mich damit keines ingriffes in die Rechte des Herrn Brästdenten schuldig gemacht zu haben. Der

Herr Abgeordnete hat dann weiter g̃äußert, er, fände meine Erklärung nicht geschickt. Ich hielt mich für verpflichtet eine Instruktion hatte ich nicht —, im vorliegenden Falle einem Derfönlichen Bedenken Ausdruck geben, und bestreite dem Herrn Abg. Arendt das Recht, sich ein derartiges Urtheil über meine Aenßerung zu erlauben. ch würde mir über feine Aeußerungen in diesem . ebenfowenig eine solche Kritik gestatten; darum möchte ich ihn bitten, sich auch . derartiger Ürtheile über die meinigen zu enthalten. ; ĩ ö. von Eynern (ul): Ich erkläre namens meiner Fraktion, daß die Anregung der freikonfervativen Partei unseren Dank verdient, daß wir volle Ee pre für die Buren haben, und daß wir wünschen, die Regierung möge uns in die Lage setzen, eine Pflicht der Rächftenliebe zu thun. Wir bedauern im Namen det deutschen Volks nicht nur, sondern aller zivilisierten Nationen, daß die englische Re⸗ gierung unserer Mildthätigkeit die Thore verschließt. Wir kennen ja nicht die Gründe des Reichskanzlers, und wir haben vollständig das Vertrauen, daß er die auswärtige Politit weise leitet; und möglicher⸗ weise hat er Gründe, aus denen er uns keine Antwort geben kann, Aber wir haben auch das dringende Verlangen und den dringenden Wunsch, daß uns eine Antwort gegeben wird, um zu erfahren; ob England eantwortet und was es , oder ob es nicht geantwortet Wrnhenn Cs zu biesem Ftat nicht gehört, . können wir die An⸗ frage bei der Berathung über den Etat des Ministeriums der qus—= wärtigen Angelegenheiten wiederholen. Das Derz des , Volkes hängt an diefer Sache und will wissen, ob England die humanitären Ansichten, die es ausfpricht, durch die That beweisen will oder nicht.

Abg.. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Wenn die Re⸗ gierung nicht von der Anfrage vorher benachrichtigt worden wäre, wie es geschehen ist, dann dürften wir uns allerdings über ihre Abwesen. heit . wundern. Sie wäre wohl in der Lage gewesen, Auskunft zu geben. berechtigt, sich mit ihrer Regierung darüber zu unterhalten, welchen Einfluß dieselbe auf die Reichsregierung in Fragen der auswärtigen Pelitil auszuüben bereit ist. Ich hoffe zwar, daß nur ein Mißverständniß und keine böͤse Absicht vorliegt, aber ich bin doch darüber erstaunt, hier, wo die Sympathien des Volkes so lebhafte sind, keine Aus⸗ kunft zu erhalten. Es ist von berechtigten Sympathien, die im deuischen Volke für die Burensache bestehen, nicht die Rede, nicht von politifcher Einmischung in den Streit zwischen England und den Buren, sondern es handelt sich um die Bethätigung don Menschen—⸗ liebe und Menschenfreundlichkeit gegen unglückliche Menschen, für die man Sympathien hat. Diese Sympathien sind vollkommen berechtigt, und ohne guf politische Fragen einzugehen, können wir sagen: es ist berechtigt, wenn man in Deutschland diesen un. glücklichen Leuten helfen will. Ich hoffe daß eine freundliche Antwort don England nicht ausbleiben wird. Man wundert, sich in England darüber, daß England so wenig Sympathien im Auslande genießt. Wenn aber in einem Falle, wie diesem, die englische Regierung sich falt, ablehnend und unfreundlich benommen und Schwierigkeiten ge⸗ macht hat, obwohl die Sache keing politische Bedeutung hat, so kann sie fich nicht wundern, wenn die Sympathien für sie geringer werden. Wenn man sieht, wie die Sympathien für England in Deutschland nach und nach abgenommen haben, so kann man sagen, daß dies zum

roßen Theil an England liegt, In diesem Falle hätte England i entgegenkommend verhalten können.

Abg. Dr. Erüger (fr. Volksp: Es handelt sich hier nicht um Sympathien für oder i, die Buren oder ein Eingreifen in die Politik, fondern um ein Liebeswerk, von dem wir. wünschen, daß es durch die Engländer nicht verhindert wird. Wir werden später hören, ob die . mit oder ohne Absicht diesen Verhandlungen fern⸗ geblieben ist. eine politischen Freunde haben den Wunsch, daß die Staatsregierung dem Verlangen dieses Hauses entspreche und mit ihren Bemühungen auf diesem Gebiete Erfolg haben möge.

Abg. Dr. Porsch (Zentr): Wir schließen uns diesen Erklärungen an und wünschen, daß die Staatsregierung alles thun wird, um der Absicht des Buren⸗Hilfsbundes zur Verwirklichung zu verhelfen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons): Ich e lr, daß in dieser Frage im Hause volle Uebereinstimmung

errscht.

Abg. Gothein . Vgg): Ich kann dieselbe Erklärung auch für meine Partei abgeben.

Der Etat des Bureaus

genehmigt.

Den Etat des „Deutschen Reichs- und Preußischen Staats-Anzeigers“ beantragt Abg. Dr. Arendt an die Budgetkommission zu verweisen, um den abgeschlossenen neuen Vertrag mit der Norddeutschen Druckerei kennen zu lernen.

Abg. von Arnim (kons) erklärt, daß er nichts dagegen einzu⸗ wenden habe.

Darauf wird der Antrag des Abg. Dr. Arendt ange⸗ nommen.

Das Haus wendet sich sodann dem Etat der Berg⸗ Hütten- und Salin enver wal tu ng zu.

Präsident von Kröcher macht darauf aufmerksam, daß der Direktor der geologischen Landesanstalt, Geheime Bergrath 6 dem Hause eine Anzahl Karten geschenkt habe, und spricht ihm dafür den Bank des Hauses aus.

des Staats-Ministeriums wird

Abg. Stengel ffr. kon.) berichtet über diesen Etat und iebt bekannt, daß in der Kommisstoön die Regierung über die Erwerbun von Kohlenfeldern vertrauliche Mittheilungen gemacht habe, die si der Veröffentlichung entzögen. ; ; ;

Abg. Kittker-Thorn (fr. Volksp) weist darauf hin, daß in Westpreußen Braunkohlenlager entdeckt worden ö Die Ausnutzung dieser Tager würde für die industrielle Aufschließung des Ostens von größtem Vortheil sein. Es sei wünschenswerth, das Berggesetz mit einer gewissen Modifikation auf ,, auszudehnen. Der Minister solle eine enksprechende Vorlage einbringen, J

Sber Berghauptmann von Velsen äußert Bedenken dagegen daß Das Haus ein Gesetz annehme, welches den Interessenten nicht volle Entschädigung gewährt. s ] ö

Reinicke Mansfeld (kons) erörtert die Verhältnisse der Bergarbeiterschaft im Mansfelder Bergbau. Die Arbeiter würden mit Wohlwollen behandelt. Die königötreuen Arbeiter hielten. sich von der Sozialdemokratie frei. Landwirthschaft und Industrie gingen im Mansfeldischen immer Hand in Hand, wa auch die Reichẽtags⸗ wahlen erwiesen hätten. Der Redner bittet die Regierung, im Bundesrath auf die Einführung eines Zolls auf Rohkupfer hinzu⸗ wirken, um die Heimathspolitik zu unterstützen. ;

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Nach Lage der Sache ist der Bundesrath und die preußische Stimme im Bundesrath natürlich nicht in der Lage, die Zolltarifvorlage, die an den Reichstag gelangt ist, noch in diesem Stadium zu ändern. Anders wird die Sache liegen, wenn der Reichs⸗ tag Beschlüsse nach der Richtung fassen sollte, wie der Herr Vorredner es gewünscht hat.

Ich darf aus der Rede des Herrn Vorredners hervorheben, daß diese Angelegenheit, so lange die Regelung der Zölle uns in Deutsch— land seit etwa 20 Jahren lebhafter beschäftigt hat, auch zu wieder— holten Malen die Parlamente beschäftigt hat. Die Frage, ob man Rohfabrikate, die wieder in anderen Industrien gebraucht werden, mit Zöllen belasten darf, ist mit Ausnahme des Zolles auf Roheisen derneint worden. Es sind aber bei den Vorverhandlungen für den Zolltarif die Wünsche, die der Herr Vorredner für Kupfer geäußert hat, auch für Blei, Zink und andere Rohstoffe, wie Jod, Brom, Phosphor verhandelt worden. Man hat sich aber in fast allen Fällen in den Vorinstanzen nicht von der früheren Auffassung frei machen können, daß die verarbeitenden Industrien erheblich mehr Hände beschäftigen als die den Rohstoff produzierenden Industrien, und daß deshalb die Interessen dieser die Rohstoffe verarbeitenden Industrien wichtiger seien als die der produzierenden. Dazu kommt bei Kupfer speziell, daß es lange nicht in dem Maße im Inland erzeugt werden kann, in dem es gebraucht wird. Beim Kupfer hat sich die Konsumtion um deswillen in den letzten Jahren so ungeheuer gesteigert gehabt, weil die Entwickelung der Elektrizitätsindustrie eine so immense war. Durch den Rückschlag, der auf diesem Gebiete erfolgt ist, ist jetzt leider periodisch ein erheblicher Rückgang in dem Konsum von Kupfer und damit auch ein erheblicher Preisfall eingetreten. Ich darf aber daran erinnern, daß in den vorangehenden Jahren die Erträgnisse aus dem Kupfer sehr erheblich waren, und ich bitte die Herren in Mansfeld, nicht so schwarz in die Zukunft zu blicken. Ich habe die sichere Er⸗ wartung, daß eine neue Entwickelung der Elektrizitätsindustrie in nicht zu ferner Zeit eintreten und damit der Bedarf von Kupfer wieder steigen wird. Die Verhältnisse auf dem Kupfermarkt sind schwierig dadurch, daß die Hauptproduktionsstätten in den Vereinigten Staaten von Amerika ringartig geschlossen arbeiten, die Produktion nach ihrem Belieben regeln können und daher auch auf die Preisbildung einen Einfluß haben, gegen den selbst eine erhebliche Beeinflussung

durch Eingangszölle bei uns in Fortfall kommen könnte. Ich darf

In allen Bundesstaaten halten sich ja die Landtage für

daran erinnern, daß die Kupferpreise zu wiederholten Malen im Ver⸗ hältniß von 1:2 gewechselt haben. Das sind Tarifdifferenzen, die sich durch Zölle nicht ausgleichen lassen.

Abg. Graf von Kanitz (kons): Ich stimme diesen Ausführungen aus wirkhschaftlichen und soglalen Gründen nicht bei. Auf dem Kupfer⸗ markt haben große Verschiebungen stattgefunden. Die Einfuhr von Rohkupfer ist bon 13720 Tonnen im Jahre 1880 auf 85 5603 Tonnen im Jahre 1900 tigen alfo auf das Siebenfache. Für diese Einfuhr haben wir 127 Mill. Mark bezahlt, def allein an die Vereinigten Staaten von Amerika ih z84 G66 für 65 C00 Tonnen. Gegen= über dieser Einfuhrsteigerung hat unsere Ausfuhr abgenommen, Der amerikanische Kupferring ist tüchtig an der Arbeit. Ich möchte den Minister fragen, ob in den Vereinbarungen zwischen den großen Dampfergesellschaften auch Bestimmungen über die Kupferfrachten ge⸗ troffen sind, nach denen die Frachten von Europa nach Amerika theurer sind als umgekehrt. Diese Frachtfrage ist für uns von der aller⸗ te Bedeutung. Ich hoffe, daß die Regierung darauf achten wird,

bei solchen Abmachungen Deutschland nicht schlechter we kommt. Die Begründung zur Zolltarif Vorlage sagt, daß die ein eimische Kupferproduktion den Bedarf nicht decken könne und noch ein Drittel aus dem Ausland bezogen werden müsse. Das ist kein Motiv für die Zollfreiheit. Wenn der einheimische Kupferbergbau augenblicklich Den Bezarf nicht decken kann, so bedarf er gerade des Schutzes, um iich heben zu können, Bei den Verhandlungen des Wirthschaftlichen Ausschusses am 7. April 1900 standen die Vertreter der elektro⸗ technischen Industrie auf freihändlerischem Standpunkt und verlangten für Apparate, und Maschinen dieser Industrie Zollfreiheit, um sich nicht ihren eigenen Export zu erschweren; aber diese Ansichten werden ich seitdem wohl geändert haben, denn unsere elektrotechnischen

abriken leiden jetzt unter der rapiden Zunahme der Einfuhr ameri⸗ anischer elektrotechnischer Maschinen. Ich sehe nicht ein, warum wir fo große Summen, mehr als 160 Mill. Mark jährlich, ins Ausland schicken sollen für Artikel, wie Rohkupfer, die wir selbst im Lande erzeugen können. Unsere Kupferproduktion ist von 4860 auf 34 709 t gestiegen, die weitere Entwickelung bedarf aber des Schutzzolls. Was den vorliegenden Etat betrifft, so haben wir zum ersten Male eine Abnahme der Roheisenproduktion zu konstatieren. Die Ver⸗ theuerung der Kohlen spielt dabei eine nicht geringe Rolle. Die ere f, sind in den letzten Jahren auf 20 66 gestegen, während sie vor 15 Jahren nur 7 c betrugen. Das Kokssyndikat sucht durch Förderungseinschränkungen, um 334 0so diese hohen Preise aufrecht zu erhalten. Im März 1900 wurde eine ganze Reihe von Roheisen und Walzwerken gezwungen, auf zwei Jahre hinaus Abschlüsse zum Preise von 9g0 bis 92. 6 zu machen, woraus sich unangenehme, Prozesse ergaben, auf die ich jetzt aber nicht eingehen will. Die amerikanische Roheisenproduktion hat einen Preis von 9— 99 6 für Koks zu zahlen. Da ist es kein Wunder, wenn wir eine große Eisen⸗ und Eisenwaareneinfuhr von Amerika haben. In Deutschland decken die Preise des Roheisens heute nicht die Pro⸗ duktionskosten. Auch für die nothleidende Bleiindustrie möchte ich die Einführung eines Zolls anregen; die Zolltarifvorlage sieht einen Zoll nicht vor, der Wirthschaftliche Ausschuß hat einen solchen von 1 6 vorschlagen, also nur etwa 22 Yso des Werthes. Ein so niedriger 36 wäre allerdings nicht ausreichend. Die Zollfreiheit von Kupfer, ink, Blei u s. w. widerfpricht der Zollpflichtigkeit des Roheisens, wenn dieser 55 von der Industrie getragen werden kann, wird es auch bei jenen Artikeln der Fall sein. Bezügli des Zinks denke ich nicht allein an die oberschlestschen Zinkbarone, sondern wir haben eine umfangreiche inkindustrie, die unter den gegenwärtigen niedrigen Preisen leidet.

eshalb ist die Begründung eines Zinksynzikats in Oberschlesien ver⸗ sucht worden. Es fragt sich also, ob nicht die Zinkindustrie durch einen Zoll geschützt werden soll. In der Frage des Schutzes unseres heimischen Bergbaues bitte ich die Regierung, sich nicht von einem engherzigen Standpunkt leiten zu 16. Warum sollen wir alljähr⸗ lich hunderte bon Millionen für solche Produkte ins Ausland schicken? Unser Bergbau hat schwer zu tragen an den sozialpolitischen Lasten. Der Gesetzgeber, welcher der einheimischen Erwerbsthätigkeit so große Tasten auferlegt hat, muß sie auch in den Stand setzen, die Kon⸗

kurrenz mit dem Auslande aufrecht zu erhalten.

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Ich kann dem Herrn Vorredner nur wieder⸗ holen, was ich dem ersten Herrn Redner aus dem Hause schon gesagt habe: die verbündeten Regierungen sind nicht in der Lage, in diesem Augenblick irgend etwas über ihre Stellungnahme zum Zolltarif zu sagen. Was sie in dem Stadium, in dem sie sich im Sommer vorigen Jahres befunden haben, für richtig hielten, haben sie in dem Zolltarif niedergelegt; weder die verbündeten Regierungen, noch die Finzelstaaten können eine neue Stellung nehmen, ehe neue Beschlüsse des Reichstages vorliegen, die Abänderungen an dem Zolltarif wünschen. Sollten solche Anträge für die vom Herrn Grafen Kanitz eben genannten Artikel kommen, so werden selbstredend die verbündeten Regierungen und jede Einzelregierung, auch mein Ressort, in ernste Verhandlungen darüber eintreten müssen, welche Stellung sie dazu einnehmen sollen. Ich kann schon heute in sichere Aussicht stellen, daß ich dann genau denselben Weg wie bisher beschreiten werde, daß ich die Interessenten pro et contra kontradiktorisch hören werde. Dabei wird sich allerdings voraussichtlich herausstellen, daß die Kon⸗ sumenten sich ebenso scharf gegen eine Einführung von Zöllen auf diese Rohprodukte aussprechen werden, wie die Produzenten zu einem erheblichen Theil natürlich eine Verzollung wünschen werden. Es sind entsprechende Petitionen, wie ich vorhin schon hervorhob, für ähnliche Artikel eingegangen; ich habe speziell Blei und Zink genannt.

Wenn der Herr Vorredner meint, ich hätte überhaupt Stellung genommen, so ist das nicht der Fall. Ich habe lediglich reproduziert, was früher in diesen Angelegenheiten gesagt worden ist; ich habe ins- besondere die Gründe der Konsumenten angeführt nicht als meine eigene Meinung, sondern als die Meinung der Konsumenten. Die Konsumenten machen geltend haben das geltend gemacht und werden es jweifellos wieder thun, vom Kupfer sowohl wie vom Blei daß sie einen erheblichen Theil ihrer Produkte exportieren, und daß sie nicht ezxportfähig bleiben würden, wenn eine Vertheuerung ihrer Rohstoffe einträte. Ich will weiter nochmals darauf aufmerksam machen, daß bei den großen Preisverschiebungen, die namentlich beim Kupfer stattgefunden haben, ein Zoll von mäßiger Höhe, wie er überhaupt erst genannt wurde, einen nennenswerthen Einfluß auf die internationale Preisbildung nicht haben wird. Die Preise des Kupfers haben wiederholt, wie ich vorhin schon ausgeführt habe, im Verhältniß 1:2 und noch darüber hinaus geschwankt; sie haben, wie Herr Graf Kanitz selbst angeführt hat, in Höhe von S0 = 90 M pro 100 Kg geschwankt. Das sind Preisunterschiede, die sich durch den Zoll nicht ausgleichen lassen.

Sowohl beim Kupfer wie beim Blei ist es vor allem die elektrische Industrie, die die Konsumtion so ungemein gesteigert hat. Der Herr Abg. Graf Kanitz hat auch richtig darüber berichtet, daß bei den Verhandlungen des wirthschaftlichen Ausschusses sämmtliche Vertreter der Elektrotechnik dafür eingetreten sind, ihre eigenen Erzeugnisse mit thunlichst niedrigen Zöllen zu belasten; und ich kann ihm allerdings auch privatim zustimmen, daß nach meiner Kenntniß der Dinge sich diese Einstimmigkeit unter den Produzenten um eine Kleinigkeit verschoben hat, daß es jetzt eine Gruppe Elektro⸗