Zweite Beilage
zum Deutschen Neichbanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger
M 16.
(Schluß aus der Ersten Bellage.)
Ich erkenne die Verdienste, die Herr Dr. Jastrow sich um die Auf⸗ klärung der Verhältnisse des Arbeitsmarktes erworben hat, voll an. Er hat freilich schon auf diesem Gebiete Vorarbeiten vorgefunden; ich erinnere an die Arbeiten des Vorsitzenden der Berliner Versicherungszanstalt, Herrn Dr. Freund, ferner des Herrn Professor dirschberg, deß jetzigen Direktors des Berliner städtischen Slatistischen Amtg. Herr Dr. Jastrom hat sich aber unzweifelhaft das Verdient erworben, daß er versucht hat, was bisher nur jahrweise zusammen⸗ gestellt war, monatsweise zusammenzustellen (Zuruf links) und so ein Augenblickebild zu geben, was wesentlich wertvoller für die Beurteilung des Arbeitsmarktes ist wie jährliche Zusammenstellungen. Ich stelle aber auch ferner fest, daß gerade Herr Dr. Jastrow selbst die Notwendig len anerkannt hat, daß die private Arbeit, die er leistet, durch eine vollständigere, umfangreichere amtliche Arbeit ersetzt werden müßte. Derr Dr. Jastrow hat in seinem neaesten Buch Sozialpolitik und Veiwaltungswissenschaft ! ausdrücklich anerkannt, daß die Arbeit, die er lleistete, selbstverständlich mit gewissen Fehlergrenzen und Mängeln behaftet sein mußte, die eine solche Prioatarbeit nicht vermeiden könne. Herr Dr. Jastrow hat aber auch ferner bei der Konferenz des Ver. bandes deutscher Arbeitsnachweife im Oltober 1902 perssnlich eine von der Versammlung einstimmig angenommene Resolution befür⸗ wartet der zufolge der Verband die Bestrebungen des Kaiserlichen Stati stischen Amts in Bezug auf die Herbeiführung einer periodischen, möglichst umfassenden und genauen Arbeit marktstatistik mit allen Kräften unterstützen zu wollen erklärte. Also Herr Dr. Jastrow selbst ist trotz seiner eigenen derdienstvollen Arbeiten doch überzeugt gewesen, daß die Aus⸗ fube vollkommener und besser geleistet werden muß durch ein amtliches Organ, und hat selbst befürwortet, daß ein solches amtliches Organ herausgegeben werden möchte. Ich glaube, wir haben deshalb nur getan, waz die Wissenschaft und der ganze Reichstag wollte. (Sehr richtig). Sowohl in der Budgetkommission wie im Plenum des Reichtztages ist seiner Zeit die ausdrückliche Ankündigung, daß wir amtlich die Bewegung des Arbeitsmarktes beobachten und unsere Beobachtungen veröffentlichen wollten, mit Beifall aufgenommen worden. (Sehr richtig!) Ich glaube, daß durch meine Mitteilungen die Mißverständnisse, die in Bejug auf die Angelegenheit geherrscht haben, befriedigend aufgeklärt sind.
Einer der Herren Vorredner erkundigte sich sodann, wies es mit der nächsten Berufs und Gewerbezählung stände, ob insbesondere für 1905 eine solche in Aussicht genommen sei. Auf dem letzten stati⸗ stischn Kongreß in Jena hat man sich nicht endgültig geeinigt darüber, ob und wann eine neue Berufszählung stattfinden soll. Man war dort nur allgemein der Ansicht, es sei wünschens⸗ wert, eine solche alle 10 bis 15 Jahre abzuhalten. Innerhalb der Reichsinstanzen ist man darüber noch nicht schlüssig geworden. Aber die Kosten einer Berufszählung erfordern mehrere Millionen, deshalb wird bei der Entscheidung darüber auch die Finangfrage eine Rolle spielen. .
Ich komme schließlich auf eine Aeußerung des Herrn Grafen Ranitz. Ich habe allerdings wiederholt ausgeführt, daß die städtische oder He mit städtischen Arbeiten sich ernãhrende Bevblkerung fort⸗ gesetzt wachse im Verhältnis zu der sich lediglich mit Landwirtschaft beschaftigenden. Herr Graf Kanitz hat diese Prämisse — und er onnte ja nicht anders — ausdrücklich als zutreffend anerkannt. Ich
habe auf Grund dieser Prämisse writer ausgeführt, es sei selbstver,
ständlich, diese Verschiebung mit der Zeit auch einen Einfluß haben Jö . , e der gesetzgebenden Versamm⸗ lungen; denn auch in den Kreisen, die man als ländliche anspreche, vermehre sich der Teil der Bevölkerung, namentlich in West⸗ und Mitteldeutschland, verhältnismäßig immer stärker, der eigentlich einen städtischen Charakter trage. Daraus habe ich weiter ge folgert, daß, wenn diese Verschiebung der Bevßlkerungeverhältnisse schließklich auch einen Einfluß auf die Zusammensetzung der geseßz gebenden Körperschaften ausübe, es für die Regierung immer schwieriger würde, selbst berechtigte Forderungen der Landwirtschaft barens end Klaabe, kaz'ist die Fetten von Ratische lch gar kein Urteil; und wenn Herr Graf Kanitz meine Prämissen als richtig anerkannt hat, muß er auch die Schlüsse daraus als richtig anerkennen. Der Zweck meiner ganzen Ausführung war nur der, zu zeigen, daß die Vertreter landwirtschaftlicher Interessen befriedigt sein sollten, daß die Regierung diesen Augenblick ergriffen hat, um einen höheren Schutz der Landwirtschaft beim Reichstag zu beantragen, und daß die landwirtschaftliche Bepblkerung fernerhin . befriedigt sein sollte, ö . . . abschi ĩ in Barometer unsichere . e , . Barometer sicheres, bestãndiges tweder das Barometer nicht richtig lesen — und ich glaube, beides
wird mir der Herr Graf Kanitz nicht zumuten wollen.
ũ Die leaten Ausführungen des. Stants=
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6 . ist, hat die
i ußerordentliche Fort- e hin selbst anerkannte Ver hi hn ,, ö. ö. . . sollte doch die Regierung sich bereits mit den Vorarbeiten für die Fragebogen befassen. Die Höhe der Kosten kann ech kein Grund fein, die Zä lung sellener vornehmen zu lassen. Redner mangelt zum S luß die Barstellung des Staatssekretärs über die Angelegenheit des Br. Jastrow.
Staatssekretär des Innern, Posadowsky⸗Wehner: .
Meine Herren! Ich glaube, der Herr Redner hat mich miß⸗ verstanden. Ich habe nur festgestellt, daß die Unterbrechung, die im Januar d. J. stattgefunden hat in der Jeitschrift des Herrn Dr. Jastrow, noch nicht auf der Anforderung des Arbeitsstatistischen Amts denchen kan; Kurnaz Atbeltstatistische Amt hat überhaupt die Daten erst eingefordert vom J0. Februar d. J. ab. Also diese Unter ·
; Staatsminister Dr. Graf von
Berlin, Montag, den 23. Februar
brechung im Januar, die das Erscheinen der Zeitschrift mit einer oder mehr leeren Seiten herbeiführte, kann nicht auf der Anforderung des Arbeitsstatistischen Amts beruhen.
Meine Herren, es ist mir sehr wohl bekannt, daß die Verdienste des Herrn Dr. Jastrow in Bezug auf die Ermittelung der Arbeits⸗ verhältnisse vorzugsweise darin bestehen, daß er die Materialien kombiniert hat in Bezug auf den Verkauf von Invalidenmarken, in Bezug auf die Statistik der Arbeitsnachweise und in Bezug, auf die Statistik der Krankenkassen, und daß er vor allen Dingen diese Verhältnisse dadurch wesentlich klarer gestellt hat, daß er nicht diese Arbeiten für ein ganzes Jahr gemacht, sondern monatsweise zusammen⸗ gestellt und dadurch natürlich ein viel aktuelleres und brauch bareres Material geliefert hat. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) — Meine Herren, ich glaube, das kann der Herr Vorredner
doch nicht verlangen, daß wir im Reichstag in die Methode eines
einzelnen Gelehrten bis in die feinsten Details hineingehen; da müßte man die Sache einer Kommission überweisen, wenn dazu der Reichstag geneigt wäre; aber in weitere Einzelheiten einzugehen, dazu liegt, glaube ich, kein genügendes öffentliches Interesse dor, und das ist doch das Entscheidende. Wir haben hier klar⸗ gelegt, wie die Sache liegt. Wir haben mit Zustimmung des Reichstages diese Arbeiterzeitung in Bewegung gesetzt, die am 1. April erscheinen soll, und es ist hier vom Hause ausdrücklich anerkannt worden, daß das öffentliche Interesse das hat auch der Herr Abg. Südekum gesagt — jedem Privatinteresse vorzugehen hat. Damit glaube ich, ist die Frage vollkommen entschieden, und ich glaube, es ist auch von allen Seiten ausdrücklich anerkannt worden, daß Herr Dr. Jastrow sich um die Ermittlung der Verhältnisse des Arbeito⸗ marktes sehr wesentliche Verdienste erworben hat. Etwas weiteres, meine Herren, kann von dieser Stelle nicht mehr geschehen.
Was ferner die Schlüsse betrifft, die Herr Dr. Südekum aus meinen letzten Aeußerungen gezogen hat, so möchte ich ausdrücklich be⸗ merken: wie spätere Reichstage beschlossen hätten, weiß ich nicht, aber ob spätere Reichstage, wenn sie nicht das Bedürfnis zu stärkerem Schutz der Landwirtschaft anerkannt hätten, auch sachlich recht gehabt hätten, das ist eine ganz andere Frage.
Abg. Roesicke⸗Dessau. Wenn der Präsident von Schicker es tadelt, daß ich aus dem Protokolle des Beirats eine herbe Kritik herautgelesen habe, so kann er mir das nicht verdenken Die über bie Arbeiten des Herrn Dr. Jastrow in Verbindung mit der Be⸗ sprechung des Artlkels der Frankfurter Zeitung“ gemachten Be⸗ merkungen . eine solche durchschimmern. Um eine Geld⸗ entschädigung ist es Herrn Jastrow natürlich nicht entfernt zu tun gewesen; er hat selbst die Notwendigkeit dabon anerkannt, daß die mit seinen Mitteln begonnene Arbeit mit Reichsmitteln ortgesetzt werde. Ein Persönlicher Angriff . den von mir hochverehrten . identen Wilhelmi hat mir sel stredend gänzlich fern gelegen.
reiherr von Heyl trägt zwei Seelen in feiner Brust, die landwirt⸗
aftliche und die industrielle; die landwirtschaftliche dürfte zur Zeit in aut 5 Oberhand gewonnen haben. Gin direkter Vergleich der land
vil s h fr lichen Verhältnisse Hessens und des preußischens Ostens it
doch schon deshalb ganz unzulässig, weil im Westen der Kleinbe herrscht, im Osten der Großgrundbesitz. Heute richtet er 6 en seinen früheren raktionskollegen, den een Handelsminister Möller, beswegen einen Angriff, weil er die Kaufleute aufgefordert hat, für stärkere Vertretung im Reichstage zu sorgen, Herr Möller hätte ja als ein Minister gegen den . erwiesen, wenn er nicht so ge⸗ sprochen hätte. iich Freiherr bon Heyl würde nichts zu beanstanden gefunden haben, wenn es sich um die Landwirtschaft. ehandelt hätte. Abg. Graf von Kanitz. Gerade Per jetzige Reichstag war be. rufen, den Zolltarif zu erledigen; die Vorlage hätte ja ö. zwei Jahre früher an uns gelangen können Graf von Posadowsky hat sich heute anders in der Frage der Verschiebung Der Bevölkerung geäußert, als er . in der von mir beanstandeten üheren Aeußerung getan hat. Die Frage der Kündigung der. Handelsverträge kann ich nicht auf sich beruhen lassen. Ich sehe keinen Grund, warum wir einen Zustand, dem jene traurige Verschiebung zu danken ist, ins Un⸗ gewisse fortdauern lassen sollen.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posäüdowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich will nur dem Herrn Grafen von Kanitz erwidern, daß ich diese Aeußerungen, die er jetzt zitiert hat, viel um= faffender bereits bei früheren Gelegenheiten gemacht habe, ganz in dem Sinne, wie er es heute ausführte. Ich glaube ganz bestimmt, ich habe diese Ausführungen auch bei der Generaldebatte zum Zolltarif
gemacht. Abg. Freiherr eyl zu Herrnsheim tritt nochmals den Abgg. Dr. , und r ct, n glich des Falles Jastrow entgegen. Ibs Dr. Süden m Fleibt dabei tehen, daß die betreffenden Gemeinden Herrn Jastrow die betreffenden Zahlen für Januar nicht mehr zugeschickt haben, weil inzwischen das Statistische Amt sich an die Gemeinden gewandt hatte, und zwar bereits Anfang Dezember. Gerade wegen dieses Ueberganges hätte man mit dem Dr. Jastrow verhandeln müssen, und mit Fecht werde dem Reichsamt aus der Unter⸗
lassung ein Vorwurf gema t.
; 6 Hoch (Sozß): Den Abg. bon Heyl muß ich nochmals darauf aufmierksam machen, daß die Wormser Volksztg;. ihn ersucht hat, seine Angriffe in der Oeffentlichkeit zu wiederholen, damit sie ihn verklagen kann. Die alljährlich erscheinende amtlich Streik⸗ statistik hat von fachkundiger Seile Fine bemerkengwerte Kritik er fahren; zwischen den Angaben der Generalkommission der Gewerk- chaften Deutschlands und den Angaben der amtlichen Statistik haben . Widersprüche ergeben. Ci amtliche Streikstatistik hat sich banach als wertlos erwiesen, und sie wird zuverlässig nur werden können, wenn die Gewerkschaften, zur Mitarbeil herangezogen werden, In der amtlichen Statistit fehlen nicht weniger als 316 Streils mit 5341 Streikenden, welche die Gewerkschaftskommission nach⸗ gewiesen hat. .
Bei den Ausgaben für die Bureauvorsteher und andere Beamte des Statistischen Amts befürwortet der
Abg. Werner (Refgrmp. einen gerechteren Ausgleich zwischen den Gehältern der nach 1867 angestellten Bureaubeamten, der expedierenden Sekretäre und der übrigen Beamten.
Kommissar des Bundes rats Geheimer, Regierungsrat Neumann weist auf die Konsequenzen hin die eine Aufbesserung der Gehälter jener Beamten für zahlreiche ähnliche Beamtenkategorien in Preußen haben müßte.
th Sing er (Soß) bedauert, daß die Regierung den Wünschen dieser . nicht Rechnung tragen wolle, obwohl der Reichstag im vorigen Jahre eine entsprechende Petition ihr zur Berücksichtigung
1903.
empfohlen habe. Der Reichstag werde zweifellos denselben Beschluß fassen, wenn die Petition ihn abermals beschäftigen werde. Am besten waͤre es, die betreffende Summe in den Etat einzustellen und es der egierung zu überlassen, ob sie wegen einer solchen Kleinigkeit den ganzen Etat scheitern lassen wollte. Er flelle aber einen solchen Antrag nicht. Es handle sich hier allerdings um Beamte, die nach 1897 angestellt seien, aber diese Beamten hätten tatsaͤchlich dieselbe Arbeit zu leisten wie die vor 18957 angestellten Beamten. Solle etwa das Reich alles nach⸗ machen, waz Preußen Schlechtes habe?
Abg. Werner; Der Kommiffar hat uns nichts Neues gesagt. Daß die Gehaltszaufbesserung schon beschlossen ist, wissen wir. 63 2 . aber 3. 3 e. ,,,, einen Ausgleich zwischen Beamten gleicher ategorien. Eine ähnliche Disparität habe ich nirgends gefunden. = 3
Das Kapitel wird bewilligt, ehenso ohne Debatte das Kapitel: Normaleichungskommission.
Die weitere Beratung wird um 5és Uhr auf Montag 1 Uhr vertagt.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 27. Sitzung vom 21. Februar 1903, 11 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus geht zur ersten Beratung des Gesetz⸗ entwurfs, lere nl bie Bildung eines Ausgleichs⸗ fonds für die Eisenbahnverwaltung, über.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Bereits bei meiner Ctatsrede habe ich mir erlaubt, auf die Frage der Schaffung eines Ausgleichsfonds für die Eisenbahn⸗ verwaltung einzugehen, und mußte darauf eingehen, weil in dem Gesetzentwurf vorgesehen war, aus Anleihemitteln für die Jahre 1903 und 1904 je 30 Millionen Mark für den außeretatsmäßigen Dis⸗ positionsfonds der Eisenbahnverwaltung zur Verfügung zu stellen, der Gesetzentwurf also für die gedachten beiden Jahre direkt eine Ver⸗ stärkung der etatsmäßigen Mittel vorsah. Bei der Schwierigkeit der Materie bitte ich aber um die Erlaubnis, auch heute in aller Kürze die grundlegenden Gedanken dieser Vorlage Ihnen nochmals darlegen zu dürfen.
Meine Herren, wenn man daß letzte Vierteljahrhundert unserer preußischen Eisenbahnpolitik verfolgt, so sieht man neben weitgehenden Verbesserungen der verschiedensten Art vor allem ein Ziel konstant angestrebt: die Durchführung des Staatsbahnsystems. Anhebend vom Jahre 1819, ist fortdauernd dieses Ziel im Auge behalten worden. Es ist ein unvergängliches Verdienst des großen Mannes, der ausruht von seiner Lebengarbeit unter den Buchen des Sachsen⸗ waldes, des Fürsten Bismarck (Heiterkeit bei den Freisinnigen) und seines getreuen Mithelfers, des Staatsministers von Maybach, daß sie diese Verstaatlichung der Privatbahnen durchgeführt haben. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, auf die Bedeutung der Verstaatlichung der Privat⸗ bahnen für unser ganzes Wirtschaftsleben meinerseits einzugehen, das würde heißen, dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten in das Handwerk pfuschen. Ich will aber und muß meinerseits eingehen auf die Cinwirkung, die diese Verstaatlichungen auf die gesamten Finanzen des Staates gehabt haben. Durch die Verstaatlichungen ist unser Staatshaushaltsetat nach der Einnahme-, wie nach der Ausgabe seite in der entscheidendsten Weise beeinflußt worden. Während wir vor dem Beginn der großen Verstaatlichungsaktion, vor dem Jahre 1879, nur einen Eisenbahnetat hatten, der sich belief in Einnahme auf 161 Millionen und in Ausgabe auf 105 Millionen, stiegen nach den ersten Verstaatlichungsgesetzgebungen die Einnahmen bereits auf 56 Millionen und die Ausgaben auf 416 Millionen, und in dem Etat des laufenden Jahres 1902 sind die EGinnahmen auf 1 416 000000 gestiegen und die Ausgaben auf 974 Millionen, so daß sich also die Einnahmen von 161 Millionen im Jahre 187879 auf 1 416 000 00M 1902 gehoben haben Bekannt⸗ lich balanziert unser gesamter Staatshaushaltsetat für 1902 mit 2614000 000 ι, und Sie wollen daraus ersehen, daß die Eisenbahn⸗ einnahmen mehr als die Hälfte der ganzen Einnahmen des Staats⸗ haushaltsetats ausmachen. Dank der günstigen Entwickelung der Staatzeisenbahnen, dank der Vorsicht, die namentlich beim Ankauf der Privatbahnen obgewaltet hat, ist es möglich gewesen, daß die Slaatseisenbahnen einen erheblichen Beitrag zur Deckung der allgemeinen Kulturaufgaben des Staats leisten. Dieser Beitrag hat 1960 sich auf 171 Millionen gestellt, er ist 1901 auf 185 Millionen gestiegen, jedoch 1902 auf 157 Millionen gefallen und 1903 sogar auf 110 Millionen, also vom Jahre 1901 von 185 Millionen auf 110 Millionen herabgegangen.
Nun ist die Frage der Leistung eines Beitrags der Staats⸗ eisenbahnen zu den allgemeinen Staatsfinanzen eine sehr umstrittene Frage. Ich kann es nur billigen, daß die Staatseisenbahnen auch einen Beitrag leisten zur Deckung der allgemeinen Staatsausgaben. (Sehr richtig) Ich glaube, man billigt vielleicht jeder kommunalen Verwaltung, die gewerbliche Institute verwaltet, zu, daß diese In⸗ stitute einen mäßigen Ueberschuß abwerfen und einen Beitrag leisten für die übrigen Ausgaben, die die Kommune zu leisten hat. Genau so ist es im Staat. Es ist nur zu billigen, daß die Staatgeisen⸗ bahnen so zweckmäßig und wirtschaftlich verwaltet werden, daß sie zu den immer steigenden Aufgaben des Staats auf anderen Gebieten einen gewissen Beitrag leisten können. Wie man auch darüber denken möge, die Tatsache ist unbestreitbar, daß bei der Entwickelung, die unsere gesamten Staatsfinanzen genommen haben, wir auf den Beitrag unserer Staatseisenbahnen nicht verzichten
können. Hätten wir den Beitrag nicht gehabt, so hätten wir in den
letzten Jahren die Kulturaufgaben des Staats lange nicht in dem Maße fördern können, wie wir es erfreulicherweise getan haben. Ich brauche nur darauf hinzuweisen, welche enormen Aufwendungen der Staat gemacht hat auf dem Gebiet der Volksschule und dem Gebiet