1905 / 36 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Feb 1905 18:00:01 GMT) scan diff

zum Deutschen Neichsanzeiger und Köni

M 36.

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 10. Fehruar

glich Preußischen Staatsanzeiger.

1905.

N ift über die Verhandlung der Untersuchungs⸗ el, auf der Zeche Herkules.

Verhandelt im Bergrevierbureau zu Essen am 30. Januar 1905.

Anwesend: 1) Die Mitglieder der Untersuchungskommission: Oberbergrat Pommer, Bergrat Balz, Oberbürgermeister Zweigert. 2) Seitens der en rer aituig; Direktor Tengelmann. 3) Als Belegschaftsvertreter: Bergmann Emil Becker . Daniel Heuse, Karl Wiesener.

Hur Untersuchung der, auf der Zeche Herkules bei Essen angeblich bestehenden Mißstände war don det nehenbezeichnelen Untersuchungstammission auf heute Termin anberckumt, zu ö sich die hierneben verzeichneten Personen eingefunden

atten. Die von der Belegschaft der genannten eche vorgebrachten vesch ne en e ll gut ber genamten z a. Nichtanerkennung des Knappschaftsältesten Wagener als Vertrauensmann der Belegschaft über die Kontrolle und das Verfahren beim Wagennullen. ; b. Beschwerde über ungerechtes Wagennullen und Be⸗ trafung. . Beweis: Zeugnis des Hauers Peter Drewinzki . des Hauers o en, immeck. 6. Klagen über zu geringe Löhne. ö . der Bergleute Anton ne, Nikolaus Schillen, August Soest, Joseph Mathis un August Poeck. j Zum ö äußert sich der Direktor der Zeche, n, wie folgt: ; der g r fn, . außer den hier anwesenden drei Delegierten noch der Bergmann Mahr bei mir, um mir die Wünsche der Belegschaftsversammlung vorzutragen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Anstellung eines Kontrolleurs für das J,, ur Sprache gebracht. Ich habe mich den Delegierten . dahin geäußert, daß ich gegen die An⸗ stellung eines folchen Kontrolleurs nichts einzuwenden . daß es aber ihre Sache sei, sich darüber zu einigen, denselben zu bezahlen. Ich habe hierbei ausdrücklich erklärt, daß es unzulässig sei, den Kontrolleur in der Weise zu bezahlen, daß den Belegschaftsmitgliedern Abzüge von ihrem Lohn gemacht würden. Von der Anstellung des Knappschaftsältesten Wagner als Kontrolleur ist überhaupt nicht die Rede gewesen.

Zu b wurden folgende Zeugen vernommen: .

I) Peter Drewinzki, 39 Jahre alt, katholisch, verheiratet, wohnhaft in Essen, Tunnelstr. Nr. 31.

Ich arbeite im fünften Monate auf der Zeche Herkules als Kohlenhauer; im Monat Dezember v. J. war ich mit dem Hauer Christian Zimmeck zufammen in 36 Girondelle IV westliche Bauabteilung, Ort 4, Westen im Pfeilerrückbau be⸗ schäftigt. Das . war an dieser Stelle etwa 12m mächtig und fiel mit 758 ein. Das Flöz ist in der Mitte mit einem Bergmittel von 40 –50 em durchsetzt. Das Bergmittel bestand aus weichem Schieferton und erhröckelte bei der Kohlen—⸗

ewinnung vollständig. Unser Pfeiler war ca. 20 m och. . die Kohlen nicht e sehr zerkleinert wurden, waren mehrere Bühnen in Pfeiler gelegt, auf welche die Kohlen herabfielen. Unsere Kameradschaft bestand im ganzen aus 8 Mann; wir hatten im Monat Dezember, wenn ich nicht irre, 1028 Wagen Kohlen gefördert. Von diesen sind uns, soviel mir noch in Erinnerung ist, 14 Wagen genullt worden. Außerdem sind aber wegen unreiner Förderung auch noch Geldstrafen über unsere Kameradschaft 3 e worden . zwar, ists jeder von uns mit 3 (zihe). Mai kestraft ö. nämlich fuͤr je eine Schicht mit 1 46 und zwei . . . je 50 J. Das Wagennullen wurde auch bei anderen 33 e ter in rigoroser Weise gehandhabt. Auf den . . denen ich 6. her gearbeitet habe, wurden nicht so viele . enullt. Vor allen Dingen war es nicht üblich, außer . agennullen auch noch Geldstrafen zu verhängen. Ich ö. merke . ausdrücklich, daß das Flöz Girondelle an ö. Arbeitsstelle gestört und es aus diesen Grunde nicht mögli war, reine Kohlen zu liefern.

v. g. u. Peter Brewinzki. Y) Christian Zimmeck, 43 Jahre alt, evangelisch, ver⸗ heiratet wohnhaft When Clisenpiatz 2. ; Ich habe, im Monat Dezember v. J. mit dem Häuer Drewinzkli zusammen im Flöz Girondelle gearbeitet. Das löʒ ziwar an unserer Arbeitsstelle infolge einer Störun ö. chmälert. Das Wergmittel wär so meich, daß es beim Hera allen in kleine Stücke zerfiel und sich nicht im ganzen aus— ellen ließ. Es war uns deshalb nicht möglich, absolut eine Kohlen zu fördern. Soviel wie mö.lich haben wir das Berg= mittel in den Pfeiler , n,, überall ging dies jedoch nicht an. Wie viel Wagen uns im Monat Dezember genullt worden sind, kann ich nicht angeben. Es war aber eine größere Zahl von. Wagen. Außerden wurden wir wegen der un⸗ reinen Förderung 53 mit Geld bestraft, und zwar wurde jeder von uns im Monat Dezember 3 Schichten hinter⸗ einander, einmal mit je 1 6 nd zweinmd mit je 50 8 bestraft. Da ich mir diefe doppelte Be eme, nicht habe ge⸗ fallen . habe ich am 18. Dezember gekündigt. Auch von anderen Bergleuten ist mir erzählt worden, daß ihnen vielscch Wagen genüllt sind, und daß sie auch außer dem Nullen noch mit Geld bestraft worden sind.

In der Vähe der Langengusgabe war lan Schluß jeder Schicht en Plakat angebracht, auf welchem die Namen der Leute, welche wegen unreiner Förderung . worden waren, unter Angabe deg Strafmaßes verzeichnet walen! Auf diesem Plakat waren täglich nach meiner Schätzung 15 bis 20 auch wohl einmal mehr Bestrafte verzeichnet.

. Christian Zimmeck.

Der Vertreter der Zeche, Direktor Tengelmann, äußerte sich zu dem auf Zeche Herkules üblichen Wagennullen wie folgt: Ich muß entschieden bestreiten, daß das Wagennullen auf der Rhe Jerkules in rigoroser Weise e r, wird, es sind in letzter Zeit täglich bei einer Durchschnittsförderung von 85690 Wagen durchschnittlich 24 Wagen wegen Unreinheit und Mindermaß genullt worden. In letzten . betrug die Anzahl der genullten Wagen auf Schacht 1 396 o von der Förderung. ;

Wir geben den mit Wagennullen Bestraften soviel wie möglich. d. h. soweit es der Raum auf dem Zechenplatz ge⸗ . die unreinen Wagen umzuwerten Gele enheit, sich von

er Unreinheit ihrer geförderten Wagen af u überzeugen.

Was die von dem vorbenannten Zeugen ain ihrn. Verhält⸗ nisse im Flöß Girondelle anbetrifft, ö. hat dort die Zahl der im Dezember genullten Wagen zu dem fragl. Betrie punkte 19 betragen. Ich bestreite elo daß in diesem Flöze es nicht möglich wäre, bei dein hohen Kohlengedinge auf mög⸗ lichste Reinhaltung der geförderten Wagen zu achten. An dem fraglichen Betriebspunkte hat der Lohn im Dezember trosvsz der 19 gestrichenen Wagen in dem einen Falle in 24 Schichten 121534 66 und in dem anderen Falle in 25 Schichten 126,39 e betragen.

Was ferner die Angaben der beiden Zeugen wegen der

doppelten Bestrafung anbetrifft, so sind wir auf Grund des

24 unserer Arbeitsordnung berechtigt, im Wiederholungs— alle und unter erschwerenden Umständen außer den Strafen des Wagennullens noch Geldstrafen wegen unreiner Förderung zu verhängen. Von den Geldstrafen wird jedoch nur Gebrauch emacht, wenn sich beim Umwerfen der Wagen herausstellt, 91 eine größere Menge von Steinen in ihnen enthalten ist. Unsere Beamten sind angewiesen, in solchen Fällen die Be⸗ straften möglichst nach den umgekippten Wagen hinzuführen.

Daß die beiden Zeugen hinsichtlich der Verhängung von Geldstrafen übertrieben haben, erhellt daraus, daß in den letzten 3 Monaten des letzten Jahres im ganzen 246 Bestrafungen (mit Geld) wegen unreiner Förderung 6 Schacht J verhängt worden sind, was pro Tag nur 34 Fälle ergibt.

Die Geldsumme, die sich während der letzten 3 Monate durch Geldstrafen wegen unreiner örderung auf Schacht J y beträgt in Summa 1965 S oder pro Arbeitstag

. 2

v. g. u. E. Tengelmann.

Der Delegierte, Herr Emil Becker, erklärte zugleich im Auftrage seiner beiden Kameraden, daß er ihre längere An⸗ wesenheit bei der Untersuchung nicht für notwendig halte, da es ihnen nach Mitteilung des Vor itzenden der Untersuchungs⸗ kommission nicht gestattet sei, weitere Beschwerden und Miß⸗ stände auf der geh Herkules, als die hier vorgebrachten, zur Sprache zu bringen und das nötige Beweismaterial für diese neuen Beschwerden heranzuholen.

Nachdem den Delegierten vom Vorsitzenden bedeutet worden war, daß es ihnen freistehe, ihre Gegenäußerungen auf die reh, des Direklors Tengelmann vor ubringen,

erklärten sie, daß sie den Verhandlungen auch weiter eiwohnen wollen.

. Emil Becker erklärt darauf namens der Delegierten: Die Aussagen des Herrn Direktor Tengelmann treffen in vielen Punkten nicht 1. Was zunächst die Angaben über die Zahl der genullten Wagen und dis verhängten Strafen anhetrifft, so sind wir außer stande, die Richtigkeit ef, Zahlenmaterials nachzuprüfen. Wir müffen es aber bestreiten, daß auf der 8. Herkules nur dann genullt wird, wenn sich eine größere Menge von Steinen in den mit Kohlen beladenen Wagen befindet. Wir behaupten vielmehr, daß ein Wagen schon dann gestrichen wird, wenn er B bis 30 Pfund Steine enthält. Auf das Auslefen der Steine in den geförderten Kohlen wird eine unendlich große Zeit verwendet; es dauert manchmal eine Stunde, bis Alle Steine aus einem Förderwagen voll Kohlen zusammengelesen sind. Da⸗ bei werden die kleinsten Bröckchen Steine mitausgesucht.

Bei der Unreinheit der Flöze auf Zeche Herkules und bei dem steilen Einfallen der Flöze ö es überhaupt nicht möglich, h reine Kohle zu fördern. Die reine Kohlenförderung wirs urch die mangelhafte Beleuchtung natürlich noch erschwert. Es ist im November w. J. vorgekommen, baß einer einzigen Kameradschaft von 5 Mann 36 Förderwagen wegen Unreinheit und, Mindermaß genullt worden sind. Dieselbe . ist außerdem noch insgesamt mit 3 M bestraft worden.

Der Direktor Tengelmann beweist durch Vorlage des Steiger⸗ und Förderjournals, daß der betreffenden Kamerab⸗ schaft (Kohlen Nr. 46 im Monat November 1904 nicht 36 ö . . . . sind, und zwar nur wegen Unreinheit. Dabei hat die Kameradschaft pro Schi t noch 5,57 g verdient. ö ö.

Herr Becker erklärt, daß er trotzdem seine Behauptung bezüglich der Anzahl der genullten Förderwagen aufrecht ., ten müsse. Er behalte sich vor, die Zeugen hierfür nam haft zu machen; er könne jetzt aber schon den Steiger Balte, wohnhaft zu Huttrop, ferner die Bergleute Georg Maa h, wohnhaft Essen, Beuststraße 58, und Theodor Wagner, wohn? haft Essen, Pferdebahnstraße 4, als Zeugen für seine Behaup⸗ ö Er gehe zu, daß es auch im Oktober passiert ein könne.

Nach dem Steiger- und Förderjournal sind im Monat , n. betreffenden Kameradschaft nur 24 Wagen genullt worden.

Zu Punkt e Niedrige Löhne: Beweis: Lohn⸗ , , lin 22 Schichten Cs

nton Ostwald (in ichten M6 verdien . 5 . my 2) Nikolaus illen (verdient in 24 Schichten 96 ö ö ; 9. ö thy 3) August Sorst (verdient in 24 chichten gs M 60 , F wen . ö Joseph Mathis (verdient in 24 ichten 89 MS 2 Dezember 1904. 129

5) August . (verdient im Juni 1902 in 15 Schichten

68 Il. 9).

Derselbe (Porck) im Juli 1902 in 221 Schichten 104 S6 54 J. .

Derselbe im August 190 in 26 Schichten 122 S 18 8. .

Derselbe . September 1902 in 26 Schichten 121 66 16 8.

Zu 1 des Punktes é erklärte Direktor Tengelmann, daß Anton Ostwald im November 1904. Bremser gewesen sel unh daß er mithin den fur seine Arbeitskategorie üblichen Lohn verdient habe. ;

Der Steiger Wilhelm Holstein, 38 Jahre alt, evangelisch, wohnhaft Huttrop, bekundet auf Befragen, daß der Bergmann Anton Ostwald im Monat November 19014 Bremserdienste verrichtet habe; in den Monaten vorher sei er allerdings Gedingeschlepper gewesen. Derselbe sei von ihm aus dem Grunde seines Postens als Gedingeschlepper enthoben worden,

weil sich seine Kameraden darüber beschwerten, daß er nicht genug leistete.

v. g. u. Wilh. Holstein.

Direktor Tengelmann erklärt, daß es ihm heute nicht mehr möglich ist, sich über die aus den vorgelegten Lohnbüchern resultieren den Lohnverhältnisse zu äußern, weil er das nötige Material nicht zur Hand habe.

Mit Rücksicht auf die vorstehende Erklärung wurde die Verhandlung auf den morgigen Tag vertagt.

v. g. u. Ernst Tengelmann.

Die Vertreter der Belegschaft lehnten es ab, die Ver⸗ handlung zu Unterschreiben, weil ez ihnen von der Unter⸗ suchungskommission abgeschlagen worden sei, weiteres Beweit⸗ bezw. Beschwerbematerlal über das Wagennullen hier vor⸗ zubringen.

v. w. ö Pommer. Zweigert, a n rgertnenstet von Essen. alz.

Fortgesetzt zu Essen, am folgenden Tage, Vormittags 10 Uhr.

Vor Eintritt in die heutigen Verhandlungen entfernte sich der Delegierte Wiesener mit der Begründung, daß ihm von dem Herrn Oberbürgermeister Zweigert und von Herrn Direktor Tengelmann vorgehalten wäre, daß er nicht als ordnungsmäßig gewähltes Mitglied der Belegschaft der Zeche Herkules an kesehen werden könne, weil er nicht von dieser ordnungsmäßig gewählt sei. Er wolle aus diesem Grunde

ch arbeitete im November v. J. mit ,,. Becker, pfeiler von

unserer Arbeit und bestätigte mir, daß unserer R h 36 Wagen gestrichen ö. ß unserer Kamera schaft

ö Tengelmann und der Betriebsführer mit bem Stei er

ächlich auch 36 . vom Lohn in Abzug gebracht worden timmtheit nicht angeben, weil dies aus dem ersehen ist. Nach stimmte aber der Abzug der 36 Wagen mit dem erhaltenen Lohn ungefähr überein. Auf ein oder zwei Mark kann man dies jedoch nicht ausrechnen. Außer diesen genullten Wagen 3 , . ich gen ,. die die Kohlen einzuladen atten, in demselben Monat wegen desselben Ver ehens mit; 1,50 M bestraft worden. ; ; Als ich mich beim Herrn Direktor Tengelmann über die harte Bestrafung wegen unreiner Kohlen beschwerte, gab er mir zur Antwoört: „Wenn mir meine Arbeit nicht gefiele, könnte ich mich nach anderer Arbeit umsehen.“ Das Verzeichnig, in dem ich mir die von unserer Kamerad⸗ Haft geförderten Wagen notiert habe, kann ich nicht mehr orlegen.

v. g. u. Georg Maagh.

Darauf erscheint Reviersteiger Heinri Balte, 32 Jahre

alt, evangelisch. wohnhaft Huttrop, . 181. .

Es ist mir wöhl erinnerlich, daß ich anfangs Dezember mit der Kameradschaft des Becker und Maagh über die hohe Zahl der genullten 966 geredet habe. 8h habe auch er⸗ wähnt, daß die Zahl 35 etrüge, habe aber diefe Zahl ledigli sus dem Beobachtes (Heitung in Cssem en tnommisn Daß i die Zahl aus dem Beobachter ersehen hatte, habe ich allerdings nicht hinzugefügt.

Als ich mit den Leuten sprach, war mir die Zahl der wirklich genullten Wagen nicht ,

Wieviel Wagen wegen Minbermaßes im Monat November gestrichen worden sind, kann ich nicht angeben. Auch war mir die Gesamtzahl der genullten Wagen nicht mehr im Ge⸗

ächtnis; ich habe mich deshalb erst durch Einsicht des Journals davon überzeugt, daß es 21 gewesen sind.

Ich habe an cinem age im Dezember Morgens kurz nach der Anfahrt einigen Leuten der Kameradschaft wörtlich ge⸗ . „Ladet die Wagen rein und drückt bie Ecken gehörig ein,

amit nicht wieder 35 Wagen gestrichen werden wegen Unrein⸗ heit und Mindermaß.“ Ich wiederhele noch mal, daß mir die Zahl 365 lediglich aus dem Beobachter bekannt war. .

V 5

. g. u. Heinr. Balte.