Preustischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 2. Sitzung vom 11. Januar 1907, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer
d. Bl, berichtet worden. ; steht die erste Beratung des
Auf der Tagesordnun ; Staatshaushaltsetats fü das Rechnungsjahr 1967.
Abg. Graf Pra schma (Zentr.): Der Finanzminsster hat uns in seiner Gtgtgrebe ein außerordentlich glänzendes Bild der gegen · wärtigen Wirtschaftgentwicklung unferes Vaterlandes vorgeführt. Das hat meine politischen Freunde mit . besonderer Freude erfüllt, nicht bloß deghalb, well jeder Vaterklandsfreund sich uber ein ann, glänzendes Bild freuen kann, jondern auch deshalb, weil wir darin unsere Meinung bestätigt sehen, die wir stets vertreten haben, daß der angebliche Bruck, der auf dem deutschen Volke liegt, nicht jo groß gewesen sein kann, daß die Schwarzseherel, der Pessimizmus, dem man von gewissen Stellen das Wort redet, und den man immer zu verbreiten sucht, nicht berechtigt war. Pit Recht hat der Finanzminsster die K . Politik und. Wirtschast leben herdorgehoben. Ich wi mich auf die wirtschaftliche Seite der Frage beschränken, aber ich kann dem Finanzminister nur voll beistimmen in dem, was er über die Zollpolltit des Reiches und die Wirkung der neuen Handelsbertrãge esagt hat. Durch das glänzende Bild, dag er bon unserer wirt⸗ ö iliche Lage gegeben hat, werden die Prophezeiungen und De= duktionen, die sich bis zu den fürchterlichsten Drohungen für unfere Zukunft steigerten, tatsächlich ad absurdum geführt. Die Ent⸗ wicklung des wirtschaftlichen Lebens hat sich in dem letzten Jahre unter der Wirkung der neuen Handelsvertraͤge, gestützt auf die sichere Basis der Kaufkraft, so gesteigert, wie nie zupor, und der Finanz- minister hat mit Recht auch hervorgehoben, daß gerade die Arbeits gelegenheit im Lande ungeheuer gestlegen st. Das berechtigt aber gerade auch meine politischen m darauf hinzuwessen, daß der Zolltarif im wesentlichen unserer Mitwirtung im Reichs⸗ tage ju verdanken ist. Wir sind stol; darauf und werden es auch weiter in der Vir sein. Auch in der Landwirtschaft macht sich ein gewissez Gefühl des Vertrauens wieder geltend. Das ist insbesondere in der Produktionssteigerung hervorgetreten. Ich habe die feste Zuversicht, daß unter dem beftehenden notwendigen ZJollschutz und under Aufrechterhaltung des notwendigen veterinar⸗ poliiellichen Grenzschutzes die deutsche dandwirtschaft sehr bald imstande sein wird, den Bedarf der inländischen Bevßdlkerung an Fleisch, voll zu decken, und zwar zum Besten gerade der ge samten inländischen Bevölkerung. Aber ich hätte doch en u scht daß der Finanjminister über eine Frage nicht so elk hinweg⸗ . angen wäre, die leider in den letzten Jahren schlimmer als e . auf die Landwirtschaft und deren Produktion steigerung ge⸗ wirkt hat: das ist der Arbeltermangel. Der Finan zminifter hat nur kurz von dem Mangel an Arbeitskräften in Landwirtschaft und In= dustrie gesprochen. Aber zwischen dem Arbeitermangel in Landwirt⸗ schaft und dem in Industrie besteht ein ehr erheblicher Uinterschled. Bei der. Industrie handelt es sich vielfach um vorühergehende Hoch- kon junkturen, alfo um Ausnahmeberhältnise, bei? der and. wirtschaft dagegen handelt es sich um dauernde Verhãltnisse. Es ist ein trguriges Zeichen, wenn im ganzen preußlschen nde die Einstellung von ausländischen Arbeitern, afiati chen und malaiischen, nicht bloß in großen, sondern auch kleineren und mittleren Betrieben eine Notwendigkeit ift. Wir legen außerordentlichen Wert darauf, daß die Regierung diesem Arbeitermangel ihre ganz besondere Aufmerksamkelt wöomet, und! es gereicht uns zu besonderer Freude, zu hören, daß dem neuen Land- wirtschaftsminister der Ruf vorgufgeht, daß er ih bereits früher mit dieser Frage beschäftigt hat. Was die Einzelhe ten des neuen Etats angeht, so ist bedauerlicherwesse der ,. Anregung melnes Freundes Herold, auch in der Forstverwaltung Staatgmittel zum Bau von Arbelterwohnungen flüssig zu machen, nicht Folge gegeben worden. Es würde doch durch eine solche Mahregel dem Arbeilermangel in der Landwirtschaft bis zu einem gewisfen Grade gesteuert werden können. Der Einnahmeyoranschlag im Forstetat wird unzweifelhaft wieder durch die tatsächlichen Ergebnisfe übertroffen werden. Das ist kein Tadel gegen die Verwaltung, aber nach, anderer Richtung ist eine allzu , . Veranschlagung der Finnahmen doch auch nicht ganz unbedenklich. Für den Neubau des landwirtschaftlichen Ministerlums soll sich die Verwaltung die Gelegenheit zum Erwerbe des erwähnten Palais, wenn dieses den Anforderungen entspricht, nicht entgehen lassen. Ich bedaure sodann, daß die Thronrebe kein Gesetz über die Neubildung der Generalkommissionen und auch keines über den Quellenschutz ankündigt. Auch mir erscheint die Staats⸗ subhention für die landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen . der erfolgten Erhöhungen im Vergleich mit der für die gewerblichen noch sehr gering. Daß auch der BVergetat elnen größeren Ueberschuß liefern 1 halte ich für zweifelhaft; näher wird darauf in der
weiten Lesung einzugehen sein. In erfreulicher Entwicklung . sich der Etat der Zentralgenossenschaft kaffe; es drängt die Frage auf, ob nicht angesichts der gesteigerten An⸗
orderungen der Beamtenstab dieses Inftituts
entsprechend besser und demjenigen der Seehandlung gleichgestellt
werden müßte.
Au der Vermehrung der Zensiten mit einem Einkommen von mehr * 300 α sollte der Finanzminister nicht zu weit ehende Schlüsse ziehen
denn bei der allgemeinen fte erg der Lebensbedürfnisfe und dem Sinken des Geldwerteg ist ein Einkommen von g00 nicht mehr dasselbe, wie vor 16 Jahren. Immerhin jst erfreulich, daß trotz der Rebision des Einkommen ste ne rgese he im vorigen Fabre mit einer Mehreinnahme von 11 Millloncn aug! der Ein⸗ lammensteuer zu rechnen, ist. Allerdings wird von vielen Schen über die sehr viel schärfere Heranziehung der Steuerzahler geflagt. Daß infolge des § 23 Abs. 2 des neuen inkommensteuergesetzes das Einkommen vieler Zensiten, das bisher bedeutend unterschãtzt wurde, richtig veranlagt wird, ist eine erfreulich Wirkung des Hesezzs Froßdem haben wir einen Antrag zur Beseitigung des s 23 Abs. 2 eingebracht wegen der ungeheuren Belaftung,“ die daraug den großen Industriebetrieben erwächst. Diese Bestimmung ist. erst auf Antrag der Nationalliberalen in das Gefetz gekommen, während meine Freunde selbst schon damals dagegen waren. Aber selbst die Antragfteller haben wohl nicht beabsichtigt, daß generell von dem Arbeitgeber Listen über das Einkommen ihrer Arbelter aufgeste llt werden sollen, sondern höchstens, daß in einzelnen ijweifel haften Fällen eine solche Auskunft gegeben wird. Es wird nun den Ärbest. gebern eine solche Last im Interesse des Steuerfiskus aufgeladen, wie man es nicht verlangen kann. Eine besondere Ironie liegt darin, daß die fiskalische Bergberwaltung in Oberschlesten sich gewelgert hat, der Steuerbehörde solche Aufschlüsse zu geben, und ez auf eine Klage ankommen lassen will. m Justizetat halten wir die Erhöhung des Gehalts für den Kammergerichtspräidenten durchaus für berechtigt, meinen aber, daß auch die Gehälter der anderen Oberlandesgerichtspräsidenten angesichts ihrer sozlalen Stellung als oberste Richter in der Proplnz dieselbe Aufbe erung verdlenen. Im Kultugetat sind die erhöhten Beihilfen für Schulbauten sehr er⸗ freulich, aher wir bedauern, daß die Mittel zur Verbefferung der Lehrergehälter in den leistungsunfähigen ländlichen Gemeinden, nicht erhöht werden, um so mehr, als nach dem Erlaß des Kultugmin sters vom 4. Mai in der Aufbesserung der Lehrergehalter ein Stillstand eintreten soll. Wir haben desbalb einen Antrag eingebracht, der eine Aufbesserung der Lehrergehälter insbesondere in der Richtung der Egalisierung derselben . Dagegen werden wir den Ankrägen AUtgegentreien, die eine Erhöhung der Ostmarkenzulage bezwecken.
adurch wird nur die Ungleichmaͤßigkeit erhöht, die Unzufriedenheit bermehrt. Wieviel Mittel könnten da für Beamte und Lehrer freigemacht werden, wenn daz Geld erspart wird, was zwecklos in der Sstmärk pern Kendtt wind! Im Gigt für das Ministerlum des Innern finden wir die Vermehrung der Polizcikosten. und ba muß die Frage erörtert
werden, oh, die Leistungen der Kommunen im richtigen Verhältnis zu diesen ständig steigenden Ausgaben des Staatz stehen.
ehend be rd fern von Schleswig nach Kiel beschäftigen,
1 ein neuer in dann müßte die Verteilung diefes Fonds nach sfesten Grundsätzen
aus wahltaktisch alte Forderung
der Partei handelt. manches, 3 ;
was den
haben sie ihre iten. Namentlich die kleineren Be⸗
der wechselnden 9 e der Matrikularbeiträge für das Resch können
wir verstehen; die Reichsregierung ;
Matritularbeltrãge auf die Einzelstaaten aß Maßgabe von deren e nicht auf die Suche
sondern könnte auch erhöhte Matrifular.
eringeren Ueberschuß, ich im 6, . ist. h
dieses Manko . werden. illionen für die Eisenbahn stellen doch eine Vermehrung des werbenden Vermögen zieht — ich will sichtigt lassen — so bleibt verwaltun wird in
gerade i wir vertreten.
er sie d noch zu k darüber abschließend urteilen können. darauf hinweisen, nicht die S
ordentlich kompliziert sind. ] * r gli che Erscheinungen angewendet, außerordentlich .
allen K beohachten, und das erklärt es, warum unter der Herrschaft der ,, die wirtschaftliche Entwicklung bei uns nicht nur nicht zurückgegangen, sondern fortgeschritten ist. Der sprungwesfen Entwicklung, fagte der Minister, habe man in der Vetrie beverwwaltung ? nscht folgen können, und er verwies weiter Al, ice relenbeit des Jahrlslgf Jod Fr, Llesen Jahte war bie Tredctenhelt nur eine vorübergehende. Es liegt, glaube ich, eine Ver— Pechllung mit 1565 vor. Wah nn Ausgestaltung der Eisenbahn mit Betriebsmitteln Gubftrifft, so muß ich dem Finanzminister meine Anerkennung aussprechen, abe? * sind zum Tell damit nur Unter, ss in der Vergangenheit ausgeglichen. Wenn man früher in Zeiten wirischaftlicher Dehresston etwas frelgebiger vorgegangen wäre, 6 würde die Industrie einen größeren Vorteil davon gehabt aben. Die sprungwesse Entwicklung war im EGifenbahnwesen gar so groß. Der Wagenbedarf ft in den meisten Jahren sfast
Ct. das Vorjahr gestlegen, auch in den
Oktober und Robember. Es handelt agenmangel, sondern vielfach um eine ) und diese beruht darauf, daß unsere Bahnhöfe meistens unzureichend sind, um den Verkehr ü bewältigen, und für die; Vermehrung der Gleise nicht Raum bicken.“ Die Bestrebungen ber Eisenbahnverwaltung sollen dankbar anerkannt werden, aber es ist trotz der Zahlen, die eigentlich ja enorm sind, nicht genug geschehen. Nun verwies der Minifter auf den geringeren Beitrag der Cisenbahn⸗ verwaltung zu den allgemeinen Staatzeinnahmen als eine Folge der
mangelnde Wagenstellung,
werden nicht aufhören,
Ausgabesteigerung bei den Betriebsberwaltungen. Ich habe schon im vorigen Jahre darauf aufmerksam gemacht, daß diese letztere bet den großen Investlerungen des Staatz Rn Bergwerksbesttz, der
olossalen Steigerung seiner Aufwendungen für seinen westfälischen Aus dem Verhältnis der direllen
Besitz sehr erkläͤrlich erscheint. und indirekten Steuern entnimmt der Minister eine Mahnung zur Sparfamkeit, die wir im Intereffe der Steuerzahler ja immer gern befolgen. Was die Gehaltsaufbesserungen betrifft, so freue ich mich sehr, daß einzelne Beamtenkgtegorien sollen. Dadurch wird aber die Differenz zwischen und nicht bedachten Beamten größer, daß der Dreimillionenfonds vorgefehen ist. Aber es kommt auf die Art und Weise an, wie diefer verwendet werden soll. Jedenfalls wird R bon uns nur als eine Abschlagszahlung angesehen werden können.
und es ist daher anzuerkennen,
Der Zuschuß für Dienstkleidung wird von den Beamten dankbar an
erkannt werden. Ebenfo ist die Besserstellung der Witwen und Walsen zu begrüßen. Aber das Erfreulichste an allen diesen Aufbesserungen ist, daß die Finanzverwaltung nit dem Grundsatz, den sie bisher immer vertreten hat, mit der Besoldungzordnung von 1597 feien die Aufbesserungen abgefchloffen, sozialen Veränderungen, die in den letzten 10 Jahren auch materlell eingetreten sind, stechen so in die Augen, daß man daran nicht vorübergehen kann: die Hebung der Löhne der Industrie⸗ arbeiter usw., dann namentlich aher die Verteuerung der Lebensmittel und die durchweg gestlegenen Ansprüche jeder einjeknen Gesellschafts⸗ schicht, die neben den übrigen Faktoren einhergegangen sind. Die Petitionen von Beamten, mit denen wir überschwemmt werden, um so weniger, als tatfächlich in der ganzen Besoldungßordnung für das Beamtentum gewisse Unstimmigkeiten vorhanden sind. VDiese gane Frage, ebenso wie die dazu gehörigen Petitionen müssen auch 'anders vom Hause behandelt werden. In der Budgetkommiffion kommen diese Pelstionen nicht vollständig zu ihrem Recht. Es wäre bon großer Bedeutung, wenn
Haus sich entschließen wollte, für die Durchprüfung dieser Petitionen eine eigene Kommission niederjufeßen. Was den tat im einzelnen angeht, so begrüße ich zunä st mit 3 Genugtuung dle Erhöhung des Fonds für Domaänenankäufe. Ich betrachte es mit dem Tinanzminister als ein günftiges Symptom, ; Domänen ein Mebrertrag gelöft sst. Auch die Forsten erzielen einen höheren Ertrag. Fteben der NÄufbesferung der Förster begrüßen wir namentlich die Mr gr mit Freuden, daß bei den Sberförsterm 600 Stellen ohne Hebier eingerichtet werden sollen, wie bei
Förstern. Bes den großen Üeberschüssen der Forstverwal tung könnte für die Besserung ber far ele getan werden. In
Die Entwicklung der Ein kommensteuer ist ja erf
durchaus berechtigte Absicht zu Grunde, rorden lich ö das Gefühl k g n ahr
ersonenderkehr . gehabt.
Verhandl en müssen, daß 3 5
igung gefunden at, daß sehr wesentliche Parteien des Haufes der? Unsicht k
solcher Tarif eine Verteuerung darstellt, namentlich ĩ Gepäckgebühr, wobei . eine kn e , 16 ö.
ituatlon ist., doch auch seitdem total für den Eisenbahnminister notwendig
e, nenne nne f. chtigt werden müffen, nämlich die Verschiehung “ der Hare fg . solche Ver schiebi denn gin r f, unzweifelhaft. Wir verfügen zwar ß
aber in der 4 der böheren Klaffen ist ein entschiedener
t gut daran mit diesem
die. Staats herwaltung, * son pern di iwatindustrie. Hier nun mit einem Male einen Schnitt zu 3 . . nichl geneigt. er Handels minister ö. es mir nicht übelnehmen, aber ich glau
Everwaltung durch dag, was sie bisher ge=
damit bedacht werden . den bedachten
daß auch aus den alten
jetzt definitiv gebrochen hat. Die großen ;
aum - m.
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