Diskonts mit beizutragen.
der Reichsbank
Budgetkommission schon Mittel und Wege finden,
von etwa 12 Mill. Mark im ganzen noch immer erheblich ins Ge⸗ wicht. Das Reichs heer wird für 106 annähernd 5 Mill. Mark über den Etat in Anspruch nehmen, worauf besonders die hohen Fleisch · preise und die vermehrte Cisenbahnbeförderung der Truppen nach den nebungs- und Schießplätzen von Einfluß gewesen sind. Auch für die Marineverwaltung bleibt die etatsmähßige Deckung hinter dem wirk- lichen Bedarf um annähernd 2 Millionen zurück.
Der stärkste Mehrbedarf zeigt sich mit nahezu 6 Mill. Mark bei den Zinsgausgaben für die im Wege des Kredits aufgenommenen Geldmittel. Diese erhebliche Ueberschreitung des Ctatsanschlags hat in der Hauptsache hren Grund in den bis auf 6 und 70so gesteigerten Diskontsätzen der Reichsbank, die selbstredend auch auf die vom Reich in sehr erheblichem Umfang zu begebenden Schatz anweisungen ihre belastende Wirkung ausüben. Ich bin mir bewußt, meine Herren, hier wiederholt einen sehr wunden Punkt in unserer Reichsfinanzwirtschaft zu berühren, der mir schon seit der Zeit der Uebernahme meines Amtes viele und schwere Sorgen bereitet hat.
Daß in Zeiten, in denen incebesondere infolge gesteigerter Ansprüche der Industrie an den Geldmarkt Geld knapp wird, der Diskont in die Höhe geht und in die Höhe gehen muß, ist erklärlich. Bedenklich und bedauerlich aber ist es, daß durch die offenbare Unzulänglichkeit der Betriebsfonds des Reichs dieses ge⸗ nötigt ist, in solchen Zeiten auch noch seinerseits zur Steigerung des Wenn man nun den Ursachen dieser unleugbaren Kalamität nachgeht, so ergibt sich, daß die ohnehin viel zu knapp bemessenen Betriebsfonds und die zu ihrer Verstärkung dienenden Sche hanweisungenß⸗ die doch, strenge ge= nommen, nur dazu bestlmmt sein sollten, die wechselnden Geldbedrfriff⸗ irn eigenen Haushalte des Reichs auszugleichen, tatsachlich zum großen Teile und in jährlich wachsendem Umfange zu einem ganz anderen Zwecke gebraucht werden, und dieser dem Reichshaushalt an sich fremde Zweck besteht in der Auszahlung der Unfallentschãdigungen/ welche die Post für die Berufsgenossenschaften gegen jãhrliche Ab⸗ technung vorzuschteßen hat. (Sehr richtig! rechts) Diese Vorschüsse waren ja in den ersten Jahren nach Einfuhrung der Unfall⸗ versicherungsgesetz: unerheblich, Sie betrugen im Jahre 1887 A Mill. Mark, im Jahre 1888 7 Mill. Mark, im Jahre 1889
126 Mill. Mark. Sie steigerten sich aber in der Folge ganz ge⸗ waltig. Im Jahre 1900 überstiegen sie bereits 100 Mill. Mark. (Hört, hört! rechte) Sie betrugen am 1. Januar d. J. rund 1427 Mill. Mark (hört, hört! rechte), und sie werden big zum Tage der Abrechnung im Monat Mai d. J. den Betrag von rund 184 Mill. Mark erreicht haben, Hört, hört! rechte) Wenn diesem Ucbelstande nicht in Bälde abgeholfen wird, werden sie von Jahr zu Jahr mit Riesenschritten weiter wachsen.
Der Postvorschuß für die Berufsgenossenschaften war von Anfang
an gedacht als eine Art Beitrag des Reichs zu den Kosten der Unfall=
versicherung. Es liegt mir auch durchaus fern, etwa grundsãtzlich
dagegen Bedenken zu erheben, wenn das Reich neben den allerdings schon recht erheblichen Verwaltungskosten der Postanstalten zur Förderung jenes hochwichtigen sozlalpolitischen Zwecks innerhalb mäßiger Grenzen noch weiterhin finanziell belastet werden soll. In der Tat wird die Verzinsung jener Vorschüsse im Endeffekt für das Reich finanziell auch wenig ins Gewicht fallen. Denn was auf der einen Seite an Zinsen mehr aufzubringen ist, das fließt auf der anderen Selte in Form des Anteils des Reiches an dem Gewinn großenteils wieder an die Reichskasse zurück. Abervings mögen durch vie Höhe des Olskonts unter Umftänden auch die Kurse der Reichsanleihen und die Bedingungen bel weiterer Be⸗ gebung einer solchen ungünstig beeinflußt werden. (Sehr richtig! rechts.)
Mein Hauptbedenken liegt aber auf einem ganz anderen Gebiete. Ich halte es grundsätzlich für verfehlt, daß man
den Berufs genossenschaften unter die Arme zu greifen sucht mit einer Maßnahme, die zumal in geldknappen Zeiten unserem ge⸗ samten Grwerbeleben, unserer gesamten deutschen Voltẽwirtschaft zu offenbar schwerem Schaden gereichen muß. (Sehr richtig) Die ver⸗ bündeten Regierungen haben auch bereits im Jahre 1900 mit der damals eingebrachten Unfallbersicherungen odelle den Verfuch gemacht, hier Wandel zu schaffen. Der Versuch scheiterte jedoch bekanntlich an dem Widerstande der großen Mehrheit des Reichstage. Der Berichterstatter der damaligen Kommission, der Abg. Trimborn, ö. wGkᷓr in seinem Schlußworte in der n ,, egeben, eßlich werde 1900 der Hoffnung Ausdruck geg ,,, keiten Herr zu werden, und der stenographische Bericht bemerkt hierin Große Heiterkeit und Bravo! Bis jetzt aber ist der Budgetkommission daz ihr damals angesonnene Kunststück leider noch nicht gelungen.
Personlich bin ich der Meinung, daß schon viel gewonnen wäre, wenn wenigstens bestimmt wüde, daß die geleisteten Vorschüffe nicht erst 4 bis 5 Monate nach Jahresschluß, sondern vorbehaltlich der End⸗ abrechnung in kürfseren Fristen, etwa in vierteljährlichen Abschlagẽ⸗ zahlungen zu eistatten wären. Vorläufig weiß ich indessen nicht, ob nach der im Jahre 1900 gemachten Erfahrung die verbündeten Re— gierungen in absehbarer Zeit geneigt sein werden, auch nur mit einem solchen Vorschlage hervorzutreten, ohne mit einiger Sicherheit auf ein Entgegenkommen von seiten des Reichstags rechnen zu können. Eine ausreichende Verstärkung der Betriebsfonds der Reichshauptkasse, an die ja gedacht werden könnte, würde so enorme, wohl nur, wie die Dinge gegenwärtig liegen, im Wege einer fundierten Reichs aulelhe aufzubringende Geldmittel erfordern, daß dieser Weg wenigstens vorlãufig nicht als ein gangbarer zu betrachten ist.
Was nun endlich den Abschluß des Rechnungsjahres 1806 anlangt, so ist darauf, daß er den Bundesstaaten im Ist eine wesentliche Entlastung von den ihnen auferlegten un gedeckten Matrikularbeiträgen in dem namhaften Betrage von rund
Millionen Mark bringen werde, freilich kaum zu rechnen. Die
offnung aber, daß der Relchshaushalt selbst wenigsteng einigermaßen
ancierend abschließen werde, möchte ich nach den vorliegenden Er⸗ gebnissen nicht als unberechtigt ansehen. Auch bei den den eigenen Haushalt nicht berührenden Ueberwessungssteuern steht zu erwarten,
die im einzelnen noch vorhandenen Abweichungen vom Ctatssoll sich schließlich in der Haupfsache gegenseitig ausgleichen werden. Im ganzen nehme ich daher an, dah die Bundetstaaten für 1806 an Ueber. weifungen wenigstens annähernd fo vlel erhalten werden, alt ihnen der Gtat in Aussicht stent; vielleicht kann ez auch noch eine Kleinigkeit mehr sein.
Dies vorausgeschickt, kann ich nun übergehen zu dem eigent⸗ lichen Gegenstand unserer Tage ordnung, . dem Entwurf des
glaubten sich hierzu um so eher entschließen zu können,
Reichshaushalts für 1807, wobei ich den nachtrãglich eingebrachten Ergaͤnzungsetat wohl gleich mit einbeziehen darf. Abgesehen von diesem letzteren, erst vor ein paar Tagen verteilten Ergänzungsetat, ist der Inhalt der Vorlage schon seit Monaten urbi et orbi bekannt. Ich glaube daher auf Ihre Zustimmung rechnen zu können, wenn ich es grundsãtz⸗ lich möglichst vermeide, Sie mit der Rekapitulierung von zuviel Zahlenmaterial zu ermüden, und wenn ich mich in der Hauptsache darauf beschränke, das Gesamtbild, das die Etatsvorlage gewährt,
etwas näher zu beleuchten. Daß dieses Bild ein durchweg befriedigendes
sei, das wage ich nicht zu behaupten. 53 Mill. Mark ungedeckte Matrikularbeitrãge neben einem Anleihebetrag von 265 Mill. Mark als Endergebnis eines mit größtmöglicher Sparsamkeit aufgestellten Etats erscheinen in der Tat recht wenig erfreulich. Außerdem steht noch eine weitere Belastung des Haushalts für 1907 durch besondere Gesetzes vorlagen wegen Erhöhung der Zivilpensionen und der Relikten⸗ gelder in Aussicht. Immerhin läßt die Vorlage gegenüber dem vor⸗ jährigen Etatsentwurf dank der inzwischen verabschiedeten Finanz und Steuerreform schon eine wesentliche und recht erhebliche Besserung unseres Reichshaushaltsetats erkennen. Sie werden dem ohne weiteres beipflichten, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß wir bei Vorbereitung des Etatsentwurfs für 1906 uns noch einem Defizit von über 240 O00 000 4 gegenüber befanden. Wäre der Reformplan des Vorjahres gescheitert, so wüßte ich in der Tat nicht, wie der Haushalt des Reichs noch in halbwegs geordneten Bahnen hätte fortgeführt werden können — von einer Reihe recht segensreicher Neuerungen, die sich überhaupt nur auf der Grundlage einer angemessenen Regelung der Reichs einnahmen ermöglichen ließen, gar nicht zu reden. Ich erinnere hier nur beispiels⸗ weise an die Erhöhung der Wohnungsgeldzuschüsse für die Unter beamten, für die uns Tausende und aber Tausende von Beamten familien dankbar sein werden, und ich erinnere weiter an die neuen Milttärpenstonsgesetze, die nun im laufenden Jahr noch weiter ihre Ausdehnung finden sollen auf die Penstonen aller Beamten.
Gewiß hatte jene Reform im einzelnen auch manche Mängel, wie jedes Werk von Menschenhand, aber das Bessere wäre auch hier der Feind des Guten gewesen, und ich gestehe Ihnen ganz offen, daß nach meiner Meinung auch der theoretisch beste, feinst⸗ durchdachte Reformplan, fir den man bei den gesetzgebenden Körperschaften keine Mehrheit zu gewinnen vermag, für den praktischen Finanzpolitiker völlig wertloz ist. (Heiterkeit) Wer übrigens den Verlauf der vorjährigen Verhandlung über die Finanzreformporlage genauer verfolgt hat, den konnte der Abschluß des jetzt Ihnen vorliegenden Etatsentwurfeß in der Tat auch kaum überraschen. Die verbündeten Regierungen hatten zur Beseitigung des nachgerade chronisch gewordenen Defizits die Eröffnung neuer Steuerquellen im Gesamtbetrage von rund 225 Mill. Mark für er⸗ forderlich gebalten. Im Reichstage glaubte man ein solches Defizit nur in Höhe von etwa 200 Mill. Mark als vorhanden anerkennen zu sollen. Die tatsächlich bewilligten neuen Steuern blieben indes auch hinter diesem Deckungebedarf noch um rund 25 bis 30 Mill. Mark zurück. Dleses Manko von 25 bis 55 Mill. Mark muß sich nun aber gerade in den ersten Jahren, wo die neuen Steuern schon nach der Natur der Sache und wegen der in Ansehung der Brau⸗ steuer⸗Aequlvalente und in Ansehung der Erbschaftssteuer den Einzel
staaten gewährten Schonzeit noch keine volle Wirksamkeit äußern können, noch um so fühlbarer machen. Unter solchen¶ Verhäͤltnifsen lag wohl die Erwägung nahe, ob
es nicht gerechtfertigt wäre, behufs Ergänzung der im vorigen Jahre bewilligten Deckungsmittel schon demnächst mit elner weiteren Steuerborlage an die gesetzgebenden Körperschaften heranzutreten.
Dieser Gedanke mußte sich um so mehr aufdrängen, wenn man sich
klar machte, auf welche Gründe der für 1907 noch bestehende Fehl betrag in der Hauptsache zurückzuführen ist. Wenn Sie genauer zusehen, meine Herren, so werden Sie sich überzeugen, daß zur Deckung des ordentlichen Ausgabebedarfes für 1907 die ordentlichen Einnahmen desselben Jahres nahezu ausreichen würden, sofern man nur von einer Ausgabeposttion absieht, die streng genommen dem eigentlichen Bedarf des Jahres 1807 auch gar nicht angehört. Das noch vorhandene Defizit ist nämlich in der Hauptsache dadurch veranlaßt, daß wir gesetzlich verpflichtet sind, aus den ordentlichen Einnahmen an Zöllen einen für 1907 auf rund 48 Millionen geschãtzten Betrag auszusondern und für einen erst in spãteren Jahren zu erfüllenden Reichszweck, die Witwen- und Waisenversorgung der Arbeiter, im voraus in Ausgabe zu stellen und einstweilen zu thesaurleren. Das wird in späteren Jahren ohne Zweifel der Durchführung jener hochwichtigen sozial⸗ politischen Aufgaben zugute kommen lsehr richtig), nur in der Gegenwart und zumal in der ersten Uebergangszeit nach Einführung des neuen Zolltarifes macht sich die schwere Last für das Reich doppelt fühlbar. Aber das Reich hat nun einmal jene Verpflichtung über. nommen und wir müssen jetzt durchhalten. Nur dürfen wir dabei auch nicht übersehen, daß die eigentlich deidtragenden zunächst die Einzelstaaten sind, die gemäß der Verfaffung, wie für jeden Fehlbetrag im Relchshaushalt, so schließlich auch für jene 48 Millionen insolange und insoweit aufzjukommen haben, als sie nicht durch anderweite Besserung der eigenen Reichseinnahmen eine Entlastung erfahren. Eine solche indirekte Abwäljung der Fürsorge für die Arbelterwitwen und Walsen auf die Haushalte der Einzelstaaten lag ohne Zweifel auch gar nicht in der ursprünglichen Absicht der lex Trimborn. Trotz alledem erachteten es die verbündeten Regierungen für richtiger, vorerst von einer weiteren Steuervorlage im Reiche noch abzusehen und einstweilen die weitere Entwicklung der Zölle und der übrigen, im vorigen Jahre eröffneten neuen Steuerquellen abzuwarten. Sie als nach 5 3 des Reformgesetzes von 1866 die den Betrag von rund 24 Mill. Mark übersteigenden ungedeckten Matrikularbeiträge ihnen einstweilen bis 1910 zu stunden sind. Es ist überdies auch nicht ausgeschlossen, daß im Falle der Fortdauer des gegenwärtigen wirtschaftlichen Auf⸗ schwungs das Rechnungsjahr 1907 seinerzeit im Ist wesentlich günstiger abschließen wird als im Soll. Die verbündeten Regierungen glauben allerdings anderseils auch darauf vertrauen zu dürfen, daß im Not⸗ falle der Reichstag seine wirksame Mithilfe nicht versagen werde, wenn es gilt, von den Haushalten der einzelnen Staaten eine für sie unerträgliche Belastung mit Matrikularbeiträgen fernzuhalten. Sie haben zu diesem Vertrauen um so mehr Grund, als die Steuerkommission selbst die Unzulänglichkeit der won ihr vorgeschlagenen Deckung mittel unumwunden anerkannt und in verschiedenen Resoluttonen den Weg zu zeigen versucht hat, auf dem nach ihrer Meinung die für die nach trägliche Ergänzung der Reform noch welter erforderlichen Mittel am zweckmãßlgsten zu gewinnen wären.
Da ich mich gerade bet dem Kapitel der Einnahme befinde so möchte ich mich hierüber noch gleich etwas weiter verbreiten. Was vor allem die im vorigen Jahre eröffneten neuen Steuer quellen anlangt, so waren die Unterlagen, welche die stück= weisen Erträge des laufenden Rechnungsjahres darboten, noch so unsicher, daß uns nichts anderes übrig blieb, als an den im Früh⸗ jahr des Jahres 1806 aufgestellten Veranschlagungen bis auf weiteres festzuhalten. Wir waren uns dabei wohl bewußt, daß sich zwischen der geschätzten und der wirklichen Einnahme im einzelnen wohl recht erhebliche Differenzen ergeben würden; wir glaubten aber doch annehmen zu dürfen, daß etwaige Ausfälle bei den einen Steuern durch Mehreinnahmen bei den anderen sich wenigstens annähernd ausgleichen würden. Immerhin kann auch diese Annahme trügen. Eben deshalb möchte ich aber zugleich dringend empfehlen. bei den weiteren Beratungen des Etats in der Kommission und in diesem hohen Hause auch in Ansehung der übrigen Einnahmen aus Zöllen und aus anderen indirekten Steuern etwaige Wünsche auf Er⸗ höhung der Ansätze tunlichst zurückzustellen.
Die reichseigenen Einnahmen an Zöllen und Steuern konnten einschließlich des von mir erwähnten Witwen ⸗ und Waisenreserbats im ganzen gegenüber dem Vorjahre 1306 um 108 Millionen Mark höher veranschlagt werden. Bei den Betriebsperwaltungen, speziell bei der Post- und Telegraphenverwaltung und den Reichbeisenbahnen, rechnen wir auf Mehrüberschüsse im Betrage von 17 Millionen und von 33 Millionen Mark. Bei den Ueberweisungssteuern gebot dagegen die Vorsicht, um einige Millionen Mark hinter den Voranschlägen des Vorjahres zurückzubleiben.
Bei den Ausgabefonds des ordentlichen Etats ragen besonders her⸗ vor die beträchtlichen Mehrausgaben, welche der Sicherung des Friedens dienen sollen, des inneren Friedens nicht minder wie des Friedens nach außen. Zu den ersteren zähle ich vor allem die wachsenden Aufwendungen des Reichs für sozialpolitische Zwecke. Die Zuschüsse des Reichs zu den Invaliden. und Altersrenten scheinen zwar jetzt mit etwa rund 50 Millionen bei einem gewissen Stillstand angelangt zu sein; um so größer ist jedoch die Belastung des vorliegenden Etats mit dem von mir schon erwähnten, zur einstwelligen Thesaurierung be⸗ stimmten Betrag von 48 Millionen für die Witwen und Waisen⸗ versicherung. Sie finden den Betrag im Ctat des Reichs schatzamts verausgabt, wo auch schon im Jahre 1906 die erstmalige Ausgabe von 27 Millionen für den gleichen Zweck vorgetragen war. Für beide Jahre zusammen beziffern sich hiernach die zu thesaurlerenden Beträge anschlagsgemäß schon auf rund 70 Millionen Mark. Wegen der künftigen Verwaltung des neuen Fonds ist dem Reichstage eine besondere Vorlage bereits zugegangen. .
Der Sicherung des Friedens nach außen sind zu dienen bestimmt die Forderungen für Heer und Marine. Die für letztere in Ansatz gebrachte Mehrausgabe von 193 Millionen Mark hält sich im Rahmen des Flottengesetzts. Die Mehrforderungen für das Reichsheer mit zusammen 385 Millionen haben vorwiegend in den aus militärtechnischen Gründen gebotenen Beschaffungen auf dem Gebiete des Waffenwesens ihren Grund. Die näheren Darlegungen hierüber muß ich den Herren Vertretern der Heeresberwaltung vor⸗ behalten. .
Das Anwachsen der Zinsenlast um weitere 3 Millionen Mark ist eine Konsequenz des gesteigerten Anleihebedarfs, auf den ich im übrigen noch mit einigen Worten kommen werde. In der Mehr⸗ ausgabe von etwas über 5 Millionen für Penstonen macht sich die Folge der im vorigen Jahre verabschiedeten Milttärpensionsgesetze geltend. Die Gewährung von Beihilfen an hilfsbedürftige Kriegs⸗ veteranen erfordert für 1907 eine weitere Mehrausgabe won 21 Millionen Mark. Der im Etat des Reichsschatzamts ausgebrachte Gesamtbetrag für diesen patriotischen Zweck ist nun schon auf mehr als 19 Millionen angewachsen und er wird auch ohne die wiederholt angeregte Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen noch eine Reihe von Jahren erheblich weiter wachsen, bis endlich der Höhepunkt der Belastung erreicht sein wird.
Die Verwaltung der Schutzgeblete erfordert im ganzen für 1907 im ordentlichen Etat keinen erhöhten Reichszuschuß; im Gegenteil hofft man hier im ganzen mit elnem Minderbedarf von annähernd einer halben Million Mark ausiukommen. Dem steht jedoch bei der Zentralverwaltung ein etwa gleich großer Bedarf für Errichtung eines besonderen Reichskolonialamts gegenüber. Die letztere Forderung ist an sich nicht neu; sie kehrt, nachhem sie im vergangenen Jahre von Reichstage abgelehnt worden war, für 1907 in etwas erweitertem Umfange wieder. Die verbündeten Regierungen vertrauen, daß der Reichstag der Forderung, zu deren näherer Begründung dem Ctat eine besondere ausführliche Denkschrift beigegeben ist, diesmal seine Zustimmung nicht versagen werde.
Ich komme nun noch mit einigen Worten auf die im Gtatsentwurf vorgesehene Cinkommengverbesserung der Beamten. Die Reichsverwaltung hat sich in dieser Beziehung dem preußischen Vorgehen angeschloffen. Daß sie nicht weiter gegangen ist, werden Sie, wie ich hoffe, bei der Ihnen dargelegten, zur Zeit noch vorhandenen Ungunst der Finanzlage im Reiche wohl verstehen. Auch die Vorschläge der Reichsverwaltung beschränken sich daher, dem Vorgehen Preußens entsprechend, für 1907 im wesentlichen auf die Beamten des Außendienstes, und bel diesen wiederum auf die jenigen Kategorien, bezüglich deren seit Inkrafttreten der letzten all⸗ gemeinen Gehaltsaufbesserung Umfang, Schwierigkeit und Verant⸗ wortlichkeit des Dienstes in einem solchen Maße zugenommen haben, daß eine Aufbesserung im Diensteinkommen zur Beseitigung besonderer Härten unabweisbar erschien. ;
Beteiligt an dieser Aufbesserung sind neben den Beamten aus dem Bereiche einiger anderer Ressorts insbesondere rund 13500 Beamte der Reichepost⸗ und Telegraphenverwaltung sowie 3200 Beamte der Reichseisenbahn verwaltung. Diese Gehalts⸗ aufbesserungen erfordern einen Mehraufwand von jährlich etwa 2 bis 3 Mill. Mark. Um denjenigen Unterbeamten, auf welche die erwähnten besonderen Voraussetzungen nicht zutreffen, wenigstens in den geringeren Besoldungestufen, auch für 1907 noch eine finanzielle Zuwendung machen zu können, ist, wie in Preußen, die Gewährung außerordenklicher einmal iger Beihilfen in Aussicht genommen. Dle Anforderung für diesen Zweck beläuft sich im ganzen auf
etwas über 3 Mill. Mark. Daß mit diesen Maßnahmen bei der unleugbaren Steigerung der Preise vieler Lebensbedürfaisse noch keine durchgreifende Besserung in den Einkommens-
verhältnissen sämtlicher Unter⸗= und mittleren Beamten geschaffen wird, liegt auf der Hand. Es werden also weitere dahin nielende Maß= nahmen füt das Jahr 1908 vorzubehalten sein. ;