1908 / 151 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Jun 1908 18:00:01 GMT) scan diff

schreibung der Kirchensteuer die gesetzliche Bestätigung erfolgt, da sonst diese zz oso für dies Jahr außer Hebung gesetzt werden sollen. Das würde also bedeuten, daß bei Annahme des Gesetzes im nächsten Jahre eine doppelte Quote von 6 0so bel den Berliner evangelischen Einwohnern zur Einziehung gelangen müßte.

Die sofortige Verabschiedung des Gesetzez ist aber auch im Jnteresse der Geistlichen geboten. Die in diesem Hause stattgehabten Verhandlungen und die allgemein bekannt gewordenen Beschlüsse der Synoden haben unter den Gelstlichen allgemein die Erwartung erregt, auf die Gewährung dieser Vorschüsse rechnen zu dürfen. Zum Be⸗ weise hierfür möchte ich auf eine Eingabe hinweisen, die mir zuge⸗ gangen ist, in der ein Geistlicher die in der Oeffentlichkeit verbreiteten Gerüchte über den Beihilfenfonds herborhebt, seine Not beschreibt und darum bittet, ihm doch einen kleinen Vorschuß zu geben, damit er mit seiner Familie leben könne. Ebenso liegen die Verhältnisse in

zahlreichen anderen Fällen. Indem ich nochmals betone, daß die Tragweite dieses Gesetzes

sich auf die kirchliche Steuererhebung für das Jahr 1908 bis jum . des Pfarrbesoldungsgesetzes beschränkt, bitte ich, durch möglichst einmütige Annahme die genannten drei Landeskirchen im Intereffe ihrer Gemeinden wle ihrer bedürftigen Geistlichen in den Stand zu setzen, die von ihnen beschlossenen Mehrumlagen zu erheben.

(Bravoh w ö.

ö mer (fr. Vokksp.); Meine Freunde können diesem . K Degen diefe Vorlage und die Art, wie fie in bieser Sommertagung erledigt werden soll, walten bedeutsame Bedenken! ob, die uns verhindern, den Weg zu betreten, den der Minister eben empfohlen hat. Die Auffassung in der Begründung, daß die bedeutenden staatlichen Mittel für die Geistlichen in be⸗ friedigender Weife nur gleichzeitig mit der Beschaffung des Bedarf für die Beamtenaufbesserungen bereitgestellt werden können, entspricht auch der Ansicht meiner Freunde. Cs ist überaus mißlich und nicht angängig, die Geistlichen in der Besoldungefrage herauszugreifen, eine okche Bevorzugung würde in den Beamtenkreisen erhebliche Mißstimmung herborrufen, zumal durch die Hinausschiebung der . ohnehin Mißstimmung genug in Beamtenkreisen entstanden ist. Es ist auffällig, daß die Regierung auf diesem Wege die sofortige teilweise Befoldungterhöhung für die Geistlichen zu ermög⸗ lichen verfucht, und die Ankündigung dieser Vorlage für die Sommer⸗ tagung hat Ueberraschung hervorgerufen. Die Regierung hat nicht über⸗ eugend nachgewiesen, daß gerade für diese Vorlage ein dringendes

edürfnis vorliegt, und sie kann deshalb nicht fo schnell erledigt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß durch die Verzögerung des Schluffes diefer Sesston erhebliche Mehraufwendungen erwachsen. Wenn! der Landtag nicht aufgelöst wäre, sondern einen regelrechten Schluß erlebt hätte, ware die Regierun auch nicht in der Lage, diese BVorlage ju machen, sondern müßte sich gedulden, bis die Zeit dazu gekommen ist. Es ist kein Anlaß, dieses Gesetz Hals über Kopf kurchzufctzen, und wir können die Hand dazu nicht bieten, Cs ist einmal . bedenklich, einen Teil des Inhalts der im Herbst zu erwartenden Kirchengefetze vorweg zu nehmen. Wenn dabei auch später diese Vorlage berücksichtigt werden kann, so ist es doch bedenk⸗ sich, ein Engagement für einen Teil einer Vorlage zu übernehmen, von der man nicht weiß, wie man sich später dazu stellen wird. Eg kommt hinzu, daß der Oberkirchenrat die Besoldungsvorlage be⸗ nutzt hat zur Einbringung eines neuen k Wir haben gegen dieses schon früher entschiedenen Widerspruch erhoben, denn wir wollen nicht, daß die Rechte der Gemeinden auf freie Pfarr⸗ wahl beschränkt werden, und behalten uns für diese Vorlage vollständig freie Hand für die Zukunft vor. Aber gerade wegen der Verbindung des Pfarrbesetzungsrechts mit der Pfarrerbesoldung müssen wir ft o vorsichtiger sein. Die Wünsche der Synoden können uns nicht beftimmen, sofort die Klinke der Gesetzgebung in Bewegung zu setzen. Es hat auch in weiteren Kreisen im Lande leinen guten Eindruck ge⸗ macht, daß bei den Verhandlungen der Synoden jwar die Be— foldungsverbefferung von den Geistlichen lebhaft verlangt worden ist, aber ebenso lebhaft gegen die Forderung Widerspruch er⸗ hoben wurde, auf ihre teuerprivilegien zu verzichten. Gewiß ist die Vorwegerhebung der kirchlichen Umlagen für die kirchlichen Organe ein bequemes Auskunftgmittel, aber ich kann nicht zugeben, daß hier gleichzeitig ein dringendes staat⸗ siches Intereff? vorliegt; ich halte es im Gegenteil für ein dringendes staatliches Intereffe, daß nicht durch direkte oder indirekte Bevorzugung der Gesstlichen vor allen anderen Beamtenkategorien berechtigie Mißftimmung crregt wird. Ich unterschätze durchaus nicht das ig Amt und will auch zugeben, daß in mancher Pfarrer familie eine gewisse Not und Sorge vorhanden ist; meine Freunde werden daher im Herbst wohl geneigt sein, einer Aufbesserung der Bezüge der Geistlichen zujustimmen, wenn deren sachliche Be⸗ rechtigung nachgewiesen wird. Wir wehren unz aber dagegen, daß auf diesem zum mindesten sehr ungewöhnlichen Wege für die Geist. lichen eine Vorausleistung, welche den anderen nicht zugute kommen fann, geficherk wird. Sie können freilich keine Teugrungszulage er. hallen aber das ist auch bei den Diätaren nicht möglich, und es wird doch niemand bestreiten, daß in diesen Kreisen die Sorge ums tägliche Brot noch größer ist. enn ferner nur die Bedürftigen fi e Vorschußleistungen erhalten sollen, wird dadurch vielleicht ein mene Momenk der Üngleichheit geschaffen, indem die Verteilung allzu sehr in das Ermessen der vorgesetzten Organe gelegt wird. Wir können uns also zur Zustimmung nicht entschließen und können auch auf den Widerspruch nicht ver ichten, der gegen die Erledigung der Vorlage nach der Geschäftsordnung möglich ist. Wir wurden? V' dritten Beratung, wenn sie noch für heute be. antragt werden sollte, widersprechen; wir haben Bedenken, daß dadurch ein Präzedens geschaffen wird, das wir. nicht haben wollen, und dessen Vonsequenen fir die Zulunst nicht äberseben werden können. Die Besktnmüngen der Geschäͤftsordnung find dann da, einer . Erledigung entgegenzuwirken und die Minorität zu ,,. ö e Verantwortung dafür, wenn dadurch der Schluß der Tagung ö as . ö. äberlasfen wir der Regierung und denen, die uns ese Zwangslage gebracht haben. ö Abg. Win Fer feen fz. beg kann nicht umhin, in den letzten Worten des Votredners mjt feinen vorhergehenden Auefühtungen cinen Widerspruch zn konstatieren, Er machte dorher der Regierun einen Vorwurf daraug, da 1. die jetzige kurze Tagung unnötig dur r,, dieseg Gesetzentwurfß in' die Länge ziehe und er, seine politischen Freunde um die Be schleunigung der ö und . he gg tue nnn zu ver⸗ hindern. Der Regierung habe K daß meine bolitischen Freunde di, Kemeggrände wülz gen, welche sie beranlgßt, haben, die Vorlage trotz der ÜUngunst der Ver= hältnisse jetzt einiubringen. Sie billigen auch den Fweck und Inhalt der Vorlage und werden ihr zustimmen. Da die qusführiichen Dar⸗ legungen des Ministers im Hause nicht voll verstanden worden find, hebe ich daraus noch hervor, auch zu dem Zweck, einer faͤsschlichen Beurteilung in c f entgegenzutreten, daß es sich gar nicht um die Bewilligung staatlicher Mittel, sondern darum handelt, den evangeli⸗ chen Landeskirchen, welche ihrersejts zu kirchlichen Jweken kirchliche Mittel aufwenden wollen, die Möglichkeit dazu zu eröffnen, indem die nach Lage der Gesetzgebung zur Erhebung höherer kirch⸗ licher Steuern erforderliche staalliche Genehmigung erteilt wirs. Es handelt sich auch in keiner Weise um eine Bevorzugung der Geist= z en, um ihre Hervorhebung gegenüber den Begmten. Es handelt . ö. nut um den für mich neben sächlichen Punkt, daß gug . stteln Vorschüsse auf die Besoldungserhöhungen gewährt . nlollen die Hauptsache und der Hauptzweck ist, der zusammen, ige en Kirchengesetzgebung, welche im Herbst vorgelegt werden und welche eine allgemeine Verbesserung der Lage der Geist=

nde Mehrkosten quferlege, und, am Schlusse erklarte

lichen herbeiführen will, und die sowohl staagtliche wie kirchliche Mittel . dadurch vorzuarbeiten, daß der Kirche die Schwierigkeit der Steuereinziehung erleichtert wird, um auch innerhalb der Landes Firchen die Zurückdatferung der auch den Parrern versprochenen Be foldungserhöhungen auf den 1. April 1893 zu ermöglichen. Ich widerftehe der Verfuchung, noch auf andere Punkte einzugehen, die der Vorredner meiner Ansicht nach unnötig hier hineingezogen hat. Ueber den Beschluß der Generalsynode in betreff des Pfarrenbesetzungsrechts sind im gegenwärtigen Stadium weitere Ausführungen nicht am Yig Wir susen, meg hn en. . werden unserseits an der Be⸗ leunigung ihrer Erledigung mitwirken. ö 1 n et (Sol): Wir Sozialdemokraten sind schon des⸗ halb gegen den Entwurf, weil wir guf dem Prinjipiellen Stgnd⸗ punkt der völligen Trennung von Kirche und Staat stehen. Wir sind dagegen aus dem ferneren Grunde, weil wir zwar die sozialen Gedanken des Christentums außerordentlich hochstellen, vielleicht höher als irgend eine andere Partei, aber in der heutigen Staats kirche kein foziales Moment, sondern nur ein Werkzeug der Flassen⸗

aft, der Klaffendorrechte und der Klassenvorteile er- f gg Sie sind in Gelächter ausgebrochen, als ich sagte, daß die Sozlaldemokratle die Gedanken der werktätigen

ristlichen Nächstenliebe sehr hochstellt. Die Auffafsung, daß darin in ö außerordentlich wenig geleistet wird, findet sich aber auch 3. B. in dem christlichfozialen Volk, welches sich in diesen Tagen dahln äußerte, daß wir getrost Gott danken können, daß er uns nicht vergißt, sondern diese sieben Hechte in den Karpfenteich des Ab⸗ geordneten kaufes gesetzt hat, um diesem in bezug auf ihre Christen⸗ pflichten daz Gewissen zu schärfen“. In die vorhin ausgehrochene Peiterkeit wird man alsg in weiten Kreisen der christlichen Arbeiter auch nicht einstimmen. Wir haben aber auch eine ganze Reihe anderer Bedenken gegen die Vorlage. Die Staatsausgaben für die Kirche sind schon beträchtlich hoch, fie betragen nach dem Etat für 1908 63 Millonen. Das ist aber nur ein Teil der Aufwendungen des Staats für die Kirche. Die kirchlichen Umlagen, die Kirchensteuern, die hier nicht mit einbegriffen sind, sind ja doch auch nur Staatssteuern, da über ihre Höhe der Staat mit zu entscheiden hat. Bewilligt der Landtag die Erhöhung der Umlagen, so sind sie von jedem zu tragen, der nicht aus der Landeskirche ausgeschieden ist. Nun wird allerdings dann der Austritt, aus der Landeskirche ein viel stärkerer werden, aber es kann doch nicht jeder so leicht aus der Landeskirche ausscheiden. In Preußen haben wir allein 800 009 Beamte und Arbeiter im Staatsdienst; ein Unterbeamter wird nicht so einfach aus der Kirche auszuscheiden in der Lage sein, um sich nicht, allerhand Unannehmlichkeiten auszusetzen, Sie wissen ja, daß von dieser Seite ein Terror ausgeübt wird. Außerdem sind die Geistlichen nicht die am schlechtesten gestellten Beamten. Gewlß, im Verhältnis zu den Einkommen der besitzenden Klassen und der Minister sind ihre Gehälter recht bescheiden, aber im Vergleich mit denjenigen nach unferer Meinung hiel wichtigerer Beamtenkategorien sind sie doch recht beträchtlich. Wie sehen dem⸗ gegenüber beispielsweise die Lehrergehälter aus? Wenn dag, was man über die beabsichtigten Sätze hört, zutrifft, so wird die Tatsache bestehen, daß sehr viel Landlehrer nach 27 Jahren aufreibender beruf · licher Tätigkeit gerade so gestellt sind, wie ein junger Geistlicher mit N00 , Grundgehalt. Wenn man schon mit solchem Dampf an die Außsbesserung einer Beamtenkategorie herantritt, dann sollte man doch zuerst an die Lehrer denken. (Zurufe: Daß haben wir ja getan) Nur eine Notzulage haben Sie bewilligt, keine Aufbesserung. Die Löhne der Staatsarbeiter sind geradem erbärmlich. (Präsident von Kröcher bittet, nicht auf die Löhne einzugehen, sondern sich an die Beamtenbesoldung zu halten.) Die mittleren und unteren Beamtenkategorien sind ebenfalls bin, zu schlecht bezahlt; die Eisenbahnbeamten haben außerordentli geringe Löhne. Dabei haben sie täglich so viele Arbeits- stunden wie mancher Geistliche die ganze Woche. Ueber die Stimmung in diesen Kategorien könnte ich Ihnen piele i nisse vorlesen; obwohl die Schreiber sich eine gewisse gung auferlegen müssen, klagen sie in den . gsten önen. In der Begründung des vorliegenden Entwurfs ist von bedeutenden, von erheblichen Staatsmitteln die Rede, die zur Durchführung der von den Kirchenbehörden beschlossenen Gehaltsaufbesserungen erforder⸗ lich sind. Warum erduldet eine Vorlage von so großer finanzieller Tragweite nicht Aufschub bis zum Herbst, damit man sieht, ob die Mittel auch vorhanden sind? Durch diese Vorwegnahme der Sanktionierung der Beschlüffe der Kirchenbehörde soll den Geistlichen nur eine Extrawurst gebraten werden, die Staatsbeihilfe von etwa 10 Mill. 3 soll ihnen auch für den Fall zugesichert werden, daß die Besoldungsreform am Finanzjammer scheitern sollte. Das ist keinesfalls ausgeschlossen. Herr von Bethmann Holl—⸗ weg hat ja erklärt, die Dienstbezüge der preußischen Be⸗ amten könnten nicht n,, vorweg geregelt werden; erst nach der Neugestaltung der Reschsfinanzen werde die finanzielle Lage in Preußen und die Frage der Ergänzung der Staatseinkunfte . senügend Üübersehen lassen. Aehnlich hat 1. Herr von Rheinbaben err von Zedlitz hat das Wort unterstrichen, daß ohne gründliche Reichsfinanzreform keine Gehaltzaufbesserung in Preußen denkbar ist. Erstere aber ist, wie jedem hinlänglich bekannt, eine sehr harte Nuß. Wir halten es für dringend geboten, nicht eine einzelne Kategorie herauszugreifen, die noch dazu am allerwenigsten notleidend ist, und damit eine der mächtigsten Triebfedern zu der allgemeinen Verbesserung der Beamtenbesoldungen auszuschalten. (Der Redner verliest hierauf längere Ausführungen uber die Stimmung in manchen Synoden über die Kirchensteuerfreiheit. Präsident von Kröcher: Ich bitte Sie in Ihrem eigenen Interesse, nicht so viel vorzulesen; das Haus hört dann nicht 6 Heute haben alle Parteien Gelegenheit, durch die Tat zu zeigen, wie es mit ihrer Beamten freundlichkeit bestellt ist. ? Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: Die Rede des Abg. Ströbel würde mir einen Anlaß zur Erwiderung nicht geben, aber einige seiner Bemerkungen sind doch von so köstlicher Bedeutung, . ich ihnen entgegentreten muß, zunächst der Aeußerung, daß die Sozial⸗ demokraten alle Parteien des Hauses an werktäliger Christenliebe überträfen. Die Praxis hat immer dahin geführt, daß die werktätige Christenliebe der Sozialdemokratie in dem Moment versagte, wo sich der Betreffende nicht einfach dem Despotismus der Sozialdemokratie unterwarf, und das Wort: „Willst du nicht mein Bruder sein, schlag ich dir den Schädel ein! gilt gerade von der Sozialdemokratie. Wenn der Vorredner den Mut gehabt hat, von einem Terror bei den Wahlen zu sprechen, so rufe ich alle Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten als Zeugen auf, auf wessen Seite der Terror war. gn, bei den Sozialdemokraten: Regierung) Die Vorgänge in dabit, Wilmersdorf, Rirdorf haben bewiesen, wo wirklich der Terror geübt wurde. Ich bitte also die Sozioldemokraten dringend, zunächst vor ihrer eigenen Tur zu kehren. Es ist dann behauptet worden, die Staats⸗ arbeiter würden erbärmlich entlohnt. Wer liger dein den wirtschaftlichen Vorgängen in unserem Vaterlande gefolgt ist, der weiß, daß die Löhne der Staatzarbeiter, insbesondere in den . staatlichen Betriebs⸗ verwaltungen, von Jahr zu Jahr gestiegen sind. Ich habe die Sta— tistik nicht bei mir, aber es unkerliegt gar keinem Zwelsel, und ich könnte Ihnen an der . der Berichte der Bergverwaltung usw. nach- weisen, daß die Löhne in den staatlichen Betrieben konstant estiegen sind, und daß die KN staatlichen Arbeiter sehr viel beffer geworden ist. Der Abg. iemer sagte, die Regierung habe das Haus in eine Zwangslage gebracht; das ben, ich beim besten Willen nicht einzufehen. Wir haben gerade durch den hier vor. geschlagenen Weg dem Landtage die Moglichkeit gegeben, freie Hand zu behalten. Aus den Ausführungen des Abg. Wiemer und des Vor— rednerg ging hervor, daß eine Begünstigung der Gesstlichen ih sei zu Ungunsten der Lehrer und Beamten; babon ist gar keine Nede. Ez wird. auch nicht ein Groschen Staatgelder für die Geistlichen tra gegeben, sondern es handelt sich lediglich darum, daß die kirch. lichen Verwaltungen innerhalb ihrer Zustaͤndigkeit Kirchensteuern aubfchresben, und daß diese un serseit genehmigt werden sollen. Ee ird auch nicht' aus der Slaatekasse, den Geistlichen eine Erxtrawurst gebraten, sondern die Wurst wird von der kirchlichen

geaͤußert, und auch

Verwaltung selbst gebraten. Es handelt sich also keineswegs um eine Begünstigung der Geistlichen; im Gegenteil, man könnte umgekehrt deduzieren; wir haben eine einmalige Beihllfe aus der gr i . fur die Beamten und Lehrer gegeben, für die Geistlichen nicht, die Kirche bemüht sich selbst, auf legalem Wege ihre kirchlichen Mittel aufzubringen, damit die Geistlichen nicht ungleich behandelt werden. Worum handelt es sich? Wenn wir jetzt dieses Gesetz nicht machten, so würde am Ende des Jahres 1908 die Durchführung der anzen Maßregel viel schwieriger sein. Auf dem vorgeschlagenen Wege . die Betreffenden die Möglichkeit, sich il von vornhereln auf die Erhöhung der Steuer einzurichten. Dazu kommt: die Kirchen⸗ esetze haben die kirchlichen Instanzen durchlaufen, die Geistlichen 6 sich auf diese Gehaltserhöhung eingerichtet; wir konnten die Aufbesserung für die Geistlichen nicht vorwegnehmen, es handelt sich also darum, in besonderen Notfällen für die Geistlichen zu sorgen, das ist die materielle Seite der Sache. Wenn der Abg. Ströbel darauf hingewiesen hat, daß für die Geistlichen vielfach ein Bedürfnis für eine Gehaltserhöhung nicht vorhanden sei, daß sie vielfach sehr hohe Pfründen hätten, so muß ich sagen: er kennt die Verhältnisse nicht. Gewiß gibt es auch einige hohe Pfründen, im allgemeinen aber sind die Bezüge der Geistlichen, namentlich der Landgeistlichen, durchaus hescheidene. Der Abg. Ströhel sagte schließlich, wir sollten die Aufbesserung der Gehälter der Geistlichen bis zum Herbst ver⸗ schieben. Das tun wir ja, es soll im Herbst ein einheitliches Gesetz über die Gehaltsaufbesserung der Geistlichen, Lehrer und Beamten vorgelegt werden. 6. handelt es sich lediglich um ein Provisorkum, darum, eine innerhalb der kirchlichen Instanzen beschlossene Sache staatlicherseits gut zu heißen, wofür nicht staatliche, sondern kirchliche Mittel aufgebracht werden, um einer Notlage abzuhelfen. Ich bitte Sie, in diesem Sinne die Vorlage anzunehmen.

Abg. D. Hackenberg (nl): Es hat mich erstaunt, wie der Abg. Ströbel die Pfarrerbesoldungsfrage mit dieser Vorlage in Verbindung bringen konnte. Darüber werden wir uns ja im Herbst . unterhalten, auch über die Frage der Trennung von Staat und Kirche, wenn die Herren wollen. Den Geistlichen wird in der Tat hier keine besondere Wurst gebraten, die Sache liegt vielmehr umgekehrt, die Staatsregierung hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Pfarrerbesoldung nur im Zusammenhang mit der allgemelnen Beamten besoldungsfrage geregelt werden soll. Nun ist sämtlichen Beamten ein . —ᷓ. worden. Die Geistlichen stehen zurück, sie befinden sich in einer Notlage, und die Kirchen wollen ihrerseits selbst wenigstenz den bedürftigsten Geistlichen durch Vorschüsse

helfen, wie der Staat und das Haut allen übrigen Beamtenkategorlen

geholfen hat. Im Namen meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben, weil gerade die evangelischen Landeskirchen oder ein Teil 3 evangelischen Landes⸗ kirchen durch den Aufschub der gn , Gehalts herbesserung in eine Notlage versetzt worden sind. Bie Notlage ist um so en, als das Pfarrerbesoldungsgesetz auf den 1. April 1908 zurückdatlert ist. Es muß den Betreffenden Gelegenheit gegeben werden, sich für diesen Fall einzurichten, um das Gesetz durchzuführen. Es könnte sonst der Fall eintreten, daß die Steuer gleich für zwei Jahre zusammen gejahlt werden müßte. Um dies zu vermeiden, müssen die Kirchen in die Lage versetzt werden, schon jetzt die Steuer um⸗ zulegen. Nun befürchtet man, daß durch diese Vorlage der Pfarrer⸗ besoldungsvorlage präjudiziert würde. Nein, meine polltischen Freunde stimmen dieser Vorlage zu mit dem bestimmten Vorsatz, sich ihrer eits in keiner Weise in ihrer Stellungnahme zu dem zu erwartenden Pfarrerbesoldungsgesetz, noch viel weniger zu den anderen bezüglichen , beeinflussen zu lassen. Wir behalten uns unsere Stellungnahme vor. Die Staatsreglerung hat uns keineswegs in eine Zwangslage gebracht, ihr gebührt vielmehr der Dank der Volksvertretung dafür, daß sie diese kurze Tagung dazu benutzt hat, die a. auf legalem Wege zu ordnen. Allerdings wäre es vielleicht besser gewesen, wenn uns

dieses Gesetz schon in der vorigen Session vorgelegt worden wäre; wir brauchten dann auch nicht die Frage zu erwägen, ob wir heute drei Lesungen machen sollen.

Meine Freunde werden keinen Antrag stellen, heute noch die dritte nn vorzunehmen, aber wir werben einmütig für die Vorlage mmen.

Abg. Dr. Ider ho ff ffreikons. ): Meine Freunde halten diese ö . eine Konsequenz der Vorgänge im letzten Frühjahr. Wenn damals ie Regierun ihr Versprechen erfüllt hätte, so wäre das Pfarrerbesoldungsgesetz schon damals verabschiedet worden. Aber die Regierung widersetzte sich, weil sie die Geistlichen nicht allein vorwegnehmen wollte für die Wohltat der Gehalts. erhöhung; f wollte vielmehr gerade, daß K in , mit der Besoldung der anderen Beamten im Herbst beraten werden sollte. Eine K dieser Haltung ist das heutige Gesetz. 2 Gesetz ist ein Propisorium, und ür

seine Annahme ist die Stellungnahme des Hauseg im Herbst keineswegs präjudtzierlich, namentlich nicht na der Richtung, daß, wenn die Frage der Deckungsmitte nicht gelöst werden kann, die heutigen Beschlüfse zum

Definitibum erhoben werden sollen. Die Vorlage sst so eingehend begründet, daß ich nichts mehr hinzuzufügen habe, und es ist mir un⸗ verständlich, wie der Abg. Wiemer, der doch an unseren früheren Verhandlungen tellgenemmen hat, in dieser Vorlage eine Bevor zugung der Geistlichen sehen kann, für die wir damit schon jetzt eine Gehaltsregulierung vornähmen. Ich kann darin eine Vorwegnahme der Gehaltsregulierung nicht finden. Im Namen meiner Freunde befürworte ich, die Vorlage möglichst einstimmig anzunehmen.

Damit schließt die erste ,

In der zweiten Bergtung wird die Vorlage . Debatte gegen die Stimmen der Freisinnigen und der Sozialdemokraten

muse nt don Kröcher scläht die nägzstz Stzeng räsident von Kröcher ägt die nächste ung für Dienstag, 30. Juni, 10 ki ö. der dritten Beratung vor.

Ein Antrag des Abg. , ,. S6 . die beiden Anträge wegen der Haftentlassung des Abg. Liebknecht und der Einstellung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Leinert wegen Beleidigung für die Dauer der Session auf die Tagesordnung zu setzen, wird gegen die Stimmen der Frei⸗ sinnigen, * en und Sozialdemokraten abgelehnt; es bleibt also heim Vorschlag des Präsidenten.

Schluß 35/ Uhr.

Saudel und Gewerbe.

(Aus den im Reichtzamt des Innern züsammenge stellten Nachrichten für Handel und Industrie“)

Karte und Fahrplan der Schanghai⸗Nankin gbahn.

Ausschreibungen.

Wien. Lieferung von Mineralöl besserer und min derer Qualität an die Direktion der privilegierten ,, ungarischen Staatzeisenbahngesellschaft. Verhandlung; 6. Juli 190 12 Uhr. Näheres bei der nachgenannten Direktion (Materialwesen) J. Schwarzenbergplatz 3, 3. Stock und beim Reichsanzeiger“.

Lieferung einer Eisenkonstruktion nach Saljburgl Seitens der K. R. Staatsbahndirektton Innsbrud gelangt die Lieferung und Aufftellung der eisernen Dach und Deckenkonstruktion für dag große

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