1908 / 86 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Apr 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Schustehrus sagte, es sei der Ausdruck gefallen: die großen Städte selen die Kostgänger des Staates. Ich habe den Ausdruck nicht ge⸗ braucht, aber daran muß ich festhalten, daß das Land in seiner All⸗ gemeinheit einen ungerechtfertigt größeren Beitrag zu den Kosten der Pollzeiverwaltung in den größten und wohlhabendsten Städten leistet als diese Städte selbst.

Wenn dann Herr Schustehrus auf die Steuerleistung der Stadt Charlottenburg eingegangen ist, so hat dies mit der vorliegenden Materle nicht das geringste zu tun. Die Frage ist die: wie hoch stellen sich die Aufwendungen des Staats für den hier in Rede stehenden Zweck unter dem bestehenden Gesetze, und danach steht es unwiderleglich fest, daß für den Staat die Kosten der Königlichen Polizeiverwaltung in den großen Städten nicht weniger als 36 Milllonen Mark betragen, die großen Städte aber hierzu nur 9 Millionen Mark beitragen. Meine Herren, es ist evident, daß damit die Städte auch nicht annähend einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Polizeiverwaltung leisten, die ihnen doch in erster Linie zugute kommt.

Nun möchte ich noch einige wenige Bemerkungen zu den Anträgen des Herrn Oberbürgermeisters Kirschner und des Herrn Oberbürger⸗ meisters Bender machen. Herr Oberbürgermeister Kirschner hat beantragt, den von ihm bezeichneten Passus in § 2 zu streichen. Der Herr Minister des Innern hat schon die Gründe dargelegt, die für die Aufrechthaltung dieses Passus sprechen. Bei dem Polzei⸗ präsidenten in Berlin sind allerdings die Verhältnisse so, wie sie nirgends vorkommen, insofern der Polizeipräsident eine Doppel⸗ stellung hat und zugleich Regierungspräsident und Polizei⸗ präsident von Berlin ist, und für diese Geschäfte als Re⸗ gierungspräsident wird im Interesse der Stadt Berlin ein Abzug von den Kosten gemacht. Nun wollen die Herren darüber das Verwaltungsstreitverfahren in jedem Jahre eröffnen und Herr Schustehrus hat gemeint: einen frischen, fröhlichen Rechtsstreit hätte er gern. Auf den Standpunkt vermögen wir uns nicht zu stellen. Es liegt im allgemeinen Interesse, diesen frischen und fröhlichen Rechts⸗ streit, der meist zur Vergiftung des guten Verhältnisses zwischen beiden Parteien führt (Widerspruch links), zu vermeiden. Um was kann es sich hier denn handeln? Wir haben minutiös ausgerechnet, in welchem Maße die Tätigkeit des Polizei⸗ präsidenten den landespolizeilichen und wie weit sie den ortz⸗ polijeilichen Geschäften zufällt, wir haben minutiös auseinander gerechnet, wie die Tätigkeit der Oberregierungsräte, der Regierungsräte, der ganzen Subalternbeamten dem einen oder dem andern Teil dieser Geschäfte zugute kommt, und zwar haben wir optima fids und im Interesse der Stadt Berlin ihr einen Prozentsatz von 4 zugute ge⸗ rechnet und haben diesen Satz bei den Verhandlungen im Abgeordneten⸗ hause auf Ho so erhöht, was wieder für Berlin 100 9000 S bedeutet. Nun denken Sie sich, meine Herren, wenn in jedem Jahre der Streit wieder losgehen soll, welcher Anteil der Ge⸗ schäfte des Polizeipräsidenten als landespolizeiliche Maß- nahmen oder als ortagpolizeiliche Maßnahmen anzusehen ist. Solche Streitigkeiten von vornherein aus der Welt zu räumen, meine ich, liegt im allseitigen Interefse. Dann hat Herr Oberbürgermeister Bender einen Antrag gestellt, den ich als unannehmbar für die Staatgregierung bejeichnen muß, der dahin geht, wir sollten in den Orten mit Königlicher Polizeiverwaltung auch die Pensionen der früher unter der kommunalen Verwaltung verabschiedeten Poltzei⸗ beamten auf die Staatskasse übernehmen, beziehungsweise sie von den Beiträgen der großen Städte abziehen. Wie kommt denn der Staat dazu, die Pensionen von Leuten zu übernehmen, die reine Kommunal- beamte waren und als solche pensiontert sind? Das ist doch unzweifelhaft Sache der betreffenden Kommunen, nicht aber des Staates! Der Herr Minister des Innern hat schon die Erklärung abgegeben, daß, wenn wir zur Errichtung weiterer König—⸗ licher Polizeiverwaltungen schreiten würden, wie voraussichtlich aus dringenden politischen Gründen im Westen der Monarchie, besonders in den Industrierebieren, wir tunlichst die geeigneten kommunalen Poltzeorgane übernehmen würden. Damit erweisen wir den Städten

doch eine große Wohltat; denn damit wird die ganze Zeit, die die

Leute bisher in der Kommune pensitonsberechtigt waren, für die spätere staatliche Penstonierung umgerechnet. Die betreffenden Kommunen werden also pro rata temporis von Pensionslasten befreit. Aber so weit kann der Staat nicht gehen, daß er auch für bereits verabschiedete Beamte, die er seinerseits garnicht übernimmt, die Pensionslasten trägt.

Dann ist der Satz von 17 9jo bei Schutzleuten, die als Pausch⸗ quantum für Pensions, und Reliktenlasten dienen soll, bemängelt worden. Nach unseren Wahrnehmungen ist ein solcher Satz von 1709/0

bei Organen der Exekutive, die verhältnismäßig schnell in Pension

treten müfsen, gering, und wir haben in anderen staatlichen Ver⸗ waltungen mit sehr erheblich höheren Sätzen zu rechnen, stellenweise bis zu 25 960. Wenn wir also den Städten nur 1700 des Gehalts als Beitrag zu den Pensiontz⸗ und Reliktenlasten anrechnen, so ist das durchaus im Interesse der Städte gerechnet. Ich möchte hier noch einmal aussprechen, was schon kürzlich gesagt worden ist. Wir glauben, die 1700 sind noch zu wenig, sollten aber auch nur 15 oder 16 oo den richtigen Maßstab bilden, es trägt doch der Staat von den gesamten Kosten, die nach der Steinschen Städteordnung von 1808 den großen Städten unzweifelhaft zufallen, wei Drittel vorweg. Ich meine, bei einem fo weitgehenden Entgegenkommen sollten doch so kleine Be⸗ mängelungen, ob die Pensionslasten mit 170, richtig berechnet sind oder nicht, gar nicht in Betracht kommen. Das Zurückgehen der Leistungen der Städte von zwei Fünfteln auf ein Drittel hat für den Staat den Effekt, daß er nur die Hälfte der Summen von den Städten bekommt, die er ursprünglich erhalten sollte. Wir sind also so außerordentlich weit entgegengekommen, und ich möchte bitten, nun der Vorlage unverändert Ihre Zustimmung geben zu wollen. (Bravoh

Oberbürgermelster Dr. Lentze⸗Magdeburg bemerkt, ö es sich bier nicht um die Pensionierung von Beamten wegen Dienstunfähig⸗ keit handle, sondern darum, daß Beamte pensioniert werden müffen, weil sie überflüssig geworden sind. Deshalb müßte der Staat diese Pensionen übernehmen. Die Städte hätten schon seinerzeit die Pensionierung der überflüssig gewordenen Nachtwächter übernehmen müssen. Der Redner bemängelt ferner die Art, wie die Gebäude der Städte in Anrechnung kämen. Ober bürgermeister Dr. Bender⸗Breslau: Ich will die 170;9 gelten lassen, aber ich frage, wie kommt der Staat dazu, am ersten Tage seiner tung die 17/9 der Gehälter zurückzuhalten; das sst doch eine flagrante Doppelbezahlung seitens der Stadt. Wir reden gar nicht so sehr gegen die Jahlung der Kosten zu einem Drittel,

als vielmehr gegen die Motivierung der ganzen Sache. Mit derselben Begründung könnte man J von den Städten fordern. Polljei und Stadtverwaltung lassen sich eigent- lich überbaupt nicht trennen, und nur durch die Trennung entsteht viel Schreiberei und Aerger. Wer ist. denn glück licher, die Städte mit eigener kommunaler Polizei, die also drei Drittel dafür zahlen, oder die Städte, die nur ein Drittel zahlen, aber königliche Polizei haben? Die Regierung sollte wenigstens erklären, daß wir jetzt mit dem einen Drittel Kostenanteil für die Zukunft Ruhe haben werden. Ich fürchte, daß die Schrauben später weiter angezogen werden sollen. Wir sind stolz auf unsere Selbst verwaltung, und die Städte haben den natürlichen Wunsch, die ganze Verwaltung zu heben, also auch die Polizelverwaltung. Ich bestreite, daß die staatliche Polizei besser ist als die kommunale Polizei.

Oberbürgermeister Körte Königsberg: Wenn immer darauf hin. gewiesen wird, daß nach der früheren Gesetzgebung die Städte die Polizeikosten ganz zu tragen haben, so hat doch nach dem Gesetz von 1872 der Staat für die königliche Polizei die Kosten zu tragen, und die Städte haben nur dazu den damals festgesetzten Beitrag zu zahlen. Die ziffernmäßige Aufstellung der Regierung über die Verteilung der Kosten in Berlin kann uns nicht überzeugen, zumal diese Ziffern in der letzten Zeit der Session erst aufgestellt sind, und deshalb ist der Wunsch der Stadt Berlin gerechtfertigt, daß der Satz im § 2 ge—= strichen wird. Zu dem Verwaltungsstreitverfahren haben wir eben unbedingtes Vertrauen. Die Staͤdte haben wiederholt in solchen frischen, fröhlichen Rechtsstreltigkeiten gegen den Fiskus gesiegt, warum will man den Städten die Möglichkeit dazu nehmen?

Graf Botho zu Eulenburg: Wir sind gegen die Anträge; es geschieht das aber nicht mit Rücksicht auf die Geschäftslage, die aller⸗ dings auch für uns unerwünscht ist, die uns aber nicht veranlassen kann, etwas Berechtigtes deshalb zurückzustellen. Ich habe nicht die Vermutung, daß das Abgeordnetenhaus dem Antrag Küirschner ohne weiteres zustimmen wird. Im Abgeordnetenbause gingen die Anträge in der Kommission lediglich dahin, das Pauschquantum höher zu be⸗ messen, aber es nicht zu streichen. Es handelt sich nicht um ein Ge⸗ schenk an die Stadt Berlin, das Herr Kirschner großmütig zurückweist; er tut das nur, weil er besser wegzukommen glaubt. Die Polizei in Berlin hat neben der ortspolizeilichen Aufgabe auch wichtige landespolizeiliche Aufgaben. Die Kosten dafür ein⸗ für alle⸗ mal zu pauschalieren, hat seinen guten Grund, weil dabei sehr viele einzelne Zahlen in Betracht kommen, die sich nur schätzen lassen. Ich hätte allerdings gewünscht, daß, als die Stadt Berlin im Herbft deswegen bei der Regierung anfragte, eine etwas ausführlichere Ant⸗ wort von der Regierung erteilt worden wäre. Die 4 o/o sind auf 5 0 erhöht worden, das entspricht der Gerechtigkeit. Die Gleich⸗ mäßigkeit der Stadt Berlin mit den anderen Städten wird gerade durch den betreffenden Satz hergestellt, und deshalb sind wir für die Aufrechterhaltung.

Oberbürgermeister Ehlers⸗Danzig: Durch die Festsetzung der 5 0/o für landespolizeiliche Ausgaben im Gesetz selbst wird tatsäch⸗ lich der Stadt Berlin der Rechtsweg dagegen verschlossen. Pauschal⸗ sätze setzt man sonst durch freie Vereinbarung fest, es wäre ganz gut, wenn die Regierung sich mit der Stadt Berlin darüber verständigte. Eg ist doch gegen alle Kleiderordnung, daß man Wohltaten aufdrängt. Ich bitte, nach dem Antrage Kirschner zu verfahren. .

Oberbürgermeister Kirschner Berlin: Dem Grafen Eulenburg erwidere ich, wenn ich auf das Geschenk verzichte, so tue ich das im Interesse der Stadt Berlin. Graf Eulenburg verwechselt den tatsächlichen Zustand mit dem rechtlichen; tatsächlich steht Berlin allerdings anders da als die anderen Städte, aber rechtlich steht es ebenso. Ueber welche Fragen soll denn noch im Verwaltungsstreitverfahren ent⸗ schieden werden, wenn nicht über die Verteilung der Kosten? Also ist für die Stadt der Rechtsweg tatsächlich k Dle ziffern mäßige Aufstellung der Regierung ist eine so ober stellung, daß sie 6. maßgebend sein kann. Wenn hier Beschluß . * wird, geschieht es also ohne genügende Prüfung. Ich h.

üher als Rechtsanwalt immer hren zu vermeiden gesucht, aber wenn ich sehe, mir geschieht ein Unrecht, das ich mir gefallen lassen muß, so ziehe ich doch einen frischen, fröhlichen Rechtsstreit vor.

Oberbürgermeister Dr. Struckmann- Hildesheim stimmt den Ausführungen des Grafen Eulenburg zu.

§z 2 wird unter Ablehnung der Anträge Kirschner und Bender unverändert angenommen. Für den Äntrag Kirschner stimmen auch die früheren Staatsminister von Schönstedt und Freiherr Lucius von Ballhausen.

Die 3—5 werden ohne erhebliche Debatte angenommen.

Bei 8 56, welcher die Unterverteilung der Kosten auf mehrere beteiligte Gemeinden regelt, bemerkt

Oberbürgermeister . daß nach dem Wortlaut dieses Paragraphen der Bezirksausschuß vollkommen freie Hand habe, den Maßstab für die Unterverteilung zu bestimmen. In der Kommission

sei der Antrag gestellt worden, daß der Bezirksausschuß dabei die

Aufwendungen angemessen berüclsichtigen . welche im Interesse der einzelnen Gemeinden gemacht würden. Infolge einer zusagenden Erklärung der Regierung in der Kommission sei dieser Antrag nicht aufrecht erhalten worden.

5 5 wird unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte der Rest des Gesetzes und schließlich bei der Gesamtabstimmung das Gesetz im ganzen gegen die Stimmen einiger Bürger⸗ meister, darunter des Oberbürgermeisters Kirschner.

Den von der Kommission beantragten Resolutionen:

a. die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, den Anträgen von Gemeinden mit Königlicher Polizeiberwaltung au K der Wohlfahrtspolizel oder einzelner Zweige derselben in eigene Verwaltung möglichst stattzugeben, .

b. die Königliche Staatsregierung um eine auch für die Zukunft bindende Erklärung darüber zu ersuchen, ob ste bereit ist, zur Er— leichterung der Gemeinden, in welchen Königliche Polizeiverwaltung eingerichtet wird, das dort vorhandene Polizeipersonal tunlichst in den Stagtsdienst zu übernehmen“,

wird zugestimmt.

Darauf erledigt das Haus die Rechnungen über die Ver⸗ wendung des Z3wischenkredits bei der Errichtung von Renten gütern durch Kenntnisnahme.

Ueber die Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedlungen in Westpreußen und Posen, für 19807 referiert namens der Etats- und Finanzkommission Ober⸗ bürgermeister Knobloch⸗Bromberg. ;

Graf von der Schulenburg Grünthal: Bei dieser Gelegenheit muß ich auf den ungewöhnlichen Vorgang hinweisen, daß ein Mitglied des Herrenhauses in der Presse Kritik am Herrenhause selbst übt. Pro⸗ fessor Schmoller hat in der Täglichen Rundschau⸗ vom J. März d. J. mit bezug auf die Enteignungsborlage gesagt, immerhin habe das Herrenhaus durch die Annahme noch seine Ehre gerettet. Das enthält eine schwere Beschuldigung, ich würde Herrn Schmoller bitten, mit dem Ausdruck Ehren etwas vorsichtiger zu sein. Es ist weiter nicht richtig, daß, sämtliche Katholiken gegen das Gesetz gestimmt haben, denn Graf von Hoensbroech hat dafür gestimmt. Sodann bezeichnet Herr Schmoller den Fürsten Lichnowsky als den gebildetsten der 4. des Herrenhauses. Ich will natürlich darüber nicht urteilen, aber wenn Herr Schmoller nicht sämtliche Fürsten des Hauses auf ihre Bildung hin examiniert hat, so hat er kein Recht zu solcher Kritik. Zuletzt spricht Herr Schmoller von dem (kurzsichtigen und weltfremden Junkertum'. Danach wären auch der Prästdent und Zweite Vizepräsident kurzsichtig und weltfremd. Von den „Junkern“ wird eine solche Kritik niemals zu erwarten sein; ich hoffe, daß sich solcher Vorgang nicht wiederholt.

Vijepräͤsident Becher macht darauf aufmerksam, daß diese Aus⸗ führungen eigentlich nicht zum Gegenstand gehörten.

flächliche Zusammen⸗

eine Entschädigung erhalten sollen.

ö Die Denkschrift wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt. ae, oa nz

Schluß gegen 6is⸗ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag, 12 Uhr. (Nachtragsetat mit Beamtenzulagen; kleinere Vorlagen .

. Haus der Abgeordneten. 71. Sitzung vom 8 April 1908, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in de . Nummer d. Bl. berichtet worden. r gestrigen ( Zur Beratung steht der der Budgetkommission über- wiesene Antrag des Abg. Freiherrn 3 ö 4 Massaunen ffreikons), betreffend freie Eisenbahn fahrt für die Wahlmänner bei den Wahlen zum . schen Abgeordnetenhause— an, Die Kommission, Berichterstatter Abg. Brütt beantragt, den Antrag in folgender Fassung der Regierung zur Ern gang zu . 6. 9g die Regierung zu ersuchen, bei den W / 4 nen n , frele r nn n , na er Wa von rem ohn zum gewähren. Wablorte und zurück zn Der Abg, Freiherr von Gamp beantragt Antrag 3 . Jann an u he mne, ö dagegen den die Regierung zu ersuchen, bei den W Abgeordnetenhause den Wahlmännern . w m e ier Wahl sowie ans den Tagen vor und nach her Wahl von . Wohnsitze zum Wahlort und jurüc zu gewähren, ihnen au

ü ü ch, wo die regelmäßigen Züge keine angemessene Verbind ; züge zu stellen.“ ndung bieten, Extra.

Nach der Begründung dieses letzteren Antrags durch den 4

Abg. Freiherrn von Gamp erhält das Wort

Abg. Dr. Freiherr von Erf fa (kons): Wir haben uns nicht da— gegen gesträubt, den Antrag Gamp einer Kommission zur Prüfung zu über. weisen; ich muß es aber entschieden bestreiten, daß der Antrag in der Budgetkommisston nur auf seine finanzielle Seite hin geprüft werden sollte. Meine politischen Freunde haben sich nun in der Kommissson überzeugt, daß der Antrag verfehlt ist. Freiherr von Gamp hat die Unabhängigkeit der Wahlmänner durch seinen Antrag wahrnehmen wollen und einen Beweis für die Abhängigkeit darin gesehen, daß Wahlmänner angeblich wegen der Kosten nicht zum Wahlort fahren. Ich kann ihm sagen, daß bei ung so etwas überhaupt nicht vor— kommt; wer sich wählen läßt, kommt, es sei denn, er ist krank ge worden oder sonst irgendwie verhindert. Wir stehen auf dem Stand— punkt, die Ausübung der politischen Tätigkeit als Wahl mann als ein Ehrenamt anzusehen, das freiwillig ist. Wir wollen unser Voll niht von der Uchernahme von Ehrenämtern entwöhnen; in unserer heutigen Zeit des Materialismus ist es von Wert, daß sich Männer finden, i kleine oder große Opfer für ein solches Amt bringen wollen. Beim Schöffenamt, das nicht freiwillig ist, wird auch keine Ent= schädigung gewährt. Schließlich kommt Herr von Gamp im nächsten Jahr und verlangt auch für den Besuch der Kreistage freie Fahrt. Seit 50 Jahren wird das Wahlmänneramt als Ehrenamt aus gelbt. Die Konsequenz des Antrages wäre auch die, daß Wahlmänner, die sich der Car hr nicht bedienen, sondern eines Mietswagens, auch Was den zweiten Punkt det Antrages ange 6 Stellung von Extrazügen für die Wahlmänner, wo keine guten Anschlüsse vorhanden sind, ö. weise ich darauf hin, daß die Cisenbahnverwaltung heute schon diese Rücksicht übt, sie stelll auch z. B. Personenwagen in Güterzüge ein, die geeignetere Anschlüße haben, und wenn Herr von Gamp auf einen Fall hinweist, wo die Wahlmänner an einem Orte haben übernachten müssen, so liegt der Fehler daran, daß die Eisenbahn nicht zur Stellung eines Extrazugeß aufgefordert worden war. Der zweite Teil des Antrages Gamp sst also überflüssig, und der erste Teil ist für uns unannehmbar, we wir das Amt als ein Ehrenamt ansehen. Wir werden sowohl den Antrag Gamp als auch den Kommissionsantrag ablehnen. ö.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. von der Le Die Gründe, die gegen den Antrag von Gamp spre sind von Herrn Freiherrn von Erffa erschöpfend dargelegt; möchte aber nicht verfehlen, auf den § 7 der Eisenbahnverßh ordnung hinzuweisen, der Preizermäßigungen resp. freie nur dann zugesteht, wenn ein dienstliches Interesse vo bahnbeamten oder ein öffentliches Interesse vorliegt. Daß iin dienst= liches Interesse der Eisenbahnverwaltung nicht vorliegt, ist klat (P rufe: Und öffentliches Interesse ?). man kann doch nur von politischem Interesse sprechen; es besteht aber keine Veranlassung, ein seit 50 Jahren ausgeübtes Ehrenamt jetzt anders zu behandeln. Es ist auch ein gewaltiger Unterschied, ob nur freie Fahrt oder euch Reisekosten verlangt werden. Die Eisenbahnverwaltung kann den An« trag nur für bedenklich erachten.

Abg. Dr. von Djiem bowski ö In der Verkehrsordnung steht er fich Interesse“. Fei den Wahlen zum Abgeordneten⸗ hause wird doch niemand ein öffentliches Interesse bestreiken wollen. Es ist eine Ehrenpflicht des Staates, den Inhabern eines Ehrenamtes für den Staat die Ausübung des Amtes zu erleichtern. Der Staat soll doch nicht aus den Reisen der Wahlmänner ein einträgliches Ge—⸗ schäft machen. Dem Antrage der Kommission ziehe ich den Antrag Gamp selbst vor. Wenn wir selbst noch nicht über die Sache klar wären, könnten wir die Regierung um Erwägung ersuchen; aber wir haben uns die Sache überlegt, und sie ist auch fo einfach, daß wir heute darüber Beschluß fassen können. ;

Abg. Freiberr von Gamp: Der Unterschied, den Abg. von Erffa zwischen den Wahlmännern und den Schöffen und Geschworenen macht, ist nicht zutreffend. Von der Beförderung über Land ist überhaupt nicht die Rede, zu den Sitzungen des Landeseisenbahnrats und deer Beiirkseisenbahnräte gibt es auch nur freie Eisenbahnfahrt Die Verkehrsordnung ist vom Bundesrat erlassen, ste bindet uns nicht. Es ist da die Rede von dem Refakttenberbot, hier aber handelt es sich um etwas anderes, um die Bewilligung der freien Fahrt für ein öffentliches Interesse. Daß der Kommiffar des Elsen bahnministerkums die polstische Frage nicht enischeiden kann, damit bin ich einverstanden. .

Abg. Funck (fr. Volkep,) unterstützt den Antrag Gamp. Der Wahl mann habe eine Pflicht, am Wahlort zu erscheinen, da ist es en Gebot der Billigkeit, daß ihm freie Fahrt gewährt wird. Ein öffent- ssiches Interesse liegt zweifellos vor, wie man darüber zweifelhaft sein kann, dafür habe er kein Verständnis. ö

Abg. Dr. Freiherr von Erffa: ö die Wahlmänner zum Wahlort fahren müssen, wissen sie doch vorher; wenn ihnen das un, bequem ist, brauchen sie sich ja nicht wählen zu lassen. Eg muß doch nicht alles in der Welt bezahlt werden. ;

. Dr. Mülder. Berlin (fr. Volkep.) welst darauf hin, daß im Wahlkeise Eschwege. Schmalkalden die Wahlmänner von einer Ecke des Wahlkrelses jur anderen hinfahren müffen. Das heißt den Wahlen einen plutokratischen Charakter geben, wenn man dafür Geld ⸗- opfer verlangt. ö

Der Antrag Gamp wird in der von diesem beantragten Fassung gegen die Stimmen der konservativen Partei ange= nommen.

Darauf wird in dritter Beratung der Ge setz en twurf, betreffend Erweiterung des Staßtkreises Kiel, ohne Debatte angenommen.

Das Haus setzt alsdann die gestern abgebrochene Hera tungbe⸗ Denkschräft über die Ausführung des än fie ö.

esetzes für die Provinzen Weßtpreußen und Pose ür 1907 fort.

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