1909 / 76 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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„Ich batte geftern Gelegenbelt ju einer längeren Aus sprache mit iner Masestäl dem Kaiser und Könige und bin in der Lage ju faden, daß Seine Masestät vollsländig den Standpunkt billigt und tellt, den ich vom ersten Tage an eingenommen habe, die Auffassung nämlich, daß für untz weder Veranlasfung vorllegt, noch auch Neigung bei ung bestebt, das Vorgehen unseres Verbündeten einer Kritik zu untersieben, wohl aber der feste Wille, in Gr füllung unserer Bündniepflichten an seiner Seite ju steben und lu bleiben. Auch für den Fall, daß Schwlerigkelten und Kompllkattonen entstehen sollten, wird unser Verbündeter auf ung rechnen können. Selne Majestaͤt der Kalser und König, dessen verebrunggvolle Freund schaft für den ehrwürdigen Kalser und König Fran Joleph bekannt ist, steht in unerschüätterlicher Treue ju seinem erhabenen Ver · bůndeten. ö Dag also, meine Herren, war der Standpunkf, und dag waren

meine Instrultlonen von dem ersten Tage an. Danach können Sle essen, wag eg auf sich pr 2 man mich als unsicheren

tonisten hat verdächtigen wollen.

Gäbenso wie gegen die grundlose Behauptung, als ob ich unseren ͤsterreschisch. ungarischen Verbündeten anfangs nur jögernd und. lau unterstützt hätte, muß ich mich nun auch gegen den entgegengesetzten

orwurf wenden, nämlich daß wir uns mit überflüssigem Eifer an der Selte von Desterreich · Ungarn gebalten bätten. Es wird darüber gellagt, daß wir ung dadurch unnötigerweise in Gefahr begeben bäͤtten. an hat uns vorgeworfen, daß wir ung nur für Interessen ein gesetzt hätten, die nicht unsere eldgenen Intereffen wären. Diese orwürfe treten auf mit dem Anschein eines gesunden politischen olzmug, und sie werden vorgetragen unter Berufung auf die Autortzaft' bea gärsten Blömark. Es wird vlg, Bismark. Nnsicht hingestellt, daß wir in der Balkankrisis jede tellungnahme hätten vermeiden sollen. Meine Herren, ich . upte, daß eine solche Laodijäerpolltik vom Fürsten Bis⸗ marck ohne Bedenken berworfen worden wäre. Nicht e r in Orientfragen überhaupt Stellung zu nebmen, hat Fürst Bis mar widerraten, sondern vorseitig Stellung jn nebmen oder dle ü hrung an sich ju nehmen. Ich will Sie an ein Wort des Fürsien Blgmarck erinnern, dag lin seiner Zelt, als en eee, wurde, eine allgemelne, mahnende Betrachtung war, und das heute eine schlagende Rechtfertigung ist. In seiner unsterblichen rr . . Februar 18 sagte Fürst Bie marck ich habe mir die Stelle auggeschrieben : ; „Gin Staat wie Oesterreich. Ungarn wird dadurch, daß man

ihn im Stiche läßt, entfremdet und wird geneigt werden, dem

die Hand ju bieten, der selnerseite der Gegner eines ume li ie

r ist. en,, nicht in der Aussicht auf einen hamm territorlalen oder wirtschaftlichen Gewinn liegt unser eigenes und

eigentliches Interesse in der gegenwärtigen Situation. Behr wahr h Glauben Sie wirklich, meine Herren, daß wir enen neuen Freund gewonnen, irgend einen Ersatz gefunden hätten für ein durch 30 Jahre bewährtes Bündnis, wenn wir die Probe auf unsere Treue nicht bestanden hätten (Lebhaftes Sehr richtig h, lediglich aus Furcht, den Anschluß an andere Mächte nicht ju finden? Wlederholtes leb⸗ haftet Sehr nichtig) Wir würden ung, meine Herren, sehr bald, und dann ohne Oesterrelch⸗ Ungarn, derselben Mäãͤchtegrupplerung gegenübergesehen haben, der Oesterreich · Ungarn hätte weichen mussen. (Sehr richtig! auf allen Selten des Hauses.)

Gewiß, meine Herren, Deutschland ist stark genug, um sich im Notfalle auch allein zu behaupten. (Vielfaches Bravo) Das ist aber kein Grund, einen lovalen Bundesgenossen, der überdies ein außer ordentlich wichtiger Faktor in der europälschen Staatengesellschaft ist, in elner für ihn schwierigen Lage allein ju lassen und auf andere Freundschaften anzuweisen. (Lebhaftes Sehr richtig) Die Politik des Finassterens ist nicht immer eine kluge Politik, und sie ist jedenfall verfeblt dem Freunde gegenüber, der Klarheit und DOffenbelt erwartet. Uns klar und offen an die Selte von Desterreich. Angarn in stellen, entsprach auch deshalb unserem Interesse,

ltung zu gefährlichen Versuchen ermuntert

w ine andere Ha ** e e m erng von Oesterreich · Ungarn elne Schädigung nnjufsigen. Eine diplomatische Niederlage unsereg Bundetrgenossen aber

m jhre Rückwirkung auf unsere elgene Stellung in * re. ö. würde das Schwergewicht verringern, das Deutschland und Desterreich · Ungarn gemein sam repräsentleren, und dag bel vielen jnternattonalen Fragen gemeinsam in die

Wa worfen wird. aschale ge habe lrgendwo ein höhnische Wort gelesen

über unsere Vasallenschaft gegenüber Oesterreich ˖ Ungarn. Das Wort

ist g! und Heiterkeit) Es gibt bier keinen Streit ͤ , . . beiden Königinnen im Nibelungenliede;

e wollen wir aus unserem Verhältnis zu

abe r die Nlbelungent 1e u lien (Lebhafte Brabo h, die wollen wir

Desterreich. Ingarn nicht ausscha Jegenseitig wahren. (Erneuter neftlichen Gemütern nicht ö lle ich mich, hinzujufügen, daß ich 2 e n 6. ni Hei eic nm ge err, dfterreschisch · ungarisch · deutschen br wahr) Die Publizierung des em, de. Bindniffe bat selnerzelt auf krieglustige Elemente in Europ e gend eingewitkt. Die Konstatierung, Ante nichte von selner Kraft eingeblßt bat, nur nsßhlich wirlen. (Sehr richtig). Den derten, die mir in der Presse und sonstwo aer entgegenbalten, sage ich einfach, daß dtet. Nun, melne Herren, welß ich wohl, daß wir Deutsche ene r lang bedürfen, auf selten einer gerechten Sache zu stehen; w aben dieser Ucberfeugung oft genug Opfer gebracht. Et llegt auch 5 deutschen Charakter, eine Sache gern deshalb für die gerechte ju alten, well sie die schwächere ist. Melne Herren, diesmal brauchen wir keine Skrupel zu haben, d sie sind melnes Wissens auch nirgends bei uns hervorgetreten. 8 unterlegt für mich nicht dem mindesten Zwelsel, daß Oesterreich. nian in seinem Konflikt mit Serblen das Recht durchaus auf Einer Seite bat. (Lebhaftes Sehr richtig) Die Annexion der lden Provinlen ist kein wnischer Landraub, sondern der letzte z ritt auf der Bahn einer seit 30 Jahren unter Anerkennung der j acht. betätigten volltischen und kulturellen Arbelt. (Lebhaftes Sehr äh Das htettsiahter uötenmen i js scen ir; oesclscsr orden. Die Besetzung von Bosnien und der Herzegowina erfolgte

wen den Buchstaben d hler der Buch-; stab⸗

der Ueber⸗

well; der ursprüngliche Beflzer den Ausstand in Provinzen nicht ju dämpfen vermochte, und Desterreich⸗ Lufruhr welter Landstrecken dicht an seiner Grenze auf die Was die österreichisch⸗

selnerzelt,

jenen beiden Ungarn den Länge unmöglich ruhig mltansehen konnte. ungarische Verwaltung in dieser Zeit für die beiden Provinzen getan hat,

das, melne Herren, ist von allen sachverständigen Beurtellern als eine glanzende Kulturleistung anerkannt worden. (Sehr richtig) DOester⸗ reich; Ungarn hat also sein Recht auf die beiden Probinzen in stetiger Arbelt erworben. Der Verstoß gegen das formale Recht, der bel der Annexlon begangen wurde, ist durch die Verhandlungen jwischen Desterreich Ungarn und der Pforte ausgeglichen worden. Bel diesen Verhandlungen ist von beiden Seiten mit staatsmãnnischer Weleheit den Interessen beider Teile gedient worden, und ich glaube, daß belde Teile Anlaß haben, sich ju dem gelungenen Abschluß Glück zu wünschen. (Sehr richtig) Nachdem, meine Herren, eine Einigung unter den Nächstbetelligten ersnielt worden ist, wird auch die formelle Anerkennung der übrigen Signatarmächte des Berliner Vertrages nicht ausbleiben können. Daß aber auch das Plazet Serbleng erforderlich sein sollte, dag, melne Herren ist eine Zumutung, die Desterreich - Ungarn von Anfang an mit Recht zurückgewiesen hat (Sehr richtig h, mag ste nun in der Form des Anspruchs auf Kompensationen oder in anderer Weise aufgetreten sein. Den Serben steht keinerlei Rechtsanspruch jur Selte. (Sehr richtig! rechts.) Ole serbischen Rüstungen find ein gefährliches Spiel. Wenn es nun auch ein unerträglicher Gedanle ist, daß der europälsche Frieden wegen Serbien gefährdet werden sollte, so folgt daraus doch keineswegs, daß Desterreich · Ungarn oder die Türkei anzuhalten wären, unberechtigten politischen und terrltorlalen Aspirationen der Serben nachzugeben. Vielmehr würde eine starke Verantwortung aut der ganzen Lage der Dinge für diejenigen erwachsen, die dazu beitragen sollten, die serbischen Asplrationen in irgend einer Weise ju ermutigen. Sie sind keinen Krieg, geschweige denn einen Weltbrand wert. Ich habe aber die beste Zuversicht, daß das Frledensbedürfnis Europas stark genug sein wird, um einen solchen Weltbrand zu verhüten. Die Haltung, welche die russische Polltik in der Annexlonsfrage neuerdings angenommen hat, bestärkt mich in dieser Hoffnung. Durch diese Haltung haben sich die Leiter der russischen Politik und insbesondere Seine Majestät der Kaiser Nikolaus Anspruch auf die Anerkennung und die Dankbarkeit aller Friedensfreunde in Europa erworben. Bravo l)

Unsere Haltung gegenüber der Konferenzfrage hat sich nicht ge⸗ ändert. Wir haben nach wie vor keine grundsäͤtzlichen Bedenken gegen eine solche Konferen, vorausgesetzt, daß alle europälschen Mächte an ihr teilnehmen, daß die Mächte sich vorher über die streitigen Punkte einigen, und das Konferenzprogramm genau festgesetzt und umgrenit wird. Denn wir wünschen, meine Herren, daß die Konferenz nicht ein Auftegungsmittel, sondern ich bediene mich der Worte des eng lischen Ministers des Aeußern ein Beruhigungsmittel sein möge. Nun ist welter gesagt worden, wir hätten uns bemühen sollen, die in Europa bestehenden und gewiß nicht ungefährlichen Gegensätze auszugleichen; es wird uns vorgeworfen, daß wir in dieser Richtung nicht genug getan hätten.

Meine Herten, man übersieht dabel, daß wir gar keine Ver anlafsung hatten, eine übertriebene Geschästigkeit iu entwickeln. Sowelt aber eine Grundlage für eine vermittelnde Tätigkeit vorhanden war, haben wir es natärlich nicht an Bemühungen

in ausgleichendem Sinne fehlen lassen. Wir sind in dieser Richtung, und nicht ohne Erfolg, jwischen Wien und Konstantinopel und auch jwischen Wien und St. Petersburg tätig gewesen. Dabei sind wir uns allerdings stets der Grenzen bewußt geblieben, die unser eigenes Interesse und die Loyalität gegenüber Oesterreich⸗ Ungarn einer vermittelnden Tätigkeit setzen. Ich will diese Grenjen genau bejelchnen: Wir haben keinen Schritt getan und werden keinen Schritt tun, der den mindesten Zweifel ließe an unserer festen Entschlossenheit, kein österrelchischungarisches Lebensinteresse preis- zugeben. (Bravoh Und ebensowenig sind wir dafür zu haben, daß an Oesterrelich⸗ Ungarn Zumutungen gestellt werden, die unvereinbar wären mit der Würde der Habsburgischen Monarchie. (Beifall.)

Meine Herren, unsere eigene Geschichte mahnt uns zur Vorsicht auf dem Gebiete auch der ehrlichsten Maklertätigkeit. Wem von un schwebte nicht als großartiges Beispiel der Berliner Kongreß vor? Diese weltgeschichtliche Handlung wurde gefübrt durch den größten Staatsmann des vergangenen Jahrhundertz. Sein leitender Gedanke dabei war, zu verhüten, daß zwischen den europäischen

Mächten ein Krieg ausbreche, in den Deutschland hinein- gejogen werden konnte. So machte der gewaltige Fürst sich an die Arbeit, den Frieden zu erhalten, und er

erhielt ihn auch. Aber in mancher Hinsicht trugen wir die Kosten des Verfahrens. (Sehr richtig! rechts) Der Zank, der Aerger, der Haß der Streitenden richteten sich nach dem Kongresse weniger gegen den bisherigen Gegner als gegen uns. Die Scherben aller enttäuschten Hoff nungen wurden gegen uns geschleudert. Ich habe als junger Mensch an dem Kongresse teilgenommen. Ich stand durch meinen Vater und seine amtlichen und freundschaftlichen Be⸗ ziehungen zum Fürsten Bigmarck den Erelgnissen nahe. So erfuhr ich, daß Deutschland, daß den Frieden für andere erhalten hatte, selbst bald nach dem Kongreß in Kriegsgefahr schwebte. Mit dieser Grfahrung vor Augen haben wir un die Linien für unsere jetzige Orientpolitit vorgejeichnet. Wir wahren unsere eigenen Interessen und stehen treu iu Desterrelch⸗Ungarn. Das ist um dies auch in diesem Zusammenhange nochmals zu betonen identisch. Indem wir fest zu Desterreich · Ungarn stehen, sichenn wir am besten unsere Interessen. Und damlt, meine Herren, tragen wit auch am meisten bel jur Erhaltung des Frledeng, des europäischen Friedens, dessen Wahrung aufrichtig gewünscht wird von diesem hohen Hause und vom deutschen Volle. (Vielfaches lebhaftes Bravo h

Abg. Freiherr von Hertling (Zentr.): Es hat immer etwas

Leiter unserer auswärtigen Politik, der aus nl hn gere le lian, Kenntnis unß hier ein Bild der der Fillen Erg nrgehen hat, wie er fi auffaßt, Bemerkungen aus dem polieischen achen. Wir sind uns dabei des Äbstandes bewußt, der die

. nn neten von den tatsächlichen e in renn; * meisten ie Bemerkungen, die sch zu machen hahe, mit will dechal daß ich mich auf einem glatten Hoden

Vorbehalt im ig ef s für ung, wen!gstens für die bewege . Nia . ,. . ö über die Fragen Mltglleder aft Die Klage, die ich und vie

man unt zu wenig Mit⸗

chen;

iner Y dacftommlssion, Politik zu sprechen.

der augwärtigen uhten; da wir früher erheben m i What fse en nbt* bak, big⸗ J .

dem uns in der Budgetkommission durch den Stagtssekretär des Auswärtigen Amtg viele Mitteilungen gemacht worden 3 aller⸗ dings nur in vertraulicher Weise, wie dies in ber Natur der Sache gelegen war, und darum zunächst nur ogg für die Mitglieder der Kommisston. Ich will die gemachten Mitteilungen weder über⸗ schätzen noch unterschätzen. Zunächst ein paar Worte über Marokko. Wenn wir ung früher über Marokko unterhielten, so waren wir, laube ich, alle von einem gewifsen unbebaglichen Gefühle er üllt. Wir wollten, daß die deutsche Regierung die wirtschaft⸗ lichen Interessen Deutschlands in Marokko vertrete, daß ung der . dort nicht genommen werden sollte, unsere wirtschast . Beziehungen ju befestigen. Aber wir hatten zugleich bas 3 fühl, daß wir um Marokko keinen Krieg führen würden. Ich habe selbst 1907 und 1908 El n, von den Schwankungen der deutschen Politik in der Maro .. n, ju sollen. Der Reichskanzler hat heute für die von Deutschland inneg ne Politik in der , die Konsequenx in Anspruch nehmen ju können geglaubt. Ich glaube, daß jetzt, nachdem alles ju einem guten Ende gelangt ist, es nicht mehr nötig ist, eingehend auf diese Frage jurücksukommen. Wir find alle erfreut, aug dem Akten= stück, das der Reichskanzler uns hier vorzulesen die Güte gehabt hat, das eine Wort herauszuhören, daß das praktische Interesse, das hier in er käme, doch nicht im Verhältnis stünde zu den unangenehmen Nebenwirkungen, die es in . auf Frankreich bel der Marokko⸗ Frage hervorgerufen habe. Es el die Hoffnung, daß die Verständi⸗ gung in diesem einen Punkt daju führen wird, jzwischen den beiden . en Ländern, Deutschland und Frankreich, ein Verhältnis freund- chaftlicher Berlehungen zu befestigen und zu erhalten. Wenn daber etwas unsere Freude stören könnte, so ist es allein der Gedanke, daß vielleicht das, was durch dieses Abkommen erreicht worden ist, schon vor einigen Jahren hätte erreicht werden können, daß wir schon damalt nach dem Sturze Delcaffés, als die fran o sche Politik In ruhigere Bahnen eingelenkt war, ju einem ähnlichen Abkommen, zu einer ahn- lichen Verst . hatten selangen können. Wir haben nun gerade, wenn wir von Marokko earn. auch sehr viele Vorwürfe hier hören müssen gegenüber unserer deutschen Diplomatie. Wir haben uns in der Budgetkommission eingehend darüber unterhalten. Ich glaube, daß die erhobenen Vorwürfe zu einem großen Tell nicht be= ie waren, daß es jum Teil an einer Substantlierung ehlte; ich möchte darauf hinwelsen, daß die Politik heut⸗ zutage doch nicht von den Vertretern der auswärtigen Missionen, sondern von der Zentralstelle aus gemacht wird. Wir können uns freuen, daß offenbar hier bei den Verhandlungen mit Frankreich zweifellos geschickte diplomatische Hände im Spiel gewesen sind. Wir haben in der Kommisston gesprochen über den diplomatischen Nachwuchs und dessen Ausbildung. Es ist davon gesprochen worden, daß bei der Augwahl des Nachwuchses der Adel sehr bevorzugt würde. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amt hat sich bestrebt, diese Vorwürfe zu entkräften, und ich glaube auch, daß lein Grund, vorliegt, an Ane solche Bevorzugung zu glauben. Darüber war in der Kommission kein Zweifel, daß derjenige,

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der ssiᷣ dem diplomatischen Dienst widmen will,

gewisses Maß eigenen Vermögens verfügen muß. Nun ist es doch noch nicht so lange her, daß Deutschland ein Induftrie⸗ staat geworden ist, daß die reichen, besitzenden Stände der Adel waren. Barum konnte sich eben der Adel diplomatlschen Laufbahn vorjugsweise widmen. Das ist ja nun

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anders geworden, und wir haben Angehörige ian ne Familien im diplomatischen Dienst, was zweifellos künftig noch mehr der Fall ein wird. Man zählte zu dem Adel auch solche Mitglieder, die päter noch nobilitiert wurden. Wer sich über elne Bevorzugung det

dels in der Diplomatie ausspricht, sollte sich eigentlich gegen dice, Usus des Nobilitierens aussprechen; man würde daben vielleicht zu seinem Erstaunen die Bundeggenossenschaft des alten histo rischen Adels finden. Nachdem Übrigens der Staatssekretär fest zu. gefagt hat, daß der Adel keine Rolle spielen soll bei der Augwahl des diplomatischen Nachwuchses, sollte man diese Diekussion jeht schließen. Ueber die Autbildung der jungen Diplomaten hat der Staatssekretär ein n vorgelegt, das im allgemeinen die e. der Kommission gefunden hai. Es kommt vor allen

ngen darauf an, geeignete Persönlichketten, en chlossene Männer zu finden, keine blasierten Salonlöwen, die frühzeitig sich dabon durchdringen lafsen, daß sie bei fremden Staaten den eigenen Staat zu vertreten haben, nicht umgekehrt. Bei der bekannten Neigung der Deutschen, sich allzu leicht in fremde BVerhältnisse hineinzufinden und Fremdem den Vorzug zu geben vor dem Eigenen, 1 in dieser Beziehung viel gefehlt sein. Freilich muß der Nachwuchg uber ein gewisses Maß von Kenntnissen verfügen, worauf der Staatssekretär mit Recht hingewiesen hat. Aber wenn durch die regelmäßige Einberufung in das Auswärtige Amt, die der Staatssekretär in Aussicht gestellt 3. unsere Diplomaten recht flesßi arbelten lernen, so ist das ein gewiß begrüßenzwerter Vorzug. kehre nun zu den Fragen der auswärtigen Politik selbst zurück. wir im März vorigen Jahres über die auswärtige Politik sprachen, konnte auch dag schaͤrfste Auge die dunklen Wolken noch nicht erspähen, die dem⸗ nächst im Orient heraufziehen sollten. Damals war allerdings ein neuegß, von England auggehendes Reformprojekt bekannt geworden, und deshalb eine elf Gefahr vorhanden, daß aus dem alten Brand- herde möglicherwelse wieder Flammen herautzschlagen könnten. Aber wir wußten nicht, ob das englische Reform 33 angenommen sei, oder oh ein andereg, russischeß Annahme gefunden hätte. Während wir noch in Unsicherheit darüber waren, wurden wir lherrascht durch die Revolution vom Juli 1808. Sie machte innerhalb 6 Jahren den vierten Versuch, die Türkei zu einem modernen Verfaffungsstaat zu machen, und dig Versuch unterschied sich von den früheren da⸗ durch, daß die Bewegung nicht vom Sultan oder Grofwessr ausging, sondern von den Jungtürken, dabei aber auch keinen Wderstand bei den Regierungen fand. Allez schwamm in Freube, daß die Verfassung von 1876 wieder zur Wahrheit werden sollte⸗ Während die Reformprojekte der Mächte dadurch in den Hintergrund traten, während wir alle abwarteten, was aus jener neuen Bewegung in der Türkei wurde, wurden wir abermals Überrascht durch die Annexlon von Bosnien und der Herzegowina. Wir waren doch s etwas darauf vorbereitet, daß Oesterrelch aus der jahrelangen Zurück. haltung wieder ju einer aktiven Politik zurückkehren werde, nach- dem Freihrerr von Aehrenthal das Projekt der Sandschakbahn lanckert hatte. Die Annerxlon Bogniens brachte zwar keine Verschiebun in den realen PMtachtverhältnissen, beseitigte wohl aber forme das Müristeger Abkommen und bedeutete einen Verstoß gegen den Wortlaut des Berliner Vertrageß. Wie kam eg aber, 1 Desterreich diesen Schritt tat, daß der greise Kaiser Franz Joseph im Jahre seines 60. Regentenjubilcums ihn zu tun berelt

war? Er mußte überzeugt sein, daß schwerwiegende ö vorlagen. Wenn die Türkei ein Verfassungsstaat , .

wenn die verschledenen Provinzen eingeladen waren, Deputierte zu den parlamentarischen Versammlungen ju schicken, so mußte eg sich fragen, wie es mit den politischen Rechten von Bognien und ber . stand. Da mußte Oesterreich sich Bosnien und bie erzegowlna eingliedern, um ihnen auch diese polttischen Rechte zu verschaffen. Zweifellos wirkte bierbei auch der besondere Charakter der jungtürlischen Revolution mit. Der Geist der Neuordnung in der Türket war doch nur halbmodern. Es war zugleich der alte Geist des Mohammedanigmug. Das Bestreben ist zwelfellog ein . nationalistischeg und zentralistischez. Es besteht ausgesprochenermaßen bei den Führern der Bewegung der Wunsch, die verschiedenen Rassen und Sekten zu einer ein— heitlichen Masse ottomanischer Untertanen zusammenzufafsen. Auf der anderen Seite hatte dies Bestreben den Erfolg, daß die ,, der Rassen und Selten wieder hervortrat. E bestand jweifellos unter diesen Verhältnifsen die Gefahr, daß eine Bewe ung dieser Art nach Osten hinüberschlagen konnte, und es war durchaus ein Schritt der Selbsterhaltung, wenn sich Oesterreich Ungarn bie Früchte jahrjehntelangen glg nicht aus der Hand reißen lassen wollte. Auch der Reichskanzler hat anerkannt daß Desterrelch Ungarn vollkommen berechtigt war, den Gedanken eint

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