1909 / 78 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Apr 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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Herr Paul Küller die

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ines Schneidermelster; wurde. zurückgewilesen, oh⸗ . ö. . billiger liefern wollte, als eine große kauf männische Firma. Die Direftlonen zahlen viel ju hohe Preise. Wo bleibt da die weise Sparfsamteit, von ber immer die Rede ist? 31 reußischen Abgrordneienhause Hat sich der Elsenbahnminister ab. . über Beamtenausschüsse ausgesprochen, die Tätigkeit der Lrbesterausschüsse aber gelobt. Ich verstehe diesen Gegensatz nicht. De Beamten müssen auch die Möglichkeit hahen, ihre Wünsche den Vorgesetzten durch Ausschüsse vorzutragen, sie können sich damit nicht begnügen, daß sie sich direkt in zulässiger Jo m an. ihre Vorgesetzten beschwerdesührend wenden können, denn Über den Begriff zulässige Form kann man sehr verschledener Meinung sein. Ich meine, das deutsch Beamtenheer ist so gut geschult und difnpliniert, daß man ihm! bies Recht wohl einräumen könnte, Dle Veamtenausschüsse würden ebenfo segengreich wirken wie die Arbeiterausschüsse.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (66. Sitzung die erste Beratung des Entwurfs eine ii, ,,,, mn, 3.

Abg. von Schmeling (kon) tr ür die Anlegung eines zweiten ci f auf der Stredde Belgard = Zoppot eln.

Abg. Stroffer (kon) wünscht den Bau einer Bahn von Radnlonkau Über Woischnit nach Herhy ö

Ap. Dr. Busse (kons befürwortet die Weiterführung der projektierten Linke Mogllno Bartschin nach Labischin mit Anschluß an di- Strecke Gnesen Bromberg. . ‚.

Abg. Dr. Haarmann Witten (al) wünscht cine lürlerg Ver⸗ bindung swischen dem Ruhrtal und dem Wuppertal, durch die der Umweg über Hagen vermieden wird.

Abg. Dr. Heydweiller (ul.) empfieblt den Bau einer Babn von Mentabaur durch das Gelbachtal nach Nassau, von der eine Reihe armer Bauerndörfer Vorteil haben würde,

Abg. von Bülow. Homburg (nl wünscht ein zweites Gleig für die Bahn vom Westerwald über Illstein und Wiesbaden nach Main; und Frankfurt 4. M.

Abg. Veltin (genfr) wünscht eine Verbindungkstrecke von Bernkastel nach dem Hunsrück,

Aba. Dr. Arendt (fikonf) bittet um den Bau einer Nebenbahn von Eisleben nach Mansfeld.

Abg. e en wünscht eine Bahn für den Krels Tuchel.

Abg. Dr. Wagner⸗Breglau (freskons.) dankt für den in Aussicht genommenen Augbau der Nebenbahnen Striegau Meridorf und Fauer=—-Rohnssock zu Hauptbahnen und tritt für die Einführung eines Abendschnellzugs von Breslau nach Berlin ein.

Atkg. Vr. Dum rath (nl) wünscht eine Verbindung zwischen den Linken Harburg Buxtehude. Cuxhaven und Buchhol Bremer forde.

Aba. Graß (frkonf dankt für die projektierte Bahn Torgau Schildau— Wurzen.

(Schluß des Blattes.)

Dem Reichs tage sind die Entwürfe eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes, einer Strafprozeßordnung und eines zu beiden Gesetzen gehörenden Ein führungsgesetzes zugegangen.

Koloniales.

Seiden raupen in Deutsch-⸗Ostafrika.

In Deutsch,Ostafrika tritt die Seidenraupe zuweilen so häufig auf, daß ein Vertilgungekrleg der Eingeborenen nötig ist. Jetzt hat industrielle Nutzbarmachung der Seidenrauvennester in die Wege geleitet; er schreibt darüber der BVeutschen Kolonialzeitung:: Die Seide der afrikanischen wilden Seidenspinner bat nun in erster Linie und vorerst ausschließlich für die Schapprindustrie Interesse, aus weiter unten angeführten Gründen. Die existierenden großen Schappespinneresen sind in der Lage, heute jedes, auch das größte angebotene Quantum Rohmaterial, unter der Voraussetzung ngiü lich, daß es brauchbareß Garn ergibt, aufzunehmen, da die Quantität des verfügbaren Robmeter als bei weitem nicht mit dem enorm gesti'genen Bebaif an Schappe Schritt gehalten hat. S mit lag und liegt heute noch die Gefahr nahe, daß überall, wo Seidenraupennester in Afrika gefunden werden, soiche einfach gesammelt und verkauft werden, ohne Ftücksdcht darauf. daß durch wiltes Ein sammeln vielleicht die Raupe vollständig ausgerottet oder doch außerordentlich dezimieit wird. Es ist nun jedem Laien nach kurzer Zelt sehr leicht, festzustellen, ob ein Itest Leben hat oder tot ist. Mit toten Nestern bezeichne ich solche, aus denen die Schmelterlinge ausgekrochen sind. Nur diese toten Nefter sollten zur Auzfuhr gelangen und alle ge— fundenen lebenden Nester, wenn nicht zweckmäßig an Ort und Stelle gelassen, dann doch an einen Ort gebracht werden, der ihre Ent wicklung big zum Anfang des Schmetterlings sichert. Mit anderen Worten, es sollte sofort eine rohe Kultur der Raupen überall da begonnen werden, wo lebende Nester gefunden werden. Ob diese Robkuliur jur rationellen Ausheutung der Raupe auf die Dauer genügen wird, muß ich heute noch dahingestellt sein lassen. Unzweifel Haft bat die Raupe heute, außer ihrem bisherigen größten Feind, dem Menschen, eine Menge Feinde im Insektenreiche gegen welche mit der

Zeit auch ein Schutz gefunden werden muß. Die Nahrungsfrage der

Raupen kann keine Schwier gkeiten bieten, da überall, wo lebende Nester existseren, auch zweifelloß immer die geeignete. Nahrung vorhanden sein wild. Ueber die hauptsächlichsten Nährpflanien, an deren botanischer Bestimmung z. Zt. gearbeitet wird, feht heute wohl fest, daß deren Kultur nirgendroo Schwierigkeiten bietet. Im Uganda und Bukohabeztik werden die Nester an allen möglichen Bäumen und Siräuchern gefunden, ja selbst sehr hätrfig am Matetegras. . , nun' freilich nicht, daß der Fundort auch die Nähr—⸗ pflanze ist.

Von afrikanlschen Einzelspinnern sind mir bisher nur jwel Arten bekannt, doch gibt es unzw ifelbaft eine große Menge. Der größere dieser beiden Spinner scheint mir sast iseniisch mit den bekannten chsnesischen Eichenspinnern zu sein. Es feblen mir heute noch voll— siäh dig die Nachrichten darüber, ob diese Einzelipinner gerade so ver⸗

reitet sind, wie die Fimillenfpinner. Jedenfalls aber be ispruchen

dieselben das größte Interesse, da sie die erste Möglichkeit bieten, späterbin richtige afrlkanische Site duich Abhaspeln der einzelnen FKöokonz in einen Faden nach Abtötung der Puppen zu erztelen,

Die Nester der Familiensp nner werden also vorläufig aus⸗ schlißlich für bie Schappefabrikation vön Wert sein. Ein, Ab- ba speln der einzelnen Kotont würde sich ji wohl bei Tötung der Puppen vlelleicht ermöglichen lassen. J derfalls sollte meines Krachtens mit dahingebenden Versuchen keine Zeit verloren werden. Die Kotong sind ju klein, weil das Tier wohl, die Hälfte seiner Se de zum Spinnen des gemelnschafllichen Restez verwandt bat. Daz 4uß rste Fasergewebe des Nesteg, zusammen mit der anch aus reinster S de bestehenden, unmlitelbar um die Kokontz sich anschließenden harten pergamentariigen Schale, die häufig eine Dicke von 1 m er icht, wird immer nur für Schappe Virwendung finden können. Noch aut elnem welteren Grunde wäre ich gegen bag Abhaspeln der Kokong selbst für den Fall, daß die so gewonnene Side einen hohen Marktwert hätte. Ein Abbaspeln ohne Abtöten der Puppe ist nicht möglich. Dag Altösen des größeren Teils der Puphen be eutet natu gemzß eine nur Langsame Fortentwickelung der afrltanischen Stidenrcupenkastur. Das Resultat näre günstigenfalls eine neue Selde, die sich erst den Markt erobern muß. Schaffen

wir dagegen nur Rohmaterial für die Schappeindustrie, so nimmt die Fortpflanzung der Raupe ihren ungestönten Fortgang Wir sind vielleicht in der Lage, in wenigen Jahren schon so große Quantitãten an Rohmaterial in den Markt zu bringen, daß die Grünzung einer großen Schappespinnerei in Deutsckland ins Auge . werden kann und damit ein sebnlicher Wunsch unserer großen deutschen Seidenwarenindustrle endlich in Erfüllung geht.

Nr. 11 des GEisenbahnverordnungzsblatts“, heraut⸗ egeben im Ministerkum der öffentlichen Arbeiten, vom 29, März 6 folgenden Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 15. März 1909, betreffend Prüfungsordnung.

Etatistik und Volkswirtschaft.

Produktion, Besteuerung und Verbrauch von Branntwein im deutschen Branntweinsteuergebiete 1907/08.

Nach der im ersten Heft vom Jahrgang 1969 der Viertel sahrs⸗ hefte jur Statistik des Beutschen Reichs enthaltenen Statistik über die Branntweinbrennerei und »besteuerung im deutschen Branntwein stcuergeblete während des Betriebsjahrs 19077308 wurden im ganzen 4618 311 HI Alfohol erzeugt. Die Branntwelnerieugung übertrifft die vorjährige (3 84 207 hih um 177 104 hl Alkohol, Ven den früheren Jahren haben nur drei, und zwar 19 991“ (051 S869 hl, 196 1so (G 258 gos hi und 1900 o6ß & 376 596 hl) bessere Ergebnisse auf. zuwessen. Hohe Spirituepreise und eine in den meisten Landezteilen des Branntweinsteuergebletg befriedigende Kartoffelernte (1907) boten eine günstige Gelegenheit, die ,, steigern. Auszunehmen sind die Direktivbezirke Ostpreußen, estpreußen, Brandenburg, Pommern und Mecklenburg wo die Kartoffelernte wenig befriedigend und noch geringer als im Jahre 1905 ausgefallen war.

In den landwirffchaftlichen Kartoff elbrennereien wurden 3 118 604 hl Alkohol gegen 2 969 425 hl im Vorjahre, also 159 179 bl ehr erzeugt; in den gewerblich en Kartoffelbrennereien sileg vie Branntweinerseugung von 10 065 hl Alkohol im Vorjahre 1906 07 auf 29 809 hl.

Die Getreidebrennereien hatten dagegen elne Minder⸗ erzeugung von 24 143 hl Alkohol, wopon 16356 hl auf die Land⸗ würtfchaftlichen Brennereien entfallen. In den gewerblichen Getreldebrennereien wurden 437 182 hl Alkohol (190607: 444 949 hl), in den kandwirtschaftlichen 291 346 hl (i906 so?: 307 722 hh hergestellt. Die Mindererleugung ist in erster Linie auf die hohen Getreldepreise zurückjuführen.

Unter günstigeren Bedingungen arbeiteten die Melgssehrenne⸗ reien, die sich bet vorteilbafter Preislage reichlich mit Melasse hatten verforgen können. Ihre Alkobolerzeugung betrug 103 459 hl, sie über- irsfft die vorjährige (89 137 h) um 14352 hl. In den Material. brennereien wurden 37 8065 hl Alkohol gewonnen gegen 29 782 hl im Jahre 190607.

Der Reinertrag der Branntweinsteuern belief sich auf 146 905 767 ½0 (196607 auf 140 917 766 S6), wovon 20 4658 797 0 auf die Maischbottichsteuer und 126 512 562 M auf Verbrauchdzabgabe und Zuschlag entfielen, während die Brennsteuer einen Minderüber⸗ schuß von 65 691 S erbrachte. An Uebergangsabgabe für Brannt⸗ wein aus Luxemburg wurden 99 „S6 erhoben.

Der Branntweinverbrauch im Betriebsjahre 190708 be rechnet sich auf 3 931 895 hl Alkohol (63 1 auf den Kopf) gegen 3 793 895 hl (6, 1 auf den Kopf) im Vorjahre. Davon wurden 1592272 hl (150607: 1 336 484 hl) zu gewerblichen Zwecken steuer⸗ frei abgelassen und 2389 623 hl (ig06so7:; 2457 405 hl) gegen Versteuerung bezw. Verzollung in den freien Verkehr gesetzt.

Zur Arbeiterbewegung.

Heute läuft der bisherige Tarifvertrag für das Bauklempner⸗ gewerbe Groß⸗Berlins ab. Dle Verhandlungen der Parteien siber die Einführung eines neuen TarifvertragJ sind, der ‚Voss. Ztg.“ zufolge, gescheitert, kan fac nr deswegen, weil die Arbeitnehmer die Forderung der Arbeitgeber abgelehnt haben, daß in dem neuen Vertrag die Akkordarbelt im Gegensatz zu früher für zulässig erklärt wird. Die Arbeitgeberorganisationen wollen aber nicht ohne einen Tarif- vertrag arbeiten lassen. Sie haben beschlossen, heute, Donnerstag, alle Betriebe zu schließen und die Aussperrung so lange fortzuführen, bis der Deutsche Metallarbeiterver band den von ihnen vor⸗ gelegten Tarifentwurf anerkannt hat. Die Bauklempner haben sich gestern abend in einer Versammlung im Gewerkschaftehause mit der gegenwärtigen Sachlage beschästigt. Von einem Streikbeschluß wurde Abstand genommen. Man will zunächst das Ergebnis der Aussperrungen abwarten. Von der Aussperrung werden etwa 1500 Baukllempner betroffen werden.

Die ausständigen Textilarbeiter in Langenbielau haben am 30. d. M. in einer stark besuchten Versammlung beschlossen, weiter im Ausstande zu verharren. Die Textilindustriellen ließen darauf, wie die „Breslauer Zeitung“ meldet, sämtlichen dem Deutschen Texlil⸗ arbeiterverbande angeschlossenen Arbeitern der Fabriken zu Reichen⸗ bach, Langenbiekau und Peterswaldau die Kündigung zugeben.

Aus Möru, Departement Olse, wird becichtet, daß die Knopf⸗ fabrikanten die Forderungen ihrer Arbeiter nach Lohnerhöhung und zehnstündigem Maxtmalarbeltztag bewilligt haben, wodurch der Autstand beendet ist. (Vgl. Nr. 75 d. Bl ;

In Hazebrou d bewaifen, wie W. T. B. meldet, ausständige Weber Gendarmen, die das Haus eines Streitbrecherg bewachten, mit Steinen, verwundeten einen Gendarmerleleutnant und einen Gendarmen und plünderten dag Haus. Es wurden fünf Verhaftungen vorgenommen.

(Weitere Statlstische Nachrichten“ s. i. d. Dritten Bellage.)

Wohlfahrtspflege.

Die Vietoria⸗National⸗Invalidenstiftung für die In= haliden vom Feldzug 1866 und deren Hinterbliebene hat soeben den (41) Bericht über ihre Wirksamkeit vom August 1907 bis dahnn 1908 erliaftet. Danach gingen bei ihr im Berichtezahre 504 Unter- stützungsgesuche ein, von denen 269 durch laufende oder einmalige Bewilligung berücksichtiigt wurden, während 52 an Zweigverelne zur Erledigung, weiter gegeben wurden. Im Invaltdenbeim zu Neubabelsberg, das der Kaiser Wlhelm Stiftung für deutsche Ir validen gehört, besanden sich sechs Krieger, die nur den Feldzug von 1856 mitem icht haben und die dort auf Kosten der Vletoria⸗National⸗Inyalidenstiftung eine Heimstätte ge—⸗ sunden haben. Im Berichtsjahr erhielten aus dem Zentral- fonds der Siiftung 135 Invaliden und Hinterbliebene an laufenden Unterstützungen 17449 ½ ; 127 an einmall en Unterstützungen 4535 SS, 4 an Kur und Badebelbilfen 270 46, also zusammen 260 Pasonen Unteistützungen im Betrage von 22 254 . Ferner erhelte 5 Zweigvereine Zaschüsse im Beträge von 1236 6. Gegenüber dem Vo jahr bedeutet des eine Minderausgabe von 3256 6. Der Vermögensbestand am 3. August 1968 belief sich auf 356 421,96 6. Die zur Vrlüg mg stehenden Mittel reichen aus, um

die der Stiftung statut-nmäßtg jufallenden Aufgaben auch noch nach dem Jahre 1914 zu erfüllen.

Von den, 0 Zweigvereinen wunden im Berich jahre

354 Pe so en (369 Invaliden und 4865 Hinterbliebene) mit 33 3851 (1906s07: go3z Personen mit 31 582 S, unterstützt. Das Kavital⸗

vermögen der Zweie vereine betrug 422 933, 64 MS (1967: 4531 0631,71 M).

sunst und Wissenschaft.

Heute wurde in der Königlichen Akademie der Künste am Pariser Platz eine Porträtauzstellung eröffnet, veranstaltet durch den Kaiser Friedrich⸗Museums Verein, die alles umfaßt, was ein reicher Privatbesitz der Mitglieder an markanten BilLödnissen von Meistern des TV. bis TVIII. Jahrhunderts aller Schulen bewahrt. Zur Belebung der an sich ernsten Porträtkunst hat General- direktor Dr, Bode, der Leiter der Ausstellung, eine Anzahl vorjüg⸗ licher Stilleben, meist niederländischer Provenienz, hinjugenommen und dadurch einen höchst farbig⸗dekorativen Eindruck des Ganzen er⸗ zielt, der noch durch Verwendung von kostbaren Tapisserten, Verdüren, altem Mobillar und Bronzen erhöht wird. Es ist von großem Interesse, im Durchschreiten der prächtigen Säle sich die Frage vor zulegen, welches der mannigfaltigen Probleme der Porträtkunst jeden einzelnen Meister beschäftigt hat und wie weit er es aug dem Geist seiner Nationalität, seiner Zeit, seines eignen Ichs und den Rücksichten gelöst hat, die jedez Porträt, ganz abgesehen von der Persönlichkeit des Dar, gestellten, lediglich als Zimmerschmuck' dem Maler auferlegt. Daß ein Porträt ähnlich sein müsse, verstand sich fast zu allen Zeiten von selbst, und der Maßstah für die artistische Qualität eines Bldes liegt wohl lediglich in dem Vermögen des Künstlere, von seinem Modell das mit einem Worte auszusagen, waz der Laie nur langsam addierend und stammelnd hätte vorbringen können. Das Kolorit der Porträttz gibt beachtengwerte Aufschlüsse über das Milieu und den Innenraum der einzelnen Epochen und so ist es z. B. keine Laune oder Zufall, daß sich der nordische Maler deg XV. und XVI. Jahrhunderts kontrastreicher und großflächiger Lokalfarben bediente; er brauchte sie, um seine Leute in den dunkelgetäfelten Räumen zur Geltung zu bringen. Mit dem Geschmack für helle Umgebung lichtet sich das Kolorit, bringt in franjösischen TVIII. Jahrhundert eine starke Sensibilttät für feinst⸗ abgestufte Farbenwerte hervor, zeiligt aber eine Ueberempfindlichkeit und Dekadenz, die ihren Höhepunkt in dem Spanier „Goya“ erreicht. Die Reaktion setzt zur gleichen Zeit ein, die (klassizistische Periode mit ihrer Abneigung gegen alles rein Malerische ist in der Aus⸗ stellung mit dem Namen der Angelika Kauffmann verknüpft.

Bet den Niederländern beginnend und historisch vorgehend, fällt dem Besucher ala frühestes Werk ein ungewöhnlich sorgsältiges Bild eines Manneg in mittleren Jahren auf (Tat. Nr. 78), mit all der Liebe und Mübe ausgeführt, die das ausgehende niederländische Quattrocento charakterisiert; die reine Objektiwität dieser Produkte bringt sie gerade einem verwöhnten Geschmack so nahe, daß man ein Manko künstlerischer Freihelt nicht mehr störend empfindet. Das Porträt wird von Dr. Friedländer mit triftigen Gründen einem dem Namen nach unbekannten flandrischen Maler um 1510 zugeschrieben, dem sog. Meister der Magdalenenlegende. Die Entwicklung nach der Seite des Individualisiereng hin schreitet fort; man kann das an einem Schul- werk aus der Umgebung des Lucaß van Leyden konstatieren, einem kräftig gemalten kleinen Männerporträt, um 16530 gemalt. Die Mllte des Jahrhunderts bringt einen für die Bildnis kunst der Nieder- lande bedeulungsvollen Künstler hervor, den Hofmaler Philipps II. von Spanien, Antoni: Mor van Dashorst, der Mit und Nachwelt in gleichim Maß durch das ungemein Noble fastiniert, das er seinen Modellen durch Haltung und Farbe verlieh. Das ausge⸗ stellte Bild: ein vornehmer Mann in spanischer Tracht, ist dazu an⸗ getan, einen hohen Begriff sowohl von seiner künstlerischen Per⸗ sönlichkeit als auch von seinem technischen Können zu geben. Dat Brustbild eines bärtigen Mannes von Adriagen Thomas Key, einem Niederländer um 1570, behauptet sich in seiner etwas derben Bürgerlichkeit mit Erfolg gegen die illustre Umgebung, in die er geraten ist; er hat zu Nachbarn Rubens und van Dyck, und läßt erkennen, wie sehr auch die ganz Großen,, in Liesem Falle Rubens, auf den Schultern ihrer Vorgänger stehen. Der Hauptmeister des flämischen Selcento ist mit 3 Stücken trefflich vertreten: das erste ist ein Konterfei seines Bruders Philipp Rubens, eine Studie zu den sog. 4 Pbhilosophen“ im Palazzo Pitti zu Florenz, das zweite ein farbenprächtige, wenn auch etwas konventionelles Kniestück des Ritters Cornelis van Lant— schot, das dritte ein fast ing Prosil gedrehtes Portlät eines älteren Herrn im Mühlsteinkragen, eine Neuerwerbung des Kaiser Friedrich Museums⸗ Vereins. Dag Gtůck nimmt durch die frische und kraftvolle Unmittelbarkeit seiner Mache einen ersten Platz unter den elgen⸗ händigen Werken des Meisters ein. Nicht minder Vorzügliches sieht man von seinem großen Schüler Anthonis van Dyck; aus dem Vorhandenen sei besonders auf das Frauenbildnigz der Samm⸗ lung Kappel hingewiesen, dag dur koloristische Fein⸗ heiten, durch Zusammenklingen von lachsfarbenen, schwarzgrünen und weißlichen Tönen mit ganz wenig Zinnober ungemein ansprechend wirkt. Seinen Spuren folgt Dieter van ver Faeg gen. Lely in einem großen Damenporträt, das in Brechungen von Hellkarmin bit Dunkelrot schwelgt, aber schon die

Ansätze zu einer kränkelnden Ueberfeinerung in fich trägt, die zur

Auflösung des niederländischen Kolorlgmußg am Anfang dez XVIII. Jahrhunderts führte. Ins holländische XVII. Jahr⸗ hundert übergehend, tritt dem Besucher der Augstellung cine sehr fesselnde Persönlichkeit in dem unbekannten Meister von 1601 ent⸗ gegen, dem Schöpfer deg in seiner Einfachheit retzrollen Männer porträts, in dem sich noch flaͤmische und holländische Elemente kreujen. Bodenständig⸗holländisch dagegen sind die vorhandenen Porträts bon Mierevelt und Moreelse, die in ihrer Vorliebe für blaugraue Mono⸗ chromie zu Frans Hals überleiten. Als importantestes Stück bieseg Großmeisters ist wohl das Bild einer älteren Frau aus der Sammlung Jameg Simon anzusehen; die Bravour seiner unglaublich flotten Technik im Bunde mit tiefgründiger Charakteristik offenbaren hier das eminente Können des Meisterg, das sich ürigeng auch im Porträt seineg Mitbürgers und Zunftgenossen Frans Post zeigt (Sammlung Huldschingty), der durch seine westindtschen Landschaften bekannt ift. Unter din Schülern des großen Haarlemert exzellteren in der Akademie Jan Cornelis Verspronk mit elnem reizvollen Mädchenbild eig in silbern raum Ton, Palamedeg, Cobde und Terborch als Schüler der Hals. Schule. Das unter Moreelse katalogisterte Blönig einer Dame aus der Sammlung James Simon scheint der Amsterdamer Schale, ewa dem Ncolaeg Ellas Pickenoy, anzugehören. Pen Höhepunkt. der niederländischen Ausstellungestücke aber bisben die 9 Porträts von Rembrandt; alle Stadien seiner Entwicklung bis zur Spätzeit sind zu versolgen, und lütztere it, durch, ein jzum ersien Mae auggestellteß Bild bertckten. Wie tief innerlich die Kunst des Meisters ist, läßt sich an biesem Halbfigurenporträt eines Herrn in Hut und Sp tzenkragen ermessen wo er unz durch die Kanst seineg Vortrags und die gleißende Machl seinr Farbe so zu hypnoristeren vernebt daß das häßliche Sujet, ein durch Krankbeit furchtbar entstelltes Gesicht, un serem Hewusstsein ent., schwindet und nur ein Wunderwerk der Malerei übrig blelbt. Vaß auf Remnbrandt das Schlagwort Realift nicht paßt, sieht man nirgends befser ein. Aus seiner Schule sind respertabie Porträtisten bervorgegangen und auf der Autstellung mit guten Süchen anwesend, vor allem Govert Flink, Barth. van der Helst, Na son u. a. Zwei Kasten mit minigturartigen Porträtg von Me stern wie Keyfer, Santvoort, Net scher, Dow, Miert ꝛe— vervollständigen dat Bild der holländischen Porträtkunst des XVII. Jahrhundert

Die aut gestellien Proben italientscher Porträlfunst gipfeln in den Namen Raffael und Tizian. Ein Bilpnis deg Giultmo de Medici trägt die Künstlersignatur R S. . 7 (— Raffaello Zanti 193.4. 5, es it fünfzehn iu lesenj. Der Dergestellte, ein

jün erer Bruder deg Päepsteg gro X-, war Herzog von

in den Jchten mours und

6. vor seinem Tode (16 6) Ko umandant der Cage leburg, die mit Bezug darauf vo 1 Maler im Hintergrund deg Bides an. geblacht wurde. Dag mit keähtiaen Löt alfarben und in goldigem Fleischton gemalte Bild weist Einschläge venentanischer Kunstübung. gus, wag ju Raffael Tenden en bieser Zeit wohl stin mt. Paß seltene Stück stammt aug der Sammlung der Großfürftin Mirla von Rußland, die sich in Qaarto Fel Florent angesiedelt hatte, und kam durch den Partser Ku stbandel nach Berlin. Das zwelte Haurt⸗ stück b ldet Tiniang,‚ Mann mit dem Fillen. im Besttz von Hr. Gh Simon; früher sah man in ihm cin Porträt det Giorgio Cornars

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