1909 / 287 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Dec 1909 18:00:01 GMT) scan diff

vexationen kommen, die wir uns nicht erklären können. Hiernach kann ich sie mir allerdings erklären. Im französischen Tert wird . z. B. von . erzierungen , gesprochen. Wenn also z. B. auf poldger Kinderläͤtzchen ein Knopf gesetzt wird, so köstet diese Kleinig⸗ leit einen Riesenzoll, da im fn Text „Verzierung steht. Der ganze Handelsbertra n. eigentlich noch einmal nach Portugal! Der portu ale Minister hat jedenfalls die peortu⸗ iesischen Interessen besser zu schüßzen gewußt, als wir die unserigen. as hat uns denn überhaupt Portugal konzediert? Weder unsere deutsche Exportindustrie noch irgend ein anderer Erwerbsstand, die Landwirtschaft oder das Kle gewerbe, profitieren von diesem Ver⸗= trage. Da Prinzip in diesem Vertrage kann uns einmal großen Schaden bringen, es ist eine sociętas ldonina, bei der Portugal den Löwenanteil hat. Es ist ja ö wenn wir aus Portugal billig Zitronen und Madeirawein ekomnien, aber am letzten Ende brauchen wir Arbeit, und deshalb dürfen wir einem Lande, wie . tugal, das seine Zollschranken noch erhöhen kann, keine Kon. zessionen machen. Sobald der Vertrag ratifiziert ist, wird Portugal die Zollsätze beschließen; es hat die Absicht, uns , und bie Portugleßische Industrie mit englif em Gelde zu heben. grum hat man in dem Vertrage nicht eins längere Ankündigungs⸗ ist für die Zollerhöhungen vorgesehen? Das waͤre doch das Lindeste, was die deutsche Industrie verlangen kann. Die deutschen, in Portugal wirklich interessierten Kreifse sind über diefen Vertrag garnicht befragt worden. Die Industrie steht bei Handels verträgen immer vor vollendeten Tatsachen und, muß sich damit abfinden. Die deutsche Industrie hat sich durch ein grohes Maß von Fleiß und Intelligenz auf den heutigen Stand erhoben und sich einen großen Namen auf dem Erdenrund gemacht. Die Industriellen ind mündig, und man sollte sie hören, wenn es fich um ihre , ,, i egen das Verfahren: ih Vogel, oder stirh' muß die deutsche Industrie protestieren. Der Wirtschaffliche Ausschuß ist gar nicht so zusammengesetzt, daß er die weikerverzweigten vielseitigen und schwierlgen Fragen, der Industrie übersehen kann; wichtige Grportindustrien sind in dem Ausschuß gar nicht vertreten. Die sächsische Industrie, die ein volles Sechstel' der ganzen deutschen Industrie repräsentiert, ist durch ganze zwei. Herren in diesem Wirtschaftlichen Musschuß vertreten. 89 Ausfuhr kann die deutsche Industrie ihren Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten; 0 co arbeiten Direkt oder indirekt für das Ausland. Ohne Export kann das Deutsche Neich aber auch seine. Weltstellung nicht mehr auf— . erhalten. Deutschand muß entweder Waren oder den Ueberschuß seiner Bevölkerung ausführen. Ünsere Politik, unfere , , muß in erster Linie darauf gerichtet sein, rbeitsgele enheit für die große Masse der Bevölkerung zu . en. er vorgelegte Vertrag wird das Gegenteil bewirken; der deutsche Ch ort nach Portugal hat schon nachgelassen, und er wird nach diesem Vertrage welter sinken. Will man wirklich auf dem Wege fertschreiten, den Brunnen, aus dem Reich, Staat und Ge— meinde, hauptszchlich schöfen, zu verschütten? Deutschland hat auch nicht die kleinsten wirklichen Konzesstonen erreicht. Es hat im Gegen teil dem Port und Madeirawein koch extra ein , ewährt; es hat auch anderseits nicht einmal erreicht, daß der eutschen Industrie eine Ankündigungbfrist für die Erhöhung der portugiesischen Zölle zugestanden würde. Einen solchen Vertrag sollte der Deutsche Reichstag nicht annehmen; mit Kommissionsberatung bin ich aber einverstanden, well die a., zu interessant ist. Geheimer Oberregierungsrat im Reichzaönt des Innern Müller: Es ist e, n,. jetzt bei der ersten Lesung nicht möglich, . 4 ;. Einzelheiten einzugehen, die der Vorredner be⸗ rührt hat.

Er hat gewünscht, daß der portugiesische Text mitgeteilt wird, aber nicht dieser, sondern, der französische Text ist das Rechtsverhältnis, das zwischen

maßgebend . l Deutschland und Portugal auf Grund des Vertrages bestehen wird. Der Vorredner hat ferner die Position 176, betreffend Wirkstoffe, ins Lächerliche gezogen, Et gibt hier wie überall Mitteldinge, und die Reichsberwaltung hat sich über diese Begriffe eines sachberständigen Rates bedient, allerdings nicht der deutschen Importeure in Lissabon, sondern unserer eigenen Geschäftsleute in Deutschland. Wir haben über diese Frage eingehend mit einer unserer größten Wirkwarenfabriken, einer Firma in Thüringen, verhandelt und sestgestellt, daß es tat⸗ h lich Mitteldinge zwischen Wirkwaren und Webwaren gibt. Wir aben mit der portugiesischen Regierung darüber noch Erörterungen gepflogen, und es ist . gestellt worden, daß doch auch nicht außer acht zu lassende k erhalten. In der Kom⸗ mission wird darüber näher zu sprechen sein. An der Richtigkeit unserer Statistik müssen wir festhalten. Es ist ausgeschlossen, daß Portugal in der Lage ist, eine Erhöhung der Zollsäͤtze ins Ungemessene vorzunehmen; denn es ist nach oben eine Grenze gen, Abg. Buddeberg (fr. Volksp. : Dem Antrgge 3. Ver⸗ weisung an die n . schließe ich mich an. Der vorliegende andelsvertrag ist wohl der sonderbarste, der jemals hier ver⸗ 66. ist. Wenn ein Handelsbertrag den Zweck haben soll, daß er den Handelsbeziehungen der kontrahierenden Staaten eine sichere Grundlage gibt und durch gegenseiti e Zugeständnisse den Warenaustausch erleichtert und ausgleicht, so verfehlt dieser Vertrag, wenigstens was die deutsche Erportindustrie anlangt, in jeder Richtung seinen Zweck. Eine Erhöhung der. Zollsätze ins Ungemessene ist allerdings nicht möglich, aber die Maximalgrenze ist so. gezogen, daß es unsinnig wäre, sie noch zu erweitern. Die bart ie fh . wird von ihrem Rechte, das sie si vorbehalten hat, bei der überspannten Schutzßͤollrichtung in Portu , Gebrauch machen. Sind wir denn im Deutschen Reiche in derart trauriger Verfaffung, daß wir uns von einem Stgat wie Portugal die Bedingungen für einen andelsvertrag , lassen müssen, haben wir denn gar kein Fil der Gegenwehr? ; Abg. Dr. Side kum (Soz): Es ist ja richtig, daß die Ver⸗

treter des Deutschen Reiches und Portugals in Lissabon zusammen⸗ etreten sind, um diesen Handelsbertrag n fixieren. Aber der Handelsvertrag ist nicht in Lissabon entworfen worden, sondern in ondon. Dies ist ein Handelspertrag, der durchaus an einseitig die englischen Interessen bevorzugt. Gewiß ist Portugal heute, staats.= rechtlich betrachtet, ein unab ang ges Land, wirtschaftlich ist es aber nichts anderes als eine von England abhängige r nf Das englische Kapital hat jedes Hilfsmittel benutzt, um sich dieses Land vollständig zu unterwerfen. Englisches Kapital ist neuerdings mit unehmender Schnelligkeit in ert , investiert vorden· und durch ohe Schutz: ösle ist nian dort bemüht, die portugiesische Industrie im englischen Fnteresse aufqruschließen. Sehr interessant ist eg, daß der Vertreter der nalionalllberalen Parte die hier in diesem Hause doch den schutzzöllnerischen Standpunkt bisher immer vertreten hat, nun auf einmal gegen schutzz öllnerische Tendenzen in Portugal so nach⸗ drücklich Verwahrung einlegt und unsere Regierung schilt, daß sie diesen . nicht mik der nötigen Energie entgegengetreten ist. Neu ist daß nicht, jeder Schutz söllner ist der Gegner der Schutzzölle im anderen Lanbé. Dat portugiesische Schutzzollsystem ist aber keines, wegs welter ausgebildet als das deutsche. Portugal ist heute noch . ng agrarischer Staat mit einem aunzgedehnten Latifundien. besiß; die Berhskerung kann bel den schlechten , und dem u ebenden Einfluß der katholischen Kirche kein nennenswerter . sein, da es wirtschaftlich zurückgebliehen ist. Interessant ö eg. daß auch ein sächsischer Vertreter Zweifel an unserer deutschen Viplomatie ausgesprochen hat. Unsere Diplomatie und Bureaukratie hat sich wier mit einer Nonchalange bewegt, die einer Kaste der Ce uli hasl unmöglich fehlen kann, die sich eigent⸗ lich nur durch Inzucht foripffanzt. Gegen eine Kommissiongberatung haben wir nichts einzuwenden, wir fürchten nur, es wird dabei wenig herauskommen, denn unsere Diplomatie wird Portugal gegen⸗ sber nicht die Schlappe zugestehen wollen, daß sie diesen Vertrag im Deutschen Reichstage nicht habe durchsetzen können. Der, Ver— treter der verbündeten Regierungen war nicht imstande, die Richtig. keit der Feststellung des Abg. Merkel . nur anzuzweifeln. Er at nicht widerlegt, daß e ern sessscher Text besteht, der erhebliche bweichungen vom französischen Origingl . Er hat gemeint, daß für Zoͤllstreitigkeiten aus diesem Vertrage nur der französische

die Wirkwaren

Tert maßgebend sei. Ich möchte bezweifeln, daß die portugiesischen Richter dies tun werden. Nach der. Verlage können Ursprungs⸗ eugnisse für eine bestimmte Art der Einfuhr gefordert werden. Der ö Tert hat in dem betr. Paragraphen die Worte „sera Exigé.. Die deutsche Regierung erklärt, der französische Tert hat hier nicht die Bedeutung einer vertraglichen Verpflichtung, sondern sie übersetzt einfach: Kann ein Ursprungszeugnis gefordert werden. Es handelt sich hier doch nicht, soweit ich die französische Sprache verstehe, um eine Kannvorschrift, sondern um eine Mußvorschrift. Abg. Linz (R): Auch ich habe die Besorgnisse hervorzuheben, von denen meine Heimatsfreise im bergischen Lande, namentlich die Kleineisenwarenindustrie, bei diesem Dandelsvertrag erfüllt sind. Man urteilt dort ebenso wie der Abg. Merkel; auch dort beschwert man ich daß nur der Wirtschaftliche 3. eine lose zusammen⸗ gesetzte Körperschaft, gehört worden ist. Dieser Vorwurf ist aller⸗ dings von der Regierung zurückgewiesen worden. In der Budget kommission hat am 22. Januar der Staats sekretär von Bethmann Hollweg mitgeteilt, daß in allen Stadien vom Reichsamt des Innern und vom Beratungen mit den Intereffentenkreisen stattgefunden hätten, und daß ferner im Wirtschaftlichen Ausschuß eine große Reihe von Sachverständigen gehört, und daß von allen Seiten, das Verdikt abgegeben sei, daß dieser Vertrag den Interessen Deutschlands entspräche. Dieselbe Behauptung steht in der vorliegenden Denkschrift. Solche Denkschriften sollte man uns etwas früher zugehen lassen, mindestens gleig beim Zusammentritt des Reichstags. Ich war erstaunt über die , g. der Denkschrift, daß der Deutsche Handelstag hereits 1905 eine Rundfrage an seine Mitglieder erichtet habe, und daß das ,, in einer Denkschrift niedergelegt, 5 daß eine umfangreiche Denkschrift den Interessentenkreisen zur ebracht sei. Danach hat es der Regierung an orien⸗ aterial nicht gefehlt, aber es bleibt die Frage, weshalb der Vertrag nicht früher veröffentlicht worden ist. Der Slaats— ekretär sollte uns sagen, welche deutsche Sachverständigen im irtschaftlichen Ausschuß gehört iworden sind. Der Abg. Merkel hat. uns allerdings, schon mitgeteilt, daß wichtige In— dustrie« und Exportkreise im Ausschuß nicht, vertreten sind. Die Vertreter der. Textil, und Kurzwarenindustrie können kaum enügend gehört sein, sonst hätten die deutschen Interessen nicht ö verletzt werden können. Die Barmer Handelskammer wünscht in einer Eingabe, daß Handelsverträge nicht abgeschlossen werden, ohne dc außer dem Wirtschaftlichen , die dn, usw. gehört werden; ragt ferner, ob die maßge ende Bedeutung, die die Regierung dem n,, Ausschuß beilegt, begründet sei, und ob Handel, Industrie und Export genügend darin ver— treten seien. Der Deutsche Handelstag hat sih auf Grund dieser Anregung im Februar an den Reichskanzler gewandt, und wir möchten doch hören, ob dieser Anregung schon nachgegangen ist. Man beklagt s ferner darüber, daß die deutschen Exporteure erst von portugiesischer Seite auf diesen Handelshertrag ö

Kenntnis tierendem

worden sind. er frühere Stagtssekretär von Bethmann Hollweg aht einmal, eine frühere Veröffentlichung solcher ertrãge widerspräche den diplomatischen Gepflogenheiten. Aber das konnke doch nicht mehr gelten, nachdem die Cortes den Vertrag an— enommen hatten. In der „Kölnischen Zeitung“ stand vor einem alem Jahre ein Auszug aus diesem Vertrag, der aber gänzlich unzulänglich war. Die Regierung hätte deshalb einen korrekten Auszug veröffentlichen sollen. In offiziösen Blättern wurde der Vertrag als großer Erfolg der deutschen Industrie hingestellt, da ortugal, eine wesentliche Ermäßigung der Zölle zugestanden abe, aber tatsächlich verhält es R anz anders. Aller⸗ dings stand die Regierung vor ger chwierigkeiten, zumal durch das neue portugiesische Gesetz bestimmte Artikel von einer Bindung der Zollsätze durch Vertrag ausgeschlossen sind. Schon in seinem Zollvertrage von 1892 hatte Portugal die höchsten Zölle der Welt; der neue Vertrag bringt fo, wesentliche Joll= erhöhungen, 4; unser dentscher Erport dahin fast gänzlich in Frage . ist, während der Wert der Herabsetzungen mehr als pro⸗ lematisch ist. Alle Artikel der Textil, der Kurzwaren, und der Kleineisenbranche werden mit geradezu vernichtenden Zöllen belegt, mit Zöllen bis zum Mehrfachen des Wertes. Dag bedeutet geradezu eine unverantwortliche Benachteiligung der deutschen Industrie. Die n. der Zölle auf das vertr. nei fi . wird natürlich auch nicht lange auf sich warten lassen. Da günstigere Bedingungen nicht zu erreichen gewesen r vermögen wir nicht zu glauben; wenn nur unsere Regierung mehr Energie und Zähigkeit entwickelt hätte, wäre trotz der . des Protektionismus und trotz der politischen Ereignisse von 1908 ein besserer Vertrag zum Abschluß gelangt, denn . al bedurfte ja e, eines neuen Ab⸗ nehmers für seine Produkte. er neue portugiesische Zolltarif ist e auch nicht für Deutschland allein gemacht; jede Erhöhung der Zölle anderer Völker mindert den Wert unserer Meistbegünstigung für die Erzielung von Zollermäßigungen. Auch der Vergleich des deutschen und des portugiesischen Crportes hätte durchaus zugunsten Deutsch⸗ lands gesprochen. Die Bedenken des deutschen Handels und Exports gegen die Ratifizierung des Vertrages sind also so erheblich, daß es uns am genehmsten wäre, wenn die verbündeten Regierungen den Vertrag zurückziehen und mit Portugal in neue Verhandlungen ein⸗ treten wollten. Mit Kommissionsberatung sind wir einverstanden.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Delbrück:

Ja, meine Herren, ob es zweckmäßig sein wird, diesen Vertrag anzunehmen oder abzulehnen, werden ja die Beratungen in der Kom⸗ mission ergeben. Ich bin der Ueberzeugung, daß ein großer Teil der Einwendungen, die heute mit so viel Temperament ausgesprochen und mit solcher Wucht auf die Vertreter der Regierung niedergehagelt sind (Heiterkeit), in dem nüchternen Lichte des Kommissionszimmers auch etwas an Gewicht verlieren werden.

Ich will aber auf diese Einzelheiten hier nicht eingehen, ich will nur eins betonen: es handelte sich für uns, nachdem das portu⸗ giesische Surtaxegesetz von 1908 ergangen war, in allererster Linie um die Frage, ob wir etwas tun sollten, um eine Differenzierung unserer deutschen Einfuhr in Portugal zu verhindern oder nicht, d. h. also ob wir uns die Meistbegünstigung sichern wollten oder nicht. Alle von uns gehörten Sachverständigen und sach⸗ verständigen Körperschaften wer das alles gewesen ist, werde ich nachher sagen sind der Ansicht gewesen, daß unter allen Um⸗ ständen rechtzeitig Schritte getan werden müßten, um diese Gefahr von unserem Expport abzuwenden. Diese Auffassung ist auch wie ein roter Faden durch die Verhandlungen des Wirtschaftlichen Ausschusses hindurchgegangen und hat die auch dort nicht verhehlten Bedenken überwogen. Nun, meine Herren, wenn wir Ihnen einen einfachen Meistbegünstigungsvertrag vorgelegt hätten, würde er hier wahr⸗ scheinlich glatt über die Bühne gegangen sein, und wirt würden wegen unserer staatsmännischen Weisheit belobt worden sein. Da wir aber noch weiter gegangen sind in unserer Vorsicht und bestrebt gewesen sind, die uns drohenden erheblichen Zoll. erhöhungen in dem neuen portugiesischen Zolltarif nach Möglichkeit zu beschränken und uns mindestens vor Ueberraschungen auf diesem Gebiete zu schützen, wird uns der Vorwurf mangelnden Interesset und leichtfertiger Arbeit gemacht. Wir werden auch darüber in der Kommission zu sprechen Gelegenheit haben.

Ich möchte nur auf den Punkt der leichtfertigen Arbeit eingehen, soweit er das jetzt von mir vertretene Ressort betrifft. Es ist insbesondere moniert worden, daß es der Reichsleitung an der Fähigkeit, der Möglich- keit oder dem guten Willen gefehlt habe, sich über die Bedürfnisse der be⸗

teiligten heimischen Industrien zu informieren. Ich kann Sie ver⸗ sichern, daß niemand ein größeres Interesse hat als wir, zuverlässig und erschöpfend über die Bedürfnisse der Industrie informiert zu sein. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß es mit diesen Informationen nicht getan ist; denn es gibt im allgemeinen in solchen Fällen so viel Bedürfnisse und Wünsche, als es Köpfe gibt, und diese Bedürfnisse und Wünsche sind keineswegs immer mit ein⸗ ander vereinbar; die Kunst beim Abschluß eines derartigen Vertrages oder bei der Festlegung der Grundlagen für die Verhandlungen dar⸗ über besteht eben darin, die verschiedenen einander häufig wider⸗ sprechenden Interessen so mit einander abzugleichen, daß ein für die Gesamtheit vorteilhaftes und für die einzelnen Teile noch erträgliches Ergebnis herauskommt.

Wie sollen wir nun zu einem solchen Ergebnis kommen? Wir pflegen zunächst einmal in dauernder Fühlung zur Industrie zu stehen. Solange ich Handelsminister in Preußen gewesen bin, ist kaum ein Tag vergangen, wo mich nicht dieser oder jener besucht und mir Wünsche für die Gegenwart oder Zukunft vorgetragen hätte. Die Sachen sind notiert, sie sind geprüft, sie sind verwendet worden. Wenn mich niemand aufsucht und mir niemand seine Wünsche vor= trägt, bin ich selbstverständlich außer stande, sie zu beräcksichtigen.

Weiter pflegen derartige wirtschaftliche Fragen durch unsere großen wirtschaftlichen Vertretungen behandelt zu werden. Bei der Beratung des portugiesischen Handelsvertrages haben Anträge zu einem Handelsvertrage mit Portugal aus dem Kreise der Mitglieder des deutschen Handelstags (Handelskammern ufw.) vorgelegen. Das ist eine Denkschrift von 113 Seiten, die uns im Jahre 1905 zu⸗ gegangen ist, und deren Inhalt selbstverständlich berücksichtigt worden ist. Ich muß allerdings bemerken, daß nach meinen In⸗ formationen der Deutsche Handelstag, dem ja alle Handelsbertretungen Deutschlands angehören, seinerzeit sämtliche Handelskammern aufgefordert hatte, sich zu dieser Frage zu äußern, daß es aber nur hz der Mühe für wert gehalten haben, zu antworten, und unter denen befinden sich natürlich diejenigen, die sich jetzt über mangelnde Be⸗ rücksichtigung ihrer Interessen beschweren. (Hört, hört! rechts.)

Ferner hat eine Denkschrift, betreffend die Regelung der handels. politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal, vom Mitteleuropäischen Wirtschaftsverein in Deutschland vorgelegen; sie ist

ziemlich neueren Datums und 74 Seiten lang. Es hat ferner eine

Denkschrift des Handelsvertragsbereins vorgelegen, und alle diese Denkschriften enthalten und das möchte ich betonen im wesent⸗ lichen ganz dieselben Ergebnisse, dieselben Wünsche und dieselben An= regungen.

Außerdem ist noch eine Reihe größerer Zentralverbände mit ein— gehenden Angaben an uns herangetreten, es haben uns zahllose Einzeleingaben zur Verfügung gestanden, wie sie in solchen Fällen von Korporationen, einzelnen Interessenten, Handelskammern usw. einzugehen pflegen. Alle diese einzelnen Eingaben sind geprüft und in ihren Ergebnissen bei den Vorarbeiten für den Handelsvertrag in Betracht gezogen.

Nun liegt es ja auf der Hand, daß eine solche Fülle von Material, wie es sich aus den Vorträgen Einzelner, den Wünschen der einzelnen Handelskammern, derartigen Denkschriften ergibt, außerordentlich viel⸗ seitig ist. Um die zunächst zur Bearbeitung des Materials berufenen Instanzen zu unterstützen und in ihrer Verantwortung zu ent⸗ lasten, um ihnen einen sachverständigen Rat in der Bewertung der Wünsche der Einen und der Ratschläge der Anderen zu geben, ist der wirtschaftliche Ausschuß gebildet. Dieser ist auf Wunsch des Handels⸗ tags, des Zentralberbands deutscher Industrieller und des deutschen Land⸗ wirtschaftsrats im Einvernehmen mit den Bundesregierungen ins Leben gerufen und unter Berücksichtigung territorialer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte zusammengesetzt und zwar so, daß etwa die Hälfte der Mitglieder von den genannten drei großen Interessenverbänden, und zwar von jeder Körperschaft annähernd ein Sechstel, vorgeschlagen wird, die andere Hälfte aber vom Reichskanzler berufen wird. Der Aus⸗ schuß zählt unter seinen 36 Mitgliedern 24 Vertreter von Handel und Industrie, darunter den Präsidenten des deutschen Handelstags und der Aeltesten der Kaufmannschaft in Berlin, den Präsidenten der Berliner Handelskammer sowie der Handelsvertretung in Crefeld,

Königsberg, Dresden, Heidelberg, München, Stuttgart, ferner mehrere Mitglieder anderer Handelskammern, darunter Ham⸗ burg. Die Mitglieder des wirtschaftlichen Ausschusses werden

vom Reichskanzler nach Anhörung der beteiligten Bundes. regierungen berufen, und wir sind nach Möglichkeit be— strebt gewesen, eine gleichmäßige Vertretung aller Interessen in dieser Körperschaft zu erzielen. Nun wird mir eingewandt werden, daß eine so geringe Zahl von Vertretern unmöglich ausreichen kann, um die zahllosen und komplizierten Fragen unseres industriellen und wirtschaftlichen Lebens zu erörtern, die der Herr Abg. Merkel vorhin so beredt geschildert hät. Ja, meine Herren, Sie dürfen aber das Eine nicht vergessen: wenn wir in eine solche begutachtende, beratende Körperschaft alle möglichen Industrien und Industrie⸗ zweige berufen, bekommen wir ein Parlament, was größer ist als der Reichstag, dann stehen wir vor einer Körperschaft, die überhaupt nicht mehr in der Lage ist, die Interessen gegen einander abzuwägen, sondern in der sehr leicht der Fall eintritt, daß die Voten der be⸗ treffenden Herren per major festgestellt werden, und ob die Unter⸗ stützungen, die auf diese Weise die verbündeten Regierungen und weiterhin der Reichstag durch ein derartiges Zollparlament erhalten würden, wertvoller sind als die sorgsamen Erörterungen in einem kleinen Kreise hervorragender Sachvberstãndiger, das zu beantworten, überlasse ich Ihnen. Es ist ferner unsererseitz auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die einzelnen Mitglieder des wirtschaftlichen Ausschusses sich vor seinen Beratungen über die ihrer Interessen⸗ sphãre zugewiesenen besonderen Wünsche informieren konnten, und es ist ferner bekannt, daß in zahlreichen Fällen die Interessenten auch über den wirtschaftlichen Ausschuß fo unterrichtet gewesen sind, daß sie mit ihren Wünschen rechtzeitig den richtigen Weg zu demjenigen Mitgliede des wirtschaftlichen Ausschuses finden konnten, der ihre Interessen zu vertreten hatte, und wenn auf diesem Wege irgend welche zweifelhafte Fragen noch an uns, bie verbündeten Regierungen, gelangt sind oder gelangen werden, können Sle sicher sein, daß wir alles daran setzen werden, die Sache auffuklären. Zuruf don den Sozialdemokraten: Die Publikation des Vertrages) Darauf werde ich nachher kommen. Es ist dann an mich die Frage gerichtet worden, wer denn an den Beratungen det Wirtschaftlichen Ausschusses teilgenommen bat. Ich glaube, daß ich kein Dienst⸗ geheimnis verletze, wenn ich mittelle, daß an Vertretern don Handel