Deutscher Reichstag. 30. Sitzung vom 4. Februar 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten e , des Gesetzentwurfs, betressend die Fesistellung des e ane hc denn, für das Rechnungsjahr 1910, und zwar des „Etats für den Reichstag“ mit den dazu ge— stellten Anträgen.
Nach dem Abg. Sin ger (Soz), dessen Rede in der . Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, ergreift das ort der ; ; ‚
Abg. Dr. Müller Meiningen (fr. Volksp. : Die Ausschmůckhnge⸗ kommifsion hat vor einigen Tagen beschlossen daf, das. Bud, welches die grauen Flächen des Saales über dem Präsidium bedeckte, jetzt endgüllig anderswo untergebracht werden soll. Es ist Tat⸗ fache daß 3 grauen Flächen sehr ungünstig wirken. Vielleicht laffen sich dort ¶ belins oder gobelinarkige, Draperien anbringen; die Kommission sollte den Gedanken näher erwägen. Die beiden ganz r n, wirkenden Holztüren auf der Westseite des Hauses sollten alsbalb beseltigt werden. Bei den Arbeiten in der Geschäftsgordnungs— kommission sind wir, leider nicht zu einer Einigung gekommen; ihrer Arbeit haften alle Spuren allzu großer Ueberhastung an. Die Geschäftsordnung bedarf in der Tat einer Revision, ihre wichtigsten Bestimmungen sind unklar, sie enthält. bedauerliche Lücken. Das Verlangen des Kollegen Gröber ist daher durchaus richtig. Was die praktische Behandlung anlangt, muß ich den Kollegen Singer recht geben, und auch der Abg. Gröher wird zustimmen, daß es mehr als unsicher ist, ob wir in dem Rest dieser Leglslaturperiode (ine allgemeine Revision zu Ende bringen können. In unserem Antrage hejeichnen wir die der, Revifion am dringendsten be— dürftigen Punkte. Cin Fixiertermin von 14 Tagen müßte für die Besprechung einer Interpellation bestehen, auch für den Fall, daß die Beantwortung verweigert wird. Bei den kurzen Anfragen ist der Porteil, daß der feierliche Apparat der Interpellation nicht allzu stark verbraucht wird. Zu hoffen ist, daß wir in der neuerlichen Kommissionsberatung einander näher kommen und zu einer Einigung auf positiver Grundlage gelangen werden. Neben den anderen Forderungen halten wir aber auch noch eine Aenderung der unklaren Bestimmüngen über die Behandlung der Initigtivanträge und über die Schwerinstage für äußerst dringlich; was jetzt, in der Geschäfts= ordnung darüber steht, ist durch die Umstände völlig obsolet geworden, Die Anträge auf Verbesserung des Diätengesetzes entsprechen auch unserer Ansicht; wir gehen aber in diesem Punkte noch viel weiter, wir verlangen die durchgreifende Aenderung Rieses Unjkuins eines un. würdigen Gesetzes. Selbst das preußische Abgeordnetenhaus hat es abgelehnt, sich auf dieses unwürdige Gesetz mit seinen Lohnlisten einzulassen. So viel Zutrauen zum Reichstag sollte man doch mindestens haben, dh man den ,, auf ihre Ehrlichkeit glaubt. er jetzige Zustand ist der Gipfel des Miß⸗ trauens. Wir werden dem Antrage Bassermann zustimmen. ‚ Abg. Dr. Junck 96 Zur Begründung unseres Antrages über die zi rie ist wenig zu sggen. Es herrscht wohl Uebereinstimmung darüber, daß der jetzige Zustand ein unwürdiger ist. Gerade während der parlamentslosen 36 muß der Abgeordnete Gelegenheit haben, alle Orte des Vaterlandes aufzusuchen und so den Zusammenhang zwischen Nord und Süd auf ! zu erhalten. Bezüglich einer teil—⸗ weisen Reyision der Geschäftsordnung gehen wir denselben Weg wie der Abg. Singer und die Freisinnigen, wir gehen sogar noch etwas weiter. Eine ganze Reihe von Fragen, für die das schwere Geschütz der Interpellationen aufgefahren wurde, hätte auf dem Wege kurzer Anfrage nach dem Vorbilde anderer Parlamente erledigt werden können. Als Vorsitzender der vorjährigen Geschäftsordnungs— kommission kann ich sagen, wir gingen mit gutem Willen in diese Kommissien hinein, aber es stellten sich bald Unstimmigkeiten und politische Differenzen ein. Viele Mitglieder sprangen später ab, und wir wurden bezüglich der Stellung von Anträgen bei Interpellationen im Stiche gelassen. Jedenfalls wünschen wir, daß jene Arbeiten der Kommission nicht ganz fruchtlos sein mögen, und 9 . sich mit den gestellten Fragen beschäftige. mu
hatte die Rechnun ne den Wi ö t. Wir haben 3 hnüng oh Wirt, das Zentrum gemgch
keine Beschlußfassung geknüpft t dahin komm
(. erh nen geklei ü nd damit einen ö hätten. Die Kommif e e wür n n
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ü sion wird sich mit diefen und anderen Fragen, wie den kurzen Anfragen sic
z j ; noch eingehend zu beschäftigen aben. Ich möchte ihr anheimgehen, 6h . zu bestimmen, unter welchen diese überhaupt gestell werden können. Was die Frei⸗ karten betrifft, so halte ich es für inkonsequent, den Abgeordneten Xi . a, Schl 3 Session. wieder zu I, . D die Freikarte nheit haben, ohne elastigung und Unbequemlichkeit 3 . ö ĩ ö ; we a d Stelle zu be⸗ . ue, Wahren, bers Fessten , sehzst 6 rig r e, aber *r eine Zlit und Gelegenheit; diese Zweckbestimmung zu erfüllen. 239 ist do etwas deprimierend, von der Gnade des end bre I mich der freien Fahrt abzuhängen, wie em ie aht nich Friedricht hafen. Ich kann Ihnen daher nur , 14 9 ern een anzunehmen, ebenso ,, . * in vi ö J 9 Wir wollen 9 96. ., g wird dadurch nicht herbeigeführt.
, . uträge zu den Inter ; d der freien Fahrt vorab erledigt fehen. .
iEülbg. Graf von West arp (bkons): Zunächst mö ir gu j Ausdruck eben, daß die Erfüllung des vorjährigen Wunsches 36 der Herausgabe 'eines Handbuches über die parlamentarische . einen Schritt weiter gerückt ist. Der Ante ung des Reichstages . der Freikarte uns anzuschließen, verhindert uns unsere utzliche Stellungnahme zu dieser ganzen Frage. Was die Re— git en wegen Aenderung der Geschäftsordnung betrifft, so bedauern ! hi Gegenstande, die zunächst als Initiativanträge an das
. waren, in der Form von Resolutionen an das Haus 6 . l und damit vorzugsweise behandelt werden 16. Resolution kann nicht' inen Beschluß. in rechtlich an ben Hann enthalten, sondern nur Cin unherklndliches Crfüchen esrat. Darin liegt das Unterscheidungsmerkmal! vom
chte ich meiner Be⸗
Initiativantrag. Hier aber soll im Wege der Resolution der Ge⸗ n, fen ein bindender Auftrag erteilt werden. Des⸗ halb wäre es richtiger, es beim Initiativantrag zu belassen. Aber auch materiell geben der sozialdemokratische wie der, freisinnige Antrag der Ge hjtsor nun ge komm ien einen hindenden Auftrag. Nach dem Wortlaut wäre es zweifelhaft, ob die Geschaftsordnungs r n , ihren Auftrag erledigt, hätte, wenn sie zu dem Resultat käme, keine Aenderung der Geschäftsardnung vorzuschlagen. Unsere Bedenken gegen die Stellung van Anträgen. bei Interpellationen liegen auf , . Bei der . im Dezember 1908 itt im Plenum wi in der Fommission klar die Absicht herborgetreten, die Möglichkeit berheizuführen, daß der Reichstag egen den Reichskanzler oder sonstige Instanzen . fh ließen kann, und daß dies im letzten Ende darauf hinausläuft, die Forderung zu erreichen, die damals klar formuliert war: Der Reichskanzler ist zu 66 wenn der Reichstag es verlangt. Einem solchen Bestreben stehen wir- prinzipiell auf das, aller schärfste ablehnend gegenüber. Die Geschästsordnungskommission hat sich im vorigen Jahre auch bemüht, die richtige Form zu. finden daß nicht unter dem frischen Eindruck der Besprechung einer Inter pellation ohne sorgfältige Prüfung der von der Regierung abgegebenen Erklarung gleich ein Beschluß gefaßt wird. Es ist ihr das aber nicht gelungen. Eine feste Irdnung für die Reihenfolge der Initiatip= anträge ist unbedingt nötig, einmal, um auch die Minderheit zu ihrem Recht kommen zu lassen, und anderseits, um eine Fortführung der Geschäfte des Reich tags nicht. dadurch verhindern zu lassen, daß fort= 8 neue Initiativanträge eingebracht werden. Die Juter⸗= pellation mit angeschlossenem Antrag würde das Mittel sein, einen Initiativantrag, der nach der Reihenfolge nicht mehr zur Besprechung kommen würde, aus der Reihe der übrigen hervorzuheben, dann würde von der Interpellation noch mehr als jetzt Gebrauch gemacht werden. Es hat theoretisch und staatsrechtlich die erheb— lichsten Bedenken, wenn der Reichstag sich, das Recht. zu⸗ schriebe, durch kurze Anfragen tatsächlicher Art in jede schwebende Frage einzugreifen. Er würde sich Damit. das Recht der EGrekutive anmaßen, das ihm nach det, Verfassung nicht zusteht. Ueberdies wäre er von dem guten Willen. der verbündeten Regie⸗ rungen abhängig; denn eine rechtliche Verpflichtung zur Beantwortung folcher kurzen Anfragen liegt, für diese nicht vor. Der Neichs tag kann sich unmöglich durch eine einseitige Aenderung der Geschäfts⸗ ordnung ohne Verhandlung mit den anderen Faktoren der Gesetzgebung die Befugnis zulegen, den Reichskanzler und seine Stellvertreter etwa wöchentlich viermal hierher zu zitieren, damit sie Rede und Antwort stehen. Es kann das Ansehen des Reichstags nicht erhöhen, wenn er auf diese Weise über seine verfassungsmäßigen Rechte hinaus— ginge. Es wird so viel von der Notwendigkeit geredet, den Beamten⸗ apparat zu vermindern. Wenn diese Anfragen allsährlich durch den Reichskanzler und seine Vertreter zu beantworten sind, so wird die Arbeitslast und das Schreibwerk bei den Zentral- und Provinzial— behörden unerträglich werden. Wir versprechen uns von einer noch— maligen Nachprüfung der Angelegenheit in der Kommifsion kein hen Ergebnis. Meine Freunde können, wenn ich 6 . Stellung im einzelnen nicht erkundet habe, ein Bedürfnis na b änderung der Geschäftsordnung nicht anerkennen. Wenn aber eine nochmalige Erörterung en n cht wird, so stellen wir uns nach parlamentarischem Brauch dem nicht entgegen und werden in der verstärkten Geschäftsordnungskommission kräftig mitwirken.
Abg. Gröber (Zentr.): Der Vorredner hat schweres Geschütz los= gelassen über die Beratung der heutigen Resolutionen, die aus Initiativanträgen in solche verwandelt seien. Der Abg. Graf Westarp unterliegt hier einem Irrtum, der direkt aus der unklaren Fassung der Geschäftsordnung stammt. Es handelt sich hier um die Geschäfte und die Aufgaben des Reichstags selbst; da sind wir ganz unbeschränkt, ob wir die Form von Initiativanträgen oder von Resolutionen wählen wollen, wenn wir unserer eigenen Geschäftsordnungs— kommission einen Auftrag geben wollen, denn es handelt sich eben um unsere eigenen Angelegenheiten, nicht um Wünsche, welche die Gesetzgebung oder die ö des Reichs angehen. Die vorgetragenen formellen Bedenken haben also gar keine Be— deukung. Sehr ernste Bedenken sind nun von dem Vorredner gegen den Inhalt der Antrag vorgetragen worden. Es denkt aber niemand daran, dem Reichstag größere Befugnisse ein⸗ seitig zu vindizieren, was wir wollen ist nur eine raschere Geschäfts behandlung. und die Verfassung felbst gibt uns das Recht, unfere Geschäftsordnung selbständig zu regeln. Wir wollen mit unserem Antrage keineswegs eine ganz neue Geschäftsordnung, fondern wir wollen dasselbe, was er Antrag Ablaß sagt, nur daß wir die besonderen Fälle weglassen, damit die Kommission völlig freie Hand behält. Es besteht hier also kein Gegensatz, es liegt nur eine zu⸗ fällig ebrweichende Formulierung vor. In der bestehenden Geschäfts— ordnung at vieles veraltet, sie enthält Bestimmungen, die gar nicht mehr , . werden und im Widerspruch mit der anerkannten Praxis stehen. Die Kommissionswahlen z. B. werden schon längst nicht mehr von den Abteilungen vorgenommen. Eine Geschäfts= ordnung muß doch vor allem wahr sein; wozu solche ungültig gewordenen Bestimmungen mitschleppen? Graf Westarp will von der unheschränkten Zulassung von Anträgen bei Interpellationen nichts wissen; er sieht davon die . Folgen voraus. Wir wollen das auch nicht; aber ob es nicht ratsam ist, unter gewissen Kautelen Anträge zuzulassen, das muß gründlich geprüft werden. Der Mangel, de unsere Interpellationsbesprechungen ohne eigent- lichen Abschluß, ohne Feststellung dessen bleiben, was nun der Reichs= tag will muß auf irgend eine Art behoben werden. Der Reichstag ist ein Organ des Reiches; er hat die Etatsberatung stets dazu be— nutzt, auch über die Verwaltung Kritik zu üben. Wie soll der Neichstag es anders machen? Soll er nur die Gelder bewilligen? Er hat die Verpflichtung, zu prüfen, ob die geforderten Gelder not⸗ wendig sind, und auch, ob die bewilligten Gelder bestimmungsgemäß verwendet sind. Der Abg. Graf Westarp hat sich nicht gegen ein Ver⸗ trauensvotum, wohl aber gegen ein Mißtrauensbotum des Reichstags ge⸗ wendet; streng genommen hätte er auch das erstere abweisen müssen. Formell soll der Reichstag zu einem Urteil über die Maßnahmen der reh be nicht berufen sein, sondern der Bundesrat habe dieses Urteil abzugeben. Damit hätte Graf Westarp nur recht, sofern er erichtliche . meint; aber daraus folgt doch nicht, daß der Reichstag nicht durch einen Beschluß seine Änsicht aussprechen darf, und mehr will er nicht Graf Westarp meint auch, der Bundes. rat sei dem Reichstage nicht verantwortlich, formell handele es sich hier um einen Versuch, den Bundesrat zur Verantwortung zu ziehen, Graf Westarp übersieht, daß wir jederzeit in einem Antrag ein Urteil über eine Maßnahme des Bundesrats abgeben können. Der Bundesrat braucht sich auch gar nicht mit den Handlungen der Behörden zu identifizieren. Die Befürchtung, de der Reichstag schließlich in die Befugnisse des Kaisers eingreifen könnte, und die Erklärung, Naß die Konservativen nicht an den föderativen Grundlagen der Ver. fassung rütteln 6 wollen, das alles sind Uebertreibungen. Der Kaiser hat das un bedingte Recht, den Reichskanzler zu ernennen und zu entlassen; aber es ist doch nicht undenkbar, daß der Kaiser sich überlegt, ob er mit einem Kanzler weiterarbeiten kann, der ein Mißtrauensvotum vom Reichstage erhalten hat, und etwas Weiteres, als Material dazu zu liefern, beabfichtigt ein solcher Antrag nicht. Mit welchem Recht will man das für unzulässig erklären? Wir können ja den Kanzler auch zu einer Beantwortung . Inter dellation nicht zwingen, nur das Recht haben wir, eine Besprechung ö. nden zu lassen. Der Antrag wegen der Freisahrt muß wohl in der Form verabschiedet werden, die der Antrag von Dertling enthält Für die Dauer der Legislaturperiode. Würde man ae, in dem beftehenden Gesetz das Wert Sitzungsperiode; * 6 „Legislaturperiode“ ersetzen, so entsteht die Frage . oll 8 Tage vor Beginn der Legislaturperiode reisen, da dieser Beginn nach der herrschenden Auslegung mit dem Tage Der Wahlen ziusgmmenfällt: Sollen alle Kandidaten reisen durfen? Oder was geschieht mit denen, llen? . ; die 1 . . Brandenburg (nl): In unserem ö
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und in den sonstigen Arbeitsräumen ist die Luft sehr wenig
Statistik über die vielen Interpellationen und kurzen Anf
Zahlreiche Abgeordnete haben täglich von 10, ja von 9 Uhr an bis in den späten ö zu tun; da muß verlangt werden, daß für unsere Gesundheit alles geschieht, was geschehen kann. Besonders in den kleineren Arbeitszimmern ist die Luft sehr bald verdorben. Besserung muß geschafft werden. Zugluft können ja viele nicht vertragen; man . trotzdem versuchen, einen Ausweg zu finden. Die Tagesordnung sollte recht bequem in den Korridoren neben dem Sitzungssaal über den Lohnlisten zum Aushang gelangen. Mehr Schränke für das Arbeitsmaterial sollten aufgestellt und die Möglichkeit des Zeitungs⸗ kaufes innerhalb des Reichstages geschaffen werden. Zetreffs der Lohnlisten! wäre ich schon zufrieden, wenn diejenigen nicht mit dem Abzug der 20 4 hestraft würden, die hier täglich sehr stark gearbeitet, auch gesprochen, aber vergessen haben, ihren Namen einzutragen. Nach dem Gang der Debatte können wir, dem Antrage Gröber zu= stimmen, wünschen aber, daß vorher über die anderen Anträge vom Hause abgestimmt wird.
Abg. Basserm ann (nl); Es wird mir mitgeteilt, daß noch eine Reihe bon Schränken zur Verfügung steht. Maßregeln zur Ver— besserung der Luft im Reichstag werden seit längerer Zeit erwogen. Die Erfahrungen, die man im Opernhause mit einem neuen Luft= reinigungsapparat gemacht hat, scheinen nicht sehr günstig zu sein. Neuerdings sind von Sachverständigen andere Vorschläge gemacht worden; man ist darüber mit dem Geheimen Rat Wermuth in Verbindung getreten.
Abg. Kaem pf (fr. Volksp.-); Wir können den Ausführungen des Grafen Westarp nach keiner Richtung zustimmen. Sie gingen auf eine Verminderung und Beschneidung der Befugnisse des Reichstags hinaus. Wir unserseits wollen, daß die Befugnisse des Neichstags in einer Weise durch die, Geschäftsordnung festgestellt werden, wie sie der Verfassung entspricht. Kurze Anfragen an die Re siernng zu richten, liegt innerhalb der Befugnisse des Reichstags, denn ihm steht das Recht der Kontrolle namentlich über die Ausführung von Gesetzen zu. Der Reichstag hat, das Recht, seine Ansicht darüber zum Ausdruck zu bringen. Wir werden für Nr. 1 des Antrags Gröber stimmen. Ich habe das Wort genommen, um auf die Frage der Veröffentlichung der Beschlüsse der Lommissionen in authentischer Fassung zurückzukommen. Ich wünsche keine amtliche Berichterstattung über die Verhandlungen der Kommissionen. Notwendig ist aber, die Beschlüsse der Kommissionen möglichst unmittelbar, nachdem sie gefaßt sind, gedruckt den Reichstagsabgeordneten und anderen Interessenten zur Verfügung zu stellen. Jetzt werden die Beschlüsse der Kom— missionen erst . nachdem die Verhandlungen beendet sind. Zwischen den Beschlüssen und ihrer Veröffentlichung liegen mit⸗ unter wenige Tage, und da haben die Interessenten keine Gelegen⸗ heit, ihre Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Aber auch für die Reichstagsabgeordneten ist die rechtzeitige Veröffentlichung ker Kom— missionsbeschlüsse in authentischer orm sehr erwünscht; ich erinnere nur an die Kommissionsbeschlüsse bei der Finanz⸗ reform. Neuerdings mehren sich die Wünsche der Interessenten in er= heblicher Weise, und zwar in der Presse 4 Parteien. Ich möchte bitten, daß diese Frage nochmals in Erwägung gejogen werden möge. Noch einen Wunsch habe ich. Sie wissen, daß . hochperehrter Präsident an einer schweren Krankheit leibet und wahr⸗ scheinlich noch längere Zeit an das Bett gefesselt sein wird. Ich glaube, wir alle hoffen, daß es dem Herrn Präsidenten vergönnt sein möge, seine Krankheit recht bald zu überwinden, und daß wir bald die Freude haben werden, ihn wieder unter uns zu fehen.
Abg. Ledeßour (Soz):; Wir schließen uns diesem Wunsch an. Was die Anträge betrifft, so entspricht es nur der Ver fassung, wenn die Abgeordneten, während der ganzen Legislatur— periode Gelegenheit haben, sich mit ihren Wählern in Verbindung zu setzen. Der Abg. Westarp hat das schwere Geschütz der Verfassungt⸗ bedenken gegen unseren Antrag wegen Aenderung der Geschafts ordnung angeführt. Man kann die. Geschäftsordnung ändern in sehr wein gehender Weise, ohne daß die Verfassung geändert wird. Wenn wir jetzt Geschäftsordnungsberänderungen beantragen, so geschieht es deshalb, weil die F Bestimmungen 23 ausreichen, um von unseren verfassungsmäßigen . Hebren machen zu können. Mit einem Vertrauens- oder Mißtrauensbotum gibt der Reichstag nur ein Urteil ab. Solche Urteile fällt der Reichstag fortwährend, wir haben also auch Vertrauens- und Mißtrauenspoten abgegeben, nur nicht bei Interpellationen, wo sie am nötigsten waren. Unsere Forderung, daß auch die Minoritäten bei Interpellationen Anträge stellen können, fand in der Kommission beim Zentrum Beifall, leider aber nicht bei den Natienalliberalen und den Freisinnigen, die es mit der Rechten nicht verderben wollten; freilich wurden sie von dieser im Stiche gelassen. Der Minderheit Antrags rechte zu geben, liegt im parlamenktarischen System, denn die Minderheit hat das Bestreben, die Mehrheit zu erlangen Jetzt, dürfen wir wohl auf eine Unterstützung der Nationalliberzl-n und Freisinnigen rechnen. Der Abg. Graf Westarp wollte unz nit
h ö ragen in Desterreich bezw. England Angst machen. Erfahrungsmaßlg 3 die kurzen Anfragen, auch wenn sie eine größere Zahk aus ma hen, in 0 bis 40 Minuten erledigt. In eine Diskussion arten die katzen Anfragen nicht aus. Dem Antrag Gröber stimmen wir antet der Voraussetzung, daß durch ihn eine Verschleppung der Sah A4 ht eintritt, zu.
Abg. von Dirksen (Rp.): Wir alle wänschen, daß der sach⸗ verster ie und allgemein beliebte Präsiden cech ald , * nesen möge. Vielleicht könnte über dem Rednerpult ein Kalender angebracht werden, und rechts und links neben dem Präsidenten⸗ sitz die Rednerliste. Für eine Ausdehnung der Freifahrtkarten über die Vertagungsdauer hinweg ist ein Teil meiner Freunde. Die Minderheit, zu der ich gehöre, glaubt, daß diese Maßnahme im Lande falsch aufgefaßt werden könne, nachdem wir Tie ö. steuer wider Erwarten nicht aufgehoben haben. Die übrigen Anträge, betreffend Aenderung der Geschafts ordnung, kamen mir etwas über⸗ raschend, e lei auch wir nicht geglaubt haben, daß sie im Papier⸗ korb verschwinden ollen. Der Titel, der die Gehälter des Reich fags⸗ direltors usw. enthält, ist nicht die geeignete Stelle, wichtige staats⸗ rechtliche Fragen in die Debatte zu werfen. Wir halten es für durchaus unerwünscht, daß die Frage der Zulaͤssigleit von Anträgen bei Interpellationen und der kurzen Anfragen aus dem ganzen Komplex der Fragen herausgeschält werden soll, und ziehen 14 den Antrag Gröber vor, der generell eine Revision der Geschiftsorbnung wünscht. Einer solchen stehen meine Freunde durchaus wehlwollend gegenüber. Linsichtlich der Verquickung von Anträgen und Interpellationen kann 3 mich dem Grafen Westarp anschließen, sie wäre der erste und ent⸗ scheidende Schritt zu einer . st. In der Hanptsache würden Mißtrauentvota zustande kommen. aß die Interhellationen ohne reellen Effekt ausgingen, kann ich nicht zugeben. Die Regierung ist sehr wohl in der Lage, sich ein Bild zu machen über die Stimmung der einzelnen Parteien des Parlaments und damit der ganzen Nation. Die kurzen Anfragen habe ich persönlich nicht für bezenllich gehalten, aber nur unter der Vorausseßung, daß sie gehandhabt werden, wie im englischen Parlament. Nich den mir zugekommenen Nachrichten scheint man selbst dort anzufangen, unter der Einrichtung dieser kurzen. Anfragen, die zu vielen Tauscnden eingebracht werden, zu leiden und auf ihre Beseltigung binzugrbeiten. Die Links. parteien haben nach den . üngen der Kemmission auch ganz andere Absichten mit diesen Anfragen. Wer gibt auch die Gewähr, daß solche kurzen Anfragen beantwortet werden Man sagt, man stelle der e enn die Beantwortung frei. Wenn die Regierung dann aber fortgesetz und systematisch keine Antwort erteilt, fo wir die Linke und lhre Presse sehr bald wegen Nichtachtung des Parl. ments gegen die Regierung angeben und langsam, aber sicher in einen Konfsikk mit den verbündeten Regigrungen hineingelangen. Ganz abgesehen von den staatsrechtlichen Bedenken können wr nicht eine Einrichtung einseitig einführen, zu der zwei Kontrahenten gehören. Wir , die Rechte der verbündeten Regierungen berleßen, müßten uns erst mit diesen über ihr Cinderst:nknis ber= standlgen und uns auf Anfragen beschränken,
. - f k die zur Juständigkeit des Reichs gehören, und in denen die Vescht er sta ö