1911 / 39 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Feb 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

(Schluß aug der Ersten Beilage.)

Herr eine . hat dann gesagt, daß das hiesige Polizeipräsidium hadi hi . geraten könne, wenn die Polizeibehörden der ö . . von Stücken in Theatern genehmigt hätten niide, di nuf iner Polizeipräsidium die Möglichkeit entzogen amd eepal ei ü hru g solcher Stücke im Bereiche der hiesigen einem bent nde zu untersagen. Dieser Gefahr ist gleichfalls bis uch ö . Grade dadurch vorgebeugt worden, daß wiederum n den pm ö. erlaß meines Ministeriums die Regierungebehörden Ibinzen angewiesen sind, in allen Fällen, in

nur de

rob j vin genehmigt seien,

e ran ö. zum Schluß spreche ich meinen Dank für die ent ch geri an ö. aus, die die Herrn Vorredner an mich ö. n. haben. Ich bin mir wohl bewußt, daß mir eine li ätigkeit dadurch erleichtert wird, daß ich auf die Unter⸗

abo! . en Reihen dieses hohen Hauses rechnen darf.

bg. un hl ed . ohmann. (nl): Einzelne Fragen wollen wir hier Cle hier . bei den speziellen Titeln zu behandein, und wir natz ie Grundsätze des Ministers bei der Besetzung der

am . . ö. Fälle von Mißbrauch der Amtsgewalt besprechen.

r die Ks daß die neulichen Klagen des Abg. Niffen . un t ahn angelegten im Kreise Haädersleben unbegründet im wird mein Freund Schifferer dies bei späterer Gelegenheit 2 ine Klage zu führen habe ich darüber, daß

andrat 6 . . Kreises Westerwald einem Gemeindediener ver, D dal ozialdemakratische Versammktungen auszuschellen. Ich nin , geschehen ist, weil der Gemeindediener cine r J n. und der Landrat es nicht für angemessen hält, inen mit der Dienstmütze sich in den Dienst der Sozial e Berlin j f Wer gesehen hat, wie in der Friedrichstraße wahl in' karten öffentlich in den Läden ausgestellt werden, n nutz liefer iterarischer wie in abbildlicher Beziehung das Gröbste an . für We, und wie die Jugend sich diese Dinge ansieht, der . der eme. Maßregeln gegen diefen Schmutz eintreten. ndrste nigen Interpellation im Fanugr über Uebergriffe der 1 er Minister, es seien ihm Tatsachen nicht bekannt, ahnahmen nschenswert oder notwendig machen . besondere entgegen treffen, um parteipolitischen Üebergriffen der Land— . 6 reten. Dlese Erklarung ist sehr borsichtig, wenn . * zar h ger gen Maßnahmen eh, In . der 1 Minister kein Wort des , ne selnem Bericht an den Regierungspräsidenten von feinen w. od * di wenigstens zu erreichen, daß er in feiner Agftation koyaker nl der le ele or ist willkürlich, 3 net Hen Keisinnigen gemeint hat. Was nar denn 1b, als j der rechte und was der ö. reisinnigen, Partei? Früher galt die Volks— sücden linken und die Freisinnige Vereinigung für den en Wlgdas hatte sich aber bis 1966 schon geändert. Wenn den nniseh eri des Landrats unbefangen liest, so wette ich, daß teten daß Leuten gh sich meiner Interpretation anschließen In rechte ö. Landrat sich bemühen wollte, den Becker auf BM allgemsid. h auf die konserbatibe Seite herüberzuziehen.

llgeme un e gf inen sind wir durchauäß der Meinung, daß auch

mch Ich politlsch betäti ü gen dürfen, gerade durch Männer,

4 ä er err nottung bewußt sind, wird der Ton in der

me hn pt et gen, bei den Wahlen und ohne Agitation

Mandat zu erringen lediglich verhessert werden

r mit He in ister hat eine Tabelle über die Besetzung der er Adel n und Bürgerlichen vorgeführt, um zu beweisen, ch

n af gh

d 16. ine, Adlige, bei den Landräten h6 C, und bei den

96 rojentfatz enstellen, Regierungepräsidenten, Qberpräsidenten ist m a. bei den Minssterien bis zu

dez ih ln del daran festhalten, .

eine Bevorzugung des In dem Falle

agner . Tadel i eu nner die Cadels gegen den Landrat haben müssen, der Herrn 6, die a n der ere e nba, abgenommen hat, . u un ö 30 derwerfen, i un l d hen, Für den „Ostpreußischen Volltzfreund“ agi⸗ . ö Din eh rer zum Bezuge desselben h . . mmission hat der Abg. Cassel darüber Klage geführt, be einer Namens breußen, der auch ö, ei ö bs. ache lelthe partz volll che! bier unte l mmi.

as ganze ban k Ag e h. wonte wohl . S6 forre,

der Kritik, näwahern, we ir können die Zustände in unserem Staate wahl ĩ 41 wir für unsere politischen Beamten die richtige m ische pn abei darf nicht das aristokratische, sondern . dralifchen. äähzih herrschen. Bel der Erziehung zu geistigen men der 5 I haraktereigenschaflen ist weniger die soziale ö 8 ich. Mil amilie, als vielmehr die Individualleistung 6. n Stelle jedem Ausstieg aus den unte ken Schichten in n Fertrguen n wacht das Vertrauen des Volkes zum Staat, und hrrer 68 kleinen nicht Boch genug anzuschlagen. Wenn der . wen wird ; Bauern Lehrer! wirb, ber Sehn des Lehrers , gie Ne ist das eine glückliche föziale. Schichtung, Vert Histungs ehölkerung ehh daß es jedem freisteht, 6 * alttauens n in die Höhe zu kommen, fo ist das ein Grund egi he en en den unteren und oberen Schichten des Volkes. Preiß ident von Westfalen bon Vincke hat einmal gesagt, und ven swei befonderg erstrebenswerte AÄemter gäbe, den erpräsidenten; weshalb er den Regierungs⸗ r haben J ö . ihc att g h ni, , ren n dringenden patriotischen Wunsch, daß da dwerie Amt des . so verwaltet wird, daß der

Abg. Bell Nur

Dienstag den 14. Februar

Verlin,

preußische Stagt keinen Schaden haben, sondern auch schweren Stürmen mit Ruhe entgegen sehen kann. Deshalb habe ich diese Ausführungen gemacht. ; . .

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch ffrelkons.): Die letzten Worte kann ich durchaus unterschreiben. Meine Freunde wünschen eben⸗ falls dringend, daß das preußische Landratsamt, das Fundament unserer Verwaltung, so geführt wird, a es zum Wohle des Volkes dient. Für den höheren Verwaltungsdienst müssen vor allen Dingen wissen⸗ schaftliche und persönliche Tüchtigkeit verlangt werden, die sozialen und anderen Rücksichten müssen mehr zurücktreten. Bis vor einiger Zeit ist allerdings die soziale Stellung bei der Bewertung der höheren Beamten schärfer ins Gewicht gefallen, seitdem aber Herr von Beth— mann Minister des Innern wurde, hat man von oben her darauf hingewirkt, daß die persönliche Tüchtigkeit, der Charakter und wissen⸗ schaftliche Tüchtigkeit ausschlaggebend sind, und die letzte Verfü ung des jetzigen Ministers, wongch, besonders diejenigen berücksichtigt werden follen, die auf der Universität staatsrechtliche Studien ge⸗ macht und die Seminare besucht haben, liegt in der Richtung, daß die persönliche Tüchtigkeit und nicht die soziale Stellung maßgebend sein soll. Aber zum Landrat eignen sich nicht alle, die sonst zu Regierungsstellen befähigt sind. Der Landrat muß ein Mann von Energie und, rascher Entschlußfähigkeit sein, das kann nicht jeder, der wohl im Kollegtum sitzen oder Be= rater des Mannes sein kann, der den Enkschluß zu fassen hat. Ferner gehört zum Landratsamt ein gewisses Maß von, Takt, eine ute Kinderstube, Neben der wissenschaftlichen Qualität und den ö Charaktereigenschaften ist also auch besondere persönliche Eignung von Wichtigkeit. In bezug auf die politische Tätigkeit des Landrats teile ich durchaus die Auffassung des Ministers, Wenn man für alle Beamten in Anspruch nimmt, daß sie sich agitatorisch betätigen können, so kann man davon unmöglich den Landrat aus—⸗ nehmen. Er hat dieselben Rechte wie jeder andere, und man kann von einem Mann, der eine charaktervolle Persönlichkeit ist und eine feste politische Ueberzeugung., hat, nicht, verlangen, daß er sich auf dem politischen Gebiet zurückzieht. Was der, Landrat nicht tun soll, das ist, von Amts wegen Politik zu treiben. Die

Politik muß vom Amt fernbleiben. Der Beamte darf nicht lauben, dy er Handlanger der Regierung sei. Nach dieser hier iz ist in der Vergangenheit manchmal gefehlt worden,

und ein Rest dieser, alten Gewohnheit ist noch geblieben. Wir haben zu dem Minister das Vertrauen, daß er nach dieser Rich⸗ tung hin die bessernde Hand anlegt. Eines der wesentlichen Ziele der Verwaltungsreform muß das sein, daß mit dem Prinzip, daß der Landrat einen politischen Charakter hat, gebrochen wird, damit er ein Verwaltungsbeamter ist, der in dem Wohl und Wehe seines Kreises aufgeht. Ein tüchtiger Mann muß in diesem Berufe seinen Lebens⸗ beruf sehen können. Abgesehen von den Fällen, in denen eine mehr zentrale Behandlung nötig ist, muß der Landrat vollkommen freie Hand haben. Gerade die besten muͤssen gut genug sein, um dieses Amt innezuhaben. Die Dienstaufwandgelder für die Landräte müssen höher angesetzt werden. Auch nach dieser Richtung hin muß dafür gesorgt, werden, daß der volle Dienstaufwand entschädigt wird, Ich würde es vermieden haben, eine Kündigung der Kreis⸗ krankenhausberwaltung gegen den, neugewählten freisinnigen Ab⸗ Eordneten auszusprechen. Das sieht nach parteipolitischen Rück= i aus. Die „Zeitungsberichte“ sind einer der unnützesten Zöpfe, die wir noch haben. Vielfach hat man die Empfindung, daß die Wißbegier der vortragenden Räte Anlaß zu allen möglichen Er⸗ hebungen gibt. Seitens der Ministerien dürfen auch nur da, wo es unbedingt nötig ist, Erhebungen angestellt werden, damit nicht viele Schreibereien veranlaßt werden, die zu dem Resultate in keinem Verhältnis stehen. Der Polizeipräsident hat mit Recht seine Organe gegen die Verunglimpfungen der Sozialdemokraten und Demokraten in Schutz genommen, Er hätte sich aber nicht in Widerspruch mit dem Urkeil der Gerichte setzen dürfen. Das hat er auch sicher nicht gewollt. (Lachen bei den Sozialdemokrgten. Nein, das war sicher nicht seine Absicht, er hat sich nur fortreißen lassen durch das Gefühl, seine Beamten in Schutz nehmen zu müssen. Es bleibt aber guch so noch genug Anerkennung für die Polizeibeamten ührig. Der Tadel über die Auszeichnung der Polizeibeamten ist durchaus unbegründet, denn die Polizei saß nicht si der Anklagebank, sondern andere Leute. Die sozialdemokratische Suggestion hat nur diesen Glauben herborgerufen. Die Regierung war berechtigt und sogar verpflichtet, den Beamten, die sich ausgezeichnet haben, ihre Anerkennung zu teil werden zu lassen. Es macht einen wenig erfreulichen Eindruck, daß die Berliner ,, so wenig freundlichen Standpunkt . die Polizel eingenommen hat. Die Stadtverordneten haben sich sehr darüber beklagt, daß der Stadt kein Einfluß auf die Verwaltung der Polizei gegeben ist. Davon könnte ne die Rede sein, wenn die Berliner Stadtherwaltung sich eine andere Organi⸗ sation gegeben haben wird. Die jetzige. Städte ordnung ist zwar für die mitkleren und größeren Städte geeignet, reicht aber nicht aus für eine Stadt, wie sie Berlin, geworden ist. Der Magistratskörper ist viel zu schwerfällig, da ist eine viel zu große Zahl von Mitgliedern. Auch die Mitwirkung der Stadtverordnetenversammlung bei der Ver— waltung kann nicht dauernd bestehen bleiben, wenn anders die Ver= waltung glatt und rasch erledigt werden Jeoll. Es kann also zurzeit nicht in Frage kommen, die Zuständigkeit der Berliner Stadtverwaltung zu erweitern, fondern wid, müssen sie zunächst, so organisieren, daß sie wirklich auf der Höhe ist. Der Abg. Cassel wird über meine Ansichten ja einigermaßen entrüstet sein, aber ich ühe die Kritik ebenfo wie der Vorredner, nur in dem Sinne, daß die , der Stadt Berlin auf der Höhe stehen möge, nicht aus der bloßen Lust an der Kritik, ondern damit Berlin wirklich würdig ist, die Haupt- und Residenz= tadt ö. ens zu sein. ö ;

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Von, den Propinzialregierungen sind 2500 Cremplare des Werkes des Reichsverbands zur Bekämpfung der Sozialdemokratie bezogen worden. Wollen die Negierungs—= präsidenten das Werk selbst studieren, Um sich darauf vorzubereiten, daß sie hier einmal vom Ministersessel aus die Sozialdemokratie bekämpfen können? Wir müssen dagegen protestieren, daß die Gelder der Steuerzahler von der Regierung, die über den Parteien stehen will, einseltig zur Bekämpfung der Sozialdemokratie verwandt werden., Bie Landräte sollen sich nicht, nur, wie Freiherr von Zedlitz fagt, in jhrer amtsichen Eigenschaft der Parkeipolitik entzalten, sondern überhaupt, der Parteipolitik fernsiehen. Im Anschlu an, den Kopenhagener Sozialistenkongreß sollls in Frank furt 4. M. eine öffentliche Protesthersammlung stattfinden. Der Gebrauch fremder Sprachen in dieser Versammlung wurde unter sagt. Was war der Erfolg? Die Reden wurden in dentscher Sprache gehalten und konnten so von allen Teilnehmern verstanden werden, ohne daß eine ja immer unvolllommene Uebersetzung nötig gewesen wäre. Außerdem mußten sich die Redner verpflichten, nicht über den russischen Jar zu sprechen. Ebenso kleinlich ist das Verbot der Versammlung in Berlin gewesen, in der Janres sprechen follte. Statt daß nur zweltausend oder drei— faufend Hörer die Rede hörten, bekamen durch dieses Verbot hundert⸗ kausend Lefer Kenntnis davon. Denn an demselben Tage sland die Rede n Vorwärts“. Wenn es sich bei Theaterstücken nur um das Sexualleben bergiftende Stücke handelte, so würde auch unsere Ju⸗ fimmung gegeben werden können. Aber wenn das Zentrum einen olchen Wunsch ausspricht, dann steckt immer etwag anderes dahinter. Daß der Geistlichkeit kein Unheil geschieht, dafür sorgt schon die Jenfur. Im Berliner Residenz-⸗Theater ist die Dame von Maxim“

erst zugelassen worden, als die Rolle des Pfarrers in die Rolle eines Dieners verwandelt war. Das Verbot von Wedekinds „Frühlings Erwachen“ in Königsberg hat allgemein Aufsehen erregt. Auch das Verbot einer Zirkuspantomime durch den Berliner Polizeipräsidenten, in der russische Sänger in der Tracht sibirischer Gefangener auf⸗ treten sollten, hat direkt lächerlich gewirkt. In einem Theater— stück durfte die Rolle eines Gendarmen nur beibehalten werden, nachdem die Uniform eines nichtpreußischen Gendarmen ge— wählt war; bei cinem anderen mußte der Name von Zedlitz in, von Wedliz umgeändert werden. Solche schikanöse Behandlung wirkt in der Tat, lächerlich. Unerhört ist das Polizeiliche Vorgehen gegen die Berliner Freie Volksbühne. Die nene Freie Volksbühne ist so organisiert, wie das Ürteil des Ober- verwaltungsgerichts es verlangt hat. Erst dem Polizeipräsibenten von Jagom blieb es vorbehalten, die Freie Volksbühne wieder als der Zensurpflicht unterworfen hinzustellen. Nach der Erklärung des Ministers werden jetzt die Berliner Zensurmaßnahmen auch auf die Provinz ausgedehnt werden, da wird die deutfche Kultur noch einen schweren Stand haben. Das Gesetz üher den Unterstützungswohnsitz hat einen durchaus reaktionären Charakter. Es ist unglaublich, was die Gemeindebehörden alles für Vorwände finden, um die Wähler— listen nicht auslegen zu brauchen. Eine ganze Reihe von Gemeinde behörden bekümmert sih gar nicht um das Gesetz. Das Vorgehen des. Rirdorfer Magistrats bei der Aufstelkung der Wählerlisten ist geradezu typisch gewesen. Das Gesetz be⸗ stimmt und das ist auf Antrag des Zentrums Gesetz geworden, um den plutokratischen Charakter des Dreiklassenfystems abzuschwächen —, daß in die erste und zweite Wählerabteilung alle die gehören, die mehr als den Durchschnitt an Steuern zahlen. Der Rirdorfer Magistrat hat aber das Gesetz gerade umgekehrt und alle, die weniger als den Durchschnitt zahlen, in die dritte Klasse gebracht. Das Oberverwaltungsgericht hat 1903 diese Auf⸗ stellung der Wählerlisten für ungültig erklärt, der Magistrat kümmert sich aber nicht darum, sondern stellt nach wie vor die Liste falsch auf. Von den Amtsvorstehern werden sozialdemokratische Versammlungen unter freiem Himmel einfach „wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit!“ nicht genehmigt; nähere Gründe werden gar nicht angegeben, deshalb müffen wir verlangen, ö. solche Versammlungen nicht der Genehmigung bedürfen. uf unsere Klage in einem Fall in Neuenhagen in der Neumark, wo die Gefährdung, der öffentlichen Sicherheit in ganz ei entümlicher Weise künstlich konstruiert war, hat das Oberverwaltungègericht uns recht gegeben und die Verfügung des Amtsvorstehers aufgehoben; aber was nützt es uns, wenn 6 ungesetzlichen Verbote nach einem oder zwei Jahren aufgehoben werden? as Oberverwaltungsgericht hat in wiederholten Fällen entschieden, daß auf Tatsachen gestützte Gründe für ein Versammlungsverbot angegeben werden müßten. Die Sozialdemokratle wird einfach außerhalb des Gesetzes 53. Das fördert nur den Zustrom zu unserer Partei; solche Beamte, die uns ungesetzlich behandeln, gehören zu unseren besten Agitatoren. Unter dem alten Vereinsgesetz ließ die Polizei zu sozialdemokratischen Versammlungen Frauen nicht zu, weil es Vereinsversammlungen seien; heute besteht die umgekehrte Praxiz, man erklärt unsere Vereins versammlungen für öffentliche. Die gewerkschaftlichen Versamm⸗ lungen werden überwacht mit der Begründung, daß das Ober⸗ verwaltungsgericht noch nicht entschieden habe, ob gewerkschaft liche Versammlungen nach dem Gesetz zu überwachen seien oder nicht. Man will uns zwingen, das erst durch eine Klage feftzustellen. Eine Gedenkfeier einer Gewerkschaft wurde überwacht mit der Begründung, daß es eine öffentliche politische Versammlung sei. In Beuthen i. OS. bekommen wir überhaupt keine Ver sammlungssäle. In einem Formular zu einem polizellichen Führungs⸗ attest, das uns durch Zufall in die Hände gefallen ist, steht auch bie Bemerkung. An ordnungsfeindlichen HBestrebungen nicht be⸗ teiligt gewesen. Wir müssen alle solche Fälle zur Sprache bringen; wenn es den Herren auf der Rechten nicht paßt, daß wir die Polizei kritisieren, so haben sie dafür zu sorgen, daß die Regierung von oben her Remedur schafft. Ein Mißbrauch des Be⸗ stätigungsrechtes der Regierung ist es, 366 nicht einmal der Stadtverordnetenvorsteher Graf Matuschka in Schöneberg als Mit— glied der Schuldeputation bestätigt worden ist. In gleicher Weise haben wir über den Legitimgtionszwang für ausländische Arbeiter zu klagen; besonders schlecht scheinen die , behandelt zu werden, Der französische Professor Halbwachs ist lediglich wegen seiner Kritik der Moabiter Vorgänge und der Rede des Reichs= kanzlers darüber ausgewiesen worden; das ist ein Rückschritt in den internationalen Beziehungen, den die Polizei wohl aus Angst dapor unternommen hat, daß ihr Verhalten an den Tag kommt. Die Rede des Polizeipräsidenten in Verbindung mit der Rede des Ministers und den Ausführungen des Freiherrn von Zedlitz müssen die Polizei⸗ beamten zu neuen Hrutalitäten reizen. In Moabit hat die 5 auf der Anklagebank gesessen. Herr von Jagow mit einer Garde hat eine große Zahl von Sozialdemokraten gezüchtet. reiherr von Zedlitz hat init semen Aeußerungen über die Moabiter zugenaussagen die Redefreiheit mißbraucht. Die Polizei hat in Moäblt auf ganz Unbeteiligte eingeschlagen und sie mit unflätigsten Redensarten traktiert. Auf der Wache wurden in unmenschlicher, niederträchtiger Weise die Verhasteten, mißhandelt. Es ist kein Zweifel darüber, daß in Moaghit Logspitzel käͤtig gewesen sind. Wie siebt es jetzt mit. dem Preußischen Wahlrecht aus? (Lachen rechts. Es ist charakteristisch, daß Sie sofort lachen, wenn vom Wahlrecht die Rede ist. Wenn die Reichstagswahlen, wie ich hoffe, ungünstig für Zentrum und Konservative ausfallen, dann will man wenigsteng im Hreußischen Wahlrecht ein Gegengewicht gegen das Reich behalten. Wir werden also auf ab ehbare Zeit kein besseres Wahlrecht in Preußen bekommen. Die Sozialdemokratie wird aber trotzdem un⸗ ablässig dafür kämpfen.

Darauf vertagt sich das Haus.

Präsident von Kröcher erteilt dem Abg. Hirsch einen Ordnungsruf, weil er gesagt habe, daß die Polizei die Ver⸗ hafteten in unmenschlicher und niederträchliger Weise auf der Wache mißhandle.

ersönlich bemerkt Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch ffreikons.), daß er nicht dabon gesprochen habe, daß die Aussagen von Zeugen in Moabit minderwertig gewesen seien. Er habe nur darauf hingewiesen, daß die Zeugenaussagen von sozialdemokratischem Haß eingegeben, daß sie don der sozialdemokratischen Presse (Abg. Dr Liebknecht: Unwahr⸗ heit!), daß sie von sozialdemokratischen Reden beeinflußt gewesen seien. (Erregte Zurufe von den Sozialdemokraten: ö 6 ö . 39 . des Mißbrauchs der Redefreiheit auf as allerentschiedenste zurück. . ;

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Ich halte den Vorwurf des Miß⸗ brauchs der Redefreiheit vollkommen aufrecht. Das, was ich gesagt

habe, entspricht den Tatsachen. Schluß nach 414 Uhr. Nächste K Dientztag,

11 Uhr. (Etat des Ministeriums des Innern.