Deringefischerei. Auf diese Weise würde das Volk mehr in die Lage gebracht, sich billige, nahrhafte und schmackhafte Nahrung mittel zu verfschaffen. Bie Fischer, die sich mit der Heringe sischerei befaßten, hätten mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. le englischen und holländischen Fischer arbeiteten unter günstigeren pedingungen, vor allem mit billigeren Arbeitskräften; sie hätten nicht ie sozialpolitischen Lasten zu tragen wie die deutschen, und ihr Lebens⸗ unterhalt sei billiger. Es sei nur gerecht und billig, den deuischen ischern von Neichs wegen eine linterstũtzung und Förderung zu teil werden zu lassen. Dies liege auch im Interesse der Wehrhastigleit des Reiches, weil die Fischer das Hauptkontingent für die Marine liefern. Ob der Wunsch der Interessenten, daß auf e. Tonne eringe eine gewisse Prämie gezahlt werde, praktisch durchführbar sei, wolle er dahmgestellt fein lassen. 1 Abg. Werner Hersfeld (d. Reformp.) kommt auf die schen in weiter Lesung erörterte Zigeunerklage zurück und fordert energischere laßnahmen zu ihter Belampfung namentlich auf dem Lande. Die don ihm in der zwellen Lesung binsichtlich der Fusion gewisser Hipater Versicherungegesellschaften angeführten Behauptungen hält der Redner in vollem Umfange aufrecht. ; . . ; Abg. von Böshlendorff-⸗Kölpin (dkons.) tritt auch im Interefse der Ostseefischer, namentlich im nteresse der sich in chlimmer Lage befindenden Heringefischer, für die Erhöhung des onds für die Seefischerei ein. 2 . Die Resolution, betreffend die Hebung der Seefischerei, angenommen. . 4 Zum Extraordinarium liegt vor der Teilbericht der 7. Kom⸗
mission über die zur Wohnungsfrage gestellten Anträge. Die 7. Kommission hat die folgenden Resolutionen ein⸗ stimmig angenommen: ; ; J. „die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Neichs tag in der nächsten Tagung Gesctzentwürfe, betreffend Regelung „des ohnungsweseng, vorzulegen, welche Mindestyorschristen über Beschaffenbeit und Benutzung der Wohnungen, Vorschriften über
amtliche Wohnungtaufsicht, Errichtung von Pfandbriejanstalten, i n des Legen g chm ele n, Ausbau des Erbbaurechts
wird
enthalten“; ; ; II. „die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die Ergebnisse der Wohnungsaufsscht, des Standes des Wohnungs. und. Boden⸗
markteg, der Wohnungsmieten und der Bautätigkeit jährlich zu derbffentlichen · . ! —
III. „den Reichskanzler zu ersuchen, in geeigneter Wesse darauf i un en, daß im Wege der Landesgesetzzebung der Bau von KRleinwohnungen gefördert werde ; ‚
1) r d f , von Normativbestimmungen über Men. aufteilung, Bebauungsplan und Bauordnung behufs Ver⸗ billigung und Erleichterung des Kleinwohnungẽhaues,
2) durch Gewährung von Steuer und Abgabenerleichterungen an die ir von Häusern mit Kleinwohnungen sowohl seitens des Staates als der Kommunen, :
3) durch Gewäbrung des Enteignungsrechts an die Toammunen zur Beseitigung 9 schweren Mißständen im Bebauungs⸗ und Wohnungswesen.“ . Abg. Jg e n n n empfiehlt die Resolution zur Annahme. Abg. G 39 . Bisher hat sich die Reichs egicrung Jegen eln Reichswohnungsgesetz ablehnend verhalten Jetzt scheint wenigstens insofern eine Wandlung eingetreten zu sein, als sie mit den C w ist: ak über die Wohnungsfrage verhandeln will. Vielleicht gelingt es ihr, auf Preußen, dos sich bisher am meisten ablehnend verhalten hat, einen Druck auszuüben. Nur die Reichsgesetzgebung kann eine Besserung auf diesem Gebiete schaffen; der gegenwärtige oment, der mit sonstigen sozialen Aufgaben nicht belastet ist, ist dazu hesonders geeignet. ; Abg. Lg fer (nl): Die Lösung der Wohnungsfrage gehört zu den wichtigsten auf sozialem Gebiet. Von ihr hängt auch die Ge⸗ sundheit, der Frauen und damit die Zukunft der heranwachsenden Heneration ab. Auf dem Wege der Gefeßgebung der Einzelstaaten können wir nicht zum Ziele kommen. Eine reichsgesetzliche Regelung ist a nicht leicht, da die Verbältnisse im Ssten und Weften ver schieden sind. Der Osten braucht besfere Wohnungsberhästnisse, um die Abwanderung zu verbüten. Allerdings ist der . und Klein. besitzer in einer polen Notlage, daß er kaum in der Lage ist, feine Ställe in Ordnung zu halten, geschweige die Wohnungen seiner Ar⸗ beiter. Man muß deshalb Kreditanstalten haben, die jedermann zur
zerfü tehen. ; ; ö ern ne ö on Trampezynski (Pole): Die Wohnungsberhält⸗
WMsse sind schon schlecht, aber die preußische Regierung wirkt dahin, ahn ie u gl werden. Ich hel daß der Reichstag sich end= j auf den Standpunkt stellt, daß die Wohnungsfrage ausschligßlich * Frage der ö . e r zum Gegenstande eine ischen Kampfes gemacht werden darf. . ie ti ese hl. 34 (fontschr. Volkep.): Die Resolutionen nd in der Kommifsion einstimmig angenommen worden; es wird den särksten Eindruck auf die Regierung machen, wenn sie auch im lenum einstimmig zur Annahme gelangen. — Abg. Mum m (wirtsch. Vg4.): Die Wohnungsfrage muß in ganz anderer Weise als eher durch die Reichsregierung behandelt werden. Die Frage ist kaum von geringerer Bedeutung als die Frage es gesamten Versicherungswesens. . Die Resolutionen werden einstimmig angenommen.
Es folgt der Etat für die Verwaltung des Lei 8 h 1 res. u demselben liegt auch ein Antrag h h n, die Ostmarkenzulage betreffend, vor. Die sämtlichen . die Ostmarkenzulage bezüglichen Anträge werden in Ver—
indung mit dem Milltäretat behandelt werden.
Abg. Dr. Südekum (Soz): Der Kriegsminister hat sich Lien meine Beschwerde gewandt, daß ein Sehn des PYräses der lil erieprsifun ge kommi lon bei einer Firma beschäftigt sei, mit der nn ater das ganze Jahr zu tun babe. Es liegt, hier ein Irrtum
gherseits vor. es handelt sich nicht um den Präses der Artillerie- n e lonmission, sondern um den Generalinspelteur der Fuß⸗ le. aspi Abg. Gothen (fortschr. Volkep.): Zu dem Fall des Offizier⸗ ji nanten Lieber, gegen dessen Wahl zum Offizier ins Feld. ge⸗ ent worden ist, daß er in dem Laden seines Vaters als Verkäufer — 3 Zewesen sei, habe ich ermittelt, daß der Vater gat keinen 66 Laden hat, sondein nur ein Engroslager. Von der Tante des Dan fenden hat der Kriegsminister als von einer sehr bekannten unte. gesprochen, deren zweifelhaftes Gebaren in der Stadt nicht unt geblieben sei. Die Wirkung ist die gewesen, daß die Frau durchaus legitimen Gewerbe schwer. geschädigt worden ist. Worte des Kriegsministers mußten so verstanden werden, dem ame ein sehr zweifelhaftes Gewerbe betreibe. Die Dame hat ziest' em Gebiete der HDellung von Statterern direkt reh; Erfolge er⸗ grtaint ie don drei Universitätsprofessoren in einem Gutachten an⸗ helann⸗ werden sst. Auch sonst ist nichts Nachteiliges über die Dame renei kl erwarte vom Kriegsminister, daß er dieser Frau eine Rat ärung geben wird. Andernfalls kann ich der Dame nur den u v ben; den Kriegtzminister wegen öffentlicher ö agen. Ich habe die Sache siets mit dem nötigen Ern Antwort, die mir der Kriegsminister damals gab, ; n icht verdient, ernst behandelt zu werden, die kennte nisy der i. das . Am acker war Vater erlauf tei
3 mich lter unterschlagen und im Gefängnis Selbstmord Mö aber d ilien
Abortgruben eigenhändig besorgte. (Stürmische Schlußrufe rechts und im Zentrum.) Wir stehen 2. dem Standpunkt, daß, wenn sich ein einzelner aus seiner Familie herausarbeitet und ein tüchtiger Mann geworden ist, nichts im Wege steht, daß er Reserveoffizter wird. Das ist natürlich nur in Preußen der Fall. Merkwürdigerweise ist das Milieu der jüdischen Familien in Bayern und . nicht so niedrig, daß sie nicht Neserveoffiziere werden können. Es ist doch merkwürdig, daß das Milieu sich sofort hebt, sewie das Taufwasser über den Betreffenden gelaufen ist. Das Verhalten der Militär behörde wirkt also wie eine Indenmission, daß also Juden, die Reserveoffiziere werden wollen, sich taufen lassen müssen. Dazu bewilligen wir doch dem Minister das Gehalt nicht, daß er Juden⸗ mission treibt. Er hat nur dafür zu sorgen, daß die, Verfassung gewahrt wird. Deshalb darf von z . ücksichten keine Rede sein. (Sehr richtig! rechts Sie sagen Sehr richtig, aber wo sind denn die jüdischen Reserveoffiziere? Es ist doch eine starke Zumutung, uns glauben machen zu wollen, daß wirklich kon⸗ fessionelle Räcksichten nicht maßgebend sein sollen, Der Kriegsminister stellt sich nun auf den Standpunkt, er hätte keinen 3 auf die Wahl zum Reservegffizier. Aber er bat doch Einfluß auf die Be⸗ zükskommandeure. Wenn er solche Ausflüchte macht, dann müssen wir ihn eben zurechtweisen. (Allgemeine Unruhe und laute Schluß. ruf) Durch Ihre Schlußrufe werden Sie mich nicht. abhalten, das zu sagen, was ich sagen will. Die preußische Armee rühmt sich ihrer Disziplin, aber wo bleibt diese, wenn der Minister hier solche ,. abgibt. Wir wollen einen Minister, der die Verfassung och hält. . ann Schu lz⸗Erfurt (Soz): Ih will, bier einen Fall an führen, der noch viel mehr als die soeben gehörten unseren Protest herausfordern muß. Es handelt sich hier um einen jungen Mann, der Einjährig-Freiwilliger werden wollte, der es aber nicht wurde, weil man ihm vorwarf, er sei Sozialdemokrat. Der Mann hat auf einer Realschule in Berlin das Reifezeugnis für diesen Dienst erworben. Die Prüfungekommission hat nun den Berechtigungsschein verweigert, und auch das Kriegsministerium hat sich auf eine Beschwerde hin auf denselhen Standpunkt gestellt. Es wird allerdings der Nachweis der Unbescholtenheit verlangt. Dieser Mann gilt nun im Sinne der
olizeibehörde für nicht unbescholten. Er ist nämlich wegen Ueber⸗ chreltung des Reichsvereinsgesetzes zu 6. Geldstrafe ver— urteilt worden. Er war nämlich vorübergehend Vorsitzender eines Vereins jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen. Dieser sunge Mann war der fe Anschauung, daß der Verein unpolitisch ist, und er bat ihn deshalb nicht angemeldet. Das ist das ganze Vergehen. Die Militärbehörde verhängt nun aber über den jungen Mann noch eine viel härtere Strafe. Sie verweigert ihm den Berechtigungsschein. Was das zu sagen hat, werden Sle ja alle selbst wissen. Der Ein⸗ jährige hat z. B. die Möglichkeit, als Student weiter studieren zu können. Er braucht sein Studium also nicht zu unterbrechen. Dieser junge Mann besucht die Handelghochschule in Berlin und will auch später noch seinen Doktor machen. Dadurch, daß er zwei Jahre dienen muß, ist seine ganze Zukunft vernichtet. Gegen so was muß entschieden Pretest erhoben werden. Selbst wenn die Bestrafung mit 6 6 zu Recht erfolgt wäre, dann handelt es sich doch hier um ein ganz harmloses politisches Vergehen. Gerade wir, die wir ung hier mit politischen Dingen zu beschäftigen haben, haben deshalb allen Grund, dagegen zu protestieren, daß solche Strafen als Bescholtenheit im bürgerlichen Sinne angesehen werden. Auf allen Seiten des Hauses sitzen doch Herren, die schon einmal wegen politischer Vergehen bestraft worden sind. Man kann mit jabrelanger Bestrafung wegen polttischer Vergehen belegt worden sein und kann doch in diesem Hause das größte Ehrenamt ausüben, das das deutsche Volk zu vergeben hat. Dieser Fall ist in seiner Tragweite viel bedeutender als die Frage der Reserveoffiziere. Hier sind Millionen bewilligt worden. Man fragt dabei aber nicht, ob Sozialdemokraten oder Nichtsozialdemokraten die Steuern he⸗ zahlen. Man fragt auch nicht die jungen deute, die eintreten, ob sie Sozialdemokraten sind. Folgerichtig müßten Sie ein Aus nahmegesetz machen, das verfügt, daß Sozialdemokraten aus dem Heeresdienst auszuschließen sind. Die Folgen davon würden Sie wohl dann bald
re, Gegen solches Messen imiit zweierlei Maß müssen wir ent⸗ chieden Verwahrung einlegen. . Preußischer Kriegsminister, General der Infanterie
von Heeringen:
Ich habe dem ersten Herrn Redner, der sich mit der Person des Präses der Artillerieprüfungskommission nochmals be⸗ schäfligt hat, zu erwidern, daß der verstorbene Generalinspekteur der Fußartillerie Herr von Perbandt ebenso wie alle andern, die in dieser Stellung waren oder sind, auf die Tätigkeit der Artillerieprüfungs⸗ kommission, auf Lieferung von Material gar keinen Einfluß hatte, daß also die Folgerungen, die er an die angebliche Stellung des Sohnes des Präses der Artillerieprüfungskommisston geknüpft hat, gar nicht in Betracht kommen können.
Dem Herin Abg. Gothein möchte ich sagen, daß die Auskunft, die ich über den Offiziersaspiranten aus Straßburg gab, auf amtlichem Material beruhte, wie ich damals schon erklärt habe. Die Frau Lieber ist im Kriegsministerium gewesen. Da ich nicht in Berlin anwesend war, konnte ich sie nicht selbst empfangen; es ist ihr aber gesagt worden, sie möge ihre Beschwerden schriftlich niederlegen, sie würden geprüft werden und, wenn ihr Unrecht geschehen sein sollte, würde ihr ihr Recht werden.
Im übrigen möchte ich erneut betonen, daß in bezug auf die Zu⸗ lassung zum Reserveoffizier kein Unterschied zwischen Christen und Juden gemacht wird. (Lebhafter Widerspruch link. — Zuruf: Unglaublich) Es ist durchaus möglich, wie ich schon früber autgeführt babe, daß hier und da noch antisemitische Be, strebungen in der Armee vorhanden sind, die ich durchaus mißbillige. Wo sie hervortreten, da wird auch eingegriffen; darauf können
Sie sich verlassen. Zweifellos ist nicht beweisbar, daß das Taufwasser einen so bemerkbaren Unterschied macht Lachen links) Es möge mlr doch eine Tatsache an—
gegeben werden, wo das der Fall gewesen ist. Es waren einmal zwei verschiedene Fälle in den Zeitungen genannt; ich habe versucht, ihnen nachzugehen, jedoch vergeblich. Ich nehme keinen Anstand, zu erklaͤren, daß das unbedingt unrichtig ist, daß die vollzogene Taufe eine Rolle spielt. (Lachen links) Es handelt sich immer nur um die Person.
Bei der Wahl zum Reserveoffizier suchen die Bezirks⸗ kommandeure zu verhindern, daß die Betreffenden zur Wahl gestellt und dann von dem betreffenden Offizlerkorps nicht gewählt werden. Infolgedessen werden vorher Erkundigungen nach allen Richtungen innerhalb des Offizierkorps eingezogen, um die Stimmung festzustellen. Erst wenn man ziemliche Gewißheit hat, daß der Betreffende gewählt wird, wird er auch zur Wahl gestellt. Viel unangenehmer ist es, wenn er bei der Wahl durchfällt, als wenn der Bezirkskommandeur ihm vorher den Rat gibt, zurückzutreten.
Dem Abg. Schulz habe ich zu erwidern, daß zum Einjährig⸗ freiwilligendienst ein Unbescholtenheltszeugnis notwendig ist. Dieses Zeugnis stellt aber nicht die Militärbehzrde, sondern die Zivilbebörde aug. Die Entscheidung über die Zulassung zum Ein⸗ säbrigendienst und die Erteilung deg Berechtigungsscheines hat die Ersatz behörde dritter Instanz in der Hand, von deren Mitgliedern wiederum nur die Hälfte der Militärverwaltung angehört, dle andere
Hälfte der Zivilbehörde. Diese Ersatzbehörde dritter Inslanz, der dieser Fall vorgelegen hat, hat dem betreffenden Petenten folgenden Bescheid gegeben:
Die Königliche Strafkammer ist, wie die von uns eingesehene Urtellsbegründung darlegt, zu der Ueberzeugung gelangt, daß der von Ihnen geleitete Verein in erster Linie das Ziel und die Auf⸗ gabe gehabt hat, die Arbeiterjugend der sozlaldemoktatischen Partei zuzuführen,
(hört! hört! rechts) die auf Umsturz der Verfassung und Aenderung der Gesetz gebung gerichteten Ideen dieser Partei unter der Jugend zu verbrelten. (Erneute Rufe rechts: hört! hört) Das ist das Erkenntnis der Straf⸗ kammer. Der Bildungsverein sollte gewissermaßen eine Schule zur Heranbildung sozialdemokratischer Parteigänger sein.
Das Urteil stellt ferner fest, daß im Verein gegen die bestehenden Staatseinrichtungen geeifert wurde, daß sie nichts taugten, daß ein Regent unnötig sei und man zur Sozialdemokratie erzogen werden müsse. (Hört! hört! rechts.)
Ferner heißt es in dem Urteil, daß melst bei Beginn und Schluß der Versammlungen die Marseillaise und das Lied Bete und arbeite gesungen wurde. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Der gerichtlich festgestellte Sachverhalt ergibt sonach, daß Sie in ziel« bewußter Tätigkeit als Führer einer sozialdemokratischen Organisatlon gegen das Gesetz verstoßen haben“. ;
Dann sagt die Ersatzbehörde dritter Instanz weiter:
Unter diesen Umständen liegt kein Anlaß zu milderer Beurteilung vor, und wir lehnen es daher ab, Sie von der Belbringung des Unbescholtenheitszeugnisses zu befreien.
(Bravo! rechts) So liegt die Sachlage.
Ich komme nun auf einen anderen Fall zurück. Herr Dr. Müller (Meiningen) hatte bei der zweiten Lesung meines Etats die Ver⸗ urteilung des Oberst a. D. Hüg er erwähnt. Dieser Fall hat sich im Jahre 1901 abgespielt. Ich habe ihm, soweit ich den 11 Jahre zurückliegenden Fall in Erinnerung hatte, sofort geantwortet. Ich möchte aber jetzt aus den Akten folgendes feststellen-: Der betreffende Offizier reichte nach Abschluß eines ehrengerichtlichen Verfahrens, in dem er freigesprochen wurde und volle Genugtuung erhielt, ein Gesuch ein, nach dem er auf das Recht des Tragens der Uniform verzichten wollte. In der Begründung des Gesuchs beleldigte er aber mehrere Offiziere, die Richter in dem vorhergegangenen Ehrengericht gewesen waren oder sonst dienstlich damit zu tun gehabt hatten, sehr schwer. Unter solchen Umständen würde die Genehmigung eines derartigen Gesuchs auch heute nicht ohne weiteres möglich, sondern zunächst die Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens erforderlich sein. Das Verfahren gegen den Oberst a. D. Hüger führte demnächst zu feiner Ver⸗ urteilung. — Das ist der Sachverhalt nach den Akten.
Abg. Frank⸗Mannheim (Soz.): Der Kriegsminister hat die Begriffe Unbescholtenheit und Unbestraftheit gleichgesegßt und den für bescholten erklärt, der sich zu einer bestimmten polttischen Auffafsung bekennt. Der junge Mann hat den Bildungsverein für einen un⸗ politischen gehalten. Aber auch wenn er 6 geirrt hätte, so war doch sein Delikt nur so, 2. er nur mit 6 6 Geldstrafe berurteilt wurde. Daß er wegen dieser Verurteilung als beschelten bezeichnet werden kann, ist ein Skandal. Es ist das zweite Mal in dieser Session, daß der Kriegsminister über klare gesetzliche Bestimmungen binwegzuvoltigleren sucht durch Erklärungen. die nicht richtiger werden durch ihre Wiederholung. Es ist in die Rechte des jungen Manneg brutal eingegriffen worden, und die Milttärverwaltung hat nicht den . offen zu sagen: Wir beugen das Gesetz, weil wir die Macht
Preußischer Kriegsminister, von Heeringen⸗:
Meine Herren! Ich muß mich nachdrücklich und auf das aller. ernsteste gegen die letzten Ausführungen des Herrn Abgeordneten ver⸗ wahren. Das ist nicht die Folge aus dem Verhalten der Militär⸗ verwaltung. Ich habe ausdrücklich erklärt: es ist ein Unbescholten⸗ heitszeugnis hier erforderlich, welches von seiten der Zivilbehörde ausgefertigt werden muß und welches diesem Herrn verweigert wurde, und es handelt sich für die Militãrverwaltung lediglich darum, ob sie ohne dieses Unbescholtenheitszeugnis hier im vorliegenden Falle ihm die Berechtigung ertellen konnte. Das hat die Ersatzbehörde dritter Instanz verneint. Also nicht die Militärverwaltung hat das Unbescholtenheitszeugnis hier verweigert, sondern die Zivilverwaltung auf Grund eines gerichtlichen Erkenntnisses.
Abg. Lon Massow (kons.): Ich bitte um wenige Minuten Gehör. Als Vertreter einer kleinen Stadt möchte . Lanze dafür einlegen, daß der Kriegsminister nach Vermehrung der Armee guch die leinen Städte mehr mit Garnisonen bebenken möge, Auch ihre Sohne haben an dem letzten Kriege teilgenommen. Die kleinen Städte sind auch wirtschaftlich in einer schlimmen Lage. Wer nicht Soldat gewesen ist, hat alierbinge für biese Forderung kein Verständnis. ( izepräsident Dr. Paasche gibt dem Abg.
rank das Wort; der Redner setzt aber unter großer Heiterkeit des Dauses seine Rede fort) Ich bilte den Minister, namentlich den Ort Heydekrug mit einer Garnison zu bedenken.
Abg. Fran k⸗Mannheim (Son): Ich bedauere, daß von den bürgerlichen Parteien im Hause niemand R gefunden hat, der für das Recht des schwer gekränkten jungen Mannes eintrat. Wir be— dauern das 1 im Inkeresse des Ansehens des Haufeg. Der Kriegt minister zog sich auf die Kommission zurück, die zum Teil aus Zwwil⸗ personen besteht. Er kann aber nicht, bestreiten, daß mindestens die Hälfte der Kommission aus Militärs besteht. Der junge Mann war zu der Zeit, als er dem Verein angehörte, knapp 17 Jahre alt. Was er damals 2 haben soll, dafür soll er jetzt bestraft werden. Er hat auch eineswegs irgendwie oder irgendwen provozieren wollen. In dem Führung zeugnit e, , wird ausdrücklich be⸗ scheinigt, daß Nachteiliges über ihn nicht bekannt geworden ist, ab⸗ gesehen von jener Bestrafung. Geht man
General der Infanterie
vielleicht gegen Studenten
ähnlich vor? Es fällt hier wieder ein grelles Licht auf die Au von der Gleichberechtigung aller —— faffana Preußischer Kriegsminister, General der Infanterie
von Heeringen:
Ich habe dem Herrn Abgeordneten nur zu erwidern, daß mir nichts ferner liegt, als irgend eine Verantwortung abzulehnen und diese jemand anders zuzuschieben. Ich weiß sehr wohl, wofür ich die Verantwortung zu übernehmen habe und übernehmen kann.
Das erteilte Unbescholtenheits zeugnis ist infolge der inzwöschen rechtskräftig gewordenen Bestrafung zurückgezogen worden. (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten. Ich erkläre wiederholt, daß die Entscheidung der dritten Instanz auf Grund des 8 S9, 4 der Webr⸗ 6 die für jedermann gilt, erfolgt ist. Der betreffende Passug autet:
Ist die Erteilung eines Unbescholtenheitszeugnisses wegen er= felgter Bestrafung versagt und ist aut der Art des Vergehens und der dabei in Betracht kommenden Nebenumstande unter gleichzeitiger