1912 / 124 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

. Zweite Bei zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 12.

lage

Berlin, Freitag, den 24. Mai 1912.

(Schluß aus der Ersten Beilage.

Wenn Bismarck heute noch lebte, ich glaub ätte li ĩ lenkt. Lernt n, Unsinn, Wohltat hhlage ö in ö, il ; ö. . Staate bürger, Tieje werd sich aber nr, unterdruc 8 Präsident Dr; Freiherr von Erft: Der Abg. h, n, , ,,, J U i , d, ni e ear len teh st ben.

nn . Fes nicht übli ö zulässig ist, die private Stellun ich ill hand

lichen Charaker eines Abgeordneten in die Diskus ,,

sion zu ziehen.

ms und eine 1 i, ne enpolitit hat allerdings eine Nebenwir Qulturtat bezeichmszt werden muß, daß nämli rer f, i gn ö. darauf einbeser angesetzt w

in Nordsch ür ein so r in R

. fie n, le, solches Vorgehen kein Raum. Jiationasität festzustellen. Es ist in jedem'e ü, n, Tefl Gesetzes ilt., Ich fürchte, daß mit diesem Gese dem i

Wördfhletnig ein fehr, shlchterl Bien ffn fs en wn n . Prophet sein, aber nach den Vorgängen, die wir in Posen und Westhrenßen erlebt haben, fürchte ich, daß wir in Nordschleswig eine Schwächung des Deutschtums werben seststellen müssen. Waz . J , Zurückhaltung, und es ift zu

e . änentum ö; it ei . 3. . en Stoß mit einem Gegenstoß

. Borch gr dt (So.): Die Verteidiger des esetze heute gar nichts Neues mehr beigebracht. 3. bin 6 . angenehmen Lage, mich sehr kurz zu faffen. Ich freue mich, auch endlich einmal zustimmung in diesem Hause gefunden zu haben. Was die Form der Verhandlung. betrifft, so hat, seitdem ich hier sitze, noch keine Sitzung stattgefunden, in der soviel Erregung, foviel Larm und soviel Radau gewesen ist, wie heute. Es kamen nicht bloß Zurufe, sondern auch Schimpfworte und Pfuirufe. Ich habe ja nichts da gegen, wenn Sie in dieser Weise Ihrer Erregung Ausdruck geben. Ich wünsche nicht etwa die Redefreiheit irgendwie einzuschränken, ich möchte nur feststellen, daß jeder Mensch in seiner Erregung zu Worten und Handlungen kommt, die er in normalen Zeiten unterläßt. Die Abgeordneten von rechts usw. mögen sich ja manchmal in ihren heiligsten patriötischen Gefühlen durch andere verletzt glauben. Wenn aber unsere heiligsten Gefühke verletzt werden, dann mögen sie in Zu⸗ kunft uns unsere Erregung zugute halten. Dann werden wir in Zukunft viel besser miteinander auskommen. Ein gewisses Maß muß

orden sind.

allerdings eingehalten werden Gewisse Ausschreitungen si 8 ; = gen sind so gröb⸗ ,, daß sie unter allen Umständen vermieden werden

z Einer solchen i t di J e gl , in gröblicher Weife beleidigt, er hat gesagt 33 müsse . ö letziin Abstimmungen Zwessel hegen, oh allen Abgeold 3. 8 . im Reichstage gestimmt haben das Dach e . 39. Vhterlend fi. Daz ist eine unwärtsge When 3. ö. 1h . mehrheit, (Vizchräsident Br. P orsch rügt diefen ö ö angemessen. ! Finen angemesseneren Ausdruck kann ich nicht 31 ben, Vlzepräsident Dr. Por ch; Dann rufe ich Sie zur Ord . Fs wäre wirklich an der Zeit, daß die Herren vs! ö. Re ö Zukunft sich etwas mehr im Zaume hickten Der ,, minister hat zwar die nationale Zuverlassigteit der ö nicht ö ß hat . 29 auf der anderen Seite zu er— enn ö man au 8 igkei fatholische Ansiedler nicht in , , er,. Was der Minister gesagt hat, bedeutet doch tatsächlich, daß er die Fatholischen Mitbürger für national minderzuverlassig hält Wenn der Besuch derselben Kirche und die eheliche Verbindun die Be⸗ fürchtung, daß die Katholiken nicht standhalten werden wid nher legt, so ist daz inhaltlich eben nur Zweifel an ihrer natlonglen Zu⸗ verlässigkeit. Wollte man boshaft fein, so könnte man gus dieser Er⸗ wägung vorschlagen, in Zukuft bloß jüdische oder dissidentische An⸗ . ö . Und . ,. . 9 Abg. von Kardorff fertig, em Abg; Marx vorzuwerfen, daß er dem konfesfi Fri i e Kann man gegen den J ö. reizen, als es der Minister getan hat? Datz Gesetz ist nichts als ein Ausnghmegesetz nicht nur gegen die polnische, sondern auch gegen die katholische Bevölkerung, befonders die deutschen Katholiken. Sehr zutreffend hat der Abg. von Kardorff bemerkt, daß schließlich alles auf die Stärke des Nakionalgefühls bei den Deutschen ankomme. Die große Frage ist nur, ob dieses Gefühl ein echtes, im Herzen wurzelndes sst. Vor einem Nationalgefühl, das auf einige hundert Millionen spekuliert, vor einem Patrigtismus, der sich erst bezahlen lassen muß habe ich verdammt wenig Respekt. Die große Masse des Volks, für die wir hier sind, um ihre und unsere Meinung zu sagen, sieht in dem Gesetz nur wieder ein neues großes Geschenk aus Siaatsmitteln an die Agrgrier, einen neuen Korruptionsfonds, weiter nichts. Man regt sich auf, sodaß selbft die parlamentarischen Formen nicht gewahrt werden, weil es sich hier wieder einmal um den Geldsack handelt. Es ist, hier soviel von konfessionellen Rück⸗ ichen gesprochen worden; ich will mich einmal auf den höheren Standpunkt des Christentums stellen. Ist die Vorlage, mit dem Ghrisentum vereinbar? Sie rechts! werden vielleicht fragen. Wie kommt die ser Sozialdemokrat dazu, darüber zu reden?! Nun, sch kenne die Bibel, und die Grundlehren des Christentums viel Enauer als die meisten der Herren; ich will aber doch eine r ritãt aus Ihren eigenen Reihen anführen. In einer Polemktk, die in der Deutschen Tageszeitung; über die Streitfrage geführt wurde, ob sich Christentum und Darwinismus vereinbaren lassen, hat sich zuletzt ein. konservatiber Mann mit Namenzunterschrift gegen

sese Vereinbarkeit gewendet. Nach der Darwinschen Theorie . Die Lehre der Abstammung, des Menschengeschlechls von einem Paare unmöglich, diese Lehre sei aber sehr wichtig, denn nur, wenn man, daran festhalte, finde die sittliche Forderung der allgemeinen Menschenliehe ihre Begründung, Re die. Menschheit als eine Familie betrachten lehre.

sese Lehre von der einen Familie besagt, daß die Menschen im . Sinne Brüder und Schwestern sind; das würde sogar ür die Neger usw. gelten, und ich frage Sie (rechts): Gilt es .

f

Polen und Dänen? Wenn Sie wirklich Christen sein wollen, wenn Sie die Polen und Dänen als leibliche Brüner betrachten wollen, dann dürfen Sie keine solche Politik der Unterdrückung machen, sondern müssen das Gesetz ablehnen.

Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Persönlich bemerkt der

Abg. St ych el (Pole); Der

polnische Geistlichkeit angegriffen. Anzahl polnischer Geistlichen,

Abg. von Kardorff hat die In diesem Hause sitzen eine sahl und auch ich bin einer davon. Vizeprãsident Dr. Porsch: Sie sind nicht genannt worden.) Der Abg. von Kardorff hat niemand ausgenommen, und ich fühle mich Persönlich getroffen. (Vizepräsident Dr. Por sch: Das mag alles sein, aber Sie sind nicht genannt worden.) Dann be⸗ dauere ich zur Geschäftsordnung, durch den Schluß der Debatte ver⸗ hindert zu fein, diefe Kebauptung fachlich zu bekan pfen; ch weise fe mit Entrüstung zurück für mich und meine Kollegen. Außerhalb des PHauses würde ich eine solche Bemerkung als eine gewissenlose Ver⸗ leumdung. bejeichnen.

Abg. Marx sZentr): Ich habe die bon dem Mönister erwähnten Artikel in der „Germanta“ weder geschrieben noch veranlaßt. Ich habe auch niemandem Verfassungsbruch vorgeworfen.

Abg. Kloppenborg (Däne) bedauert ebenfalls, durch den Schluß der Diskussion um die Möglichkeit gekommen zu sein, gegen die Vorlage Protest niederzulegen.

In der Spezialdis ku ssion werden die 1 und 2 ohne Debatte angenommen. Nach 8 3 ist die Erhaltung der Rentengüter in deutschem Besitz durch ein Wiederkaufsrecht des Staates zu sichern.

Polen seien gar nicht vom Grundstückszerwerbe ausgeschlossen.

doch der Polen sie erfahren.

2mmen! Rufe rechts; Das haben wir schon zehnmal gebört 9) Wir haben gegen die . erst gestimmt, als diese Vorlage gekommen war. (Vijepräsident Dr. Porfch: Ich rufe Sie zum

zweiten Mal zur Sache und mache Sie mäßigen Folgen aufmerksam) Die Pflicht, die Wahrheit zu fagen, geht jeder anderen Pflicht vor.

; sz 3 wird angenommen, ebenso ohne Debatte die S5 4 is 6.

S.] bestimmt, daß die Ausführung des Gesetzes, nament— lich die Verwaltung der Geldmittel und die Ausühnng des Wiederkaufsrechts von dem Landwirtschaftsminister, dem Finanzminister und dem Minister des Innern geordnet werden.

Abg. von Trampezynski (Pole) bemerkt, daß der Zweck dieser Bestimmung sei, daß die Oeffentlichkeit nicht genau erfahren solle, was mit dem Gelde geschehe.

s Und der Rest des Gesetzes werden angenommen. . Bei der Gesamtabstimmung wird das Gesetz im ganzen in namentlicher Abstimmung mit 212 gegen 99 Stimmen an— genommen.

Darauf wird in namentlicher Abstimmun g der Antrag Mizerski Marx auf nochmalige Abstimmung über das Gesetz nach 21 Tagen mit 211 gegen 93 Stimmen abgelehnt.

Es folgt die dritte Beratung des Gesetzentwurfs über die l bänderung und Ergänzung der Äusführungsgesetze zum Reichs⸗ gesetz über den Unterstütungswohnsitz (hrbeits⸗ scheuengesetz).

Ahg. Dr. Flesch sfortschr. Volksp): Verschiedene Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs, namentlich diejenigen über die Zuständigkeit des Kreis⸗ und des Beztrksausf usses bedürfen noch einer Klärung. Ich beantrage deshalb, den Ge etzentwurf an die Kommission zuruüͤck= iuber ,. z z

Abg. bon Pappenheim (kons. ) (zur Geschäftsordnung):

Wir widersprechen diesem Antrage und bitten, in die Verhandlung

ö tssekretär Hol Es J

nterstaatssekretär Holtz: Es liegt nicht der geringste Anla vor, die Sache noch ö einer Prüfung zu . 1 rb der Verhandlung könnte dieses soziat wichtige Gesetz ge⸗ ährden.

Abg. Styezynski (Pole) spricht sich für Kommissions⸗

verhandkung aus.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Dieses Gesetz kann gar nicht gründli genug beraten werden. Wie kommt denn überhaupt der Vertreter der Staatsregierung dazu, sich in eine reine Geschãäfts⸗ ordnungsfrage einzumischen? Das ist eine Sache des Hauses, und die geht ihn gar nichts an.

Abg. Be yer-⸗Neustadt (Zentr.): Auch ich bitte, den Antrag auf Zurückverweisung anzunehmen. Von Ter Regierung haben wird kein Wort gehört, das die rechtlichen Bedenken gegen den Entwurf zu zer⸗ streuen geeignet wäre. ;

Der. Antrag auf urückverweisung der Vorlage an die Kommission wird abgelehnt.

Abg. Boisly (nl) verzichtet aufs Wort.

. Abg. Dr. Flessch sfortschr. Volksp: Es hat eigentlich gar keinen Zweck, über diese Sache noch länger zu sprechen, die Mehrheit steht doch einmal fest. Ich möchte aber auf einen Punkt aufmerkfam machen, der nicht genügend berücksichtigt worden ist; es ist die Frage, welche Behörden in dem Gesetz zur Entscheidung berufen sind. Ueber die Frage, oh Arbeitsscheu vorliegt, soll der Kreisausschuß entscheiden. Dieser hesteht in der . zu zwei Dritteln aus Vertretern des Grundbesitzes, und es ist zu befürchten, daß jene Frage vorwiegend vom Standpunkt der Arheiter⸗ der Leutenot entschichen werden soll.

Abg. Dr. Lieb kn echt (Soz.): Es handelt sich hier um ein Aus nahmegesetz gegen die Aermsten der Armen. Es ist durch die Komm issions beratung nicht besser geworden. Die Namensänderung des Gesetzes entspringt wohl dem Gefühl, daß es sich hier um eine schlechte Sache handelt. Statt eine soziale Heilkunst zu entfalten,

treibt man hier soziale Quacksalberei der allerbedenklichsten Art. Das Gesetz verstößt gegen Reichsgesetze, gegen das Gesetz, betreffend Auf« hebung der Schuldhaft, und gegen das Strafgesetzbuch. Man will die Säumigen einsperren, um fo künftig fällige Verpflichtungen ein— zutreiben. Das Strafrecht knüßft nur an das Vergangene an, und das Gesez sollte eigentlich nur Anwendung finden auf, das schuldhafte Verhalten, des säumigen RNährpflichtigen. Auch die Kommission ist um diesen Punkt herumgegangen wie die Katze um den heißen Brei. Sie hat nur neggkib bestimmt, in welchen Fällen kein Arbeitezwang eintreten darf. Wenn der saͤumige Nährpflichtige gegen das Strafgesetz verstößt und sich selbst anzeigt, so sährt er besser, als nach diefem Gesetz, denn im ersteren Falle muß der Strafrichter einschreiten, und der Angeklagte hat alle Rechtsgarantien des prozessualen Verfahrens. Nach die sem Gesetz dagegen befindet er sich in den Händen der diskretionären Verwaltung. Bei zieser sind die gesetzlichen Garantien so gut wie, ausgeschaltet, Es wird durch dieses Gesetz die perfönliche Freiheit und Gristen; bedroht. Ich erwarte allerdings nicht, daß Sie den Geboten der Humanität entsprechen werden. Sie werden es annehmen und, das Herrenhaus wird sicherlich auch sein Siegel daraufdrücken. Die erlauchten und edlen Herren werden vor den Konsequenzen nicht, zurückschrecken. Das Gesetz bietet geradezu einen Anreiz zu kriminellen Handlungen. Die von dem Gefetz Betroffenen fühlen sich sicherer in den Händen der deutschen Justiz, als in denen der Verwaltung. So wird geradezu das Ver⸗ brechen zum Palladium gegenüber der Verwaltung. (Präsident Freiherr von Erffa rügt diesen Ausdruck und erfucht den Redner, als, er bestreitet, sich so ausgedrückt zu haben, wie der Präsident annimmt, sich weniger mißverständlich auszudrücken) Mißachtungen der Verfassung und Reichsgesetze häufen sich in den letzten Tagen, wir begrüßen das als ein Zeichen der Zeit. Ihr gesetzgeberischer Weg ist gepflastert mit . und Verfassungsbrüchen. (Präsident Dr. Freiherr von Grffa ruft den Redner zur Ordnung. Zwischenrufe des Abg. Kret h. An dauernder Lärm. Präsident Dr. Freiherr von Erffa: Herr Abg. Kreth, Sie sollen gerufen haben, daß der Abg. Liebknecht ein * unverschämter Mensch sei. Abg. Kretwh bestätigt dies. Herr Abg. Kreth, ich rufe Sie zur Ordnung Durch sosche Gesetzgebungen wird das Ansehen des Parlaments immer mehr in Grund und Boden ruiniert.

Abg. Styezynski (Pole) spricht sich kurz gegen das Gesetz aus.

Abg. Dr. Friedberg (ul): Ein erheblicher Teil meiner Freunde wird gegen das Gesetz stimmen, denn es ist ein Verstoß gegen das Reichsrecht. Wenn man in diefer Beziehung auch nur den geringsten Zweifel hegt, so muß man außerordentlich vorsichtig sein. Den verfassungsrechtlichen Verhältnissen in unserem Vaterlande wird ein solches Vorgehen nicht dienlich sein. Eingriffe in die persönliche Freiheit werden nach dem Text des Gesetzes nicht zu vermeiden fein, dann aher muß für ausreichende Rechtsgaraäntien gesorgt werden. Die Garantien, die das Gesetz gibt, scheinen uns nicht ausreichend zu sein.

Abg. Mertin-⸗Oels (freikons.): Wir wollen ein Gesetz machen, das diejenigen faßt, die sich der elementarsten Pflicht entziehen, die sogar das Tier erfüllt, und da sagt der Abg. Liebknecht, wir machten ein Gesetz gegen die Aermsten der Armen. Dem Abg. Flesch er⸗ widere ich, daß gar kein Grund vorltegt, diese Materie der Ver⸗= waltungsgerichtsbarkeit zu entziehen, denn es ist eine Materie, die immer der Verwaltungsgerichtsbarkelt unterlegen hat.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Gewiß ist es ein Gesetz gegen die Aermsten der Armen, oder ist etwa schon einmal ein Angehöriger der höheren Klassen in dieser Weise zur Verantwortung gezo en worden? Der Abg. Mertin kennt die unglücklichen Leute nicht, die

da angeklagt werden, er hat sie wohl noch nie verteidigt, aber

ich habe es schon häufig getan, weil die Leute zu uns Vertrauen haben. Sie sitzen aber hier und verrichten Ihre gesetzliche Arbeit zum Schaden des Volkes. (Präsident Dr. Freiherr von Erffa bittet, derartig starke Ausdrücke zu vermeiden) Für uns ist es er= freulich, wir können uns zu diesen Tagen Glück wünschen und Ihnen zurufen: Ende schlecht, alles schlecht!

Abg. Dr. Flesch (fortschr. Volksp.): Die Auffassung des Abg. Mertin ist vollständig unhaltbar. Früher war die , ge Re⸗ gierung stets der Ansicht, daß die Materie zum Reichstrafgesetzhuch gehöre. Wie kann man denn sagen, daß sie „von jeher“ der Ansicht gewesen sei, die jetzt in der Vorlage vertreten wird?

Abg; Be ver-Neustadt (Zentr): Wir, halten dafür, daß die Landesgesetzgebung in diesem Falle souverän ist.

Damit schließt die allgemeine Besprechung.

Abg. Styezynski (Pole) konstatiert zur Geschäftzordnung, 9. eff seine wichtige Frage wegen der Streiks keine Antwort er—

olgt ist. ;

In der Spezialdebat.zte beantragt der Abg. Kuhr ffortschr. Volksp. gesonderte Abstimmung über den von der Kommission zu dem neuen 5 1 des Ausführungsgesetzes zum Unterstützungswohnsitzgesetz beschlossenen Zusatz:

Als unterstützt gilt der Ehemann oder der unterhaltungs⸗ pflichtige Elternteil oder bei unehelichen Kindern die Mutter auch dann, wenn die Unterstützung der Ehefrau oder der Kinder ohne oder gegen den Willen dieser Unterhaltungepflichtigen gewährt ist. Diese Vorschriften finden ferner auf den Vater eines un= ehelichen Kindes, solange er keine Familie gegründet hat, sinn= gemäße Anwendung, wenn er seine Vaterschaft nach S 1718 B. G. B. anerkannt hat oder seine Unterhaltungspflicht in einem vollstreck⸗ baren Titel festgestellt ist.“

Bei der Abstimmung wird dieser Zusatz gestrichen.

Ein Antrag des Abg. Liebknecht (Soz.) auf, nament⸗ liche Abstimmung über Art. 1 des Entwurfs wird nicht genügend unterstützt.

Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte nach den Be⸗ schlüssen zweiter Lesung angenommen.

Abg. Hoffmann (Soz.) protestiert gegen die, sofortige Vyr⸗ nahme der Gesamtabstimmung unter Hinweis auf die zu 5 12 be⸗ schlossene Aenderung.

Abg. von Kröcher (kons.): Ich halte die sofortige Vornahme der Gesamtabstimmung für ganz unbedenklich, weil es nach meiner 31 jährigen Erinnerung als Präsident stets die Praxis des Hauses war, so zu verfahren, wenn bloß ein Satz oder Absatz oder Paragraph gestrichen war. ö

Abg. Liebknecht (Soz.): Wir haben nach der Geschäfts⸗ ordnung das Recht, zu verlangen, daß die Zusammenstellung der Be⸗ schlüsse vor der Gesamtabstimmung gedruckt vorliegen muß.

Präsident Ar. Freiherr von Erf fa: Nach der Erklärung des langfährigen Präsidenten dieses Hauses können wir wohl unbedenklich sofort zur Gesamtabstimmung schreiten.

Abg. Hirsch-⸗Berlin (Soz.): Wenn früher derart verfahren worden ist, so doch nur, wenn Widerspruch von keiner Seite erfolgte. Hier liegt ein ausdrücklicher Widerspruch por. (Der Redner verliest die bezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung und des Plateschen Kommentars.)