1914 / 19 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jan 1914 18:00:01 GMT) scan diff

errichten. Was für die wirtschaft billig sein. Jedenfalls geben wir dem Antrag Porsch unsere

? 19.

3 weite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 22. Januar

n

18914.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

Abg. Dr. von, Campe (nl): Es ist bei uns immer noch nicht gestattet, daß Tiejenigen Tierärzte, die in der Schweiz die Würde eines Dr, med. vet. erworben haben, diefen Titel hier führen. Früher hieß es, bei uns gebe es den Titel nicht. Jetzt haben wir aher den Titel, und nun wird. als Grund angegeben, daß der Titel Dr. med. bet.“ ohne das Maturitäts= examen erworben worden ist. Wir haben aber selbst in Deutschland eine ganze Reihe von Immaturendoktoren. Ich will die akademische Bedeutung des. Doktortitels gewiß nicht herabdrücken, aber es handelt sich hier gar nicht, um eine prinzipielle Frage, fondern es handelt sich darum, einer J absterbenden ih etwas zu gewähren, was ihr nach Recht und Billigkeit zukommt. Man hat . Herren inerzeit gesagt, sie könnten ja im Kuslande den Doflortitel erwerben. Nachdem sie das unter Aufwendung von Kosten und Mühe getzn haben, werden ihnen nun bei uns Schwierigkeiten gemacht. Der Landwirt schaftsminister hat sich ja in der ö in dieser Frage unseren Wünschen gegenliber nicht ablehnend verhalten; da ist eh ihm vielleicht nicht unerwänscht, wenn das Haus fich in demselben Sinne ausspricht; dann kann ex un Staatsministerium dafür , In an deten Bundesstgaten steht man in dieser Frag: auf einem J, Standpunkte. Der berechtigten Unzufriedenheit in den beteiligten Kreisen sollte die preußische Staatsregierung en mme, 6 Präsident Dr. Graf von S , n, dn mach 8 . aufmerksam, daß die , über diesen Punkt zum Kapi Tierärztli gehören. K 5. ö. (nl): Dem n ,, stellen ö iche ierigkeiten entgegen. Vor allen Dingen sich immerhin erhebliche Schwierig ene g mehr ö st, zu befürchten, daß der Landwirtschaft die ing ö sehr verteuert werden, und dabor möchte ich doch rhef. arnen. Abg. Hof er So z); Den Antrag Faßbender un erse 64 ö. gern; ich meine Aber, die fiskalischen Kaliwerke könnten ihre Produkte auch . abgeben als jetzt, denn sie verdienen 100 93 bei der Abgabe an 4 . 3 er Gentr): Viele Millionen gehen Jahr für Jahr für nh, der Milchwirtschaft an das Ausland. Wenn wir die in, landische HMälchwirtschaft durch Errichtung eines Institute, wie es in dem Antrage Porsch vorgesehen ist, heben, so werden diese Summen dem Inlande erhalten bleiben. Wir beantragen daher, so hald wie öglich ei umfaffendes Institut zur wissenschaftlichen Er⸗ möglich ein großes, fassen IJ ö h sorschung . auf milchwirtschaftlichem Gebiet auftretenden F zu errichten. ö Frag he 2 ö recke (kons): Wenn irgendein Produkt der Ir . bedarf, so ist es die Milch. Daher begrüßen wir den Antrag, bors auf das freudigste. Wir erwarten von der r n dieser Zentral. stelle eine wesentliche Hebung der gesamten Milchwirtschaft in unserem , de Wir bitken aber, daß nicht nur Laboratorien und Hör= säle in dem Institut geschaffen werden, sondern daß damit auch eine Meierei verbunden ist. Ich beantrage, den Antrag Porsch an die Budgetkommission zu überweisen. . . Abg. Hoff (fortschr. Volksp.): Auch wir halten den Antrag Porsch für sehr bedeutungsvoll, und werden ihn daher unterstützen. Wir wollen es aber der Regierung überlassen, auf welchem Wege sie diese Frage praktisch löst. Ob sie eine Reichsanstalt oder eine Anstalt nur für 66 errichtet, ist uns vorderhand gleichgültig. Allerdings geht der Wunsch der Landwirtschaftskammern dahin, eine Reichsanstalt zu errichten. Es wird von den Landwirtschafts kammern betont, daß ein nstitut für physikalisch⸗technische Forschungen als Reichsanftalt bereits besteht, und daß es daher billig wäre, auch ein Institut zur der Landwirtschaft, ier e en. der Milchwirtschaft, im Reiche zu ndustrie recht ist, müßte auch für die Land⸗

Zustimmung und hoffen, daß er dazu beitragen wird, diese wichtige Frage möglichst bald praktisch zu lösen.

Abg. Westermann (ul) erklärt, daß seine Freunde mit dem Antrag einverstanden seien, und beantragt die Ueberweisung des An⸗ trages an die Agrarkommission.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Melne Herren! Es ist Ihnen ja wohl allen bekannt, daß die Frage der Errichtung eines milchwirtschaftlichen Zentralinstituts schon seit Jahren Gegenstand der Erörterung, insbesondere auch in den landwirtschaftlichen Körperschaften gewesen ist. Die Wänsche sind zunächst auf die Errichtung eines Reichsinstltuts gegangen. Die Gründe, wet wegen diesen Wünschen nicht staltgegeben worden ist, will ich hier nicht weiter erörtern. Aber auch aus den Ausführungen der Herren Vorredner geht m. E. zur Genüge hervor, daß der Ge⸗ danke der Errichtung eines solchen Instituts gewiß erwägenswert ist, daß aber der Ausführung auch in Preußen größere Schwierigketten entgegenstehen, als man allgemeln annehmen möchte. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß gegenwärtig staatliche Institute für die Zwecke der Forschung auf milchwirtschaftlichem Gebiete nicht bestehen, dagegen elne ganze Reihe provinzieller Institute bei den einielnen Landwirtschaftskammern. Alle diese Institute dienen der wissenschaft lichen Forschung mit mehr oder weniger Erfolg. Sie sind teilweise deswegen nicht genägend, weil ihre Leiter meistens auch anderweitig als Molkerelinstruktoren oder sonst in Anspruch genommen sind und so wissenschaftlich oder gründlich nicht arbeiten können, wie es an sich in einem Zentralinstitut möglich wäre. Aber ich muß dabei doch be— merken, daß dlese Institute jetzt ungefähr 109 000 M6 an Staatz⸗ zuschüssen beziehen, und daß es kaum möglich sein würde, neben der Unterstützung dieser Institute noch ein großes Zentralinstitut ins 2 zu rufen, ohne gleichzeitig die Staatszuschüsse bei einzelnen ndr ürtschaftzkammern erheblich zu kürzen.

eine Bestrebungen werden nun darauf gerichtet sein, zuerst ö mit den Leltern der Landwirtschaftskammern zu verhandeln e r derten der milchwirtschaftlichen Forschung anzu⸗ . ö durch die Gründung eines einzigen großen Instituts , daß einzelne der vorhandenen Institute zu d irtüchen Zentralinstttuten! ausgebaut werden. Ob das möglich ist, . , weiteren Verhandlungen ergeben. Ein Zeniralinstitut fl pie bee, 89 ihmnerhin den Nachteil ban, i, , . ge Verbindung mlt der Praxis zu verlieren, die den ein elnen mehr lokalen Instituten innewohnt! Und gewiß kommt es 3 die ,, durch die Praxis, auf die fortwährende Ver⸗

ndung mit der Prarig auf diesem Gebiete ganz besonders an!

Einer der derten Vorredner hat schon hervorgehoben, daß man sich bei mem wissenschaftlichen Zentralinstitut nicht auf Forschuntgs räume beschränken lönnte, sondern daß eg auch notwendig fein wärde inen Stall mit Mllchkühen einzuri . ö zurichten, um auf diese Weise die

Forschung zu erleichtern und zu vertiefen. Das kostet natürlich sehr

vlel Geld, und es bedarf noch der Erwägung, wie den großen Ansprüchen an ein solches Institut Rechnung getragen werden kann. Jedenfalls dürfen Sie davon überzeugt sein: ich werde diese Angelegenheit im Auge behalten und sie so, wie es den Wünschen der Landwirtschaft entspricht, auch zu erledigen versuchen. (Bravoh

Der Antrag Porsch wird der Agrarkommission über⸗ wiesen, der Antrag Faßbender wird angenommen. ö Bei den Ausgaben für die Lehranstahlt für Qbst⸗ und Gartenbau in Pros kau und die Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisen⸗ heim bemerkt . ;

Abg. Dr. Dahlem Gentr.; Die Obstkultur muß in unserem Staate noch weiter verbreitet und nach Anleitung durch Sachver⸗ ständige gefördert werden. Bei dem Rückgang des Weinbaues, hervor⸗ Crufen durch die schlechten Ernten und die Rebschädlinge, muß der Obstbau häufig als ö. für den, Weinbau dienen, Er muß des⸗ halb gefördert werden. Hier praktisch einzugreifen, ist die staatliche Anstalt in Geisenheim ganz besonders geeignet. Das muß selbstver⸗ ständlich mit der nötigen Energie und Stetigkeit geschehen. Der Minister muß die Anstalt anweisen, ihrerseits die Initiative zu er⸗ reifen. Die ünterweisung der Weinbauern, durch die Herren in Geisenheim muß an Ort und Stelle geschehen. Die Kostenfrage spielt dabei gar keine Rolle. Viele Weinbauern sind in den letzten Jahren vollständig verarmt. Die Rheinschiffahrt ist durch die Rauch⸗ belästigung den Weinbergen sehr schädlich gewesen. Es ist anzu⸗= erkennen, daß sich jetzt die Rheinstrombauverwaltung bemüht, auf möglichste Abstellung dieses Uebelstandes hinzuwirken. Die Anstalt in Geisenheim wird von der Reblausforschung geflissentlich ferngehalten. Man muß aber den Herren dieser Anstalt Gelegenheit geben, ihre Theorien praktisch zu verwerten. ö ĩ

Zu dem Etattitel der Zuschüsse für ländliche Fort⸗ bildungsschulen liegkt der Antrag des Abg. von Pappenheim ge; vor: die Regierung zu ersuchen, dort, wo auf Antrag der Gemeinden religisse Unterwei—⸗ sung in den Lehrplan der Fortbildungs schulen auf⸗ genommen wird, die Genehmigung des Lehrplans lediglich aus diesem Grunde nicht zu versagen.

Abg. Wolß ff⸗Lissa fortschr. Vollsp); Es besteht eine erheb⸗ liche Disparität zwischen der Lage der ländlichen und der städtischen Fortbildungsschullehrer, Die ländlichen Fortbildungsschullehrer sind noch immer recht schlecht gestellt, und es ist an der Zeit, daß hier eine Besserung eintritt. ö

Abg, von Pappenheim (kons): Bei den Beratungen über die Fortbildungsschulen im Jahre 1911 ergab sich ein sehr lebhafter prinzipieller Dissens zwischen uns und einer anderen großen Partei im Hause über die Aufgabe der Fortbildungsschulen. Diese Partei, das Zentrum, beantragte die obligatorische Cinführung des Religions⸗ unterrichtes in den Fortbildungsschulen. Wir erklärten damals, daß wir diese Forderung auf keinen Fall unterstützen würden, wir wollten die Entscheidung über die Frage, ob Religionsunterricht in den Fort⸗ bildungsschulen einzuführen sei, den Trägern dieser Fortbildungs⸗ schulen, den Gemeinden, überlaffen. Wir hielten es nicht für richtig, einen Zwang auf die Gemeinden auszuüben, wie wir überhaupt bor—= sichtig vermeiden, in die Entscheidung der Selbstverwaltungskörper ein⸗ zugreifen. (Zurufe links: Na, nah Es ist mir ganz . wenn Sie solche Zwischenrufe machen; ich erinnere Sie in dieser Beziehung an viele Fälle, in denen ich mich gerade mit Ihren Parteigenössen Schulter an Schulter bewegt habe. habe seinerzeit besonders betont, daß wir wünschten, die Selbständigkeit nach ganz bestimmten und wichtigen J hin den Städten dorbehalten zu wissen. Ich erinnere Sie an die Verkehrsverhältnisse von Berlin, die damals er⸗ schwert wurden durch Verlängerung des Vertrages über die Straßen⸗ bahn; und die Vertreter von Berlin haben unsere Haltung auch an⸗ erkannt. Wir haben uns grundsätzlich auf den Standpunkt gestellt, daß wir entsprechend unserem Programm und der ganzen Geschichte unserer Partei gern bereit sind, den Religionsunterricht in den Fortbildungs—⸗ schulen zu unterstützen und dahin zu wirken, daß der ganze Unterricht vom christlichen Geiste durchdrungen wird. Es ist keine Frage, daß wir hier durchaus konsequent und entsprechend der ganzen Entwicklung unserer Stellung in dieser gie. gehandelt haben. Seitens unserer Vertreter wurde damals der Ankrag gestellt es handelte sich hierbei um das Gesetz über die, obligatorischen Fortbildungsschulen, das aus uns nicht bekannten Gründen noch keine Gesetzeskraft erlangt hat hinzuzufügen: „Den staatlich anerkannten Religionsgesellschaften kann durch Beschluß des Schulvorstandes eine angemessene Zeit zur religiösen Unterweisung zur Verfügung gestellt werden; der Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Nachdem der Handelsminister eine längere Diskussion über diesen Antrag mitangehörk hatte, erklärte er, daß er nicht generelle Anordnungen geben werde, daß die Auf— sichtsbehörden die Genehmigung zu einem derartigen Beschluffe ver= sagen, sondern es werde sich lediglich um die Beurteilung der vor⸗ liegenden Verhältnisse von Fall zu Fall handeln. Wir waren damit durchaus zufrieden, und auch bei den gewerblichen Fortbildungeschulen haben wir den Standpunkt eingenommen, daß ein Zwang nicht aus⸗ geübt werden solle. Bei dem gewerblichen Fortbildungsschulgesetz wurde der Lehrplan zum Gegenstand der Beratungen gemacht, bei dem ländlichen wurde ausdrücklich davon Abstand genommen. Das hatte seinen guten Grund, denn die gewerbliche Fortbildungsschule ist eine obligatorische. während bei den, ländlichen die Einführung eine fakul—⸗ tatide ist. Deshalb konnte bei den fakultativen Bestin mungen eine Festlegung des Lehrplans nicht erfolgen. Wir durften aber der An⸗ icht sein, daß der Minister den Gemeinden bei der Beratung des Lehr⸗ planes keine Schwierigkeiten machen würde. Deshalb waren wir sehr überrascht über eine Mitteilung des Landwirtschaftsministers vom vorigen Jahre, die sich dann auch in die Tat umsetzte in den Aus—= J. , vom 16. August 1913. Es war nach unserer

uffassung keine glückliche Stunde, in der diese Ausführungsbestim⸗ mungen erlassen wurden. Beide Häuser des Landtages halten mit überwiegender Majorität Resolutionen angenommen, die ausdrücklich im Widerspruch stehen mit dieser Verordnung. Es heißt in den Aus“ führungsbestimmungen: Bei den Einwirkungen der, Schulaussichts= behörde auf den Lehrplan sei zu beachten, daß die Einführung bon Religionsunterricht in den Lehrplan der ländlichen Fortbildungsschulen nicht zulässig ist, insbesondere sei es also auch nicht statthaft . eine derartige Einführung in dem Ortsstatut oder in den Beschlüffen der Kreisausschüsse über den Schulzwang vorgesehen werde. Die Resolution des Herrenhauses ist wörtlich hier im Abgeordneten haus angenommen worden. Darin heißt es, die sittliche Hebung der schulentlassenen ländlichen Jugend bedinge auch die religiöfe Fort bildung; die Königliche Staatsregierung werde daher ersucht, die Er⸗ füllung . Aufgabe in einer entsprechenden Form zur Geltung zu bringen. Damals haben wir uns mit aller Bestimmtheit gegen die Wünsche und Forderungen des Zentrums auf Einführung des obliga— torischen Religionsunterrichts gewandt. zer mit, derselben Be⸗ stimmtheit habe ich auch qusgesprochen, daß wir für die Grundlage der Fortbildungsschulen den Religionsunterricht ansehen müssen und daß wir erstreben müssen, daß die Gemeinden nach dieser Richtung hin ihren Schulplan ausdehnen. Ich habe auch dabei die Hoffnung aus- e daß nicht nur der Religionsunterricht, sondern der ganze

nterricht in den Fortbildungsschulen von einem ernsten religiöfen

Geiste getragen werden soll und daß dieser Geist die Grundlage der weiteren Entwicklung unserer Fortbildungsschulen sein soll. Wir stehen heute auf demselben Standpunkte und haben Ihnen, deshalb zur Se gn fe fun, eine Resolution vorgeschlagen, die in wünschens⸗ werter Klarheihk die Ziele, die wir in 9 Frage erstreben, zum Ausdruck bringt. Nun hat der Landwirtschaftsminister gestern erklärt, er, wünsche keinen Zwang. Der, Ausdruck Zwang, kommt immer wieder, und ich möchte doch nun einmal klarstellen, ob in der bon uns erstrebten oder in der vom Minister gebilligten Ausführungsbestimmung der größte und intensivste Zwang ist. Ist denn der Zwang ent- scheidender, der das Gewissen der Eltern, das Verantwortlichkeits gefühl der Vertreter der Gemeinden erhalten soll, um die religiöse Ausbildung in den Fortbildungsschulen zu erręichen, ist dieser Jwang ein ein⸗ greifenderer und tieferer, oder der Zwang, der auf die vierzehnjährigen Kinder ausgeübt werden soll? Wir sind so reaktionär, daß wir die Wünsche und das JJ der Eltern höher setzen als die modernen . Mit dem Landwirtschaftsminister haben wir das dringende Verlangen, die Fortbildungsschulen möglichst zu unterstützen, möglichst ö und sie zu populären Institutionen zu machen. Wir hoffen, daß wir den Widerstand, den die Gemeinden uns wegen der Kosten entgegensetzen werden, überwinden. Bei. der Ueberlastung der Gemeinden sind es ja Tropfen, die den Becher zum Ueberfließen bringen können. Jedenfalls werden wir bei allen Maß= nahmen darauf achten, daß in, die Selbstverwaltung der Gemeinden nicht eingegriffen und die freje Entschließung der Gemeinden nicht behindert wird. (Zuruf des Abg. Hoffmann, Soz.) Abg. Hoff⸗ mann, was Sie freie Entschließung nennen, deckt sich keineswegs mit dem, was wir unter freier Entschließung verstehen. Sie wollen nur die, Freiheit für eine Enischließung, die in Ihrem Sinne ausfällt. Wir wollen jeden Eingriff in die Selbstberwaltung auf das schaärfste zurückweisen. Durch die Entscheidung des Ministers wird unzweifel—⸗ haft das Aufblühen der Fortbildungsschulen einen starken Rückschlag erhalten. Der Minister will zur Ausführung dieses Gesetzes bei den Pfarrern Hilfe erstreben. Ich glaube, diese Absicht des Ministers wird undurchführbar sein, wenn er den religiösen Unterricht als quantits négligeable ansieht. Der Landwirtschaftsminister glaubt mit dem fakultativen Religionsunterricht dasselbe Ziel zu erreichen, wie wir. Aber der Minister könnte zu uns, die wir mitten im Leben auf dem Lande und den Verhältnissen nahestehen, das Vertrauen haben, daß wir das Richtige beschließen werden. Wir meinen, daß die Zwecke des Schulunterrichts nur erreicht werden, wenn der Reli— gionsunterricht ein integrierender Bestandteil des Lehrplans ist. Nur in Fällen, wo Bedenken bestehen, muß die Entscheidung bei der Auf⸗ sichtsbehörde bleiben. Es lassen sich überall Fälle konstruieren, wo Reibungen zwischen den Konfessionen bestehen und den Religionsunter⸗ richt im Lehrplan nicht als erwünscht erscheinen lassen. Wir wollen aber wegen dieser einzelnen Fälle nicht das Kind mit dem Bade aus—= schütten und den Religionsunterricht nicht ganz aus der Fortbildungs schule herauslassen. Das würde die Ziele, die wir mit der Fort= bildungsschule im Interesse der Jugend erstreben, nicht nur er= schweren, sondern überhaupt in Frage stellen. Deshalb bitte ich, unserer Resolution zuzustimmen.

Abg. Dr. Kaufmann Zentr):; Nach wie vor steht unfere Fraktion auf dem Standpunkt, daß der Religionsunterricht obliga⸗ torischer Unterrichtsgegenstand in allen Fortbildungeschulen sein müß. In allen sonstigen Schulen ist dieser Unterricht integrierender Bestandteil des Lehrplans, in den letzten Jahren hat sich aber die Regierung zum ersten Male entschlossen, hei einer Schulform, den Fortbildungsschulen, davon abzus⸗ hen. Wir halten an dem obliggtorischen Religionsunterricht fest und sehen di sen Antrag nur als minimale Abschlagszahlung an. Die Fortbildungs— schule hat sich in zwei Formen entwickelt, die eine ist die allgemeine Fortbildungsschule als Fortsetzung der Volksschule, die andere diejenige, die für den Beruf vorbereitet. Gerade die allgemeine Forthildungsschule hat den Reltgionsunterricht nötig. Die Fortbildungsschule muß sich die Fortbildung der konfessionellen religißsen Kenntnisse zur Aufgabe machen, wie das auch in der Resolution des Herrenhauses zum Ausdruck kommt. Die An⸗ weisung von 1913 bringt nichts Neues. Sie ist keine Antwort auf die Resolntion des Herrenhauses und die des Abgeordnetenhauses. Abg. von Pappenheim hat nicht gesagt, daß das Herrenhaus einen Zwang auf die Gemelnden ausgeübt haben wollte. Die Anordnung det Lehrplanes ist Sache der Schulaufsicht. Der Schulauffichts⸗ behörde darf nicht die Möglichkeit genommen werden, auf die Aufnahme des Religionsunterrichts in den Lehrplan der Fortbildungsschule hinzuwirken. Man will einen neuen obliga⸗ torischen Lehrgegenstand in den Fortbildungsschulen zur Einführung bringen: das Turnen. Der Religionsunterricht ist aber viel wichtiger als das Turnen. Deshalb müßte auch für ihn Zeit vorhanden sein. Man kann es der Geistlichkeit nicht zumuten, den Religlonsunterricht in fakultativer Form zu erteilen, die ihn in den Augen der Leute herabsetzt. Es ist elne staatsrechlliche Frage, ob durch eine ministerielle Anweisung die Rechte der. Schulaussichtsbehörde beschränkt, werden können. Die Foribildungsschule will auch die Jugend bewahren vor politischen und sittlichen Gefahren, namentlich vor den Gefahren der Soialdemokratie. Die Sozialdemokratie, benutzt aber gerade die ,, um ihre Ideen in die Jugend hinein zu tragen.

ie Einführung des ohligatorischen Religionsunterrichts ist das beste Mittel, um den sozialdemokratischen k entgegenzuwirken. Die Sozialdemokratie weiß sehr wohl, daß durch die möglichste Be— schränkung des Religionsunterrichts in den Fortbildungsschulen ihr Weizen blüht. Wir haben aber alle Veranlassung, die Autoritäten zu stützen, und wir haben die Aufgabe, weiten Kreifen klar zu machen, daß die Entwicklung der Fortbildungsschule einen unrichtigen Weg 9. we nicht zum Heile des Staates und des Christentums aus-

ägt.

Minister für Landwirtschaft, Dom e F Dr. i ler . n Schor fk . J Meine Herren! Ich möchte zunächst dem Herrn Vorredner er— widern, daß ich in der Besprechung der uns gegenwärtig beschäfti⸗ genden Angelegenheit in der Sitzung vom 19. Januar 1914 nicht be⸗ hauptet habe, daß eine künstliche Erregung in die westliche Be⸗ völkerung hinelngetragen worden wäre. Meine diesbezüglichen Worte lauten folgendermaßen: Wenn den Gemeinden und der Schulaufsi stsbehö ? überlassen und nicht durch allgemein ö K halb in die Verhandlung eingegriffen wäre, dann wären auch in Westfalen und in der Rheinprovinz sehr bald Verhältnisse ein⸗ getreten, die auch Sie vollkommen befriedigen würden.

Nachdem der Herr Vorredner auf diese meine Aeußerung zurück= gegriffen hat, nehme ich keinen Anstand, zu erklaren, daß ich diefe Aeußerung mit Bezug auf bestimmte, mir bekannt gewordene Vor—= gänge gemacht habe, mit Bezugnahme darauf, daß bereits in veischiedenen Kreisen nach mir gewordenen Mittei- lungen der Landräte die Ortegeistlichkeit; sich über die Einrichtung der Foribildungsschule und die Erteilung des Religions; unterrichts mit den Behörden verständigt hatte und ausdrücklich er⸗