also absolut nothwendig, und wenn das Haus dazu erwäge, daß das Projekt der Erweiterung des Schießplatzes nicht nur die Schiffahrt auf dem Tegeler See unmöglich mache, son⸗ dern selbst diejenige auf der Havel beunruhigen würde, werde das Haus gewiß den Antrag Richter annehmen.
r Abg. von Kardorff bemerkte, unter allen Parteien habe von Anfang an die Besorgniß bestanden, eine schöne und zur Erholung Tausender dienende Landschaft würde purch die Erweiterung des Schießplatzes in Tegel unzugänglich ge⸗ macht werden. Nun sei auch augenscheinlich das Interess⸗ der Wasserversorgung Berlins in der Kommission nicht genügend gewürdigt worden; er beantrage daher Rückverweisung des Titels an die Kommission zur nochmaligen Berichterstattung.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode schloß sich dem An⸗ trag von Kardorff an; das Haus präjudizire der ganzen Frage durch Annahme desselben in keiner Weise.
Der Abg. Richter (Hagen) glaubte, es würde der Kommission unraöglich sein, in der kurzen zur Disposition stehenden Zeit alle in Frage kommenden Interessen genügend klarzulegen, und zu erörtern, deshalb sei sein Antrag demjenigen auf Rück⸗ verweisung des Titels vorzuziehen.
Der Bundeskommissar Hauptmann Rathgen erwiderte, durch die Eröffnung des Schießplatzes bei Zossen sei eine Er⸗ weiterung der Uebungen auf dem Tegeler Schießplatze aller= dings ausgeschlossen worden. Eine solche beabsichtige die Militärverwaltung aber auch keineswegs; sie wolle vielmehr die Uebungen dort nur im bisherigen Umfang fortsetzen, und bedürfe hierzu einer Erweiterung des Terrains. Diese letztere vorzunehmen, sei die Militärverwaltung von der Regierung in Potsdam ausdrücklich aufgefordert worden, da schon durch die bisherigen Uebungen Adjacenten des Schießplatzes vielfach gefährdet würden.
Der Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath erklärte, auch er bitte, im Interesse der Erhaltung des für den deutschen Garten⸗ bau so wichtigen dendrologischen Instituts auf Scharffenberg die Position abzulehnen.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode beantragte dieselbe Summe zu bewilligen, welche Abg. Richter vorgeschlagen habe, aber ohne die einzelnen in Betracht kommenden Schießplätze namentlich aufzuführen.
Der Abg. Richter (Hagen) konstatirte, daß es nach diesem Antrage rechtlich gar nicht ausgeschlossen sei, daß die Militär⸗ verwaltung die bewilligte Summe auch für Tegel mit ver⸗ wende. Der Rechnungshof halte sich allein an die linke Seite . und nicht an die Erläuterungen auf der rechten
eite.
Der Abg. von Bennigsen bedauerte, daß die Abgeordneten von Berlin und Umgegend nicht schon in der Kommission alle ihre Bedenken vorgebracht hätten; es würde sich dann das Abstimmungsresultat in der Kommission anders gestaltet haben. Wolle man aber diese Forderung ablehnen, so sei der einzig richtige Weg der Richtersche Antrag; dieser könne die Militärverwaltung nicht in Versuchung fuͤhren.
Der Kriegs-Minister von Kameke erwiderte, die Militär⸗ verwaltung würde auch durch Annahme des vom Abg. von Minnigerode gestellten Antrages keineswegs in Versuchung geführt werden.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, sein Antrag schließe dies auch völlig aus. Der Abg. Hermes habe ihm ohne Grund Animosität gegen die Stadt Berlin untergelegt. Seine Animosität richte sich allein gegen das fortschrittliche Berlin.
Der Antrag Richter wurde darauf mit großer Mehrheit angenommen.
Bei Titel 16, Bau einer Kaserne für das Garde⸗-Train⸗ Bataillon bei Berlin, zweite Rate (zum Terrainerwerb und erste Baurate) 630 000 MS, deren Bewilligung die Budget⸗ kommission beantragt hatte, wies der Abg. Hermes darauf hin, daß zum Neubau eines Traindepots für das Garde Corps bei Berlin für die Erwerbung des Terrains im Ganzen 360 000 M gezahlt worden seien, von denen der eigentliche Besitzer nur 270 000 M erhalten habe, so daß der Zwischenhändler Ploeger eine Provision von 90 000 S6 habe in die Tasche stecken können. Die Militärverwaltung hätte die Sachlage näher untersuchen sollen, damit es nicht den Anschein gewinne, als wenn ihr an der Höhe des Preises nichts liege. Uebrigens sei mit der Kaserne auch eine Offizier-Speiseanstalt verbunden und da er dieselbe aus den Erläuterungen nicht herausstreichen, könne, so bitte er, die ganze Position nach dem Beispiele der Saganer Kaserne abzulehnen.
Der Bundeskommissar Oberst-Lieutenant Schulz ent—⸗ gegnete, nach den stattgefundenen Recherchen habe sich heraus⸗ gestellt, daß der Ploeger vertragsmäßig das Verfügungsrecht Über das betr. Terrain gehabt habe; die Militärverwaltung habe also mit keinem anderen verhandeln können.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, die Abstimmung über die Speiseanstalt der Saganer Kaserne müsse konsequenter Weise auch zur Ablehnung dieser Position führen.
Der Kriegs⸗Minister von Kameke erwiderte, in den früheren Jahren seien die Speiseanstalten stets bewilligt worden. Daß das Haus das Recht habe, die Forderung ab— zulehnen, sei unzweifelhaft, aber die Militär verwaltung zu zwingen, auf ihre Forderung der Speiseanstalt zu verzichten, das könne das Haus nicht. Die prinzipiellen Gegner der Speiseanstalten wuͤrden sie der Militärverwaltung immer ver⸗ weigern. Diejenigen aber, welche nicht prinzipielle Gegner derselben seien, bitte er, wie es sonst geschehen, für die For— derung zu stimmen.
Der Abg. Frhr. von Maltzahn-Gültz erklärte, der Abg. Hermes bestreite das Bedürfniß dieser Kaserne nicht. Warum stelle derselbe denn nicht den Antrag, die Summe unter Ab⸗ zug der geringen Kostendifferenz für den Bau der Speise— anstalt zu bewilligen? Der Bau sei ungemein dringend, denn bisher sei das Depot für das Garde- Corps und III. Armee⸗ Corps in der Köpenickerstraße in einem kleinen Häuschen ver⸗ einigt gewesen, so daß bei Mobilmachungen bedeutende Hin⸗ dernisse entstehen könnten.
Der Abg. Ahlhorn bemerkte, Kasernen seien leicht ge⸗ baut, aber schwer bezahlt von den Steuerzahlern.
Der Abg. von Kardoiff entgegnete, Kasernen seien viel billiger als bürgerliche Quartiere.
Der Abg. Richter (egen beantragte, für den Terrain⸗ erwerb 360 000 M zu bewilligen, den Rest der geforderten Summe aber abzulehnen, und führte aus: Er wäre gern be⸗ reit, dem Vorschlage des Abg. von Maltzahn zu folgen, wenn technisch ein entsprechender Text im Etat möglich wäre. Da das nicht möglich sei, bliebe ihm nichts übrig, als von der Summe nur den Terrain erwerb zu bewilligen.
Der Abg. Dr. Baumbach konstatirte, daß die liberale Vereinigung sich in der Kommission gegen die Pofition erklärt habe, weil sie das Bedürfniß einer Speiseanstalt in diesem
Falle nicht anerkennen könne. Die Speiseanstalten seien übri⸗ gens gar nicht so billig, wenn man die vielen daselbst abge⸗ haltenen Festlichkeiten berücksichtige.
Der Abg. IFreinfrr von Minnigerode erklärte, die Kom⸗ mission arbeite in aller Ruhe, beschließe die Bewilligung der Position, flugs komme die Fortschrittspartei im Plenum, werfe einen neuen Gedanken in die Debatte, und nun komme die aanze liberale Partei und lasse sich vom Fortschritt ins Schlepptau nehmen. Auch bei den Nationalliberalen habe er ein selbständiges Urtheil vermißt. Die Speiseanstalten seien im militärisch⸗technischen Interesse zur Erziehung der jungen Offiziere geboten. Die liberale Seite spreche immer von ihren militärischen Kenntnissen. Komme dieselbe doch einmal raus damit. Das Wohlwollen der linken Seite für die Armee scheine im Rückgange zu sein.
Der Abg. Dr. Windthorst wünschte, daß alle unverheira⸗ theten Offiziere in der Kaserne wohnten. n den Speise⸗ anstalten müßten aber auch höhere Offiziere speisen, und so eine gewisse Aufsicht üben über die jüngeren, damit kein Unfug verübt werde.
Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, es handele sich hier nicht um militärische Kenntnisse, sondern darum, wie man am besten zu Mittag esse. Da wäre der einzige Sach,verständige der Koch. Die Anschauung des Abg. Windthorst über die Offiziere sei keine schmeichelhafte. Er habe eine bessere Mei⸗ nung von den Offizieren. Dieselben würden auch ohne Auf— sicht höherer Offiziere gutes Benehmen zu beobachten wissen. Die ganze Rede des Abg. ven Minnigerode über die liberale Vartei sei nur dazu bestimmt, die Nationalliberalen oder das Centrum graulich zu machen. Bei diesen sei es dem Abg. von Minnigerode auch gelungen. Dies sei ein Beweis, daß die Herren immer von Sparsamkeit redeten aber nicht darnach handelten.
Der Abg. von Bennigsen bemerkte, die nationalliberale Partei habe in der Kommission für die Position gestimmt; er sehe nicht ein, warum sie dies nicht auch heute thun solle. Bezüglich der Speiseanstalten stimme er dem Abg. Windthorst vollkommen bei. Eine Absonderung der Offiziere vom bürger⸗ lichen Leben fürchte er nicht. Namentlich für jüngere Offiziere sei der Mittagstisch billiger als in Wirths häusern.
Der Abg. Pr. Windthorst erklärte, seine politischen Freunde hätten bereits in der Kommission für die Position gestimmt. Sie ließen sich auch nicht durch Personen, sondern durch sachliche Gründe bewegen. Die Sparsamkeit übe das Centrum überall aus, wenn ein zweckmäßiger Vorschlag nicht gemacht sei; dies sei aber hier nicht der Fall.
Hierauf wurde der Titel gemäß dem Antrage der Kom⸗ mission mit 117 gegen 111 Stimmen bewilligt.
Tit. 17: „30 000 Sυ zum Neubau und Ausstattung einer Kaserne für das Jäger Bataillon in Braunsberg“ ist von der Militärverwaltung zurückgezogen worden.
Die Budgetkommission beantragte dementsprechend, den Titel abzulehnen.
Der Abg. Dr. Kolberg bemerkte, da die Militär verwaltung in der Kommission erklärt habe, daß sie auf den Bau der Kaserne in Braunsberg verzichte, so liege die Vermuthung nahe, daß sie das Bataillon aus Braunsberg fortlegen wolle. In der Bürgerschaft sei auch diese Befürchtung bereits laut geworden. Die Stadt habe aber ein lebhaftes Interesse, die Garnison zu behalten, denn sie habe für dieselbe erhebliche Opfer gebracht, und außerdem sei es von besonderem Werthe, daß die Studirendest des LycJeums Gelegenheit hätten, ihr Jahr in Braunsberg abzudienen. Er bitte den Kriegs— Minister, mitzutheilen, ob eine Verlegung der Garnison be— absichtigt sei?
Der Staats⸗Minister von Kameke erwiderte, es sei schwer, solche Erklärung abzugeben, bevor über die Sache Beschluß gefaßt sei. Er könne versichern, daß ohne Noth die Garnison nicht verlegt werden würde.
Der Titel wurde entsprechend dem Kommissionsantrag abgelehnt.
Ebenso wurde Tit. 28: „200 000 MSG für den Neubau einer Kaserne des Train-Bataillons in Magdeburg“ auf An— trag der Kommission gestrichen.
Tit. 42: „Neubau eines Kasernements für zwei Schwadronen in Wandsbeck“ beantragte die Kommission zu genehmigen.
Der Abg. Graf von Holstein, bat, die Position abzu—⸗ lehnen, damit nicht durch die Verlegung von 2 Schwadronen ö Wandsbeck die Stadt Itzehoe ihrer Garnison beraubt werde.
Der Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath erklärte, man dürfe sich durch Billigkeitsgründe nicht abhalten lassen, die Verlegung der Schwadronen nach Wandsbeck, für die mili— tärische und finanzielle Rücksichten sprächen, vorzunehmen. Er bitte, die Position zu bewilligen.
Der Abg. Gerwig hielt die Rückverweisung des Titels an die Budgetkommission für geboten.
Der Bundeskommissar Oberst⸗Lieutenant Schulz erklärte, daß die Garnisonverhältnisse in Itzehoe keineswegs sehr be⸗ friedigende seien. Vor allen Dingen habe man in Wandsbeck ja bereits das Bauterrain erworben, und könne daher nicht gut vom Bau selbst absehen.
Der Abg. Richter (Hagen) erwiderte, er sei schon deshalb gegen diesen Kasernenbau, weil derselbe wieder Offizierswoh⸗ nungen über das Bedürfniß hinaus, und eine Offiziers⸗-Speise⸗ anstalt enthalten solle. Aus riesen all zemeinen Gründen, dann aber auch, weil er mit dem Grafen Holstein der Stadt Itzehoe ihre Garnison erhalten wissen möchte, bitie er das Haus, diese Position abzulehnen.
Der Titel wurde abgelehnt.
. 6 vertagte sich das Haus um 41, Uhr auf Dienstag r.
— In der heutigen (42.) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher der Staats-⸗Minister von Kameke, der Staats⸗ sekretär des Reichs Postamts, Dr. Stephan, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kom⸗ missarien desselben beiwohnten, erstattete der Präsident von Levetzow dem Hause, dessen Mitglieder sich von ihren Sitzen erhoben, Bericht über die dem Vorstande des Reichs tags gestern gewährte Audienz bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin: Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin hätten gestern den Gesammtvorstand des Hauses empfangen und von demselben die ehrfurchts vollen Glückwünsche des Reichstages zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Ehe⸗ jubiläums entgegengenommen. Se. Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit der Kronprinz, zugleich im Namen der Frau Kronprinzessin hatte mit dem Ausdruck besonderer
Freude darüber erwidert, daß die Theilnahme des gesammten deutschen Volkes an dem Familienfeste in Seinem Hause zum Ausdruck gekommen sei, eine Theilnahme, von welcher aus der Nähe und aus der Ferne unzählige Beweise eingelaufen seien. Se. Kaiserliche Hoheit hätte ferner bemerkt, daß, sofern es Ihn vergönnt gewesen sei, an der Herstellung des Deutschen Neiches mitzuwirken, Er weiter nichts als seine Schuldigkeit gethan habe. Diese Seine Schuldigkeit werde er auch ferner jeder Zeit thun, wenn es sich darum handele, das Deutsche Reich zu erhalten und zu befestigen. Se. Kaiserliche Hoheit habe ihn beauftragt, dem Reichstage für seinen Glückwunsch herzlichst zu danken. Demnachst habe Se. Kaiserliche Hoheit noch jedes einzelne Mitglied mit einer Unterhaltung beehrt.
Hierauf setzte das Haus die Etatsberathung fort und n 4 dem Extraordinarium der Verwaltung des Reichs⸗
ee res.
Zum Neubau und zur Utensilienergänzung eines Kasernements für zwei Escadrons in Cassel werden 350 000 M als erste Baurate verlangt. Der Abg. Haerle bemängelte die Höhe der Gesammtbaukosten, welche sich auf 1 230 270 M stellen sollten; für eine Gesammtsumme von 1700 000 M würde in Lüben eine Kaserne für vier Schwadronen gebaut. Redner beantragte die Zurückverweisung der Position in die Budgetkommission. Der Abg. Dr. Moeller glaubte, daß eine solche Zurüuͤckverweisung keinen Zweck habe; man solle lieber gleich die ganze Position ab⸗ lehnen. Der Abg. von Kardorff wies darauf hin, daß der Bau einer Kaserne für vier Escadrons nicht etwa doppelt so theuer sei wie der einer Kaserne für zwei Escadrons. Der Abg. Richter (Hagen) plaidirte in demselben Sinne, wie der Abg. Moeller und zeigte an mehreren Beispielen, daß wie in Lüben für Kavalleriekasernen niedrigere Ansaätze vor⸗ gelegen hätten.
Der Bundes kommissar Oberst⸗Lieutenant Schulz betonte die Nothwendigkeit des Neubaues in Cassel; die Stallgebäude würden jetzt schon gestützt. Nachdem noch der Referent, Abg. von Koeller im Namen der Budgetkommission die Bewilligung der Position empfohlen hatte, wurde diese be abgelehnt.
Im Tit. 47 werden für Neubau und Ausstattung eines Kasernements nebst Zubehör für zwei Escadrons in Hof— geismar (zweite Rate) 300 000 M verlangt. Nach dem Vor⸗ schlage des Abg. Richter (Hagen) beschloß das Haus bei Schluß des Blattes die Absetzung dieser Summe.
— Am 25. Januar d. J. hielt die Königliche Aka⸗ demie der Wissenschaften ihre öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstages König Friedrichs II., welcher der Herr Staats-Minister von Goßler mit den ersten Beamten seines Ministeriums beiwohnte. Der an diesem Tage vorsitzende Sekretar, Hr. du Bois Reymond hielt die Festrede. Nach einigen einleitenden Worten, welche auf das mit der statuten⸗ mäßigen Feier zu Ehren des großen Königs in diesem Jahre zufällig zusammenfallende Fest des Herrscherhauses sich bezogen, behandelte er die Frage nach den Ursachen, aus welchen Friedrichs Größe bei den Eiglaͤndern im Allgemeinen die verdiente An⸗ erkennung nicht findet. Darauf berichtete derselbe über die seit der letzten gleichnamigen Sitzung eingetretenen Personalveränderun⸗ gen. Die Akademie verlor durch den Tod ihr ordentliches Mit⸗ glied Just us Olshausen; ihr Ehrenmitglied, den Grafen Rudolph von Stillfried-Rattonitz; die auswärtigen Mitglieder der physikalisch- mathematischen Klasse Charles Darwin in Down bei Lon don, Joseph Liouville in Paris, Friedrich Wöhler in Göttingen; das cor⸗ respondirende Mitglied derselben Klasse Theodor Lud⸗ wig Bischoff in München; die correspondirenden Mit⸗ glieder der philosophisch⸗historischen Klasse Reinhold Pauli in Göttingen, Karl Halm in München, Adolph Friedrich Heinrich Schaumann in Han nover. Gewählt wurden: zum Ehrenmitgliede Se. Majestät der Kaiser von Brasilien Dom Pedro; zu correspondirenden Mit— gliedern der philosophisch⸗historischen Klasse die Herren Ernst Dümmler in Halle, Reinhold Pauli in Göttingen, welcher der Akademie nur wenige Monate angehörte, Wil liam Stubbs in Oxford, Franz Bücheler in Bonn, Wilhelm Dittenberger und Hermann Keil in Halle. An die Erwähnung des, Ablebens Charles Darwins knüpfte der Vorsitzende einen kurzen, den Ver⸗ diensten dieses Gelehrten gewidmeten Nachruf.
Zum Schluß las Hr. Conze einen Bericht über das von Hrn. Dr. Otto Puchstein im Auftrage der Akademie erforschte Grabdenkmal des Königs Antiochos von Kommagene auf dem Nemrüddagh in Kurdistan, wozu Hr. Kiepert die Wandkarten angefertigt hatte.
— Der Kommunal-Landtag der Kurmark er⸗ ledigte in seiner Sitzung am 27. d. Mts. nicht weniger als 20 Gesuche von Kleinkinder⸗Bewahranstalteu und Kinderspiel⸗ schulen, von Rettungshäusern für Knaben und Mädchen, von Mädchen⸗ und Frauenbildungsanstalten und von anderen mildthätigen Instituten seines Bezirks. Bei dem nicht unbe⸗ deutenden standischen Dispositionsfonds der kurmärkischen Hülfskasse konnten allen Petenten zum Theil recht namhafte Be⸗ träge zugewendet werden. Nur bei einem derselben mußte die Zuwendung von der Erfüllung weiterer Bedingungen abhängig bleiben. Den weiteren Theil der Sitzung füllte die Diskussion des Reskripts des Ministers des Innern vom 28. Juli v. J. aus, welches die Anträge des 54. Kommunal⸗ Landtages auf Einführung der relativen Gebäudezwangsver⸗ sicherung für die Landfeuersozietät der Kurmark und der Niederlausitz abweist. Ein in der Diskussion zu Tage treten⸗ der neuer Gesichtspunkt veranlaßte den Landtag, die Sache zur nochmaligen Berathung an den Ausschuß zurückzuverweisen. Die nächste Sitzung findet heute, Dienstag, Vormittags 11 Uhr, statt.
— Der Kaiserliche Botschafter General-Lieutenant von Schweinitz ist nach St. Petersburg zurückgetehrt und hat die Geschäfte der dortigen Botschaft wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant von Hel den⸗Sarnowski, Inspecteur der 1. Feld⸗-Artillerie⸗Inspektion, hat sich gestern nach Posen zurückbegeben.
— Die General⸗Lieutenants von Kloeden, Komman⸗ dant von Königsberg i. Pr., und von Nachtigal, Com⸗ mandeur der 1. Division, sind zur Abstattung persönlicher 1 auf einige Tage aus Königsberg i. Pr. hier ein⸗ getroffen.
Bayern. München, 29. Januar.
(Allg. Ztg.) Die Erzherzogin Elisabet
von Desterreich ist auf der
Rückreise von Madrid heute Vormittag hier eingetroffen und am Bahnhofe von den höchsten Herrschaften herzlichst empfangen worden. Die hohe Frau nahm Wohnung im Palais des Prinzen Luitpols und beabsichtigt nächster Tage nach Wien weiter zu reisen, im Laufe des nächsten Monats aber wieder hier einzutreffen.
Frankreich. Paris, 28. Januar. (Fr. Corr.) Gestern Abend schien Alles in schönster Ordnung zu sein; der poli⸗ tische Himmel war wieder klar, und alle drohenden Wolken einer Ministerkrisis waren verscheucht, so glaubte wenig⸗ stens Jedermann und durfte es glauben, nachdem ein Einver⸗ nehmen zwischen dem Ministerium und der Kommission für die Prätendentenvorlage über das Gegenprojelt Fabre zu Stande gekommen. Allerdings hatten die Minister gehandelt, ohne sich zuvor der Zustimmung ihres Chefs, des Conseils⸗ Präsidenten Du clerc, vergewissert zu haben. Die ernstliche Erkrankung des Hrn. Duclere hatte eine Besprechung zwischen ihm und seinen Kollegen unmöglich gemacht. Allein Niemand zweifelte, und namentlich die Minister selbst gaben in den Couloirs der Kammern dieser Meinung Ausdruck, daß Herr Duclere nicht anstehen werde, sich den übrigen Ministern in der Billigung der gefun denen Transaktion anzuschließen. Da versandte die „Agence Havgs“ nach Mitternacht folgende Note: Wir erfahren in der letzten Stunde, daß der Conseils⸗Präsident das von der Kommission adoptirte Amendement Fabre nicht an⸗ genommen hat. Er erklärte, stricte bei dem Projekt zu beharren, welches durch die Regierung auf den Tisch des Abgeordneten⸗ hauses niedergelegt ist. Diese Entschließung wurde im Laufe des Spätabends durch den Kabinetschef des Herrn Duclere zur Kenntniß des Präsidenten der Republik und der Minister des Innern und der Justiz gebracht. Wir glauben hinzufügen zu können, daß der Kriegs-Minister die Anschauung des Conseils⸗Präsidenten vollständig theilt und entschlossen bleibt, wie er es seit seinem Eintritt in die Geschäfte gethan hat, die Fundamentalprinzipien unserer militärischen Institutionen zu vertheidigen.“ Diese Note, die noch von einer Reihe Morgenblätter veröffentlicht werden konnte, wirkte wie eine Bombe. Alles war wieder in Frage gestellt und die mühsam
erbeigeführte Eintracht von Neuem gestört. Der Prasident der
epublik ließ Angesichts dieser somit beinahe offiziell konsta⸗ tirten Uneinigkeit des Kabinets heute früh sofort einen Ministerrath im Elysée zusammenberufen, welcher bis 1 Uhr deliberirte. Nach Schluß desselben begaben sich die Minister Fallisres und Deves zu Hrn. Duclerc, um noch einmal mit ihm zu konferiren. Jedoch trotz alles nsistirens wurden sie von dem Conseils⸗-Präsidenten nicht empfangen, da die streng—⸗ sten Befehle der Aerzte dem schwer leidenden Orn. Duclerc die absoluteste Ruhe auferlegt und jedwede Störung des Patienten durch amiliche Geschäͤste unbedingt untersagt haben.
Das von der Minorität des Ausschusses über die Vorlage gegen die Prätendenten genehmigte Gegen projekt des Abg. Joseph Fabre lautet wörtlich: Art. 1. Die durch Wahlen zu erlangenden Funktionen sowie die Civil⸗ und Militärämter sind den Mitgliedern der Familien, welche über Frankreich geherrscht haben, verschlossen. — Art. 2. Ein im Ministerrath beschlossenes Dekret des Präsidenten der Republik kann jedem Mitgliede einer der ehemaligen Herrscherfamilien,
dessen Gegenwart geeignet wäre, die Sicherheit des Staates.
zu gefährden, die Weisung ertheilen, das Gebiet der Republik sofort zu verlassen. — Art. 3. Jede im vorstehenden Artikel bezeichnete Person, welche ohne Erlaubniß der Regierung, nachdem sie an die Grenze geführt worden ist und Frankreich verlassen hat, das Land wieder betritt, wird vor das Zuchtpolizeigericht gestellt und mit ein⸗ bis fünsjährigem Gefängniß bestraft, sodann nach abgesessener Haft wieder an die Grenze geführt. — Die Art. 2 und 3 diefes Gegenprojektes sind die Wiederhelung der Art. 1 und 2 des Regierungsentwurfs. Der Art. J zielt, wie man sieht, darauf hin, die soforlige Entfernung der Prinzen aus der Armee herbeizuführen und damit dem Antrage Vall ue⸗-Lockroy und einer allerdings in der republikanischen Mehrheit über diefen Punkt vorherrschenden Stimmung gerecht zu werden. — 29. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte, der Consęile⸗ präsident Fallisres: das letzte Kabinet habe in Folge von Meinungsverschiedenheiten seine Entlassung gegeben. Die Demission der Minister des Auswärtigen, des Krieges und der Marine sei angenommen worden. Der Prä—⸗ sident Gréoy habe ihm den Vorsitz im Ministerium übertragen. Obwohl das Ministerium noch nicht vollständig gebildet sei, stelle es fich doch zur Verfügung der Kammer, denn die in Rede stehende Frage verlange im Interesse des Landes eine prompte Lösung. Cassagnac und Janvier de la Motte beantragten, die Berathung der betreffenden Vorlage bis zur Ernennung eines Kriegs-Ministers, welcher bei der Frage sehr interessirt sei, zu vertagen. Der Conseils⸗Präsident erwiderte: es handele sich nicht um ein Militärgesetz, sondern um ein politisches Gesetz. Die Kammer beschloß sodann die sofortige Berathung der Vorlage, betreffend Maß⸗ regeln gegen Thronprätendenten. De Mun (Legitimist) sprach gegen alle Ausnahmemaßregeln und erklärte: die wirklichen Verschwörer gegen die Republik seien die Republikaner selbst. Fabre (gemäßigter Republikaner) befürwortete seine Vorlage und nahm für die Republik das legitime Recht der Vertheidigung in Anspruch. Viette (von der äußersten Linken) bekämpfte die Vorlage Fabre's als unzu⸗ reichend und gefährlich und trat für den Antrag Floquets ein. Ribot' (linkes Centrum) verwarf alle Aus⸗ nahmemaßregeln und sprach sich anerkennend über die zurückgetretenen Minister wegen ihres Wider⸗ standes aus. Die einzige Gefahr für die Nepublik bestehe in den zahlreichen Krisen, welche an der Stabilitãt ihrer Institutionen Zweifel erweckten. Die Kammer müßte die Republik durch eine Politik der Mäßigung und Be⸗ schwichtigung befestigen. Flo guet vertheidigte seinen An⸗ trag: er wolle die Republik schützen, welche bedroht sei durch Praätenfionen, die anfingen sich geltend zu machen. Die Debatte wird morgen sortgesetzt werden. .
Nach dem heute Vormittag ausgegebenen Bulletin hat Hr. Du clerc eine wenig befriedigende Nacht gehabt; indeß macht sich doch das Eintreten einer Besserung bemerkbar, die einen günstigen Ausgang der Krankheit, erwarten läßt. Dem Kranken ist von den Äerzten absolute Ruhe anempfohlen worden. g
— 30. Januar. (W. T. B. Die Besserung in dem Befinden des früheren Minister⸗Präsidenten Du chers hält an, der Kräftezustand des Erkrankten ist aber noch ein sehr
schwacher, und es wird eine absolute Ruhe und Zurück— gezogenheit desselben für unumgänglich nothwendig erachtet.
Nach einer Meldung aus dem Creuzot (Departement Saone et Loire) wurde in der Nacht vom 28. zum 29. d. M. eine Gensd'armerie-Patrouille bei dem Einschreiten wegen eines unter italienischen Arbeitern entstandenen Streits durch einen aus etwa 200 Italienern bestehenden Haufen mit Steinwürfen angegriffen. S Personen wurden verhaftet und gestern 12 weitere Verh ftungen vorgenommen. Der Präfekt des Departements Saone et Loire ist hier angekommen.
Italien. Rom, 29. Januar. (W. T. W.) Zum apostolischen Delegirten und Patriarchatsvikar in Konstantinopel wurde Rotelli ernannt, der sich in den ersten Tagen des nächsten Monats auf seinen Posten be— geben wird.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Ja⸗ nuar. (W. T. B.) Die in auswärtigen Blättern enthaltenen Gerüchte, welche den Grafen Ignatieff als möglicherweise zum Statthalter in Polen oder als event. Nachfolger des General Gouverneurs, Generals Albedinski designirt bezeichnen, für absurd erklärt. . . r .
Gestern hat vor dem hiesigen Bezirksgericht die Prozeßverhandlung gegen die St. Petersburger gegenfeitige Kreditgesellschaft wegen Unregel⸗ mäßigkeiten in der Verwaltung derselben ihren An—⸗ fang genommen. Die Zahl der Angeklagten beträgt 13; unter denselben befinden sich auch die früheren Verwaltungsdirektoren Sinebriuchoff, Schadimerowskti und Pogreboff. Nach Verlesung der umfangreichen Anklage— akte bekannte sich der mitangeklagte frühere Controleur der Gesellschaft, Jemeljanoff, für schuldig, während die übrigen Angeklagten ihre Schuld an den Unregelmäßigkeiten in Abrede stelltren. Das Ende der Gerichtsverhandlung ist erst in einigen Tagen zu erwarten.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Januar. Der König, die Königin und der Herzog von Gothland sind gestern Abend nach Ehristiania abgereist und dort, zu— folge telegraphischer Mittheilung, heute Mittag eingetroffen. Während der Abwesenheit des Königs wird eine interimistische Regierung unter Vorsitz des Kronprinzen die Verwaltung führen. — Heute fand das feierliche Ser aphinengeläut für den Prinzen Carl von Preußen statt, der am 22. März 1873 zum Ritter des Seraphinen-Ordens ernannt wurde.
Amerika. Washington, 30. Januar. (W. T. B.) Im Repräsentantenhause brachte der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten eine Resolution ein, in welcher der Präsident ersucht wird. Verhandlungen mit dem Deutschen Reiche anzuknüpfen, behufs AÄbschlusses eines neuen Vertrages, betreffend die Rechte amerikanischer Bürger in Deutschland.
Afrika. Egypten. Kairo, 29. Januar. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht ein Dekret, nach welchem die internationalen Gerichtshöfe bis zum 1. Februar 1884 fortbestehen sollen.
Zeitungsstimmen.
Das „Deutsche Tageblatt“ bringt unter der Ueber— schrift: „Trotz der Zölle oder wegen der Zölle?“ einen Leit⸗ artikel, in welchem es sagt: .
Die liebste Zeit ist dem Deutschen die Bedenkzeit, bemerkt Jean Paul gelegentlich einmal. An diesen Ausspruch erinnert uns der jüngst erschienene Jahresbericht der Handels und Gewerbekammer zu Plauen i. V., dessen Urtheil uͤber die Folgen der neueren Wirthschaftspolitik des Reiches, man darum mit, einiger Spannung entgegensah, weil, die Plauensche Handelskammer den wichtigen Induftriebezirk des, Zwickauer Kohlenbeckeng, ferner einen großen Theil des industriereichen Erzgebirges und die gewerbfleißige Bevölkerung des sächsischen Voigtlandes vertritt und ferner, weil die Plauenschen Handelskammerberichte von jeher als befonders eingehend und sorgfaͤltig gearbeit te Kundgebungen des gelehrten Manchesterthums gelten. Der vorliegende Bericht nun er— klärt, die Kammer habe Bedenken getragen, schon jetzt ein allgemeines Urtheil über die Einwirkung der deutschen Zollgesetz gebung abzugeben. Die Kammer also, die schon damals, als die neue Zollgesetzgebung nur erst in Sicht war, in ihren Jahresberichten sich mehr als kühl gegen dieselbe verhielt, schweigt, jetzt ihrerseits, macht uns dafür aber die sehr dankenswerthe Freude, die einzelnen Industrien selbst möglichst vollständig zu Worte kommen zu lasfen, und damit ist jedenfalls mehr genützt, als mit einem soge⸗ nannten Urtheil der Kammer“, das bei der sehr geringen Betheili⸗ gung an den Wahlen für diesen Vertretungskörper von der zufälligen Zusammensetzung der Kammer und in seiner schließlichen Färbung wesent⸗ sich von deren Bericht erstattendem Sekretär abhängt. Also die Kammer bedarf noch der Bedenkzeit und giebt dafür die ÜUrtheile der einzelnen Industriellen, wie sie von diesen auf die Frage nach etwa beobachteten nachtheiligen oder günstigen Einwirkungen der Zölle eingegangen sind, und diese sind denn eine gründliche und schlagende Widerlegung des Geredes von den verhängnißvollen Einwirkungen der gemäßigten Schutz⸗ politik, zu welcher die Reichsregierung sich entschlossen hat. Eine Fülle von Zeugnissen dafür, daß der Umschwung zum Besseren nicht blos nach Eintritt der neuen Zollgesetzgebung, sondern daß er infolge derselben ic n gn feht ist in dem 212 Seiten Großoktav umfassenden Berichte zu finden.
ahh, sahen die Maschinenfabriken des Bezirkes ihren Umsatz seit der Jollerhöhung beträchtlich steigen, die Maschinenwerkstatt, der „‚Könlgin Warienhütte! um 20 6o, wohei der durchschnittliche Ver⸗ kaufpreis des Doppeleentners um fast 30½ in die Höhe ging. Dabei hat sich die Nachfrage nach Werkʒeugmaschinen, wie die Mit⸗ theilungen des Etablissements dieser Branche in Reichenbach besaßgen, auch und für Deutschland ganz besonderg er ren, indem dieselben ö starken Bedarf hatten und Aufträne ertheilten, welche is zum Eintritt der neuen Zollgesetzgebung versicherten, daß sie fin die nächsten Jahre keinen Bedarf und nur einen geringen Theil ihrer Maschinen in Betrieb hätten, deren Geschäfte aber, wie alle Branchen der Retall⸗Industrie und des Maschinenhaues, dieses besten Baro⸗ meters der Gesammt-⸗Industrie in Deutschland sich entschieden ge⸗ hoben haben. Das Geschäft versichert weiter (wir eitiren wörtlich), dafs bei ihm und allenthalben in dieser Branche die Arbeitslöhne bessere geworden seien, wie denn schon jetzt ein Arbeitermangel konfstatirk werden müsse, und daß, wenn es auch noch nicht möglich sei, solider, guter Arbeit i , e Preise zu er⸗ zielen, doch diese sich allenthalben gebessert hätten und sicher lohnendere werden würden, wenn die Reichsregierung auf dem betre⸗ tenen Wege fortfahre, das deutsche Volk sich von dem Gängelbande idealistifscher Wortführer vollends freimache und rückhaltslos die schon nach kurzem Bestande so segensreich sich erweisenden Reformpläne unseres großen Reichskanzlers unterstütze.
Von der Thonwaarenfabrikation wird die Besserung der Ge—= schäftsverhältnisse wiederholt auf die neue Soll gf: ba bn zurück geführt und gen n auf die Thatsache hin ewiesen, daß der Kon⸗— sument, vielleicht mit Autznahme der Küstenstaͤdte, nicht darunter zu leiden hat.
Der wenn auch geringe Gewichtszoll, welchen Kammgarn echielt, hat nach den Berichten der betreffenden Industriellen dazu beige⸗ tragen, die französische Konkurrenz in der Kammgarnspinnerei ganz wesentlich zurückzudrängen. .
Den Absatz des Vigognegarnes bat der neue Zolltarif günstig beeinflußt, indem einestheils sich die Webwaarenfabrikanten demselben mehr zugewandt haben, anderntheils aber und in der Hauptsuche die Trikotagefabriken dasselbe in den feineren Qualitäten as Exiatz für das englische Garn in bedeutenden Mengen verwenden. Von dem einen Geschäft wird namentlich eine günstige Einwirkung des neuen Zolltarifs auf den Absatz in Elsaß⸗Lothringen konstatirt, ;
Schuhgarn wird, trotz der allerdings nur geringen Zollerböhung, jetzt mehr als je von Frankreich importirt, von dessen Agenten an der Grenze verzollt und zollfrei an die Kunden abgeliefert. (Also einer der Fälle, daß das Ausland unsere Zölle allein trägt.) ;
Die Fabrikanten der stark sich entwickelnden Buckẽkin⸗Industrie fühlen sich zu der Hoffnung berechtigt, daß es ihnen. mit Hülfe der eingeführten Zölle gelingen wird, die für Neuheiten noch, immer große Konkurrenz der Engländer und Franzosen mehr vom heimischen Markt zu verdrängen. Die Einwirkung der Zölle auf diesen In- dustriezweig wird fast von allen Betheiligten als eine günstige aus drücklich anerkannt, ebenso wird dieselbe hinsichtlich der Kammgarn⸗ stoffe als im besten Sinne sehr fühlbar bezeichnet, insofern die frühere Konkurren; von Roubair fast gan; verschwunden, auch die diversen Beige⸗Artikel aus Frankreich infolge des Zolles vielfach durch das deutsche Fabrikat verdrängt worden seien. . ö
Die Zollerhöhung auf Shawls und Tücher hat insofern günstig gewirkt, als z. B. in der Rheingegend, wo früher dergleichen Artikel meist aus Frankreich bezogen wurden, seit der Erhöhung der Verbrauch im einheimischen Fabrikat bedeutend gestiegen ist.
Bezüglich der Spinnerei der rein schafwollenen Streichgarne hat der geringe Schutzzoll vermocht, den zum Absatz nach Reichenbach an— gewiesenen Spinner voll zu beschäftigen. . ;
In Bezug auf die im Bezirk stark vertretene Maschinenstickerei wird betont, daß in Folge des neuen Zolltarifs mehr Festigkeit ins geschäftliche Leben gekommen sei, doch dürfe man die eingetretene Besserung nicht allein auf deren Rechnung setzen. Jedoch lasse sich nicht mehr hinwegleugnen, daß unsere Industrie von dem Tage der neuen Schutzzollpolitik an, durch welche sie einen Fingerzeig erhalten habe, daß sie nun beginnen solle, selbstständig zu arbeiten, er— starkt sei. z J
Der Einfluß der Zollgesetzgebung auf die Korsetfabrikation wird als günstig bezeichnet. ö .
In der Kunstwollfabrikation ist seit der Zollerhöhung auf fertige Waare mehr Nachfrage in Deutschland entstanden. Neue Etablisse⸗ ments konnten errichtet werden.
Wir haben den Bericht der Handelskammer Plauen vom An⸗ fang bis zum Ende genau studirt, aber gegenüber so vielen günstigen Stimmen der Industriellen über den neuen Zolltarif auch nicht eine gefunden, welche ihn als überwiegend nachtheilig für einen Industrie⸗ zweig bejeichnet hatte. Nur der Spitzenhandel klagt darüber, daß die Erhöhung der deutschen Eingangszölle auf Spitzen deren Bezug aus Böhmen zum Vertrieb ins Ausland erschwere, — ein Nachtheil des Tarifs, der unserer einheimischen spitzenklöppelnden Arbeiterbevöl⸗
kerung schließlich doch wohl zu gute kommen muß.
Verschiedene Industrien wollen keine Einwirkungen der neuen Zölle verspürt haben, einzelne neben den günstigen auch ungünstige erkennen. Diese letzteren wollen den Aufschwung der Industrie gar nicht in Abrede stellen, diese erfreuliche Thatsache aber lieber andern Urfachen, z. B. den neuerdings hoch entwickelten Leistungen der deut⸗ schen Industrie zuschreiben, als der Umkehr der wirthschaftlichen Po⸗ lüik. Es geht dem Reichskanzler hier wie dem Arzte so häufig: ge— lingt die Heilung nicht, so trifft den Arzt die Schuld, gelingt sie, nun, so soll die Natur sich eben selbst geholfen haben!
— In der „Politischen Wochenschrift“ lesen wir:
. .. Für die Ideen, welche in dem Kaiserlichen Erlasse über die Nothwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen ausgesprochen sind, fehlte es den letzteren selbst an Verständniß und an Vertrauen auf die ihnen eröffneten Aussichten. Denjenigen, welche die Verbreitung einer richtigen Auffassung der Sachlage durch Wort und Schrift versucht haben, wird die Erfahrung nicht erspart geblieben sein, daß die große Idee des Fürsten Reich ⸗ kanzlers, die revolutionäre Tendenz der Sozialdemokratie durch die Reform der Steuergesetzgebung und der sozialen Verhãltnisse des vierten Standes zu brechen und dessen Versöhnung mit den besitzenden Volksklassen herbeizuführen, von den Arbeitern selbst am wenlgsten verstanden und dadurch ihrer Verwirklichung näher geführt ist. Im Gegentheil machten die handgreiflichen Argumente der Gegner der neuen deutschen Wirthschafts und Sozialpolitik einen größeren Eindruck auf die Massen, wenn ihnen billiges Brod und wohlfeiles Fleisch versprochen wurde, als wenn ihnen die Aussicht auf Sicherung gegen die Folgen von Unglücksfällen und die Versorgung in höherem Lebensalter in Aussicht gestellt wurde. . . .
Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 1. — Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Das erste Jahrzehnt der Reichs⸗Post und
Teiegraphenverwaltung. — Die Stadt⸗-Fernsprecheinrichtung in Berlin. — Das „Telegraphen corps‘ in Preußen. — Kleine Mit theilungen: Zum zehnjährigen Bestehen des „Archips“ — Projekt zu einem Dongu⸗Elbekanal. — Briefkasten an englischen Bahnpost⸗ wagen. — Volta⸗Preis für das Jahr 1887. — Zeitschristen Ueber⸗ chau. . . Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 4. — Inhalt: Erkenntniß des großen Disziplinarsenats des Königlichen Kammergerichts vom 26. Juni 1882. ö
CTentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 4. — Inhalt: Amtliches: Perfonalnachrichten. — Nichtamtliches: Die. mit kompꝛi⸗ mirtem Fettgas erleuchtete Bake auf der Noidermole in Pillau. — Neue Bauordnung für den Distrikt Columbia, in den Vereinigten Staaten. (Schluß,) — Einführung kontinuirlicher Bremsen bei den preußischen Staatõbahnen. — Zur Baustatistil. — Ueber die Fabri⸗ kation der eifernen Brücken und die praktische Ausbildung der Eisen⸗ constructeure. — Stadtbahn und Marktverkehr in Berlin. — Ver. mischtes: Uebernahme von Regierungs · Baumeistern in die preußische allgemeine Bauverwaltung. — Feldmnesser Prüfung in Preußen. — Bergrutsch an der Bahnstrecke Bebra: Göttingen. — Burg Dank⸗ warderode in Braunschweig. — 6 Monatsaufgabe des Architektenvereins in Berlin. — Ober⸗Baurath Theophil Dansen. — Theater ⸗ Konkurrenz. — Theaterbrände. — Arsenal des Philon in Zea. — Theorie des Erddrucks.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge sund⸗ heit z . sind in der 3. Jahreswoche von je 1009 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 25 0, in Breslau 36, ), in Königsberg 2642, in Cöln 236 in Frankfurt a. M. 21,2, in Hannover 18,8, in Cassel 23,l, in. Piaodchnurg 33.1, in Siettin 1,4, in Altona 22,1, in Straßburg 26,3. in Metz 170, in München 26,2, in Rürnberg z0,7, in Auqoburg 289 in Dres · den 23,8, in Leipzig 25,3, in Stuttgart Al,2, in Braunschweig 23. in Karlsruhe 14,6, in Hamburg 26,6, in Wien 20 in . 29,1, in Prag 302. in Triest 6,2. in Krakau 2,8, in Basel 19,8, in Brüssel Ji, l, in Paris 2.3, in Amsterdam 236, in Londen Ilg. in Glasgöw z0't, in Liverpool M. lin. Dublin 356,8 in Gdinburg 22, ), in Kopenhagen 26.4, in Stockholm 28,3, in Chri tiania 17,5, in St. Petersburg 41,3, in Warschau 36,9. in
dessa 38. , in Kom 2.5, in Turin 27,7, in Bularest, 29.1, in Madrid (4,1, in Alexandrien (Esvpten) 45,9. T In der *r vom 24. bis 36. Dezember in JFiew. Jork 23,4, in Philadelpbig 286, in Chicago 22, l, in St. Louis — in Cincinnati 19,7, in San Franzisko 19,5, in Kalkutta 41,ͤ, in Bombav 25.0, in Madras 6 8.