1883 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Feb 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Ein Vertrag zwischen einer Fabrik- und Handelsfirma und einem Konsumenten über die Anfertigung eines zu liefern⸗ den Gegenstandes Seitens der Firma aus einem von der Firma zu beschaffenden Material ist, nach einem Urtheil des Reichs ne ri htl IV. Civilsenats, vom 15. Januar d. J., als Werkverdingungsvertrag und nicht als Lieferungsver— trag zu behandeln und dem entsprechend zu stem penn, selbst wenn der Inhaler der Firma für seine Person den zu liefern⸗ den Gegenstand anzufertigen außer Stande ist.

Der General-Lieutenant von Bychelberg, Inspec⸗ teur der 3. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, hat sich heute in seine Garnison Hannover zurückbegeben.

Die General⸗Lieutenants von Kloeden, Komman⸗ dant von Königsberg i. Pr., und von Unger, Commandeur der 22. Division, sind nach Abstattung persönlicher Meldun⸗ gen nach Königsberg i. Pr. resp. Cassel wieder abgereist.

Baden. Karlsruhe, 2. Februar. (W. T. B.) Der Eisenbahnverkehr auf der Strecke Philippsburg Germere⸗ heim resp. auf der Linie Bruchsal⸗Germersheim wird vom nächsten Montag ab nach dem bestehenden Winterfahrplane wieder aufgenommen werden.

Bamburg, 31. Januar. (H. C.) In der gestrigen Bürgerschaftssitzung wurde von mehreren Mitgliedern des Centrums ein längst gewünschter Antrag eingebracht, welcher die Erleichterung der Erwerbung des Bürgerrechts be⸗ trifft. Trotz seiner 110 000 Steuerzahler bestand in Hamburg bisher noch die Abnormität, daß nur ca. 30 000 Bürger existirten, welche allein das Wahlrecht besitzen, so daß die übrigen So 000 ein Recht zur Vertreterwahl nicht haben. Nach dem neuen Entwurf soll jeder Steuerzahler, unbekümmert um die Höhe des Einkommens, sobald er 3 Jahre in Hamburg gewohnt hat, das Bürgerrecht unentgeltlich erwerben können.

Großbritannien und Irland. London, 1. Februar. (Allg. Corr.) Mr. Gladstone wird am Sonnabend, den 10. Februar, in London von Cannes zurückerwartet.

Sir Charles Dilke ist vom Kontinent in London an⸗ gekommen und hät seine neue amtliche Stellung als Präsident des lokalen Gemeindeverwaltungswesens angetreten.

In Westminster ist gestern eine außerordentliche Gene— ralversammlung der Kanaltunnelgesellschaft abgehalten worden, um den Entwurf einer Bill zur Vorlage an das Parlament zur Ausführung dieses Unternehmens zu berathen und zu genehmigen. Der Schatzam i s⸗Sekretär, Lord Richard Grosvenor, führte den Vorsitz und setzte die Hauptzüge des Planes auseinander, welcher, wie er glaube, am ehesten die Zustimmung des Parlaments sowie der Militär- und der sonstigen Behörden erhalten werde. Der Eingang zu dem Tunnel werde 3!“ Meilen von dem Hafendamm von Dover entfernt sein und in der Nähe von Ewell wegen dessen bequemer Verbindung mit der Chatham und Dover- und der South— Eastern-Eisenbahn angelegt werden. Die Versammlung nahm den Entn urf an und beauftragte die Direktoren mit den weiteren Schritten.

Die indische Regierung hat es entschieden abgelehnt, den neuen birmanischen Vertragsentwurf anzunehmen. Die Beziehungen mit Birma bleiben folglich im status quo, falls König Thibo nicht abermals versucht, Monopole der haupt⸗ sächlichsten Handelsartikel zu gewähren. Einem Bericht des Agenten der indischen Regierung in Rajputa na zufolge ist jüngst zu Utama in Jeypore ein Fall von 28uttué oder Wittwen verbrennung vorgekommen. Das Opfer war die Wittwe des Dorfscheichs Sßsam-Singh. Die Behörden von Jeypore schritten promẽpt ein. Die Haupt— theilnehmer an der fanatischen Handlung, die Söhne und Brüder des verstorbenen Scheichs, wurden zu je 7 Jahren ö die übrigen zu dreijähriger Gefängnißhast ver— urtheilt.

Frankreich. Paris, 2. Februar. (W. T. B.) Der Senat berieth heute den von der Kammer angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der gerichtlichen Eidesformel, und genehmigte denselben unter wesentlichen Modifikationen. Ein Amendement Humberts, wonach für je en Geschworenen, der vor der Sitzung einen bezüglichen schriftlichen Antrag stellt, die Worte „vor Gott und den Men— schen“ hinwegfallen, wurde mit 151 gegen 120 Stimmen an— genommen. Der Artikel, wonach die religibsen Embleme aus den Sitzungssaälen entfernt werden sollen, wurde abgelehnt. Der Gesetzentwurf gegen die Prätendenten wird morgen beim Senat eingebracht werden. .

Die Besserung in dem Befinden des Conseils⸗-Prä— sidenten Fallieres dauert fort; derselbe bedarf indeß noch weiterer Ruhe. Der frühere Conseils-Präsident Duclerc ist jetzt außer Gefahr. z. .

Nach einer Mittheilung des „Temps“ befindet sich der Prinz Napoleon in einem ziemlich leidenden Zustande und ist gestern in eine Heilanstalt in Auteuil gebracht worden.

Ueber die gestrige Sitzung der Deputirtenkammer sagt der Temps: dieselbe beweise, daß die Kammer die Kalt— bluͤtigkeit ganz verloren habe. Es sei zu hoffen, daß der Senat, indem er dem Votum der Kammer volle Rechnung trage, doch nicht dem Taumel sich hingeben werde, von welchem die Regierung und die Kammer ergriffen zu sein schienen. Viele andere Journale sprechen sich über das Votum der Kammer mißbilligend aus.

3. Februar. (W. T. B.) Die Bureaur des Senats werden am nächsten Montag oder nächsten Don—⸗ nerstag die Kommission zur Vorberathung der Vorlage gegen die Prätendenten wählen; die Berathung derselben im Plenum dürfte am darauf folenden Donnerstag ihren Anfang nehmen. In parlamen⸗ tarischen Kreisen nimmt man an, daß die Vorlage, wenn ihre Annahme durch den Senat erfolgen sollte, nicht ohne At— änderungen werde angenommen werden. Die Besserung im Befinden Fallieres' und Ducleres dauert fort.

Mentone, 2. Februar. (W. T. B.) Der Erbgroß— herzog und die Erbgroßherzogin von Mecklenburg—⸗ Schwerin sind gestern Abend zu längerem Aufenthalte hier eingetroffen.

Portugal. Lissabon, 27. Januar. (Pol. Corr.) In der Deputirtenkammer fand in dieser Woche die Adreß debatte statt. Sie nahm nur ein paar Si ungen in Anspruch und bestand darin, daß die verschiedenen Partei⸗ führer im Namen ihrer Anhänger ihre prinzipielle Zustim⸗

mung zu den von der Regierung angekündigten Reformen er— klärten, unter Vorbehalt der näheren Erörterung bei der Vor⸗ lage selbst. Auf eine spezielle Anfrage de Castro's, eines Führers der Progressistenpartei, nahm der Minister⸗ Präsident Fontes Pereira de Mello Anlaß, zu erklären, daß, was auch gewisse spanische und portugiefische Blätter sagen mögen, die Be⸗ ziehungen zwischen Spanien und Portugal in keiner Weise getrübt seien und die gleichzeitige Abwesenheit des spanischen Gesandten von Lissabon und des portugiesischen von Madrid durchaus nicht durch irgend eine Erkaltung der beiden Kabinette gegen einander veranlaßt worden sei. Ueberdies werde der spanische Gesandte demnächst wieder nach Lissabon zurück⸗ kehren. Auch der behauptete Konflikt mit dem Vatikan wegen der Besetzung einiger Bisthümer habe thatsächlich nicht bestanden. Von den Verhandlungen mit England wegen der Besitzungen am Congo, von denen die Thronrede gesprochen, war in der Adreßdebatte keine Rede. Inzwischen wird ge⸗ meldet, daß diese Unterhandlungen die endgültige Anerkennung der Rechte Portugals an den Ufern des Congo, auf Zaira und auf die Territorien Cabinda und Mozam bo zum Zweck haben. Als Ersatz hierfür soll das Fort San Joao ⸗de-Ajuda, die einzige noch übrige Besitzung Portugals an der Goldküste, an England abgetreten werden.

Spanien. Madrid, 2. Februar. (W. T. B.) Der Senat hat mit 112 gegen 22 Stimmen eine neue Formel für den parlamentarischen Eid angenommen, welche ge⸗ stattet, dem König Treue zu versprechen oder zu schwören.

Türkei. Konstantinopel, 2. Februar. (W. T. B.) Der türkische Botschaster in Wien, Edhem Pascha, ist hier angekommen und hat sich alsbald nach seiner Ankunft ins Palais begeben. Derselbe konferirte mit dem Minister des Acußeren, Aarifi Pascha, bei welchem er zugleich den öster— reichischen Botschafter antraf.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. Fe⸗ bruar. (W. T. B) Offiziell wird mitgetheilt, daß der Minister von Giers die Leitung des Auswärtigen Amtes wieder übernommen hat.

Amerika. Washington, 2. Februar. (W. T. B.) Der Senat beendete die Berathung der den Taback und ucker betreffenden Kapitel seiner Tarif bill und nahm eine lausel an, nach welcher der Gebrauch des Polariskops bei der Berechnung der Zuckerzölle gestattet wird. Der Senat genehmigte eine Herarsetzung der Zuckerzölle um etwa 40 Proz., wodurch eine Verminderung der Staatseinnahmen um ca. 11 Millionen entsteht.

Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 30. Januar. (Allg. Corr. Das „Diario Official“ veröffentlicht eine Depesche, derzufolge die Stadt Pi ura von einer Bande Monteneros angegriffen wurde. Der Angriff wurde jedoch zurückgeschlagen, wobei auf beiden Seiten mehrere Personen tobt auf dem Platze blieben. Die Depesche fügt hinzu, der Häuptling der Monteneros drohe den Angriff zu erneuern.

Zeitungs sftimmen.

Die „Westfälische Volkszeitung“ meldet d. d. Bochum, 28. Januar:

Im Gegensatz zu manchen Handwerkervereinen, in welchen viel geredet, aber wenig gehandelt wird, befindet sich die hiesige Schuh⸗ mackerinnurg, welche schon seit dem Jahre 1850 besteht. Die Innung schloß sich zunächst dem Provinzialverband westfaälischer Handwerksmeister an, welcher in erster Linie für obli—⸗ gatorische Innungen, verbunden mit obligatorischen Gesellen⸗ und Meisterprüfungen, eintritt. Dann wurde im ver— flossenen Jahre eine Schutz gemeinschaft errichtet, durch welche die Mitglieder sich gegenseitig vor Mißbrauch des Kredits Seitens ihrer Kunden schützen. Endlich bat die strebsame Innung seit zwei Monaten einen Robftoffverein ins Leben gerufen, welcher bezweckt, den Kollegen durch materielle Vortheile den Beitritt zur Innung wünschenswerth zu machen und die Mitglieder durch Beschaffung von gutem und preiswürdigem Material in die Lage ju etzen, das Publikum immer besser zu bedienen und es so wieder aus den Magazinen in die Wer sstätten zu ziehen. . ö

In der „Deutschen landwirthschaftlichen Presse“ wird der Brief eines in Nord-Amerika lebenden Deutschen veröffentlicht, welcher die landwirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse dasel'ost in einem bei Weitem nicht so günstigen Lichte darstellt, wie dies von anderer Seite geschehen fei. Das genannte Blatt bemerkt dazu:

Wenn es biernach scheinen könnte, daß die amerikanische Kon kurrenz in mancher Beziehung überschätzt wird, so ist doch ein Ge— sichtéyunkt durch die obigen Schilderungen nicht widerlegt und sellte auch, wie uns die Ansichten des Briefschreibers bekannt sind, gar nicht widerlegt werden. Es bleibt, besonders bei der ausgezeichneten Organisation des Transports und Handels in, den Vereinigten Staaten, immer die. Möglichkert be— stehen, daß in einzelnen Jahren, jumal bei dem Zusammen. treffen besserer Ernten dort mit schlechteren Ernten hier, durch die Spekulation große Massen von Getreide auf unseren Markt geworfen, und dadurch die Preise gerade in Jahren stark gedrückt werden, in welchen der deutsche Landwirth obnedies wenig zu verkaufen hat. So werthvoll für unsere Volkswirtbschaft die Möglichkeit eines gleichmäßigen Austausches und die Ver⸗ binderung einer ju großen Preissteigerung der unentbebrlichen Lebensmittel ist, so schädlich kann für die Landwirthschaft es werden, wenn sie plößlichen, zu starken und in den heimischen Produktionsverbältnissen, nicht motioirten Preisstürjen ars zesetzt ist. Die Landwirtbschaft bedarf mehr noch wie jede andere In— dustrie stabiler Verbältnisse ) auf ercessive Gewinne wird sie gern verzichten, wenn ihr nur Sicherheit vor Schädigung dur, ganz unberechenbare Kenjunkturen durch die autländische Konkurrenz geboten wird. Ein Getreidezoll, der die internationale Aus— , . der Ernten, soweit sie durch das wirkliche Konsumtions

edürfniß bedingt ist, nicht verbindert oder zu sehr vertheuert, wohl aber durch Erschwerung der spekulativen Ausnutzung ausnahmsweiser Konjunkturen den einbeimischen Markt stabiler gestaltet, dürfte daber um so mebr gerechtfertigt sein, als er bei schlechten einheimischen Ernten die Wirkung einer Versicherung hat.

In der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir:

Noch bis vor wenigen Jahren hatten die englischen Maschinen in allen Ländern das Uebergewicht, und an eine wirksame Konkurrenz der deutschen Fabrikate mit ibnen war nicht zu denken. Erfreulicher⸗ weise ist das in letzter Zeit anders geworden. So schreibt das deutsche Generalkonsulat zu Genua in seinem Bericht über den Handel dieser Stadt:

„Sehr anerkennenswerth sind die Fortschritte, welche die Ver⸗ wendung deutscher Maschinen in Italien gemacht hat. Im Laufe des Jahres 1881 wurde eine Sukkursale der Societa Ligure Lombarda ganz mit Braunschweiger Maschinen eingerichtet. Gbenso haben die Arbeiten der Kalker Maschinenfabrik Humboldt sich entschieden Babn gebrochen, und es scheinen sonstige Kon—⸗ kurtenzen nachgerade jurũckzuweichen. Die immer mehr sich aug

breitenden Tramwavlinien sind rorzigtweise ren deutschen Lokomotiven und besonders von denen von Kraust u. Co. in München bedient. Schon seit 15 Jahren fährt eine solche Lokomotive von hier täglich dreimal die 30 Em large Stredke nach Camoali, ohne eine Reraratur erfahren zu baben. Eine neue Dampf⸗ müble in Pegli hat die Waljenstühle und Ventilatoren eben falls aus Deutschland beiogen. In jüngster Zeit bat sich hier auch die Tendenz geltend gemacht, Dampfschiffe auf deut. schen Werften bauen zu lassen, so daß nach dieser Richtung bin sich gleichialls ein neues Feld der Thätigkeit darbietet. Da die vielfach von Italienern bewohnten La Platastaaten jetzt anfangen, im eigenen Lande industrielle Etablissemen ts, wie Müblen, Gerbereien. Brenne= reien, Zuckerraffinerien anzulegen, so haben schweizer Höuser Maschinen für dieselben geliefert. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß auch dort deuische Maichinen mitkonkurriren können.“

Der „Christliche Arbeiter“ (Bochum) enthält fol⸗ gende Warnung für Auswanderer:

Es giebt kein leichtlebigeres Velk auf der Erde, sobald es fich darum bandelt, dem angeborenen Wandertrieb zu huldigen, als unsere guten Deuischen. Wäbrend z. B. die romanischen und slavischen Völker nur im äußersten Nothfall und erst nachdem sie für ihre zukünftige Niederlassung die umfassendsten vorbereitenden Maßregeln getreffen haben, wandern, genügt dem guten leichtgläubigen Deutschen der Brief irgend eines bejablten Sa windlers oder Agenten, um ihn zur Aufgabe seiner Nationalität, zum Verlessen der Heimath, sei eg selbst unter großen Opfern, zu bewegen. Wir baben in den Nrn. J. 2, 13 von 1881, in den Nrn. 22 und 43 von 1885 des . Christl. Arbeiter ausdrücklich vor der Auswanderung nach Amerika insbesondere, soweit es die Bergarbeiter betrifft, die ebrlose ebemalige Kameraden und deutsche Agenten mit Helfersbelfern nach den ameri⸗ kanischen Minendistrikten verbandelten, gewarnt. Auf Grund ein- gehender Informationen schrieben wir z. B. in Nr 2 vom 5. Oktober 1881: .Es ist uns aus Amerika die bestimmte Nachricht geworden, man bezwecke durch die deutsche Bergmannseinwanderung nur das, die Organisation der amerikanischen Bergmannsvereine zu sprengen, um eine allgemeine Lobnherabsetzung herbeizuführen.“

Dieser woblgemeinten Warnung jum Troß oder vielleicht gerade, weil wir warnten, war eine grotze Anzahl Bergleute so leicht⸗ glä big, ferner auf den amerikanischen Leim ju geben. Wir erhielten nun am 28. Januar aus Mansfield (Staat Pennsvlvanien, datirt vom 165. Januar), folgenden interessanten Brief, der Alles bestätigt, was wir in den obenangeführten Nummern behauptet haben.

Ich möchte Sie bitten diesen Zeilen in Ibrer Zeitung Auf⸗ nahme zu gönnen. Es sind im Staate Pennsplvanien Hunderte von Arbeitern brodlos und würden solche swie Schreiber des Briefes, ein Hr. Joh. Blomberg aus Bochum, bejeugt) gerne nach Deutsch⸗ land zurückkehren, hätten sie nur das nöthbige Reisegeld. In Pittä— burg laufen Hunderte deutscher Bergleute brodlos und Verzweiflung im Herzen herum, obne Arbeit zu finden. Der Schreiber diefer Zeilen ist durch einen gewissen Bockumer, der vor einem Jabre auf Kesten seiner cmerifanischen Gewerkschaft in Bockum eintraf, an—⸗ geblich, um seine Familie zu holen, in Wabrbeit aber um einige Hundert Bergleute in die abscheulichste Arbeitsfnechtschaft zu führen, nach Amerika verlockt worden.

Anfänglich verdienten wir statt der versprochenen ——3 Dollar (S812 466) per Tag bei sebr schwerer Arbeit 14 Dollar 6 * ver Tag. Als Kostgeld sind 20 Dollar 120 ½½ per Monat ju be— zahlen; dabei müssen wir“, so schreibt unser Gewäbrsmann, „in der Woche jeweils zwei Tage feiern, weil kein Absatz in Kohlen vor— handen ist.“

Warnend erbebt unser Gewährsmann die Stimme, indem er sagt: „Alles ist überfüllt von Arbeitern, lasset Euch nicht ver⸗ führen durch bezablte Agenten. noch weniger durch Briefe, welche gewissenlose Arbeiter auf Bestellung der Agenten und Fabri⸗ kanten schreiben. Die meisten dieser Briefe sind Schwindel. Die Arbeitgeber sind nur bemüht, dumme, eselhafte Arbeiter arzulocken, um die Löhne noch mebr herunter zu drücken. Viele sind im bennfyl⸗ vanier Kohlenrevier, welche in Westfalen Haus und Hof verkauft baben, um nun so arm zu sein wie Hiob. Alle diese ebemaligen woblsituirten Arbeiter, die der gröblichste Schwindel übers Meer 1 wären glücklich, wieder in die liebe Heimaih zurückkehren jn

önnen.“

Urser Gtwährfmann im Auftrag seiner Kameraden sagt, um die ganz andere Arbeit in Amerika zu charakterisiren, weiter: ‚Wir haben in Bochum 15 Jahre als tüchtige Kohlenhauer gearbeitet, aber bier ju Lande mußten wir erst wieder lernen, Koblen zu bauen. Wenn wir mit den einbeimischen Arbeitern Schritt balten wollen, müssen wir 2—3 Stunden länger arbeiten. Ueberbaupt ist bier 16. bis Estündige Arbeitsschicht. Die Kohle ist sehr bart und in flachen Flötzen von 25 Fuß gelagert. Zum Schlusse warnt der Briefschreiber vor der Auswanderung nach Amerika über haupt und bittet, wenn einer sein Vaterland verlassen will. lieber nach den ackerbautreibenden Staaten des Westens der Union auszuwandern. Alle Verlockungen nach den Industriebezirken der Union, und machten sich selbst die angesebensten Agenten zu deren Sprachrohr, sind als Schwindel der gröblichsten Art zu bezeichnen. Darum Arbeiter, bleibet im Lande und nähret Euch redlich!

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 5. Inbalt: Allgemeine Verwaltungs sachen: Herausgabe des Handbuchs für das Deutsche Reich auf das Jabt 1883. Zoll und Steuerwesen: Be—= fugniße von Zoll und Steuerstellen. Konsulatwesen: Ernennungen; . Aufhebung eines Vize⸗Konsulats; Erequatur-Ertheilung. Statistik: Bestimmungen, betreffend die Staristik über die Eiwerbung und den Verlust der Reiche⸗ und Staatsangebörigkeit. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Ju st ij Min isterial⸗Blatt. Nr. 5. Inhalt: Erkenntniß des Reichsgerichts vom 22. September 1882.

Amtsblatt des Reichs-⸗Postamts. Nr. 5. Inbalt: Verfügungen: vom 25. Januar 1883. Postaufträge nach der Schweiz.

Armee ⸗Verordnungs⸗ Blatt. Nr. 4. Inbalt: Friedens Natural verpflegungè · Reglement. Abänderung der In⸗ struktion für die Artillerie⸗Depot Inspektionen. Anwendung Der Bezeichnung: Ingenieur Offizier vom Platz in allen Fällen. Aenderungen an den Feldgerätbs Etats für die Telegraphen-Forma⸗ tionen. Exläuterungen zu 5. 8,1 des Geldverpflegungs. Reglements für das preußische Heer im Frieden. Stallservis bei Erköhung der Ration kompetenz und gleichzeitigem Wechsel der Garnison. Abänderung einzelner Reglements in Folge Trennung der Huf⸗ beschlags⸗ und Pferdearzneigelderfond. Abänderungen von Preifen des Preistarifs Nr. 1 über Fabrikate des Feuerwerk. Laboratoriums zu Spandau. Berlin im März 1882. Ergänzung der Vor- schrift für die Instandbaltung der Waffen bei den Trurpen. Erläuterung zum X. 64 des Geldrerpflegungs Reglement für das preufische Heer im Frieden. Woblthätigkeit.

Marineverordnungsblatt. Nr. 2. Inkalt: Revision der Kassenbücher. Brünirung der Ladebuchsen. Schiffs verpfle⸗ gung. Briefadressen. Proviantprũtungskommission. Schiffe⸗

artilleriezeichnungen Kommandozulaze. Untersuchung der Wassersammler. Personalveränderungen. Benachrichtigungen. Eisenbahn-Verordnungs⸗ Blatt. Nr. 2. Inhalt:

Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 6. Januar 1883, bett Bemesfung der Lieferfristen in den Nachbar und Verbandaver⸗ kehren; vom 17. Januar 1883, betr Zahlung der Gehalts kompetenzen an entlassene Beamten; vom 17. Januar 1883, betr. Stat stik der Güterbewegung; vom 18. Januar 1883, betr. Statistik der Güter⸗ bewegung; vom 26 Januar 1853, betr. Statistik der Güterbewegung. 5 ntscheidungen der Königlichen Ober⸗Rechnungskammer. Nach⸗ richten.

Statistische Nachrichten.

Im Monat Januar 1883 wurden bei der Allgemeinen Unfall · Versicherungs Bank in Leipzig 16 Todes fãlle, 1 lebensgefãhrliche Verleßung, 9 Unfälle, die ibrer Natur nach eine gänzliche oder theilweise Invaliditãt der Beschädigten erwarten lassen, und 950 Unfälle von voraussichtlich nur votũbergebender Erwerbs unfäbigkeit der Verletzten, zusammen 76 Un fälle angemeldet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck staate« rechtliche und wirtbhbschaftspolitische Anschauungen Nach seinen Parlamentsreden und anderen öffentlichen Kundgebungen, dargestellt von Dr. Otto Kuntzemüller, Gömnasiallehrer in Spandau. Berlin, Fr. Kortkampf. Preis gebeftet 3 *, gebunden 4 Æ In der vorliegenden Arbeit ist der Versuch gemacht, die staats rechtlichen und wirtbschaftepolitischen Ansichten des Füsten von Bismarck, wie sie in seinen Parlamentsreden und anderen öffentlichen Kundgebungen zerstreut vorliegen, wie der Verfasser sagt, sine ira et studio‘ in jusammenbängender, spstemati scher Weise zur Darstellung zu kringen. Wir entnehmen dem Vorworte im der Schrift folgende Sätze: „Kein Mensch wird leugnen, daß diese Ansichten auf die Enwickelung und Gestaltung nicht blos der preußischen und deutschen, sondern der euror chen und vielleicht noch weiterer Verbältnisse von schwerwiegendstem Einfluß gewesen sind. Die Kenntniß derselben ift also für jeden, der die Geschichte der letzten jwan ig Jahre, vornehmlich die geschichtliche Entwickelung Preußens und Deutschlands in dieser Zeit versteben und begreifen will, von beher Bedeutung. Dazu kommt, daß die Beschäftigung mit der Gedankenwelt eines großen Mannes an und ür sich böchst interessant, anregend und belehrend ist. Der bohe sittliche Ernst, von welchem alle Aeußerungen des Fürsten von Bismarck getragen sind, die reine und echte Vaterlandsliebe, die sich darin ausspricht, die Pflichttreue, welche sie bezeugen, wirken erbeb end und belebend auf jeden, der vorurtbeilsfrei und unbefangen in das Verständniß Lerselben einzudringen sucht. Man mag über die Rich— tigkeit der Ansichten des Fürsten von Bismarck denken, wie man will, die Bestätigung für die Richtigkeit der Worte, die er in der Sitzung des Reichstages vom 24 Februar 1881 sprach, wird man überall darin finden: „Für mich bat immer nur ein Kompaß, ein einziger Polarstern, nach dem ich steuere, bestanden: alus publica. Ich habe von Anfang meiner Thätigkeit an vielleicht oft rasch und unbesonnen gebandelt, aber wenn ich Zeit batte, darüber nachzudenken. mich immer der Frage untergeordnet: was ist für mein Vaterland, was ist so lange ich allein in Preußen war für meine Dynastie, und heutzutage, was ist für die deutsche Nation das Nützliche, das Zweckmäßige, das Richtige? Doktrinär bin ich in meinem Leben nicht gewesen; alle Systeme, durch die die Parteien sich getrennt und gebunden fühlen, kommen für mich in zweiter Linie; in erster Linie kommt die Nation, ihre Stellung nach außen, ibre Selbständigkeit, unsere Organisation in der Weise, daß wir als große Nation in der Welt frei athmen können!“ ;

Der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zäblt nach dem letzten, vom 8. Januar d. J. datirten Quartalberichte 488 Mitglieder: eine bisber noch nicht er— teichte Zabl. 7 Müglieder verstarben im vorigen Quartal, dagegen wurden 169 neue Mitglieder aufgenommen.

Gewerbe und Handel.

Den amtlichen Mittheilungen aus den Jahresberichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten“ für das Jabr 1881 entnehmen wir über die Regierungsbezirke Aachen und Trier folgende Mittheilungen: e

Die Anzahl der dem Aufsichtsbeamten in den Regierungs— beürken Aachen und Trier zur Zeit unterstellten Fabriken und genehmigungepflichtigen gewerblichen Anlagen beläuft sich bei Ausschluß der Schlächtereien, kleineren Ziegel, Kalköfen u. a. m. auf 2763 mit 57 418 Arbeitern. 828 Anlagen des Regierungsbejirkes Aachen mit 41 201 Arbeitern, und 305 Anlagen des Regierungsbejirks Trier mit 13 303 Arbeitern, zusammen 1133 Anlagen mit 54 504 Arbeitern sind nach Umfang und Art des Be—⸗ triebes als Fabriken zu bezeichnen. Für Rechrung von Fabriken, aber nicht in den Fabrikräumen, sondern in den eigenen Wohnungen und Werkstätten werden im Regierungsbezirk Aachen außerdem noch etwa 5000 Personen beschäftigt, so daß die Fabrikindustrie dieses Bezirkes gegenwärtig über 46 000 Arbeitern (8. i. 129½ mehr als vor 2 Jab— ten) Erwerb gewäbtt. Seit Ende 1879 ist in dem Regierungsbezirk Aachen die Habl der Arbeiter in der Hüttenindustrie um 8 M, in der sonstigen Metallindustrie um 1000, in der chemischen Industrie um 135 und in der Textilindustrie um 143 c gestiegen. Die Lage der In. dustrie bat, so sagt der Bericht wörtlich, im Laufe des Berichts jabres theils eine weitere Besserung erfahren, theils sich in den im Jahre 1880 bereits erreichten erfreulicheren Verhältnissen erbalten, mit Ausnahme der Tabackindustrie, die unverändert im Rückschritt begriffen und deren Arbeiterzahl seit Ende 18798 von 1595 auf 997, d. i. um 37 0so, zurückgegangen ist. Das Vertrauen auf die Zukunft und die Lust zu industriellen Unternehmungen ist unverkennbar gewachsen. Die wirth⸗ schaftliche Lage der Arbeiter hat sich insofern erbeblich gebessert, als es an Arbeits gel genheit im Bezirke nicht mehr fehlt; auch sind die Löhne bereits hier und da namentlich für tüchtige Facharbeiter gestiegen. Eine durchgreifende Aufbesserung des immerhin im Großen und Ganzen noch nothdürftig bemessenen Verdiensles der Arbeiter ist aber erst bei weiter gesteigerter Nachfrage nach Arbeitskräften zu erwarten. Im Berichtsjahre wurden von dem Aussichts⸗ beamten 306 Rerisionen in 291 Fabrikbetrieben, und Seitens der Ortspolizeibebörden des Bezirks 1580 Fabrikrevisionen ausgeführt, und zwar im Reg. Bez. Aachen 1294, im Reg. Bez. Trier 186. Die Zahl der ig Fabriken und diesen gleichstebenden Anlagen des Be— zirks beschäftiaten Kinder ist im Jab! 1881 von 126 auf 105 zu— rückgegangen, die der jungen Leute von 5013 auf 5054 gestie—⸗ gen und zeigt sich hiernach die Gesammtzahl der jugendlichen Fabrikarbeiter, 5159, gegen das Vorjahr nur ganz unbe⸗ deutend verändert, während in den Jahren 1879 und 1880 eine erhebliche Steigerung vor sich ging. Von besonderem Interesse ist die Bewegung der Zahlen der jugendlichen Arbeiter im Regie⸗ tungsbezirk Aachen für einen längeren Zeitraum betrachtet. Es wurden in den Fabriken dieses Bezirkes beschäftigt: 1871 589 Kin der und 3211 junge Leute, zusammen 3800, 1872 582 bez. 3718 und 430, 1873 574 bez. 3955 und 4529, 1874 560 bez. 3416 und 40600. 1875 550 bez. 3468 und 4018, 1876 275 bez. 3454 und 3729, 1877 123 bez. 2327 und 2450, 1878 116 bez 2599 und 2715, 1879 123 bez. 2998 und 3121, 1880 121 be. 3346 und 35467, 1881 8 bez. 3373 und 3455. . Die Verwendung weiblicher Arbeiter ist in den Fabriken des Be⸗ iirkes eine sehr ausgedehnte. Die Anzahl derselben beträgt im Re— gierungs bezirk Aachen 12 232, oder 30 , im Regierungsbezirk Trier 1433, oder 11 ä aller beschäfligten Fabrikarbeiter. Vorzugsweise werden in der Textil.; in der Cigarren⸗, Nadel-, Papier⸗ und Thon⸗ waaren⸗-Industrie weibliche Arbeiter beschäftigt. Der Prozentsaß, den ibre Zabl von der sämmtlicher Arbeiter auzmacht, erreicht in den Städten Aachen⸗Burtscheid mit 36 6 für die Nadelfabriken, 10 0 für die Tuchfabriken und Wollspinnereien, und O (o für die Cigarrenfabriken seine größte Höhe. Seiten der Orts Polizeibehörden wurden im Laufe des Berichts- jahres 329 Meldungen über Unfälle in Fabriken erstattet, 2 weitere Unfälle zeigten die Arbeitgeber selbst an, und 7 Unfälle wurden dem Aufsichtsbeamten durch Zeitung nachrichten bekannt, jufammen 338 Unfaͤlle, von denen 301 auf den Regierungsbezirk Aachen und 37 auf den Regierungebezirk Trier entfallen. Die Meldungen aus dem letz= teren Bezirke betreffen, wie in den Vorjahren, fast durchweg nur ganz schwere Fälle. Von den 27 Verletzungen jugendlicher Arbeiter ereig⸗ neten sich: 10 in Eisenhütten, 8 in Spinnereien, 4 in Glashütten, Lin Maschinenfabriken, 1 in einer Thonwaarengfabrik. Von den

Verletzungen weiblicher Arbeiter entfallen: 21 auf Tuchfabriken and Spinnereien, 1 auf eine Thonwaarenfabrik, j auf eine Papierfabrif, 1 auf eine Buchdruckerei. Die Un⸗ älle der Arbeiterinnen waren mithin bis auf jwei Fälle

urchweg maschineller Art. Die 22 tödtlichen Verletzungen betrafen:

2. mãnnliche Arbeiter (27 erwachsen, 1 jugendlich), und 1 weiblichen Arkeiter serwachsen) Ven 11 Verleßungen mit dauernder Arbeitz⸗ unfäbigkeit im Gefolge wurden betroffen: 8 männliche Arbeiter ssämmtlich erwachsen) und 2 weibliche Arbeiter [eide im jugend⸗ lichen Alter). Der durch die 338 Unfälle verursachte Lobnverlust betrug: 28561 M für 2197 bis zum Jabresschluß ausgefallene Arbeitswochen, zu 13 * im Durchsichnitt (zie 338 Verletzten beo zen zusammen 4427 Lobn wöchentlich, und 188 00 * für den wei⸗ teren Ausfall der Lobne ron 33 Getödteten und dauernd erwerbe« urfäbig Sewordenen Gu (C0 M deranschlagt). Zusammen: 2265 551 . Die Berletzten waren bis auf 41 sämmtlich Mitalieder von Kranken⸗ kassen; dagegen waren nur 54 oder 18 gegen Unfälle aller Art ver- sichert. Unter den vorbandenen Einrichtungen zum Woble der Arbeiter keieichnet der Bericht die auf dem Eisenbüttenwerke der Gebrüder Stumm zu Neunkirchen im Regierungsbejirk Trier (äber 20MM Ar- beiter) bestebenden als ganz besonders rielseitin und Feachtenzwerth. Wir entnebmen dem Berichte darüber Folgendes Näbere: Der Knarpschaftsverein umfaßt sämmtliche Arbeiter des Reunkirchener Eisenwerks, soweit sie den Bedingungen des Statuts entfprechen. Die Einnahme des Vereins bestebt aus: a. den Beitrãgen der in fünf Klassen eingetbeilten Arbeiter, und jwar: 1) der Mitglieder der J. Klasse mit monatlich 3090 *; 3) der II. Klasie mit 240 Æ; 3) der III. Klasse mit 1.80 M; 4) der 17. Älasse mit 120 ;: 5) der jugendlichen Arbeiter mit menatlich G6 ; b. den Beiträgen der Werksbesitzer, welche die Hälfte der Beiträge zu a. entrichten; (. den Strafgeldern, einschließ⸗ lich veriallener Lohn der ohne Kündigung ausgeschiedenen Arbeiter; d. den Zinsen der Kaxitalien und Legate. Die Leiftungen erstrecken sich auf; a. Freie Kur und Arzenei für die aktiven Mit lieder, oder aber freie Verrflegung im Victoria - Hospital-Krankenbaus, fowie tbeil- weise freie Kur und Arjenei für Frauen und Kinder von Knappfchafts⸗ mitgliedern. Die verbeiratheten Vereinsmitglieder erbalten bei freier Ver flegung im Krankenbause auch Kranken geld; b. Krankenlohn, und iwar: für die Mitglieder: der J. Klasse für den Tag 1.00 66, der II. Klasse O75 ÆM.. der III. Klasse G60 M., der 1V. Klasse O50 M, für die jugendlichen Arbeiter G30 .M . Beerdigungskosten, für die Arbeiter der J. bis einschl. TV. Kasse 36 6, für die jugendlichen Arbeiter 2 Erfolgt der Tod in Folge einer Verunglückung bei der Arbeit, so zablt die Vereins- kasse die Hälfte dieser Beträge mebr. 4. Invaliden⸗Unterstützung (lebenslänglich) an die Mitglieder der vorerwähnten vier Klaffen monatlich 9 bis 3946 in neun Abstufungen, je nach dem Dienstalter, an jugendliche Arbeiter 6 für den Monat. e. Wittwen-Pensionen (lebenslänglich) von 4,50 6 bis 19,50 M monatlich in neun Ab— stufungen je nach dem Dienstalter des Mannes. Waisen ˖ Unterstützung (bis zum 14. Jahre) monatlich 150 * bis 3 M, je nach den Ver' mögensverhältnissen der Angebörigen. f. außerordentliche Unter— stützungen für Badereisen, Aufenthalt in Kliniken u f. w. Die Verwaltung des Vereins besorgt ein Vorstand, welcher durch sechs Mitglieder, von denen drei von den Werksbesitzern und drei von den Arbeitern zu wäblen sind, gebildet wird. Der Verein bestand

Ende des Jahres 1880 aus: 657 ständigen Mitgliedern, 1289 un“

ständigen Mitgliedern. 116 jugendlichen Mitgliedern, Summa 2062. Die Rechnung der Kasse für 18389 weist nach in: Einnahme: Bei⸗ träge der Arbeiter 51 72182 „, Beiträge der Werkseigentbümer 25 860,91 „, Eintritts zelder 139 AK, Heirathsgelder 251 , Zinsen 15 915,55 „6, Geldstrafen und verfallener Lohn? 5 700, 97 6, außer⸗ ordentliche Einnahmen (zorübergehend 22 282,28 M, zusammen 121 601.54 66 Ausgabe: Honorar der Aerite 3591,67 6, Medizin und Kurkosten 413422 6. Lajarethkosten 9820 51 , Kran kengelder 13 481,57 6, Begräbnißkosten 720 46, Invaliden, Pensionen 21 257.50 66, Wittwen-Pensionen 10 96550 6, Waisen« Unterstũützungen 29865 66, Verwaltung 2060,95 , außer ordentliche Unterstützungen 6535 M, sonstige Ausgaben 2322,55 4, zMusammen 7X S68,59 4, mitbin Ueberschuß 44 032,88 , Bestand am 1. Januar 1880 324 352 75., Baarvermögen Ende Dezem⸗ ber 1880 368 385,50 16 Die Kranken und Armenrflege wird von fünf Kaiserswerther Diakonissinnen ausgeübt. Unter dem Ramen Victoria Hospital bestebt ein im Jahre 1874 auf Kosten der Werks besitzer er⸗ bautes Haus für Kranke, Wittwen von Arbeitern. Waisen und In— raliden. Das Krankenhaus enthält 14 Krankenzimmer mit 34 Betten. Im Jahre 1880 wurden 308 Kranke 6877 Tage verpflegt. Das Alterversorgungshaus umfaßt 18 Wohnräume mit 25 Betten und einen Speisesaal. In dasselbe werden alte Frauen, gebrechliche Mädchen, sowie invalide, dem Hüttenarbeiterstande angehörige Männer aufgenommen; Ende 1880 waren 10 Wittwen, 3 Madchen und 2 Invaliden in demselben.

Die -Ess. Ztg. schreibt zur Lage des Eisengeschäftes: Im ersten Monate des neuen Jahres ist eine wesentliche Verände—⸗ rung in der Situation des rheinisch-westfälischen Eisengeschäfts nicht eingetreten. Im Ganzen hält die Stagnation an, und der Gang des Geschäfts bleibt schleppend. Doch wenn diese Lage bis jetzt die Preise noch nicht wesentlich gedrückt hat, so liegt das einestheils daran, daß die meisten We ke vom vorigen Herbste noch vielfach gute Abschlüsse abzuwickeln hatten; zudem aber tritt das Streben immer deutlicher hervor, gegen eine ruinirende Entwerthung mit aller Energie anzukämpfen. Von einigen Walzwerken sind in letzter Zeit bei größeren Posten sehr billige Preise gestellt worden, der Tagespreis für Stabeisen aber wird schon längere Zeit auf 136 bis 135 6 gehalten. Dieser Preis ist im Vergleiche zum Roheisen zu niedrig und läßt einen kaum nennenswerthen Gewinn. Luxemburger Roheisen wird vom Syndikat auf 57 Fr. gehalten, Qualitäts. Roh⸗ eisen kostet heute 61262 ab Hütte und zwischen diesen und den Preisen für fertige Fabrikate besteht zu Ungunsten der letzteren ein Mißverhältniß. So lange die Rohmaterialien den bisherigen festen Stand zu behaupten wissen, werden auch die fertigen Fabrikate nicht weiter sinken können, wenn dieselben nicht ohne Verdienst oder mit Verlust verschleudert werden sollen. Wenn nicht alle Anzeichen täu— schen, bereitet sich übrigens wieder eine Besserung der Lage vor. Man hört ron vielen Seiten, daß die Nachfrage in den jüngsten Tagen reger geworden ist und damit dürften auch die Preise wieder anziehen. In industriellen Kreisen blickt man mit Vertrauen in die Zukunft, da die Bahnen fortwährend große Aufträge vergeben und bis jetzt nirgends Erscheinungen hervorgetreten sind, welche die bis⸗ . Entwickelung der Eisenindustrie dauernd zu hemmen drohen

önnten.

Frankfurt a. M., 1. Februar. (Delbericht von Wirth & Co.) Nach dem sehr erregten Monat Dezember eröffnete das Jahr 1885 etwas ruhiger, und in derselben Stimmung verblieb der Petr oleum⸗ markt wäbrend des ganzen Monats Januar. Die zum Theil mit sebr großen Erwartungen begonnenen neuen Bohrungen waren nicht von außergewöhnlichem Erfolg; einige Quellen blieben ganz trocken, andere lieferten nur ein mäßiges Quantum Oel, so daß der Markt eine festere Haltung annehmen konnte und steigende Tenbenz eintrat. Mit geringen Schwankungen bewegten sich United Certificates und haben laut Kabelmeldung jetzt den Cours von 995 Cts. erreicht. Raffinirtes war in, ,. flau, aber die feste Haltung des Rohöl⸗ marktes brachte auch ihm vermehrte Nachfrage und höhere Notirung; der gegenwärtige Cours ist in New ⸗Jork 73 Cts. pr. Gallone. Für die Mineral ⸗Schmierole (Luvricating-Cils) gestaltete sich das Geschäft etwas lebbafter als im vorigen Monat. Trotz der gegen⸗ wärtig sehr hohen Oceanfrachten wurden beträchtliche Verschiffungen nach 3 vorgenommen. Die Preise richten sich nach Gravitz u. cold test.

Nürnberg, 2. Februar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held). Vom Hopfenmarkte ist nichts Neues zu berichten. Zu unverändert niedrigen Preisen wurden seit Beginn der Woche gegen 400 Ballen verkauft, die Zuführen des gleichen Zeitraumg waren unbedeutend. Für leichtere Mittelwaare jahlte man bis 350 und für bessere Mittelhopfen bis zu 370 A Die Stimmung des Marktz ist ruhig.

Wien, 3. Februar. (W. T. B.) Die Einnahmen der Karl⸗ Ludwigsbahn (gesammtes Netz) betrugen in der Zeit vom 21. bis zum 31. Januar 275 36 ergaben mithin gegen die ent et . Zeit des Vorjahres eine Mindereinnahme von 1263 Fl. Die Ein⸗

nabmen des alten Netzes betrugen in der Zeit vom 21. bis zum 31. Januar 222 484 Fl., ergaben mitbin gegen die entsrrechende Zeit des Vorjabres eine Mebreinnabme von 2629 Fl.

New⸗YJork, 2. Februar. (W. T. B) Baum wollen Wochenbericht. Zufubren in allen Unionsbäfen 169 055 B., Ausfubr nach Großbritannien 798099 B., Ausfuhr nach dem Konti- nent 2400 B., Vorrath 923 00 B.

Verkehrs⸗Anstalten.

Reval, 2. Februar. (W. T. B.) Die biesige Rbede ist bis auf vier Werst vom Hafen frei von Eis, auch Baltifchport ißt vollstãndig eisfrei.

New-⸗ Jork, 2. Februar. (B. T. B) Der Dampfer Holland von der National-⸗-Dampfschiffs⸗ Compagnie (C. Messingsche Linie) ist bier angekommen.

Sanitätswesen und QOuarautänewesen. Antlichen Nag richten zufolge sind sowohl in Amor als auch in den Häfen der Straits Settle ments die Quarantänemaß- regeln, welche dort J. 3) zur Verhütung der Einfchlexpung der Cholera gegen alle Prodenienzen von Manila bezw. Sulu angeordnet waren, inzwischen wieder aufgeboben worden.

) eonf. . R. A. Nr. 244 und 253 ron 1882.

Berlin, 3. Februar 1883.

Konsulatsberichte.

Jahresbericht aus Moskau für 1851. II. Theil. (Fortsetzung.)

Ueber die Beschaffenheit der aus Deutschland eingeführten . Kochgeschirre, deren Email nicht haltbar ist, wird vielfach geklagt. Wird nicht bessere Waare geschickt, so wird dieser Artikel in Kurzem von dem vorzüglichen französischen Fabrikat vom Markt ver— drängt sein. ; Eine Nähnadelfabrik ist im Berichtjahr zu Moskau von einem Deutschen eingerichtet worden und beschäftigt etwa 50 Arbeiter. Die älteren Fabriken Rußlands liefern nur grobe Sorten. Der Import aus Deutschland ist noch immer be— deutend.

Stahlfedern wurden eine Zeit lang etwa 2 Jahre hindurch in Moskau fabrizirt. Jetzt muß der Bedarf durch ausländisches Fabrikat gedeckt werden. Man nimmt an, daß am Import England mit 20 Proz, Frankreich mit 8 Proz. und Deutschland (Berlin) mit 2 Pro.. partizipiren.

Feilen werden seit 1379 aus Essen (Kruppsches Fabrikat) bezogen; sie sind besser und etwa 25 Proz. billiger als die englischen

. Stahlschaufeln werden seit 1880 aus Witten eingeführt; sie stehen den amerikanischen in der Qualitat gleich und sind circa 30 Proz. billiger.

Nicht unbedeutend ist auch der deutsche Import von Messingblech, das besonders zur Fabrikation der Theemaschinen (Samoware) dient. Der Konsum ist sehr bedeutend, da ein Samowar zum Standard of life gehört; eine Wirthschaft ohne Samowar ist ein Zeichen der Mittellosigkeit und Armuth. Di. Stadt Tula fabrizirt allein jährrich etwa 100 000 Dutzend dieser nützlichen Geräthschaften und konsumirt jährlich 150 000 Pud Messing.

Auch am Import von Kupfer ist Deutschland (Halber— stadt, Frankfurt a. M. und Berlin) nicht unerheblich beiheiligt.

Brillengestelle werden massenhaft angefertigt, zum größten Theil in der Umgegend von Moskau bei Klin (Hausindustrie). In Gold und Silber werden dieselben in Moskau selbst her— gestellt. Es giebt in Moskau etwa 2 bis 3 größere Etablisse— ments, welche sich nur der Anfertigung von Brillengestellen, k und Pincenez (in Gold, Silber und Schildpatt)j widmen.

Brillengläser. Dieselben werden in Rußland nicht fabri⸗ zirt, sondern ausschließlich aus dem Auslande namentlich Paris und Rathenow importirt. Hiesige Sachkundige geben dem Rathenower Fabrikat den Vorzug.

; Mikroskope und Fernrohre werden aus dem Auslande ezogen.

Die besten Mikrostope gelangen aus Deutschland (Berlin, Potsdam und Jena) hierher. Fernrohre werden meist aus Paris importirt, ebenso wie Theaterperspektive. Letztere werden auch in Rußland und zwar in St. Petersburg erzeugt. z Für Loupen und Lesegläser ist der Haupibezugsort

aris.

Thermometer, Aräometer und Barometer werden schon seit Jahren in Moskau fabrizirt. Billige Sorten werden massenhaft auf dem Lande in den Gouvernements Moskau und Twer (Hausindustrie) hergestellt. Außerdem wird noch ein bedeutender Theil aus dem Auslande importirt, nament— lich, in besseren Qualitäten. Metallbarometer gelangen aus⸗ el lic aus dem Auslande (Paris, Hamburg und Berlin) ierher.

Zirkel und Reißzeuge werden theils in Moskau, theils bei und in Serpuchoff (Hausindustrie) hergestellt. Die feineren Sorten werden jedoch aus Deutschland (Nürnberg, Ehemnitz u. s. w.), der Schweiz und Paris eingeführt.

Meßtische und Ästrolabien werden in Moskau in einer für den Bedarf genügenden Menge angefertigt.

Wasserwgagen werden theils in Moskau fabrizirt, theils aus dem Auslande (Condon, Birmingham, Berlin und Leipzig) eingeführt.

Maßstäbe und Bandmaße werden meistentheils aus Deutschland und England importirt. Das deutsche Fabrikat verdrängt das englische mehr und mehr.

Meßketten werden theils in Moskau, theils auf dem Lande (Hausindustrie) angefertigt. Ein geringer Theil wird aus England bezogen.

Nicht unbeträchtlich ist der Import von Instrumenten, Utensilien, Chemikalien 2c. für Photographen, Holzrahmen werden aber in Moskau und Umaegend bereits vorzüglich und äußerst billig (Hhausindustrie) hergestellt. Eine besondere Art wird zur Einrahmung von Heiligenbildern verwendet und in kolossaler Menge produzirt.

Rechenbretter, die den Russen unentbehrlich sind, werden ebenfalls massenhaft hier gmeist Hausindustrie) erzeugt.

Für den Bedarf an Hartgummiartikeln ist Rußland noch gänzlich auf das Ausland angewiesen. Beim Import kon kurriren außer Deutschland (Nannheim, Hannover und Harburg) auch Oesterreich (Wien). Moskau allein konsumirt jahrlich für 4 - 500 000 M

Was Lederwaaren (Portemonnaies, Brieftaschen, Notiz⸗

Warschau und St. Petersburg Fabriken entstanden sind. Die⸗

bücher) betrifft, so nimmt der . neuerdings ab, da in selben prosperiren jedoch nicht besonders. Für bessere Waare