näher stehe, und die Vergangenheit der Vorlage kenne. Wenn man sehe mit wie leichter Mühe in wenigen Wochen das erreicht worden, weshalb jahrelang Differenzen mit der Re— gierung bestanden hätten, so müsse man sich doch fragen, warum sei die Regierung nicht schon im vorigen Jahre mit einer solchen Vorlage gekommen. Dann wäre die Rede des Reichskanzlers im Juni nicht nöthig gewesen, in welcher der⸗ selbe die Linke vor Deutschland, ja er möchte sagen vor ganz Europa als herzlose Menschen hingestellt habe, die kein Mit' leid für die von Steuerexekutionen Heimgesuchten hätten. Nun habe man mit einem Male eine Verminderung der Exekutionen um S5 Proz; seiner Partei sei es sehr schmerz⸗ lich, daß das erst heute geschehen sei, schon voriges Jahr habe man dieselben Mittel gehabt, und auch dieselbe Majorität hätte sich gefunden. Man finde eine Erklärung nur darin, daß der Entwurf mit den großen Plänen des Reich⸗ kanzlers zusammenhänge, die jetzt ja bedeutend zusammen ge— sunken se en. Wenn die Regierung innerhalb der Schranken durchführbarer Maßregeln bleibe, werde sie immer Major täten finden. Der Abg. von Hammerstein halte die Regse— rungsvorlage für einen „großartigen Plan“, in sozialpolstischer Beziehung wiederspreche dieser Plan allen preußischen Trahi— tionen. Niemals habe man in Preußen die nothwendigsten Lebengmittel hesteuert! Friedrich der Große habe auf Luxus⸗ gegenstände Steuern gelegt, niemals auf nothwendige Lebens— mittel — derselbe habe sich den Anwalt des armen Mannes genannt. Man könne das in dem Schulbuch von Hahn lesen. Zudem wirkten doch schon die anderen indirekten Steuern hauptsächlich nach unten hin. In keinem civilisirten Staat lege man Steuern auf die nothwendigsten Lebensmittel. Auch Professor Wagner halte in seinen Werken diese Art der Steuer⸗ politik nicht von sozialpolitischer Bedeutung. Sei denn der von der Kommission beantragte Erlaß wirklich eine „kleine Maßregel?“ Die dazu geforderte Summe sei doch wahrlich nicht so gering gegenüber dem Veranlagungssoll und die Herren, die die neue Wirthschaftspolitik unterstützt haben, haben kein Recht, sich zum Anwalt der ärmeren Klassen aufzuwerfen. Sie haben sich gegen eine Veröffentlichung der Listen für die Einkommen- steuer gesträubt; wenn eine solche, namentlich auf dem Lande, stattfinde, so würde mancher klein werden, der jetzt groß spreche, und stärkere Heranziehung der höheren Stufen verlange. Be— seitige man die Art der Einschätzung, die gegenwärtig miserabel sei, und man werde mehr gewinnen, als durch mechanische Zuschläge. Die Einschätzung müsse durch Beamte geschehen, welche von den politischen Ressorts unabhängig seien; jetzt diene die Steuerschraube als politisches Instrument. Hierauf werde man bei der bevorstehenden Reform in erster Linie Rücksicht zu nehmen haben. Weshalb wolle die Rechte jetzt eine provisorische Maßregel, da eine Aenderung des ganzen Gesetzes bevorstehe? Er freue sich über die Uebereinstimmung über Mittel und Ziele dieser Reform, welche hier auf den ver— schiedenen Seiten bestehe. Die Aenderungen, die die Kommission gemacht habe, seien wohl auch schon in der Generaldebatte an— geregt worden, die Abgg. von Bennigsen und von Schorlemer hätten sich schon damals für Beschränkang des Erlasses auf zwei Klassen ausgesprochen. Wenn der Abg. von Rauchhaupt der Linken in der Generaldebatte das Festhalten an dem Systeme der Klassensteuer vorgeworfen habe, so erinnere er daran, daß der Abg., von Rauchhaupt selbst unter dem Minister Camphausen ein begeisterter Anhänger dieser Steuer ge⸗ wesen sei. Denke die Rechte nur an die Vergangenheit, und sei sie in ihrem Urtheil etwas bescheidener. Ein Hinüber⸗ greifen in die 3. Stufe werde nicht nöthig sein, die beiden unteren Stufen umfaßten die ganze Arbeiterbevölkerung, und in der ganzen 3. Klasse befänden sich überhaupt! nur 342 000 Censiten. In vier Probinzen, Pommern, Ost- und Westpreußen und Posen fänden sich' nur 58 000, ganz Westfalen habe dagegen nur 28 000 Censiten zur 3. Klasse. Was den Exekutor betreffe, so verdiene der— selbe eigentlich eine besondere Behandiung. Schon im Reichstage habe er hervorgehoben, daß die Exekutions⸗ zahlen sehr ungleichmäßig vertheilt seien. Die großen Zahlen in Bausch und Bogen bewiesen wenig. (Redner führte aus den der Kommission zur Verfügung gestellten Akten Beispiele an, aus denen hervorgehe, daß in einzelnen Regie⸗ rungsbezirken, auch den ärmeren, namentlich auf dem Lande verschwindend wenige Exekutionen vorgekommen seien.) Die ausführenden Behörden hätten eben fehr viel in der Hand. Die verschiedenartige Handhabung bei der Einziehung bringe so verschiedenartige Resultate hervor. Indeß, man werde ja jetzt den Exekutor beseitigen, die Sache habe also nicht mehr so viel Interesse. Nicht allein der Exekutor selbst, sondern auch die vielen Scherereien und Kosten, die die Erhebung der Steuer der untersten Stufen verursache, sei für seine Partei ein Grund für die Aufhebung. Der Abg. von Rauchhaupt habe bei der ersten Lesung der Linken für die vielen Exeku⸗ tionen die Verantwortung zugeschoben, weil sie die Mahl⸗ und Schlachtsteuer aufgehoben habe. Gegen eine derartige falsche Darstellung müsse er Protest erheben. Die Aufhebung dieser Steuern sei in dem bekannten Breslauer Programm der Agrarpartei an die Spitze gestellt im Namen der Gerech⸗ tigkeit für die Landwirthschaft. Mitantragsteller sei 1872 der Abg. Elsner von Gronow gewesen, der Führer der damaligen Agrarpartei. Hier im Hause habe Namens der Kon servativen 1872 der Abg. Holtz für die Aufhebung der Mahl- und Schlacht⸗ steuer gesprochen im Interesse der Landeskultur, des land— wirthschaftlichen Gewerbes und der Moral. Jetzt mache es sich der Abg. von Rauchhaupt sehr bequem, wenn derselbe der Linken allein die Verantwortung zuschiebe. So könne es sehr leicht denen gehen, die sich für die jetzigen Forderungen der Agrarpartei ins Zeug legen. Nach 10 Jahren werde man sie wahrscheinlich auch desavouiren und von den heutigen For⸗ derungen — wie z. B. Bimetallismus, der jetzt in den Bauer— vereinen betrieben werde — nichts mehr wiffen wollen. Er freue sich, daß der Finanz-Minister heute das zukünftige Streit⸗ gebiet eng begrenzt habe. Nur die Frage der 3. und 4. Stufe solle offen bleiben, nur auf diesem engeren Gebiete werde man zu kämpfen haben; er freue sich, daß die Regierung zu einer rationellen Reform der übrig bleibenden direkten Steuer in loyaler Weise bereit sein wolle. Er sei überzeugt, es werde sich herausstellen, daß die Befreiung der beiden untersten Stufen sich wohl rechtfertigen lasse, daß aber die gänzliche Befreiung der weiteren Stufen ein politischer Fehler wäre, der viel Unzufriedenheit hervorrufen würde. Der Meinung des Abg. von Hammerstein, daß Steuerfragen Machtfragen für die einzelnen sozialen Klassen seien, je nachdem sie im Befitz des Einflusses seien, möchte er entschieden entgegentreten. Nach den alten preußischen Traditionen wenigstens sollten sie es nicht sein. Im absoluten Staat hätten die Könige dafür ge— sorgt, daß die Sonderinteressen auf dem wirthschaftlichen und
Steuergebiete in Schranken gehalten würden und mit siarker H nd das allgemeine Wohl und Interesse gewahrt sei, er hoffe, daß das konstitutionelle Preußen jene Traditionen erhalien und das allgemeine Interesse hochhalten werde. Diese Steuer— srage solle nicht nur keine Machtsrage, sondern auch keine Parteifrage sein. Alle Parteien hätten mit der Regierung das Interesse, das Pflichtbewußtsein der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, welches verlange. daß der Einzelne zu den Lasten des Staates beitrage. Wenn das Haus, wie er hoffe, mit Einmüthigkeit sein Votum für die Kommissionsvorlage ab—⸗ gebe, so werde dies eine Mahnung im Interesse des bewähr⸗ ten direkten Steuersystems sein, welches seine Wirkung sicher⸗ lich nicht verfehlen werde.
Der Abg. Büchtemann erklärte, trotz einiger Bedenken werde die Fortschrittspartei für den 8. 1 der Vorlage stimmen. Einmal müsse seine Partei anerkennen, daß den durch die in⸗ direkte Steuer bedrückten Klassen eine Erleichterung in der Klassensteuer gewährt werden müsse, andererseits wolle seine Partei mit den übrigen Parteien einen gemeinsamen Boden schaffen, um der weiteren Abbröckelung des direkten Steuer— systems vorzubeugen. Zwingende Gründe für die Aufhebung der dritten und vierten Klassensteuerstufe seien auch in der Kommission nicht vorgebracht worden. Von 181 619 Censiten des platten Landes in der dritten Klasse seien im Ganzen nur S100, darunter 891 fruchtlos, gepfändet worden. Im Re— gierungsbezirk Köslin seien nur 6 Exekutionen und zwar fruchtlos vollstreckt worden. Im Regierungsbezirk Magdeburg Exekutionen, und nur einige Regierungsbezirke, wie Arnz—⸗ berg und Düsseldorf, ergeben eine größere Zahl der Psändungen. Die Arbeiter stehen, abgesehen von wenigen durch besondere Qualifikation ausgezeichneien Arbeitern, seien in der 1. und 2. Klasse, so daß dieselbe den natürlichen Abschluß für die Steuer— befreiung bilde. Der Abg. von Hammerstein fordere die Auf⸗ hebung der dritten und vierten Stufe aus allgemeinen Gründen, und wolle den Ausfall, der dadurch entstehen würde, durch Zuschläge zur Einkommensteuer decken, dieser Vorschlag sei unannehmbar, weil die jetzige Einschätzung eine ungerechte sei, und diese Ungerechtigkeit durch die Zuschläge der Kommunalsteuer bei der Erhöhung der Einheitssätze unerträg— lich werden würde. Die Aufhebung der dritten und vierten Stufe sei auch darum bedenklich, weil die Kommunen sich nothwendig an das Staatssteuersystem anschließen müßten, und die Aufhebung von vier Stufen einen fo großen Ausfall für die Kommunen zur Folge haben würde, daß sie denselben anderweit nicht würden decken können. Das wesentlichste Be— denken gegen die Vorlage liege darin, daß die Klassensteuer— stufen 3 bis 12 und die 1. bis 5. Einkommensteuerstufe stärker belastet werden sollten, als sie es jetzt in Folge der Erlasse seien. Diese Klassen verdienten volle Berücksichtigung, und werden bei der definitiven Ordnung des Steuersystems er— leichtert werden müssen. Nöthig sei es nicht, mit der Vorlage die Kontingentirung der Klassensteuer aufzuheben. Er werde beantragen, sie wieder einzuführen. Die stärkere Belastung der Einkommensteuerpflichtigen durch die Vorlage werde er dadurch zu mildern suchen, daß er beantragen werde, auch bei der dritten, vierten und fünften Stufe die wirth— schaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu berücksichti— gen. Die Vorlage bilde in jedem Fall nur ein Pro— visorium. Dieser Charakter werde ihr durch die Resolution nicht genommen, welche dadurch erheblich an Werth verliere, daß sie unbestimmten Inhalts sei, und jede Partei sich unter den Vorschlägen derselben etwas anders denke, wie die Be— rathungen in der Kommission ergeben haben. Seine Partei werde daher den Weg der Resolution nicht mit betreten. Seine Partei halte es für irrig, die soziale Frage auf dem Wege zu lösen, den der Abg. von Hammerstein vorschlage. Seine Partei wünsche vielmehr, daß konkrete, greifbare Vor— schläge, welche finanziell durchführbar seien, gemacht würden und werde in diesem Sinne für die Vorlage slimmen.
Der Abg. von Vennigsen bemerkte, in einer Frage, in welcher die Meinungen zwischen Regierung und Landtag und unter den Parteien außerordentlich weit auseinander gegangen seien, habe sich eine unerwartet große Uebereinstimmung ge— zeigt, und sei wenigstens ein sehr breiter gemeinsamer Boden für die Verbesserung der Personalsteuergesetzgebung gefunden worden, wenn auch das relativ Bessere für die Regierung und die Parteien nicht zu erreichen sei. Unter diesen Um⸗ ständen widerstrebe es ihm auch vollständig, der Regierung wegen eines abweichenden Verhaltens in früheren Jahren Vorwürfe zu machen, oder anderen Parteien geg-nüber über das, was sie bei Wahlagitationen oder bei der Gesetzgehung abweichend von seinen Wünschen hier erstrebt haben, Rekriminationen anzustellen. Auch der Abg. von Hammerstein bringe ihn nicht dazu, von diesem Verfahren abzugehen. Möge derselbe ihm es nicht übel nehmen, aber er habe den Antrag wie die Rede des Abg. von Hammerstein lediglich als einen Rückzug angesehen, und man solle dem Feinde, der sich zurückziehe, eine goldene Brücke bauen. Die Frage, welche das Haus in dem 8. 1J speziell beschäftige, sei die: in wie weit und mit welchen Mitteln könne man mehrere der unteren Klassen vollständig frei lassen? Das Mittel der Licenzsteuer scheide aus, sie sei ja abgelehnt. Man habe also in der Kommission als Mittel zur Deckung fur die Frei⸗ lassung der beiden unteren Klassen und eine Erleichterung der folgenden Klassen auf die früheren Erlosse zurückgewiesen. Die Regierung habe das acceptirt. Sie habe die Freilassung der vier untersten Stufen für wünschenswerth gehalten und habe sich vorbehalten, für den Fall, daß etwa nur zwei frei— gelassen werden sollten, auf die Freilassung der 5. und 4. Klasse zurückzukommen. Er habe in der Generaldiskussion — das bemerke er dem Abg. von Hammerstein — sich nicht für Freilassung von vier Klassen erklärt, er habe sich nur für eine wesentliche Erleichterung der 4. und 3. Klasse aus— gesprochen, um dadurch die Mittel zu haben, die folgenden Klassen zu erleichtern. Er habe, gestützt auf die Nachrichten aus dem Lande, hervorgehoben, daß es namentlich für die Gemeindebesteuerung der armen Bezirke kaum erträglich wäre, die dritte und vierte Stafe freizulassen und damit eine Basis für die Heranziehung zur Personalsteuer namentlich auf dem platten Lande aufzugeben. Er habe ferner gesagt — und das sei gewiß für den Standpunkt der Konservativen nicht ohne Bedeutung — daß, wenn über die vierte Klasse hinaus Censiten in großer Zahl nicht mehr vorhanden seien, man das ganze Kommunalbesteuerungswesen in diesen Orten auf die Grund- und Gebäudesteuer legen müßte und nicht wie vorher auf die Gewerbesteuer. Eine weitere Erwägung auch für die zukünftige Gesetzgebung sei die, ob es gerathen sei, mehr als zwei Klassen vollständig freizulassen. Er habe in den letzten Wochen in dieser Hinsicht Material bekommen, welches ihm sehr bedenklich erscheinen lasse, über die Grenze
von 9909 M hinauszugehen. Abgesehern am Niederrhein und in Westfalen sei
Monarchie die arbeitende Bevölkerung freigelassen. Daneben sei die finanzielle Seite nicht ohne Bedeutung. Er sehe die jetzige Finanzlage nicht so günstig an, wie manche Abgeordnete auf der linken * Seite Er sei überzeugt, daß man noch für eine lange Reihe von Jahren größere Mittel gebrauchen werde, als sie jetzt zur Ver⸗ sügung stehen, namentlich für die Erleichterung der Kommunen und die Umgestaltung des Schulwesens. Auch fonst können viel wichtige und nützliche Ausgaben bei der jetzigen Finanz⸗ lage nicht in den Etat aufgenommen werden. Man werde also für etwaige vom Reich an Preußen abgeführte Summen in den nächsten Jahren angemessene Verwendung haben. Bei dieser Finanzlage haben alle Parteien, Staatsregierung und Landtag, ein dringendes Interesse dabei, daß das direkte Steuerfystem, speziell die Personalsteuer, nicht weiter alterirt wurde. Durch die Annahme des Antrags Hammerstein werde die Ungleichheit in der Veranlagung der Steuern nur noch erhöht werden. Wenn man die Erleichterung der Kommunal= lasten für dringend nothwendig und diese Lasten selbst für einen Nothstand halte, so begreife er nicht, wie man die Un— gerechtigkeit durch die Erhöhung einzelner Stufen noch ver— mehren könne,. Die Annahme der von der Kom— mission vorgeschlagenen Resolution sei von Werth, vorausgesetzt, daß das Haus über den Inhalt derselben im Wesentlichsten einig sei, weil es damit beflimmter noch als mit dem jetzigen Steuergesetz, welches nur einen proviso⸗ rischen Charakter habe, ausspreche, daß die Persfonalsteuer im Großen und Ganzen beibehalten, aber in sich reformirt werden solle. Die Regierung werde gewiß diesen Beschluß berück— sichtigen. Mit dieser Deklaration, gefaßt durch eine große Majorität dieses Hauses sei ein sicherer Ausgangspunkt für die Umgestaltung der Personalbesteuerung gewonnen. Wenn man die Gereiztheit der Verhandlungen über die steuerpoliti—⸗ schen Fragen in den letzten Jahren, und demgegenüber den mit großer Mehrheit gefaßten Beschluͤß des Hauses, und die entgegenkommenden Erklärungen der Regierung berücksichtige, so könne man wirklich sagen, daß im Staat Preußen seit Jahren ein so günstiges Resultat kaum mehr möglich erschie⸗ nen sei, daß unter einer sehr gereizten Strömung zwischen dem Landtage und der Regierung und den einzelnen Parteien der gesunde Menschenverstand und die patriotische Einsicht den Sieg über das Parteiwesen davontragen würde. Er bitte, den Antrag von Hammerstein abzulehnen, den Kommissionz— beschluß aber anzunehmen.
Der Abg. Br. Windthorst betonte, daß er beim Beginn der Kommissionsberathungen erklärt habe, daß Alles, was er dort gesagt habe, nur für seine Person gelten solle, und keinen Anderen binde. Seine politischen Freunde hätten schon vor der ersten Lesung ihre Stellung zur Sache in der Weise ge— nommen, wie sie der Abg. von Schorlemer als erster Redner in der Generaldebatte hier präzisirt habe; es sei erfreulich und ehrenvoll für das Centrum, daß dieses sein Programm, zu welchem seine Partei noch jetzt wohl einstimmig stehe, allge⸗ meineren Beifall gefunden habe, und schließlich die Grundlage für die Kommissionsbeschlüsse geworden sei. Etwas Voll— kommenes habe das Centrum nicht gemacht, aber das unter den gegebenen Verhältnissen Erreichbare orone das Haus in zweckmäßiger Weise, wenn es die Kommissionsbeschlüsse an⸗ nehme; diese Annahme werde mit großer Mehrheit erfolgen nach der Erklärung des Ministers, daß die Regierung, wenn⸗ gleich sie natürlich eine Annahme ihrer Vorschläge Ueber ge⸗ sehen hätte, doch das Gegebene acceptire, weil dadurch so viele Personen von drückenden Steuern befreit würden; das Resultat der Kommissionsberathung sei sehr wich⸗ tig wegen des materiellen Vortheils der erleichterten Steuerzahler, und weil es politisch von Bedeutung sei, die Klassen zu erleichtern, die ohnedies den Ver— führungen der Sozialdemokratie sehr ausgesetzt seien. Dann sei für seine Freunde noch der Grund maßgebend gewesen, daß das Haus auf diese Weise das bei der Einfuͤhrung der in direlten Steuern vom Centrum gegebene Versprechen, einen Erlaß an direkten Steuern für die unbemittelteren Klassen herbeizuführen, einlösen wolle. Den ersten Anstoß in dieser Richtung habe das Centrum gegeben, noch bevor es der Reichs⸗ kanzler gethan habe, der jedoch den Gedanken energisch gefördert habe. Gern hätte er auch die dritte Steuerstufe aufgehoben, wenn die Mittel dazu vorhanden gewesen wären, auch eine Aufhebung der vierten Steuerstufe wäre ihm unter Umfländen erwünscht, doch sei ihm nach der ersten Lefung aus dem Lande und besonders aus den betreffenden Kreisen der Bevölkerung Briefe zugegangen, die dagegen Bedenken erheben. Der Abg. von Hammerstein wolle die Mittel zu weiteren Steuererleichte— rungen durch prozentuale Zuschläge zur Einkommensteuer in den höheren Steuerstufen gewinnen; an sich sei das ein Mittel, wie man es dem Krispin und den Krispinianern nach— sage, der aus fremder Leute Leder den Armen Schuhe ge⸗ macht haben solle; man habe dem Krispin dies Verfahren auch nur nachgesagt, in Wahrheit sei derselbe ein eifriger Beförderer der Armenpflege gewesen. Die Methode des Abg. von Hammerstein sei nicht richtig, und der so erreichte Nutzen wiege nicht die für die Antragsteller sehr bedenklichen Konsequenzen eines solchen Vorgehens auf. Bei einer Reform der Einkommensteuer müsse man das volle Einkommen treffen, es müsse also auch das volle Einkommen eruirt werden; man müsse auch die Leute mit höherem Einkommen höher besteuern, als es jetzt geschehe. Das müsse aber in organischer Weise vorgenommen werden, nicht aber durch den Mechanismus des Zuschlages zu einer jetzt offenbar verkehrt gemachten Veranlagung der Ein⸗ kommensteuer, wo nur die offen liegenden Vermögen getroffen würden. Nach dem jetzigen Steuersystem zahle der Grund⸗ besitzer Grundsteuer und außerdem Einkommensteuer, sein Ein⸗ kommen werde also doppelt besteuert; durch den Vorschlag des Abg. von Hammerstein werde aber diese drückende Steuer um noch 25 Prozent drückender. Das gegenwärtige Gesetz werde bei der Einführung der organischen Steuerreform verschwin⸗ den, wie schon jetzt die einjährigen Steuererlasse verschwunden seien. Also aus den schon vom Minister und dem Vorredner ausgeführten Gründen könne auch seine Partei dem Antrage von Hammerstein nicht beitreten, wenn das Centrum auch im Prinzip für eine höhere Besteuerung der größeren Vermögen sei; die Methode des Abg. von Hammerstein sei zu leicht und könne zu unangenehmen Weiterführungen derselben reizen. Er bitte also, wenn möglichst einstimmig, für die Kommissions⸗ beschlüsse einzutreten; je mehr dafür seien, um so sicherer und rascher könne man auf die vom Minister versprochene und in der beantragten Resolution geforderte organische Steuer⸗ reform rechnen.
Die Diskussion wurde geschlossen.
von einigen Bezirken damit in der ganzen
Abg. Windthorst habe seinen Vorschlag mit dem Verfahren des J. Crispin verglichen; erstens werde der Abg. Windthorst sich
Persönlich bemerkte der Abg. Frhr. von Hammerstein der
innern, daß dieser für das Verfahren, das derselbe befolgt habe, heilig gesprochen sei; außerdem bestehe zwischen jenem und ihm der große Unterschied, daß der h. Crispin die Mittel, durch die derselbe den Armen habe helfen wollen, Anderen nommen habe, während er die Mittel der Aermeren zum größten Theil aus dem eigenen Vermögen nehmen wolle.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, der Abg. von Hammer⸗ stein scheine vorauszusetzen, daß Alle, die hier gegen seinen Antrag stimmen wollten, zur zweiten Steuerklasse gehörten; er glaube aber, daß in den Kreisen, die mit ihm stimmen, Leute vertreten seien, von denen ein eben so reiches Maß von Steuern eingehe, wie von den Freunden des Abg. von hammerstein. . ͤ
Der Abg. von Rauchhaupt replizirte dem Abg. Nickert, daß seine jetzige Ansicht über Steuerreform mit der früheren nicht im Widerspruch stehe, sondern nur den durch die Zoll— politik des Reiches veränderten Thatsachen „Rmispreche. n
Der Referent Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch bemerkte im Schlußwort, daß die Kommission den Antrag von Hammerstein nicht, wie dieser meine, wegen der unsicheren Teranlagung der Einkommensteuer abgelehnt habe, sondern weil sie das hier neue Prinzip der prozentualen Zuschlaäge nicht so gelegentlich habe einführen wollen.
Der Antrag von Hammerstein wurde abgelehnt, 8§. J da— gegen fast einstimmig nach dem Kommissionsvorschlage ange— nommen.
; Die Abgg. Büchtemann und Gen. beantragten folgen— den §. 12.: 3 vas Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Hinter 5. 1 folgenden 8. 1a. einzuschalten: „Die Bestimmung des 5. 20 al. 2 des Gesetzes vom 25. Mai 1573 findet auf die erste bis einschließlich fünfte Stufe der Ein⸗ kemmensteuer Anwendung.“
Nach diesem 8. 20 sollen die zur ersten und zweiten Stufe der Einkommensteuer veranlagten Personen, wenn ihre Leistungsfähigleit durch Krankheit, starke Familie ꝛc. besonders beeinträchtigt ist, eine Stufe niedriger steuern, als sie ver— anlagt sind, also in der 12. Klassensteuer⸗ resp. 1. Einkommen- leuerstufe. . , ̃ . Abg. Büchtemann motivirte seinen Antrag damit, daß derselbe nur eine nothwendige Konsequenz der eben ge— faßten Beschlüsse sei. Auch finanziell sei nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz vom 25. Mai 1873, speziell dessen 820 nicht zu befürchten, daß sein Antrag zu erheblichen Steuerausfällen führen werde; die Annahme des Antrages sei um so nothwenviger, als man nicht wissen lönne, wie lange das Interimistikum bis zu der in der Resolution geforderten Steuerreform dauern werde. .
Der Regierungskommissar General-Direktor, der direkten Steuern Burghart gab dem Bedauern des Finanz-Ministers Scholz darüber Ausdruck, daß letzterer durch eine schon vor der Fest— sielung der heutigen Tagesordnung festgesetzte, und nicht mehr abzusagende Bundegrathssitzung eine Zeit lang gehindert sei, den Debatten des Abgeordnetenhauses beizuwohnen, er drücke im Namen des Ministers die Zustimmung der Regierung zum Antrag Büchtemann aus.
gc, auch der Referent Ahg. Frhr. von Zedlitz und Neu⸗ lich konstatirt hatte, daß dieser Antrag im Sinne der Kom— missionsbeschlüsse gehalten, und als Konsequenz derselben auf— zufassen sei, wurde der Antrag Büchtemann angenommen.
8. 2 lautet nach den Beschlüssen der Kommission:
§. 6 des Gesetzes vom . (Gesetz · Samml. S. 213), 53. 5 des Gesetz vom 25. Mai 1873 (Gesetz Samml. S. 222), 9 Absatz 4 Fes Gesetzes vom 23. Juni 1876 Gesetz · Samml. S. 19), sowie das Gesetz vom 10. März 1881 (Gesetz⸗Samml. S. 126) werden aufgehoben.
Hierzu hatten die Abgg. Dirichlet, Büchtemann und Ge—
nossen folgenden Antrag gestellt: ö Das Haus der Abgeordneten wolle bschließen: 2, wie folgt zu fassen: ; .
. Das Geset vom 10. März 1881 (Gesetz⸗Samml. S. 126) wird aufgehoben. ; ⸗ .
8 des S§. 5 des Gesetzes vom. 25. Mai 1873 (Gesetz Samml. S. 223) beziehungsweise 8. 9 Alineg 4 des Ge— setzes vom 23. Juni 1575. (GesetzSamml. S. 172) wird der Jahresbetrag der Solleinnahme der Klassensteuer auf 47 840 000 . erhöht. J
ze der Berechnung des Jahresbetrags gemäß 8. 6 des Ge—
sekes vom 25. Mai 1873 ist auch die nach 8. 3 dieses Gesetz zur
Veranlagung gelangende Solleinnahme der zwei untersten Stufen der
Klassensteuer in Ansatz zu bringen.
daß dieser Antrag schon in der Kommission mit erheblicher Majorität abgelehnt sei. . ; Der Abg. Dirichlet befürwortete seinen Antrag; die Auf⸗ hebung der Kontingentirung sei erst aus der Initiative der Kommission hervorgegangen, und zwar weil die Summe von 40 900 6 zur Deckung des Ausfalles der zwei unteren Älassen gebraucht würde. Sein Antrag wolle nun diese zur Deckung nöthige Summe nicht verweigern, sondern nur das Prinzip der Kontingentirung wahren, sein Antrag wolle die 40 000 M zur Kontingentssumme hinzuschlagen. Es liege in dem Gesetze, das das Haus jetzt beschäftige, gar keine Ver⸗ anlassung, der prinzipiell so wichtigen Frage der Kontingenti— rung zu präjudiziren, um so weniger, als von allen Nednern, auch vom Minister, der provisorische Charakter dieses Gesetzes betont worden sei. Es sei dem Hause mit ziemlicher Be— stimmtheit die organische Reform der diretten Steuern in Aussicht gestellt worden, ähnliche Ankündigungen seien aber schon oft erfolgt, und von dem, der allein die lente Enischeidung habe, liege keine Erklärung vor, vom Reichskanzler wisse man nur, daß derselbe wiederholt die völlige Abschaffung der direkten Personalsteuern als sein Ideal angekündigt habe. Der Finanz-Minister habe auch heute noch gesagt, die Negierung halte an der Idee der Aufbebung der dritten und vierten Stufe fest. Es liege also für die Re— gierung die Versuchung nahe, die Zustände in der dritten und vierten Klasse in recht grellen Farben darzustellen, um die Aufhebung zu motiviren. Er möchte diese Versuchung für die Regierung nicht durch Aufhebung der Kontingentirung ver— mehren. Es sei vorhin der heilige Krispin erwähnt; er fürchte, daß nach Aufhebung der Kontingentirung die Schuhe, die das Haus den Censiten der ersten und zweiten Klasse schenke, aus dem Leder der Steuerpflichtigen der nächsten Klassen geschnitten werden könnten. Gerade wer, wie die Konservativen, auch die dritte und vierte Stufe erleichtern wolle, müsse die Kon— tingentirung beibehalten. Aber auch die Regierung müßte ein Interesse an der Kontingentirung haben, denn dieselbe schüte sie vor der früher nicht seltenen Beschuldigung der übertriebenen Fiskalität, der zu großen Anwendung der Steuerschraube. . ;
Der Regierungskommissar, General⸗Direktor der direkten Steuern Burghart entgegnete, es sei richtig, daß die Aufhebung der Kontingentirung nicht in der Regierungsvorlage gestanden habe, sondern von der Kommission beschlossen worden sei, es erkläre sich das aus den Veränderungen, die die Vorschläge der Re⸗ gierung in der Kommission erfahren haben. Der Vorredner habe die Vorzüge der Kontingentirung aufgezählt, einzelne davon seien ihm gar nicht verständlich gewesen, namentlich, daß die Kontingentirung eine Art Schranke für die Regierung sei gegen weitere Angriffe auf das System der direkten Steuern. Habe denn der Vorredner etwa gefunden, daß die Regierung sich bei ihren bisherigen Versuchen, direkte Steuern abzuschaffen, durch die Kontingentirung habe abschrecken lassen? Es sei ein dankbar anzuerkennender Gewinn der Kontingen— tirung, daß sie die Regierung vor der Beschuldigung der Fiskalität geschützt habe, die früher so oft erhoben sei. Es sei aber doch eine ganz andere Frage, ob die Regierung sich dadurch bestimmen lassen solle, die Beibehaltung der Kontin⸗ gentirung zu empfehlen, nachdem die Kommission selbst die Aufhebung vorschlage, und materiell die Kontingen— tirung thatsächlich aufgehoben werde, da man das Aequivalent der Kontingentirung, die 740 000 , brauche. Die Wirkung der Kontingentirung auf die Steuereinschätzung werde sehr über⸗ schätzt. Er könne dem Hause auch Beispiele anführen, daß gerade die Kontingentirung zu höherer Einschätzung geführt habe. Der Vorredner habe mit fast zu großem Scharssinn die Vorgänge der Kontingentirung in helles Licht gesetzt, die Schattenseiten dagegen verschwiegen. Es sei nicht richtig, daß die Kontingen⸗ tirung ein Aequivalent habe sein sollen dafür, daß für die Reklamationen gegen die Einschätzung zur Klassensteuer eine andere Instanz eingeführt sei, als bei der Einkommensteuer. Wer sich der Verhandlungen erinnere, wisse, daß die Kontingen— titung nichts gewesen sei, wie eine Art Sicherheits schirm bei dem Sprung, den man ins Dunkle gemacht habe. Jest bedürfe die Regierung dieses Sicherheitsschirms nicht mehr, denn man wisse jetzt, wie man mit der Einschätzung stehe. Dazu habe sich die Kontingentirung als eine Maßregel er— wiesen, die einen unsäglich komplizirten Apparat in Bewegung setze, um einen lächerlich geringen Effekt zu erreichen. Kein Steuerzahler empfinde die paar Pfennige, die derselbe durch die Kontingentirung weniger zahle, als eine Wohl⸗ that. Was wollen nun die Herren? die Herren haben die Kontingentssumme um 740 00046, also um den Vetrag erhöht, um welchen die Einschätzung die Kontingentirung übersteige, damit rufe man die Gefahr der Zuschläge hervor. Wozu der Lärm,
zuschälen vermöge, daß die eigentliche Steuer niedriger sei, wie die Einschätzung. Er bitte, den Antrag abzulehnen. Der Abg. Hobrecht erklärte, auch er glaube, die Beihe⸗ haltung der Kontingentirung, wie sie im Antrag Büd temann verlangt werde, würde mehr Bedenken haben, als Vortheile versprechen. Das meiste in diesem Sinne habe der Regierungs—⸗ kommissar schon hervorgehoben. Er erwähne nur noch: als früher die Kontingentirung beschlossen sei, habe man es gethan, um ciner zu großen Fiskalität der Centralbehörden entgegen⸗ zutreten. Er wolle nicht leugnen, daß die Kontingentirung damals, namentlich im Anfang einigermaßen richtig gewirkt habe, aber bei der Größe des preußischen Staates werde ein volles Vermeiden der Fiskalität in den unteren Instanzen hier und da, doch nicht zu vermeiden sein. Würde man j'tzt die Kontingentirung beschließen, so würden sich nur ihre Schattenseiten bemerklich machen. Die Kontingentirung setze voraus, daß das Einschätzungssoll der Klassensteuer immer größer sein werde, als die Kontingentssumme. Es sei aber keineswegs bedingt, daß mit der Zunahme der Bevölkerung und des Wohlstandes auch das Einschätzungssoll der Klassen⸗ steuer steigen müsse. Beispielsweise habe die Zahl der Klasfen— steuercensiten von 1875 bis jetzt un 120 000 zugenommen, während das Klassensteuersoll ganz beträchtlich heruntergegangen sei. Ans diesen und anderen Gründen müsse mit Nothwen⸗ digkeit eine Aufhebung der Kontingentirung eintreten. Die ganze Entwickelung in Preußen dränge vielmehr mit innerer Nothwendigkeit zur Quotisirung. Er bitte daher, den Antrag Büchtemann abzulehnen.
Nachdem hierauf die Diskussion geschlossen worden, und der Referent Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch die Kommission gegen den Vorwurf verwahrt hatte, als ob für sie lediglich finanzielle Gesichtspunkte bei der Aufhebung der Kontingen⸗ tirung maßgebend gewesen seien, wurde der Antrag Büchte⸗ mann abgelehnt, §. 2 unverändert nach den Kommissionsvor— schlägen angenommen. . .
§. 3 lautet nach dem Kommissionsbeschlusse:
Für die Erhebung von Kommunalzuschlägen zu den im 5. 1 gedachten Steuern oder die Vertheilung von Kommunallasten nach denselben sowie für die Feststellung der nach dem Maßstabe der Besteuerung geregelten aktiven und passiven Wahlberechtigungen bleiben die in den Gesetzen über die Klassen- und klassifizirte Ein⸗ kommensteuer vorgeschriebenen Steuersätze maßgebend und hat auch ferner die Veranlagung der Klassensteuer der zwei untersten Stufen nach den bisherigen Vorschriften zu erfolgen. . ;
Der Abg. von Sack erblickte in dieser Bestimmung einen Widerspruch mit Art. 71 der Verfassung. Dieser Artikel wolle die Wahlherechtigung nach Maßgabe „der zu entrichten⸗ den Steuer“ festsetzen, während §. 3 die Berechtigung nach Maßgabe der nicht zu entrichtenden Steuer bestimmen wolle.
Der Abg. Dr. von Bitter (Waldenburg) erklärte, im vor— liegenden Falle sei nicht Art. 71, sondern die Verordnung vom 30. Mai 1849, betreffend die Wahlen zum Abgeordneten—⸗ hause, die sedes materia. Diese Verordnung setze innerhalh der Verfassung das Wahlrecht für Preußen bis zum Erlaß eines definitiven Wahlgesetzes fest. Man könne sehr wohl die Verordnung durch ein Gesetz rechtsgültig ändern, wie es auch schon geschehen sei. .
4 ähnlichem Sinne sprachen sich auch die Abgg. von Nauchhaupt und Dr. Windthorst aus.
Der Abg. Dr. Enneccerus wies darauf hin, daß der Aus⸗ druck in Artikel 71 der Verfassung, auf den es hier ankomme, lediglich deshalb gewählt sei, weil man damals Steuerleistung und Steuerfähigkeit identifizirt habe. .
Der Abg. von der Reck trat der Auffassung des Abg. von Sack bei. In der Verfassung sei von Steuerleistung, nicht von Steuerfähigkeit die Rede, man habe damals mit Recht denjenigen, die keine direkten Steuern bezahlen, auch das Votirungsrecht über diese Steuern entziehen wollen.
Der General-Direktor der direkten Steuern Burghart gab zu bedenken, wenn 8. 3 eine Verfassungsänderung involvire, so würden auch in den bisherigen Steuererlassen, sowie in dem Gesetz von 1873 Verfassungsänderungen gelegen haben.
Der Abg. von Bennigsen hemerkte, ob in 8. 3 eine Ver fassungsänderung liege oder nicht, die Abstimmnng über 8. 3 könne jetzt jedenfalls erfolgen. Es würde sich höchstens fra⸗ gen, ob etwa nachher die dritte Lesung der Vorlage um 21 Tage hinauszuschieben sei. Er beantrage, die Konimission mit der speziellen Prüfung der Frage, ob eine Verfassungs⸗ änderung vorliege, zu betrauen, und über, diesen Punkt von ihr in der dritten Lesung mündlichen Bericht zu erfordern.
Der 5. 3 wurde darauf mit dem Antrage von Bennigsen an— genommen; ebenso genehmigte das Haus den Rest der Vor— lage nach den Kommissionsvorschlägen. ö
Hierauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr auf Donnerstag 10 Uhr.
Der Referent Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch bemerkte,
wenn die Linke nicht das Wesen der Kontingentirung heraus—
— mm
6 ö 4 8 J ö e rferar für den Deutschen Reichs- und Königl. Deffentlicher Anzeiger. Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des
Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central ⸗Handelß⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Yrutschen Reichs ⸗ Anzeigers und Könioglich Preußischen Staats- Auzeigers:
Berlin 8W., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
Steckbriefe und Untersuchungs- Sachen. 2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen
u. dergl. J Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.
TVerloosung. ĩ ; n. 8. w. von öffentlichen Papieren.
5. Industrielle Etablissements, und Grosshandel.
JT. literarische Anzeigen. 8. Theater- Anzeigen.
Zinszahlung e 9. Familien- Nachrichten.
Amortisation,
— —
— k 2 Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl. ld Oeffentliche Zustellung. . In Each? 9 verehelichten Handelsmann Viebig, Ida, geb. Zimmermann, zu Meyenburg, vertreten durch den Justizrath Willert zu Neu ⸗ Ruppin, Klä— serin, gegen 4 Ehemann, den Handelsmann Adolf Viebig, früher zu Meyenburg, . unbekannten Auf⸗ enthalts, Beklagten, wegen Ehescheidung, ladet die Klägerin den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreitß vor die zweite Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Neu⸗Ruppin auf den 8. Mai 18835, Vermittags 10 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge⸗ richte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Die Nãgerin wird beantragen, den ihr durch das am 21. n,. ber 1582 verkündete Urtheil des gedachten, Gerichts auferlegten Eid durch Requisition des Königlichen Amtsgerichts abzunehmen. Zum Zwecke der öffent· lichen Zustellung wird dieser Auszug der Ladung be⸗
annt gemacht. Neßl er. Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.
cz
den 14. J
83 0
Oeffentliche Zustellung.
Der Colon Christoph Strotmann im Kirchspiel Greffen, vertreten durch den Justizrath Blumherg zu Warendorf, klagt gegen den früheren Kaufmann Theodor Zumloh aus Warendorf, jetziger Aufent- haltsort unbekannt, wegen Ausstellung einer Quittung mit dem Antrage auf Ausstellung einer Quittung in öffentlicher Urkunde über das Band 1. Blatt 193 Abth. III. Nr. 15 des Grundbuchs für Greffen ein⸗ getragene Kapital ad 450 ½ und ladet den Beklag⸗ ten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die II. Civilkammer des Königlichen Landgerichts
ünster au
. uni 1883, Vormittags 10 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge— richte zugelassenen Anwalt zu bestellen. ;
Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.
Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.
Oeffentliche Zustellung.
In Sachen 1 verehelichten Handelgmann Brasch Marie geborene Herse zu Treptow a. / T., Klägerin, vertreten durch den Rechtsanwalt Paelegrimm zu Neu⸗Ruppin, gegen ihren Ehemann, den früheren
Neu-⸗Ruppin auf
Ladung bekannt gemacht.
Hammerle, Neßler,
8387 Beschluß.
6. Verschiedene Bekanntmachungen.
In der Börsen- 1 beilage. XR
Handelsmann Reinhold Leopold Berthold Brasch, früher zu Lindow, jetzt unbekannten Aufenthalts, Beklagten, wegen Ebescheidung — Alten zeichen R. 28. 85 — ladet die Klägerin den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits bor die zweite Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu
den 8. Mai 1883. Vormittags 10 Uhr nochmals mit der Aufforderung, einen bei dem ge⸗ dachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Die Klägerin hat sich bereit erklärt, den ihr, durch das am 31. Dezember 1882 verkündete Urtheil des gedachten Gerichts auferlegten Cid zu. leisten und J wird beantragen, ihr den Eid mit Rücksicht auf die weite Entfernung ihres Wohnsitzes dom Sitze des Prozeßgerichts durch das Königliche Amt gericht in Treptow g. d. T. abnehmen zu lassen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der
Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts.
. ö.
Auf Antrag des Lehrers Buse in Soest werden die Nachlaßgläubiger und Ver mächtnisnebmer des ar m nn r, am 14. September 1882 verstorbenen Goldarbeiters
„Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein
& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte,
Büttner C Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen ⸗Bureaux.
Fabriken
Julius Buse aus Soest aufgefordert srätestens im Aufgebotstermin den 3. April er., Morgens 10 Uhr. ihre Ansprüche und Rechte auf, den Nachlaß desselben bei dem unterzeichneten Gericht anzumelzen. widrigenfalls sie gegen die Benefizialerben ihre An⸗ sprüche nur noch insoweit geltend machen können, als der Nachlaß mit Ausschluß aller seit dem Tode des Erblassers aufgekommenen Nutzungen durch Be⸗ friedigung der angemeldeten Ansprüche nicht erschöpft wird. ö Soest, den 13. Tebruar 13883. Königliches Amtsgericht.
8397 9 Ehefrau des Händelsmanns Andreas Inger. Antoinette, geb. Hopen, zu Düsseldorf wohnend, hat gegen ihren genannten daselbst neobnenden Ghemann bei der JI. illtan ne, ,. K. . nn Düsseldorf Klage auf Gütertrennung erhober
ist ie Verh andlungterntin auf den 7. Mai 1883, Morgens 9 Uhr, bestimmt.
Der Gerichtsschreiber des Kgl. Landgerichts: Steinhäuser.