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Sache aber ganz anders; wir werden vielleicht nech weiter in diese Ma⸗ terie eintreten, aber daran will ich schon jetzt Sie erinnern, daß damals auch die Organe der Centrumspartei die Meinung ver⸗ traten, daß das ganze Aufrühren der Mischehenftage das größte Un⸗ glück in dem damaligen Momente sei, weil es dazu dienen mußte, das Zustandekommen friedlicher Beziehungen wesentlich zu erschweren.
Die tiefgebende Erregung, welche alle Kreise unseres Vaterlandes ergriff. welche nicht der katholischen Konfession angebörten, ist doch eine Thatsache, die, wenngleich 8 Monate dazwischen liegen. noch nicht aus Ihrem Gedächtniß entschwunden sein kann. Und es ist auch dar⸗ über kein Zweifel, daß gerade diese Frage den delikateften Punkt des friedlichen Zusammenlebens der verschiedenen Konfessionen berührt, und gerade den Punkt, bei dem die Staatsgewalt durchaus ver⸗ pflichtet ist. größte Aufmerksamkeit anzuwenden, um in diesen schwierigen Verhältnissen den Frieden der Konfessionen zu wahren.
Ich will den Gegenstand nicht mit Erinnerungen belegen, Sie brauchen ja nur die damaligen Zeitungen aufzuschlagen, um sich zu überzeugen, wie tief die Erregung alle Schichten des Volkes ergriffen und ich kann wirklich versichern, daß sehr ernste Erwägungen bestan— den haben, ob die Regierung in einer repressiven Weise in die An ˖ gelegen heit eingreifen sollte. Sie hat es nicht gethan, weil sie hoffte, daß aus dem gesunden Sinne unserer deutschen Bevölkerung heraus es möglich sein würde, wieder zu einem erträglichen modus vivendi anf diesem Gebiete zu gelangen. Die Bewegung aber, welche dadurch angefacht ist, meine Herren, besteht noch, und es steht dahin, ob es in der Macht der Regierung liegen wird, der Be⸗ wegung Halt zu gebieten.
Nun, meine Herren, werden Sie sich erinnern, die entscheidenden Monate, in denen diese Frage schwebte, waren der August und der September, und das war eben die Zeit, wo es in der That, ich wiederhole es nochmals, sehr nahe daran war, daß die Regierung von den genannten beiden Fakultäten Gebrauch machte. Nun, meine Herren, hätte damals die Regierung dies ausgeführt, dann wäre sicherlich eine Unruhe und eine Erregung gegen die Regierung von anderen Seiten entstanden, die sehr viel stärker gewesen wäre, als der Schutz, welchen die Herren uns etwa zu bieten bereit ge— wesen wären.
Meine Herren! Solche Sachen sind in der That, ich räume das ein, recht schwer vom Standpunkte Desjenigen zu beurtheilen, der in der ganzen Angelegenheit sich als mehr oder minder betheiligt fühlt. Aber die Versicherung kann ich geben, daß alle die Entschließungen, die ich hier nur andeutend erwähne, von der Regierung erst nach ernsten und schweren Erwägungen in dem vollen Gefühl der Verantwortlichkeit für den inneren Frieden des Staats e faßt worden sind.
Meine Herren! So war der September herangekommen. Nun be⸗ ginnt eine Phase, die in gewisser Seite abschließend gewirkt hat. Das war die Phase, in welcher die großen Wahlbewegungen statt ⸗ fanden, die durch das persönliche und bis dahin in solchem Maße nicht gewohnte energische Eingreifen des Abg. Dr. Windthorst eine ganz eigenthümliche und hervorragende Charakteristik erhalten haben.
Meine Herren! Sie werden ja die Güte haben, meine Worte noch zu hören, ich werde Sie nicht zu lange inkommodiren. Herrn Windthorst habe ich genannt, damit er in der Lage ist, sich gegen meine etwaigen Vorwürfe zu wehren. Ich zweifle nicht, daß er die Thatsachen, die ich angeben werde, zugeben wird.
Ich will mich nicht aufhalten bei dem Katholikenkongreß in Frankfurt a. M., wo Ihnen doch als sehr charakteristisch die Be⸗ merkung noch erinnerlich sein wird, welche der Hr. Abg. Windthorst in Ansehung der eigenthümlich historisch⸗politischen Lage der Stadt Frankfurt und in Ansehung des Arrieregardegefechtes auf dem Gebiet des Kulturkampfs gemacht hat.
Von da an beginnt dann eine Periode der allerwichtigsten Ver— sammlungen, bei denen der Abg. Br. Windthorst die Güte gehabt hat, in dankenswerther Weise das Programm zu entrollen, von welchem er seine Politik der Regierung gegenüber leitete. Sie ent sinnen sich der großen Rede in Cöln, der Rede in Düsseldorf, in Münster — (Zuruf aus dem Centrum. Ja, warum soll der Mann nicht reden ;) Meine Herren, ich habe bereits erwähnt, in dankenswertbester Weise hat der Hr. Abg. Windthorst geredet. Ich will Ihnen auch die Quint— essenz seiner Reden mittheilen. Das große Programm, welches er in Düsseldorf entrollt hat, wird ja zwelfelsohne auf Jahre hinaus für unsere Politik von großer Bedeutung sein. Er forderte zunächst die Wiedererlangung aller Rechte der Katholiken, wie sie vordem bestanden haben. (Sehr richtig! Bravo! im Centrum.) Ich bin ja einver— standen, meine Herren, daß Sie Hrn. Windthorst Beifall zollen und mir auch dankbar sind, daß ich das anführe.
Der zweite Punkt war der, daß er Garantien haben wollte gegen die Wiederkehr solcher Zustände der Gesetzgebung wie die, in denen wir uns befinden; und der dritte ist der Kampf um die Schule, in— dem er sagte: der Kampf, in dem wir uns in kirchenpolitischer Be— ziehung befinden, ist schwer, ist aber doch nur Kinderspiel gegen das, ö. wir auf dem Gebiete der Schule zu erreichen und zu erstreben zaben.
Meine Herren! Sie können es einer Staatsregierung nicht ver— denken, daß sie sich nun darüber klar zu machen versucht: wo das enden soll? wo es namentlich hinführen wird, wenn wir hier uns jetzt 10 Jabre abmühen, einen Weg zu finden, um aus diesem kirchen politischen Wirrsal herauszukommen, und uns in dem Augenklicke, wo die erste Andeutung einer Morgenröthe des Friedens auftaucht, ein Kampf wieder angezeigt wird, der sehr viel größer und schwerer ist als Alles, was wir durchgemacht haben.
Ich frage Sie, meine Herren, war es denn derselbe Standpunkt, der bis dahin festgehalten worden war, dem der Hr. Abg. Windthorst — und wie ich höre, unter Ihrem vollen Beifall — Ausdruck ge— geben hat, daß der status quo ante unter allen Umständen wieder hergestellt werden soll? Wenn die Herren die Güte haben wollten, sich in das vorige Frühjahr zurückludenken — es ist ja lange her, und man pflegt die stenographischen Berichte von Verhandlungen, denen man beigewohnt hat, selten zu lesen —, so werden Sie sich erinnern, wie es als ein rother Faden durch die Debatten ging und man sich dessen allseitig bewußt war, nicht eine Abolition der kirchenpolitischen Gesetze anzustreben, sondern eine organische Reform. Auch alle Organe der Centrumspartei haben Monate lang, wie ich vorhin andeutete, in weitgehendster Weise diesen Gedanken verfolgt, indem sie stolz darauf waren, daß das Centrum in dieser Richtung gewirkt hätte. Dies ging so weit, daß als eine Zeitung oder die Provinzial ⸗Correspondenz“ — ich weiß es im Moment nicht sicher — einmal die Bemerkung machte, revidiren heiße so viel wie abschaffen, die Germania“ in der allerschärfsten Weise eintrat und sagte: nur die enragirtesten Kultur⸗ kämpfer könnten den Katholiken, den Vorwurf noch machen, daß sie nicht, auf den Boden einer organischen Revision treten wollten. Meine Herren, wenn die Regierung in der That glauben durfte, daß der im vorigen Jahre betretene Weg der richtige war, dann werden Sie nicht verkennen, wie schwer sie in ihren Erwartungen sich getäuscht fühlen mußte, als in solenner Weise — wenn ich nicht irre am 1. Oktober 1882 — auf einmal der absolut umgekehrte Standpunkt wieder eingenommen und als dieser Standpunkt, wie die Herren sich entsinnen werden, an dem Tage, an welchem das Kaiserliche Handschreiben veröffentlicht wurde, im Reichs tag noch einmal ausdrücklich proklamirt wurde.
Meine Herren, ich kann Sie versichern, Sie mögen es mißbilligen, aber das kann mich nicht davon abhalten, es bestimmt auszusprechen, daß seit dieser Wahlbewegung, seit diesen Agitationsreisen und Pro⸗ grammaufstellungen es in der That für die Regierung zu ihrem leb— baftesten Bedauern nicht möglich gewesen ist, welter zu gehen auf dem Wege des Entgegenkommens, als sie gegangen ist.
Meine Herren, das wäre nun die allgemeine Antwort auf die allgemeine Anfrage des Hrn. Abg. Freiherrn von Schorlemer⸗Alst. Ich kemme nun noch auf die Anzeigepflicht und auf den von ihm geschil⸗ derten Nothstand der Katholiken, den er mit der Nichterfüllung der An zeige⸗ pflicht in Verbindung brachte. Meine Herren! Es ist für mich außer Zweifel, und ich habe es im vorigen Jahke bekundet hier und nament— lich auch im Herrenhause, daß es ein verbängnißvoller Fehler war, wenn bei der vorjährigen Gesetzgebung in keiner Weise auf Art. 5
eingegangen worden ist. Ich kenne ja den Mthut, der sich an diesen ganzen n, geknüpft hat. Wenn Sie aber die Güte haben, sich an die
ede des Hrn. Abg. Windthorst vom 7. Februar des vorigen Jahres zu erinnern, worin er sagte: Diese Artikel könne er überbaupt nicht diskutiren, wenn nicht eine formelle Abmachung mit der Kurie vorliege, so werden Sie mir zugeben, daß von da aus die Unmöglich⸗ keit originirte, auf diesem Gebiete noch irgend etwas Erfolgreiches zu Stande zu bringen. Die Herren entsinnen sich der Bemühungen, die man sich im Plenum und in der Kommission gegeben hat, überall wurde die ganze Frage nach der Anzeigepflicht unwillig mit dem Ellenbogen bei Seite geschoben. Als nachher die Verhand- lungen in dem Herrenhause geführt wurden, entstand die größte Sorge, daß die katholischen Mitglieder des Herrenbauses darauf eingehen möchten, in irgend einer Form die Anzeigepflicht zu regeln, obwohl ich wiederholt erklärte, daß auch der Art. 5, der mit seiner dis⸗ kretionären Gewalt einigen Herren der konservativen Partei un⸗ erwünscht war, immerhin eine Grundlage geben könne für weitere Verhandlungen. Niemals sind wir im Abgeordnetenhause soweit ge⸗ kommen. In dem Herrenhause hat die Sache daran scheitern müssen, daß die Staatsregierung sich vor die Frage gestellt sah, entweder das, was beschlossen wurde, zu retten, oder überhaupt nichts zu erhalten, und mit schwerem Herzen — Sie werden das aus meinen Worten im Herrenhause er⸗ sehen — habe ich mich dazu entschließen müssen, alle Versuche abzu⸗ weisen, um die Anzeigepflicht in irgend einer Form zu regeln. Ob- schon dies nun eine Frage, die über den Rahmen der heutigen Diskussion faft hinausgeht, so will ich doch in aller Kürze sie noch mit einigen Worten berühren.
Die Anzeigepflicht auf eine formelle Abmachung zu stützen, ist ja der Knotenpunkt der ganzen Situation. Es ist derjenige Punkt, welchen, wie der Hr. Abg. Windthorst selbst damals hervorhob, die Staatsregierung nicht lösen wird; sie wird dies in keiner Form der Abmachung vermögen, mag man es Konkordat, Konvention oder wie sonst nennen.
Nachdem aber der Entwurf Gesetz geworden war, wurde in der That die Regierung von allen Seiten gedrängt — Sie brauchen nur irgend ein Blatt von damals aufzuschlagen — um sie zu zwingen, eine solche Konvention zu schließen. Als im Anfang des Juli vorigen Jahres die Hoffnung nicht mehr bestand, mit diesem Drängen zu einem Ziele zu gelangen, wurde die Form der Angriffe gegen die Re⸗ gierung geändert; es begann die große Reihe der Artikel, in welchen zwar immer formell gesagt wurde: wir acceptirten Alles, was Rom bewilligen wird, aber dies und dies und das kann die Kurie nicht be—⸗ willigen, das ist der Kurie entzogen, das ist gegen das Recht der Kirche. So bewegt man sich in einem von diesen ritiosen Zirkeln, aus denen wir sehr schwer und nur dann herauskommen können, wenn ein energischer und großer Entschluß gefaßt wird. Die Schwierigkeit der Situation besteht in diesem Festlegen unserer Gesetzgebung auf dem Gebiete der Anzeigepflicht, in Beziehung auf welche die Nothwendig⸗ keit der Regelung durch die vorhergehenden Verhandlungen absolut klargestellt worden ist. Ich wiederhole, durch das Festlegen jenes Punktes ist unsere legislative Maschine ins Stocken gerathen. Wenn die große Partei des Centrums auf dem Gebiete der Anzeigepflicht ohne ausdrückliche Zustimmung der Kurie mitzuwirken ablehnt, ob— gleich ja auf dem ebenso tief ins Leben der Kirche einschneidenden Gebiete, der Vorbildung der Geistlichen sie der Regierung die Hand geboten hat, und wenn, wie ich daran erinnern darf, die Mittelparteien des Hauses, die an und für sich sehr wohl geneigt wären, auf diesen Boden zu treten, Falls sie nur die Sicherheit hätten, daß das Centrum sich ihren Bemühungen an— schlösse, sich ebenso zurückhaltend stellen — ich sage — wenn wir uns so festgelegt haben, ist es in der That nicht möglich, mit einer gesetz= geherischen Maßnahme noch neu hervorzutreten. Es ist vielleicht vom philosophischen und , nn Standpunkte aus einmal möglich, die ganze Frage der Anzeigepflicht zu belächeln, das wird vielleicht in einigen Jahrzehnten der . sein; aber durch die Verkettung der Umstände bildet die Anzeigepflicht den Haken, an welchen das ganze Schwergewicht der kirchenpolitischen Fragen angehängt ist, und nachdem die preußische Staatsregierung in den letzten Gesetzen und Gesetzentwürfen — denn auch die Gesetzentwürfe bleiben Ange⸗ bote, welche die Regierung dem Lande hat geben wollen — den be⸗ stimmten Willen mehr als ausreichend dokumentirt hat, in eine or— ganische. Reform dieser schwierigen Materie einzutreten, ist in der That nicht zu verlangen, daß sie in irgend einer Weise vorgehen solle, legislatin oder im Wege anderer Maßnahmen, um den Knoten zu lösen. Ich gebe dem Hrn. Abg. von Schorlemer⸗Alst gern zu, daß aus dieser ganzen Wirrsal und Schwierigkeit die Verweisung der Diözesen folgt. Aber, meine Herren, wie die Sache liegt, kann die Königliche Staatsregierung nicht anders, als sagen, sie hat alles das bekundet, was sie dem Lande schuldig ist, sie hat gezeigt, daß sie in jeder Weise, bereit ist, ohne Gegenleistung soweit den Bedürsnissen unserer katholischen Mitbürger entgegenzukommen, als es möglich ist. Aber Über den Punkt der Anzeigepflicht hinaus kann sie nicht kommen, wenn ihr nicht geholfen wird, und daß nicht geholfen worden ist, daran ist meines Erachtens die Schwierigkeit unserer gegenwärtigen Situation schuld; ein Verschulden trifft, wenn es überhaupt vorliegt, jedenfalls die Regierung nicht.
Ich möchte nun aber doch noch eins hinzufügen, wie sich denn die Sache eigentlich in Wirklichkeit gestellt habe. Ich will dem Hrn. Abg. von Schorlemer ⸗Alst mit Zahlen jetzt nicht gegenüber = treten, es würde das in dem gegenwärtigen Moment zu weit führen. Aber ich darf doch, daran erinnern, daß auf dem Gebiete der An—= stellung von Geistlichen, so weit es die Regierung irgend wie in der Hand hat, in der bereitwilligsten Weise den Bedürfnissen der Katho— liken entgegengekommen ist. Ich habe vor 17 Jahren, als ich mein Amt antrat, die H der Patronatsstellen in die Hand genommen, und heute haben wir, obgleich wir über wenig Stellen in den besetzten Diözesen zu verfügen haben, doch ungefähr 150 Stellen neu besetzt. Es ist das interessante Faktum zu ver= zeichnen, daß trotz des Abgangs vieler Geistlichen durch Alfter und Tod wir heute in der Diszese Culm mehr besetzte Pfarreien haben, als im Juni 1881. Also, meine Herren, wenn es auf diesem Ge— biete möglich gewesen ist, in concilianter Weise durch die Staats⸗ regierung und Bischöfe die Angelegenheiten zur Befriedigung unserer katholischen Mitbürger zu ordnen, dann werden Sie zugeben, daß die Angriffe, als ob die Pfarrer durch die Ober⸗Präsidenten angeftellt werden sollen und was Alles sonst für Insinuationen daran geknüpft sind, doch ziellos sind. Man rennt sich mit solchen allgemeinen An—= griffen und Bemerkungen sehr leicht fest. Meine Herren, ich bin überzeugt, daß der Hr. Abg. von Schorlemer-Alst an die Richtigkeit seiner Ausführungen vollkommen glaubt; aber weder die Gegenwart noch die ganze Vergangenheit unseres Staates berechtigt irgendwie zu der Annahme, daß jene Befürchtungen zur Wirklichkeit werden könnten. Ich kann im Uebrigen dem Herrn Vorredner nur noch erwidern, daß, was Staatsgesetze verbieten auch von einer wohlwollenden Regierung zu thun nicht erwartet werden kann. Niemand wird der Regierung zumuthen wollen, daß sie Staatsgesetze verletze; da ist die feste Mauer bis an deren Schwelle das Wohlwollen nur reichen kann und reicht, darüber hinaus nicht. Mit blutendem Herzen kann man vielleicht eine Erleichterung versagen, aber geht es nicht den Staatsgesetzen gegenüber, so werden Sie keinen preußischen Staatsmann finden — und wenn er aus den Reihen Ihrer eigenen Partei genommen sein möchte — der jemals sich dazu verslehen sollte, einen Gesetzes— paragraphen zu verletzen. Der Schaden, der in der Gesetzes verletzung liegt, ist ein so unendlich großer und gefährlicher, daß er niemals durch die weit getriebene Liberalität und Wohlwollen äquivalirt werden könnte. Meine Herren, auch nach dieser Richtung hin lehne ich die Vorwürfe, welche der Königlichen Staatsregierung gegenüber erhoben sind, ab, in dem vollen Bewußtsein, daß die Geschichte und die klare. Erkenntniß in dieser Materie allmählich so weit aufklärend wirken werden, daß auch die Gesinnungsgenossen des Hrn. Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst der gegenwärtigen Regierung nicht das Anerkenntniß versagen werden, daß sie, soweit es nach Lage der politischen Verhältnisse und nach Lage unserer gesetzgeberischen Arbeiten möglich war, wiederholt und in entgegenkommender Weise
die Hand auggestreckt bat, um die gegenwärtigen Wirrsal ĩ 1 cr Te. tte die srsrnmcrtiuen wtrlel: u chan
Der Abg. Dr. m erklärte, er habe eigentlich gar
nicht sprechen wollen, weil er wisse, daß es Stellen im Staate gebe, die seine Stimme nicht gern hörten. Er könne sich nur vollständig einverstanden erklären mit dem Abg. von Schor⸗ lemer und freue sich, daß derselbe alle Beschwerden kurz und knapp vorgebracht habe. Die Regierung trage überall die Hauptschuld, weil sie solche Gesetze veranlaßt habe und keinen Schritt thue, um sie aufzuheben, nachdem sie sich selbst überzeugt habe, daß sie nicht haltbar seien. Die Gesetze könnten die Regierung nicht hindern, aber er habe auch kein Bedenken, zu sagen, trotz Allem, was man dem Centrum glauben zu machen suche, es sei kein Ernst bei allen diesen Schritten der Regierung. Das Diskretionsgesetz vom Jahre 1382 sei nur in ganz untergeordneten Punkten, die gar keinen Werth hätten, durchgeführt worden. Der Minister sage, daß man die Begnadigung eines Bischofs habe empfehlen wollen, da aber sei die Immediateingabe der Erzdiözese Cöln gekommen das sei eine Agitation gewesen! Sei es denn so weit gekommen, daß eine ehrerbietige Bitte an Se. Majestät, von einer gesetzlichen Befugniß, die Sr. Majestät zustehe, Gebrauch zu machen, als Agitation betrachtet werde! Das sei ein ihm unbegreiflicher Vorwand, um nichts zu thun. In der Petition habe kein unehrerbietiges Wort gestanden, die Anhänglichkeit für den König sei ausdrücklich betont worden, man habe die Erwar— tung ausgesprochen, daß ein Akt erfolgen solle, der Balfam in die Wunden gießen sollte; dann sei die Wolke aus Breslau gekommen. Solle denn ein Bischof nicht be⸗ rechtigt sein, die gegen alles kanonische Recht angestellten Staatspfarrer zur Niederlegung des Amtes aufzufordern, zu⸗ mal wenn derselbe es nicht spontan thue, sondern auf ein an ihn gerichtetes Schreiben? Die Regierung sollte dahin wirken, daß die Staatspfarrer sich den Bischöfen unterwürfen; es wäre interessant zu erfahren, ob man sich auch da überlegt habe, mit Gegenmaßregeln einzuschreiten. Dann die Aggressionen wegen der Mischehe. Von Seiten des Fürstbischofs von Breslau sei nichts geschehen; was derselbe gethan habe, sei nur eine Erklärung, welche die Zweifel im Sinne der Regie⸗ rung beseitigt habe. Er wolle doch den Herren, welche der Minister durch diesen Hinweis habe anregen wollen, bemerken, daß die Katholiken die Ehe eben so heilig hielten, wie die Protestanten, ja noch heiliger, denn der Katholizismus trenne die Ehe nicht, der Protestantismus thue dies. Wenn die Regie⸗ rung sich bestimmen lasse durch das wilde Geschrei einer koll gewordenen Journalistik, wovon er die offiziöse Presse nicht aus⸗ nehme, so müsse er sich darüber wundern. Ein Minister des Königs könne doch nicht so weit kommen und seine Schritte mit Tumulten in den Zeitungen rechtfertigen. Wenn es der Regierung Ernst damit wäre, den Frieden zu machen, dann könnte sie unbekümmert um dies Geräusch ihren Weg wöiiter⸗ gehen, dann hätte sie sich die Liebe und Hochachtung der Protestanten und Katholiken erworben. Aber einen solchen majestätischen Gang gehe die Regierung nicht, sie habe Ge— fallen daran, mit kleinen diplomatischen Kniffen die Katho— liken zu traktiren, sie finde ein Behagen darin, weil darin eine willkommene Handhabe gegeben werde, die Parteien untereinander und gegeneinander zu mischen. Nun komme er selbst. Er sei geneigt zu glauben, daß diese Partie der Rede des Ministers nicht Original gewesen. (Sehr richtig! die Rede sei aber ohne Redaktionsbemerkungen wiedergegeben und der Minister sei dafür verantwortlich. Er könne ja stolz sein auf die Bedeutung, die man einem alten gebrechlichen Manne zuschreibe; es freue ihn, daß sein viel thatkräftigerer Kollege vor ihm die Grundsätze proklamirt habe, die ihm als Staats⸗ verbrechen angerechnet würden; er denke, daß er und seine Kollegen diese Verbrechen jetzt brüderlich theilen würden. Eine merkwürdige Agitation solle sich entwickelt haben. Würde es die Regierung sehr angenehm empsinden, wenn er ihr Agitationen in den Wahlen nachwiese? Er habe Mittel dazu, aber er sei zu diskret. Seit wann sei es denn in Preußen etwas Bedenkliches, wenn man für die Wahlen agitire. Er habe es immer 6 und werde mit gütiger Erlaubniß des Ministers fortfahren, o lange er einen Finger rühren könne. Das hätten alle Par⸗ teien gethan und er hoffe den kräftigsten Beistand bei allen Parteien zu finden bei diesem Angriffe auf seine Freiheit in den Wahlen. Was der Minister an seiner in Frankfurt gehaltenen Rede bedenklich finde, habe er nicht recht ver⸗ standen. Er habe da nur ziemlich allgemein gesprochen. Wenn er in die Wahlbewegung eingegriffen habe, so habe das darin gelegen, daß die Regierung mit ihren tausend Mitteln und Mittelchen allerlei verkehrte Anschauungen in das Volk zu tragen bemüht gewesen sei. Diese Vorstellungen müßten beseitigt werden. Dazu komme, daß er von ver⸗ schiedenen Stäoten eingeladen gewesen sei, und man spreche doch zu den Leuten, bei denen man zum Besuch sei. Das thue ja der Minister auch. Den status quo ante werde das Centrum immer verlangen, wenn es auch augen⸗ blicklich Konzessionen mache. Der Kampf um die Schule werde ein ernsterer sein als der bisherige Kulturkampf; aber nicht seine Partei allein kämpfe denselben, sondern mit ihr die ganze Christenheit in der ganzen Welt; der Kampf um die Schule heiße eigentlich der Kampf um das Christenthum egen den Unglauben. Da hörten alle konfessionellen Unter⸗ chiede auf. Der Unglaube werde unterliegen in diesem Kampf. Wolle Gott ihm Kraft verleihen, noch einige Jahre den Kampf mitzumachen; er beklage, daß ein preußischer Kultus⸗Minister daraus eine Anklage gegen ihn for⸗ mulirt habe, daß er entschlossen sei, aufs Aeußerste die christliche Schule zu vertheidigen. Es sei das nur ein Nothbehelf in Ermangelung anderer Gründe gewesen, der Hauptzweck sei gewesen, dem katholischen Volke zu sagen: der Windthorst sei es, der den Frieden störe und der die Regierung gehindert habe, den Frieden zu halten. Bei Beginn der kirchlichen Wirren sei etwas Aehnliches gesagt worden, man habe beinahe eine Hochverrathsklage gegen ihn erhoben, er habe zu antworten gewußt. Er habe damals erklärt: Wolle die Regierung den Kampf aufgeben, wenn er zurücktrete? Dann sei er bereit dazu. Er sage jetzt dem Minister, der es seinen Auftraggebern wieder sagen möge, er sei heut noch jeden Augenblick bereit, in das Dunkel des Privatlebens zurückzukehren, wenn man den Kampf aufgeben wolle, sobald er nicht mehr da sei. Möge die Regierung überzeugt. sein, solche Anklagen würden sein Ansehen im katholischen Voelk stärken. Er werde das Volk nicht verlassen, das Volk werde ihn nicht verlassen. Nun komme der Minister auf die Frage der An⸗
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deusschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
AM 47.
Schluß aus der Ersten Beilage.)
zeigepflicht und sage, das sei der Kardinalpunkt; gewiß habe die Regierung diese sogenannte Anzeigepflicht zum Kardinal⸗ punkt ena cgt, obwohl derselbe wohl eigentlich nicht darin liege; der Kardinalpunkt liege vielmehr in der Absicht, die durch die ganze Maigesetzgebung gehe, die katholische wie die evangelische Kirche zu einem reinen Staatsinstitut zu machen. Der Kampf, um den es sich handele, ob es freie christliche Kirchen geben solle oder nur eine Polizeianstalt, die man mit dem Namen Kirche belege. Die Anzeigepflicht sei nur eines der Mittel, um dies Ziel zu erreichen; es handele sich nicht um die Anzeige, sondern um das Einspruchs- und Anstellungs⸗ recht. Dagegen müsse das Centrum sich aber verwahren, daß die heilige Kirche unter den Willen der Bürgermeister oder Landräthe gestellt werde. Die Anzeige, die in Würtem— berg bestehe und von der jetzt so viel gesprochen werde, gehe an eine durch die Verfassung festgesetzte katholische Behörde, aber nicht an den Kultus⸗Minister und seine Räthe, die alle aus der ar gen Schule seien. Sei denn die Kirche nicht bereit, auf diesem Gebiet Konzessionen zu machen? Habe man nicht das Schreiben des Papstes? Wie sei es denn mit der weit ausgestreckten Hand? Sei sie zurückgewiesen? Er verlange Auskunft darüber und wenn ihm der Minister nicht ant—⸗ worte, daß sie nicht zurückgewiesen sei, daß noch verhandelt werde, so sage er, sie sei zurückgewiesen und die Verhand—⸗ lungen stockten. Die Regierung wolle den Frieden nicht, obwohl — er konstatire es vor dem Volke — der würdige Greis auf dem Königsthrone den Frieden wolle. Es werde der Tag kommen, wo das Alles noch offenbarer werde, und die Herren mögen versichert sein, er werde nicht aus der Welt gehen, ohne auch sein Vortefeuille u öffnen, und dann würden die Gesichter etwas anders aus— he als sie heute sich darstellten: von Wohlwollen kein Zug. Er werde der treue Vertheidiger der Rechte aller Konfessionen und der christlichen Schule sein.
Demnächst nahm der Minister der geistlichen 2c. Ange⸗ legenheiten von Goßler, wie folgt, das Wort:
Es hat nicht in meiner Absicht gelegen, heute zum zweiten Male das Wort innerhalb weniger Stunden zu ergreifen, aber das Ueber schreiten der Grenze, welche Hr. von Schorlemer sich in seiner Rede selbst gezogen hatte, am Schluß der Rede des Hrn. Abg. Windthorst nöthigt mich zu einigen Erwiderungen.
Der Hr. Abg. von Schorlemer hatte meines Erachtens ganz richtig hervorgehoben, daß bei den bestehenden Verhandlungen auch die wohlvollendsten Worte nicht gerade förderlich sein würden; und es wird dem Hrn. Abg. Windthorst noch von Interesse sein, wenn ich die Frage, die er gestellt hat, nicht in dem Sinne beant⸗ worte, wie er glaubt, daß sie beantwortet werden muß.
Berlin, Freitag, den 23. Februar
Was mich aber zum Worte treibt, ist vor allen Dingen die Fortseßzung der seit Monaten in der Presse gemachten Bemühungen, einen Spalt zwischen der Regierung und dem Menarchen des Landes zu finden, und in diesen Spalt neue Keile zu treiben, um ihn immer größeren Umfang annehmen zu lassen. Wenn Sie Ihre eigenen Zeitungen aus dem Sommer vorigen Jahres lesen — ich kann Ihnen eine ganze Reihe geben — so liegt eine gewisse Methode darin, und diese Methode ist auch ausgeprägt in den eben gehörten Worten,
Wir wissen aber, daß wir in einem monarchischen Staate leben, und daß in dem Momenf, wo in so großen ragen die Staats- regierung oder irgend ein Minister, nicht die Hoffnung haben könnte, daß er das Ohr und den Beifall seines Königs hat, das erste, was er thun wird, darin besteht, daß er Se; Majestãt bittet, einen anderen mit seinem Vertrauen zu beehren. Niemals ist es in diesen Fragen möglich, in der Weise, wie man dies in den Zeitungen darzustellen versucht, Erfolge zu erzielen, denn es ist un denkbar, daß, wenn der König von Preußen, der im wahren Sinne des Wortes regiert und sein Land leitet, in diesen großen ragen nicht seiner Räthe sicher sein sollte, sie im Amte würden bleiben können, da er dann keinen Augenblick anstehen würde, sich andere Rathgeber zu vitrschaffen. Auch wenn wir einmal abgehen, werden wir eine Ehre darein setzen, zu wissen, daß unser Abgehen noch dem Vaterlande genützt hat.
Meine Herren, ich will, um vielleicht die Sache auf einem Punkte abzuschließen, noch auf die Bemerkungen des Hrn. Abg. Dr. Windt— horst kurz eingehen. Derselbe hat in einer hervortretenden und pro— noncirten Weise meine Worte so darzustellen sich bemüht, als ob meine Angriffe gegen seine Perscn gerichtet wären. Meine Herren, ich habe seinen Namen genannt, ich habe aber auch zugleich gesagt, daß ich es absichtlich thue, damit er wisse, daß dasjenige, was ich sachlich zu sagen hatte, an seine Adresse gerichtet sei. Sie müssen mir schon gestatten, daß, wenn ich auf die Bewegung des September und Ok⸗ tober des vorigen Jahres zurückgehe, den Namen des Hrn. Abg. Windthorst nenne, weil sich an seine Person die ganze Agitation knüpft, ich habe selbst auf eine Interjektion meine Freude aus—= gesprochen, daß er so offen von seinen Plänen Kenntniß gegeben habe. Wogegen sich meine Ausführungen wandten, war aber doch, wie Sie mir gewiß zugestehen werden, nicht die Person des Abg. Dr. Windt⸗ hoörst, sondern es waren lediglich die sachlichen Ausführungen, es war das große Programm, welches er entwickelt hatte in einer Reihe von Wahl versammlungen, ein Programm, das man zu niedrig schätzen kann, man kann es auch zu hoch schätzen; aber der verehrte Herr Abgeordnete wird zugeben, daß er — ohne irgend einem der Herren zu nahe zu treten — die Anführung und die Verantwort⸗ lichkeit für die Politik des Centrums in seiner Hand ver— einigt hat, und daß die großen Gesichtspunkte, die er am Niederrhein hinstellte, dieselben Gesichtspunkte sind, welche — darüber dürfen wir uns nicht täuschen — auch für unsere bevorstehende Berathung sehr maßgebend sein werden. Den Ausführungen des Hrn. Abg. Dr. Windthorst über meine dazu gemachten Bemerkungen muß ich aber bestimmt entgegentreten, namentlich wenn er meine Bemerkung über den von ihm in Aussicht gestellten Kampf um die Schule so deuten wollte, als wollte ich seinen Bemühungen, eine christliche Schule zu
1883.
fördern, entgegentreten, — ich kann in keiner Weise anerkennen, daß jene Ausführungen mir gegenüber irgendwie zutreffen. Denn darüber ist kein Zweifel; wer die Rede liest und die Bemerkungen, die die
Presse daran geknüpft hat, die nachher in der weitesten Ausführung den Hauptgedanken des Hrn. Abg. Pr. Windthorst hinstellen, kann darüber nicht zweifeln: es handelt sich nicht um den Bestand der hristlichen Schule, da würde die Regierung immer an seiner Seite stehen, sondern um einen bestimmten Einfluß, den man auf die Schule zu erlangen bemüht ist.
Meine 3 Der Hr. Abg. Dr. Windthorst bat die Güte gehabt, zu versichern, daß er in Bezug auf andere Punkte noch Gelegenheit haben würde, eingehender zu sprechen, aber das darf ich schon jetzt erwidern, daß seine Darstellung über die beiden andern 6 — die Breslauer Wolken, wie er sie nannte — mit der wirklich historischen Entwicklung, welche die An⸗ gelegenheit genommen, keinesweges zusammentrifft, (Zuruf) — nicht zusammentrifft; ich habe nicht gesagt, ez ist absolut unrichtig, aber es ist nicht vollständig. Das Wichtigste ist in Ansehung der Staats⸗ pfarrer vor Allem der Umstand, daß nicht in dem ersten Schreiben der damals noch nicht ernannte, sondern der bezeichnete Bischof die Staatspfarrer, welche ihn begrüßt hatten, mit dieser Antwort versah, sondern daß er später in einer zweiten, ohne alle sichtbare Ver⸗ anlassung Seitens der Staatspfarrer erlassenen allgemeinen Verfügung sie in sehr dringender Weise aufgefordert hat, das Amt nieder zulegen, und ihnen verboten hat, irgend eine Handlung auszuführen. Meine Herren, wenn Sie die Güte haben wollen, Ihren Eifer ein klein wenig im Zaume zu halten! Ich bin gern bereit, die Frage noch weiter zu debattiren.
Diese selbe Verfügung richtete er an die Kirchenvorstände und sagte, er habe den Pfarrern jedes Amtiren untersagt. Die Folge da⸗ von war, daß die Kirchenvorstände vielfach, wie das nicht anders sein konnte, annahmen, die Staatspfarrer seien abgesetzt; daher kamen die Wirren. Es ist in einem Falle zu einer vollen Auflehnung innerhalb der Ortschaft gekommen, indem die Pächter angewiesen worden waren, daß sie ihre Pacht an den Pfarrer nicht abführten, und es hat der ganzen Energie des Regierungspräsidenten bedurft, unter der Androhung, den Kirchenvorstand eventuell aufzulösen, die Wirren zu beseitigen.
Wenn man überhaupt solche Geschichten erzählt, muß man sie einigermaßen vollständig erzählen.
Was das Gebiet der Mischehen anbetrifft, meine Herren, so handelt es sich nicht um ein Proklama, sondern um eine ganz andere Sache, um die Anwendung des bis dahin der Staatsregierung und der Bevölkerung bis dahin unbekannt gebliebenen sogenannten Hildes⸗ heimer Edikts, welches 1864 für Hildesheim erging, der hannoverschen Regierung aber zwei Jahre unbekannt blieb. Als es später mitge⸗ theilt wurde, bedauerte die hannoversche Regierung den Erlaß desselben lebhaft. Sie erklärte, sie wolle das placet der Veröffentlichung zwar nicht versagen, betonte aber zugleich, daß durch die Verkündigung der Frieden inmitten der Bevölkerung gefährdet würde.
Und diese Ansicht habe ich für meine Person auch.
Hierauf vertagte um 4 Uhr das Haus die weitere Debatte auf Freitag 10 Uhr.
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83 * Inserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition
1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.
Deffentlicher Anzeiger.
5. Industrielle Etablissements, Fabriken
„Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein
Rreußischen Staats- Anzeigers: Berlin 8W., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
E-
des Neutschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich
2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen n. dergl.
4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung K n. 8. w. von öffentlichen Papieren.
3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete. 7. Literarische Anzeigen.
und Grosshandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen.
8. Theater- Anzeigen. In der Börsen- g. Familien - Nachrichten. beilage.
& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren
Annoncen ⸗ Bureaux.
Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.
8706 Steckbrief.
Gegen den unten beschriebenen Arbeiter Theodor Gustar Robert Seeger, geboren am 4. Januar 1857 zu Berlin, evangelisch, zuletzt Königsmauer 31 wohnhaft gewesen, welcher sich verborgen hält, ist die Untersfuchungshaft wegen Diebstahls nach mehrmaliger Vorbestrafung wegen Diebstahls in Sachen J. IV. B. 556. 82 verhaͤngt. Es wird ersucht, denselben zu ver⸗ haften und in das Untersuchungsgefängniß zu Berlin, Alt Moabit 11/12, abzuliefern. Berlin, den 11. Fe⸗ bruar 1883. Königliche Staatsanwaltschaft am Landgericht J. Beschreibung: Alter 46 Jahre, Größe 1m 73/75 em, Statur untersetzt, Haare dunkelblond, Stirn frei, Bart Schnurrbart, Augen⸗ brauen dunkel, Zähne vollständig, Kinn oval, Ge⸗ sicht rund, Gesichtsfarbe roth, Sprache deutsch. Besondere Kennzeichen: Keine. Kleidung: lang⸗ haariges Double ⸗Jaquet, alte schwarze Hose, schwarzer Calabreserhut, kurze Lederstiefeln.
S546] Steckbriefserneuerung.
Der von dem Herrn Untersuchungsrichter beim 13. Februar
Königlichen Landgericht II. unter dem 19. April
1882 hinter den Arbeiter Carl Hermann Robert Zernisch, am 5. Dezember 1863 in Frankfurt a / Oder geboren, erlassene Steckbrief wird hierdurch erneuert. Berlin, den 13. Februar 1883. Der Erste Staats anwalt beim Königl. Landgericht II.
Steckbriefs⸗Erledigung. Der gegen den Hand⸗ lungsreisenden Arthur Hirsch, früher zu Pets dam, wegen wiederholten Betruges unter dem 24. Or tober 1881 erlassenn— — und unter dem 6. Januar 1882 erneuerte — Steckbrief wird zurüdgenommen. Potsdam, den 19. Februar 1883. Der Unter⸗ suchungsrichter bei dem Königlichen Landgericht.
869] Der unterm 3. Februar 1883 gegen den Rentier r. Christian Thielebein aus Stendal erlassene teckbrief hat durch Ergreifung des p. Thielebein eine 2 gefunden. Stendal, den 19. ebruar 1883. er Erste Staatsanwalt.
86465 Steckbrief. . gegen den Kutscher Carl Friedrich Hell⸗ muth Fifcher aus Kartlow bei Wismar wegen Betruges unterm 13. Februar 1882 erlassene Steck- ö, . 4. hierdurch als unerledigt in Erinnerung gebracht. Neubrandenburg, den 20. Februar 1883. Großherzogliche Amtsanwaltschaft. M. Brehm.
feld abzuliefern. Bitterfeld, den 20. Februar 1883.
85669]
Steckbriefs⸗Ernenerung. Der unter dem 15. Fe⸗ bruar 1882 hinter den früheren Polizeisergeanten Wilhelm Bublies aus Stolp wegen Majestäts-⸗ und verläumderischer Beleidigung erlassene Steckbrief wird hierdurch in Erinnerung gebracht. Stolp, den 17. Februar 1883. Königliche Staatsanwaltschaft.
Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Kauf⸗ mann Derk Jacob Scholten aus Epe, in Holland, welcher flüchtig ist oder sich verborgen hält, ist die Untersuchungshaft wegen Betrugs verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Landgerichtsgefängniß zu Cassel abzuliefern, bei Nach—⸗ richt zu den Akten JI. 242/83. Cassel, den 20. Februar 1883. Königliche Staatsanwaltschaft. Stintzing. Beschreibung. Alter 27 Jahre, Größe 1,66 m, Statur gesetzt, kräftig, Haare röth⸗ lich-blond, Bart röthlich⸗blonder Schnurrbart, Augen blau, Nase gewöhnlich, Mund gewöhnlich, Zähne gut, Gesicht voll und rund, Gesichtsfarbe, gesund ier Sprache spricht deutsch, holländisch und englisch.
8699
Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Maler und Kaufmann Oskar Triebler aus Berlin, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Unter⸗ schlagung verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Gerichtsgefängniß zu Bitter⸗
Königliches Amtsgericht. J. Rittler. Beschrei⸗ bung: Alter 31 Jahre, Statur mittel, Haare dunkelblond, Bart dunkelblonder kurzer Vollbart, Gesichtsfarbe bleich. Kleidung: graue Hosen, graues Jaquett und schwarzer Filzhut.
8584] .
Der Ersatz⸗Reservist J. Klasse Sattler Hermann Gronnenberg, geboren am 14. April 1855 zu Elsey, Kreis Iserlohn, auch daselbst zuletzt wohnhaft, wird beschuldigt, als Ersatz ⸗Reservist 1. Klasse ausge⸗ wandert zu sein, ohne von seiner bevorstehenden Aus⸗ wanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben — Uebertretung des 5. 360 Nr. 3 des Reicht⸗ strafgesetzbuches. — Derselbe wird hiermit auf An⸗ ordnung des hiesigen Königlichen Amtsgerichts auf den 8. Juni d. Is., Vormittags 10 Uhr, vor das hiesige Königliche Schöffengericht zur Haupt- verhandlung geladen und bei unentschuldigtem Aus⸗ bleiben auf Grund der nach 3. 72 R. Str. P. O. von dem Königlichen Bezirks-Kommando zu Leipzig über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärungen verurtheilt werden.
Hohenlimburg, 15. Februar 1883.
Mertens, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts.
Sub hastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl.
S664 Oeffentliche Zustellung.
Der Gerichtsdiener Müller in Borgentreich, ver⸗ treten durch den Rechtsanwalt Geissel zu Warburg, klagt gegen die Rechtsnachfolger der Wittwe Isaak Bernstein zu Borgentreich als:
1) . Bernstein in Elberfeld (Laurentius⸗
raße),
2) Frau Johanna Heineberg, geborne Bernstein,
in Volkmarsen,—
3) Leopold Bernstein in Berlin (Hallesches Thor),
4) Sally Bernstein,
5) Isidor Bernstein, wegen Ertheilung einer Vollstreckungsklausel, mit dem Antrage auf Verurtheilung der Beklagten, sich die Ertheilung der Vollstreckungsklausel unter dem Urtheile des Königlichen Amtsgerichts zu Borgentreich vom 5. April 1881 und dem Kostenfestsetzungs⸗ beschlusse vom 13. Mai 1881 gefallen zu lassen und ladet die Beklagten Sally und Isidor Bernstein zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor das Königliche Amtsgericht zu Borgentreich auf
den 22. Mai 1883, Vormittags 10 Uhr.
Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.
Borgentreich, 14. Februar 1883. . Der k Königlichen Amtsgerichts.
röger.
S693] Oeffentliche Ladung.
Nachdem der Müller Carl Wilhelm Kehr und dessen Ehefrau von Landefeld die Eintragung des auf ihren Namen in der Grundsteuermutterrolle katastrirten, im alten Kataster aber seit 1797 ohne Angabe eines Erwerbsgrundes auf den Namen des Karl Berge eingetragenen, in der Gemarkung von Landefeld belegenen Grundeigenthums, als:
C. 26. 12 a 89 m Acker, die Buchspitze,
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368. 4. 30 . hinter den Höfen,
E. 88. 3. 56. . oberste Weisenburg, unter glaubhafter Nachweisung eines zehnjährigen ununterbrochenen Eigenthumsbesitzes in das Grund⸗ buch von Landefeld beantragt haben, so werden alle diejenigen Personen, welche Rechte an jenem Grundvermögen zu haben vermeinen, aufgefordert, solche spätestens in dem Termine vom
1. Mai 1883, Vormittags 10 Uhr, bei der unterzeichneten Behörde anzumelden, widrigen⸗ falls nach Ablauf dieser Frist der bisherige Besitzer als Eigenthümer in dem Grundbuch, eingetragen werden wird und der die ihm obliegende Anmeldung unterlassende Berechtigte nicht nur seine An⸗ sprüche gegen jeden Dritten, welcher im redlichen Glauben an die Richtigkeit des Grundbuchs das
oben erwähnte Grundvermögen erwirbt, nicht mehr geltend machen kann, sondern auch ein Vorzugsrecht gegenüber Denjenigen, deren Rechte in gohs⸗ der innerhalb der oben gesetzten Frist erfolgten Anmel⸗ dung eingetragen sind, verliert. Spangenberg, am 13. Februar 1883. Königliches Amtsgericht. gez. Kehr.
8661] Aufgebot.
Auf Nr. 10 Ober⸗Obernigk, dem Rendanten Johann Krüger gehörig, stehen in Abtheilung III. Nr. 2 noch 56 Thlr. 27 Sgr., als Rest von 190 Thlr. zu fünf Prozent verzinslicher mütterlicher Erbegelder für den Konditorgehülfen Adolf Junitz zu Breslau und den Fleischergesellen Herrmann Junitz zu Trebnitz eingetragen.
Von diesen 5tz Thlr. 27 Sgr. stehen dem Adolf Junitz, dessen Aufenthalt dem Grundstücks⸗Eigen⸗ thümer unbekannt ist, 50 Thlr. zu.
Die Eintragung dieser Post ist erfolgt auf Grund der gerichtlichen Urkunde vom 5. März 1864 und ist über dieselbe ein Hypotheken-Instrument gebildet worden, welches verloren gegangen sein soll.
Die dem Adolf Junitz zustehenden 50 Thlr. sollen gezahlt sein und im Grundbuche gelöscht werden.
Auf Antrag des Grundstücks⸗Eigenthümers werden der Adolf Junitz und beziehungsweise dessen Rechts= nachfolger aufgefordert, ihre Ansprüche auf die Post spätestens im Aufgebotstermine
den 16. Juni 1883, Vormittags 11 Uhr, bei dem unterzeichneten Gericht, Richterzimmer Nr. 3, anzumelden, widrigenfalls sie mit ihren Ansprüchen auf die Post ausgeschlossen werden.
Trebnitz, den 15. Februar 1883.
8662 Aufgebot.
Der Wilhelm Wiegel von Dernbach hat das Auf- gebot der Urkunde der über 121 M 80 3 zu Gunsten des Löb Tobias zu Anhausen errichteten und auf dem Grundstück des p. Wiegel,
Flur J. Nr. 12551114 der Grundakten der Gemeinde Bern bach Band VI. Fol. 141 Art. 269 zu Lasten des Wilhelm Harstang zu Dernbach mit dem Datum vom 19. April 1872 eingetragenen Hypothek beantragt. Der Inhaber der ÜUrkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf den 26. September 1883, Vormittags 9 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Auf⸗ gebotstermine seine Rechte anzumelden, und die Ürkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftlos-= erklärung der Urkunde erfolgen wird.
Dierdorf, den 16. i, 1883.
Königliches Amtsgericht.
Dr. Dallmeyer.