1883 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Feb 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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bischöfliche Allüren angenommen habe, sei ihm nicht bekannt. Der Vorredner habe sich ferner über die Behandlung der Geistlichen beklagt. Aber nach der Novelle von 1880 sei ent⸗ scheidend, ob der Geistliche bei Ausübung einer geistlichen Handlung die Absicht habe, ein geistliches Amt zu übernehmen. Diese Entscheidung sei vielfach sehr schwer zu treffen, und daher seien gelegentliche Ueberschreitungen des betr. Gesetzes unvermeid⸗ lich. In Betreff der Kirchenbuchführung sei er soweit gegangen, als er vor seinem Gewissen verantworten könne. Die Sperre beruhe auf Gesetz, zu dessen Nchtanwendung allein das Ver⸗ halten des Klerus Anlaß geben könne.

Der Abg. Dr. von Jazdze wsli bedauerte, daß der Kultus⸗ Minister den von ihm vorgebrachten Klagen und Beschwerden so wenig Gehör geschenkt habe.

Bei Tit. 11 (Bisthum Cöln) erklärte der Abg. Biesen⸗ bach, daß das von der Diözese Cöln ausgegangene Gesuch um Zurückberufung ihres Erzbischofs keine Kraftprobe gewesen sei, wie der Kultus⸗Minister behauptet habe; diese auf Zei⸗ tungsnechrichten gestützte Behauptung müsse er als völlig unbegründet zurückweisen. Die Bevölkerung sei zu diesem Schritt? zur aus Liebe und Verehrung zu ihrem im Exil lebenden Erzbischof getrieben worden und habe dabei auf die Unterstützung des Staats⸗Ministeriums gerechnet. Er selbst als Kirchenvorstand einer leider ver⸗ waisten Gemeinde habe jene Petition unterschrieben. Das System Falk sei zum Glück vorüber und gerichtet; jetzt sei es an der Regierung, die Wunden, die dieses System dem Lande geschlagen, zu heilen.

Bei Tit. 12 (Bisthum Trier) beklagte der Abg. Dr. Mosler, daß die Dotationssummen seit der Bulle de salute animarum, also seit etwa 60 Jahren nicht erhöht worden, dem jetzigen Bedürfniß gegenüber also unzureichend seien. Bei der evangelischen Kirche würden doch die Ausgaben den wachsenden Bedürfnissen angemessen erhöht. Er bitte den Minister, hier die Fonds im nächsten Etat zu erhöhen. Ferner beklagte Redner, daß zur Erhaltung des Doms zu Trier keine Mittel zur Verfügung ständen. Der Minister möge sich etwaigen, diesbezüglichen Gesuchen geneigt zeigen.

Bei Kap. 116 (katholische Geistliche und Kirchen; Besol⸗ dungen und Zuschüsse) wünschte der Abg. Dr. Majunke, daß bei der Nachweisung der gesperrten Leistungen die säch—⸗ lichen und persönlichen Ausgaben unterschieden, und in diesen Nachweisungen die einzelnen Ausgaben ziffernmäßig auf— geführt würden; es könnte sonst vielfach scheinen, als ob ein der Kirche ungetreuer katholischer Geistlicher Gehalt beziehe, wo nur sächliche Ausgaben vorlägen. Er habe diesen Wunsch schon wiederholt, aber vergeblich ausgesprochen.

Der Staats⸗Minister von Goßler erklärte, sich nicht er⸗ innern zu können, daß ein ähnlicher Antrag schon öfter ge— stellt worden sei. Uebrigens würde, selbst wenn diese Position in einzelnen Ziffern spezialisirt wäre, der von dem Vorredner erstrebte Zweck nicht erreicht werden.

Der Abg. Dr. Majunke hielt seinen Wunsch aufrecht; wie er eben erfahren, sei an einem Orte der Rheinprovinz aus . Mitteln sogar ein altkatholischer Geistlicher besoldet worden.

Bei Kap. 116 2. (Bedürfnißzuschüsse und einmalige Unter⸗ stützungen, insbesondere für einen Bischof) bat der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) um Ablehnung dieser Position, die jedoch vom Hause bewilligt wurde.

Bei Kap. 117 (Provinzial-Schulkollegien, Besoldungen) beschwerte sich der Abg. Steinbusch über ein in den Regie⸗ rungsbezirken Trier, Cöln und Coblenz eingeführtes Lesebuch für Volksschulen. Dasselbe habe einen völlig religionslosen Charakter und enthalte Stellen, die geeignet seien, das kindliche Zartgefühl zu verletzen. Auf seinen Wunsch um Beseitigung dieses Buches in den katholischen Schulen habe der vorige Kultus⸗Minister von Puttkamer erwidert, daß er dieses Lesebuch sowohl für katholische wie für evan⸗ gelische Schulen für ungeeignet halte. Er bitte den Minister um recht baldige Beseitigung dieses Buches.

Der Abg. Dr. Kropatschek bat den Minister, dafür zu sorgen, daß bei Abschluß der literarischen Konvention mit Frankreich auch künftig der Abdruck ganzer Werke für den Schulgebrauch gestattet sein möchte. Durch eine Aenderung diefer Bestimmungen würden sowohl die deutschen Verlags— buchhandlungen als auch der Schulunterricht geschädigt werden, denn man müßte dann in den Schulen wieder zu den ganz ungenügenden Chrestomathien greifen.

Der Staats⸗Minister von Goßler erwiderte, daß er dieser Angelegenheit sein volles Interesse zuwende und, so weit es an ihm liege, sich bemühen werde, den vom Vorredner aus⸗ gesprochenen Wunsch zu erfüllen. Bezüglich der von dem Abg. Steinbusch vorgebrachten Beschwerde bemerke er, daß ihm hierüber noch kein Gesuch zugegangen sei. Uebrigens lasse sich der Charakter eines Buches nicht aus einzelnen aus dem Zusammenhang gerissenen Stellen beurtheilen.

Der Abg. Pr. Windthorst erklärte, daß kein Grund zu erneuten Beschwerden gewesen sei, da ja der frühere Kultus⸗ Minister von Puttkamer selbst die Beseitigung dieses Buches in Aussicht gestellt habe. Er hoffe aber, daß die jetzige Anregung ihre Wirkung nicht verfehlen werde. Die Königliche Regierung in Cöln habe auf ein Gesuch, betreffend den Kirchenbesuch der Schuljugend unter Leitung der Lehrer, erwidert, daß es kein Gesetz gebe, welches die Lehrer und Lehrerinnen verpflichte, die Schul jugend in den Gottesdienst zu. führen. Eines solchen Gesetzes bedürfe es nicht, da jene Pflicht der Lehrer unter die allge⸗ meinen Erziehungspflichten falle. Auch habe keine andere Re⸗ gierung das Beispiel der Regierung zu Cöln befolgt.

Bei Schluß des Blattes ergriff der Staats-Minister von Goßler das Wort.

Wie wir hören, wird die unenigeltliche Beför⸗ derung freimilliger Faben an Lebensmitteln, Kleidungsstücken, Brennmaterial und Füllungsmaterial, welche zu Gunsten der Bevölkerung in den durch die jüngsten Ueberschwem mungen heimgesuchten Bezirken auf den Staatseisenbahnen bewilligt war, mit Ablauf dieses Monats eingestellt werden, nachdem sich ergeben hat, daß die Voraus⸗ setzungen für diese ganz exceptionelle Maßregel in Folge der aus Staatsmitteln und durch Privatwohlthätigkeit reichlich gewährten Hülfe jetzt im Wesentlichen beseitigt sind,

Die von Staats- oder Kommunalbehörden sowie von Wohlthätigkeitsvereinen zu Gunsten bedürftiger Einwohner in den überschwemmt gewesenen Bezirken, wie auch in verschie⸗ denen anderen noihleidenden Kreisen der Rheinprovinz an— gekauften bezw. an diese Behörden ꝛc. adressirten Sendun⸗

den Staatsbahnen noch bis zum 15. Mai d. J. zur Hälfte der tarifmäßigen Fracht befördert.

Nach der im Reichs⸗Eisen bahn⸗A mt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Na chweisung über die im Monat Dezember v. J. auf deutschen Bahnen (aus⸗ schließlich der bayerischen) beförderten Züge und deren Verfpätungen wurden auf 45 größeren Bahnen beziehungs⸗ weise Bahnkomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 29 761,47 Km befördert an fahrplanmäßigen Zügen: 13 160 Courier⸗ und Schnellzüge, 96 771 Personenzüge, 55 152 gemischte Züge und 92 358 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: I566 Courier⸗, Schnell⸗ w. und gemischte Big und 29 509 Güter⸗, Materialien und Arbeitszüge. Im Ganzen wurden 699 628 239 Achskilometer bewegt, von denen 202 945767 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeför derung entfallen. Es verspäteten von den 165 083 fahrplanmäßigen Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen im Ganzen 3671 oder 2.22 pCt., (gegen 146 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 1,826 t. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 1815 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 1856 Verspaͤtungen ( 1,12 pCt. zur Last fallen (gegen 1,02 pCt. im Vormonat). In demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden ahn n von 152 837 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen— beförderung 1243, oder 0, 81 pCt., mithin 6, 34 pCt. weniger. In Folge der Verspätungen wurden 891 Anschlüsse versäumt (gegen 574 in demselben Monat des Vorjahres und 729 im Vormonat). Eine große Zahl dieser Verspätungen und Anschlußversäumnisse ist auf die durch das Hochwasser des Rheins und seiner Nebenflüsse am Anfang und Ende des Monats verursachten Betriebsstörungen zurückzuführen. Wird eine Gruppirung der Verwaltungen nach dem Verhältniß der auf se eine Anschlußversäumniß ent—⸗ fallenden Zugverspätungen vorgenommen, so kommen in erster Reihe die Posen-Kreuzburger Eisenbahn (3 Anschluß⸗ Ver säumnisse auf 1 Verspätung) mit 0,33 und die Dortmund⸗ Gronau⸗Enscheder Eisenbahn (5 Anschluß⸗Versäumnisse auf Verspätungen) mit O, 86, während die Berlin-Hamburger Eisenbahn (1 Anschluß⸗Versäumniß auf 12 Ver pätungen) mit 1260, die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn (30 Anschluß— Versäumnisse auf 477 Verspätungen) mit 15,90, die König—⸗ liche Eisenbahn⸗Direktion Cöln (rechtsrh. (11 Anschluß-Ver⸗ säumnisse auf 197 Verspätungen) mit 17,91 und die Elsaß⸗ Lothringischen Eisenbahnen (13. Anschluß⸗Versäumnisse auf 233 Verspätungen) mit 17,92, die letzten Stellen einnehmen und bei 6 Eisenbahnen, welche im Ganzen 61 Zugverspätungen gemeldet haben, Anschluß⸗Versäumnisse nicht vorgekommen sind.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver— brauchssteuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1882 bis zum Schlusse des Monats Januar 1883, einschließlich der kreditirten Beträge (verglichen mit der Einnahme in demselben ef un des Vorjahres), zur Anschreibung gelangt: Zölle 176 641 439 S (4 16197 993 M, Tabacksteuer 6 880 681 MS¶æl (= 8Sg93 14 M¶), übenzuckersteuer 43 267 678 M (— A 389 006 M), Salzsteuer 32 656 093 6 2 872 761 S), Branntweinsteuer 29 253 434 (Sem: 2829 095 66, Uebergangsabgaben von Branntwein 97 770 G6 ( 584 M), Brausteuer 14 592 708 6 ( 527 753 MS), Uebergangsabgaben von Bier 1144875 6 ( 114343 S); Summe 364 534 728 S6 (— 13398979 6). Spielkartenstempel 869 427 S ( 10754 S6), Wechsel⸗ stempelsteuer 5 584 146 6 40 298 S6), Stempel⸗ abgabe sür Werthpapiere, Schlußnoten, Rechnungen und Lotterieloose 8 912 859 S (f 5132 386 6), Post- und Tele— graphenverwaltung 126 115 350 6 ( 4503 507 M), Reichs⸗ Eisenbahn⸗Verwaltung 36 751 500 6 (4 954 024 (M).

Die zur Reichskasse gelangte Ist-Einnahme, ab— züglich der Bonifikationen und erwaltungskosten, be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende Januar 1883: Zölle 158 833 017 S6 ( 7526 620 6), aback⸗ steuer 11 186 932 M (4 4 921 185 ½ ), Rübenzuckersteuer 33 792 152 M (— 32 674 0833 S6), Salzsteuer 30 048 201 6 ( 560 093 M6), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 30 367 328 S ( 987 832 S6), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 13 340 3044 6 (* 545 337 ½ ); Summe 277 567 9564 S (— 18132961 6). Spielkartenstempel 767 904 S6 (— 44 197 M).

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich baye⸗ rische Staats-Minister Freiherr von Crailsheim ist von hier wieder abgereist.

Bayern. München, 22. Februar. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, wird sich als Vertreter Sr. Majestät des Königs Se. Königliche Hoheit der Prinz Arnulf zur Nach—⸗ feier der Silbernen Hochzeit des Kronprinzlichen Paares nach Berlin begeben.

Hessen. Darmstadt, 24. Februar. (W. T. B.) Der Großherzog hat laut Erlaß ein Ehrenzeichen gestiftet für Verdienste während der Wassernoth 1882,83. In der von der „Darmstädter Zeitung“ veröffentlichten Liste der Beliehenen befinden sich Prinz Heinrich von Hessen und der Gouverneur von Mainz, von Woyna.

Mecklenburg. Schwerin, 23. Februar. Die heutigen „Meckl. Anzeigen“ melden: Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin-⸗Mutter tritt heute in das 81. Lebensjahr ein. Die tiefe Trauer, in welche die erlauchte Fürstin durch das vor fünf Wochen erfolgte Ableben Höchst⸗ ihres Durchlauchtigsten Bruders versetzt ist, gestattet freilich am heutigen Tage keine lauten Feierlichkeiten. Aber viele treue mecklenburgische Herzen gedenken mit innigen Segens—⸗ wünschen der greisen Hohen Frau, welche jedem Mecklenbur— ger theuer ist als die Mutter des geliebten Landesherrn, jedem Deutschen als die Tochter der Königin Luise und die Schwester unseres erhabenen Kaisers. In Schwerin wird der 23. Februar seit 60 Jahren als hoher Festtag be— gangen, und in aufrichtiger Dankbarkeit erinnern sich gerade heute die Bewohner der Residenz daran, welch reichen Segen die Erlauchte Tochter des Hauses Hohenzollern unserem Lande und vor Allem unserer Stadt in den letzten sechs Jahrzehnten gebracht hat. Hoffen wir, daß Ihre König⸗ liche Hoheit uns in der bisherigen geistigen und körperlichen Rüstigkeit noch lange erhalten bleibe zur Freude unseres Fürstenhauses und des ganzen Landes.

durch die mit Fahnen und Flaggen festlich geschmückten Stra⸗ ßen der Stadt. Mittags 1216, Uhr fand zu Ehren Ihrer Königlichen Hoheit eine Parade der hiesigen Garnison auf dem Alten Garten statt. Se. Hoheit der Herzog Ernst von Sachsen⸗-A Altenburg ist gestern Abend zum Besuch am Großherzoglichen Hofe hier eingetroffen.

Schaumburg ⸗Lippe. Bückeburg, 23. Februar. Am heutigen Tage wurde die Erbprinzessin zu Schaum⸗ burg⸗Lippe, geborene Prinzessin von Sachsen⸗Altenburg, im Fürstlichen Schlosse zu Stadthagen von einem gesunden Prinzen glücklich entbunden.

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Niederlande. Haag, 23. Februar. (W. T. B.) Der König hat das Demissionsgesuch des Ministers der Kolonien, Stavenisse de Brauw, angenommen und den Marine—⸗ Minister van Erp Taalman Kip mit den Geschäften des Ministers der Kolonien beauftragt.

Großbritannien und Irland. London, 22. Februar. (Allg. Corr) Der Herzog und die Herzogin von Con—⸗ 246 ö ht sind gestern, von Paris kommend, in Mentone ein⸗ getroffen.

23. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Unter⸗ haussitzung zeigte Northeote an, daß er dem⸗ nächst die Ernennung eines besonderen Ausschusses zur Untersuchung und Berichterstattung über die bei der Freilassung Parnells, O'Kelly's und Dil— lons im Frühjahr 1882 stattgehabten Verhandlungen und vorgekommenen sonstigen Umstände beantragen werde. Der Ausschuß soll durch den Ernennungsausschuß bestellt werden und die abzuhörenden Zeugen eidlich vernehmen. Von Lord Hartington wurde mitgetheilt, daß der Premier Gladstone voraussichtlich im Laufe nächster Woche nach London zurückkehren werde. Bei der hierauf fortgesetzten Berathung über Gorsts Amendement zu der Adresse nahm Parnell das Wort. Er erklärte, er glaube zwar, daß Alles, was er auch immer sagen möge, doch nur von der geringsten Wirkung auf die öffentliche Meinung des Hauses und Englands sein werde; er habe indeß stets auch nur auf die öffentliche Meinung derjenigen gezählt, denen er zu helfen gewünscht habe. Es sei ihm gegenwärtig nur darum zu thun, seine Stellung gegenüber den Irländern in der Heimath und im Auslande klar zu stellen. Die von Forster gegen ihn er⸗ hobenen Beschuldigungen seien vollständig ungerechte Ver⸗ läumdungen; die von Forster erwähnten Artikel in dem Journal „United Ireland“ seien erschienen, als er sich im Gefängniß befunden habe; er habe keine Kenntniß von denselben gehabt, Die Zeugenschaft Careyes in dem Dubliner Komplottprozeß beruhe auf Hörensagen. Seit seiner Freilassung habe er sich wenig um Politik gekümmert; von seinen Handlungen habe er keine zu vertheidigen. Er sehe die Unmöglichkeit ein, gegen Vorurtheile anzukämpfen, blicke in die Zukunft Irlands aber mit der Zuversicht, daß das Land die jehige Periode des Druckes überleben werde, wie es auch frühere schlimmere Perioden überlebt habe. Das Amendement Gorsts wurde schließlich mit 259 gegen 176 Stimmen abgelehnt und die Fortsetzung der Adreßdebatte alsdann auf Montag vertagt.

den Mitgliedern des neuen Kabinets gehören zwei, nämlich Challemel⸗Lacour und Charles Brun, dem Senat, acht dem Abgeordnetenhause an; der elfte, General Thibaudin, sitzt nicht im Parlament. Von den acht Abgeordneten sind vier, Jules Ferry, Tirard, Cochéry und Meline bei, der „Union dẽmocratique“ (ehemaligen, Gauche rẽpublicaine“ eingeschrieben; drei, Waldeck-Rousseau, Martin-Feuillse und Raynal bei der „Union republicaine“; Herisson geht mit der radikalen Linken. Raynal ist Vorsitzender der „Union republi— caine“, Mäline der „Union démocratique“; beide geben aber diese Ehrenämter auf, um sich der Regierung zu widmen. Was die Senatoren Challemel Lacour und Charles Brun betrifft, so sind sie Mitglieder der republikanischen Union ihres Hauses. Nur vier von den neuen Ministern waren bisher noch niemals Inhaber von Portefeuilles, näm⸗ lich Challemel-Lacour, Charles Brun, Meline und Martin⸗ Feuillse; der Letztere bekleidete unter dem „großen Mini— sterium“ das Amt eines Unter⸗Staatssekretärs, während seine heutigen Kollegen Waldeck-Rousseau und Raynal das Innere und die öffentlichen Bauten verwalteten. .

23. Februar. (W. T. B.) Die ministerielle Erklärung ist von den Journalen im Allgemeinen günstig aufgenommen worden. Nach dem „Temps“ hätte Ferry die Absicht, als Präsident des Minister⸗ raths an der Thätigkeit der Regierung in allen einzelnen Zweigen aktiven Antheil zu nehmen. Alle wichtigen Dekrete, alle wichtigen Ernennungen würden vor der Unterzeichnung durch den Präsidenten Gräöoy ihm vorgelegt werden, und ebenso werde er von allen diplomatischen Depeschen Mit— theilung erhalten.

Die Dekrete wegen Anwendung des Gesetzes vom Jahre 1834 betreffs Versetzung der militärische Posten be⸗ kieidenden Prinzen in Disponibilität werden, wie versichert wird, vom „Journal officiel“ morgen veröffentlicht werden. Die Dekrete werden nur die Herzöge von Chartres und Alengon betreffen; nicht davon berührt werden der Herzog von Penthievre, der sich bereits nicht mehr im aktiven Dienste befindet, sowie der Prinz Roland Bonaparte, den man nicht zu den als Prätendenten anzusehenden Prinzen zählt.

Italien. Rom, 23. Februar. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Tripolis: Der General—⸗ Gouverneur stattete auf Befehl des Sultans dem ita lie⸗ nischen Konsul einen offiziellen Besuch ab und drückte sein lebhaftes Bedauern über den letzten Zwischenfall aus.

24. Februar. (W. T. B.) Aus Kon stantinopel berichtet die „Ag. St.“: Der Minister des Aeutzern machte dem Grafen Corti Mittheilung von dem offiziellen Besuche des Generalgouverneurs von Tripolis bei dem italienischen Konsul und sprach die Hoffnung aus, daß Italien nach Beilegung des Zwischenfalles verzichten werde, ein Panzer⸗ schiff nach Tripolis abzusenden.

Griechenland. Athen, 23. Februar. (W. T. B.) Bei der von der Deputirten kammer fortgesetzten Be⸗ rathung des Budgets erklärte der Minister-Präsident Tricuͤpis den Rednern der Opposition gegenüber, daß eine Reduktion der Ausgaben und der Steuern unmöglich sei, die Herstellung des Gleichgewichts im Budget sei eine Nothwen⸗ digkeit. Ferner sprach sich der Minister-Präsident mit Rück—

Zur Feier des Tages bewegte sich heute Morgens 8 Uhr

gen an Saatgut, Viehfutter und Brennmaterial werden auf

eine aus sänimtlichen Militärmusikcorps gebildete Reveille

sicht auf die friedliche Politit zu den Mächten für eine Bei⸗

Frankreich. Paris, 23. Februar. (Fr. Corr) Von

n * 1 2 26 * * militãri⸗ n iete für nothwendig erkannten Maßnahmen wurden von dem Minister⸗Präsidenten aufrecht erhalten.

Amerika. Washington, 21. Februar. (Allg. Corr.)

m Senat ist eine Resolution eingebracht worden, welche um Auskunft ersucht über die angebliche gemeinschaftliche Ver⸗ ständigung zwischen den Vertretern der Vereinigten Staaten, Englands, Frankreichs und Italiens in Lima, eine Anstren⸗ gung zu Gunsten des Friedens zwischen Peru und Chile zu machen. Eine gemeinschaftliche Resolution zu Gunsten der Kündigung der Fischerei-Paragraphen des Washingtoner Vertrages hat den Senat passirt, indeß mit dem Zusatze, daß das Gesetz, welches den Waaren— transport in transitun durch Amerika gestattet, keine Verän— derung erfahren solle. (We. Ztg.) Im Senat ist, wie gemeldet, die Bill, betr. die Ermäßigung der Steuern und die Re— form des Zolles, mit 42 gegen 19 Stimmen durchge— gangen. In Folge der vom Senat beschlossenen Herabsetzung von Steuern wird die Steuerlast um 25 000 060 Doll. er— leichtert. Was die Aenderungen im Zolltarif angeht, so ist es kaum möglich, die Maßregel schon im Einzelnen zu charak⸗ terisiren, da die endlose Zahl von Amendements die Uebersicht noch unmöglich macht. Tie angenommene Bill ist dem Frei⸗ handelsprinzip weniger günstig als bei ihrer Einbringung, aber dennoch sind die Schutzzöllner unbefriedigt. Die Demo— kraten stimmten gegen sie, weil die Ermäßigungen ihnen nicht genügend erschienen. Was das Haus mit der Bill machen wird, ist ungewiß. Wahrscheinlich wird sie dort verschleppt werden, oder Schutzzöllner und Freihändler werden sie ge⸗ meinsam verwerfen, da beide unzufrieden mit der Bill sind. New⸗York, 23. Februar. (W. T. B.) Eine von der republikanischen Partei des Repräsentantenhauses abgehaltene Versammlung beschloß gestern, der Tarifvor— lage des Senats nicht zuzustimmen. Der durch die Enthüllungen des Kronzeugen Carey in Dublin der Theilnahme an den Dubliner Morden verdächtigte Irländer Sheridan hat dem Redakteur des Journals „Irish World“ gegenüber erklärt, daß er Carey niemals in seinem Leben gesehen habe; Carey's Angaben über ihn seien pure Erfindungen.

industrie betrifft, so zeigt die Tuchindustrie

Verdienst gebracht.

beschäftigt in bedeutende Flachsspinnerei zu Düren wird schwunghaft betrieben, und die seit drückten Verhältnisse der Flachsbereitungsanstalten zeigen ien. ö 2 ern, * 6. Industriezweige läßt sich, soweit dieselben von einiger Bedeutung sind, gleichfalls Guͤnstiges berichten. Der Export der gerte ern, . Südamerika hat sich gehoben; auch aus Frankreich gingen in letzterer Ii Bestellungen von Bedeutung ein. Soweit nicht, wie bei kleineren

iegeleien, eine Betriebsbeschränkung durch die Jahreszeit herbeigeführt worden ist, befinden sich alle Anlagen der Thon, und Glasindustrie . . . besbẽftigt sind die in Folge

gesteigerten Bedarfs in den Hüttenwerken äußerst s

betriebenen Fabriken für feuerfeste Steine. , mmm

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Dresden, Sonnabend, 24. Februar. Der Herzo von Genua traf gestern Abend um 16 Uhr von ö * ein, wurde auf dem Bahnhof vom Könige empfangen und stieg im Königlichen Schlosse ab. Heute Vormittag stattete der Herzog dem Prinzen Georg einen Besuch ab.

Paris, Sonnabend, 24. Februar. Die für heute erwartete Veröffentlichung der Dekrete betreffs der Versetzung der militärische Posten bekleidenden Prinzen in Disponibili— tät ist nicht erfolgt. Wie es heißt, hat die Regierung die Veröffentlichung bis nach Erledigung der heute in der Depu⸗ tirtenkammer stattfin denden Interpellation über die Maßregeln gegen die Prätendenten verschoben.

Rom, Sonnabend, 24. Februar. Meldung der „Agenzia Stefani: Die Anklagesektion des Appellgerichts verwies Rigatieri vor die Assisen, weil er durch Revolverschüsse auf das Wappenschild des öfterreichischen Botschaftshotels das Land der Kriegsgefahr ausgesetzt habe. Am 5. März findet die Verhandlung über die Appellation Valerianis statt, welcher mit Steinen nach dem Wagen des österreichischen Botschafters geworfen hatte.

Zeitungõftimmen.

Der „Germania“ wird aus dem westfälischen Kohlen—⸗ revier Mitte Februar geschrieben: In unserem Industriebezirk z. B., in welchem seit 6 Jahren so viel wie nichts gebaut wurde, dessen Bexölkerung aber ganz er— heblich zugenommen hat, herrscht efftktive Wohnungsnoth und der J. Februar hrachte bedeutende Miethssteigerungen. Sicher wird und nicht allein hier die Bauthätigkeit in diesem Jahre groß, daher auf die Eisenindustrie von nüßlichem Einflusse sein. Die Maschinen⸗- und Brückenbauanstalten sind noch immer gut be—⸗ schäftigt, ebenso haben keine Ursache zu klagen die Kessel⸗ schmieden, Kleineisenzeugfabriken und Gießereien. Unsere Stahl werke, die fortwährend Vergrößerungen anlegen, sind mit Auf⸗ träzen wohlversehen, und für den einheimischen Eisenbahnbau, dessen Bedarf ihnen kein Ausland mehr streitig macht, auf lange Zeit be⸗ ft zt An dieser Stelle sprechen wir den Wunsch aus, die deut— chen Rheder und Schiffbauer möchten eben so patriotisch handeln, wie unsere Staatsbahnen; erstere mögen, da sie von Deutschen leben, ihre Dampfer im Inlande bauen lassen, letztere aber ihr Eisen zu ibren Schiffsbauten nicht aus England beziehen, schon der besseren Qualität des deutschen Eisens wegen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schließt einen „eine Zolldebatte im Reichstage“ überschriebenen Artikel mit folgenden Sätzen:

.Was aber die angebliche Schädigung unseres Exports betrifft, so wies der Regierungskommissar nach, daß alle Prophezeiungen der Gegner des Tarifs, die gerade in dieser Beziehung seinerzeit alles erdenkliche Maß überstiegen, durch die Exportlisten der Jahre 1881 und 1882 vollständig wiederlegt seien. Aus den bezüglichen Mit theilungen des Geheimen Regierungs-Raths Schraut entnehmen wir, daß der Export im Jahre 1882 gegen das Jahr 1881, welches bereits eine sehr beträchtliche Steigerung des Exports gegenüber den früheren Jahren aufzuweisen hatte, weiter gestiegen ist;

bei Halbseidenwaaren um 4000 Doppel⸗Ctr. Wollenwaaren um 9 800

Baumwollenwaaren um 8 989 ö Baumwollengarn um ; 2900 . Leinengarn und Zwirn um 2400 g . Wollengarn um ... 5 400 ö Halbfabrikaten von Eisen um 606000 f Kain . Eisendraht um. 1680000 ö „Häuten und Fellen 17000 6 . J 5000 ü , 6900 = Papier und Papiertapeten um 67000 s

Außer diesen günstigen Exportnachweisen sprechen die fortwährende Steigerung der Erträgnisse, unserer Eisenbahnen, Posten und der übrigen Verkehrsanstalten, die Zunahme der Einlagen bei den Spar— kassen und Rentenanstalten, der günstige Stand unserer Geldeourse gegenüber dem Auslande zu Gunsten einer erfreulichen Entwickelung unserer Produktions- und Erwerbsverhältnisse. Die Thatsache einer wesentlichen Besserung gegenüber den früheren Jahren wird auch von jedem unbefangenen und unparteiischen Beurtheiler anerkannt, und nur die mit einer agitatorischen Thätigkeit verbundene Einseitigkeit des Urtheils neben einem Mangel an genügender sachlicher Informa—⸗ tion führt zu tendenziösen Behauptungen und Schlüssen.

Die „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt:

Ueber die Lage der Industrie im Regierungsbezirk Aachen wird uns in Vervollständigung unserer neulichen Mittheilungen weiter be⸗ richtet, daß namentlich der Bergbau sich der Fortdauer günstiger Verhältnisse erfreut. Die vortheilhaften Absatzverhältnisse für Stein kohlen haben sich erhalten. Sowohl Fett als Flammkohlen fanden bei annehmbaren Preisen leichten Abgang. Am vortheilhaftesten ge⸗ stalteten sich die Konjunkturen für Kokes, der von den Eisenhütten—⸗ werken stark begehrt wurde. Auch der Blei, und Zinkerzbau blieb in gedeihlicher Fortentwickelung. Einen besonders flotten und auch lohnenden Betrieb zeigen alle Kalksteinbrüche des Bezirks. Die lebhafte Thätigkeit sämmtlicher Hüttenwerke blieb unverändert, und es sollen auch pekuniär günstige Resultate erzielt sein. Besonders gilt dies für die Groß -Eisenindustrie, die bei reichlichen Aufträgen ersichtlich einer weiteren Betriebssteigerung entgegengeht und auch mehr als andere Zweige eine Verbesserung der Löhne hat eintreten lassen. Recht Günstiges läßt sich auch über die Dampfkessel, Metallwaaren⸗ und Kratzenfabrikalion berichten. Die früher nicht un bedeutende, dann aber sehr eingeschränkte Cisenhütten⸗Industrie des,. Kreises Schleiden geht immer mehr zur Fabrikation von Spezialitäten, be— sonders der Klein- Eisenwaarenbranche, über. So hat die Herstellung von Stiefeleisen dort einen ganz beträchtlichen Umfang erreicht. Ein zur Fabrikation von Heugabeln vor etwa zwei Jahren übergegangenes älteres Werk beschäftigt heute in diesem Artikel bereits 50 bis 60 Arbeiter. Die Fabriken der chemischen Großindustrie arbeiten unver- ändert flstt. Gegen früher wesentlich gebessert hat sich der Betrieb

Gentralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 8. Inhalt Zoll- und Steuerwesen: Bestellung eines Sia on cf onttolchie⸗ Befugniß einer Steuerstelle. Konsulatwesen: Ernennung. Exequaturertheilung. Finanzwesen; Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. April 1882 bis Ende Januar 1883 Marine und Schiffahrt: Erscheinen eines weiteren Heftes der Entscheidungen des Qberseeamts und der Seeämter, desgl. der amtlichen Liste der Schiffe der deutschen Kriegs- und Handelsmarine für 1883. Polizei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Kunft, Wissenschaft und Literatur. Die Lehre von den Schuldverhältnissen nach ge— meinem deutschen Recht. Mit Rücksicht auf partikulare und fremdländische Gesetzgebung systematisch dargestellt von Dr. Richard Ryck, Landgerichtsrath in Berlin J. Berlin 1883. gr. 8. Preis 250 6 R. v. Decker's Verlag, Marquardt & Schenck. Der Verfasser hat sich die Darftellung des praktischen Verkehrsrechts (Obligationenrechts) zur Aufgabe gemacht und berücksichtigt hierbei nicht blos die einheimischen Rechtsquellen, sondern auch das öster⸗ reichische, französische und neueste schweizerische Recht. Die vor— liegende J. Abtheilung, welche für sich ein abgeschlossenes Ganze bildet, hehandelt eine Reihe höchst wichtiger Materien, welche bisher in der Theorie und Praxis große Schwierigkeiten verursachten und einen Tummelplatz der widersprechendsten Auffassungen darboten. Verfasser, welcher das gesammte sachliche Material dem Leser vor führt, kritisch beleuchtet und die eigenen Resultate durch eingehende Beweisführung aus den Gesetzen, der Literatur und der Judikatur der höchsten Gerichte rechtfertigt, sucht überall die behandelten Rechts— institute auf sichere Prinzixien zurückzuführen und darüber neue Auf— schlüsse zu gewähren. Das klar geschriebene, von der Verlagshandlung trefflich ausgestattete Werk dürfte nicht blos den Fachmännern, sondern auch in kaufmännischen Kreisen von Interesse sein und sich nament— lich bei komplizirten Rechtsstreitigkeiten als ein wichtiges Hilfsmittel erweisen. Dasselbe verdient auch wegen seines internationalen Charakters volle Beachtung. Gewerbe und Handel. London, 23. Februar. (W. T. B.) Bei der gestrigen? Wsoll⸗ auktion waren Preise unverändert. Paris, 25. Februar. (W. T. B.), Prozeß gegen die Union generale. Die Schlußanträge des Generaladvokaten sind dem erstinstanzlichen Erkenntniß konform; es wird die Annullirung der neuen Gesellschaft und die Ungültigkeitserklärung der Operationen, betreffs der zweiten Emission, endlich die Nichtauslieferung der Titres beantragt. Das Gerichtsurtheil wurde auf heute über 8 Tage

vertagt.

Verkehrs⸗Anftalten. New-⸗-JYJork, 25. Februar. (W. T. B) Der Hamburger Postdampfer „Bohemia ist hier eingetroffen.

Berlin, 24. Februar 1883.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 14. Februar 1853. Der General Lieutenant von Redern⸗Wansdorf zeigte und besprach eine durch seltenen Reich⸗ thum wohlerhaltener Siegel ausgezeichnete Urkunde, eine Schuld— verschreibung des Markgrafen Albrecht von Brandenburg aus dem Jahre 1545. Der Major Max Jähns legte ein interessantes Kriegsbuch ver, welches die Jahreszahl 1453 trägt, dem Kriegsarchive des Großen Generalstabs angehört und nach Provenienz wie Einband— ausstattung vermuthlich aus der Büchersammlung des Kurfürsten Friedrich II., des Eisernen, herstammt. Es beginnt mit einer schönen Copie des sogenannten alten Feuerwerksbuches, das, Anfangs des 15. Jahrhunderts entstanden, die gesammte Artillerieliteratur dieses Zeitabschnittes beherrscht. Daran reiht sich Hans Hart— liebs Gnomatomantia, d. h. eine Lehre der Kunst, je nach dem Namen, den man trägt, einen siegverkündenden Tag zum Kampfe zu wählen. Dann folgt das Buch von den Iconismis bellicis-, d. h. eine jener großen Bilderhandschriften, welche als der charakteristischste Bestandtheil der Militärliteratur des 15. Jahrhunderts bezeichnet werden müssen und welche die. mannigfaltigsten Gegenstände der mili⸗ tärischen und technischen Künste in mehr oder minder guten, oft nur skizzirten, zuweilen aber auch mit künstlerischer Vollendung ausge⸗ führten Darstellungen zu veranschaulichen suchen. Das Manuskript des Generalstabs gehört zu den minder sorgfältig hergzestellten Werken dieser Art und erweist sich als abgeleitet aus dem herrlichen, Belli fortis- betitelten gleichartigem Werke, welches ein verbannter fränkischer Edelmann, Konrad Kyeser, im Jahre 1405 in Böhmen vollendete und dem Könige Ruprecht von der Pfalz widmete. Von dem Inhalte dieses „Bellifortis“, der in Göttingen aufbewahrt wird und der als Grundtvpus dieser militärischen Ikono⸗ graphien zu betrachten ist, gab Major Jähns eine Uebersicht, unter

der Explosivstoffe, sowie der Seifenfabriken. Was die Tertil⸗

n . ; darchweg befrie · Rigende und zum Theil gesteigerte Betriebs verhältnisse. lu r r⸗ Sammet und Seidenindustrie hat sich in letzterer Zeit sehr gehoben und einer großen Anzahl von Hauswebern Beschãftigung und lohnenden nst geb: In raschem Aufschwunge begriffen ist die offenbar sehr einträgliche Kunstwollfabrikation im dortigen Bezirke. Sie sechs Anlagen bereits über 1059 Arbeiter. Die nach wie vor langer Zeit sehr ge⸗

im Bezirk vertretenen

Koder. Dieser enthält überdies noch ein Hern Albrechts 2 = bergks Kunst‘ überschriebenes Kapitel, i 24 wan . einander pyrotechnische und voliorkatische Vorschriften bringt, die auch großentheils illustrirt sind. Offenbar hat man es hier aber mit einem Nachtrage zu thun. Der brandenburgische Koder kat besonders des halbe nter weil er zu den wenigen Resten der altkurfürstlichen Bücherbestände gehört, die in der Mark zurückblieben, wãb⸗

rend die Hauptmasse, derselben in Franken aufbewah

ie ö ̃ J e tt war. 4 Der Oberlebrer Fischer berichtete über Hädickes Arbeit: einige Die Reichsunmittel barkeit und Landsässiakeit der Bistümer

Brandenburg und Havelberg. Von den drei märkischen Bischof⸗ waren der Brandenburger und der Havelberger von Anfang ** anerkanntermaßen des Reiches Fürsten; der Lebufer klieb landsãssig wie er es als polnischer Unterhan zuerst gewesen war, bis in den irren des 14. Jahrhunderts dieser Unterschied fich allmählich zu seinen Gunsten verwischte. Der Umstand, daß die Bischöre vielfach genöthigt waren, den landesherrlichen Schutz zu suchen, erleichterte es Karl JV sie in das Vasallenverbältniß, ihre Reichsfreibeit in die Formen des böhmischen. Fürstenstandes herunter zu drücken. Die Hohenzollern änderten nichts Wesentliches an dem Bestande, welchen fie thatfãch⸗ lich vorfanden; die Reichskanzlei dagegen behandelte nach wie vor die Bischöfe als Reichsfürsten, was zwar zu einigen Streitigkeiten, jedoch zu keinem den Bischöfen günstigen Erfolg mehr faäͤhrte.

n „Neuen Archiv der Gesellschaft

ältere deutsche GeJschichtskunde zur i ,, 44 Gejammtausgahe der. QOuellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters ist kürzlich das 2. Heft VIII. Bandes ausgegeben worden Hannover, Hahnsch Buchhandlung) Besonders bemerkenswerth ist in diesem Heft ein Referat über die Handschriften der Hamiltonfchen Sammlung, von W. Wattenbach. Derselbe beschränkt sich bei der Besprechung der kostbaren Sammlung allerdings auf diejenigen welche die Geschichte des Mittelalters betreffen oder paläo⸗ graphisch ein besonderes Interesse darbieten. Diese find darin zusammengestellt, jedoch ohne Beschränkung auf das deutsche Mittelalter und. möglichst vollständig. Ausführlich besprochen werden die Collectio conciliorum aus dem S. Jahr⸗ hundert und in einem Anhange die Purpurhandfchrift. Ueber diese sagt Wattenbach: Unter den vielen Prachthandschriften der Hamiltonschen Sammlung ist eine von besonderer Schönheit und Seltenheit: eine Abschrift der Evangelien in lateinischer Üebersetzung auf Purpur-Pergament in Goldschrift. Wunderbar frisch ist noch beute die Farbe des Purpurs, und das Gold strahlt in völliger Frische. Man hat das schönste frische Pergament von großem Folio— format genommen, tief und nachhaltig gefärbt mit der echten Purpur farbe, wie es wohl nur in Constantinopel zu finden war. Hier hat man diese. Kunst schon früh geübt und mit großer. Vorliebe. Prachthandschriften dieser Art hergestellt. Auch in Rom blühte diese, Kunst, und unter den Karolingern sind auch im Frankenreich herrliche Kunstwerke dieser Art entstanden. Die Färbung unserer Handschrift ist nicht überall gleich; sie geht von dunklem Violett in Blau und lebhaftes Roth über, und man könnte sich versucht fühlen zu glauben, daß fie verstümmelt gewesen und durch etwas verschiedenes Material wieder ergänzt sei. Eine genauere Prüfung zeigt jedoch, daß daran nicht zu denken ist, und ebenfo zeigen sich in der Schrift gewisse Verschiedenheiten, aber in solcher Welfe, z. B. auf den beiden Seiten desselben Blattes, daß nur eine ein heitliche Entstehung angenommen werden kann. Allerdings aber sind verschiedene Schreiber dabei beschäftigt gewesen, und jedes einzelne Evangelium ist von etwas versbiedener Färbung. Man darf dabei aber nicht außer Acht lassen, daß vor mehr als tausend Jahren der Anblick wohl doch noch etwas anders gewesen sein mag. so ausge⸗

zeichnet gut auch die Erhaltung der Handschrift ist. Bie Ungleich⸗

heit wird damals nicht so auffallend gewesen sein. Ueber die Her—

kunft der Handschrift ist auf einem eingelegten Papierblatt die Ver—⸗

muthung ausgesprochen, daß Papst Leo X. sie dem König Heinrich VIII.

Von dem

geschenkt habe, als er, ihm den Titel Defensor fidei verlieh. Diese Vermuthung, stützt sich auf die. Widmung, welche auf der Innenseite des ersten, ursprünglich leergelas⸗ senen Purpurblattes ebenfalls mit Goldschrift eingeschrie⸗

ben ist. Ueber den Versen ist das Königliche Wappen von England angebracht, und es ist kein Grund zu bezweifeln, daß ein aus diesem Anlaß dem König überreichtes Geschenk vorliegt. Aber durchaus nicht so gesichert ist die Herkunft. Für italienische Humanisten vom Hofe Leo's T. sind die. Verse nicht gut genug; der Styl des Wappens ist durchaus ein englischer, und das unter den Versen angebrachte Ornament, kann nicht italienischer Herkunft sein. Nun trifft es sich, daß wir gerade aus England Kunde von einer solchen Epangelienhandschrift haben. Es war der Erzbischof Wilfrid von Vork, welcher die vier Evangelien mit reinstem Golde auf Purpurpergament schreiben ließ. Als ein in unseren Zeiten bis dahin unerhörtes Wunderwerk preist es sein Biograph, und auch in seiner don Beda uns aufbewahrten Grabschrift wird es rühmend erwähnt. Die Zeit seines Glanzes, in welcher er in der Lage war, ein solches Werk ausführen zu lassen, fällt in die Jahre 676 bis 689. Er hat in dieser Zeit große Summen auf kostbaren und prächtigen Kirchenschmuck verwendet, und ein längerer Auf— enthalt in Rom hat ihm ohne Zweifel Gelegenheit gegeben, Künstler für diese Zwecke zu gewinnen. Dieses Prachtstück schenkte er seinem Kloster Ripon, wo er es in einem kostbaren Behältniß verwahren ließ Wie es ausgesehen haben mag, wissen wir nicht, da wir nichts zur Vergleicung haben. Auch wissen wir ja nicht, ob einheimische oder vielleicht römische Kalligraphen das Werk zu Stande brachten. An die Eigenthümlichkeiten irischer oder angelsächsischer Schrift erinnert in unserer Handschrift durchaus nichts, höchstens eine Form des U, wo der vordere Theil einen Winkel mit abwärts geneigtem Unterschen kel bildet. Nicht ohne Bedenken also, ob die Schrift so alt sein kann, bemerkt Wattenbach doch, daß, verglichen mit Werken, karolingischer Zeit, dieselbe eine sehr feste geübte Hand zeige. Die Buchstaben sind wirklich geschrieben, nicht gezeichnet oder gemalt; ihre Form ist einfach und anspruchslos, die Anfangsbuchstaben nur wenig vortretende, etwas größere Kapitalschrift; nicht die geringste Spur von den reichen Ornamenten, welche in karolingischen Handschriften nicht zu fehlen pflegen. Eine Vergleichung mit dem großen Werke des Grafen Bastard führte nur dazu, den Eindruck eines höheren Alters unserer Handschrift zu verstärken. Merk⸗ würdiger Weise ist später nie wieder von Wilfrieds Werk die Rede. Wenn aber nun einheimischer, englischer Ursprung der Hand— schrift wahrscheinlich erscheint, wer hat sie denn dem König Hein rich VIII. geschenkt? Darüber kann kaum ein Zweifel sein, denn kaum war damals ein Anderer dazu im Stande und in geeigneter Lage, Keinem auch lag gerade diese Gabe mit dieser Widmung näher als dem Kardinal Wolsey. Und dieser Kardinal war Erzbischof von Vork und ohne Zweifel in der Lage, über diesen Schatz zu verfügen. Wir dürfen nicht vergessen, daß Handschriften dieser Art, welche man in späterer Zeit nicht mehr zu verfertigen im Stande war, als kostbarste Heiligthümer betrachtet und verwahrt wurden. Noch bestanden die alten Klöster und Domkapitel, und nur ganz besondere Umstände konnten die Möglichkeit gewähren, ein solches Kleinod dem König darzubringen. Aber eben dem Kardinal Wolsey wird es in Ripon möglich gewesen sein. Auch über die weiteren Schicksale der Hand⸗ schrift wissen wir nur, daß sie sich in der Bibliothek des Marquis of Douglas und Clydesdale befunden hat. Daß sie ein Geschenk des Papstes Leo X. gewesen, ist eine ganz haltlose Vermuthung.

Julius von Pflugk-Harttung handelt in diesem Heft von den

Registern Gregors ViII. sowie über das Archix und die Bibliothek der Päpste im in 11. Jahrhundert, und giebt dann ein Rezister der Papsturkunden im General-Landesarchiv zu Karlsruhe, welches nach dem Münchener und neben dem Coblenzer die meisten Papstur kunden vor 1200 im Deutschen Reiche besitzt. Theodor Lindner veröffent⸗ licht als Nachtrag zu seinem-Buch uber das Urkundenwesen Karls IV. und seiner Nachfolger eine Reibe von Urkundenauszügen, welche sich in den von Huber herausgegebenen Regesten des Kaiserreichs unter Karl IV. nicht finden; die bezüglichen Originalurkunden gehören den Archiven

stetem Hinweis auf den Inhalt des vorgelegten brandenburgischen

in Coblenz, Cöln und Dresden.

Als Beilage dazu wird eine inter⸗