1883 / 60 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Mar 1883 18:00:01 GMT) scan diff

. —— 26

2

e, e,, nee,.

Nachmittags 8 Uhr empfingen Se. Majestät die zum milientage hier anwesenden Vertreter der Familie von

eist. .

Ihre Majestät die Kgiserin und Königin war gestern dei der Prüfung im Kaiserin⸗ Augusta⸗Gymnasium zu Charlottenburg anwesend.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Mittag 12 Uhr die Meldung des Kriegs-Ministers, General-Lieutenants Bronsart von Schellendorf entgegen.

Nochmittags 5 Uhr begab Sich Höchstderselbe mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria zum Diner zu Ihren Durchlauchten dem Prinzen und der Prinzessin Fried⸗ rich von Hohenzollern.

Ter Bundes rath, die vereinigten Ausschüsse dessel= ben für Eisen bahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungs⸗ wesen, die vereinigten Aueschüsse für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Zoll und Steuerwesen und für Eisen⸗ bahnen, Post und Telegraphen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse sür Zoll- und Steuerwesen und für Handel und? Verkehr, und der Aueschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Im weiteren Verlaufe der gestr igen ( 45.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die dritie Berathung des Gesetzentwurfs, betr. den Erlaß pol i⸗ jeilicher Strafverfügungen (8. 2) fortgesetzt.

§. 2 lautet nach dem Beschlusse in zweiter Lesung:

ö,, einer Strafe durch die Polizeibehörde findet n att: 1) bei Uebertretungen, für deren Aburtheilung die Rheinschiff⸗ k die Elbzollgerichte oder die Gewerberichte zustãndig nd; 2) bei Uebertretungen der Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben oder Gefälle, .

Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) beantragte die Hinzu⸗ fügung einer Nr. 3: „bei Uebertretungen bergpolizeilicher Vörschriften“. 5. 209 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 schließe die Festsetzung von Strafen durch die mit der Verwaltung der Bergpolizei betrauten Behörden aus, und gebe den Revierbe mten nur das Recht, über vor⸗ kommende Bergpolizeiübertretungen ein Protokoll aufzu⸗ nehmen, und dem Amtsrichter zu weiterem Vorgehen zu übergeben. Diese Bestimmung solle nun aufgehoben und bem * Revierbeamten das Recht eingeraumt werden, die Strafe selbst festzusctzen. Diefe Aenderung liege nicht im

teresse der Berapolizei. Der Revierbegmte habe bisher in einer gewissen Vertrauensstellung zu Arbeitern und Berg⸗ werksb sitzern gestanden. Auf dem Wege der Verständigung seien diejenigen Maßregeln ausgeführt, welche zu einer Sicher⸗ heit der Grubenarbeiter nothwendig gewesen seien. Gebe man nun dem ohnehin schon überbürdeten Revierbeamten die Polizeierekutive, so erschüttere man diese Vertrauensstellung, und verhüte doch nicht in größerem Maße Unglücksfälle, weil ber Revier beamse unmöglich das weite Gebiet seiner Wirksam⸗ keit gehörig inspiziren könne. Dazu müßte man W 3000 Bergaensd' armen anstellen.

Der Regierungskommissar Geh. Ober⸗-Bergrath v. d. Heyden⸗Kynsch bat, es bei den mit großer Mehrheit ge⸗ faßten Beschlüssen zweiter Lesung zu belassen, und widerlegte kurz die vom Vorredner für seinen Antrag geltend gemachten Gründe. Gegenwärtig liege keine Veranlassung mehr vor, den Berapolizeibehörden diejenigen Befugnisse zu ent⸗ ziehen, die alle anderen Polizeibehörden hätten. Die allerdings nöthige Vertrauensstellung zwischen den Revier⸗ beamten und den Oberbeamten der Bergwerksbesitzer werde durch die beabsichtigte Einrichtung nicht gestört, im Gegentheil gestärkt werden. Auf, eine Verschärfung der Bergpolizei an sich sei es durchaus nicht abgesehen; die Opposition gegen die qu. Bestimmung der Vorlage scheine aber von dieser irrigen Annahme auszugehen. Das Ansehen der Revier beamten könne nur gewinnen, denn das jetzige Verfahren der Anzeige an den Jüchter gewinne in den Augen der Arbeiter einen denunziato⸗ rischen Charakter.

Der Abg. Hahn bemerkte, die Antragsteller legten auf das Vertraueneverhältniß der Revierbeamten zu den Bergbau⸗ treibenden doch einen zu hohen Werth. Das Gesetz wolle ja

erade auch den Bergbautreibenden die Annehmlichkeit ver⸗ chaffen, nicht bei geringem Anlaß mit den Gerichten in Kon⸗ flikt zu treten. Allerdings könne er begreifen, daß die Bergindustriellen die beabsichtigte Modifikation ihrer Stel⸗ lung zu, den Revierbeamten ungern sähen; die sach⸗ lichen sründe aber überwögen seiner Meinung nach auch im Interesse der Industriellen selbst für den Vorschlag der Re⸗ gierung. Es müßten doch auch die Interessen derjenigen ver— freten werden, welche als Nachbarn der Bergwerke an der Beobachtung der bergpolizeilichen Vorschriften den dringendsten Antheil nehmen müßten. Bisher hätten die Beschwerden der An⸗ wohner kaum auf Erfolg zu rechnen gehabt, da der Berg⸗Revier⸗ beomte zum direkten Ein schreiten keine Befugniß gehabt habe. Die Aufbereitungsanstalten, die Waschereien u. dgl. trügen zur Belästigung der Nachbarn ungemein viel bei, obwohl sie gar nicht direkt zum Bergbau gehörten, unterlagen auch den allgemeinen Polizeivorschriften nicht. So sei es gekommen, daß z. B. im Oberlahnkreise durch die Eisenstein wäschereien die Bäche und Flüsse in traurigster Weise verschmutzt sein, ohne daß die Ortspolizei Abhülfe habe schaffen können. Mit Ausnahme der Bergindustriellen dürften alle sonstigen betheiligten Kreise aus voller Ueberzeugung den Standpunkt der Regierung theilen, und er könne das Haus daher nur bitten, den Antrag Hammacher abzulehnen.

Der Abg. Br. Reichenspéerger (Cöln) sprach für den An⸗ trag Hammacher. Die polizeilichen Attributionen wolle man den Revierbeamten keineswegs entziehen, nur richterliche Be⸗ fugnisse wolle man ihnen nicht beilegen. Die Nothwendigkeit einer Aenderung der bisherigen Bestimmungen nachzuweisen, sei auch dem Regierungskommissar nicht gelungen; bloße 2weck⸗ mäßigkeitsgründe könnten doch nicht zur Abänderung alter be⸗ stehender Einrichtungen genügen, Wenn der Revierbeamte richterliche Bejugniß erhalte, würden nothwendig die persön⸗ lichen vertraulichen Beziehungen zwischen den Revierbeamten und den Bergwerkshesitzern, beziehungsweise deren Beamten leiden müssen. Er bitte den Antrag Hammacher anzunehmen.

Der Arg. Douglas hob hervor, daß gegenüber den eng⸗ lischen Verhältnissen, bei denen ein Herabgehen der Ungluͤcks⸗

falle zu konstatiren sei, in Deutschland die Verungluckungen seit den Vierziger Jahren um 56 Proz. gestiegen seien. So⸗ dann hätten die Unglückfälle auf den Privatbergwerken die auf den Siaatswerken um 50 Proz. überstiegen. Das liege an der mangelhaften Aufsicht und den mangelhaften Mitteln, mit denen die kleineren Privatwerke arbeiteten, die auf allen Seiten auf Sparsam keit angewiesen seien. Wenn die Bergbe hörde einsehe, daß sie mit den gebotenen Mitteln helfend nicht ein⸗ greifen könne, so lade das Haus eine schwere Verantwortung auf sich, wenn es der Landespolizei die von der Regierung eforderten Befugnisse nicht einräumen wolle. Die ganze i. müsse mit Objektivität auf dem Boden der reinsten Dumanität behandelt werden, nicht vom Parteistandpunkte. Er bitte den Antrag Hammacher abzulehnen.

Der Regierungskommissar erklaͤrte, daß die Regierung die Zahl der Unglücksfälle mit der Vorlage in keinen Zu⸗ sammenhang gebracht habe. Er könne nicht zugeben, daß das Verhältniß von Verunglückungen auf den Staats⸗ und den Privatbergwerken mit der vorliegenden Frage zusammen⸗

hänge.

Der Abg. Westerburg trat für den Antrag Hammacher ein und betonte ingbesondere, daß es sich nicht um eine neue Bergpolizei handele, sondern nur um die Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes.

Der Abg. Pr. von Cuny sprach sich für die Vorlage aus, welche eine strengere und pron ptere Handhabung der Berg⸗ polizei garantiren, und so gewiß zu einer besseren Verhütung der zahlreichen Unglückssälle beitragen werde. ̃

Der Antrag Hammacher wurde mit 178 gegen 164 Stim⸗ men angenommen, und in der dadurch bedingten Fassung

auch S. 2.

Nach 8. 13 soll das Gesetz am 1. April. 1883 in Kraft treten. Der Abg. Dr. von Cuny beantragte jedoch, den Termin des Inkrafttretens auf den 1. Juli d. Is, zu ver— schieben, und motivirte seinen Antrag damit, daß die für die Ausführung des Gesetzes nothwendigen reglementarischen Bestimmungen doch nicht mehr bis zum 1. April erlassen werden könnten.

Der Antrag von Cuny wurde darauf fast einstimmig angenommen, und erledigte das Haus das Gesetz ohne weitere Diskufsion. Auch im Ganzen fand die Vorlage die Zustimmung der großen Mehrheit des Hauses.

Es folgte die Wahl zweier Mitglieder der Staats schulden⸗ kommission. Auf Antrag des Abg. Frhrn. von Schorlemer⸗ Alst wurden die bisherigen Mitglieder Klotz und Dr. Clauswitz durch Akklamation wiedergewählt.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Kirchenverfassung der evangelisch reformirten Kirche der Provinz Hannover, wurde auf den Antrag des Abg. Dr. Köhler (Göttingen) an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen.

Das Haus erledigte sodann ohne Diskussign den Rechen⸗ schaftsbericht über die Verwendung der flüssig gemachten Bestände der im 5 94 der Hinterlegungsordnung vom 14 März 1879 bezeichneten Fonds und der im 8. 9665 Absatz 3 das lbst . Gelder für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezem⸗ er

Den 34. Bericht der Staatsschuldenkommission beantragte der Abg. Dr. Hammacher der Budgetkommission zu üher⸗ weisen, da nach dem Inhalt des Berichts die dermaligen Ver⸗ bältnisse der Lokalitäten, der , . der Staats⸗ schulden eine ordnungs mäßige Revision nmöglich machten.

Das Haus stimmte diesem Antrage zu.

Ohne Diskussion genehmigte das Haus in erster und zweiter Berathung den Gesetzentwnrf, betreffend die Verlän⸗ gerung der im 8. 16 Absatz 3 des Gesetzes über die Befsähi⸗ gung für den höheren Verwaltungsdienst vom 11. März 1879 festgesetzten Frist.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend das Staats schuldbuch.

Der Abg. Beisert eiklärte, der Gesetzentwurf bezwecke die Zulässigkeit der Umwandlung vierprozentiger konsolidirter Anleihe in Buchschulden des Staates auf den Namen eines bestimmten Gläubigers. Es handele sich um die Frage, ob die Institution der Außercours- und Wiederincourssetzung der vierprozenti zen Konsols aufrecht zu halten sei oder nicht. Zu feiner großen Freude habe die Regierung sich, gestützt auf die öffentliche Meinung, gegen die Außercourssetzung erklärt.

weck des Gesetzes sei es nun, dem Gläubiger möglichste

icherheit gegen Verlust zu geben. Um dies zu erreichen, fönne man es entweder dabei belassen, dem Gläubiger ein Instrument zu geben, welches die Forderung gegen den Staat repräsentire, oder aber die Schuldverbindlichkeit auf das öffentliche Buch zu transmittiren. Die Regierung habe fich zu seinem Bedauern für das letztere entschieden, denn das Staaksschuldduch habe die Regierung gezwungen, ihre Operation auf die 4proz. preußischen Konsols zu beschrän⸗ ken. Daß diese Art der Verbriefung für amortisirbare Schulden nicht geeignet sei, werde in den Motiven zu⸗ gestanden. Das Siaatsschuldbuch erinnere auch allzu leb⸗ haft an das Grund- und Hypothekenbuch, namentlich in Be⸗ zug auf die Form der Eintragung. Bedenklich sei es, daß durch die Festlegung des Kapitals im Schuldbuch die Verwendung desselben als Kaution im Sinne der Subhastationsordnung ausgeschlossen sei, und dadurch der Kredit namentlich der Grundbesitzer beschränkt werde. Hätte die Regierung an Stelle des Staatsschuldbuchs die Form der Umwandlung der In⸗ haber⸗ in Namenvapiere gewählt, so wäre es möglich geworden. mit viel geringerem Apparat und daher mit viel weniger Kosten alle Anleihepapiere ohne jede Beschränkung in der ge— wünschten Weise zu verwenden, wie die Erfahrungen in Ba⸗ den gezeigt haben. Er beantrage die Ueberweisung der Vor⸗ lage an eine Kommission.

Der Abg. von Tiedemann (Bomst) war mit der kommis⸗ sarischen Berathung der Vorlage einverstanden und beantragte, bie Kommisston aus 14 Mitgliedern bestehen zu lassen. Redner wandte sich sodann gegen das vom Vorredner empfohlene französische gemischte System und erklärte, er habe es gerane mit Freude begrüßt, daß die Vorlage dies System nicht in Deutschland einführen wolle. Auch habe der Vorredner ˖ wesentlich nur Ansichten ausgesprochen, ohne deren Richtigkeit . beweisen. Die Regierungsvorlage sei vom finanz- und vom; ozialpolitischen Interesse empfehlen swerth. Der finanzpoli⸗ tische Vortheil bestehe darin, daß sich ein größerer Bedarf nach Konfols herausstellen werde, sobald das Publikum in ihnen eine absolut sichere Kapitalsanlage erblicke; sozialpolitisch sei die Vorlage deshalb von Nutzen, weil sie dem Staats chuld⸗ buch den Charakter einer . verleihe, durch welche das Sparkassenwesen gewi ermaßen im Großen ausgebildet werde. Wo die einfachen Sparkassen bücher nämlich nicht mehr genügten, also bei größeren Kapitalien, da werde eben das

Staats schuldhuch an Stelle der Sparkessen treten, und die ab. solute Sicherheit, welche es dem Besitz gewähre, werde für . Kreise der Bevölkerung einen Antrieb zum Sparen

Der Abg. Wessel war ebenfalls sür Kommissionabe⸗ rathung, äußerte indessen mehrfach Bedenken gegenüber Ein⸗ zelnheiten der Vorlage. :

Der Regierungskommissar Unter⸗Staatssekretär Meinede entgegnete, es sei bisher der große Mißstand vorhanden ge⸗ wesen, daß alle Maßregeln, welche man getroffen habe, um den Verkehr mit Staats papieren zu erleichtern, die Sicherheit des Besitzes geschwächt hätten, und daß wiederum alle Maß⸗ regeln, welche man zur Erhöhung der Sicherheit getroffen habe, dem Verkehr sich als hinderlich erwiesen hätten. Auch die Außercourssetzung genüge nicht, um völlige Sicherheit für die Gläubiger des Stgates zu schaffen; der Besitz der Ob⸗ ligation sei immer entscheidend geblieben. Deshalb habe man sich jetzt entschlossen, einerseits den Verkehr mit Staats papieren ganz frei zu lassen, andererseits aber den Anspruch auf das Kapital ganzlich unabhängig zu machen von dem Be⸗ sitze der Obligation. Es könne jetzt nach der Vorlage eine Eiaatsschuldurkunde verloren ehen, und es behalte doch der ursprüngliche Eigenthümer derselben durch seine Eintragung in das Staatsschuldbuch seinen vollen Kapitalsanspruch mit absoluter Sicherheit. Dies sei die wesentliche Tendenz der Vorlage. Der praktischen Erfahrung werde es überlassen bleiben, festzustellen, ob der Entwurf später etwa noch abände⸗ rungsbedürftig sei.

Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, die Frage des Grundkredits sei bei diesem Gesetzentwurf von großer Bedeu⸗ tung. Eine Schädigung der Landschaften könne er aer in demselben nicht erblicken. Denn man werde nicht alles Kapital in Staatsbuchschuld anlegen. Es würden immer noch Kapitalien genug vorhanden sein, welche dem ländlichen Kredit dienstbar gemacht werden könnten. Das Bedenken des Abg. Beisert wegen der Kaution bei Subhastationen treffe nur bei der alten Subhastationsordnung zu. Nach der neuen würden die vorstehenden Hypotheken nicht ohne weiteres fällig. Er schließe sich dem Antrage auf Kommissionsberathung an.

Die Vorlage wurde einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.

ö. . vertagte sich das Haus um K /g Uhr auf Montag 3.

In Calcutta wird am 4. Dezember 1883 unter dem Schutze der indischen Regierung eine internationale Ausftelkung eröffnet werden. Anmeldungen zur Theil⸗ nahme an derselben sind mit thunlichster Beschleunigung an den Sekretär der Ausstellung, Mountstuart Jackson, Esq., Assistent Engineer in Calcutta, Public Works Department, zu richten, welcher auch über alle, auf die Auestellung bezüg—⸗ lichen Angelegenheiten Auskunft ertheilt. Der Kaiserliche Konful Bleeck in Calcutta ist Misalied der Ausstellungs— Kommission und bereit, deutsche Aussteller zu vertreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich oldenburgische Geheime Staatsrath Selkmann ist von hier wieder abgereist.

S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommandant Korvettenkapitän Dietert, ist am 2. März cr. im Piräus ein⸗

getroffen und beabsichtigte, am 10. dess. Mts. nach Beyrut zu

gehen.

Stett in, 8. März. Die heutige Sitzung des 9. Po m— merfchen Pro vinzial⸗-Landta g es eröffnete der Vorsitzende um 12 Uhr mit der Vornahme der Ergänzung wahl eines Mitgliedes des Provinzialausschusses bis inkl. 1887 an Stelle d. s verstorbenen Geheimen Justiz-Raths Hillmar und wurde der Justiz-Rath Puchta zu Bütow mit 66 von 71 Stimmen gewahlt; derselbe nahm die auf ihn gefallene Wahl an. Dem⸗ nächst trat die Versammlung in die Berathung des von dem Provinzialausschuß vorgeschlagenen Nachtrages zu dem Regle⸗ ment für die Verwaltung der Provinzial ⸗Frrenanstalten ein, nach welchem die Unterbringung der Frren auch in Privat⸗ anstalten erfolgen kann, da zur Zeit die der Provinz ge⸗ hörenden Anstalien bereits gesüllt sind und die Gründung einer neuen AÄnstalt sich nicht empfiehlt. In Anerkennung dieser Gründe wurde ohne weitere Diskussion dem Vorschlage der Kommission entsprechend der gedachte Nachtrag sowie auch im Anschluß hieran die Ueberweisung von Geisteskranken an die Prjvat-FIrrenanstalt des Kreiephysikus a. D. Dr. Zenker zu BergqueÜ-⸗Frauendorf und die Gewahrung eines zu 4 pCt. verzinslichen Darlehns von 22 000 an denselben aus Pro⸗ vinzialmitteln gegen hypothekarische Sicherheit genehmigt. Nach Erledigung verschiedener Rechnungsangelegenheiten und Unter⸗ stutzungsgesuche von Provinzialbeamten trat man in die Berathung ber Vorlage des Provin ialausschusses ein, nach welcher die in laufenden Wechseln bestehende schwebende Schuld des früheren Kommunalverbandes von Neuvorpommern im Betrage von circa 2224 000 M schleunigst abgetragen und die hierzu erforderlichen Mittel durch Ausgabe von Provinzialobliga⸗ tionen beschafff werden sollen. In Anerkennung der Zweck mäßigkeit der in Aussicht genommenen Operation, wurden in Uebereinstimmung mit der von der Kommission geäußerten Auffassung die gemachten Vorschläge ohne weitere Dis kussion enehmigt. Ueber die Petition des Haupt⸗Direktoriums der Fond gen oökonomischen Gesellschaft zu Regenwalde, betreffend die Verlegung des Umzugstermins für das ländliche Gesinde vom J. Oktober auf den 2. Januar ging man auf den An⸗ trag des Referenten zur Tagesordnung über, da der gesetzliche Umzugstermin überhaupt nicht der 1. Oktober ist. Dagegen rief die Petition des evangelischen Gefängnißvereins zu Neustettin, betreffend die Einrichtung einer Arbeiterkolonie in der Provinz Pommern, eine längere Debatte hervor. Nach⸗ dem der Referent den Antrag der Kommission dahin vor⸗ getragen und motivirt, daß man sich der Angelegenheit nicht kalt gegenüberstellen solle, indessen wegen Unklarheit der aus⸗ gesprochenen Wünsche gegenwärtig einen bestimmten Be⸗ schluß nicht fassen könne und deshalb den Petenten anheim⸗ geben möge, mit bestimmten Projekten und Anträgen sich an den Provinzialausschuß zu wenden, nahm der Ober—⸗ Präsident Graf von Behr⸗Negendank das Wort und führte aus, daß bei der allseitig anerkannten Kalamität des Vagahonden⸗ wesens die Gründung einer Arbeiterkolonie nach dem Muster der bereits in Westfalen vorhandenen nicht nur eine theilweise Hebung des gedachten Uebels mit Recht erhoffen lasse und sich deshalb die Unterstützung einer derartigen freien christ⸗ lichen Vereinsthätigkeit aus Provinzialmitteln dringend empfehle, sondern daß auch die zu derartigen Zwecken ver⸗ wendeten baaren Mittel durch Verringerung der Kosten für die Unterhaltung der Korrigendenanstalten reichlich ersetzt wer⸗

den würden. Nachdem noch der Abg. Dr. Wolff⸗Stettin für den Üebergang zur einfachen Tagesordnung unter Hinweis darauf, daß derartige Einrichtungen lediglich der freien Ver⸗ einsthätigkeit zu überlassen seien der Abg. Landrath Graf Hehr⸗Greifswald dagegen für den Komn issionsantrag plai⸗ dirt, gelangte der vom Landesdirektor gestellte und näher mo⸗ tivirte Antrag; ö der Provinzial. Landtag wolle beschließen: in Erwägung, daß die Unterfiützung einer Arbeiterkolonie aus Provinzial mitteln zwar als gerechtfertigt anerkannt wird, aber erst dann in ere kommen ann, wenn die Errichtung und Verwaltung einer solchen im Wege freier Vereinsthätigkeit in sichere Aussicht steht, über die Petition des Gefängnißvereins zu Neustettin zur einfachen Tagesordnung überzugeben, sast einstimmig zur Annahme. .

Hierauf erledigte die Versammlung noch eine Anzahl von Rechnungsangelegenheiten und stellte demnächst den Provinzial⸗ haus haltsetat bezüglich der einmaligen Einnahmen und Aus— gaben für das Jahr 1883/84 fest.

Von den weiter zur Verhandlung gelangenden Petitionen gewährte nur dirjenige des Gutsbesißzers Holt⸗

off zu Neu-Barnimslow, beireffend die Auszahlung einer Brandentschädigung für seine am 22. November 1881 abge— hrannten, bei der Altpommerschen Feuersocietät versichert ge⸗ wesenen Gebäude ein allgemeineres Interesse. Die Aus⸗ zahlung der Versicherungssumme war vom Landesdirektor bezw. vom Len n n , aus dem Grunde verweigert, weil Holthoff den Nachweis nicht zu führen vermocht, daß er die aus Peranlassung eines früheren Brandes ihm gewährte Entschädi⸗ gung wieder zum Ausbau vollständig verwendet habe. Nachdem die Kommission für die Verwerfung dieses Grundes sich ausge⸗ sprochen und beantragt, daß aus dem Brandschaden von diejenige Entschädigung zu

1881 nur gewähren sei, deren Verwendung nachgewiesen worden, nahm der Bber⸗Präsident Graf von Behr⸗Negendank das Wort

und führte aus, daß das Reglement der Socictät nicht das Recht gebe, wegen des nicht geführten Nachweises der Verwendung einer früheren Brandentschädigung bie Entschadigung für spätere Brandschäden zurückzuhalten, daß ferner nach dem Reglement in zweifelhaften Fällen immer für den Socius zu entscheiden, und daß nach S§. 55 des Regle⸗ ments wenigstens die erste Hälfte der versicherten Summe ohne einen weiteren Nachweis der Verwendung innerhalb 6 Wochen zu zahlen sei. Nach längerer Debatte, an welcher sich der Landesdirektor und der Abg. Mühlenbeck betheiligten, welche indessen wesentliche neue Momente nicht bot, trat die Ver⸗ sammlung dem Antrage der Kommission bei, nach welchem zwar von dem Nachweise der Verwendung der für den Brand vom Jahre 1877 gewährten Entschädigung abzusehen, die Aus—⸗ zahlung der Versicherungssumme für den Brand vom Jahre 18681 indessen bis zu der noch nicht erfolgten genauen Fest⸗ sehung des Brandschadens vorläufig auszu etzen sei. .

Ba hiermit die sämmtlichen vorliegenden Sachen erledigt waren, so schloß der Ober⸗Präsident Graf von Behr ⸗Negendank den Landtag, indem er den Mitgliedern für die sachgemäße Erledigung der ihnen zur Berathung vorgelegten Gegenstände sowie die bewiesene Hingabe bann,

Nachdem der Vorsitzende ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König unter begeisterter Zu⸗ flimmung ausgebracht hatte, trennte sich die Versammlung.

Schleswig, 8. März. Heute, Nachmittag 31“ Uhr, ward die 16. Diät des schles wig⸗holsteinischen Provinzial-Landtags, in welcher in 10 Sitzungen

3 Vorlagen der Königlichen Staatsregierung, 12. Vorlagen

des provinzialständischen Verwaltungsausschusses, 3 Privat—⸗

propositionen sowie von 45 Petitionen 40 in 7 Berichten erle⸗

digt und 4 Wahlen vorgenommen worden und in welcher

s Ausschüsse niedergesetzt gewesen sind. von dem Ober⸗

Präsidenten Steinmann mit nachstehenden Worten geschlossen: Hochgeehrte Herren!

Die Ihnen fur die gegenwärtige Session gestellten Aufgaben

sind von Fhnen nach jeder Richtung vollständig gelöst.

In Beziehung auf drei Gesetzentwürfe haben Sie die von der Staatsregierung erforderten Gutachten erstattet, ebenso sich über eine in der Provinz geplante neue Kreisbildung gutachtlich geäußert, auch die erfolderlichen Neuwahlen verschiedener, zur Mitwirkung bei der staatlichen Verwaltung berufenen Kommissionen vorgenommen,

Nicht minder ist der neue Finanz-Etat der staͤndischen Perwal⸗ tung und ihrer verschiedenen Institute von Ihnen festgestellt und durch Bewilligung ausgiebiger Mittel für eine gedeihliche Weiter⸗ entwickelung der verschiedenen Verwaltungszweige Sorge getragen, . eine Reihe von Privatpropositionen und Petitionen erledigt

orden.

Soweit Ihre Beschlüsse, namentlich, der Beschluß wegen anderm eiter Normirung des Tarifs der Provinzialbrandkasse sowie die Beschlüsse wegen Deklassirung mehrerer Nebenlandstraßen, der staat⸗ lichen Bestätigung bedürfen, durfen Sie sich der wohlwollenden Be⸗ rücksichtigung Ihrer Wünsche gewiß halten. ; Indem ich Ihnen den Dank. der Königlichen Staatz regierung für Shre hin gebingsvolle Rbätigkeit qusspreche und indem ich Ihnen bei der Rückkehr in Lie Heimath die hesten Wünsche mitgehe, erkläre ich nunmehr im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majest ät, des Kaifers und Königs den 16. schleswig⸗holsteinischen Pꝛovinzial⸗ Landtag für geschlossen.

Nach einem von dem Landtags-Marschall, Grafen zu Rantzau, ausgebrachten dreimaligen Hech auf Se MaJestãät ö Kaisers und König trennte sich sodann die Versamm⸗

ng.

Baden. Karlsruhe, 8. März. (Köln. Zta.) Gestern fand die fünfte Sitzung des badischen Eisenbahnraths unter Vorsitz des Finanz⸗Ministers Ellstätter statt. Abgesehen von einer Reihe von Fragen, die ausschließlich den badischen Verkehr betreffen (⸗arunter Einführung des Frankutar⸗ zwanges fuͤr! Emballagen und die Mittheilung, daß im Alg gemeinen Sammelwagen für Thiertransporte nur wenig benutzt worden), ist von den Vorlagen zu erwähnen die Einlegung eines, neuen Schnell⸗ zuges von Basel nach Mannheim über Schwetzingen, welcher in Verbindung mit entsprechenden Anschlußzugen der Nachbarbahnlen die rafchefie Fahrgelegenheit zwischen Jalien und der Schweiz einer⸗ und Frankfurt, Mainz, Cöln anderer⸗ seits bilden wird, sowie die Einrichtung des sog. Klit juges Parisg-Konstantinopel, der an zwei Wochentagen die badische Bahn auf der Strecke Straßburg⸗Mühlacker passiren soll. Andere Aenderungen des Sommerfahrplans werden mehr nur den innern Verkehr berühren.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 9. März. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus erledigte heute den Titel „Mittelschülen? des Ünterrichtsbudgets. Auf eine beantragte KResolutson, wonach die sür die sslovenischen

Schüler der Mittelschulen Krains getroffenen Verfügungen auch auf die anderen von Slovenen bewohnten Lander aue zudehnen seien, erklärte der Unterrichte⸗Minister, daß die Regierung die Resolution in der vorliegenden Fassung nicht ernst nehmen lsönne. Die Regierung müsse zuerst Rüd⸗ sicht auf den Unterricht, dann erst auf die Sprache nehmen. Der Minister wies auf die Schwierigkeiten hin, die Parallel⸗ klassen nach Sprachenunterschied bereiten würden: die Be⸗ urtheilung der dazu nothwendigen Vorbedingungen müßte den kompetenten Organen sberlassen bleiben. Die Resolution wurde an den Budgetausschuß verwiesen.

(W. T. B.) Die in der Kaminski'schen An⸗ n, nnn eingesetzie parlamentarische Untersuchungs⸗ ommission vernahm die Ingenieure Hauser und Schir⸗ mer. Letzterer versicherte, daß Baron Schwarz eine Pro⸗ vision von 625 000 Fl. bei der Laänderbank deponirte und daß er ihm, Hauser und Kaminski, 3 Prozent zusagte. Bei der Länderbank erfuhr Schirmer gelegentlich einer beabsichtigten Verhandlung wegen des Provisionsbetrages, es sei ihr von einem Provisionsanspruche der Kamins ki'schen Gruppe nichts bekannt geworden. Den bekannten Brief des Barons Schwarz über die Verwendung der 625 009 Fl. be⸗ zeichnete Schirmer nach der Ansicht aller technischen Kreise als Unwahrheit. ;

10. März. (W. T. B.) Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennung des bisherigen Ge⸗ fandten in Teheran, Graf Zaluski, zum Gesandten für China, Japan und Siam; des bisherigen Agenten in Egypten, Baron Ko sjek, zum Gesandten in Teheran; des bisherigen Minister⸗Residenten in China, Hoffer von Hoffenfels, zum diplomatischen Agenten und Generalkonsul in Egypten. Nach einer Meldung des „Wiener Tageblattes“ erstattete die Polizeidirektion gegen den Reichsrathsabgeordneten Schö⸗ nerer wegen seiner im Verkehre mit den Studenten beobach⸗ teten Haltung Anzeige beim Landesgericht in Strafsachen.

Pest, 5. März. (W. T. B. Im Abgeordneten⸗ haue erklärte bei der Fortsetzung der Debatte über das Mittelschulges etz der katholischs Priester Leslo sich ent⸗ schieden für die Vorlage, weil sie den ungarischen Staat kräftigen wolle und das Konfessionsinteresse bei Seite setze. Der Tevangelische General-⸗Inspektor Baron Prongy sprach sich dagegen vom protestantischen Standpunkte für Ablehnung der Vorlage aus. Er befürchte keine Unruhen, wohl aber Nörgeleien zwischen den verschiedenen Konfessionen, was schäd⸗ liche Folgen für Ungarn haben würde; Er weise entschieden die den ungarischen Protestanten von Berzeviczy vorgeworfene Allianz mit den Sachsen zurück. Letztere seien höchstens un⸗ gebetene Abvokaten, mit denen die ungarischen Protestanten ar keine Gemeinschast haben wollten. Redner reichte einen Schlußantrag ein, welcher die Errichtung von staatlichen NMütelschulen zum Zwecke hat. Nachdem dann der Abt Joendoecs für die Wörlage gesprochen und der Abg. Hoitsy (Unabhängigkeitsparte) sür den Unterricht in modernen Sprachen eingetreten waren, hob der Abg. Bela Grünwald die staats⸗ bildende und staatserhaltende Mission der ungarischen Race hervor, führte jedoch gleichzeitig aus, daß es unmöglich sei, fremde Nationalitäten in ihren Massen zu magyarisiren; er halte die politische Aisimilation für genügend und verzichte auf die sprachliche Assimilation. Der Redner besprach sodann die Mittelschulen, betonte die Nothwendigkeit der Staats⸗ kontrole für dieselben und acceptirte die Vorlage, indem er die Hoffnung ausdrückte, daß die Prinzipien derselben auch bei der Spezialberathung zu ungeschmälerter Geltung gelangen würden.

Großbritannien und Irland. London, 9. März. (W. T. B) In der heutigen Sitzung des Oberhauses be⸗ zeichnete der Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Gran⸗ ville, als Zweck der zwschen England und Portugal geführten Verhandlungen die Beseitigung des Sklaven⸗ handels und die Ausdehnung des legitimen Handels. Por⸗ tugal habe guten Willen gezeigt, indem es bereit fei, die Freiheit der Schiffahrt, und des Handels auf dem Congo und anderen afrikanischen Flüssen zu gewähren und ein sehr liberales Handelssystem in Mozambique und im gesammten portugiesischen Gebiete in Afrika anzuwenden. Es bestehe sonach prinzipiell keine wirk⸗ liche Schwierigkeit hinsichtlich des abzuschließenden Vertrages; England erachte aber bezüglich des Sklavenhandels eine voll⸗ ständige Sicherheit für nothwendig, halte auch für erforder⸗ lich, daß dem Handel keine unnöthige Last aufgelegt werde. Wenn Portugal diesen Anforderungen entspreche, sei England bereit, die portugiesische Jurisdiktion innerhalb gewisser geographischer Grenzen anzuerkennen.

Im Unterhause erwiderte der Unter-⸗Staatssekretär des Ruswättigen, Lord Fitzm auric, auf eine Anfrage des Deputirten Wornis: die Don aukonferenz habe ihre Sitzungen noch nicht beendet, er hoffe dem Hause aber im Gauͤfe der nächsten Woche die darauf bezüglichen diplomatischen Schriftstücke vorlegen zu können. Der Deputirte Gor st kündigte die Einbringung eines Ta dels vo tums gegen das Kabinet wegen der Tr ansvaal-⸗Angelegenheit für nächsten Dienstag an. ö

Dublin, 9. März. (W. T. B.) Heute fand die Polizei in einem Bassin des hiesigen Docks 8 Do lche, deren Form den Dolchen entspricht, welche der Ku scher Kavanagh, der die Miörder von Lord Cabendish und Bourke nach dem Phönix— park fuhr, in den Händen der Mörder gesehen haben will.

Frankreich. Paris, 8. März. (Fr. Corr.) Die Radktalen' scheinen ihre Drohung, sich, nunmehr nach der Vertagung der Re vision, die ihrer Ansicht nach nur eine verkappte Verwerfung derselben sei, direkt an das Volk zu wenden und eine formidable revisionistische Agitation in Scene zu setzen, wirklich wahr machen zu wollen. Die „äußerste Lin ke“ der Kammer hat in dieser Sent gestern folgende Resolu⸗ tion gefaßt: „Die Gruppe be chließt die Organisation einer republikanischen Liga für die Revision der konstitutionellen Gesetze. Sie beaustragt demnach ihr Bureau, in kürzester Frist sowohl die republikanischen Deputirten, welche die Ne⸗ vision votirt haben, als auch die Senatoren, die Gemeinde⸗ räthe von Paris, die Repräsentanten der Presse und die De⸗ legirten der republikanischen Gruppen, welche geneigt sind, fich dieser Liga anzuschließen, zusammenzuberufen.“ Die äußerste Linke hat außerdem schon gestern in ihrer Fraktionssitzung eine Reihe von solchen Delegirten empfangen und gehört, jedoch hat gleichzeitig die Motion angenommen: „Die außerste Linke beglückwünscht die Bürger. welche die Initiative einer republikanischen, revisionistischen Campagne ergriffen haben, aber sie erachtet, daß sie nicht als Gruppe handeln kann, und uͤberläßt daher jedem ihrer Mit⸗ glieder seine Aktionsfreiheit.“

9. März, Nachm. 12 Uhr 30 Min. (W. T. B) Die Esplanade des Invalides, auf welcher das große Ar⸗ beitermeeting stattfinden soll, hat bis jetzt das gewohnte Aussehen; man fieht einige Passanten und Spaziergänger sowie etwa ein Dutzend Polizei Agenten auf dem Platze zerstreut; von Vorbereitungen zu einer Kundgebung (ist bis jetzt absolut nichts wahrzunehmen.

9, März, Nachmittags 2 Uhr 30 Minuten. (W. T. B.) Auf der Esplanade des Invalides haben sich etwa 5000 bis 6005 Perfonen eingefunden; etwa 15 Verhastungen wurden vorgenommen. Louise Michel entfernte sich unmittel⸗ bar nach ihrem Eintreffen wieder.

9. März, Nachmittags 3 Uhr 45 Minuten. Die beab⸗ sichtigte Kundgebung auf der Esplanade des Invalides ist nicht zu Stande gekommen. Es hatten sich etwa 5000 Menschen, von denen die Hälfte aus Neugierigen bestand, daselbst ein⸗ gefunden, die Polizei zerstreute aber jede Ansammlung, ohne Widerstand zu finden. Um 3 Uhr war der Platz vollständig geräumt und zeigte sein gewöhnliches Aussehen. Ein aus etwa 500 Personen bestehender Haufen zog nach dem Elysẽe zu, zerstreute sich aber von freien Stücken, als er die Passage von der Polizei abgesperrt fand. Durch die Vornahme von Verhaftungen wurde keinerlei Zwischenfall herbeigejührt.

g. März, Abends. (W. T. B.) Gegen 4 Ur hatte sich auf der Esplanade des Invalides eine Zahl von etwa tausend Perfonen wieder eingefunden, die durch Steinwürfe mehrere Fenster zertrümmerten, auch einige Wagen umwarfen; die Polizei zerstreute die Ruhestörer aber ohne Mühe. Von eigentlichen Arbeitern befanden sich nur wenige darunter; die Rädelsführer waren Leute sehr zweideutiger Natur, Die Abendblätter sprechen sich einstimmig mißbilligend über die Kundgebung aus.

10. März, Vormittags. (W. T. B) Ein Haufen von Demonstranten fand sich Abends wieder unter Füh⸗ rung der Louise Michel auf dem Boulevard St. Germain zusammen und plünderte mehrere Bäckereien.

Italien. Rom, 9. März. (W. T. B.) . In der Depütirtenkammer begründete heute Marselli seine Interpellation über die eayptischen Angelegen⸗ heiten. Derselbe wünschte die Wiederherstellung freundschaft⸗ licher Beziehungen mit Frankreich, selbst wenn dies um den Preis der Zustimmung zu der Abschaffung der Kapitulation in Tunis geschehen sollte, suchte im Ü brigen aber nachzu⸗ weisen, daß Frankreichs Ziel in der Schaffung eines großen afrikanischen Reiches best-he, worin eine ernste Gefahr für Italien liegen würde. Marselli glaubt, daß es Mittel gebe, sich dem zu widersetzen. Keine Macht scheine mehr geneigt als England, Italien bei Erlangung des nothwen⸗ digen Einflusses im Mittelländischen Meer zu unterstützen. Es sei zu bedauern, daß die Regierung sich günstige Gelegen⸗ heiten habe entgehen lafsen, mit geringen Mitteln sehr große Resultate zu erreichen. Italien würde, wenn es die Koope⸗ ration mit England in Egypten angenommen hätte, den ersten Schritt gethan haben, um sich seine Position im Mittellän—⸗ dischen Meer zu sichern; es würde damit auch bewiesen haben, daß es zu handeln verstehe. Marselli findet es unerklärlich, daß die italienische Regierung abgelehnt habe, der eng⸗ lischen Aktion in Egypten sich anzuschließen. Obschon er ein Anhänger der Freundschaft mit Deutschland und Sesterreich fei, möchte er doch nicht, daß die Freihrit der Äktion Italiens im Mittelländischen Meere durch diese Freund⸗ schaft verhindert werde., Eine Politik der Sammlung würde heutigen Tages einen Selbstmord bedeuten; er müsse ver⸗ langen, daß in der auswärtigen Politik Italiens eine präzisere und entschiedenere Haltung eingenommen werde. Nach dieser Rede Marselli's wurde die Sitzung geschlossen.

Das nächste vom Papst abzuhaltende Kon sist o rium ist nunmehr definitiv auf den 15. d. festgesetzt.

Schweden und Norwegen. Christiania, 9. März! (W. T. B.) Wie das „Morgenblad“ erfährt, wird der An⸗ trag der Majorität des Protokoll-Comités auf Ver⸗ setzung der Regierung in den An klagestand vor dem Stiatsgerichtshof darauf gestützt, daß den Beschlüssen des Sitorthing in der Staatsraihsangelegenheit sowie wegen der Bewilligung an die Vereine für die Volksbewaffnung und be⸗ züglich der Centralleitung der Eisenbahnen die Königliche Sanktion verweigert worden sei. Alle Staatsräthe, welche die Verweigerung der Sanktion angerathen haben, sollen in An— klagestand versetzt werden.

Amerika. Washington, 7. März. ( Allg. Corr.) Die madagassischen Gesandten sind hier eingetroffen und wurden heute dem Prasidenten Arthur vorgestellt.

Zeitungsftimmen.

Der „Westfälische Volkszeitung“ Bochum, 7. März, geschrieben: .

Die Tagesblätter registriren meistens Einzelheiten, und nur zu leibt werden über den Erscheinungen des Tages die großen, sich langsam und unmerklich vollziehenden Prozesse im Leben der Bevölkerung überseben. Und doch verschwinden, vor fwrer Wichtigkeit alle Einzelheiten des Tages.. So befin⸗ den sich in unserer Siadt, nach dem Rückschlage der Schwindelperiode, alle Verhaͤltnisse in einem langsamen, steiigen Aufsteigen, und zwar datirt dieser Aufschwung, man mag von freihändlerischer Seite dagegen sagen, was man will, seit der mit Hülfe des Centrums im Jahre 1879 inaugurirten wahr haft nationalen Schutzzollgesetzgebung. Unsere Stadt, im Jahre 1840 ein kleines Ackerstädtchen von 3859 Bewohnern, hat seit dem 1. Fe hbruar?d. J. die Seelenzahl von 400. Einwohnern überschritten. Bochum sst die zweitgrößte Stadt Westfalens. Bei der Volkszählung am J. Dejember 1875 ergaben sich 28 562 Bewohner, welche bis zum Herbst 1879. während der Zeit der allgemeinen Flaue und des wirth⸗ schaftlichen Niederganges, erst auf 30 559 Seelen gestiegen waren. Als durch die Zollgesetzgebung, namentlich durch den für unsere Fifeninduftrie so vortheil haften Eisenzoll, sich das gesunkene Ver⸗ trauen gehoben und das Geschäft wieder belebt hatte, stieg die Seelen. zahl gleich im ersten Jahre um 2218 Seelen (32 798 im Herbst 18560), also um mehr als vorher in fünf Jahren, und seitdem hat die⸗ selbe in den letzten beiden Jahren jedes Jahr um die Bevölkerung einer kleinen Stadt, um 3— 4000 Seelen, zugenommen, so daß wir jetzt die Provinnalhauptstadt Münster überflügelt haben und nur noch Dort⸗ mund nachftehen. Diese sonderbare Thatsache, daß 5 Jahre lang die Beroͤlkerungsbewegung fast stagnirte und sich nur um den natur gemäßen Zuwachs der verhãltnißmãßig jungen Ehen aus der „flotten Zeit! vermehrte, während sie nach 1879 rapide vor- änschritt, Y erklart sich nur guß dem größeren Vertrauen welches unsere Eisenwerke in Folge der nationalen Jelpolitit in die Zukunft setzen und welches sie nicht getäuscht hat. Wäh⸗ rend der Bochumer Verein“ bis dahin bei mäßigen Bestellungen feine Arbeiter eben zu halten und durchzuziehen suchte, hat er jetzt

wird aus