1883 / 120 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Bekanntmachung.

Aus Anlaß der am 30. d. Mts., Vormittags, auf dem Tempel bofer Felde stattfindenden Parade des Garde⸗Corps wird von J Uhr ab bis zur Beendigung derselben die Tempelhofer Chaussee für Wagen und Reiter gesperrt.

Auf das Paradefeld selbst werden nur diejenigen Equipagen zugelassen, deren Inhaber mit polizeilichen Passirscheinen versehen sind, Droschken und andere Wagen, auch wenn deren Inhaber mit Passirscheinen versehen sind, müssen zurückgewiesen werden.

Während der Parade die Wagen zu verlassen ist durchaus nicht gestattet.

Nach der Parade darf die Abfahrt der Egquipagen durch die Belle⸗Alliance⸗ oder Pionierstraße und über die Hallesche Thor⸗ brücke nicht ftattfinden.

Equiragen, deren Inhaber nicht im Besitze von Passirscheinen sind, sowie Droschken, Kremsern, oder anderen derartigen

ersonen⸗Fuhrwerken ist das Befahren der Belle

Iliancestraße bis zum Steuergebäude nicht erlaubt. Dieselben müssen vielmehr bei der Kreuzbergstraße in die Lichterfelder⸗ straße einbiegen, um durch diese auf das Temyelhoferfeld zu gelangen. Dort können sie sich rechts (westlich) der Chaussee aufstellen, wo ihnen ein geeigneter Platz angewiesen werden wird, von welchem das Paradefeld übersehen werden kann.

Die Abfahrt dieser Fuhrwerke darf nur über die Kolonnen⸗ brücke in der Richtung nach Schöneberg zu erfolgen. Lastwagen dürfen während der Zeit vom Ausrücken der Truppen bis nach vollendetem Einmarsch derselben in die Stadt die Belle ⸗Alliance⸗ und Lichterfelder⸗ straße nicht passiren. .

Mit dem Beginn des Ausmarsches der Truppen, etwa von sz Uhr ab bis nach dem Passiren der Allerhöchsten Herrschaften (10 Uhr) und von 11 Uhr ab bis zur Aufhebung der Sperrung wird:

I) die Haltestelle der Omnihusse der Linien vom Halleschen Thor nach dem Landsberger bezw. Schönhauser Thor sowie nach der Chausseestraße vom Halleschen Thorplatz nach dem Belle⸗-Allianceplatz zwischen Wilhelm und Friedrichstraße verlegt,

2) der Betrieb der Pferdeeisenbahn in der Friedrichstraße eingestellt, und

3) die Linie Dönhofsplatz—Kreuzberg nur vom Dönhofeplatz bis zum Belle -Allianceplatz befahren,

4) die Linien Dönhofsplatz-Rirdorf und Dönhofsplatz —Tem— pelhof bleiben im gewöhnlichen Betriebe und ist ihre Fahrt nur zeit⸗ weise und so lange einzustellen, als dies in besonderen Fällen un— umgänglich nothwendig ist,

5) der Betrieb der anderen Pferdebahnlinien ist nach Bedürfniß und jwar nur soweit zu unterbrechen, als das Passiren der Aller—⸗ höchsten Herrschaften und der aus, bezw. einmarschirenden Truppen dies nothwendig erscheinen läßt.

Berlin, den 24. Mai 1883.

Königliches Polizei⸗Präsidtum. In Vertretung: Friedheim.

Bekannt machung.

Unter Bezugnahme auf den §. 4 der allgemeinen Vorschriften für die Markscheider im preußischen Staate rom 21. Dezember 1871 bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß dem Aspiranten Adolph Koetz heute die Konzession zum Betriebe des Gewerbes als Markscheider von uns ertheilt worden ist und derselbe seinen Wohnsitz zu Friedrichsthal im Kreise Saarbrücken genommen hat. Bonn, den 19. Mai 1883. Königliches Ober⸗Bergamt. Brassert.

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In der heutigen Handelsregister⸗-Beilage wird Nr. 21 der Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aich tamlliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 25. Mai. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Nachmittag 3 Uhr nach Berlin, nahm an dem Diner zur Feier des Geburtstages Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland bei Sr. Majestät dem Kaiser und König theil und empfing sodann den Ober— Präsidenten von Schlieckmann.

Abends wohnte Se. Kaiserliche Hoheit der „Lohengrin“ Aufführung im Königlichen Opernhause bei und kehrte um 10 Uhr nach Potsdam und von dort zu Wagen nach dem Neuen Palais zurück.

In der heutigen (86.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, fand zunächst eine kurze Auseinandersetzung zwischen ken Abgg. Dr. Windthorst und Richter (Hagen) über die vorgestern konstatirte Beschlußunfähigkeit des Hauses statt.

Hierauf setzte das Haus die dritte Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend die Krankenversicherung der Ar—⸗ beiter, fort. Zunächst nahm der Bevollmächtigte zum Bundes— rath, Staats⸗Minister von Scholz das Wort, dessen Rede wir morgen im Wortlaut mittheilen werden,

In der heutigen (66.) Sitzung does Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz Minister Br. Friedberg sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zwangsvollstreckung in das un beweg— liche Vermögen.

Der Referent Abg. Simon von Zastrow empfahl die An— nahme der Kommissionsvorschläge, die gegenüber den Be— schlüssen des Herrenhauses nur zwei unbedeutende Modifika— tionen enthielten.

Die z§. 1—5 wurden ohne weitere Debatte genehmigt. s. 6 lautet nach dem Beschlusse des Herrenhauses, dem sich die Kommission des Abgeordnetenhauses angeschlossen hatte:

Eine vollstreckbare Geldforderung, deren Betrag in gesetzlicher

Währung bestimmt ist, wird auf Antrag des Gläubigers als Hypo— thek eingetragen, wenn der Schuldner im Grundbuche als Eigen— thümer eingetragen ist oder seine Eintragung gleichzeitig erlangt wird. Der Gläubiger kann die Eintragung' auf allen Grundstücken des Schuldners beanspruchen.

Die Forderung wird auf mehrere Grundstücke ungetheilt ein— getragen, sofern der Gläubiger nicht etwas Anderes beantragt. Im Falle der Uebermäßigkeit der für eine Forderung durch die Ein— tragung enistandenen Sicherheit, steht dem Schuldner das Recht zu mittels einer gegen den Gläubiger anzustellenden Klage die Ver—⸗ theilung der Forderung auf gin zelne Grundftücke bezichungsweise die Befreiung einzelner Grundstücke von der eingetragenen Hypothek zu beantragen.

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Aus vollstreckbaren Urkunden (8. 702 Nr. 5 der Ciyilprozeß⸗ ordnung) und aus vollstreckbaren Vergleichen wird nur eine Vor⸗ merkung eingetragen.

Ist der Schuldner Eigenthümer, als solcher aber nicht ein—⸗ getragen, so ist der Gläubiger berechtigt, an Stelle desselben dessen Eintragung als Eigenthümer zu beantragen und die zum Zwecke 2 erforderlichen Urkunden von Gerichten und Notaren zu fordern.

Hierzu beantragte der Abg. Günther:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Den Absatz 3 im §. 6 dahin zu fassen:

Aus vollstreckbaren Urkunden (5§. 702 Nr. 5 der Civilprozeß⸗ ordnung) und aus vollstreckbaren Vergleichen außerhalb der in §. 702 Nr. 1 und 2 der Civilprozeßordnung vorgesehenen Fälle wird nur eine Vormerkung eingetragen.

Nachdem der Abg. Günther seinen Antrag, der eine Be⸗ schränkung der hier zu weit gehenden Vorlage enthalte, be— gründet hatte, ersuchte der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Kurlbaum II. um Ablehnung desselben, da derselbe eine Anomalie einführe, die weder aus juristischen, noch aus praktischen Rücksichten gerechtfertigt erscheine. Der Referent erklärte, daß ein ähnlicher Antrag in der Kommission abgelehnt sei; in der jetzigen Fassung bedeute derselbe aller⸗ dings eine Verbesserung der Herrenhausbeschlüsse.

Der Antrag Günther wurde angenommen. Ebenso ohne Debatte die §5§. 7 —– 21.

§8. 22 lautet nach dem Beschlusse der Kommission:

Ohne Uebernahme oder Befriedigung derjenigen Rechte, welche dem Rechte des Gläubigers vorgehen, darf der Verkauf des Grund— stücks nicht stattfinden. Die Feststellung des hiernach zulässigen ge— ringsten Gebots erfolgt nach den Vorschriften der 8§. 53 bis 56.

Das Grundstück wird durch den Verkauf von allen dinglichen Rechten, welche zur Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung im Grundbuche bedürfen, frei, soweit dieselben nicht von dem Etsteher übernommen werden.

Dingliche Lasten, welche der Eintragung im Grundbuche nicht bedürfen, gehen auf den Ersteher über, foweit nicht durch die Kaufbedingungen etwas Anderes bestimmt ist oder die erfolgte Be⸗ schlagnahme des Grundstücks (5. 16) der Geltendmachung entgegen— steht. Rücksichtlich der Pacht und Miethe verbleibt es bei den be— stehenden Vorschriften.

Hierzu lag von dem Abg. Grafen von Bismarck-Schönhausen folgender Antrag vor:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

JI. Dem 5§. 22 folgenden Schlußabsatz hinzuzufügen:

Ist der Ersteher des Grundstücks gleichzeitig eingetragener Gläubiger und deckt das Kaufgeld nicht die für ihn eingetragene Forderung, so wird der Schuldner in Höhe des Ausfalls der letztern von seiner persönlichen Verbindlichkeit frei.

II. Dem §. 57 folgenden neuen Abfatz hinzuzufügen:

Eine Zusicherung des Schuldners an den Gläubiger, daß dessen im Grundbuche eingetragene Forderung mit dem Eintritt der Zwangsvollstreckung in das Grundstück fällig oder kündbar werden soll, ist ohne rechtliche Wirkung.

Der Abg. Graf von Bismarck-Schönhausen wies darauf hin, daß ein ordentlicher Hypothekengläubiger doch ein Grundstück nur in Höhe seines Werthes beleihe. Falls derselbe nun als letzter Gläubiger das Grundstück unter Beibehaltung der vorangehenden Hypotheken gegen eine geringere Summe erstehe, als seine Hypothek betrage, so sei derfelbe zwar formell nicht vollständig befriedigt, sondern habe noch eine rückständige Forderung an den Schuldner; materiell sei der Hypothekengläubiger aber befriedigt, da derselbe das Grundstück selbst für so beleihungsfähig gehalten habe. Es sei daher Unrecht, dem Schuldner noch weitere Lasten aufzubürden. Diejenigen Hypothekengläubiger, welche ein Grundstück über seinen Werth beliehen hätten, habe der Gesetzgeber bei diesen unsicheren und oft aus unlauteren Motiven geschlossenen Ge— schäften nicht zu schützen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-⸗Justiz-Rath Kurlbaum IL sprach sich gegen den Antrag aus. Das vom Vorredner angeführte Beispiel treffe nicht immer zu; nament— lich sei es nicht immer möglich, schon vor dem Sub— hastationstermin zu übersehen, in welcher Höhe das Gebot abgegeben werden würde. Es komme auch vor, daß ein beliehenes Grundstück mit der Zeit sich verschlechtere, also bei der Subhastation wirklich nicht mehr so viel werth sei, wie man hei der Bestellung der Hypothek angenommen habe. Sehr häufig gebe man auch der Person des Besitzers den Kredit, nicht dem Grundstück. Warum solle da auch nicht einmol eine Ueberschreitung der üblichen Beleihungsgrenze vorkommen.? Außerdem solle nur der Ersteher seiner weiteren Forderung verlustig gehen; es sei aber sehr leicht, daß der Gläubiger seine Forderung einem Anderen cedirt habe, und dadurch die Vorschriften des Antrags umgehe, oder daß derselbe durch einen andern das Grundstück erstehen lasse. In solchen Fäller würde der Antrag völlig unwirksam sein.

Der Abg. von Körber befürwortete den Antrag von Bis— marck, indem er besonders darauf hinwies, daß sogar die liberale „Danziger Zeitung“ die jetzigen Zustände tadele.

Der Abg. Munkel erklärte, daß er dem Gedanken des Bismarckschen Antrags sympathisch gegenüberstehe, weil er nur eine Konsequenz des im §. 22 geschaffenen Minimal— gebotes sei. Aber der Antrag sei in dieser Fassung völlig unyraktisch und daher unannehmbar. Der Abg. von Bismarck scheine nur schwindelhafte Hypothekengläubiger kennen gelernt zu haben, es gebe doch aber auch ehr— liche und dagegen auch schwindelhafte Schuldner. Man dürfe doch diesen nicht aus ihren Schulden, also aus ihren Verpflichtungen Rechte herleiten. Die jetzige Gesetzgebung sei zwar theuer, aber gut, und er werde gegen die Neuerung stimmen.

Der Regierung ekommissar vertheidigte die Vorlage.

Der Abg. Dr. Martinius glaubte, daß die Bestimmungen derselben für das Land, namentlich wo der Grundbesitz stark parzellirt sei, nicht geeignet wären.

Um 12 Uhr vertagte das Haus die weitere Berathung auf Sonnabend 9 Uhr.

Nach Mittheilungen aus Italien ist folgende Suh— mission ausgeschrieben worden:

von der Artillerie-⸗Direktion der Gießerei zu Genug für den 28. Juni d. J. bis Nachmittags 3 Uhr eine Submission auf Lieferung von 92 0900 kg kupferner gekehlter Stäbe im Taxwerth von 162 440 Lire.

Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.

Jedes Mitglied einer Familie gleichviel ob einer adeligen oder bürgerlichen ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Civilsenats, vom 5. April d. J., be— rechtigt, gegen Personen, welche sich rechtswidrig den Namen der Familie beilegen und sich als zur Familie gehörig be— zeichnen, im ordentlichen Nechtswege auf Unterlassung dieser Anmaßungen zu klagen.

Der General⸗Lieutenant von Massow, Commandeur der 18. Division, hat nach Abstattung persönlicher Meldungen Berlin heute Mittag wieder verlassen.

Kiel, 24. Mai. (W. T. B.) Das deutsche Panzer⸗ geschwader mit dem Chef der Admiralität, von Caprivi, an Bord ist heute Abend hier eingelaufen.

Württemberg. Stuttgart, 22. Mai. Der „Köln. Ztg.“ wird von hier geschrieben: Gestern mögen einem hoch- gestellten Manne in Berlin die Ohren geklungen haben. In der württembergischen Kammer wurde von Demokraten das Lob einer seiner politischen Lieblingsideen verkündigt, auf preußische Einrichtungen als musterhafte hingewiesen. Das begab sich in einer Steuerdebatte, in welche die Abgg. Probst und Bucher den Antrag hineinwarfen, den von der Steuer freibleibenden Betrag bei der Einkommen⸗ steuer, in unserm schönen Kanzleideutsch Existenzminimum genannt, von 350 auf 600 (6½ zu erhöhen. Ein Menge von Pfändungen, so wurde von den demokratischen Rednern ausgeführt, würde dadurch wegfallen, und Preußen habe uns ein löbliches Beispiel in dieser Beziehung gegeben. Finanz— Minister Renner that Alles, um den für sein immer schwieriger zusammenzuzimmerndes Gebäude der Staatseinnahmen angeb— lich unheilvollen Beschluß abzuwenden. Vergeblich, die Kammer hatte sehr ausnahmsweise eine oppositionelle Stunde, und mit 43 gegen 36 Stimmen wurde der Antrag Probst-Bucher an⸗ genommen.

Hessen. Darmstadt, 22. Mai. (K. 3.) Heute trat die Zweite Kammer zu einer voraussichtlich mehr— wöchigen. Tagung zusammen. Auf der Tagesordnung stand, von Minderwichtigem abgesehen, das von dem Finanz Ministerium mitgetheilte Gutachten der Kommission zur Unter— suchung der hessischen Strombauverhältnisse und der durch die hessischen Strombauten hervorgerufenen Beschwerden hessischer Gemeinden und, Gutsbesitzer. Der verstärkte Finanzausschuß hat mit Rücksicht auf die von der Regie— rung zugesagten Erläuterungen und Vorschläge zunächst nur einige dringliche und unter allen Umständen noth⸗ wendige Aenderungen bei Mainz ins Auge gefaßt. Die Regierung soll alle geeigneten Schritte ihun für die rasche Entfernung des oberhalb Kastel zum Schutze der rechtsrheini— schen Staatsbahn dort angelegten Hafendammes, soweit sol— cher über das Normalprofil des Rheins vorspringt, sowie ür die baldige, vertragsmäßig längst festgestellte Abtrei— bung eines Theils der sich hier anschließenden Maar— aue. Außerdem soll die Weitererhöhung des am unte— ren, Rheinthore zu Mainz im früheren linksseitigen Rheinarme ausgeführten Querdammes vorläufig ein— gestellt, dagegen der projektirte Längsdamm an den neuen Hafenanlagen, ebenso die Abtreibung eines Theils der gegenüherliegenden Petersau ungesäumt ausgeführt werden hehufs Herstellung der neuen Uferlinie und Ausbildung der Stromrinne innerhalb des auf eine lange Strecke verengten Hochfluthprofils. Nach einer mehrstündigen, das ganze ein— schlägige Gebiet umfassenden Debatte, in welcher namentlich die Vertreter der hetheiligten Bezirke eingehend ihre von der Regierung öfter bekämpften Anschauungen darlegten, wurden schließlich die von den Regierungsvertretern nicht beanstande— ten speziellen Ausschußanträge angenommen.

Schwarzhurg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 23. Mai. Lpz. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist vor— gestern hier durch den Staats-Minister von Bertrab eröffnet worden. Dem Landtage sind zur Berathung u. A. folgende Vor— lagen übergeben worden: 1) ein Gesetzentwurf, die Erhebung einer Abgabe zum Zweck des Feuerlöschwesens und der Feuer— sicherheit betr, 2) ein Gesetzentwurf, die Erweiterung des hesigen Landgerichtsgefängnisses betr, 3) ein Gesetzenkwurf, de Abänderung des Landeskreditkassengesetzes betr. ꝛc. Außer— dem hat der Landtag über die von dem Landtagsausschusse geprüften Hauptlandeskassen⸗ und Landeskreditkassenrechnungen ür 1878 bis 1881 Beschluß zu fassen.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Die päpstliche Krönungsbotschaft, mit dem Erzhischo Vanutelli an der Spitze, ist heute nach Moskau abgereist.

Niederlande. Luxemburg, 24. Mai. (W. T. B.) In einem heute Abend publizirten, aus Walferdingen vom 22. d. M. datirten Reskript des Königs, betreffend die Entfestigung Luxemburgs und den darauf bezüglichen Londoner Vertrag vom 11. Mai 1867, heißt es: der König habe durch die von der Regierung erstatteten Berichte und vorgelegten Schriftstücke, und nachdem er sich selbst über den gegenwärtigen Zustand der in Frage kommenden Oertlichkeiten vergewissert, die vollständige Ueberzeugung ge— wonnen, daß die in dem Artikel 5 des Londoner Vertrags enthaltenen Verpflichtungen und die Intentionen der bei dem Vertrage betheiligten Mächte in loyaler Weise erfüllt worden seien. Der Staats-Minister wird beauftragt, dies zur Kenntniß der bei dem Londoner Vertrage betheiligten Mächte zu bringen.

Großbritannien und Irland. London, 24. Mai, (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses antwortete der Unter-Staatssekretär Lord Fitzm aurice auf mehrere an ihn gerichtete Anfragen: die Franzosen hätten Madshunga auf der Westküste von Madagaskar sechs Stunden lang bombardirt und hierauf besetzt; die Hovas hätten große Verluste erlitten; der fran— zösisd Admiral sei, nachdem er eine Garnison in Madshunga zurückgelassen, nach der Flotte zurückgekehrt. Was die diplomatischen Beziehungen zu Mexiko anlange, so gebe ein jüngst stattgehabter Meinungsaustausch Hoffnung auf baldige Wiederaufnahme derselben. In Bul⸗ garien sei die englische Regierung wegen Schließung der griechischen und amerikanischen Schulen vorstellig geworden; wegen Schließung der letzteren verhandele England auch mit der amerikanischen Regierung. Was das Ver⸗ hältniß Englands zu der Kuxie anbetreffe, so habe die englische Regierung niemals die Absicht gehabt, einen Minister⸗Residenten beim Vatikan zu ernennen. Das Schrei⸗ ben des Papstes an die irischen Bischöfe sei nicht auf Veranlassung der englischen Regierung erlassen worden. In Betreff der von der Türkei angeordneten Erhebung eines achtprozentigen Werthzolles auf Einfuhrartikel endlich habe England bei der Pforte formellen Protest eingelegt. .

In einer von den Schiffsrhedern heute Nachmittag abgehaltenen zweiten Versammlung wurden Resolutionen angenommen behufs Bildung einer Gesellschaft zur Sicherung der Herstellung eines zweiten Suezkanals und behufs Zeichnung eines Betrages von 20 000 Pfd. Sterl. zur Be

streitung der vorläufig erforderlichen Kosten. Der größte Theil dieser Summe wurde sofort von den anwesenden Schiffsrhedern gezeichnet. Der Schriftführer der Versamm⸗ lung erhielt den Auftrag, von der Bildung der Gesellschaft und von ihren Zwecken der Regierung Anzeige zu machen.

Frankreich. Paris, 24. Mai. (W. T. B.) Heute Vormittag hat ein Ministerrath, stattgefunden, in welchem dem Vernehmen nach Mittheilung gemacht wurde von Nachrichten aus Madagaskar. Danach hat die im indischen Dzean stationirte französische Schiffs⸗ abtheilung die Posten der Hovas aufgehoben, welche im Widerspruch mit den Rechten Frankreichs auf dem Territorium von Lakalase errichtet worden waren. Ebenso wurden die Zollstellen in Majunga besetzt, von welcher Stadt sich der Weg nach Tananarivo abzweigt.

Nachrichten vom Senegal zufolge soll der Oberst Des⸗ bordes den feindlichen Angriff zurückgeschlagen haben. Das Fort von Bamaku, bis wohin der Telegraph funktionirt, ist vollständig armirt. Auf dem linken Ufer des Niger herrscht vollständige Ruhe. .

24. Mai, Abends. (W. T. B.) Der Präsident Grävy empfing heute den neu ernannten japanischen Gesandten, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte, und erwiderte auf dessen Ansprache mit dem Wunsche, daß die zwischen Frankreich und Japan bestehenden vortrefflichen Beziehungen sich immer weiter entwickeln möchten.

In der heutigen Senatssitzung verlas Graf St. Vallier seinen Bericht über die Ton kin-Angelegenheit. In demselben wird die Nothwendigkeit hervorgehoben, im Interesse der Nationalehre rasch vorzugehen. Die Hoffnung auf eine Verständigung mit China sei noch nicht vollständig geschwunden; Frankreich wolle lediglich die Ausführung des Vertrags vom Jahre 1874. Die Beziehungen zu China seien von dem Geiste der Versöhnung geleitet; als der einzige Punkt, betreffs dessen eine Transaktion unmöglich erscheine, sei die Anerkennung der Souzeränetät Chinas über Anam anzu— sehen. Nach einigen Einwürfen Lamberts und nachdem der Minister des Auswärtigen, Challemel-Lacour, über die Befug— nisse des in der Vorlage vorgesehenen Civil kommissars weitere Erklärungen abgegeben hatte, wurde die Vorlage genehmigt. Der Artikel der Vorlage, der von der Zutheilung eines Civil— kommissars zu dem militärischen Oberbefehlshaber handelt, wurde gestrichen, nachdem der Minister Challemel-Lacour sich mit der Streichung desselben einverstanden erklärt hatte.

Den von dem Minister-Präsidenten Ferry und dem Justiz-Minister Martin Feuille zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Konkordats und der loya⸗ len und wohlwollenden Anwendung desselben in der Budgetkommission abgegebenen Erklärungen stimmt der „Temps“ vollständig bei, und sagt: es sei zu hoffen, daß die Kammer diese Politik billigen werde, welche eine neue Aera in der Kirchenpolitik der Republik bezeichne.

Bezüglich der Besetzung der Zollstellen in Mazunga auf Madagaskar durch französische Truppen sagt der „Temps“: dieselbe werde die Forderungen, welche Frank⸗ reich gegen die Howa⸗Regierung habe, sicher stellen. Admiral Pierre habe die Mission, nicht allein den aus den Verträgen hervorgehenden Rechten Geltung zu verschaffen, sondern auch für die französischen Staatsangehörigen in Betreff der Eigen— thumsfrage die gleichen Rechte zu erwirken, welche die An— gehörigen anderer Staaten durch die kürzlich von der mada— gassischen Gesandtschaft namentlich mit England, mit den Vereinigten Staaten und mit Deutschland abgeschlossenen Verträge erhalten hätten.

Spanien. Madrid, 24. Mai. (W. T. B.) Zu Ehren des Königs und der Königin von Portugal, welche seit dem 22. d. M. zum Besuch am hiesigen Hof weilen, fand gestern ein Banket im Königlichen Palais statt. König Alphons brachte einen Toast auf das portugiesische Königspaar aus und sagte: Spanien und Portugal seien ver— einigt durch eine enge Allianz, wobei jedoch jedes Land seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit bewahre. Der König von Portugal erwiderte mit einem Toast, in welchem er dem gleichen Gedanken Ausdruck gab.

Numänien. Bukarest, 25. Mai. (W. T. B.) Der Senat hat die Wahlmandate verifizirt und wird heute den Fürsten Demeter Ghika zu seinem Präsidenten wählen. In der Kammer weigert sich Constantin Rosetti, das Praäͤsidium anzunehmen, weil er an der Debatte über die Re— form des Wahlgesetzes theilzunehmen beabsichtigt. Die aus den Wahlen sehr geschwächt hervorgegangene Opposition er— klärt in einem vom „Timpul“ veröffentlichten Manifeste, daß sie auf die ihr zugefallenen Mandate für Senat und Kammer verzichte, und begründet diesen Schritt mit der angeblichen Einmengung der Verwaltung in die letzten Wahlen.

Rußland und Polen. St. Petersbourg, 25. Mai. (W. T. B.) Der „Regierunganzeiger“ veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers, in welchem derselbe dem Großfürsten Wladimir und dem General Grafen de Lagardie, Militärgouverneur von Moskau, für die an den Tag gelegte treffliche Haltung der Truppen bei dem feierlichen Einzuge und dem Civilgouverneur von Moskau, Fürsten Dolgorukow, für die vorzügliche Ordnung an diesem Tage seine Anerkennung und seinen Dank ausspricht.

Der neuernannte russäsche Gesandte für Bayern und Württemberg, de Staal, ist in gleicher Eigenschaft auch für Baden und Hessen beglaubigt worden.

Das „Journal de St. Pétershburg“ gedenkt der An— wesenheit der Vertreter sämmtlicher Monarchen und Regie— rungen Europas, Nordamerikas und der asiatischen Grenzländer bei dem glänzenden Einzuge des Kaifers und der Kai⸗ serin in Moskau und sagt: Rußland sei stolz und glücklich über solche Achtungs⸗ und Freundschaftsbeweise. Dadurch werde bezeugt, daß die edlen Abfichten des Kaisers, die loyale Politik und das Bestreben desselben, die Lage des Volkes moralisch und materiell zu bessern, von der gesammten Welt anerkannt werden. Ehenso sei auch die Gegenwart der zahlreichen Ver— treter der Presse von Bedeutung. Der Empfang, welcher dem Kaiser in Moskau bereitet worden, sei ein Beweis für die Liebe des russischen Volkes zu seinem Monarchen und für die Grundlosigkeit der in den letzten Jahren ausgestreuten bös— willigen Erfindungen. Der Artikel schließt: Möge die Wahr— heit über Rußland sich jetzt Bahn brechen und die Freundschafts— bande der Monarchen besestigen. Die Moskauer Feierlichkeiten sind ein Friedensfest im vollsten Sinne des Wortes, wie die „Prov. Corresp.“ mit Recht bereits bemerkt hat.

Moskau, 24. Mai. (W. T. B.) Die Proklamirung der Krönung, welche unter Theilnahme von Abtheilungen

der Chevaliergarde und der Garde zu Pferde in großer Gala erfolgte, machte einen überaus glänzenden und im⸗ ponirenden Eindruck.

Bezüglich des Empfangs des diplomatischen Corps verlautet, daß der Kaiser und die Kaiserin bis jetzt nur einen Empfang desselben bei dem Feste des deutschen Botschafters von Schweinitz annehmen werden, der als Doyen des diplomatischen Corps ein Diner mit Ball giebt, an wel⸗ chem außer dem Kaiser und der Kaiserin auch alle Mitglieder des Kaiserlichen Hauses theilnehmen.

Zu der am Krönungstage stattfindenden Illumina— tion werden so großartige Vorbereitungen getroffen, daß die⸗ selbe die Illumination am Einzugstage noch weit uͤbertreffen wird; namentlich der Kreml wird feenhaft erleuchtet sein. Die Haltung der Bevölkerung ist trotz des gewaltigen Menschenzuflusses eine musterhafte; von Unglücksfällen oder irgendwelchen Unordnungen ist bis jetzt nicht das Geringste bekannt geworden.

24. Mai, Nachm. 5 Uhr 30 Min. (Telegramm der „Nordischen Telegraphen-Agentur“ ) Bei der heutigen feter⸗ lichen Verkündigung des Krönungstages waren zahlreiche Volksmassen schon um 7 Uhr Morgens vor dem Senatsgebäude versammelt. Präzise 9 Uhr stellten sich die Musikcorps mit goldbetreßten Paukenschlägern auf; alsdann kamen Herolde mit dreispitzigen, federgeschmückten Hüten, beklei⸗ det mit einer Toga von Goldbrokat und eingestickten schwarzen Reichsadlern, in den Händen goldene Heroldsstäbe; an dieselben schlossen sich Kavallerieabtheilungen an. Zwei berittene Senatssekretäre verlasen die Verkündigung der auf den 15. Mai a. St. festgesetzten Krönung. Die Zuhörer ent— blößten ehrfurchtsvoll die Häupter und bekreuzigten sich, worauf die Nationalhymne angestimmt wurde. Eine große Volksmenge begleitete unter tausendstimmigem Hurrahrufen die Kavalkade, als dieselbe nach dem Rothen Platz ritt. Hier theilte sie sich in zroei Abtheilungen, um die Proklamation, von welcher Abdrücke vertheilt wurden, in anderen Stadt— theilen zu verlesen.

25. Mai, Morgens 8 Uhr 40 Minuten. (W. T. B.) Bei dem Fürsten von Bulgarien fand gestern ein Dejeuner statt, welchem die Prinzen Alexander und Hein— rich von Hessen, Prinz Wilhelm von Baden und Prinz Albert von Sachsen-Altenburg beiwohnten.

Zeitungsstimmen.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ finden wir folgenden Artikel:

An der Hand einer statistischen Aufnahme des Vereins deutscher Eisen und Stahlindustrieller konstatirten wir vor einigen Tagen, daß in dieser Industrie die Zahl der Arbeiter um 25,27½9, die Summe der gezahlten Löhne um 42 06 vom Januar 1879 bis Januar 1882 gestiegen seien, daß auf 338 in Betracht gezogenen Werken die Arbeiter rund 47000 000 ½Æ Mehreinnahme 1882 gegen 1879 gehabt, während die Aktionäre der darunter befindlichen 108 Aktiengesellschaften nur 8 Mil lionen mehr an Dividende bezogen. In Nr. 260 dieser Zeitung wurde ferner die analoge Statistik pro 1883 veröffentlicht, welche im Ver⸗ gleiche zu 1879 eine Steigerung der Arbeiterzahl um 33,9 00, der Lohnsumme um 57,20, einen nach dem Januar-Bestande geschätzten Mehrverdienst der Arbeiter von 325 Werken von 645 Millionen Mark ergab. Diese Besserung der Beschäftigungs- und Lohn— verhältnisse zeigt sich also als eine konstante. Unsere an diese Zahlen geknüpften Bemerkungen haben besagt, daß also keineswegs der Unternehmer allein unter dem Schutzzolle von dem Aufschwunge der Industrie Nutzen gezogen habe, sondern, daß eine erhebliche Summe an Mehryerdienst für die Arbeiter nachgewiesen werden könne. Mit vdiesen Bemerkungen haben wir uns das Miß— fallen der, Germania“ zugezogen. Wir sind ja in sehr vielen Punkten in handelt-, wirthschafts⸗ und sozialpolitischer Beziehung mit der „Germania“ in Nebereinstimmung; sie selbst sagt, .der In— halt unseres Artikelß gefalle ihr ganz und gar, da er die steigende Blüthe der Eisenirdustrie darlegen, sie ist auch darin mit uns einverstanden, daß der „absolute Betrag der Arbeits⸗ löhne“ gestiegen sei; sie glaubt aber an uns eine Mahnung richten zu sollen, nicht zu „rosig' über Arbeiterverhältnisse zu schrelben, denn durch solches Verhalten schädigten wir „den Glauben an die Arbeiter— freundlichkeit der Regierung und deshalb den Glauben an den vollen Ernst der Sozialreform überhaupt.“ Diese Mahnung glaubt die „Germania“ hegründen zu können durch die Behauptung, der Arbeits— lohn sei, wenn auch der absolute, quantitative Betrag der Löhne heute größer sei als vor der Wirthschaftsreform von 1879, doch relativ, d. h. qualitativ, nicht gestiegen, für die gleiche Arbeitsleistung werde nicht mehr Lohn gezahlt, als zur Zeit des Niederganges unserer in— dustriellen Verhältnisse. Wäre diese Behauptung der „Germania“ richtig, was wir bestreiten und durch Zahlen widerlegen werden, so würde sie doch nicht das Mindeste gegen die Arbeiterfreundlichkeit der Regierung beweisen können. Die Grundidee der nationalen Wirth— schaftfpolitik, die in der Tarifreform von 1879 den ersten praktischen Ausdruck gefunden hat, war doch ohne Zweifel zunächst, überhaupt für unsere Industrie, d. h. für die deutschen Arbeiter, Arbeit zu schaffen. Ohne Zweifel war es Aufgabe der Regierung, dahin zu wirken, das hat sie gethan; und wenn man die Erfüllung einer Pflicht als „Arbeiterfreundlichkeit“ bezeichnen will, so ist dieselbe von der Regierung dokumentirt worden; denn, und darin konsentirt ja die „Germania“, Arbeit ist geschaffen worden, quantitativ haben sich Arbeitsgelegenheiten und Lohnberrag in erfreulichster Weise gesteigert. Um so tendentiöser muß es aber erscheinen, eine thatsächlich vorhandene Besserung der qualitativen Löhne um deswegen leugnen zu wollen, weil solche etwa in Westfalen auf einer Reihe von Zechen noch nicht be— merkbar geworden. Daß die Löhne wirklich auch qualitativ gestiegen sind, wollen wir für heute aus wenigen Zahlen, die wir der Lohn statistit der ‚Coneordig“ entnehmen, belegen. Dieselbe ist kürzlich pro 1. Oktober 1882 veröffentlicht und, wie früheren Bemängelungen gegenüber hervorgehoben wird, besonders vorsichtig bearbeitet worden. Indem wir uns vorbehalten, auf diese Zahlen zurückzukommen, ver— gleichen wir für heute die Lohnangaben der Provinz Brandenburg, als der uns zunächstliegenden, pro 1. April und 1. Oktober 1882. Danach betrug der Durchschnittswochenlohn pro Stunde täglicher Arbeitszeit für sämmtliche in der Statistik enthaltenen Orte der Pro— vinz Brandenburg:

1882

für 1. April. J. Oktober.

Bauarbeiter:

Poliere

Gesellen

Handlanger . Schreinergesellen . Schlossergese len Schneidergesellen .. Schuhmachergesellen . Maschinen⸗Schlosser. Maschinen Weber. 1 Sonstige gelernte Fabrikarbeiter Tagelöhner:

Fabrik

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Felde.

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Danach ist vom 1. April bis 1. Oktober 1882, für welche Ter⸗ mine eine Lohnveränderung der Saison wegen zu Gunsten des ler⸗— teren gewiß nicht anzunehmen ist, der Durchschnittswochenlohn pro tägliche ArbeitSstunde in allen in der Concordiastatistik enthaltenen Gewerben in der Prorinz Brandenburg gestiegen; es hat also die Lohnbewegung ohne Zweifel die Tendenz qualitativer Besserung. Ob das an allen Orten und in allen Verhältnissen bereits der Fall, ist eine ganz andere Frage, es kann aber auch nicht Auf— gabe der arbeiterfreundlichsten Regierung sein, im Einzelfalle Lohn besserung direkt erzwagen zu wollen; auf diesem Gebiete beginnt vielmehr die Aktion der Selbstverantwortlichkeit des Einzelnen, die unterstützt werden kann durch objektive wohlwollende Behandlung Seitens der Presse, aber nicht durch Verschweigen der schon ein— getretenen Besserung an anderen Orten.

Die „Schlesische Zeitung“ meldet:

Neuerdings wenden auch im sächsischen Erzgebirge die Handwerker dem Innungswesen erneute Aufmerksamkeit und reges Interesse zu. So vereinigten sich kürzlich in Hartenstein alle Bäcker aus Harten⸗ stein, Zschocken und Thierfeld, welche regelrecht „ausgelernt“‘ haben, um sich der Bäcker- und Fleischerinnung in Hartenstein anzuschließen. Es wurden bei dieser Gelegenheit nach alter Sitte wieder Lehrlinge in die Innung aufgenommen und ‚ausgelernte“ Lehrlinge zu Gesellen gesprochen. . J

Eine Berliner Correspondenz des „Düsseldorfer Anzeigers“, welche sich mit der sozialpolitischen Reform be— schästigt, schließt mit folgenden Sätzen:

Das Sozialistengesetz hat ja äußerlich Ruhe hergestellt. In Wahrheit ist die Ruhe nur eine scheinbare. Wie zuverlässige Be⸗ richte melden, hat die sozialdemokratische Bewegung in letzter Zeit wieder an Stärke und Ausdehnung erheblich zugenommen. Dafür spricht auch das ganze Gebahren der sozialdemokratischen Partei. Die Anhänger derselben erscheinen jetzt wieder öfter in den Versammlungen anderer Parteien, um dort ihre Grundsätze zu vertreten. Flug⸗ schriften aufreizenden Inhalts werden verbreitet, Druckschriften der feindseligsten Tendenz gegen den Staat und die Gesellschaft werden fortgesetzt beschlagnahmt und von verschiedenen Seiten kommen Nach— richten, daß die Agitation rühriger als seit langen Jahren be⸗ trieben wird.

Und diesen Thatsachen gegenüber sollte der Reichstag die positiven Reformmaßregeln auf die lange Bank schieben? .....

Es würde ein großer Muth oder auch ein großer Leichtsinn dazu gehören, diesen Thatsachen gegenüber ruhig die Verantwortung für das beliebte Gehenlassen übernehmen zu wollen. Wir meinen, daß man im Lande ein solches Verhalten nicht nur nicht verstehen, sondern auch entschieden verurtheilen würde.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 26. Inhalt: Verfügungen: vom 18. Mai 1883. Einführung des Postauftrags⸗ verfahrens im Verkehr mit Oesterreich-Ungarn.

Nr. 27. Inhalt: Verfügungen: vom 17. Mai 1883. Berich⸗ tigung der Gebühr für die nach 5. 39 Abs. VI. der Postordnung zu erlassenden Unbestellbarkeitsmeldungen; vom 18. Mai 1883. Un⸗ zulässigkeit der amtlichen Verbreitung von Prospekten; vom 18. Mai 1883. Veränderte Behandlung der mittels der Bahnpostbriefkasten zur Einlieferung gelangenden Briefsendungen.

Statiftische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 13. Mai bis inkl. 19. Mai er. zur Anmeldung gekommen: 230 Ehe- schließungen, 777 Lebendgeborene, 27 Todtgeborene, 672 Sterbefälle.

Die „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Bureaus“. Herausgegeben von dessen Direktor E. Blenck, enthält in den Heften J. und II. des Jahrganges 1882 eine Arbeit über die Sparstellen im Königreich Preußen im Jahre 1880. Wir entnehmen diesem Aufsatz Folgendes: In einer früheren Abhand⸗ lung über die Sparkassen im preußischen Staate im Jahre 1880 war bei Besprechung der räumlichen Vertheilung der Sparstellen, d. h. der Sparkassen, Nebenkassen und Annahmestellen zusammen, darauf hingewiesen worden, wie gering die Zahl der Sparstellen im Osten der Monarchie im Vergleich mit den mittleren und westlichen Pro— vinzen sei. Bei genauerer Untersuchung über die Lage der Ende 1880 in den Provinzen Ostpreußen, Westpreußen und Posen, sowie in den Regierungsbezirken Köslin und Stettin existirenden Sparstellen hatte sich ergeben, daß von den 262 Orten (Städten, und Landgemeinden) mit über 2000 Einwohnern nur 151 im Besitze einer Sparstelle waren, und daß außerdem noch 18 Sparstellen in Orten mit 2000 und weniger Einwohnern bestanden. Eine derartige Untersuchung bezüglich der Zahl und der Größe der Orte mit und ohne Spaistelle sei, da sie das beste Bild über den Umfang der Spargelegenheit biete, nunmehr für dasselbe Jahr auch auf die übrigen Landestheile ausgedehnt worden. Es ergab sich, daß, wäh⸗ rend im Jahre 1380 im ganzen Staate 1941 Sparstellen überhaupt eristirten, doch nur 1606 Orte mit Spargelegenheit vorhanden waren. Unterscheidet man diese Orte nach ihrer Einwohnerzahl, so hatten von den Orten mit Sparstellen 870 eine Bevölkerung von über 2000 Seelen, während die übrigen 736 Orte 2000 und weniger Ein— wohner hatten. Da es nach der Zählung von 1880 im König reiche Preußen (ohne Hohenzollern) 1614 Orte mit über 20a) Ginwohnern gah, so folgt, daß 744 dieser Orte, ä Theil solche mit 500) und noch mehr Einwohnern, ohne jegliche Sparstelle waren. Die größte Zahl von Orten mit Sparstellen im Vergleich zur Oberfläche hat der Regierungsbezirk Düsseldorf. Das darf jedoch nicht auffallend erscheinen, da dieser Bezirk einer der am dichtesten bevölkerten ist. Viel ungünstiger stellt sich die Spar⸗ gelegenheit in dem selben Bezirke, wenn man untersucht, wie viele von den Orten mit über 2007 Einwohnern Sitz einer Sparstelle sind. Dann ergiebt sich, daß auch hier nur wenig mehr als die Hälfte der größeren Orte, d. h. von 158 nur 81 ihren Bewohnern eine Spar— gelegenheit gewähren. Am günstigsten nach beiden Gesichtspunkten liegen die Verhältnisse in der Provinz Schleswig“ Holstein. Die Zahl der Orte mit Sparanstalten im Vergleich mit der Oberfläche ist nur unbedeutend kleiner als im Regierungs⸗ bezirk Düsseldorf, obgleich Schleswig⸗Holstein an Fläche dreieinhalb Mal größer als dieser Bezirk ist. Dazu kommt, daß in Schleswig— Holstein nur 5 Orte mit über 2000 Einwohnern keine Sparstelle be⸗ sitzen, während 197 kleinere Orte eristiren, in denen sich Sparstellen befinden. Als charakteristisch für die außerordentlich reiche Spar⸗ gelegenheit in der Provinz Schleswig⸗Holstein wird inshesondere die Thatsache angeführt, daß von sämmtlichen 54 im Stande der Städte befindlichen Orten nur ein Flecken, der noch nicht 1009 Einwohner hat, ohne Sparstelle ist. Von den 5 Orten ohne Sparstelle mit über 2000 Einwohnern liegt je einer in den Kreisen Plön, Süder— dithmarschen und Steinburg; zwei von ihnen kommen auf den Kreis Pinneberg.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die geltenden Handelsgesetze des Erdballs“, ge⸗ sammelt und in das Deutsche übertragen, sewie mit Einleitung, An⸗ merkungen, Schlußwort und Generalregistern versehen, von Oskar Borchardt, Doktor der Rechte. J. Abth. Die kodifizirten Handels—⸗ gesetze. Bd. J.. Die Handelsgesetzbücher von Egypten, Argentinien, Belgien, Bolivia, Brasilien und Chile. Berlin 1883, R. von Deckers Verlag (Marquardt und Schenck. I69 Bg. Lex.-89. geh. Preis 290 M6 Das vorliegende Sammelwerk zählt zu den be—⸗ deutendsten Erscheinungen auf dem Gebiet der komparativen Gesetz= gebung und verdankt seinen Ursprung der Zeitigung der Erkenntniß, daß es eine dringende und unabweisliche Nothwendigkeit sei, nachdem die entferntesten Natlonen des Erdballs durch die sich stetig steigern⸗

den wechselseitigen Handelsbeziehungen in den letzt verflossenen

Dezennien nahe an einander gerückt sind, die jenen zu Grunde liegen⸗