. er. n * M 2 2 5 2 * . . / / , . * — 8 9
ö — — ⸗‚
— r ꝛ 3
K 2
— KN —
2. —
r —ᷣ—ᷣ am
44
. ö .
.
6 ö . . 3
7
J ö h 6
=
R ö
1 e
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam der Vorstellung der 1. Garde⸗Infanterie⸗Brigade bei und nahm sodann einige Vorträge entgegen.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für ndel und Verkehr und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Zweiten Beilage.
— In der heutigen (87).) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wählte das Haus zunächst an Stelle des Abg. Rohland, welcher sein Schriftführeramt niedergelegt hatte, durch Akklamation den Abg. Löwe zum Schriftführer.
Es solgte die Berathung des Berichts der Reichs— schulden-Kommission: IJ. über die Verwaltung des Schuldenwesens des Norddeutschen Bundes bezw. des Deut— schen Reichs; II. über ihre Thätigkeit in Ansehung der ihr übertragenen Aufsicht über die Verwaltung: a. des Reichs⸗ Invalidenfonds, b. des Festungsbaufonds und (c. des Fonds — Errichtung des Reichstagsgebäudes; III. über den Reichs—
iegsschatz und IV. über die An⸗ und Ausfertigung, Ein⸗ ziehung und Vernichtung der von der Reichsbank auszugeben— den Banknoten.
Der Bericht wurde ohne Debatte der Rechnungskommission überwiesen.
Der letzte Gegenstand der Tagesordnung war die Fort—⸗ setzung der dritten Berathung des Gesetzentwurss, betr. die Krankenversicherung der Arbeiter.
8. 10 wurde ohne Debatte angenommen.
Die §8. 11 und 11a lauten nach den Beschlüssen in zweiter Lesung: — 1
Mehrere Gemeinden können sich durch übereinstimmende Be— schlüsse zu gemeinsamer Gemeinde⸗Krankenversicherung vereinigen. Durch Beschluß eines weiteren Kommunalverbandes kann dieser für die Gemeinde⸗-Krankenversicherung an die Stelle der demselben angehörenden einzelnen Gemeinden gesetzt oder die Vereinigung mehrerer ihm angehörender Gemeinden zu gemeinsamer Gemeinde— Krankenversicherung angeordnet werden.
Wo weitere Kommunalverbände nicht bestehen, kann die Ver— einigung mehrerer benachbarter Gemeinden zu gemeinsamer Ge⸗ meinde⸗Krankenversicherung durch Verfügung der höheren Verwal— tungsbehörde angeordnet werden.
Derartige Beschlüsse und Verfügungen müssen über die Ver⸗— waltung der gemeinsamen Gemeinde⸗Krankenversicherung Bestim— mung treffen.
Die Beschlüsse bedürfen der Genehmigung der höheren Ver— waltungsbehörde; gegen die Verfügung der Letzteren, durch welche die Genehmigung versagt oder ertheilt oder die Verengung mehrerer Gemeinden angeordnet wird, steht den betheiligten Ge— meinden und Kommunalverbänden innerhalb vier Wochen die Be— schwerde an die Centralbehörde zu.
§. 11a.
Sind in einer Gemeinde nicht mindestens fünfzig Personen vorhanden, für welche die Gemeinde⸗Krankenversicherung einzu— treten hat, oder ergiebt sich aus den Jahresabschlüssen (5. 9 Absatz 3) einer Gemeinde, daß auch nach Erhöhung der Versicherungsbeiträge auf zwei Prozent des ortsüblichen Tagelohnes die Deckung der gesetzlichen Krankenunter⸗
stützung fortlaufend Vorschüsse der Gemeindekasse erfordert, so kann
3. Antrag der Gemeinde deren Vereinigung mit einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu gemeinsamer Kranken— versicherung durch die höhere Verwaltungsbehörde angeordnet werden.
Trifft diese Voraussetzung für die Mehrzahl der einem weiteren Kommunalverbande angehörenden Gemeinden zu, so kann die höhere Verwaltungsbebörde anordnen, daß der weitere Kom— munalverband für die Gemeinde⸗Krankenversicherung der ihm ange⸗ hörenden Gemeinden an die Stelle der einzelnen Gemeinden zu treten hat.
Ueber die Verwaltung der Gemeinde -Krankenversicherung sind in diesen Fällen die erforderlichen Vorschriften nach Anhörung der betheiligten Gemeinden und Verbände zu treffen.
Gegen die auf Grund dieser Vorschriften von der höheren Verwaltungsbehörde getroffenen Anordnungen steht den betheiligten Gemeinden und Verbänden innerhalb vier Wochen die Beschwerde an die Centralbehörde zu.
Gemeinden von mehr als zehntausend Einwohnern können ohne ihre Einwilligung nicht mit anderen vereinigt werden,
Hierzu lagen von den Abgg. Dr. Gutfleisch und Dr. Paasche folgende Antraͤge vor:
Der Reichstag wolle beschließen:
I) in §. 11 den Abs. 3 zu streichen;
2) in Abs. 4 des § 11 die Worte „und Verfügungen“ zu streichen;
3) in Abs. 5 des §. 1 die Worte „oder die Vexeinigung mehrerer Gemeinden angeordnet“ zu streichen;
den 8. 11L a3. zu streichen.
Für diese Anträge traten die Abgg. Dr. Gutfleisch und Dirichlet ein. Der Geheime Ober⸗Regierungs-⸗Rath Lohmann und der Abg. Dr. Hammacher bekämpften dieselben.
Unter Ablehnung der Anträge wurden die 88. 11 und IIa nach den Vorschlägen der Kommission angenommen; desgleichen ohne Debatte die s§. 11H und 12. (Schluß des
Blattes.)
— In der heutigen (67.) Sitzung ves Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz Minister Br. Friedberg sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, setzte das Haus die jweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zwangs— vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, sort.
Der erste Redner in der gestern abgebrochenen Debatte über 5. 22, der Abg. Graf von Bismarck-Schönhausen, bestritt, den gestrigen Ausführungen des Regierungs⸗ kommissars gegenüber, daß sein Antrag den Schuldner in unzulässiger Weise von seinen Verpflichtungen be— freie. Ueber die Gesahr der Umgehung habe er selbst schon ers hen, Simulationen würden sich leicht erkennen lassen.
r. Kommissar habe ferner den Fall erwähnt, wo Jemand aus Freundschast einen Kredit gewährt habe, der über den Werth des Grundstücks hinausgehe. Das ethische Motiv der Freund schaft dürfe doch nicht in die Subhastationord— nung eingeführt werden. Er bleibe dabei, daß der über den Werth, des Grundstücks hinausgehende Kredit kein Realkredit sei, wie auch aus den Motiven hervor—
ehe. Auch daß sein Antrag eine schädliche Krebitbeschränkung irken werde, müsse er bestreiten. Der Abg. Munkel habe für die Gläubiger eine Lanze gebrochen. Es handele sich aber darum, daß Niemand seinen Mitmenschen unbillig bedrücken dürfe. Der Abg. Munkel glaube, daß er selbst durch eigene
Erfahrungen zu seinem Antrage geführt worden sei. Dieser Abgeordnete scheine also der induktiven Methode zu 3 im Gegensatz zu jeinen Freunden, welche über militärische, diplomatische u. s. w. Angelegenheiten sprächen, ohne die ge⸗ ringste Erfahrung auf diesen Gebieten.
Der Regierungskommissar Geh. Ober⸗-Justiz⸗Rath Kurl⸗ baum II. hielt seine Bemerkungen zu dem Antrage Bismarck sowohl in Bezug auf den Freundschaftskredit, wie auf die leichte Umgehung der beantragten Vorschriften durchweg auf— recht. Dieser Weg sei sicherlich nicht geeignet, um zu dem erwünschten Ziele zu gelangen.
Der Abg. Seehusen bedauerte, daß der Abg. Munkel mit solcher Wärme für den Gläubiger eingetreten sei; er kenne in Ostpreußen einen Fall, wo einer dieser „gutmüthigen“ Gläu⸗ biger über zweihundert Bauern von ihrem Besitz vertrieben und sich so in kurzer Zeit bereichert habe. Aehnliche Fälle seien ihm auch in den übrigen Theilen der Monarchie, namentlich in Polen bekannt. Der Abg. Munkel hätte daher lieber für den kleinen Grundbesitz eintreten sollen.
Der Abg. Dr. Köhler hielt den Antrag für eine Korrektion der Grundbuchordnung; der Abg. Graf von Bismarck hätte also auf diese zurückgehen und seinen Antrag nicht jetzt zur Subhastationsordnung ein— bringen sollen. Die von dem Vorredner geschilderten trau⸗— rigen Zustände seien bei ihm in Westfalen und wie er glaube auch in den meisten Provinzen unbekannt. Der Antrag schaffe für Ausnahmefälle ein Gesetz, man dürfe aber nur für die Regel Gesetze machen. Er bitte deshalb um Ablehnung des Antrages.
Der Abg. Munkel verwahrte sich dagegen, daß er dem Gläubiger besondere Gutmüthigkeit vindizirt habe. Er habe im Gegentheil ausgeführt, daß derselbe, wenn er sein Geld zurückfordere, ungemüthlich werde. Die Deklamationen des Abg. Seehusen hätten mit dem Gesetz und dem Antrag Bismarck nichts zu thun.
Hierauf wurde die Debatte geschlossen. Nach einem kurzen Schlußwort des Referenten Abg. Simon von Zastrow wurde der Antrag von Bismarck abgelehnt und 5. 22 in der Fassung der Kommission angenommen; desgleichen die folgenden Paragraphen bis 5§. 56 unverändert.
S8. 57 lautet nach dem Vorschlage der Kommission:
Von dem Kaufpreise ist der Betrag der bei Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten Zinsen, laufenden oder rück— ständigen wiederkehrenden Hebungen, Kosten und nicht eingetrage— nen, auf den Ersteher nicht von selbst übergehenden Realansprüche, sowie der das geringste Gebot übersteige nde Betrag baar zu zahlen.
Wird dasselhe Grundstück wiederholt versteigert, so ist auch
derjenige Betrag baar zu zahlen, welcher bei einer früheren Ver— steigerung von dem rückständigen Kaufgelde auf die Kosten des Ver— fahrens oder die in den 8§. 24, 26 hezeichneten Ansprüche überwiesen und noch eingetragen ist.
Im Nebrigen sind die bei Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten Realansprüche in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen.
Soll statt der Uebernahme einer Hypothek oder Grundschuld, welche auch auf einem andern gleichzeitig zum Verkaufe gestellten Grundstücke ungetheilt haftet, die Baarzahlung eines entsprechenden Theiles des Kaufgeldes als Kaufbedingung gestellt werden, und wird unter dieser Bedingung ein höheres Gebot als unter der ge— setzlichen abgegeben, so ist hierzu die Zustimmung des Schuldners , dann nicht erforderlich, wenn die Forderung noch nich: fällig ist.
Die Kündigung einer zu übernehmenden Hypothek oder Grund schuld wirkt gegen den Ersteher nur dann, wenn sie spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge— boten von dem Gläubiger angemeldet worden ist.
Der baar zu zahlende Theil des Kaufpreises ist von der Ver⸗
kündung des Zuschlagurtheils an mit fünf vom Hundert zu ver— zinsen.
Hierzu beantragte der Ahg. Graf von Bismarck-Schön— hausen, zu beschließen: Eine Zusicherung des Schuldners an den Gläubiger, nach welcher die Fälligkeit oder Kündbarkeit der in das Grundbuch eingetragenen Forderung von dem Eintritt der Zwangsvollstreckung in das Grundstück abhängig gemocht werde, sei ohne rechtliche Wirkung.
Dieser Antrag, gegen den sich der Regierungs-Kommissor aussprach, wurde abgelehnt.
Der 5 57 sowie die Paragraphen bis §. 68 inkl. wurden nach den Beschlüssen der Kommission genehmigt.
Hierzu beantragte der Abg. Graf:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Als § 68a. folgende Bestimmung aufzunehmen:
Auf Antrag eines Interessenten muß statt der Uebernahme einer Hypothek oder Grundschuld, welche auch auf einem andern, gleichzeitig zum Verkaufe gestellten Grundstücke ungetheilt ha tet, die Versteigerung der verpfändeten Grundstücke im Einzelnen, jedoch pur gegen Baarzahlung des ganzen Kaufpreises erfolgen. Der Zuschlag ist nur dann zu ertheilen, wenn die einzelnen An— gebote zusammen einen höheren Erlös bilden als beim Gesammt— verkauf und mindestens den Betrag der Forderungen der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Realgläubiger einschließlich der Fosten des Subhastationsverfahrens decken,
Auf Verlangen ist der Ersteher rerpflichtet, den Kauspreis sosort baar zu bezahlen oder bis zur Höhe des Kaufpreises Sicher heit zu leisten.
Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Rest des Gesetzes wurde ohne wesentliche Debatte unverändert angenommen.
Nach 8§. 201 soll das Gesetz am 15. September 1883 in Kraft treten. Der Abg. Frhr. von Beaulieu⸗Marconnay be— antragte, als Termin den 1. November 1883, der Abg. Mun⸗ kel, den 1. Juli 1884 zu nehmen.
Der Justiz-Minister Dr. Friedberg ersuchte das Haus, den Antrag Beaulieu anzunehmen. Der im Gesetz gewählte Termin habe auf der Hoffnung beruht, das Gesetz früher zu erledigen, als es bei der j'tzigen Geschästslage möglich sei. Eine noch weitere Hinausschiebung des Termins, wie sie der Antrag Munkel bezwecke, würde ein Mißtrauensvotum gegen das Gesetz bedeuten.
Der Antrag von Beaulieu wurde unter Ablehnung des Antrags Munkel angenommen.
Der folgende Gegenstand der Tagesordnung war die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ge— richts kosten bei Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen von Gegenständen des un— beweglichen Vermögens.
Dieser Gesetzentwurf wurde dem Antrage des Abg. von Bismarck-⸗Flatow gemäß en bloFs angenommen.
Hierauf vertagte sich das Haus um 12 Uhr auf Dienstag 9 Uhr.
— Die Auewechselung der Ratifikationen des mit Serbien abgeschlossenen Handelsvertrages und des— gleichen des mit Serbien abgeschlossenen Konsularvertrages hat gestern hier stattgefunden.
— Die Gerichtsschreiber und Sekretäre sind durch eine Verfügung des Justiz⸗Ministers, vom 17. d. M., angewiesen worden, in allen Fällen, in welchen ein unmittelbarer Staatsbeamter zu seiner Vernehmung 1) als Sach⸗ verständiger, 2) außerhalb seines Wohnorts als Zeuge auf Anordnung des Gerichts oder eines Richters, beziehungsweise auf Anordnung der Staatsanwaltschaft geladen wird, eine Abschrift der Ladung der vorgesetzten Behörde des Beamten gleichzeitig mit der zum Zweck der Zustellung erfolgenden Weiterbeförderung der Ladung zu übersenden. Die Ueber⸗ sendung geschieht ohne Anschreiben mittelst Briefumschlages und portofrei. Für dieselbe sind Schreibgebühren und andere baare Auslagen den Parteien nicht in Rechnung zu stellen.
— Der Unfall eines Arbeiters bei der Reparatur des Eisenbahnkörpers, welche mit der ausdrücklichen Aufforderung zur Eile, damit der Bahnbetrieb keine Störung erleide, übertragen worden, ist nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, II. Eivilsenats, vom 24. April d. J., als ein Un⸗ fall beim Betriebe der Eisenbahn zu erachten und unterliegt der erhöhten Haftpflicht des Eisenbahn-Unternehmers, ent⸗ sprechend der Bestimmung des 5. 1 des Haftpflichtgesetzes.
— Nach einer Entscheidung des Bundes-Amts für das Heimathwesen kann ein wegen gesetzwidriger Ab— schiebung belangter Armenverband dem gegen ihn er⸗ hobenen Anspruch nicht den Einwand entgegensetzen, daß be— reits vorher ein anderer Armenverband sich der gleichen Pflichtverletzung schuldig gemacht habe.
Württemberg. Stuttgart, 25. Mai. Seit der Ankunft des Königs in Bebenhausen hat, so meldet der „St. -A. f. W.“, die Besserung erfreuliche, wenn auch lang⸗ same Fortschritte gemacht. Eine rasche Rekonvaleszenz war freilich nach der Heftigkeit der vor vollen sieben Wochen auf⸗ getretenen Krankheit nicht zu erwarten. Gegenwärtig macht sich hauptsächlich noch ein Gefühl von allgemeinem Angegriffen⸗ sein bemerklich und es ist vorauszusehen, daß die vollständige Wiederherstellung immerhin noch längere Zeit erfordern wird. Der König benützt die schöne Witterung, von der bis jetzt sein Aufenthalt in Bebenhausen begünstigt war, zu täglichen Spa— zierfahrten und -Gängen in der stärkenden Waldluft.
FGessen. Darmstadt, 25. Mai. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute mit allen gegen zwei Stimmen die zehnjährige Zinsgarantie für die Kettenschiffahrt auf dem Main genehmigt.
Oesterreich⸗ Ungarn. Prag, 25. Mai. (W. T. B.) Im „Prager Abendblatt“ wird ausgeführt, es habe keinen Sinn, die Auflösung des ohnehin im nächsten Jahre endigenden Landtags als einen Akt der Feind— seligkeit gegen die Deutschen hinzustellen. Das Mini— sterium Taaffe habe die gegenwärtige Landtagsmajorität in Böhmen vier Jahre lang schalten und walten lassen, wäh⸗ rend dieser Zeit hätte dieselbe, wenn es ihr thatsächlich um Wiederherstellung des nationalen Friedens zu thun gewesen wäre, Muße genug gehabt, ihre versöhnlichen Intentionen zu bethätigen; dieselbe habe aber nichts dergleichen gethan und dürfe sich daher auch nicht beklagen, wenn die Bevölkerung selbst berufen werde, ihren Willen kund zu thun.
Großbritannien und Irland. London, 23. Mai. (Allg. Corr.) Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen statteten gestern der Königin in Windsor einen Besuch ab.
Lord Dufferin traf gestern Abend, von Konstantinopel kommend, hier ein.
Die Gesandtschaft der Königin von Mada— gaskar kehrte gestern von Deutschland hierher zurück. In etwa 14 Tagen tritt sie die Rückreise nach Madagaskar an.
Die englische Regierung beabsichtigt vorläufig nicht, die Okkupationsarmee aus Egypten zurückzuziehen, und demgemäß wurde beschlossen, die Frauen und Kinder der dort dienstthuenden Soldaten nach Egypten zu senden, wo zu ihrer Aufnahme bereits die nothwendigen Vorbereitungen getroffen worden sind.
— 265. Mai. (W. T. B.) Die amtliche „Gazette“ meldet die Verleihung des von der Königin gestifteten Rothen Kreuzes für die Pflege von Kranken und Ver— wundeten an die Prinzessin von Wales, an die Kron— prinzessin Viktoria und an die anderen Prinzessinnen ber Königlichen Familie.
In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Premier Gladstone auf Befragen: es habe ein Schrift⸗ wechsel mit der Suezkanal⸗Compagnie stattgefunden; vor dem Eingehen irgend eines Engagements wünsche die Re⸗ gierung indeß die Absichten kompetenter Personen und Kreise kennen zu lernen. In Beantwortung anderer Anfragen bemerkte der Unter⸗Staats sekretär des Auswärtigen, Lord Fitzmaurice: an Errington sei niemals, weder direkt, noch indirekt, eine Zah⸗ lung aus der Staatskagsse geleistet worden. Wegen der Ein— fuhrzölle für in Madagaskar eingeführte Spirituosen sei ein Einvernehmen erzielt und die Unterzeichnung des Vertrags mit dem madagassischen Gesandten nahe bevorstehend. Der Depunirte Bryce brachte hierauf den Antrag ein, das Haus wolle die Hoffnung aussprechen, daß die Regierung sort⸗ fahre, in Gemeinschaft mit den Unterzeichnern des Ber⸗ liner Vertrages der Pforte die Pflicht und die Noth— wendigkeit der sofortigen Einführung von Reformen in Armenien und in der europäischen Türkei vorzustellen. Der Unter⸗Staatssekretär Lord Fitzmaurice erklärte: die Zustände in Armenien seien sehr schlechte. England könne als Unterzeichner des Berliner Vertrages, aber auch in Ge— mäßheit der englisch⸗türkischen Konvention bei der Pforte vor— stellig werden; die Regierung habe von allen ihren Schritten die Mächte stets unterrichtet. Die jüngsten nachdrücklichen Vorstellungen seien auf die Verantwortlichkeit der britischen Regierung erfolgt. Lord Dufferin sei angewiesen worden, die Pforte in der feierlichsten und ernstlichsten Weise auf die ihr obliegenden Pflichten aufmerksam zu machen; die Pforte habe in ihrer Antwort die Einführung der Reformen zugesichert. Er hoffe, daß das auf dem Papier aus— gearbeitete, nach Zeitungsnachrichten promulgirte Reform⸗ projekt werthvoller sei als die bisher wegen der europäischen Türkei ausgearbeiteten Reformprojekte. Der Botschaster sei angewiesen, keine Gelegenheit zu ver— säumen, die große Wichtigkeit hervorzuheben, die England der Erfüllung der in Art. 23 des Berliner Vertrags ent⸗
halter en Pflichten und Verpflichtungen beilege. Er hoffe, das Reformprojekt werde in Armenien in der elsten Stunde noch durchgeführt werden. Der Augenblick sei ein ernstlicher und feierlicher in den Annalen des türkischen Reichs; hoffent⸗ lich werde sich das Pflichtgefühl der türkischen Herrscher fähig zeigen, europäische Ideen und europäische Civilisation zu adoptiren. Der Premier Gladstone bemerkte: die Regierung sei im Prinzip nicht gegen den An— trag Bryce's, aber es würde, obschon die Regierung den Werth des europäischen Concerts wiederholt an⸗ erkannt habe, doch nicht gut sein, wenn das Haus in dieser Beziehung der Regierung eine bestimmte Instruktion ertheilen wollte. Der Regierung müsse Spielraum gelassen werden, damit sie einen Anruf der Mächte nach Zeit und Umständen abmessen könne; er ersuche daher den Deputirten Bryce, die Worte in seinem Antrage: „in Gemeinschaft mit den Unter⸗ zeichnern des Berliner Vertrages“ zu streichen. Bryee wil⸗ ligte in die Streichung der fraglichen Worte, und der so abge— änderte Antrag Bryce's wurde darauf ohne besondere Abstim⸗
mung genehmigt.
Frankreich. Paris, 24. Mai. (Köln. Ztg.) Der Ministerrath hat die vom Pariser Gemeinderath an⸗ genommene Tagesordnung gegen den Seinepräfekten für nichtig erklärt und dem Minister des Innern aufgetragen, den Seinepräfekten aufzufordern, er möge sich, um Beleidi⸗ gungen zu vermeiden, in den Sitzungen des Gemeinderaths durch Abtheilungswvorstände vertreten lassen. — Der neu er⸗ nannte japanische Gesandte Hachisuka überreichte heute dem Präsidenten Grévy seine Beglaubigungsschreiben. — Der unlängst zum Platzkommandanten von Paris ernannte General Sabatier, der für einen entschlossenen Republikaner galt, ist im Militärhospital von Val⸗-de-Grace gestorben. Er hatte bis vor Kurzem ein Fommando in Tunis gehabt und von dort den Keim zu seiner Krankheit mitgebracht.
Italien. Rom, 25. Mai. (W. . T. B.). . Die Ministerkrisis ist beendet. Giann uzzi⸗Savelli, Se⸗ nator und Präsident des Appellhofes in Rom, ist zum Minister der Justiz und der Kulte, der Deputirte für Cremona Genala, zum Minister der ö6ffentlichen Ar⸗ beiten ernannt worden. Beide legen heute den Eid in die Hände des Königs ab.
— 25. Mai, Abends. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht die bereits gemeldeten Minister⸗Ernennungen.
Rußland und Polen. Moskau, 25. Mai, Nach⸗ mittags 5 Uhr. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Mittag um 2 Uhr den Prinzen Albrecht von Preußen nebst Gefolge im Neßkutschny⸗Ssab⸗Schlosse. Nach herzlichster Begrüßung und Bewillkommnung stellte der Prinz die Herren seines Gefolges vor, welche sich der huldvollsten Begrüßung durch den Kaiser zu erfreuen hatten. — Der Kaiser, die Kaiserin und die Kaiser⸗ liche Familie werden folgenden Festen beiwohnen: den Ballfesten, welche am Montag im Kaiserlichen Palais, am Dienstag bei dem General-Gouverneur von Moskau, Fürsten Dolgorukow, am Donnerstag Seitens des Adels und am Freitag von dem deutschen Botschafter für die Mitglieder des diplomatischen Corps veranstaltet werden. Am Mittwoch er— scheinen die Majestäten bei einer Galavorstellung im Theater und am Sonnabend auf dem großen Volksfest beim Petrowsky⸗ Palast. Für letzteres sind die umfassendsten Vorkehrungen getroffen, und dasselbe verspricht außerordentlich großartig zu werden. — Heute ist Soirée und Empfang bei dem Minister des Auswärtigen, wozu alle außerordentlichen Botschafter, das diplomatische Corps, die sonstigen Würdenträger des Reiches und die höheren Hofchargen geladen sind.
— 25. Mai, Nachmittags 5 Uhr 30 Min. (Meldung der „Nordischen Telegraphen-Agentur.“ Die Großfürsten Alexius und Sergius und der Herzog von Edin— burg dinirten gestern hei dem englischen Botschafter Lord Thornton und verblieben dort bis 11 Uhr Abends. Das Haus, in welchem Lord Thornton seinen Aufenthalt genommen hat, war bei dieser Gelegenheit glänzend illuminirt. — Die Verkündigung des Krö— nungstages durch Herolde wurde heute programmmäßig fortgesetzt. — Der Fürst von Montenegro besuchte heute den Geheimen Rath Katkoff; gestern hat derselbe alle Säle des Kreml besichtigt. Die für den Festmittag fertiggestellte Tafel in der „Granowitaja Palata“ wurde heute im Beisein des Hof-Ministers, des Grafen Adlerberg und des Grafen Pahlen inspizirt und völlig für die Feier geordnet.
— 25. Mai, Abends 10 Uhr. (Meldung der „Nordischen Telegraphen⸗Agentur“.) Zu Ehren des Prinzen Albrecht von Preußen fand heute Abend 7 Uhr bei dem deutschen Botschafter, General von Schweinitz, ein großes Diner statt. — Der oberste Hofmarschall hat den hiesigen Stadtrath benachrichtigt, daß eine Erwei— terung des Platzes bei der GErlöserkirche nothwendig sei, da der Einweihung derselben voraussichtlich auch eine größere Anzahl Truppen beiwohnen werde; in Folge dessen wird das den Platz umgebende Gitter theilweise weggeräumt. — Von den Künstlern Wasnetzoff, Kramskoy, Surikoff, Wereschagin und Gebrüdern Makowsky wird ein prachtvolles Krön ungsalbum angefertigt.
— 26. Mai, Nachts 1 Uhr. (W. T. B.) Heute Abend fand hei dem Minister des Aeußern, von Giers, eine glänzende Soirée statt, zu welcher nur die zur Krönung an— wesenden fürstlichen Personen, die Botschafter und Mitglieder der hohen Aristokratie geladen waren. Die Herren waren theils in Gala⸗Uniform, theils im Frack erschienen, die Damen trugen hohe Coiffüren und Kleider mit langen weißen Polo— naisen und Blumen geschmückt. Die Räume des Ministers waren zu diesem Zweck prachtvoll mit tropischen Pflanzen dekorirt und glänzend erleuchtet. — Der Balletvorstellung im Theater wohnten heute Abend außer den meisten Großfürsten auch der Herzog und die Herzogin von Edinbarg, Prinz Arnulf von Bayern, der Herzog von Montpensier, der Fürst von Montenegro, der Fürst von Bulgarien, Prinz Wilhelm von Baden, Prinz Alexander von Hessen mit Sohn, der Prinz Hermann von Sachsen⸗Weimar' und der englische Botschafter, Lord Thornton, bel. Das Theater war sehr besucht.
— 26. Mai, Vormittags 11 Uhr. (W. T. B.) Heute morgen um 9 Uhr wurde zum dritten Mal, unter dem gleichen Cexemoniell wie vorher, der Krönungstag ver— kündetz Die Kaiserl ichen Regalien werden heute aus der Nüstkammer in den Thronsaal übergeführt.
— 26. Mai, Vormittags 11 Uhr 15 Minuten. (W. T. B.) Der gestrige Empfang bei dem Minister des Aeußern, von Giers, nahm einen sehr glänzenden Verlauf. Sämmtliche Botschafter mit ihrem Personale waren erschienen.
Zuvor hatte ein Diner bei dem deutschen Botschafter, General von Schweinitz, stattgefunden, welchem auch Herr von Giers beiwohnte. — Gestern Nachmittag wurden dem Erzherzog und der Erzherzogin Karl Ludwig von Oester⸗ reich die Mitglieder des diplomatischen Corps vorgestellt. — Morgen, als am Krönungstage, soll ein umfangreiches Manifest des Kaisers erscheinen, in welchem Se. Majestät u. A. eine politische Amnestie für diejenigen polnischen Insurgenten bewilligt, welche, indem sie sich zur Rück— kehr in ihre Heimath bereit erklären, ihre Unterwerfung und ihre Treue gegen den Kaiser versprechen werden. Dieselben werden aber noch zwei Jahre hindurch unter der Ueberwachung der Staatspolizei stehen. Der Kaiser bewilligt in dem Manifest ferner zahlreiche Strafnachlässe für nicht politische Vergehen und hebt eine große Anzahl von Geldstrafen auf. Für gewisse Klassen der ärmeren Bevölke⸗ rung werden außerdem die Steuerrückstände erlassen. Weitere partielle Amnestien, Gnadenerlasse und Würdenverleihungen sollen neben dem Manifest erfolgen. — Der Himmel ist be— deckt, und es herrscht starkes Regenwetter.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. Mai. (W. T. B.) In Folge der Abstimmung des Reichstages in Betreff der Heeres-Organisation hat das ganze Ministerium heute seine Entlassung gegeben.
Amerika. Washington, 25. Mai. (W. T. B.) Dem hiesigen Auswärtigen Amt ist nunmehr die Bestätigung der Nachricht von der Unterzeichnung des Friedens⸗ vertrages zwischen Chile und Peru zugegangen.
Zeitungsstimmen.
Unter der Ueberschrift Die Holzzölle im Reichstage“ ver⸗ öffentlicht das „Elsässer Journal“ das folgende Schreiben des Herrn Reichstagsabgeordneten Grad:
Berlin, den 8. Mai 1383. Herr Redacteur!
Der Telegrazapoh wird Ihnen die Abstimmung des Reichstags über die Holzzölle bereits mitgetheilt haben, wenn Gegen— wärtiges Ihnen zukommt. Von 320 abgegebenen Stimmen haben sich 177 gegen und 150 für den Regierungsantrag ausgesprochen. Kein elsässischer Abgeordneter konnte zum Worte kommen, ohwohl Baron Hugo von Bulach und ich verlangt haben würden, unsere Abstimmung zu Gunsten der Erhöhung der Holzzölle vom Standpunkte der elsässischen Interessen aus zu rechtfertigen. Gestatten Sie mir daher, in Ermangelung einer Rede auf der Tribüne des Reichstages, die uns durch den Schluß“ der Berathung unmöglich gemacht wurde, Ihnen in Kürze in den Spalten des Elsässer Journals? die Gründe für die Abänderung des fraglichen Tarifs darzulegen. Da wir zur Einführung der für das Bestehen der Hauptindustriezweige des Landes unerläß— lichen Schutzzölle unsere Mitwirkung gewährt hatten, konnten wir den landwirthschaftlichen Interessen den gleichen Schutz nicht versagen, nachdem deren Vertreter uns bei der Zollreform von 1879 so kräftig geholfen hatten. Andererseits empfinden alle Betheiligten die Ver⸗ minderung des Ertrages der Staatswaldungen, so daß dieser Grund, beim Fehlen anderer, uns allein schon veranlassen müßte, so viel als möglich im öffentlichen Interesse den Ertrag dieser Forsten zu erhöhen.
Was verlangte übrigens der auf der Tagesordnung befindliche Gesetzentwurf? Das Ster des rohen Bauholzes solle bei der Ein— fuhr 1 S 80 z und dasjenige des zugehauenen Bauholzes 3 AM. 60 zahlen! Die Einführung des Brennholzes sollte nach wie vor unbedingt zollfrei bleiben. Bei einer Beschlußfassung in diesem Sinne handelte es sich für uns keineswegs um die Begünstigung des Großgrundbesitzers zum Nachtheile des bedürftigen Konsumenten. Im Elsaß sind die großen landwirthschaftlichen Besitzungen so selten, daß man wohl sagen kann, sie seien nicht vorhanden. Be— trachtet man dagegen die Waldungen und Staatsforsten, so wird man zur Annahme berechtigt, daß gleichsam Jedermann Großg:undbesitzer ist. In der That gehören in Elsaß⸗Lothringen vier Fünftel aller Wälder dem Staat oder den Geineinden. Bei 30 0½ der Oberfläche unseres Gebietes sind mit Waldungen bedeckt. Von 446 270 ha aller Wälder befinden sich nur 95 273 ha im Besitze von Privat— personen.
Seit 1376 ist der Ertrag der Staatswaldungen von 7 090 472 4 auf 5 151 944 S im Jahre 1881, d. h. um 1 938 528 S oder um nahezu zwei Millicnen gesunken. Das ist eine schöne Summe für
ein kleines Budget, wie das unserige. Statt eines Nettoertrages von
28 M per Hektar erhalten wir gegenwärtig nur noch 15 ½ς im Jahre. Warum? Weil die durchschnittlichen Verkaufspreise, die im Jahre 1873 11 ½½ͤg25 3 und im Jahre 1876 noch 10 ½! 87 3 betrugen, sich im Jahre 1881 nur noch auf 7 (66. 92 3 beliefen. Statt der 19 6 2 3, die man im Jahre 1878 für ein Kubikmeter Tannenholz in Stämmen bezahlte, gab man im Jahre 1881 nur noch 16 66 92 für Bauholz erster Qualität. Es sank also zu⸗ geschnittenes Werkholz sehr bedeutend im Preise, und zwar im Ver— hältniß von 38 zu 31 060 im Laufe von 8 Jahren. Um wieder zu lohnenderen Preisen zu gelangen, müßte man vor Allem die Benutzung oder den Verkauf des Bauholzes vermehren, wovon gegenwärtig aus Manzel an Nachfrage viel als Brennholz verkauft wird. Um den Verkauf des inländischen Bauholzes zu erhöhen, hat man die Ein— gangszölle von auswärtigem Bauholz steigern wollen.
Beeilen wir uns jedoch, anzuerkennen, daß Elsaß Lothringen, welches einen ziemlich bedeutenden Absatzmarkt in Frankreich besitzt, mit seinen Holzverkäufen immer noch besser daran ist, als Deutsch⸗ land. Durchschnittlich führt Frankreich für 222 Millionen Franken jährlich Hol; ein und hat allein aus Elsaß-Lothringen 586 580 metrische Gentner Holz in einem der letzten Jahre durch den Marne⸗Rhein— kanal bezogen. In Frankreich sind nur noch 17 Hundertstel des Landes bewaldet, statt 30 Hundertstel, wie bei uns, und die Staatswaldungen, welche 1791 noch 4701 917 ba einnahmen, bedeckten 1880 nur noch 997795 ha. Bedenkt man, daß der Forstbetrieb für Bearbeitung einen jährlichen Ertrag von 9 S6 per Hektar abwirft, so begreift man, daß die vom Walde lebenden Theile der Bevölkerung ein ebenso großes Interesse als der Stagt und die Gemeinden an einem nor— malen Forstbetrieb haben. Was die Waldungen besitzenden Gemein den betrifft, so haben sie bei geringerem Ertrage vom Holz mehr Zuschlagspfennige zu ihren Steuern zu bezahlen, als bei größerem.
Wir wissen freilich recht gut, daß heutzutage die Steinkohlen dem Brennholz und das Eisen dem Bauholz eine große Konkurrenz machen. Trotz derselben ist aber die Holzeinfuhr nach Deutschland, die in den Jahren 1862 — 65 durchschnittlich 40 970 Ster betrug, bis auf 2217277 Ster gestiegen, während allein an europäischem Holze eingeführt wurden:
1879: 1483194 Ster, 1880: 1243 0699 1881: 1804992. 18823: 1413 3 .
Mit anderen Worten: Deutschland führt gegenwärtig für wenigstens 50 Millionen Mark an fremdem Bauholz mehr ein als es ausführt, und das ist eben viel in fremde statt in deutsche Taschen gehendes Geld. Ein Gegner der Schutzzollpolitik, Herr Oechelhäuser, ein Autor, der Shakespeare ins Deutsche übersetzt hat, führte an, daß die Papier- und die Holzstoff⸗Fabrikation unter den Bauholzzöllen leiden würden. Diese Besorgniß ist eitel, denn der Halbrohstoff für diese Industriezweige wird nicht aus Bauholh;, sondern aus kleinen, wie Scheite zum Brennen zugeschnittenen Holzstäben angefertigt. Das ist wenig⸗ stens mit dem in den Fabriken des Kaysersberger Thales verwende
ten Holze der Fall, wo die Holzstoff⸗Fabrikation für die Papierfabri⸗ ken in größtem Maße besonders im letzten Jahre betrieben wird. Hr. Oechel häuser behauptete, dem Reichstage sei nur eine einzige Petition um Erhöhung der Zölle zugekommen; allein das amtliche Verzeichniß der der betreffenden Kommission des Reichstags überwiesenen Petitionen zählt deren vielmehr 150 auf. Als derselbe Redner angab, seine Gegner seien nicht im Stande, eine einzige missenschaftliche Autorität zu Gunsten des Schutzzollsystems anzuführen, bedauerten wir sehr, durch den Schluß daran verhindert zu sein, diesen Redner durch Anführung mehrerer allgemein anerkannter Autoritäten zu widerlegen. Die Wissenschaft läßt in Sachen der Handelspolitik die Schutzzölle mit eben so guten und sogar besseren Gründen zu als den unbedingten Freihandel. Um die Konkurrenz bestehen zu können, müssen wenig⸗ stens kompensirende Zölle aufgestellt oder gegenseitige Zugeständnisse gemacht werden.
Als wir in der letzten Session des Landesausschusses größere Kre—⸗ dite für die Wiederaufforstung der von Holz ertblößten Abhänge unserer Gebirge verlangten, damit die Gewässer besser regulirt werden können, erwiderte unser trefflicher Freund, Baron von Schauenburg, Namens der Forstkommission: Kommissien und Regierung seien von den Vortheilen der Wiederaufforstung vollkommen überzeugt, allein wir seien in Anbetracht des geringen Ertrages der Wal⸗ dungen durch Sparsamkeitsrücksichten genöthigt, die Wiederauf⸗ forstungsarbeiten auf die Zeiten zu verschieben, in denen wieder mehr Einnahmen aus Holz gelöst werden. Gerade um diesen Ertrag zu erhöhen, haben wir uns im Reichstage für die Steigerung der Ein⸗— fuhrzölle auf fremdes Bauholz ausgesprochen. Die Schutzzollpolitik verliert an Boden im Reichstage und muß sich jetzt auf der Defensive halten. Um so schlimmer für die Interessen des Elsaß.
Ihr ergebener Charles Grad.
Die „Elsaß-Lothringische Zeitung“ bemerkt hierzu:
Wir können nur aufrichtig bedauern, daß es Hrn. Grad nicht gelungen ist, seine Argumente im Reichstage selbst vortragen zu können. Die Debatte macht freilich auch auf den Leser des stenographi⸗ schen Berichts den Eindruck, den der Herr Minister Dr. Lucius bei Beginn seiner Rede (S. 2411) konstatirt, „daß die Diskussion ziem—⸗ lich erschöpft sei, während in der That Hr. Grad eine Reihe neuer und vielleicht durchschlagender Momente beizubringen hatte.
Es bleibt in der That sehr zu wünschen, daß die Abgeordneten unseres Landes bei den Debatten über wirthschaftliche Fragen, in welche sie mit so vieler Sachkenntniß eintreten können, sich nicht in den Hintergrund drängen lassen. Hr. Grad würde für eine im Sinne des obigen Briefes gehaltene Rede sich Dank verdient haben.
Seinen werthvollen Beweisgründen gegenüber verstehen wir den Versuch unseres geehrten Kollegen, des ‚Elsässer Journal“, den Werth der Holzzölle für Elsaß⸗Lothringen als zweifelhaft hinzustellen, um so weniger, als dieser vom 8. Mai datirte Brief des Hrn Grad sich dech am 15. Mai längst im Besitz des „Els. Journal“ befunden haben muß. . ;
— Die „Berliner Politischen Nachrichten“ schreiben:
Die Kontroverse, welche im Reichstage an die von dem Stell— vertreter des Reichskanzlers bei Eintritt in die Tagesordnung ab— gegebene Erklärung über die Stellung der verbündeten Regierungen zur Ausdehnung der Krankenkassenvorlage auf die landwirthschaftlichen Arbeiter sich anschloß, entstand aus der Annahme, daß der Reichstag mitten in der Abstim mung sich befunden habe. Mag nun dahingestellt bleiben, ob die verfassungs mäßige Berechtigung der Vertreter des Bundesrathes, jeder⸗ zeit gehört werden zu müssen, mit dem Beginn der Abstimmung bis zum Schlusse der letzteren suspendirt wird oder nicht, so wird in dem vorliegenden Falle doch nicht behauptet werden können, daß der Reichstag sich mitten in der Abstimmung befand. Am Mittwoch war zwar der Versuch einer Abstimmung gemacht worden, aber wegen Beschlußunfähigkeit mißlungen. Aus dem letzteren Grunde ist der ganze Vorgang rechtlich nichtig; das Haus stand de ne ie ge en, nn m rn, wie bevor es jenen, mit rechtlicher Nichtigkeit behafteten Akt vor⸗ nahm. Nicht in, sondern vor der Abstimmung also befand sich der Reichstag, wenn man die Lage unter dem rechtlichen Gesichtspunkte betrachtet, in dem Moment, wo dem Vertreter des Bundesraths das Wort ertheilt wurde. Schon der letztere Umstand dürfte klar legen, daß von einem Eingriff in die Sphäre des Reichstags ent⸗ sernt nicht die Rede sein kann, während umgekehrt die Er⸗ fahrung sich aufs Neue bestätigt, daß gerade von denjenigen Parteien, deren Versuche, in die Rechte der verbündeten Regie⸗ rungen überzugreifen, so oft zurückgewiesen werden mußten, die Aus—⸗ übung der verfassungsmäßigen Rechte der verbündeten Regierungen mit kleinlicher Eifersucht überwacht und, soweit angängin, beschränkt wird. Die Erwägung, daß die gleiche Achtung, welche für die eigenen Rechte beansprucht wird, den Rechten der anderen Faktoren der Ge— setzgebung gezollt werden muß, scheint dort weniger lebendig zu sein, als das lediglich aus der eigenen Neigung zu Grenzverrückungen ge— schöpfte Mißtrauen gegen die Absichten des anderen Theiles.
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 21. — Inhalt: Konsulatwesen: Ernennungen; Todesfall; Exequatur-Ertheilung. — Heimathwesen: Zwei Erkenntnisse des Bundesamts für das Hei— mathwesen. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Ju stiz · Ministericl⸗Blatt. Nr. 21. — Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 17. Mai 1883, betreffend die Ladung unmittelbarer Staa tsbeamten als Zeugen oder Sachverständige. — Allgemeine Ver— fügung vom 18. Mai 1883, betreffend die Bestellung von Amts⸗ lautionen mit Prioritätsobligationen von Staatseisenbahnen. — Allgemeine Verfügung vom 21. Mai 1883, betreffend das Verfahren bei der Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 21. — Inhalt: Amtliches: Cirkular-Erlasse vom 16. und vom 17. Mai 1883. — Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Ein idealer Friedhof. — Zurückhaltung des Hochwassers durch Sammelbecken. — Der Panama⸗ kanal. — Vermischtes: Die Wohnhäuser Neumann, Lent und Müller⸗ Grote in Berlin. — Ueber Städtereinigung und die Verwendung der städtischen Unreinigkeiten. — Klosterheilsbronn bei Nürnberg. — II. österreichischer Ingenieur und Architektentag. — Elektrische Be⸗ leuchtung einer Lokomotive. — Johannes Klein P.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Jahresbericht des Historischen Vereins von Unter— franken und Aschaffenburg für 1881, welchen im Namen des Ausschusses der derzeitige Direktor des Vereins, Georg Henner, Kgl. Regierungs⸗Direktor a. D. in Würzburg, erstattet hat (Würz⸗ burg, im Verlage des Vereins), bezeichnet den in Betracht kommen— den Zeitraum als einen solchen zwar stiller, aber normaler und glücklicher Fortentwickelung, die es ermöglichte, daß der Verein seiner Auf ab. nach Kräften gerecht werden konnte. Was die wissenschaftliche Thätigkeit betrifft, so erhielten die Vereins—⸗ mitglieder zunächst Heft 1 und 2 des 26. Bandes des Vereinsarchivs. In demselben ist zuerst eine sehr dankenswerthe, fleißige und um— fangreiche Arbeit von dem Pfarrcuratus Amrhein von Werneck über die Prälaten und Kanoniker des Stiftes zu Aschaffenburg abgedruckt, eine Schrift, welche nicht nur in genealogischer Beziehung von Bedeutung sein und bleiben wird, sondern auch erhöhte Bedeutung dadurch erhalt, daß sie gleichzeitig als Festschrift für das demnächst eintretende 900 jährige Jubiläum der Aschaffenburger Stiftskirche sich darftellt. Bei der hohen Bedeutung, welche das St. Peter und. Alexanderstift zu Aschaffenburg im Mittel- alter einnahm, kann es nur freudig begrüßt werden, wenn sein Archivs sich sffnet und die darin aufbewahrten urkund⸗ lichen Schätze zur wissenschaftlichen Verarbeitung gelangen.