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Von dem Abg. Dr. Hammacher lag folgender Antrag vor:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
J. Sie Ueberschrift des Gesetzes, wie folgt, zu fassen:
„Gesetz, betreffend den Bau eines Schiffahrtskanals zur Ver- bindung des Rheins mit der Ems, Weser und Elbe.“
II. Die Regierungsvorlage sub Nr. 51 der Drucksachen anzu⸗ nehmen, jedoch den §. 1, wie folgt, zu fassen:
„Zur tbeilweisen Ausführung eines Schiffabrtskanals, welcher bestimmt ist, den Rhein mit der Ems, Weser und Elbe zu ver- binden, — und zwar zunächst für den Bau der Kanalstrecke von Dortmund über Henrichenburg. Münster, Bevergern, Neudörpen nach der unteren Ems in Gemäßheit der von dem Minister der öffentlichen Arbeiten festzustellenden Projekte wird der Staatsregie⸗ rung die Summe von 46 600 000 M zur Verfügung gestellt.“
Ferner ein Antrag des Abg. Letocha:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Folgende Resolution anzunehmen: ; ̃ ö. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, baldthunlichst dem Landtage einen Gesetzentwurf, betreffend die Herstellung einer leistunasfähigen, direkten Wasserstraße zwischen den Montandistrikten Oberschlesiens und Berlin vorzulegen.
Endlich von dem Frhrn. Abg. von Schorlemer-Alst fol⸗ gender Antrag: . .
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage einen Gesetzentwurf, betreffend 1) den Bau eines Schiffahrtskanals vom Rhein (Ruhrort) über Dortmund, Henrichenburg, Münster, Bevergern, Minden, Hannover, Wolmirstedt nach der mittleren Flbe mit einem Zweigkanal von Bevergern nach der unteren Ems vorzulegen, mit Priorität des Ausbaues der letzteren Strecke, 2) be⸗ treffend die Herstellung einer leistungs fähigen direkten Wasserstraße zwischen den Montandistrikten Oberschlesiens und Berlin.
Der Referent Abg. Imwalle empfahl die Kommissions⸗ beschlüsse; der Regierungsvorschlag berücksichtigg nur die Montanindustrie; dagegen gar nicht die Landwirthschaft; die letztere werde sogar dadurch geschädigt werden. Man könne wohl von der Regierung verlangen, daß sie jetzt schon angebe, in welcher Weise sie den hier vorgeschlagenen Kanal weiterzu⸗— führen gedenke. . .
Der Regierungskommissar, Ministerial-Direktor Schultz führte aus, daß bei der großen Wichtigkeit der Kanalvorlage nicht nur für die vom Kanal durchschnittenen Landestheile, sondern für das ganze Land, die Regierung im Anfange der heutigen, für die Vorlage verhäng ißvollen Berathung die Gründe, die fie dazu geführt, kurz und offen darlegen welle, Der Hauptgrund dafür, daß die Regierung statt der ursprünglich beabfichtigten Strecke eine andere vorgezogen habe, sei der ge— wesen, daß diese kürzere Linie den westfälischen Kohlenrevieren den Weg nach der Nordsee eröffne. Keine andere Strecke be— weise so schlagend die Nützlichkeit der Kanalbauten, als die vorge⸗ schlagene Strecke; in kurzer Zeit werde sich dort der Verkehr in segens⸗ reicher und bedeutender Weise entwickeln. Der Kanal ermög- liche einen lebhaften Verkehr zwischen den Montanindustrie⸗ bezirken Rheinlands und Westfalens und den Landwirthschaft treibenden Distrikten Ostfrieslands. Das seien nicht lokale, sondern nationale Interessen. Schon jetzt betrage die Kohlenausbeute in Rheinland und Westfalen 450 Millionen Centner, und diese Zahl, werde sich infolge des Kanals verdoppeln und veidreifachen. Die Opposition gegen den vorgeschlagenen Kanal sei schwer zu verstehen. Man bezeichne denselben als einen Torso, für den man keine Mittel bewilligen könne, ehe man nicht den Gesammtplan der Regierung bezw. des Ausbaues des Kanalnetzes kenne. Aber auf welchen Linien später der Anschluß an die vorge⸗ schlagene Strecke zu suchen sei, werde durch die Vorlage jag gar nicht präjudizirt. Abgeschen davon, daß es finanziell unthunlich sei, sich für ein weitgehendes Kanalnetz zu enga— giren, seien auch die technischen, wie die finanziellen Vor⸗ arbeilen für die Weiterführung des Kanals nach der Elbe und nach dem Rhein hin noch nicht beendet. Wenn die Negierung bei einer so wichtigen Vorlage sich der größten Vorsicht be⸗ fleißige, so hoffe sie darin die Zustimmung des Hauses zu finden. Daß der Anschluß nach der Elbe hin in der Kon⸗ sequenz der vorgeschlagenen Strecke liege, sei ganz unzweifel⸗ haft, und in diesem Sinne habe die Regierung gegen den Antrag Hammacher nichts ein zuwenden. Die Frage des An⸗ schlusses fei alsoe ine offene; sobald die Untersuchungen beendet sein würden, werde die Regierung weitere Vorschläge machen. Da die Entscheidung dann immer in den Händen der Abgeordne⸗ ten liegen würde, so könnten dieselben um so unbedenklicher der gegenwärtigen Vorlage zustimmen. In einem zustimmen— den Votum werde die Regierung die Aufmunterung erblicken, bald weitere Kanalbauvorschläge zu machen; ein ablehnendes Votum werde sie nicht als gegen diese Vorlage, sondern als gegen den Bau von Kanälen überhaupt gerichtet ansehen. Er bitte, die Vorlage zu genehmigen. ö .
Der Abg. Hr. Hammacher erklärte sich mit dem Regie— rungsvertreter in allen Punkten einverstanden, Man habe lange geglaubt, den Verkehr einseitig auf Eisenbahnen stützen zu müssen, und in Folge dessen die Wasserstraßen vernach⸗ lässigt. Auch jetzt sei noch der Irrthum weit. verbreitet, als ob Kanäle und Eisenbahnen sich eine gefährliche Konkurrenz machten. Alle Freunde des Zustandekommens einer Wasser⸗ straße zwischen Rhein und Elbe bitte er, für seinen Antrag zu stimmen. .
Der Abg. Hermes erklärte, daß er und die Mehrzahl seiner Freunde zu ihrem Vedauern weder für die Regierungs⸗ vorlage noch für den Antrag Hammacher stimmen könnten.
Der Abg. Dr. Windthorst bedauerte den Kommissions— beschluß, der nur ein artiges Begräbniß der Regicrungs⸗ vorlage bedeute; er hoffe, daß der Kommissionsbeschluß nicht zum Beschluß dis Hauses erhoben werde. Man möge nicht den Anfang eines so großen Projektes und damit das Projekt selbst ablehnen. Deutschland habe andern Ländern gegenüber zu wenig Wasserstraßen. Er be⸗ dauere, daß man bemüht sei, dies große Projekt durch lokale Interessen zu durchkreuzen. Bei solchen An⸗ fichten hätte niemals das großartige Eisenbahnfystem in Preußen entstehen können. Er habe bemerkt, daß viele anfängliche Gegner der Vorlage später zu Freunden derselben geworden seien, z. B. auch der Abg. von Schorlemer⸗Alst. Man müsse hier mit einem gewissen Vertrauen zur Re—
gierung handeln. Den Wünschen einzelner Provinzen stehe er durchaus nicht abweisend gegenüber, namentlich halte er die Wasserverbindung zwischen Berlin und den schlesischen Nontanbezirken für nothwendig, um den dortigen, ewigen Kalamitäten ein Ende zu machen. Er schlage deshalb Annahme des Antrages Hammacher mit den Resolu⸗ tionen vor. Die Vorlage bedeute endlich auch die Emancipa⸗ tion von den niederländischen Häfen. Wenn man seinem Vorschlage sich anschließe, werde man ein gutes Werk ge— than haben. . . Der Vize-⸗Präsident Frhr. von Heereman theilte mit,
Amendement eingebracht sei: in dem Antrage Hammacher vor dem Worte „GUbe“ das Wort „mittlere“ einzuschalten.
Der Abg. von Krosigk empfahl die Annahme der Kommissionsheschlüsse. Die Frage sei für die Re⸗ gierung keine offene mehr, sondern nach ihren Erklärungen beabsichtige sie eine Weiterführung nach den Häfen Hamburg und Bremen. Das liege aber nicht im r err fe des Landes, dasselbe verlange vielmehr eine Wasserstraße quer durch Deutschland. Er bitte den Kom⸗ missionsantrag oder den Antrag Hammacher mit dem Zusatz Büchtemann anzunehmen.
Der Finanz-Minister von Scholz bedauerte, daß der Vor⸗ redner wie der Abg. Hermes trotz der gegentheiligen Erklä—⸗ rung der Regierung annähmen, daß die Fortsetzung der Kanalstrecke für sie eine offene Frage sei. Wenn der Abg. Windthorst mit Vertrauen der Regierung vorangegangen sei, könnte es doch vielen Abgeordneten nicht schwer sein, zu folgen. Wenn man erst einmal den Kanal begonnen habe, würde man von selbst zur raschen Fortsetzung desselben gezwungen sein. Aber mit gebundener Marschroute zu marschiren sei nicht vortheilhast. Wenn die Regierung dem einen Landes theil Wohlthaten gewähre, brauche man sie nicht advokatisch zu vinkuliren, dieselben auch den andern Landes⸗ theilen zukommen zu lassen. Niemals habe die preußische Regierung einzelne Theile der Bevölkerung ge— flissentlich zurückgesetzt, gerade ihre Verwaltung folge dem Wahlspruch „suum cuiquet“. Jeder, der auch seinem Landestheil die hier vorgeschlagene Wohlthat zukommen lassen wolle, möge sür die Vorlage stimmen. .
Der RNegierungskommissar Geh. Ober-Baurath Wiebe vertheidigte das Kanalprojekt gegen mehrere, namentlich vom Abg. Krosigk dagegen erhobene Bedenken. ;
Der Abg. Marcard (Lingen) erklärte im Namen seiner Freunde, daß dieselben für den Antrag Hammacher und im Fall der Ablehnung desselben für die Regierungsvorlage stim—⸗ men würden. ö
Der Geh. Ober-Baudirektor Schönfelder schloß sich den Ausführungen des Geh. Ober-Bauraths Wiebe an. (Schluß des Blattes).
— Unterm 11. v. Mts. ist der Stadtgemeinde Patsch kau im Kreise Neisse des Regierungsbezirks Oppeln für die dortige, Zollstraße genannte, Straßenstrecke von der Neisse⸗Glatzer Aktienchaussee bis zu der von Patschkau nach der österreichischen Landesgrenze in der Richtung auf Jauernig führenden Kreis⸗ Chaussee gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes nach den Bestimmungen des Chausseegeld⸗ Tarifs vom 29. Februar 1840 mit der Maßgahe Allerhöchst verliehen worden, daß das gedachte Recht nur in Gemieinschaft mit demjenigen ausgeübt werden darf, welches auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 28. März 1881 dem Kreise Neisse für die oben bezeichnete Kreischaussee von Patschkau is zur Landesgrenze zusteht. Auch sollen die dem Chausseegeld⸗ Tarif vom 26. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗-Polizeivergehen auf die gedachte Straßen strecke zur Anwendung kommen.
— In neuerer Zeit haben wiederholt Behörden, denen die Polizeiverfassung der Provinz Posen unbekannt ist, ihre Gesuche um Ertheilung von Auskunft in polizei⸗ lichen Angelegenheiten direkt an die Ortspolizeibehörde des betreffenden ländlichen Orks gerichtet, und diese Schreiben sind — der Adresse gemäß — den Schulzen bezw. den In⸗ habern der selbständigen Gutsbezirke zugestellt worden, was Beschwerden wegen verzögerter bezw. mangelhafter oder gänz— lich unterlassener Erledigung der Requisitionen und sonst ige Unzuträglichkeiten hervorgerufen hat. Der Minister des Innern hat nun durch Cirkularerlaß vom 13. v. M. die Behörden an—⸗ weisen lassen, sich mit ihren Requisitionen — statt an die Gemein de⸗ bezw. Gutsvorstände der Provinz Posen — fortan an die Polizei⸗Distritts Kommissarien dieser Provinz, und zwar, soweit ihnen nach Lage des Falles das zunändige Distriktsamt be— kannt ist — direkt, event. durch Vermittelung des betreffenden Landrathsamts, zu wenden.
— Der Vater kann nach einem Urtheil des Reichs— gerichts, J. Civilsenats, vom 25. April d. I, sowohl im Geltungsbereich des gemeinen, als auch in dem des preußischen Rechts für seinen minderjährigen Sohn bei dem Äbschluß eines Handlungs-Lehrvertrages mit dessen Lehrherrn rechtsverbindlich die Verpflichtung übernehmen, daß sein Sohn spärer weder in ein Konkurrenzgeschäft in dem Orte, woselbst der Lehrherr sein Geschäft betreibt, eintrete, noch selbst ein solches begründe oder erwerbe.
— Der Benollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich schaum⸗ burg⸗lippische Geheime Regierungs-Rath Spring ist nach Bückeburg abgereist.
— Der Kaiserliche Minister⸗Resident in Marokko, Weber, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ getreten.
— Der General-Lieutenant von Legat, bisher beauf⸗ tragt mit der Führung der 30. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen in Folge seiner Beförderung sowie Ernennung zum Commandeur der genannten Division aus Metz hier eingetroffen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Nebel in Drengfurth, Dr. Pfitzner als Assistenzarzt der ana⸗ tomischen Anstalt, Br. Caumont als Assistenzarzt der chirur— gischen Klinik und Dr. Rumpe als Assistenzarzt der gynäkolo⸗ gischen Anstalt in Königsberg i. Pr., Dr. Wiese in Schlodien.
Neuwied, 5. Juni. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden ist gestern Ahend nach Cohlenz und Ihre Majestät die Königin von Schweden heute Vormittag über Cöln und Hamburg nach Kiel abgereist.
Mecklenburg Schwerin. Schwerin, 4. Juni. (Meckl. Anz) Der Großherzog und die Großherzogin sind mit Gefolge am Sonnabend in Baden-Baden einge⸗ troffen, woselbst die Herrschaften einige Wochen zu verbleiben gedenken. Der Aufenthalt in Bellagio hat Sx. Königlichen Hoheit gut gethan. Von Baden-Baden werden sich die Groß⸗ herzoglichen Herrschaften nach Rippoldsau begeben.
Oesterreich Ungarn. Wien, 4. Juni. (W. T. B) Der Minister-Präsident Tisza ist mit dem Finanz⸗
hier eingetroffen, um mit der österreichischen Regierung über die Regulirung des eisernen Thores, über die Dele⸗ gations vorlage und über die Reform der Spiritus⸗ steuer zu konferiren. ö
Pest, 4. Juni. (W. T. B.) Wie die Post“ meldet, hat der hier zusammengetretene gemeinsame Ministerzrath beschlossen, die Delegationen zwischen dem 15. und 20. Ok⸗ tober d. J. einzuberufen.
Schweiz. Bern, 4. Juni. (Schwäb. Merk) Der Kanton Bern beschloß gestern in der Volksabstimmung mit Zweidrittelsmehrheit die Revision seiner Verfassung und die Annahme einer vereinfachten Civilprozeßordnung.
Belgien. Antwerpen, 4. Juni. (W. T. B.) Seitens der Bankiers und Wechselagenten wurde eine Kom⸗ mission von 10 Mitgliedern ernannt, um über Vorschläge zu berathen, welche der Regierung hinsichtlich der neuen Steuergefetzentwürfe gemacht werden sollen.
Großbritannien und Irland. London, 5. Juni. (W. T. B.) Die Königin hat Lord Dufferin das Groß⸗ kreuz des Bath⸗Ordens verliehen. Die „Times“ publizirt eine Verwahrung der in Ceylon internirten egyptischen Gefangenen, worin dieselben erklären, daß sie nur der englischen, nicht aber der egyptischen Regie ung sich durch ihr Wort verpflichtet hätten und daß sie der letzteren gegenüber von jeder Verantwortung rei seien. t Der „Standard“ läßt sich aus Seswanghai, vom 4. d, M., melden: Li Hung Tschang habe erklärt, China sei zum Krieg entschlossen, wenn Frankreich die Rechte Chinas auf Annam nicht anerkenne. . — 5. Juni. (W. T. B.) Das Un terha us hat die Bill, be⸗ treffend die Verhinderüng von Wahlumtrieben, in zweiter Lesung ohne besondere Äbstimmung angenommen. — Der Unter-Staatsfekretär Lord Fitzmaurice theilte mit: die Be⸗ sehlshaber der Kriegsschiffe „Dryad“ und „Dra zon“, welche gegenwärtig vor Tamatave liegen, hätten Befehl erhalten, im Einvernehmen mit dem dortigen britischen Konsul die nöthigen Maßregeln zum Schutze von Person und Eigenthum britischer Unterthanen auf Madagaskar zu ergreifen. Dublin, 4. Juni. (W. T. B.) Heute sind Davitt, Healy und Quinn wieder in Freiheit gesetzt worden.
Anßland und Polen. Moslau, 4. Juni, Nach⸗ mittags 1 Uhr 30 Min. (W. T. B.) Zur 200jäh rigen Jubelfeier der Errichtung des Preobraschenski— schen und des Semenoffschen Leibgarde⸗Re— giments fand heute im Park von Sokolniki eine große militärische Festlichkeit statt. Der Kaiser und die Kaiserin hatten sich in offenem Wagen (einer Troika) und ohne jedes Geleit nach dem Sokolniki⸗Parke begeben; die Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, die fremden Fürstlichkeiten, die Botschafter wohnten der Feierlichkeit gleichfalls bei. Den Schluß der Feier bildet ein Dejeuner, welches den beiden Regimentern und den zu deren Jubelfeier geladenen hohen Gästen von der Stadt Moskau gegeben wird. Heute Abend findet ein Bal paré im Kremlpalaste statt.
— 4. Juni, Nachmitt. 6 Uhr. (W. T. B.) Die Jubel⸗ feier der Regimenter Preobraschenski und Semenoff wurde eingeleitet durch die Nagelung und kirchliche Weihe der Feld⸗ zeichen vor der gesammten Kaiserlichen Familie. Darauf ließ ber Kaiser die Regimenter mit den neuen Fahnen versehen, die denen aus der Zeit Peters des Großen gleichen und auf der Kugel der Fahnenstange das griechische Kreuz tragen. Als— dann begah sich der Hof nach dem Sokolniki-⸗Park, wo der⸗ selbe von einer zahlreichen, glänzenden Versammlung erwartet wurde. Im Park waren an Tafeln Deputationen aller hier versammelten Truppen plazirt. Als die Majestäten mit den Fürstlichkeiten eingetroffen waren, rückten die Jubel-Regimenter in voller Stärke auf den Festplatz, und es folgte nun unter den Klängen aller Musikcorps der Truppen, die zu einem einzigen Srchester vereinigt waren, die festliche Speisung der Mannschaften. Der Kaiser und die Kaiserin machten mehrere Rundgänge durch die Tafelreihen und wurden überall mit Jubel begrüßt. Um 4 Uhr verließen dieselben mit ihren hohen Gästen das Fest.
— 5. Juni. (W. T. B.) Der gestern Abend im Kremlpalast stattgehabte Bal paré verlief äußerst glän⸗ zend. Die Toiletten waren prachtvoll, und es wurde viel getanzt. Der Kaiser und die Kaiserin verweilten längere Zeit auf dem Ball. — Zu der gestrigen Jubelfeier der beiden Garde-Regimenter im Ssokolniki⸗ Park hatte die Kaiserin eine Toilette in den Farben des Preohraschenski⸗Regiments (weiß, roth und golden) angelegt, Kragen und Aufschläge so, wie sie von den Offizieren getragen werden. Der Kaiser trug gleichfalls die Uniform des Preobraschenski'schen Garde⸗-Regiments, Groß⸗ fürst Wladimir diejenige des Ssemenow schen Gar de⸗Regi⸗ ments. Das Preobraschenski'sche Garde⸗Regiment nahm die ihm von der Kaiserin erwiesene Aufmerksamkeit mit enthusiasti⸗ schen Kundgebungen auf. Die Troika, in welcher der Kaiser und die Kaiserin um 4 Uhr nach Moskau zurückkehrten, war ganz angefüllt mit prachtvollen Bouquets. .
— 5. Juni. (W. T. B.) Auf dem gestrigen Hofball im Kremlpalast, an welchem eiwa 2500 Personen theilnahmen, erschienen außer dem Kaiser und der Kaiserin sämmtliche Großfürsten sowie der deutsche Botschafter von Schweinitz, der deutsche Militärbevollmächtigte von Werder, der Minister von Giers und andere Persönlichkeiten von Distinction. Der Kaiser und die Kaiserin nahmen an zwei Quadrillen Theil; die Kaiserin betheiligte sich auch an den Rund tänzen und zeichnete den Commanteur des Preobraschenski⸗ Regiments besonders aus. Der Kaiser unterhielt fich leb⸗ haft mit den hervorragenderen Persönlichkeiten und zog namentlich den Minister von Giers und den Botschafter von Saburoff in ein längeres Gespräch. Nach beendetem Tanze wurde das Souper eingenommen. Die Festlichkeit endete um 1 Uhr.
Zeitungs stimmen.
Der „Schwäbische Merkur“ schreibt: .
Nachdem die dritte Lesung des Krankenkassengesetzes vor , . Tagen glücklich beendigt worden, hat gestern, den 31. Mai, im 3 tage die Abstimmung über das ganze Gesetz stattgefunden. gebniß war die Annahme mit A6 gegen 99 Stimmen. 9 va verwundert, bei dem gegenwärtigen Reichstage, der sich aeg, a6 Würfelspiel der Entscheidungen mit Stimmengleichheit. einer Stimme
daß von dem Abg. Büchtemann und Genossen folgendes
Minister Sjapary und dem Arbeits-Minister Kemeny heute
Mehrhest 2c. einen Namen gemacht hat, einmal eine so gew altige
Mehrheit anzutreffen, und darf hoch erfreut sein, daß dies der Fall ist bei einem Gesetze von der größten Bedeutung, der Grundlage der neuen Arbeitergeseßzgebung. Nach manchen Niederlagen und zweifelbaften Siegen — zweifelhaft durch winzige Mehrheiten, oder zweifelhaft in Bezug auf die Heilsamkeit der beschlessenen Maßregeln, j. B bei den mehrfachen Niederstimmungen der freisinnigen Auffassung in den Fragen der Gewerbeordnungsreform — ist endlich einmal ein voller Erfolg der Pelitik des Kanjlers zu verzeichnen, des Staats mannes, der mit starker Hand die Initiative zu positiven Maß— regeln auf dem Gebiete der sozialen Reform ergriffen. Die öffentliche Meinung, die Anfangs verdutzt vor seinem Beginnen Halt machte, hatte der Kanzler längst gewonnen, nun hat er auch die Bei⸗ stimmung der Volksvertretung sich erobert Ein tüchtiger An⸗ fang, wenn auch nach langem Ringen, denn aller Anfang ist schwer. Aber er ist nun gemacht, und schwerlich wird irgend eine Gestaltung der Zukunft den Fortgang hemmen können, der gebieterisch von der Sache selbst gefordert wird.
— Die „Schlesische Zeitung“ enthält über das Krankenkassengesetz folgenden Artikel:
Das Krankenkassengesetz ist unter Dach und Fach — eine That⸗ sache, deren Tragweite nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Der erste Schritt auf dem Wege der von unserem Kaiser und seinem Kanzler ins Auge gefaßten sozialen Reformen ist also gethan, und weitere Schritte werden folgen. Mag das „Unfallversicherungsgesetz auch in der von der Regierung vorgelegten Form nicht zustande kommen, mögen nach manchen Richtungen hin abweichende Gesichts⸗ punkte zur Geltung gelangen, so waltet doch heute schon kein Zweifel mehr, daß das große Prinzip des Gesetzes von einer bedeutenden Mehrheit anerkannt werden und daß auch dessen — die praktische Durchführung ungemein erleichternde — enge Anlehnung an das Krankenkassengesetz volle Billigung finden wird.
Dank der sinnverwirrenden Agitation unseter auf dem Boden des Manchesterthums stehenden Oppositionsparteien, fehlt es im Lande leider noch immer an einem richtigen Verständniß für die mit Erfolg in Angriff genommene Gesetzgebung. Soweit man dieselbe nicht von vornherein als phantastische Utopie bezeichnete, welche alles Elend aus der Welt schaffen zu fönnen vermeine, sprach man von einem das Gefühl der persönlichen Verantwortlichkeit im Einzelmenschen ertödtenden Staatssozialismus, welcher die Be— strebungen der Sozialdemokratie in autokratischem Wege verwirk⸗ lichen wolle, oder man behauptete rundweg, daß es einzig darauf ab⸗— gesehen sei, die Massen zu ködern und regierungsfreundliche Wahlen zu erzielen; .. Die Siegeskraft der guten Sache kann indeß nicht glän⸗ zender illustrirt werden als dadurch, daß sich gerade in dem aus jenen Wahlen hervorgegangenen Reichstage eine große Mehrheit für die sozialpolitische Reform entschieden hat.
Von all den Einwürfen, welche von vornherein gegen das Gesetz erhoben wurden, hat heute nur noch einer Bedeutung: der einer staats⸗ sozialistischen Tendenz, welche das Individuum seiner persönlichen Verantwortlichkeit entkleide und der freien Selbsthülfe entgegenwirke. Dieser Einwand würde gerechtfertigt sein, wenn wirklich die Tendenz der Gesetze dahin ginge, alle Besitzlosen der Sorge um ihre Zukunft zu entheben. Dem aber ist keineswegs so, es bleibt vielmehr einem jeden, der sich in die soziale Ordnung nicht fügen will, das volle Recht gewahrt, schließlich auf eigene Hand zu verhungern oder einer demüthigenden Armen⸗ pflege zu verfallen. Nur solche Arbeiter, welche, wenigstens für eine gewisse Zeit, in ein festes Lohnverhältniß treten, werden überhaupt von der Gesetzgebung berührt; diese aber sind auch einer bestimmten Beitragspflicht unterworsen. Alle Zugvögel, welche heute hier, mor— gen dort, unter Umständen auch gar nicht ihre Arbeitskraft ver— werthen, bleiben vollständig unberührt. Auch sind — auffallender Weise gegen die Stimmen der dem Gesetze doch feindlich gegenüberstehendrn Linksliberalen — die land⸗ und forstwirthschaftlichen Arbeiter nur fakultativ, nicht obligatorisch, in das Gesetz hineinbezogen. Welche soziale Schicht ist es also, die bei der Reformgesetzgebung vornehm— lich ins Auge gefaßt wird?
Es ist, kurz gesagt, jener vierte Stand, der durch den modernen, auf die Erfindung der Dampfmaschine zurückzuführenden Großbetrieb geschaffen worden ist“ Die also herbeigeführte Wandlung im wirth— schaftlichen Leben hat weit über ihre eigene Sphäre hinaus die alte soziale Ordnung zerstört. Gesell und Lehrling, die ehedem zur Familie des Meisters gehörten und an seinem Tische aßen, verkaufen ihm heute, ganz wie der Fabrikarbeiter dem Unternehmer, nur noch ihre Arbeits kraft; die alten menschlichen Beziehungen bestehen micht mehr. Dabei bleibt nur einem Theil der Gesellen die Hoffnung, je zur Selbständig keit zu gelangen, den Millionen aber, die heute, ohne ein Handwerk erlernt zu haben, gewissermaßen als lebendige Maschinen der Fahbrik⸗ sklaverei verfallen sind, ist diese Hoffnung gänzlich geraubt. Alle Versuche, dem hieraus erwachsenden Unheil, dem Mangel an Fürsorge in Unglücks und Krankheitsfällen im Wege der Selbsthülfe zu wehren, haben sich als unzureichend erwiesen. Die Gewerkvereine gewähren keine ausreichende Sicherheit, auch umfassen sie, da der Beitritt ein freiwilliger ist, stets nur einen Theil der Arbeiter. Ueberdies aber haben sie wesentlich die Tendenz verfolgt, durch Strikes höhere Löhne zu erpressen, und dadurch die sozialen Gegensätze nur verschärft. Sollte den schwersten Kalamitäten des vierten Standes und den Gefahren, die für den sozialen Frieden und unsere gesammte Kultur aus den—⸗ selben erwachsen, wirksam begegnet werden, so mußte die Staatsgewalt im Wege der Gesetzgebung eintreten.
Wir rechnen es der Regierung zum besonderen Verdienst an, daß sie ihre Aufgabe weise umschränkte. Mit Recht hat sie das Prinzip des Versicherungszwanges auf die Land⸗ und Forstwirthschaft nicht ausgedehnt, da sich hier die sozialen Verhältnisse noch nicht aus⸗ schließlich nach dem eisernen Lohngesetze reguliren, vielfach sogar noch mehr patriarchalische, menschliche Beziehungen obwalten und der Ar— beiter noch eine Hütte und einen Garten sein eigen nennt Mit gleichem Rechte hat sie, von den prakiischen Rücksichten gänzlich abgesehen, alle diejenigen Individuen ausgeschlossen, welche nach der Natur ihres Gewerbes nicht zu den Unternehmern in festem Lohnverhältnisse stehen, auf welche also das eherne Lohngesetz ebenfalls keine Anwendung findet. Im Hinblick hierauf und auf die Beitragspflicht der Unternehmer charakterisirt sich das ganze Gesetz sehr wesentlich als ein Regulator des Lohnverhältnisses im modernen Betriebe; jeder Eingriff in die wirthschastliche Freiheit ist indeß nach Möglichkeit ferngehalten. Auch nach anderer Seite hin zieht sich die Gesetzgebung angemessene Schranken. Soweit die auf freier Selbsthülfe beruhenden Genossenschaften in ihren Leistungen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, bleiben sie existenzberech- tigt, und nur für solche Arbeiter, welche derartigen Kassen nicht freiwillig beitreten, soll, wie wir im Leitartikel unserer Nr. 245 eingehender dargelegt haben, der Beitritt zu einer von der Gemeinde zu errichtenden .Ortslrankenkasse! oder zur „ Gemeindepersicherung“ , . sein. Von einer staatlichen Versicherung ist gar nicht ie Rede.
.Wir sind weit entfernt, die Tragweite dieses Gesetzes und derer, die ihm folgen werden, zu überschätzen. Noch immer wird es Mil— lionen geben, die mühselig und beladen sind. Unverkennbar aber ist die bessernde Hand am richtigen Punkte angelegt. Gilt es doch vor Allem den Uebeln und Gefahren zu begegnen, welche der seit dem Beginn des Jahrhunderts eingetretene Umschwung der wirthschaft— lichen Verhärtnisse heraufbeschworen hat.
— Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wird aus Chemnitz geschrieben:
Aaf den Glückwunsch, welchen die in Chemnitz versammelt ge— wesenen Delegirten des Centralvereins Deutscher Wollenwaaren⸗ fabrikanten an' den Reichskanzler Fürsten Bismarck gesandt haben, ist heute dem Vorsitzenden des Orktcomités Oskar Schimmel nach— stehendes Schreiben zugegangen:
Berlin, 31. Mai 1883.
Aus der Begrüßung, welche mir von den in Chemnitz versam— melten Herren Vertretern verschiedener Industriezweige zugegangen ist, habe ich gern entnommen, daß die seit 1878 von den verbündeten Regierungen in der Zollpolitik eingeschlagene Richtung von den be—⸗ theiligten Kreisen forldauernd als zweckmäßig anerkannf wird. Wenn
es erreicht wird, daß diese Erkenntniß Gemeinaut der gesammten produzirenden Bevölkerung wird, und wenn bei derselben das Bewußt⸗ sein zum Durchbruch kommt, daß sie 36 der ganzen Reichsbevölkerung darstellt, so wird ihr auch der Einfluß auf unsere Gesetzgebung zu Theil werden, auf den eine so große Mehrheit der Nation einen so gerechten Anspruch hat.
Ew. Wohlgeboren bitte ich, Ihren Herren Auftraggebern meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. von Bismarck.
— Der „Germania“ wird aus Bochum, 1. Juni, berichtet:
Vorgestern fanden sich im Dahmschen Lokale auf Einladung des Hrn. Ober⸗Bürgermeisters Bollmann 25 (von 78) Bäckermeister hiesiger Stadt ein, um über die Gründung einer Bäckerinnung zu berathen, bezw. Beschluß über ein von einer Kommission schon vorge⸗ vrüftes Statut zu fassen. Das Statut wurde durchberathen, an⸗ genommen und von 19 Bäckermeistern unterzeichnet.
Gewerbe und Handel.
Durch Verordnung des Kaiserlichen Senats für Finland vom 9. v. M. ist der finische Eingangszoll für Bolzen mit Gewinde oder Schraubenbolzen von Eisen oder Stahl, mit oder ohne Muttern, desgleichen für Muttern aller Art mit Gewinde und für Unterlegescheiben auf L finische Mark pro Liespfund, für Bolzen ohne Gewinde und für denselben gleich zu achtende Nietnägel, desgleichen für sogenannte Bolzenenden und für Muttern ohne Gewinde von Eisen oder Stahl auf 60 Penni pro Liespfund, bis auf Weiteres festgesetzt worden. 1 Liespfund ist gleich 20 Pfd. finisch, 235 Pfd. finisch sind gleich 100 kg.
— Umtausch der 4½ Berliner Stadt⸗Obligationen vom Jahre 1369 und 1870 gegen 4/ Stadt ⸗Anleihescheine de 882. Der Magistrat beabsichtigt nunmehr die 40/0 Berliner Stadt⸗ Obligationen — noch auf Thaler lautend — der Jahrgänge de 1869 und 1870 gegen neue, auf Mark ausgefertigte 4/0 Stadt ⸗Anleihe⸗ scheine vom Jahre 1882 umzutauschen und wird den Inhabern dieser Obligationen, welche in der Zeit vom 11. Juni er. bis auf Weiteres diesen Umtausch bewirken, unter Zahlung der erforderlichen Stückinsen eine Prämie von H's0 gewähren. Obwohl für jetzt nur Beträge nicht unter 1500 M zum Umtausch gelangen sollen, so ist hierdurch doch den Besitzern solcher Obligationen schon ietzt Gelegen⸗ heit geboten, sich vor etwaigen Verlusten zu schützen, da die Kündigung dieser Jahrgänge bereits für eine spätere her in Aussicht ge⸗ nommen ist.
— Dem Jahresbericht des Verwaltungsraths der Tilsit⸗Inster⸗ burger Eisenbahngesellschaft für das Jahr 18827 entnehmen wir folgende Daten: Die finanziellen Ergebnisse des Betriebes gestalteten sich im Jahre 18875 günstiger als in den Vorjahren. Es wurden befördert in 1882: Güter rot. 90033 t und dafür eingenommen 252 148 S, gegen in 1381 74216 t, und Einnahme 247 056 (M Personen in 1882 148 229 (davon 1. Klasse 790 Personen, 2. Klasse 13 540 Personen, 3. Klasse 33 712 Personen, 4. Klasse 85 058 Personen und 15129 Militärs), und dafür vereinnahmt 201 674 „„, gegen in 1881 141762 Personen (davon 1. Klasse 765 Personen, 2. Klasse 13185 Personen, 3. Klasse 32 132 Personen, 4. Kl. 81 034 Personen, Militärs 14 646) und dafür vereinnahmt 197 092 M Die Gesammt⸗ einnahmen bezifferten sich auf 570 287 4M (gegen 541 680 M in 1881), die Ausgaben auf 364 440 S (gegen 362 880 „M in 1881) der Ueberschuß betrug mithin 205 847 M (gegen 178 800 M in 1881). Von den Einnahmen des Jahres 1882 entfielen: auf den Personen— verkehr 199 252 ½S, auf den Güterverkehr 254 568 „S, auf Privat- depeschen 284 MS, aus verschiedenen Einnahmen 116181 S, in Summa 570 287 ½ Von den Ausgaben entfielen: A. auf die allgemeine Verwaltung abzüglich der Kommunalsteuern 51 116 Æ; B. auf die Bahnverwaltung abzüglich der von dem Erneuerungs sonds getragenen Kosten im Betrage von 62 957 S — 57 525 S; C. auf die Trantportverwaltung: a. auf den äußeren Bahnhofoͤdienst 26 30 M, b. auf den Expeditionsdienst 18222 S, 6. auf den Zugbegleitungsdienst 6653 M, d. auf den Zug—⸗ förderungsdienst, abzüglich der vom Erneuerungsfonds getragenen Kosten im Betrage von 12121 66 — 70988 S, zusammen 121 266 M; D. auf die Ertragsausgaben: a Staatseisenbahnsteuer 4786 S, b. Zinsen der 9rioritätsobligationen 20 533 A6, e zur Til⸗ aung der Prioritätsobligationen 1800 AÆH, zusammen 27119 A; FE. Rücklage zum Reservefonds 6000 M; F. Rücklagen zum Er⸗ neuerungs fonds: a, regulativmäßige 76 125 , b. aus dem Erlöse ausrangirter Materialien 12 996 M, zusammen 89 122 4; G. auf Kommunalsteuern 12289 M6, in Summa Ausgaben 364 440 M Die Einnahmen haben betragen in 1882: pro Kilometer 10 560 M, pro Nutzkilometer 6 6 83 5, gegen in 1881 pro Kilometer 10031 , pro Nutzkilometer 6 6½ 52 3. Die Ausgaben haben betragen in 1882: pro Kilometer 6748 S, pro Nutzkilometer 4 S 37 , gegen in 1881 pro Kilometer 6720 „6, pro Nutzkilometer 4 6 37 5.
Auch im Jahre 1882 ist, wie der Bericht ausführt, die Verwal⸗ tung bemüht gewesen, überall mit der größten zulässigen Sparsam— keit zu wirthschaften. Es ist denn auch trotz der verhältnißmäßig großen Rücklage von zusammen 82 126 ½ zum Reserve- und Er— neuerungtfonds und der Verzinsung und Amortisation der bei den letzteren Fonds hinterlegten Prioritäts-Obligationen der eigenen Bahn zum Ausgabebetrage von 22 334 S, sowie der hohen Steuerbeträge von zusammen rot. 17076 4 gelungen, einen Ueberschuß von rot. 210 634 M zu gewinnen, welcher die Vertheilung einer Dividende von 400 an die Inhaber der Stamm ⸗-Prioritätsaktien gestattete und noch den iat von rot. 19 176 MÆ zum Uebertrag auf das Jahr 1883 gewährte.
Ult. 1882 betrug der Reservefonds in baar 10 417 „, in Effek⸗ ten (Nennwerth) 5ß 700 „S, der Erneuerungsfonds 116213 M in baar, in Effekten (Nennwerth) 438 700
Liegnitz, 5. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Angefahren sind heute 1150 Ctr. Gestern und vorgestern wurden bereits 2300 Ctr. gehandelt, die Preise stellten sich durchschnittlich pro Cent ner 5— 6 6 höher als im Vorjahre. Für Domanialwolle wurden 180 — 197 „, für mittlere 162 — 174 „M, für Rustikalwolle 147 bis 162 9 gezahlt. Die Wäsche ist gut, der Markt ist beinahe ge⸗ räumt.
London. 4. Juni. (W. T. B) Bei der am Sonnabend abgehaltenen Wollauktion waren Preise unverändert.
Warschau, 5. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Warschau⸗Wiener Eisenbahngesellschaft, welche am 1. Juni wegen nicht genügender Betheiligung der Aktionäre beschluß— unfähig war, ist neuerdings auf den 20. Juni anberaumt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Paris, 4. Juni. (W. T. B.) In der heutigen General- versammlung der Aktionäre der Suezkanal ⸗Gesell“ schaft wurde der Bericht von Lesseps vorgelegt, welcher die Zustim⸗ mung der 3 Vertreter der englischen Regierung, die allen Sitzungen des Verwaltungsrathes beigewohnt haben, erhalten hatte. In dem Bericht wird im Gegensatz zu Allem, was in London und Paris in Bezug auf die Suezkanal⸗-Gesellschaft behauptet worden ist, hervor⸗ gehoben, daß zwischen dem Verwaltungsrath der Gesellschaft und der durch 3 Verwaltungsräthe vertretenen englischen Regierung ununterbrochen die vollkommenste Uebereinstimmung fortdauere. Aus dem Berichte geht ferner hervor, daß die Geselschaft seit einem Jahre beschlossen habe, selbst an eine möglichst schnelle Herstellung eines doppelten Seeweges zu gehen und diese Arbeit innerhalb des der Gesellschaft gehörigen Gebiets vorzunehmen. Die Herstellung dieses doppelten Weges würde im Interesse des i bei Weitem schneller und bequemer namentlich in den
äfen erfolgen, wenn die Gesellschaft neue Gebietserwerbungen erlangen könnte. Die bezüglichen Unterhandlungen der Gesellschaft mit der englischen Regierung seien im besten . und versorächen, wie es in dem Bericht heißt, einen günstigen Abschluß. Die gegenwärtigen Verbesserungsarbeiten würden etwa 30 Millionen Francs kosten und für einen Verkehr von 19 Millionen Tonnen ausreichen; für die Zukunft sei jedoch die Herstellung eines zweiten
Kanals in Erwägung zu ziehen. Hierauf bezügliche Vorschläge würden den Aktionären s. 3. in einer besonderen Generalversammlung vorge- legt werden. Man müsse das beste Mittel zur Ausführung ausfindig machen, alle Vorschläge prüfen und sobald die zu diesem Zwecke nieder ⸗ gesetzte besondere Kommission sich darüber werde ausgesprochen haben, die finanzielle Seite der Frage erwägen. Der Bericht wurde ein ⸗ stimmig genehmigt. Die Dividende ist auf 56,221 Fres. festgesetzt worden. Die Versammlung beschloß einstimmig, Lesseps für seine Verdienste um die Gesellschaft ihren Dank auszusprechen.
Bremen, 5. Juni. (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd Main“ ist gestern Rachmittag 5 Uhr in New⸗Jork eingetroffen.
Bremen, 5. Juni. (W. T. B) . Der Dampfer des Norddeutschen Llovd „Baltimore ist heute früh 6 Uhr in Antwerpen eingetroffen.
Ham burg, 5. Juni. (W. T. B.) Die Postdampfer Bo⸗ hemia s und Hammonia' von der Hamburg ⸗Amerikani⸗ schen Packetfahrt-⸗-Aktiengesellschaft sind gestern Mittag in New -⸗JYork eingetroffen.
New⸗Jork, 4. Juni. (W. T. B). . Der Dampfer Eaypt“ von der National ⸗Dampfschiffs ⸗ Compagnie (C. Messingsche Linie) ist heute hier angekommen.
Berlin, 5. Juni 1883.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin er— schien gestern Vormittag um 91 Uhr abermals in der Sygiene⸗-Ausstellung. Ihre Majestät blieb dies⸗ mal im Wagen, um die Stadtbahnbögen entlang zu fahren. Mit großem Interesse folgte die Hohe Protektorin der Ausstellung den Erklärungen des Hrn. Neuhaus über den Pulsometer, der den Wasserfall am Haupteingang bewirkt. Die Kaiserin nannte den Katarakt eine Zierde der Ausstellung und die Konstruktion des Pulsometers genial. Hierauf folgte die Besichtigung der österreichischen Ausstellung und zwar des rothen Kreuzes, des Kriegs⸗-Ministeriums und der Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft. In der ungarischen Abtheilung überreichten Professor Dr. von Rozsahegyi und Carl Troamayr im Namen des ungarischen Unterrichts-Ministers von Trefort ein Prachtexemplar der Beschteibungen ungarischer Kranken⸗ anstalten. Ihre Majestät nahm mit besonderem Interesse alle auf das Pester Elisabeth⸗Hospital bezüglichen Gegenstände in Augenschein, in welchem die Deutsche Kaiserin ein Bett gestiftet hat. Hierauf begab Sich Ihre Majestät zum Berliner Haus—⸗ frauenverein. Auch das Carne pura-Häuschen und das Wohnhaus wurden besichtigt. Ihre Majestät ließ vor dem Bergwerk halten, hörte von Georg Döcker (Kopenhagen) die Erläuterungen seiner transportablen Hospital-Baracke und verließ hie auf die Aus⸗ stellung, den Herren Rietschel und Henneberg ankündigend, Sie würde Nachmittags wiederkommen, um den Vortrag des Barons von Mundy im Löbschen Pavillon zu hören. In Erfüllung dieser Zusage traf Ihre Majestät um 6 Uhr wieder ein. Nachdem Allerhöchstdieselbe den anwesenden Botschafter Oesterreich⸗ Ungarns, Grafen Szechenyi, und den Militär— bevollmächtigten Major Frhrn. von Steininger begrüßt, sowie Sich Dr. Baron von Mundy hatte vorstellen lassen, hörte Ihre Majestät den Vortrag des Leßtgenannten, der vom Rettungs⸗ wesen und den Erfolgen desselben in Europa handelte, an und verließ um ?7 Uhr die Ausstellung.
Die Kreissynode Berlin-Kölln-⸗Stadt begann ihre dies— sährige Versammlung gestern Vormittag in der Aula der Victoria Schule unter Vorsitz des Konsistorial⸗Raths Nosl mit Gesang und Gebet. Die eigentlichen Verhandlungen begannen mit einem Referat des Predigers Knauert über die Vorlage des Königlichen Konsisto⸗ riums, betreffend die geistliche Fürsorge für die konfirmirte Jugend. Die Ausführungen des Referenten gipfelten in einer Reihe von Thesen, die im Allgemeinen folgende Forderungen aufstellen: 1) Der Konfirmations⸗ Unterricht ist in ein spiäteres Lebensalter, als es bisher der Fall gewesen, zu ver— legen. 2) In jeder Parochie sind Vereine der konfirmirten Jugend zu bilden, in welcher männliche und weibliche Gemeindeglieder die Leitung führen, während im Vorstande auch ein Geistlicher der Pa⸗ rochie Sitz und Stimme hat. 3) Die Leiter der Fortbildungs anstalten sind aufzufordern, den am Sonntag stattsindenden Unter— richt mit Gesang und Gebet zu beginnen. 4 Auf die Erwachsenen ist in den Gemeinden, in der Presse, in Vereinen und bei den Fest—⸗ akten aus Anlaß der Lutherfeier darauf hinzuwirken, daß sie selbst durch gutes Beispiel und durch geistige Anregung der konfirmirten Jugend ihre Fürsorge weihen. 5) Auf Einführung der kirchlichen Katechisation zist von Seiten der Geistlichen hinzuwirken.
Bei der Abstimmung wurden die Anträge des Referenten ad 1 und 5 cbgelehnt, die übrigen dagegen angenommen, — Hofprediger Stöcker ceferirte über die Vorlage des Königlichen Konsistoriums, betreffend die Lutherfeier. Redner meinte, die Lutherfeier müsse durch die ge— sammte Kirche hindurch gehen, und zu diesem Zweck in Predigten, in Bibelstunden, in kleineren Versammlungen, in öffentlichen Vorträgen das deutsche Volk darauf vorbereitet werden. Der Baursche Vorschlag, nach Artz der Gebetswochen eine oder mehrere Lutherwochen einzu— richten, sei sehr praltisch, es sollten aber auch vorher schon mit ver einten Kräften groze Luthervorträge in jeder Woche veranstaltet werden. — Es wirde folgender Beschluß gefaßt: 1) Anregung zu geben, daß ein Comits aus den 4 Kreissynoden zur Ver- anstaltung einer würdigen Jubelfeier Luthers bestellt werde. Falls ein gemeinsames Vorgehen der vier Kreissynoden nicht erreichbar ist, beschließt die Kreissynode Berlin-Kölln-Stadt für sich allein in der beantragten Weise vorzugehen; 2) diesem Comits den Wunsch auszusprechen, daß die Feier in Vortragen ihre Vorbereitung finde, die von Anfang Sextember bis zum Jubiläumstage abzuhalten wären; 3) außerdem den einzelnen Gemeinden die Veranstaltung von Vor trägen durch geistliche und Laien zu empfehlen. — Hierauf referirte Gemeindeältester Bischof über die Fürsorge für entlassere Straf— gefangene als Syzodalvertreter auf diesem Gebiet und Hedauerte, daß das Konsistorium die von der Synode beschlossene Kirchenkollekte für diesen Zweck nicht genehmigt habe.
Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen am Nachmittage wurden die Syn. Hofprediger Stöcker, Prediger Przygode, Prediger Rohde, Stadtverordneter Löwel und Oberlehrer Prof. Dr. Pappenheim in das Comité für die Lutherfeier gewählt. — Des Weiteren gelangte ein Bescheid des Konsistoriums zur Vorlesung, in welchem dem Be— dauern Ausdruck gegeben wird, daß die vorjährige Synode am ersten Tage, durch, das tendenziöse Sichentfernen eines Theiles der Mitglieder mitten in den. Verhandlungen, beschlußunfähig geworden sei. Syn. Landgerichts ⸗ Rath Schulz beantragte: „»Die Synode beschließt: 1) Es kann nicht anerkannt werden, daß das dem Königlichen Konsistorium durch den 5. 49 der revidirten Instruktion gewährte Aufsichtsrecht die Befugniß in sich schließt, über das Verfahren eines Theiles der Mitglieder der Synode in der vorjährigen Sitzung das Urtheil der Ungehörigkeit zu fällen. 2) Sie erachtet, daß wohl der Bescheid des Königlichen Kon- sistorium, keineswegs aber der bezügliche Vorgang, in der Synode die Würde und das Wirken der Synode empändlich zu schädigen ge eignet ist'. An diesen Antrag knüpfte sich eine kurze Debatte, wonach derselbe mit großer Mehrheit zur Annahme gelangte. — Es folgte hierauf der Bericht des Vorstandes über seine Thätigkeit seit der letzten Kreissynode. Prediger Stage theilte mit, daß zum Bau einer neuen Kirche in der z Kreuz ⸗ Gemeinde ein Aller höchstes Gnadengeschenk von 55 000 M eingegongen sei. — Dem Be⸗