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Für das von Niederland zur diesjährigen Ausstellung nach Hamburg zu schickende Vieh jeder Gattung kommen aber folgende Sicherheitsmaßregeln zur Anwendung.
An der Landesgrenze ist das Vieh von einem preußischen beamteten Thierarzte auf seinen Gesundheitszustand zu unter⸗
Außerdem bedarf alles zur Einfuhr gelangende Aus⸗ stellungsvieh eines Attestes der Gemeindebehörde des Ur⸗ sprungsortes, in welchem bescheinigt sein muß, daß die nach Alter, Geschlecht, Farbe 2c. genau zu bezeichnenden Thiere aus einer Gemeinde stammen, in welcher weder die Lungenseuche, noch die Maul⸗ und Klauenseuche oder eine andere leicht über⸗ tragbare Viehseuche herrscht oder binnen der letzten sechs Mo⸗ nate geherrscht hat. Dieses Attest ist dem untersuchenden diesseitigen Thierarzte behufs Feststellung der Identität der zur Einfuhr gelangenden Thiere vorzuzeigen. —
Von den Importeuren ist mir der Tag der Einführung des Viehes mindestens 8 Tage vorher anzuzeigen, damit der betreffende beamtete Thierarzt rechtzeitig mit der erforderlichen Anweisung versehen werden kann.
Die Untersuchung durch den beamteten Thierarzt an der Landesgrenze erfolgt kostenfrei.
Münster, den 4. Juni 1883.
Der Regierungs⸗Vize⸗Präsident. In Vertretung: Klaebisch.
Aichtamtliches. Deuntsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. Juni. Se. Majestät der Kaiser und König gaben heute Morgen 9 Uhr Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin bei der Abreise Allerhöchstderselben nach Coblenz das Geleit zum Potsdamer Bahnhof und unternahmen darauf eine Spazierfahrt durch den Thiergarten.
Von 11 Uhr ab hörten Se. Majestät den Vortrag des Chefs des Civil-Cabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmoms ki.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin kamen gestern Nachmittag nach Berlin, um Sich bei Ihrer Majestat der Kaiserin und Königin zu verabschieden.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für oll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, der usschuß desselben für Zoll- und Steuerwesen sowie die ver—
einigten Ausschüsse für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs—⸗ tags, sowie die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Herrenhauses und des Hauses der Ab⸗ geordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (97.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Boetticher, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde in dritter Berathung das Gesetz, betr. die Abwehr und die Unterdrückung der Reblaus⸗ krankheit, genehmigt.
Ein zu 8. 10 gestellter Antrag des Abg. Frhr. von Göler, welcher lautet:
Der Reichstag wolle beschließen: in 5. 10 nach den Worten „Reben zu verlangen“ folgenden neuen Absatz einzuschalten:
„Ebenso können Besitzer von größeren Rebschulen, die schon vor Erlaß dieses Gesetzes unter der Aufsicht einer Landesbehörde standen, und deren Wurzelreben zu einem großen Theil in ver⸗ schiedene deutsche Bundesstaaten versendet wurden, einen Ersatz des ö. durch §. 4 erwachsenen Minderwerthes ihrer Rebschulen ver— angen.
wurde von dem Kommissarius Geheimen Ober⸗-Regierungs— Rath Weymann bekämpft. Weil der Antrag nur eine be⸗ sondere Klasse von Interessenten entschädigen wolle, während andere Interessenten, z. B. die Besitzer kleinerer Reb⸗
schulen, mindestens ebenso unter den Folgen des Ge-
setzes zu leiden haben würden, trage der Antrag eine Rechtsungleichheit in das Gesetz hinein; außerdem sei er auch überflüssig, da nur ein Entschädigungsminimum fest— gesetzt, und den Einzelregierungen überlassen sei, höhere Ent— schädigungssätze zu gewähren.
Der Abg. Schwarzenberg bat ebenfalls um Ablehnung, da die Annahme des Antrages zu unabsehharen Konsequenzen führen müsse, wenn nach diesem Vorgehen z. B. die Besitzer von mit giftigen Stoffen imprägnirten Tapeten nach Erlaß der Verordnung, betreffend den Vertrieb giftiger Stoffe, Ent—⸗ schädigung verlangten.
Den nunmehr vom Abg. von Göler zurückgezogenen An⸗ trag nahm der Abg. Frhr. von Franckenstein wieder auf.
Der Abg. Dr. Buhl bekämpfte ihn besonders deswegen, weil seine Annahme möglicherweise das sehr wichtige Gesetz überhaupt gefährden könne. Nachdem der Geheime Ober— Regierungs⸗Rath Weymann dies bestätigt hatte, wurde der Antrag abgelehnt. In der Schlußabstimmung wurde das Gesetz definitiv genehmigt.
Das Haus wandte sich dann bei Schluß des Blattes der Berathung von Petitionen zu.
— In der heutigen (14.) Sitzung des Herren—⸗ hauses, welche der Präsident, Herzog von Ratibor, um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete und welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern von Putt— kamer, sowie die Staats⸗Minister Dr. Friedberg und von Goßler mit zahlreichen Regierungskommissaren beiwohnten, erfolgte zunächst die Vereidigung der neu eingetretenen Herren, von Zychlinski und von Neumann. Dann trat das Haus in die Berathung des Gesetzentwurfs über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Ver— waltungsgerichtsbehörden.
Der Berichterstatter Herr von Winterfeld⸗Menkin verwies auf den von ihm erstatteten Bericht, aus welchem die von der Kommission vorgenommenen Abänderungen in den 8. 13, 17, 21, 23, 28, 31, 33, 46, 48, 49, 53, 57, 66, 85, Ss, 87, 94, 95, 109, 113, 118, 120, 121, 125, 129, 1356, 151, 153, 161, 162 und 164, die übrigens zum allergrößten Theil nur redaktio⸗ neller Natur seien, gerechtfertigt würden. — Zur Generaldebatte
nahm Niemand das Wort; in der Spezialdiskussion wurden zunächst die §§. 1—6 unverändert und ohne Debatte nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses angenommen. — Bei §. 7, welcher von den Angelegenheiten der Stadtgemeinden handelt, beantragte Herr Boetticher den ersten Satz folgender⸗ maßen zu fassen: „Die Aufsicht des Staates über die Ver⸗ waltung der städtischen Angelegenheiten wird in erster Instanz von dem Regierungs-Prasidenten, in höherer Instanz von dem Dber⸗Prasidenten und in letzter In⸗ stanz von dem Minister des Innern geübt“, und befürwortete seinen Antrag dadurch, daß es geboten sei, eine noch höhere Beschwerdeinstanz zu schaffen, weil es bereits vor⸗ gekommen sei, daß ein Ober⸗Präsident in ein und derselben Sache verschiedene Entscheidungen getroffen habe; deshalb könne man nicht, wie der Beschluß des Abgeordnetenhauses es wolle, dem Ober-Präsidenten die höhere und gleichzeitig letzte Instanz einräumen. In der Diskussion über diesen An⸗ trag erklärten sich die Herren Brüning, Struckmann, Bödcher, Bredt und der Referent gegen diesen Antrag. Auch der Minister des Innern von Puttkamer erklärte wiederholt den Antrag für überflüssig und sogar dem Prinzip der Selbst⸗ verwaltung widersprechend. Nachdem noch die Herren Graf zur Lippe und von Kleist⸗Retzow sich gegen den Antrag er⸗ klärt hatten, wurde der Antrag mit sehr großer Majorität ab⸗ gelehnt und die Fassung des Abgeordnetenhauses angenom⸗ men. Die §§8. 8 bis 12 wurden ohne Dehatte un— verändert angenommen. Der 5. 13, der von der Bestätigung der Wahl von Gemeindebeamten handelt und be⸗ stimmt, daß die Bestätizung nur unter Zustimmung des Bezirksausschusses versagt werden kann, und daß, wenn der Bezirksausschuß die Zustimmung ablehnt, dieselbe auf den Antrag des Regierungs-Präsidenten durch den Minister des Innern ergänzt werden kann, ferner daß der von dem Regierungs-Präsidenten unter Zustimmung des Bezirks— ausschusses gefaßte Beschluß endgültig ist — beantragte die Kommission zu streichen, während Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode die beiden ersten Absätze des 5. 13 aufrecht erhalten und nur den Schlußsatz dahin abändern wolle, daß gegen den die Versagung der Bestätigung zustimmenden Beschluß des Bezirksausschusses der betheiligten Gemeinde die Berufung an den Minister des Innern zustehen und die Bestimmungen im Absatz 2 und 3 auf die Bestätigung der Bürgermeister überall keine An⸗ wendung finden sollen. — Der Referent, Herr von Winter⸗ feld, motivirte die Streichung dieses vom Abgeordnetenhause in das Gesetz eingefügten Paragraphen, den die Regierung schon im Abgeordnetenhause bekämpft habe. Da dieser Para⸗ graph das Bestätigungsrecht der Regierung in Betreff der Bürgermeister und Beigeordneten der kleinen Städte alterire, da diese Bestimmung wohl in die Städteordnung, nicht aber in das Zuständigkeitsgesetz gehöre, und ein bisher unbeschränktes Bestätigungsrecht des Staates in ungerechtfertigter Weise angegriffen werde, so habe die Kom— mission sich für die Streichung des Paragraphen entschieden. Graf Udo Stolberg empfahl seinen Antrag, der den Beschluß des Abgeordnetenhauses abschwächen und eine Brücke zur Verstän⸗ digung mit dem anderen Hause anbahnen solle. Er bitte seinen Antrag anzunehmen, event. den §. 13 zu streichen. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (65. Sizung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize Präsident des Staats⸗ Ministeriums und Minister des Innern von Puttkamer, Staats-Minister Dr. Lucius, von Boetticher und von Scholz, sowie zahlreiche Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsiden? von Köller den Eingang eines Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze, mit. Hierauf trai das Haus in die Fortsetzung der zweiten Be— rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Bar. eines Schiffahrtskanals von Dortmund üher Hen— richenburg, Münster, Bevergern, Neudörpen nach der unteren Ems ein. .
Von dem Abg. Berger (Witten) war folgender Antrag ein⸗ gegangen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
für den Fall der Annahme der Anträge des Abgeordneten Pr Ham—
macher (Essen) Zub Nr. 237 der Drucksachen und an Stelle der
Nr. 2 des Kommissionsantrages folgende Resolution anzunehmen:
2) Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage einen Gesetzentwärf vorzulegen, welcher a. die Verbindung der Schiffahrtskanalstrecke von Dortmund nach der unteren Ems mit dem Rheine und der mittleren Elbe, b die Herstellung einer leistungsfähigen Wasserstraße zwischen den Montandistrikten Oberschlesiens und Berlin,
zum Gegenstande hat.
Der Regierungskommissar, Geh. Ober-Baurath Wiebe erklärte die Anträge Letocha und Berger für überflüssig. Die Regierung halte selbst die Verbesserung der Wasserverbindung zwischen Oberschlesien und Berlin für eine Nothwendigkeit und sei schon dieser Frage näher getreten. Hauptsächlich han— dele es sich hier bei um eine Korrektion der Spree unterhalb Fürsten⸗ walde und des Friedrich⸗Wilhelm-Kanals. Der Antrag VBüchtemann, der im Antrag Hammacher vor das Wort „Elbe“ das Wort „mittleren“ einschieben wolle, sei für die Regierung unannehmbar. Dieselbe müsse völlige Freiheit haben bez, der Fortsetzung des Kanals.
Der Abg. Letocha begründete den von ihm gestellten An— trag. Man müsse der oberschlesischen Kohle die Konkurrenz mit der westfälischen erleichtern und ihr ein größeres Absatz— gebiet verschaffen.
Darauf nahm der Staats-Minister von Boetticher das Wort:
Meine Herren! Es ist mir leider nicht möglich gewesen, allen den Detailausführungen, die der Herr Vorredner zu Gunsten der von ihm vorgeschlagenen Resolution beigebracht hat, zu folgen, aber ich glaube, es ist auch entbehrlich, auf diese Detailausführungen einzu⸗ gehen; denn ich bin in der Lage, Namens der Staatsregierung zu erklären, daß er in der Staatsregierung einen Verbündeten seiner Wünsche hat.
Meine Herren! Es ist bereits vorhin von dem Herrn Regierungs—⸗ kommissarius erklärt worden, daß die Vorarbeiten für die , nnn einer besseren Wasserverbindung zwischen Schlesien und Berlin im Gange sind, daß diese Vorarbeiten nur unterbrochen sind in Folge ungünstiger Naturereignisse, daß sie mit Eifer fortgesetzt werden, und daß zu erwarten steht, daß die Vorlagen, welche sich an diese Vor arbeiten knüpfen werden, in nicht zu ferner Zeit dem Landtage wer⸗ den vorgelegt werden können. Ich kann auf diese Erklärung nur hinweisen, halte mich aber verpflichtet, es offen auszusprechen, daß ich die Befürchtung hege, daß, wenn gegen die gegenwärtig von der Regierung gemachte Vorlage auch von Seiten der Schlesier Opposition gemacht wird, die Staatsregierung nicht mit dem vollen Vertrauen, mit dem sie es sonst thun würde, die Vorlage zu Gunsten der Provinz Schlesien ein⸗ bringen könnte. Meine Herren, ich habe der Entwickelung der gegen⸗ wärtigen Vorlage und der Agitation, welche sich an dieselbe geknüpft
hat, aus Ihnen bekannten Gründen nicht eingehend folgen können, und habe mich, abgesehen von den Vorarbeiten zur Herstellung der Vorlage, die ja auch meinen Namen trägt, erst in den letzten Tagen über den Stand der Dinge unterrichten können, aber auch aus dieser knarpen Information —3 ich den Eindruck gewonnen, daß ein starkes Stück Partikularismus für das Votum verschiedener Mitglieder des Hauses nicht ohne Einfluß geblieben ist.
Meine Herren, ich bin lebhaft erinnert worden an die Ber⸗ bandlungen, die hier in diesem hohen Hause Ende der 60er Jahre über die Bewilligung eines Provinzialfonds für die Provinz Hannover gepflogen worden sind. Damals hielt die Mehrzahl der Vertreter der übrigen Provinzen der Vor- lage entgegen: wo bleiben wir? bekommen wir eine jährliche Zuwendung, wie sie die Provinz Hannover bekommen hat? und, meine Herren, das Versprechen der Regierung, daß eine ähnliche Schöpfung, wie damals für Hannover, in Aussicht genommen worden sei für die übrigen Provinzen, verfing erschrecklich wenig. Nun, meine Herren, die Königliche Staatsregierung hat damals ihr Wort eingelöst und so dürfen Sie auch erwarten, daß wenn auch jetzt aus den Gründen, die hier mehrfach und eingehend vom Regierungstische entwickelt worden sind, es nicht möglich ist. ein voll⸗ ständiges Kanalnetz, wie die Regierung es sich denkt, vorzulegen, dennoch in Zukunft die berechtigten Wünsche der übrigen Provinzen, soweit es an der Königlichen Staatsregierung liegt, ihre Berück= sichtigung finden werden.
Meine Herren! Ich erkläre mich positiv gegen die Annahme des Amendements des Hrn. Abg. Büchtemann und ich kann richt feierlich genug versichern, daß die Annahme dieses Amendements das ganze Gesetz gefährdet.
Meine Herren! Bereits in der Vorlage unter Nr. 214 der Drucksachen hat die Regierung erklärt — ich verweise Sie auf S. 5 da⸗ selbst —, daß sie Bedenken tragen zu müssen glaube, schon jetzt, trotz des Mangels ausreichender Unterlagen, für bestimmte weitere Kanal linien sich zu erklären und ihre Zustimmung daju zu geben, daß gleichvoll die Endpunkte der Fortsetzungslinien durch das Gesetz fest— gelegt werden.
Meine Herren! Es ist allerdings gestern von einem der Herren Redner darauf hingewiesen, daß das Engagement, welches durch An— nahme des Antrages Büchtemann für die Königliche Staatsregierung erwachsen werde, kein zu zwingendes sei. Es wurde daran erinnert, daß Gründe ja billig wie Brombeeren seien, und wenn man heute auch beschließe, schon, eine bestimmte Linie in das Gesetz aufzunehmen, ohne die erforderlichen Mittel für ihre Aus— führung zu bewilligen, so werde ja später es noch besonderer Erwägung unterliegen, ob man diese Mittel bewilligen könne und be⸗ willigen wolle. Meine Herren, die Königliche Staatsregierung würde einen Beschluß dieses hohen Hauses, welcher darauf gerichtet ist, eine belimmte Linie vorzuzeichnen, nicht so leicht nehmen, sie würde, wenn sie ihm heute zustimmte, sich gebunden fühlen, mit aller Kraft und aller Energie die auch nun durch das Votum der Landesvertretung be⸗ stimmt vorgezeichnete Linie zur Ausführung zu bringen, und, meine Herren, deshalb kann die Königliche Staatsregierung nicht mit gutem Ge— wissen sich für eine weitere bestimmte Linie erklären, da sie die Ausführ⸗ barleit nicht zu übersehen vermag in diesem Moment, in welcher Vor⸗ arbeiten für eine solche Linie absolut noch nicht vorhanden sind.
Meine Herren! Ich kann nur wünschen, daß Sie den Er— klärungen und den Versicherungen, die von Seiten des Regierungs— tisches Ihnen wiederholt gegeben worden sind, einiges Vertrauen entgegenbringen, und ich kann namentlich wünschen, daß der Hr. Abg. von Schorlemer, der gestern die König liche Regierung darauf hinwies, sie möge nur den Intentionen des Hrn. Abg. Windthorst öfter folgen, in diesem Fall der Königlichen Regierung mit gutem Beispiel vorangehe. Meine Herren, ich schließe mit dem dringenden Wunsche, daß Sie das Werk, dessen Beschlußfassung Ihnen von der Königlichen Regierung angesonnen wird, und das eine hohe wirthschaftliche Bedeutung weit über den Kreis der lokalen Interessen der zunächst davon betroffenen Landestheile hinaus besitzt — ich kann nur wünschen, daß Sie diesem Werke Ihre ungetheilte Zu⸗ stimmung geben. Der Erfolg wird nicht ausbleiben und die Nach⸗ ahmung für die übrigen Provinzen, die eine gleiche Wohlthat für sich erbitten und wünschen, wird ebensowenig ausbleiben. Die Staats⸗ regierung wird mit Freude bereit sein, allen berechtigten Wünschen in dieser Beziehung näher zu treten
Hierauf wurde die Debatte geschlossen. Nachdem der Referent, Abg. Imwalle, im Schlußwort die Annahme der Kommissionsvorschläge empfohlen hatte, wurde zunächst das Amendement Büchtemann abgelehnt; in namentlicher Ab⸗ stimmung wurde sodann der Antrag Hammacher mit 228 gegen 111 Stimmen angenommen; endlich wurde auch der Antrag Berger (Witten) angenommen.
Damit waren die übrigen Anträge, die Resolution der Kommission und §. 1 der Regierungsvorlage erledigt.
8. 2B und 5§. 3 der Vorlage lauten: 6 2 Mit der Erbauung des gedachten Schiffahrtskanals ist erst vorzugehen, wenn die im §. 3 . Bedingung erfüllt ist.
Der gesammte, zur Erbauung des fraglichen Schiffahrtskanals, einschließlich aller Nebenanlagen, erforderliche Grund und Boden ist der Staatsregierung unentgeltlich und lastenfrei zum Eigenthum zu überweisen, oder die Erstattung der sämmtlichen, staatsseitig für dessen Beschaffung im Wege der freien Vereinbarung oder der Ent⸗ eignung aufzuwendenden Kosten, einschließlich aller Nebenentschädigun⸗ gen für Wirthschaftserschwernisse und sonstige Nachtheile in rechts—⸗ gültiger Form zu übernehmen und sicher zu stellen.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa erklärte, für den 5. 2 stimmen zu wollen.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) sprach sich gegen diesen Theil der Vorlage aus. Wenn noch etwas nöthig gewesen wäre, ihn in seinen Bedenken gegen die Vorlage zu bestärken, so sei es die maßlose Agitation gewesen, die jeden Abgeordneten als pflichtvergessen bezeichnet, der gegen die Vorlage stimmen würde.
Von dem Abg. Imwalle ging ein Antrag ein:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Die §§. 2 und 3 in folgender Weise zusammenzufassen: .
Mit der Erbauung des gedachten Schiffahrtskanals ist erst vorzugehen, nachdem der gesammte zur Erbauung des fraglichen Schiffahrtskanals, einschließlich aller Nebenanlagen, erforderliche Grund und Boden der Staatsregierung aus Interessentenkreisen unentgeltlich und kostenfrei zum Eigenthum überwiesen oder die Erstattung der sämmtlichen staͤatsseitig für dessen Beschaffung im Wege der freien Vereinbarung oder der Enteignung aufzuwendenden Kosten, einschließlich aller Nebenentschädigungen für Wirthschafts erschwernisse und sonstige Nachtheile, in rechtsgültiger Form über- nommen und sichergestellt ist.
Der Abg. Marcard (Tecklenburg) erklärte, daß ihm die §8. 2 und 3 der Vorlage nicht verständlich seien.
Der Abg. Marcard (Lingen) befürwortete den Antrag Imwalle, der eine redaktionelle Verbesserung der Vorlage bedeute. Nach einer kurzen Auseinandersetzung zwischen den Abgg. Dirichlet und Dr. von Heydebrand und der Lasa und den Abgg. Schulz (Bochum) und Frhr. von Schorlemer⸗
lst wurde der Antrag Imwalle angenommen. Der Rest des Entwurfs wurde ohne Debatte unverändert genehmigt, die dazu eingegangenen Petitionen für erledigt erklärt.
Es folgte die zweite Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes, betreffend die Befugnisse der Strombau-Verwal
tung gegenüber den Uferbesitzern an öffentlichen Flüssen und des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der Ufer⸗,Ward⸗ und Hegungsordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz vom 12. Sep⸗ tember 1763.
Die §8§. 1, 1a. und 2 wurden nach unbedeutender De⸗ batte unverändert genehmigt.
5§. 2a. der Kommissionsbeschlüsse lautet:
Der Anordnung der Strombauverwaltung (8. 2) muß die An⸗ hörung der betheiligten Uferbesitzer vorausgehen.
Der Uferbesitzer ist mit Ausnahme der Fälle, in welchen es sich um Einräumung von Grund und Boden zur Anlegung von Deckwerken, Buhnen, Coupirungen oder anderen Stromregulirungs⸗ werken handelt, befugt, die Entscheidung des Landraths, in Stadt⸗ kreisen der Ortspolizeibehörde (in Hannover der betreffenden Obrig⸗ keit) über den Gegenstand und den Umfang der der Strombauver— waltung einzuräumenden Rechte zu beantragen.
Gegen diese Entscheidung steht beiden Theilen innerhalb zwei Wochen nach der Zustellung die Beschwerde an den Regierungs⸗— Präsidenten zu.
Die Strombauverwaltung kann in Fällen, welche keinen Auf⸗ schub gestatten, die ihr im 5. B eingeräumten Befugnisse ausüben, obwohl von dem Uferbesitzer die Entscheidung des Landraths be⸗ antragt ist.
Hierzu lag vom Abg. Dr. Hartmann folgender An⸗ trag vor:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Im Absatz 4 des §. Za. der Fassung der Kommissionsbeschlüsse anstatt der Worte: welche keinen Aufschub gestatten' zu setzen: in welchen die Ausführung nicht ohne überwiegenden Nachtheil für das Gemeinwesen ausgesetzt werden kann“.
Der Abg. Hahn sprach sich für diesen Antrag aus. Nach— dem die Abgg. von Bismarck-Flatow und Freiherr von Zedlitz und Neukirch denselben bekämpft hatten, wurde der Antrag vom Abg. Hartmann zurückgezogen, vom Abg. Hahn dagegen wieder aufgenommen und vom Hause genehmigt.
§. 3 lautet nach dem Beschlusse der Kommission:
Anlandungen, welche in Folge von Anlagen der in 8 2 ge— dachten Art entstehen, gehören Demjenigen, an dessen Ufer sich die⸗ selben angesetzt haben, nach denselben Grundsätzen, wie die sich von selbst bildenden Anlandungen; der Uferbesitzer darf jedoch, vor— behaltlich der Bestimmungen des §. 4, nicht ohne Genehmigung 94 Strombauverwaltung in den Besitz der so entstehenden Anlagen reten.
Die Strombauverwaltung ist allein berechtigt, die gedachten Anlagen, mögen sie in Zukunft entstehen oder bereits entstanden sein, auszubilden und soweit zu befestigen, daß sie ohne Nachtheil für den Strom mit Vorbehalt der Vorschrifsten der §§8. 5 und 7 benutzt werden können. Zu diesem Zwecke tritt der Staat in den Besitz und in die Nutzung derselben.
. em Uferbesitzer muß jedoch Lie Verbindung mit dem Flusse selbst und dessen Benutzung, soweit es seine wirthschaftlichen In—⸗ teressen fordern, gestattet werden.
Liegen die künstlichen Anlandungen vor öffentlichen Fähren, Anlandeplätzen u. s. w., so ist ihre Ausbildung und demnächstige Freigebung möglichst zu beschleunigen, auch Fürsorge für zweckent— sprechenden Zugang zur Fähre zu treffen.
Im Falle einer Verpachtung ist bei gleichem Gebot dem Ufer besitzer der Vorzug zu geben.
Das Jagdrecht steht dem Uferbesitzer zu; die Ausübung dessel ben unterliegt jedoch, abgesehen von den Vorschriften der Jagd— polizeigesetze, der Beschränkung, daß die Strom bauverwaltung das Betreten der Anlandung zu verbieten berechtigt ist.
Hierzu beantragte der Abg. Hartmann, im zweiten Absatz dos Wort „allein“ zu streichen; ferner:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Im 4. Absatz des 8.3 statt der Worte: so ist ihre Ausbil—⸗ dang und demnächstige Freigebung möglichst zu beschleunigen“ zu setzen: so hat die Strombauverwaltung deren Ausbildung und demnächstige Freigebung möglichst zu beschleunigen“.
Diese beiden Anträge wurden nach kurzer Debatte an— genommen. .
8. 4 lautet nach dem Kommissionsbeschlusse:
§. 4
Y. 8.
Sobald das im §. 5 bezeichnete Ziel erreicht ist, oder die zur Erreichung desselben erforderlichen Arbeiten Seitens der Strom- bauverwaltung eingestellt sind, steht dem Uferbesitzer das Recht zu, gegen Erstattung desjenigen Mehrwerthes, welchen das Ufergrundstück durch die Anlandungen erlangt hat, in den Besitz derselben zu treten Der zu erstattende Betrag darf die vom Staat auf— gewendeten Kosten nicht übersteigen.
Welcher Betrag dem Staat zu erstatten ist, wird in Erman— gelung gütlicher Einigung im schiedsrichterlichen Verfahren fest— gestellt. Die Zahl der Schiedsrichter und die Personen derselben verden, sofern die Parteien sich darüber nicht einigen, auf schriftlichen Antrag des einen Theils und nach Anhörung des an— deren von dem Kreisausschuß (Stadtausschuß) und in denjenigen Provinzen, für welche das Gesetz über die Organisation der allge⸗ meinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 (Gesetzsamml. S. 291) nicht gilt, von der im 5 2a. bezeichneten Behörde des Bezirks, in welchem das Grundstück belegen ist, festgestellt.
Die durch das schiedsrichterliche Verfahren hervorgerufenen Kosten tragen die Parteien zu gleichen Theilen.
Hierzu lag vom Abg. Hartmann folgender Antrag vor: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Den Absatz 1 im 5. 4 zu fassen:
„Sobald das im 8§. 3 bezeichnete Ziel erreicht ist, die zur Er⸗ reichung desselben erforderlichen Arbeiten Seitens der Strombau⸗ verwaltung eingestellt sind, oder die Strombauverwaltung von der ihr gemäß 5§. 3 Absatz 2 zustehenden Befugniß nicht rechtzeitig Ge⸗ brauch macht, steht dem Uferbesitzer das Recht zu, gegen Erstattung des Werths der durch die Anlagen entstandenen Anlandung in den Besitz derselben zu treten. Der zu erstattende Betrag darf die vom Staate aufgewendeten Kosten nicht übersteigen“.
Derselbe wurde angenommen. Desgleichen ohne Debatte die 58. 5, 6, 7, 8, 8a., 8b., 9, 10 und 11 mit einigen Aenderungen angenommen, sowie das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Ufer-, Ward⸗ und Hegungsordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz vom 12. Sep— tember 1763.
Damit waren beide Gesetze erledigt. elerauf vertagte sich um 1 12 Uhr das Haus auf Donnerstag
T.
— Nach Mittheilungen aus Italien sind folgende Sub⸗ missionen ausgeschrieben worden:
I) von der Direktion der Schiffswerft des ersten Marine⸗Departements zu Spezia für den 16. Juni d. J. bis 12 Uhr Vormittags eine Submission auf Lieferung von Ostsee⸗Tannen⸗Bohlen für die Summe von 143 9765 Lire; D von der Königlich italienischen Artillerie⸗Direktion der Bießerei zu Genug, für den 22. Juni d. J. bis Nachmittags 3. Uhr eine Submission auf Lieferung verschiedener metallener Gegenstände im Taxwerthe von 28 341,20 Lire; än! von derselben Behörde für den 26. Juni d. J. bis Nachmittags 3 Uhr eine Submission auf Lieferung von Teder im Taxwerthe von 17 365 Lire.
Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.
— Erwirbt der Eigenthümer eines Grundstück's, welches für eine Hypothekenforderung, die ungetheilt auf meh⸗ reren Grundstücken haftet, mitverhaftet ist, von dem
läubiger die Hypothek, oder zahlt er die Hypothekenschuld gegen Quittung des Gläubigers, so tritt nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 9. Mai d. J., dadurch der zahlende Grundstücksbesitzer in alle Rechte des Gläubigers; er erwirbt somit die auf allen mitverhasteten Grundstücken ruhenden Hypothekenrechte, und er hat die Wahl und die Befugniß, das Hypothekenrecht in Ansehung der damit verbundenen Forderung nach Belieben auf einjelnen Grund⸗ stücken aufzugeben und an andere sich zu halten sowie aus deren Kaufgeldern Befriedigung zu verlangen.
— Der Disziplinarhof für nichtrichterliche Beamte trat heute zu einer Sitzung zusammen.
— Der General der Infanterie von Strubberg, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, hat sich behufs Besichtigung der ihm in den westlichen Provinzen unterstellten Institute auf Dienstreisen begeben.
Kiel, 6. Juni. (W. T. B.) Ihre Majestät die Königin von Schweden ist heute Nacht aus Neuwied hier eingetroffen und setzte ohne Aufenthalt mittelst des däni⸗ schen Postdampfers „Danneskjold Somsoe“ die Reise nach Korsör fort.
Mecklenburg ⸗ Schwerin. Schwerin, 5. Juni. (Meckl. Anz.) Die verwittwete Großherzogin Marie ist mit der Prinzessin Thekla von Schwarzburg und der Herzogin Elisabeth heute Vormittag 101½ Uhr von Baden-Baden hier—⸗ her zurückgekehrt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 5. Juni. (Thür. Corr.) Das am 3. Juni in Jena stattgehabte Fubi⸗ läum des Präsidenten des thüringischen Ober-Landesgerichts, Frhrn. von Egloffste in, nahm einen sehr glänzenden Ver— lauf. Die Minister der thüringischen Staaten, zu denen das Ober⸗Landesgericht gehört, waren erschienen, um dem Jubilar die Glückwünsche ihrer Souveräne und ihrer Regierungen auszusprechen. Von Berlin war zu diesem Zweck der Unter⸗ Staatssekretär Dr. Rindfleisch eingetroffen. Mit einem Fest— mahl im Kasino schloß die Festlichkeit, zu der zahllose Tele— gramme und Adressen sowie ein sehr gnädiges Schreiben Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta eingegangen waren.
OesterreichAngarn. Wien, 5. Juni. (W. T. B.) Die Konferenz des deutsch-⸗österreichisch-ungarischen Eisenbahnverbandes, welche die beantragte Einführung der neuen Transittarife prüfen und darüber Beschluß fassen soll, ist heute hier eröffnet worden. Die Berathungen werden voraussichtlich drei Tage dauern.
Belgien. Brüssel, 5. Juni. (W. T. B.) In der Repräsentantenkammer brachte der Minister Fréäre⸗ Orban auf Befehl des Königs und im Namen des Minister— raths heute den Entwurf einer Wahlreform für die Provinzen und Kommunen ein. (Bewegung.) Die Linke verlangte die Verlesung der Vorlage. Fräre-⸗Orban verlas hierauf den 35 Artikel umfassenden Entwurf.
Großbritannien und Irland. London, 6. Juni. (W. T. B.) Earl von Roseberry, Unter⸗Staatssekretär im Departement des Innern, hat in Folge des vom Unter— hause zu erkennen gegehenen Wunsches, daß die Unter—
Staatssekretärstellen nur von Personen bekleidet werden möchten, die dem Parlament als Mitglieder angehören, seinen
Posten niedergelegt.
Frankreich. Paris 5. Juni. (W. T. B.) Beim Marine⸗Ministerium sind weitere Depeschen aus Tonkin eingegangen. Nach denselben wurde der Ausfall aus Hanoi, bei welchem Rivisre fiel, beschlossen, nachdem eine beleidigende Herausforderung des Oberanführers der „schwarzen Flagge“ vorausgegangen war. Der Ausfall erfolgte am 19. Mai. Die französische Truppenabtheilung wurde auf einer engen Strate von 50 m Tänge von dem in dem Bambusgebüsch versteckten Feinde mit Ge⸗ wehrfeuer plötzlich angegriffen. Riviere wurde bei dem Versuche, das an der Spitze der Truppenabtheilung befindliche Geschütz zu retten, getödtet. Das Geschütz wurde gerettet und der Rückzug unter dem Befehl des Schiffs-Lieutenants Marolles in guter Ordnung ausgeführt. Die Gesammt— verluste auf französischer Seite betragen: 4 Offiziere, 11 Soldaten, 18 Matrosen todt, 7 Offiziere, 24 Matrosen, 20 Soldaten verwundet. Es gelang, sämmtliche Verwundeten nach Hanoi zurückzuschaffen, die Gefallenen aber mußten
auf dem Gefechtplatze zurückgelassen werden. Der Feind
verlor 113 Mann. — Die Lage in Hanoi ist eine heruhi⸗ gende, der Geist der dortigen Truppen ist vorzüglich, und die Verbindungen mit Haiphong frei. Die ersten aus 2 Com- pagnien bestehenden Verstärkungen sind am 27. Mai von Haiphong nach Hanoi abgegangen; ein Bataillon und eine Batterie Geschütze hat Saigun am 26. Mai verlassen und sollte am 30. Mai in Hanoi ankommen. Der Kommandant von Namdinh telegraphirt, er sei in der Lage, jeden Angriff zurückzuweisen.
— 5. Juni, Abends. (W. T. B.) Dem „Temps“ zufolge ist der dem ersten algerischen Tirailleur-RRegiment ertheilte Befehl, sich bereit zu halten, um nach Tonkin ab— zugehen, eine reine Vorsichtsmaßregel. — Die Truppen— abtheilung des Obersten Desbordes, welche am 29. April von dem Fort Bamaku am Senegal abmarschirt war, ist am 17. Mal in Badombe bei Bafoulabe ein— getroffen. — Nach Nachrichten aus Saigun vom 5. d. M. sind dort beruhigende Meldungen aus Tonkin eingetroffen. In Hanoi herrscht Ruhe. Namdinh wurde zwar angegriffen, erhielt aber Unterstützung; irgend welche andere militärische Operation hat nicht stattgefunden.
Der Bischof Freppel wird am Donnerstag den Mi⸗ nister des Innern über die neue Versiegelung der Kapelle der Abtei von Solesmes interpelliren.
— Die „République frangaise“ giebt zwei Skizzen vom Kriegsschauplatze in Ton kin nebst einigen Erläute⸗ rungen. Die Franzosen haben danach die drei Festungsanlagen, welche am Delta des Rothen Flusses ein Dreieck bilden (Hanoi an der Spitze, Namdinh am rechten, Hai⸗Phong am linken Schenkel) besetzt. Das Geschwader Meyers liegt vor Hai—⸗ Phong, eine Abtheilung von 200 —-300 Mann steht in Nam— dinh, das ein kleines viereckiges Fort hat, und in Hanoi stehen gegenwärtig 800— 900 Mann, zu denen
die von Cochinchina herzueilenden Verstärkungen stoßen werden. Hanoi hat runde 100 000, Nam⸗dinh 50 909, Hai⸗Phong, das etwa 600 70 m vom Flusse liegt, 25 - 30 000 Einwohner. Bei Hong⸗Yen hat der Roihe Fluß eine Breite von 1000 = 1500 m, aber das Bett ist so versandet, daß die Schiffahrt sehr schwierig ist. Hanoi besteht aus der Handelsstadt, die sich 2 km auf dem rechten Ufer ausdehnt und sich nach Norden um 1 km ausbreitet, und der Citadelle, die ein Viereck von 3500 m Umfang nach Vaubanschem System bildet, hreite Gräben hat, die aber an vielen Punkten fast wasserleer sind. Der Sitz des anamitischen Kriegsmandarinen ist Sonttai am rechten Ufer des Rothen Flusses, mit 15 000 Einwohnern und einer Cidatelle, einem Viereck von 500 m auf jeder Seite. Juang-JYen ist unbedeu⸗ tend als Ort und das Fort sehr klein.
Türkei. (W. T. B.) Wie der „Politischen Correspon⸗ denz“ aus Skut ari, vom 5. d. M., gemeldet wird, haben Räuber eine Barke mit Provision, für die türkische Garnison zu Tusi bestimmt, abgefangen und die beiden begleitenden Soldaten entwaffnet. Der Telegraph zwischen Skutari und Tusi sei unterbrochen, und es gehe das Gerücht, die Bergstämme hätten die Garnison von Tusi entwaffnet und sich der Munition und Geschütze bemächtigt. Der Kommandant von Skutari sei am 2. d. M. mit 6 Bataillonen und mehre— ren Geschützen nach Tusi abgegangen und habe eine aus Skutareser Notabeln bestehende Deputation vorausgeschickt, um freien Durchzug durch das Gebiet der Bergbewohner zu er⸗ wirken. Die türkische Bevölkerung und die Gensd'armerie von Skutari träfen Vorbereitungen zu einer eventuellen Unter— stützung der Truppen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 5. Juni. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg'“ sagt: Die Moskauer Krönungsfeierlichkeiten nahten ihrem Ende; ohne Zweifel ließen dieselben unauslöschliche Souren in der russischen Nation zurück. Die Feier sei eine religiöse, dynastische und zugleich national populäre gewesen. Mitten im Glanze der Feste hätten sich Großthaten vollzogen, welche tiefe Wirkungen hervorbringen würden. Das Kaiser⸗ liche Manifest habe Tausende von Verirrten ihren Familien zurückgegeben und den ärmeren Volksklassen erhebliche Steuererlässe gewährt. Von höchster politischer Bedeutung sei der Brief des Kaisers an den Präsidenten des Reichs— raths, Großfürsten Michael, welcher ein Erogramm fruchtbarer gesetzgeberischer Thätigkeit für das Gesammt⸗ leben der Nation aufstelle. Die Betonung der Friedenspolitik des Kaisers, der Ukas betreffend die Sektirer, die Eatschä— digung der Grundbesitzer für ihre Verluste, die definitive Kon⸗ stituirung der Freiheit der Bauern, die Worte des Kaisers an die Vorsteher der Landgemeinden und die Adelsmarschälle be⸗ lundeten das Bestreben nach Herstell ung liebevoller Beziehungen zwischen Monarchen und Unterthanen und den festen Entschluß, Gerechtigkeit zu üben und die Irreführung der Bevölkerung zu verhindern, welche durch lügenhafte Versprechungen zum Klassenhaß gereizt werde. Nur eine starke Regierung, in der der Kaiser die Macht hat und die Unterthanen ihm in Liebe und Vertrauen entgegenkommen, könne an die Lösung der großen Probleme gehen. Nur eine solche Regierung könne eine Totalordnung in Angriff nehmen und brauche vor keiner Freiheitsgewährung zurückzuschrecken; die Worte des Kaisers, die Wünsche des Adels und des Volkes ließen das Verlangen nach Frieden und Ruhe erkennen. Das Kaiserliche Schrei⸗ ben an den Minister des Auswärtigen, von Giers, sei ein vollendetes Friedensprogramm, mit dem das russische Volk sympathisire. Das russische Volk gehe aus den Feést⸗ lichkeiten geeinigter denn jemals hervor; es wisse, daß der Be— ginn der Aera der fruchtbaren Arbeit und der zukünftigen Größe in der festen Hand eines Monarchen ruhe, welcher ein Feind aller Phrasen und Illusionen sei, und welcher sich dem Glücke der Millionen seiner Unterthanen gewidmet habe. — Das Journal wendet sich gleichzeitig gegen die neuerlichen Behauptungen des „Temps“ über aggressivo Tendenzen Rußlands in Armenien und bemerkt: diese Behauptungen seien grundlos, die angebliche Ansammlung von russischen Truppen an der armenischen Grenze sei eine alte Fabel. Der Sultan kenne die Grundlosigkeit solcher Gerüchte; Rußland beabsichtige keine Ausdehnung. Die Kaiserliche Politik sei von dem Wunsche beseelt, daß die Reformen in der Türkei aus— geführt würden und werde im Einvernehmen mit den Groß— mächten handeln.
Afrika. Madogascar. (Allg. Corr.) Ein Reutersches Telegramm meldet aus Tamatave unterm 18. d.:
„Die Situation ift eine sehr ernste geworden. Es sind hier Nachrichten angelangt, welche besagen, daß die Franzosen die Hafen städte Amaransangana und Passandava an der von ihnen bean— spruchten Nordwestküste bombardirt haben. Durch die Be—⸗ schiehung wurde eine große Menge bhritischer und anderer fremd ländischer Kaufmannsgüter zerstört. Die Handlungsweise der Franzosen hat in Madagascar die größte Aufregung hervorgerufen. Admiral Pierre, der Befehlshaber der französischen Flotte, wird demnächst hier erwartet; man glaubt jedoch nicht, daß er ein Ultimatum überreichen werde. Das französische Kriegsschiff Forfait“ und die britische Schalupp? . Dryad‘ haben den hiesigen Dafen verlassen. Die Malagassen beeilen sich, alle militärischen Vor⸗ bereitungen zu treffen, und die Regierung hat den Entschluß ver— kündigt, den Angriff der Franzosen mit Waffengewalt abzu⸗ wehren. In der Hauptstadt Antananarivo ist, wie berichtet wird, Alles ruhig“. . =
Der in Tamatave weilende Spezialkorrespondent des „Standard“ telegraphirt seinem Blatte unterm 19. Mai:
„Der „Argo“ ist hier von Nossi Bé angekommen und überbringt die Meldung, daß die Franzosen die Feindseligkeiten in der Passan⸗ dava⸗Bai begonnen haben. Es verlautet, daß sie sämmtliche Städte dieser Küste zerstört haben, Mojanga wurde mehrere Stunden hin⸗ durch bombardirt. Die Hova⸗Garnison vertheidigte den Platz mit vieler Tapferkeit und Entschlossenheit, aber war außer Stande, dem Feuer der französischen Flotte irgend einen wirksamen Widerstand zu leisten, und nach Verlauf von zwei Stunden räumte sie die Stadt, nachdem sie empfindliche Verluste er litten. Sehr viel Eigenthum britischer Unterthanen und Kaufleute anderer Nationalitäten wurde zerstört. Die Meldung hat hier große Aufregung erzeugt, und die Kaufleute senden ihre Waaren so rasch als möglich in das Inneres da sie fürchten, die Franzosen dürften auch Tamatave beschießen. Die Ankunft der französischen Flotte wird morgen erwartet!.
Ein Reutersches Telegramm aus Tamatave meldet die daselbst am 9. Mai erfolgte Ankunft des französischen Kommissars und Konsuls Baudais.