1883 / 145 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jun 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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bisherige Amterichter Wodtcke aus Margonin bei dem Amts⸗ gericht in Havelberg und der Gerichtsassessor Mohrmann bei dem Amtsgericht in Hameln. n

Der Ober⸗Landesgerichte⸗Rath Hübener in Posen, der Amtsgerichts Rath Stache in Zabrz: und der Rechtsanwalt und Rotar Wiese in Mülheim a. d. Ruhr sind gestorben.

Bekanntmachung.

Die Prüfung für den Unterricht in weiblichen Hand⸗ arbeiten wird in Berlin vom 10. September d. Is. ab statt⸗ finden. Das Nähere enthalten die Amtsblätter der Königlichen Regierungen zu Potsdam und Frankfurt a. O. und das hiesige Intelligenzblatt.

Berlin, den 19. Juni 1883. .

Königliches , i x.

Per sonalver änderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 14. Juni. v. Massow, Gen. Tt. von der Armee und Gouverneur der Festung Ulm, unter Entbind. von dieser Stellung, zum Gouverneur der Festung Straßburg i. E., v. Hartmann, Gen. Lt. und Direktor des Departements für das Invalidenwesen im Kriegs Ministerium, unter Versetzung zu den Sffizn. von der Armee, zum Gouverneur der Festung Ulm auf beiden Donauufern, v. Grolman, Gen. Major und Commandeur der 55. Infanterie⸗Brigade, zum Direktor des Departements für das Invalidenwesen im Kriegs⸗Ministerium, ernannt. Frhr. Roeder v. Diers burg, Oberst und Commandeur des Inf. Regts. Nr. 111, unter Stellung à la suite dieses Regiments, mit der Füh⸗ rung der 55. Inf. Brig. beauftragt. v. Ja hn, Oberst-Lt. vom Inf. Regt. Nr. 22, zum Commandeur des Inf. Regts. Nr. 111, Mund, Major vom Inf. Regt. Nr. 22, zum etatsmäß. Stabsoffiz. ernannt. . v. Seckendorff, Hauptm., bisher Comp. Chef, von demselb.

egt., zum überzähl. Major befördert. Wett stein, Hauptm. à la snite des Inf. Regts. Nr. 30 und Platzmajor in Metz, als Comp. Chef in das Inf. Regt. Nr. 27 versetzt. Spangenberg, Major von der Armee, unter Entbindung von dem Kommando zur Dienst— leistung bei der Eisenbahn-Abtheilung des Großen Generalstahes, zum Platzmajor in Metz ernannt. Graf zu Stolberg-⸗Roßla, Sec. Lt. à la suite des 1. Garde⸗Drag. Regts,, in das Kür. Regt. Nr. 7 einrangirt. v. Baver⸗Ebhbrenberg, Königl. Württemberg. Sec. Lt. 4. D., bisher im Ulan. Regt. Nr. 19, in der Preuß. Armee, und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent vom 12. Oktober 1875 bei dem Ulan. Regt. Nr. 3, angestellt.

Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 15. Juni. Jahn, Zeughauptm. vom Art. Depot in Breslau, zum Art. Depot in Königsberg, Fil tuner, Zeug⸗Pr. Lt. vom Art. Depot in Torgau, kommandirt in Wittenberg, zum Art. Depot in Breslau, Müller, Zeug⸗Pr. Lt. vom Art. Depot in Coblenz, zum Art. Depot in Torgau, unter Kommandirung nach Wittenberg, zur Verwalt. des Filial⸗Art. Depots daselbst, Müller, Zeug⸗Lt. von der Gewehr⸗ und Munitions—⸗ fabrik in Erfurt, zum Art. Depot in Coblenz, Beutler, Zeug— Hauptm. vom Art. Depot in Saarlouis, zum Art. Depot in Mainz, Violett, Zeug Pr. Lt. vom Art. Depot in Straßburg, kommandirt in Bitsch, zum Art. Depot in Saarlouis, versetzt. Münch, Zeug— PremierLieutenant vom Art. Depot in Straßburg, nach Bitsch jur Verwaltung des Filial-Artillerie-Depots hr eld kommandirt. Preis, Zeug⸗Lt. vom Art. Depot in Coblenz, zum Art. Depot in Straßburg. Böhm, Zeug -⸗»Hauptm. vom Art. Depot in Münster, zum Art. Depot in Coblenz, versetzt. Glimm, Zeug⸗Pr. Lt. vom Art. Depot in Münster, kommandirt in Minden, zum administrativen Mitglied des Art. Depots in Münster ernannt. Keck, Zeug⸗-Lt. vom Art. Depot in Cöln, zum Art. Depot in Münster, unter Kom⸗ mandirung nach Minden zur Verwaltung des Filial-Art. Depots da—⸗ selbst, Schmidt, Zeug⸗Lt. vom Art. Depot in Danzig, zum Art. Depot in Cöln, versetzt.

Herzoglich Braunschweigisches Kontingent.

4. Juni. Querner, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 92, die erbetene Verabschiedung aus dem aktiven Dienst und Uebertritt zu den Reserve⸗Offizn. des genannten Regts. bewilligt. 10. Juni. Franz, Pr. Lt. vom Hus. Regt. Nr. j7, zum Rittm. und Eéeadr. Chef, Unverdroß, Sec. Lt. von demselben Regt., zum Pr. Lt., befördert.

Aichtamtliches. Deuntsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Juni. Se. Maje stät der Kaiser und König empfingen gestern in Ems den Besuch Sr. Majestät des Königs von Dänemark, welcher, laut Melbung des W. T. B.“, Nachmittags 2B, Uhr mit— tels Sonderzuges von Coblenz kommend, daselbst eintraf. Der König, in dessen Begleitung sich Prinz Johann von Schleswig— Holstein, der Admiral Hedemann und der Adjutant Baron Güldencron besanden, wurde von Sr. Majestät dem Kaiser auf dem Bahnhofe empfangen und nach herzlichster Begrüßung in das Absteigequartier des Königs, das Hotel „Russischer Hof“ geleitet.

Abends trat Se. Majestät der König von Dänemark über Cöln die Rückreise an. Se. Majestät der Kaiser geleiteten den König bei der Abfahrt nach dem Bahnhofe.

An dem Diner bei Sr. Majestät dem Kaiser nahmen Se. Majestät der König von Dänemark, Prinz Johann von Schleswig⸗-Holstein, Prinz Nikolaus von Nassau, der griechische Gesandte Rangabé, der russische Gesandte in Rom, Baron Uexküll, und das dänische Gefolge theil.

Abends besuchten Se. Majestät die Theatervorstellung.

Heute Vormittag nahmen Allerhöchstdieselben nach der Brunnenkur die Vorträge des Hofmarschalls, Grafen Per⸗ poncher, und des Chefs des Militärkabinets, General-Lieute⸗ nants von Albedyll, entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing gestern in Coblenz den Besuch Sr. Majestät des Königs von Dänemark sowie Sr. Hoheit des Prinzen Johann von Schleswig-Holstein, welche mit Gefolge von Wiesbaden eintrafen und später nach Ems weiter reisten.

Die Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten gestern Sitzungen.

Heute traten die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen und sür Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen zu Sitzungen zusammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (83.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗-Präsident des Staats⸗ Ministeriums und Minister des Innern von Puttkamer, die Staats⸗Minister von Boetticher und von Goßler sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, zeigte der Abg. Hahn (Bromberg) an, daß er nebenamtlich bei der Deputation für das Heimaths⸗ wesen an seinem Amtswohnsitz ernannt worden sei. Er halte sein Mandat durch diese nur mit einer widerruflichen Remu—⸗ neration verbundene Ernennung nicht für erledigt. .

Das Schreiben wurde der Geschästsordnungskommission zur Berichterstattung überwiesen.

Hierauf erklärte der Präsident von Köller im Namen des Gesammtvorstandes, daß derselbe in dem Lesezimmer den Versuch elektrischer Beleuchtung gemacht habe. Da der Versuch sich bewährt habe, beabsichtige der Gesammtvorstand, diese elektrische Beleuchtung des Lesezimmers in der nächsten Session dauernd einzuführen. Die Kosten derselben würden sich auf 8750 S belaufen. Der Finanz⸗Minister habe sich damit einverstanden erklärt, daß die Ausgabe als eine außeretatsmäßige verrechnet werde. Da kein Widerspruch erfolge, nehme er an, daß das Haus diesem Vorschlage zustimme.

Der Abg. Berger ersuchte den Präsidenten, dem Hause noch vor Schluß der Session darüber eine Mittheilung zu machen, welche Schritte Seitens des Gesammtvorstandes und der Regierung geschehen seien, um mit der Errichtung eines neuen Dienstgebäudes für das Abgeordnetenhaus vorzugehen.

Der Präsident von Köller versprach, die gewünschte Mit— heilung in einer der nächsten Sitzungen zu machen.

Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung ein. Erster Gegenstand derselben war die Fortsetzung der zweiten Be— rathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze.

Die Debatte wurde zunächst eröffnet über den von der Kommission gestrichenen Art. 4 der Vorlage:

An die Stelle des 5. 16 im Gesetz vom 11. Mai 1873 (Gesetz⸗ Samml. S. 191) tritt nachfolgende Bestimmung:

Der Einspruch findet statt, wenn dafür erachtet wird, daß der Anzustellende aus einem Grunde, welcher dem bürzerlichen oder staatsbürgerlichen Gebiete angehört, für die Stelle nicht geeignet sei, insbesondere wenn seine Vorbildung den Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht.

Die Gründe für den Einspruch sind anzugeben.

Gegen die Einspruchserklärung kann innerhalb dreißig Tagen bei dem Minister der geistlichen Angelegenheiten Beschwerde er⸗ hoben werden, bei dessen Entscheidung es bewendet.

in Verbindung mit folgendem Antrage der Abgg. Dr. von Bitter und Gen.:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

I. 1) Zwischen Artikel 1 und 3 der Kommissionsbeschlüsse folgenden Artikel einzuschalten:

Artikel 2.

An die Stelle des §. 16 im Gesetze vom 11. Mai 1873 (Gesetz⸗Samml. S. 191) tritt nachfolgende Bestimmung: .

Der Einspruch findet statt, wenn dafür erachtet wird, daß der Anzustellende aus einem Grunde, welcher dem bürgerlichen oder staatsbürgerlichen Gebiete angehört, insbesondere, wenn seine Vor— bildung den Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht.

Die Gründe für den Einspruch sind anzugeben.

Gegen die Einspruchserklärung kann innerhalb dreißig Tagen bei dem Minister der geistlichen Angelegenheiten Beschwerde erho⸗ ben werden, bei dessen Entscheidung (es bewendet.

2) Den letzten Absatz des Artikels 3 zu streichen.

Nachdem der Abg. Francke sich für diesen Antrag ausge⸗ sprochen hatte, erklärte der Abg. von Wedell⸗Piesdorf, daß seine Partei den materiellen Inhalt des Art. 4 billige, aber er glaube, daß die von der Kommission be— schlossene Fassung des Art. 3 dasselbe erreiche Was

seine Freunde für nothwendig hielten in Bezug

auf das Einspruchsrecht des Staates, das würden sie aufrecht erhalten auch ohne Art. 4. Sie wollten aber nicht die Ver— antwortung dafür tragen, daß an diesem Art. 4 das ganze Gesetz scheiteŕ. Die Antragsteller bitte er, sich durch die wahr— scheinliche Ablehnung ihres Antrags nicht bei der Abstimm— mung üher das ganze Gesetz beeinflussen zu lassen.

Der Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch begründete den von ihm mitunterzeichneten Antrag von Bitter. Man müsse gegen die täglich steigende klerikale Fluthwelle einen Damm errichten, sonst würde das Staateschiff in Strömungen gerathen, wo es seinen Leitern nicht mehr gehorche. Es könnte dahin kommen, daß der Regierung eine liberale Mehrheit als das kleinere Uebel erscheinen würde. Ein solcher Damm solle der wieder aufgenommene Art. 4 der Vorlage sein. Ob an dem Art. 4 das ganze Gesetz scheitern werde, sei doch noch nicht gewiß; der Abg. Windthorst werde sich sehr bedenken, das Zußandekommen des Gesetzes zu verhindern.

Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum erklärte, daß seine Partei gegen den Antrag Zedlitz stimmen werde. Dasselbe

erklärte im Namen seiner Freunde der Abg. Büchtemann, da!

dieselben das diskretionäre Ermessen der Regierung nicht ver— stärken wollten; sie würden aber auch gegen Art. 3 der Kom— missionsbeschlüsse stimmen und lieber den bisherigen Zustand bestehen lassen.

Der Staats Minister von Goßler erklärte, daß nach seinen Ausführungen in der Kommission unzweifelhaft der Art. 4 für die Regierung das Wunschentwertheste sei, doch werde dieselbe aus der Annahme der Kommissionsbeschlüsse keinen Anlaß hernehmen, den Gesammtbeschlüssen des Hauses einen entscheidenden Widerspruch entgegenzusetzen. Daß der Antrag von Zedlitz materiell den Vorzug vor den Kommissions— beschlüssen verdiene, habe außer dem Letzten kein Redner be— zweifelt. Daß die Regierungsvorlage noch weiter gehe als der §. 16 des Gesetzes vom Mai 1873, sei ein unverdienter Vor⸗ wurf. Der eine Fall, der auf Grund des §. 16 des Gesetzes von 1873 vor den kirchlichen Gerichtshof gelangt sei, habe ihn überzeugt, daß es nicht angehe, diese Fälle einem Ver⸗ waltungsgericht zu übertragen. Es handele sich um die Prü⸗ fung, ob ein bestimmter Geistlicher nach seinem ganzen Ver⸗ halten dem Staat gegenüber im Interesse des öffentlichen Friedens von einer bestimmten Stelle fern zu halten sei. Dazu gehöre eine Rücksichtnahme auf Ort und Zeit. Das Wesentliche des Gesetzes liege im Art. 1. Wenn man diesem beistimme, könne man über die anderen Artikel unbe— denklicher hinweggehen.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte dem Abg. von Zedlitz, daß er dem Art. 4 niemals hätte zustimmen können. Er bitte, die Kommissionsvorschläge zum Zeichen und zur För⸗— derung des Friedens anzunehmen.

Hierauf wurde die Debatte geschlossen. Unter . des Antrages von Zedlitz wurde Art. 3 der Kommissions⸗ beschlüsse genehmigt; desgleichen ohne Debatte der Rest des Gesetzentwurfs unverändert nach den Vorschlägen der Kom⸗ mission.

Hierauf wurde in erster und zweiter Berathung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausübung des dem Staate zustehenden Stimmrechts bei dem Antrage auf Aus⸗ dehnung des Unternehmens der Westholsteinischen Eisenbahngesellschaft auf den Bau und Betrieb einer ne man von Wesselburen nach Büsum ohne Diskussion er⸗ edigt.

Sodann wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die Behandlung der Schulversäumnisse, bei §. 4 fortgesetzt.

Die 85. 4— 8 wurden ohne Debatte genehmigt. 5. 9 lautet nach dem Vorschlage der Kommission:

Die Geldstrafen fließen denjenigen Verbänden zu, welchen die Unterhaltung der Schule obliegt.

Hierzu beantragte der Abg. Drawe die von der Kom⸗ mission gestrichenen Worte „Von diesen Verbänden sind die nicht einziehbaren Kosten des polizeilichen Straf- und Zwangs— verfahren zu bestreiten“, wiederherzustellen.“

Der Abg. Bohtz beantragte, den 8. 9 zu streichen.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) wünschte, daß dieser Fonds zur Anschaffung von Schulprämien verwendet würde.

Nachdem die Abgg. von Wedell Piesdorf, Dr. Köhler und der Regierungskommissar Regierungs Rath Dr. Kügler für die Fassung der Kommission eingetreten waren, wurde dieselbe angenommen; ebenso ohne Debatte der Rest des Gesetzes.

Schluß UM Uhr. (Nächste Sitzung Montag 9 Uhr.)

Nach Mittheilungen aus dem Auslande sind folgende Submissionen ausgeschrieben worden:

1) von der Territorial Artillerie⸗Direktion zu Genua für den 2. Juli d. J. bis Nachmittags A Uhr eine Sub— mission auf Lieferung von Werkholz im Betrage von 17 228,50 Lire, sowie verschiedene Metallplatten,⸗Stäbe und Drähte im Betrag von 1019410 Lire;

2) von der Artillerie⸗Direktion der Gießerei zu Gen ua für den 11. Juli d. J. bis Nachmittags 3 Uhr eine Sub⸗— mission auf Lieferung von Segeltuch im Betrage von 20 150 Lire.

Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.

Die Feststellungen der den Zeugen und Sachver— ständigen zu gewährenden Beträge erfolgen bei den Gerichten des nämlichen Bezirks und selbst bei einem und demselben Gerichte vielfach nach verschiedenen Unterlagen und Grundsätzen. Um in dieser Hinsicht ein einheitlicheres Ver— fahren herbeizuführen, hat der Justiz-Minister durch eine All— gemeine Verfügung vom 15. d. M. die nachstehenden Anord⸗ nungen getroffen: 1) Die Berechnung der Gebühren der Zeugen und Sachyerständigen ist nur einem Gerichts— schreiber, bei größeren Gerichten nur einigen Gerichtsschreibern zu übertragen. 2) Bei den Landgerichten und Amtsgerichten sind, soweit dies ohne besondere Kosten geschehen kann, über die Entfernungen der zu dem Bezirke gehörigen Orte vom Sitze des Gerichts Tabellen anzulegen. 3) Für jedes Gericht oder für mehrere Gerichte, in welchen die Verhältnisse im Wesentlichen gleich liegen, sind über die Entschädigungen, welche den Zeugen je nach ihrer Zugehörigkeit zu ver⸗ schiedenen Erwerbs⸗-Klassen oder Gruppen als Erwerbs⸗ versäumniß, und über die Vergütungen, welche den verschie— denen Arten von Sachverständigen für ihre Leistungen zu gewähren sind, sowie über die den Zeugen und Sachverständigen zu bewilligenden Aufwandsentschädigungen Tarife aufzustellen. 4) Die Präsidenten der Ober-Landes— gerichte haben die zur Ausführung der vorstehenden Vor— schriften erforderlichen Anordnungen zu erlassen und die Ta⸗ rife (Ne. 3) festzustellen. 5) Die Gerichtsschreiber dürfen bei der Berechnung der den Zeugen und Sachverständigen zu ge— währenden Beträge von den durch die Entfernungstabelle und den Tarif gegebenen Grundlagen nur abweichen, soweit die Abweichung durch den die Liquidation festsetzenden Richter angeordnet wird. Ist eine solche Anordnung getroffen, so hat der Gerichtsschreiber dies auf der Liquidation kurz zu bemerken.

Der 5. 14 des preußischen Gesetzes vom 24. Mai 1861, nach welchem das Strafverfahren in Stempel defrau⸗ dationsfachen auszusetzen und eine Frist zur Entscheidung der Frage der Stempelpflichtigkeit durch den Civilrichter gestellt werden soll, wenn der Defraudant den Einwand erhebt, daß er zur Zahlung der Steuer nicht verpflichtet sei, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 24 April 3. J, durch §. 261 der Stra fprozeßordnung aufgehoben. Das Strafgericht kann, diesem Urtheil zufolge, nach seiner Wahl entweder selbst über das streitige bürgerliche Rechts vverhältniß entscheiden oder die Untersuchung aussetzen und einem der Betheiligten zur Erhebung der Civilklage eine Frist bestimmen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial-Rath Herrmann ist von hler abgereist.

Hessen. Darmstadt, 21. Juni. Wie die „D. Ztg.“ meldet, wird die Erste Kammer der Stände nicht in der ersten, sondern erst in der zweiten Woche des Juli zur Erle— digung der Sekundärbahn-Vorlage und einiger anderer dring— licher Gegenstände zusammentreten.

Sachsen Weimar⸗Eisenach. Weimar, 22. Juni. (Th. Corr) Der Großherzog und die Großherzogin feiern am 24. den Geburtstag des Großherzogs in der Stille in Dornburg. Wenige Tage später begiebt sich die Groñß⸗ herzogin in die Provinz Posen auf ihre dortigen Güter.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 22. Juni. Der „Wiener Ztg.“ wird aus Isch! unter dem 19. geschrieben: Seit heute weht die schwarzgelbe Flagge auf der Kaiservilla zum Zeichen der Anwesenheit des Hofes. Unter Kälte und Regen, bei schlechtem Wetter langte der um 3 Uhr 22 Minuten von Attnang eintreffende Personenzug an, und ehrfurchtsvoll be⸗ grüßt vom Bezirkshauptmann Ritter von Raab, Bürgermeister Koch, mehreren Gemein deausschüssen und dem Salinen verwalter, entstieg der Kaiser dem Hofwaggon, dankte leutselig den empfangenden Deputationsmitgliedern und fuhr dann mittelst Hofequipage in die Kaiservilla. Kurz vor 8 Uhr Morgens fuhr Se. Majestät in geschlossener Hofequipage allein zum Bahnhofe und verweilte im Hofwartesalon so lange, bis der via Sinbach-Ried⸗-Attnang kommende Separathofzug eintraf,

dem die Kalserin und die Erzherzogin Marie Valerie ent⸗ stiegen. Von dem trotz des strömenden Regens versammelten Publikum ehrerbietigst begrüßt, fuhren die Majestäten sodann nach der Kaiservilla.

(Pr.) Fürst Nikolaus von Montenegro ist vor⸗ gestern Abend in Begleitung seines Ministers Bozo Petrovies mit . Courierzuge der Westbahnßn von hier nach Paris ab⸗ gereist.

Triest, 21. Juni. (Pr.) Die englischen Schiffe „Monarch“, „Inflexible“, „Carisford“ und „Decoy“ haben die Rhede verlassen. Das englische Kasemattschiff „Superb“ ist aus Pola hier angelangt.

Belgien. Brüssel, 21. Juni. (Köln. Itg.) Die Reprasentantenkammer hat heute das Budget der öffentlichen Arbeiten mit allen Stimmen der anwesenden Mitglieder angenommen. Der Antrag des Ministeriums auf Bewilligung eines Kredits zur Fortsetzung verschiedener öffent⸗ licher Bauten wurde nach lebhafter Berathung mit 50 Stimmen gegen 3 und 17 neutrale ebenfalls angenommen. Der Justiz-Minister theilte mit, daß er jetzt im Besitz der Be⸗ rechnung über die schließlichen Gesammtkosten des Justiz— palastes sei; dieses kolossale Gebäude wird 43 679 000 Fr. kosten, das ist mehr als das Doppelte des ursprünglichen An— schlags. Es ward noch eine Million darüber verlangt, die Kammer aber bewilligte nur einen Zuschuß von einer halben Million zu den Spezialkrediten.

Großbritannien und Irland. London, 21. Juni. (Allg. Corr) Der 47. Jahrestag der Thron⸗ besteigung der Königin Victoria wurde gestern im ganzen Lande durch Festgeläute, Salutschüsse und Truppen— paraden gefeiert.

Die Arbeiten des Parlaments schreiten äußerst lang— sam vorwärts und geben Grund zu der Befürchtung, daß die Session von 1883 in legislatorischer Beziehung abermals zu den unfruchtbaren Jahrgängen zu zählen sein wird. Von den wichtigeren Regierungsvorlagen hat bieher, wenn man von dem in einer Sitzung erledigten „Sprengstoffgesetz“ absieht, noch keine einzige beide Häuser des Parlaments passirt, und die Budget-Voranschläge harren noch immer der Erledigung durch den Geldbewilligungsausschuß. Die Regierung wird sich unter diesen Umständen gezwungen sehen, die zur Berathung der von Abgeordneten eingebrachten Bills bestimmten Tage auch noch für sich in Anspruch zu nehmen, und Mr. Glad— stone dürfte demnächst einen diesbezüglichen Antrag ein— bringen, der kaum einer namhaften Opposition begegnen wird.

Die Rundreise des Vize⸗Königs von Irland kam gestern zum erfolgreichen Abschluß. In Armagh wurde ihm noch ein festlicher Empfang bereitet und eine Loyalitäts— adresse überreicht. Die Bevölkerung war aus dem ganzen Bezirk zusammengeströOmnt und begrüßte Earl Spencer bei seinem Erscheinen mit lebhaften Hochrufen.

22. Juni. (W. T. B) Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Shanghai, vom 22. d. M. sollen die Differenzen zwischen China und Frankreich be⸗ züglich Tonkins in freundschaftlicher Weise beigelegt worden sein. Li Hung Chang, welcher die Verhandlungen mit Tricou führte, werde sofort nach Peking abgehen.

Frankreich. Paris, 22. Juni. (W. T. B.) Der chinesische Gesandte Marquis Tseng reist morgen nach London ab. Der „Agence Havas“ zufolge soll der Reise keine politische Bedeutung zu Grunde liegen; der Gesandte, der gleichzeitig in London und Paris akkreditirt ist, wolle vielmehr lediglich seine Familie in London besuchen und würde bereits früher dorthin abgereist sein, wenn er nicht auf die Audienz mit dem Minister-Präsidenten Ferry gewartet hätte; die Unterredung mit dem— selben hebe einen günstigen Eindruck auf den Gesandten ge— macht. Lion, der Schwager des Marquis Tseng, bleibe in Paris mit der Leitung der Gesandtschaftsgeschäfte betraut, wie er es während der Reise Tsengs nach Moskau gewesen sei. Lion erklarte heute einem Redacteur des „Temps“, daß alle Verhandlungen in Shanghai zwischen dem französischen Gesandten Tricou und Li Hung Chang geführt würden. Der „Temps“ meint, Marquis Tseng habe bis jetzt keine genauen Instruktionen erhalten, welche ihn ermächtigten, auf einer be⸗ stimmten Basis für das Einvernehmen mit Frankreich zu unterhandeln. Seine Mission bestehe darin, in Peking auf Vorgänge aufmerksam zu machen, welche für die Dispositionen der chinesischen Regierung von Einfluß sein könnten.

Nach Meldungen aus Tonkin, vom 12. d. M., sind da⸗ selbst keinerlei weitere Feindseligkeiten vorgefallen. General Bouet ist mit der Organisation der Truppen beschäftigt, nach deren Beendigung die Operationen beginnen werden. Der Gesundheitszastand ist vortrefflich.

Die madagassischen Gesandten sind gestern Abend abgereist.

Vor dem Schwurgerichtshof des Seine-Departe—⸗ ments wurde heute die Verhandlung in dem Prozesse gegen Louise Michel und deren Komplizen fortgesetzt. Mehrere als Zeugen vernommene Soldaten sagten aus, daß sie Bro— schüren erhalten hätten, in welchen zur Brandlegung in den ö und zur Ermordung der Offiziere aufgefordert wor— en sei.

Bei einem Banket der Gesellschaft für Elektro— technik erklärte Herr von Lesseps: er hoffe, daß in nicht weiter Ferne das elektrische Licht den Suez⸗-Kanal auch während der Nacht passirbar machen werde. Er betonte von Neuem die Nothwendigkeit eines zweiten Kanals und theilte mit, daß er soeben mit dem englischen Botschafter, Lord Lyons, eine sehr befriedigende Unterredung gehabt habe. Die englische Regierung billige durchaus die Haltung der Suez⸗Kanal⸗Gesellschaft und theile die von John Bright jüngst zu Birmingham in dieser Frage ausgesprochenen Ansichten; die ganze Agitation sei eine künstliche. Der zweite Kanal werde ungefähr 150 Millionen Franes kosten.

Portugal. Lissabon, 20. Juni. (Allg. Corr.) Das portugiesische Kanonenboot „Rio Ave“ sollte am 1. d. von St. Thomas nach Whydah abgehen. Der König von Dahomey bedroht die portugiesische Besatzung und Festung in St. Jean Baptista de Ajuda, welcher Ort im Territorium Whydah gelegen ist.

Italien. Rom, 22. Juni. (W. T. B.) Die Krö—⸗ nungsbotschaft des Papstes wird morgen von St. Petersburg nach, Warschau abreisen. Der frühere Erz⸗ bischof Felinski verläßt morgen Rom, um sich nach Galizien zu begeben.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Vormittag in Peterhof eine Deputation der Moskauer Deutschen, welche ihm eine Ergebenheitsadresse überreichten. Der Kaiser unterhielt sich in der huldvollsten Weise mit den Mitgliedern der Deputation in deutscher Sprache, dankte für die ihm aus⸗ gesprochenen Gesinnungen und gab dann der Bewunderung der kunstvollen, von Professor Skarbina gemalten Adresse Ausdruck. Nach der Audienz wurde für die Deputation ein De jeuner servirt.

23. Juni. (W. T. B.) Heute treffen die Kaiser⸗ lichen Regalien aus Moskau hier ein und werden in feierlicher Weise nach dem von dem Kaiser bestätigten Cere⸗ maniell nach dem Winterpalais übergeführt. Der fran— n. Krönungsbotschafter Waddington ist gestern ab— gereist.

Zeitungõstimmen.

Mit Bezug auf die Aeußerung, welche Mr. John Bright kürzlich in einer zu Birmingham gehaltenen Rede gethan hat: das Schutzzollsystem werde nicht ermangeln, auf die Industrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika binnen wenigen Jahren eine große Krise heraufzubeschwören, bemerken die „Berliner politischen Nachrichten“:

Da ist ein kanadisches Blatt, der Ottawa Citizen“, der Gelegen— heit zum Studiren der benachbarten Union in Hülle und Fülle hat, und den Herren Freihändlern in London ungeschminkte Wahrheiten sagt. Der „Ottawa Citizen“ konstatirt also, daß die unter schutz⸗ zöllnerischem Regime emporgekommene und festgegründete Manufaktur der nordamerikanischen Union die britischen Manufakturen reißend schnell von den Märkten des Mutterlandes sowohl wie der Kolonien wie auch stellenweise des Auslandes verdrängt:

„Innerhalb der letztes zwei oder drei Jahre schreibt der, Ottawa Citizen“ ist diese Tharsache dem britischen Produzenten sehr ein— dringlich zu Gemüthe geführt worden, indem sich herausstellt, daß die Erzeugnisse der Länder mit schutzzöllnerischer Politik den Platz jener einnehmen, die aus britischen Faktoreien herrühren. Eine Folge dieses Standes der Dinge war es, daß die „Fair Trade⸗Bewegung“ in England inaugurirt wurde, welche bezweckte, dem heimischen Manu— fakturisten ehrliches Spiel (fair play) zu sichern, wofür unter dem jetzt herrschenden einseitigen Freihandelssystem kein Raum vorhanden ist. Die Aussichten auf weiteres Vordringen der Freihandelsprinzipien sind heutigen Tages alles andere eher denn glänzend und diese Thatsache drängt sich selbst den hervorragendsten Politikern des einzigen Freihandelslandes der Welt auf, das diesen Namen mit Recht führt. Die sanguinischen Prophezeihungen des Herrn Cobden, Bright und anderer Freihandels—⸗ apostel, welche binnen zehn Jahren von dem Zeitpunkte ihrer Ver— kündigung an gerechnet in Erfüllung gehen sollten, bleiben auf sich beruhen, aber nirgends sind Anzeichen wahrnehmbar, daß die holdesten Träume politischer Hoffnungsfülle der Leiter der Bewegung innerhalb der nächsten hundert Jahre sich verwirklichen werden. Wie Jeder— mann weiß, befolgte England selber solange eine schutzzöllne— rische Politik, als seine Industriezweige so weit herangewachsen waren, daß ein Wechsel des Systems lohnend wurde, und wenn andere Länder, ihren eigenen Interessen entsprechend, Englands Beispiel nachahmen, so sollten englische Politiker die letzten sein, dies zu tadeln. Der Erfolg der Schutzzollpolitik in den Vereinigten Staaten steht außer Frage Ihr hauptsächlichst ist zu danken, daß der Mauufakturist nicht nur in den Stand gesetzt wurde, in vieler Hinsicht den heimischen Markt zu versorgen, sondern auch mit seinen Waaren außer Landes zu gehen und festen Fuß auf Märkten zu fassen, wo er vordem ein Fremdling war.“

Soweit die Ausführungen des britisch⸗kanadischen Blattes, dem man gewiß keine Voreingenommenheit zu Gunsten eines fremden Staatswesens nachsagen wird. Wenn wir dieselben hier in extenso reproduziren, so geschieht es wahrlich nicht um der schönen Augen Mr. Brights willen, sondern deshalb, weil es gegenüber den Ver— dunkelungsbestrebungen unserer raterländischen, dem Cobdenklub affiliirten Interessenten uns als patriotische Pflicht erscheint, überall die Thatsachen ans Licht zu ziehen, welche darthun, wie unhaltbar und trügerisch die Argumente sind, die von einer wenig skrupulösen Opposition gegen die nationale Wirthschaftspolitik der Reichsregierung ins Feld geführt werden.

Die „Deutsche Uhrmacher-Zeitung“ schreibt zur dritten Lesung der Novelle zur Gewerbeordnung:

Bezugnehmend auf unsere Auseinandersetzungen in Nr. ) der Zeitung freuen wir uns aufrichtig, unsern Kollegen nun mittheilen zu können, daß das bei der Abänderung der Gewerbeordnung von der Regierung beantragte Verbot des Hausirens mit Taschenuhren vom Reichstage in seiner Sitzung vom 1. Juni in dritter Lesung end— gültig genehmigt worden ist. Wiederum war bei dieser Gelegenheit von Seiten der liberalen Partei der Versuch gemacht worden, die Taschenuhren sowie Gold⸗ und Silberwaaren von diesem Verbote zu befreien, aber glücklicherweise mit demselben Mißerfolge, wie bei der zweiten Lesung. . ..

Um nun aber jeder Umgehung des jetzt bestehenden Verbots des Hausirens mit Taschenuhren vorzubeugen, hat der Reichstag in seiner Sitzung vom 1. Juni einen weiteren Beschluß von großer Wichtigkeit gefaßt, der als eine unumgänglich nothwendige Ergänzung des ersten Beschluses betrachtet werden muß. Durch das obige Verbot würde es den betreffenden Persönlichkeiten allerdings für die Zukunft nicht mehr möglich sein, im Lande als Hausirer herum— wandernd, das Publikum beschwindeln zu können, aber die Gefahr lag dech sehr nahe, daß diese Leute das von ihnen so lange mit wesentlichem Erfolge behauptete Terrain jetzt nicht so bald aufgeben werden, ohne vorher alle möglichen Auekunftsmittel zu versuchen, die eine Umgehung des neuen Gesetzes und ihnen eine weitere Ausübung ihres sauberen Treibens möglich machen würden. Und hierfür dürfte sich ein sehr bequemer Ausweg gefunden haben. Die Herren hätten allerdings keine Hausirscheine zum Uhrenverkauf mehr bekommen, dafür hätten sie sich aber Legitimationsscheine als Handlungsreisende der Fabrikanten, von denen sie ihre Waaren be— ziehen, von der Behörde geben lassen, und sodann als angebliche Handlungsreisende ihr altes Handwerk nach wie vor betrieben und ungestört Uhren an Private verkauft.

Indem also sowohl dieser Antrag des Hrn. Abg. Ackermann in Ergänzung zu der Regierungsvorläge, als auch der frühere desselben Herrn Abgeordneten, betreffend das Verbot, Druckschriften u. s. w. mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen zu vertreiben, an— genommen wurde, ist ein Stand der Dinge geschaffen, wie er uns zur Gesundung der geschäftlichen Lage nur erwünscht sein konnte. Der Hausirhandel mit Taschenuhren, sowie der Colportagehandel mit Uhren aller Art ist vollständig abgeschafft, und es giebt keine Hinterthür, durch welche irgend Jemand es wagen dürfte hindurchzuschlüpfen, um die klar und bestimmt ausgesprochenen Bestimmungen des Gesetzes ungestraft zu umgehen. Wir sind dadurch an ein Ziel gelangt, nach dem wir lange gestrebt und für das wir unsere besten Kräfte einge⸗ setzt, weil wir sehr wohl erkannten, daß es sich hier um Lebens— fragen handele, von denen das Gedeihen unseres Gewerbes und ö eigenen Existenzbedingungen auf das Stärkste beinflußt winnen,

Der „Germania“ wird aus Cassel unter dem 18. Juni berichtet:

In der heutigen Sitzung der Generalversammlung deutscher Müller beschäftigte man sich zuerst mit den internen Verbands ange- legenheiten und nahm Kenntniß von dem Kassenberichte. Es wurde der Magdeburger Feuerversicherungsgesellschaft eine Erhöhung der zu zahlenden Prämien gewährt. Nach einem Vortrag über Elektrizität

nahm Herr Dr. Hahn das Wort, um die Versammlung aufzufordern, in seiner Eigenschaft als Vertreter der Magdeburger Feuerversiche⸗ lun n ge elfen diese in dem Kamxf gegen die hereinbrechende staatliche Versicherung zu unterstützen. Er protestirte gegen den In⸗ halt des Erlasses des Handels Ministers, in welchem die Behauptung aufgestellt sei, daß die Feuerversicherungs ˖Aktiengesellschaften die Ver⸗ sicherten durch ungerechtfertigte Prämien übervortheilten, und suchte mit Zahlen nachzuweisen, daß dieses durchaus nicht der Fall wäre. Als Beweis für die coulante Geschäftspraxis der Gesellschaften führte er die geringe Anzahl von Prozessen an, welche bei Brandschäden entständen. Die Feuerversicherungsgesell⸗ schaften kämpften jetzt für ihre Existenz, und man müsse um so mehr darin mit Energie vorgeben, als der Staat, wenn man ihn gewähren lasse, sich aller Gebiete bemächtige und für den Privaterwerb nichts mehr übrig ließe. Hr. Dr. Sellnik Leipzig warnte dringend vor einer Kundgebung zu Gunsten der Privatrersicherung, indem er die wohl⸗ thätige Wirksamkeit der staatlichen Versicherung im Königreich Sachsen beleuchtete und erklärte, daß diese die Versicherten weit billiger behandele. Die Verwaltungsunkosten seien bei den Gesellschaften viel zu groß, denn bei der Magdeburger be⸗ trügen dieselben z. B. 2506, und könne er daher durchaus nicht mißbilligen, daß der Reichskanzler darauf ausgehe, eine billigere Ver⸗ sicherung herbeizuführen. In einem kleinen Staate, wie Sachsen, sei solches ermöglicht worden, folglich könne auch in einem großen es geschehen. Inzwischen war ein Antrag eingebracht worden, der Magdeburger Feuerversicherungsgesellschaft das Zeugniß auszustellen, daß die langjährigen Beziehungen des Müllerverbandes zu ihr immer sehr befriedigende gewesen. Derselbe wurde angenommen Man betonte jedoch vorher, sich jeder Kundgebung gegen den Erlaß des Handels⸗-Ministers enthalten zu wollen. . . . .

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 34. Inhalt Verfügung vom 15. Juni 1383. Wirksamkeit der für die Angehörigen der Reichs ⸗Post« und Telegraphen verwaltung bestehenden Wohlthätig⸗ keits- 2c. Anstalten für das Etatsjahr 1882,83 bz. für das Kalender⸗ jahr 1882.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 25. Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 15. Juni 1883, betreffend die Uebersicht über die Thätigkeit der Schiedsmänner im Jahre 18382. Allgemeine Ver⸗— fügung vom 15. Juni 1883, betreffend die Berechnung der Gebühren der Zeugen und Sachverständigen. Allgemeine Verfügung vom 15. Juni 1883, betreffend die Erhaltung der Uebereinstimmung zwischen den Grundbüchern und dem Steuerkataster in der Provinz Schleswig-Holstein mit Ausschluß des Kreises Herzogthum Lauenburg. Allgemeine Verfügung vom 16. Juni 1883, betreffend die Aus⸗ führung der Zustellungen durch die Post. Allgemeine Verfügung vom 18. Jun! 1883, betreffend das Civilprozeßverfahren in Rußland.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 25. Inhalt: Amtliches: Cirkularerlasse vom 31. Mai und 9. Juni 1883. Personalnachrichten. Gutachten der Akademie des Bauwesens, be⸗ treffend den Entwurf zu einer neuen Packhofanlage in Berlin. Nichtamtliches: Das naturhistorische Museum in Genua. Der Panama⸗Kanal. (Schluß. Die elektrische Beleuchtung des Kgl. Residenztheaters in München. Ueber Ent- und Bewässerung der Marschen. (Schluß.) Einfluß der Ungleichmäßigkeit des Materiales auf die Tragfähigkeit gezogener Stäbe. Vermischtes: Ueber Farben⸗ blindheit. Ausgrabung römischer Thermen bei Trier. Preußisches Eisenbahnnetz. Die neue Sternwarte in Wien. Eisenbahn über das Eis. Leuchtthürme für elektrische Straßenbeleuchtung. Technische Hochschule in Darmstadt.

Statistische Nachrichten.

Nad: Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 10. Juni bis inkl. 16. Juni er. zur Anmeldung gekommen: 159 Ehe— schließungen, 819 Lebendgeborene, 22 Todtgeborene, 925 Sterbefälle.

Kunsft, Wissenschaft und Literatur.

56. Ausstellung der Königlichen Atademie der Künste IV. Unter den Landschaften vermissen wir den Namen des Meisters, der gewohnheitsgemäß den Katalog zu eröffnen pflegte, Andreas Achenbach; sein Bruder Oswald fehlt jedoch auch diesmal nicht mit einer seiner viel geschätzten italienischen Landschaften, welche die Engelsburg zum Gegenstande hat, ebensowenig Bellermann, mit einer jener zwar etwas archaisch, aber im idealen großen Styl behandel⸗ ten Tropenlandschaften, und Bennewitz von Loefen, der Maler un— serer Mark. Stimmungsvoll und poetisch sind zwei von Karl Buch⸗ holz in Ober-Weimar eingesandte Herbstlandschaften, deren eine dem Park zu Weimar entnommen ist. Die Engelhardt und Eschke machen, wie die doppelt vertretenen Namen beweisen, in ihrer Familie Schule, jener als trefflicher Hochgebirgs., dieser als nicht minder berufener Maler der Meeresufer und Hildebrandt'scher Beleuchtungseffekte. Von Albert Hertel sehen wir eine bewegte, nordische Strandseene mit Staffage, während uns Hochhaus mit einer Gewissenhaftigkeit, die der photographischen Aufnahme nahe kommt, das Leben der Unterspree schildert und damit schon in ein anderes Gebiet hinübergreift. Im Gegensatz zu diesem öden Alltagstreiben führt uns Carl Ludwig, der bewährte malerische Führer durch die Wunder der Hochgebirgsnatur, auf die sommergrünen Matten der Graubündtener Alpen, während August Leu einmal von dem Gebirge herabgestiegen ist und sein Motiv dem felsigen, sonnenbeglänzten Felseneiland von Capri entnahm. O. von Kameke dagegen und Marie von Keudell sind auf den Höhen der Berge geblieben, deren großartige Reize sie mit Virtuosität im Bilde festzuhalten verstehen. Von dem verstorbenen Adolf Lier sehen wir eine seiner melancholischen Moor-Landschaften aus der Gegend von Dachau, von Adolf von Meckel (Karlsruhe) mehrere groß aufgefaßte und mit überzeugender naturalistischer Treue ge—⸗ malte Ansichten aus Palästinnn und v—om Berninabach. Unter der Fülle von Namen, welche in dieser oder jener Hinsicht be⸗ merkenswerthe landschaftliche Gemälde ausgestellt haben, seien ferner noch genannt: Flamm, Flickel, Baron von Gleichen⸗Rußwurm (Wei mar), Gude, Hoffmann Fallersleben (Weimar), Hummel (Weimar), Julius Jakob (u. a. eine Studie aus Alt⸗Berlin), Julius von Klever (St. Petersburg), Ernst Körner, Lutteroth (Hamburg), Pape, Ruthe, de Schampheleer, C. Scherres (leider nicht ohne stereotype Manier), Carl Schirm Gwei charaktervolle Orientlandschaften) Gustar Schönleber Karlsruhe als Zeichner bedeutenden), Louiß Spangenberg, ohne daß damit die Reihe erschöpft wäre. Die Spezialität der Marinemalerei repräsentiren Fritz Sturm, Barth u. 2l., die Architekturmalerei neben den nie fehlenden Hauptvertretern dieses Fachs, Carl und Paul Gräb, ein Meister, welchem wir sonst auf einem ganz anderen Gebiete zu begegnen gewohnt sind, nämlich Wilhelm Riefstahl, der das als ehemalige Lehrstätte Galvanis für die Ge⸗ schichte der Wissenschaft hochbedeutsame anatomische Theater in Bologna mit vollendeter Meisterschaft und minutiöser Sorgfalt ge⸗ malt hat.

Das Juniheft, 29. Bandes 1883, von Petermanns Mit⸗ theilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt in Gotha (herausgegeben von Dr. E. Behm) bringt die Fortsetzung der Beschreibung, welche Fr. v. Schenck über seine im Jahre 1886 in Antisquia unternommenen Reisen aufgezeichnet hat, und zwar wird nunmehr der Abschnitt derselben von Medellin weiter nach den Minen von Marmato und dann nach Manizales geschildert. Auch dieser Fortsetzung ist eine Karte nebst den Profilen der Routen des Reisen⸗ den beigegeben. Ferner finden wir in diesem Heft den Schluß der Ueber—⸗ sicht über die neueren Forschungen im Congogebiet, von H. Wichmann; speziell wird bier die Erforschung der suͤdlichen Congozuflüsse durch Dr. Pogge (1875 und 76), von Barth (1876), durch Capello's und JIvens' Expedition (1877— 80), von Mechows Quangofahrt (1880 1881), Schütts Expedition (1877 79), Buchners Lundareise (1878 1881) und endlich Dr. Pogge's und Lieutenant Wißmanns Expe—