1883 / 147 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jun 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Typböse Fieber wurden in Paris, St. Peters burg und Alerandrien Häufig Todegursache. Sterbefälle an Flecktvphus kamen aus deutschen Städten nur 1 (aus Elbing) zur Anzeige. Auch aus Budapest, London, Saragossa, Granada, Malaga, Murcia, Warschau, St. Petersburg famen nur wenige Fälle zur Anzeige. Todesfälle an Pocken kamen aus deutschen Städten 4 (2 aus Berlin, je 1 aus Thorn und Königs. bütte) zur Anzeige Erkrankungen nur aus dem Regierung bezirk Ancen ' (7). In Wien, Budapest, Amsterdam, Brüssel, Warschau, Alerandrien, Valencia, Murcia zeigten sich Pocken in beschränkter, in Prag, Paris, St. Petersburg, Bomban und Nem Orleans in größerer Zahl. Das gelbe Fieber zeigte im Mai in Ro de Janeiro einen Nachlaß. Doch erlagen demselben immer noch in der ersten Mai⸗ hälfte 118 Personen und 34 den Pocken.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deu tscher Gisen und Stahlindustrigller belief fich die Rob eien, produktion des Deutschen Reichs seinschließlich Luxemburgs) jm Monat Mai 1883 auf 282 010 t, darunter i69 972 t Puddel⸗ roheifen, S966 t Spiegeleisen, 38 923t Bessemer⸗, 35 985 t Thomas:; roheisen und 25 394 t Gießereiroheisen. Die Produktion im Mai 1882 betrug 243 301 t. Vom 1. Januar bis 31. Mai 1383 wur⸗

en produzirt 1 395 497 t gegen 1268 445 t im Vorjahre.

Nach einer dem Bundesrath vorliegenden Uebersicht über die in den deutschen Münjstätten im Jahre 1882 erfolgten Aus; prägungen sind im genannten Jahre an Reichsgoldmünzen 658 663 Doppelkronen und 13 387 Kronen im Betrage von 13 30 980 16 ge: prägt worden, deren wirkliches Gewicht 10559, 120 Pfund betrug, bei einem gesetzlichen Sollgewicht von 10 599,328 Pfd. Die Abweichung des ersteren vom letzteren betrug mithin nur 4 O, 09927 Pfd. ( O04 Pfd., O. 0e Pfd.) oder auf 1000 Pfd. O 9087 Pfd. In Berlin, wo 13 102910 . in Doppelkronen ausgeprägt worden sind, stellte sich eine Differenz von 4 C089 Pfd. O O05 Pfd, pro 1659 Pfd. (Durchschnittsfeingehalt S599) und bei 133 820. M in Kronen eine Differenz von * 0005 Pfd. O 0469 Pfd. vr 1000 Pfd. heraus Durchschnittẽfeingehalt S899, 9; in München be 61 220 6 in Doppelkronen eine Differenz von O0 Pfd. O oO205 Pfd. pro 1000 Pfd. (Durchschnittsfeingehalt 900); in. Ham; burg bei 100900 46 in Doppelkronen G, 00 Pfd. O, 1255 Pfd. pvro' 16090 Pfd. (Durchschnittsfeingehalt 309). ö

An Reichtfilbermünzen find 3692 M2383 1 Mark- Stücke 2 698 028 AM ausgeprägt worden, deren Gewicht sich auf 29 312,300 Pfd. gegen 29 911,421 Pfd. Sollgewicht, also 4 E879 Pfd. (4 1279 6.391 Pfd.) oder auf 4 O9294 Pfd. pro 1900 Pfd. stellte. In Berlin ergab fich bei einer Prägung von 474 086 eine Differenz

von O93 oder 00057 Pfd. Pro Mille (900,1 Feingebalt); in

Stuttgart bei 252 210 66 O218 oder O9 778 Pfd. pro Mille (900,3 Feingehalt); in Karlsruhe bei 458 Sb p G6 I2 oder Y. 1004 Pfd. pro Mille (2001 Feingehalt)h; in Darmstadt bei 169 280 3 4 GT758 oder O, 5245 Pfd. pro Mille (899,4 Feingehalt); in Hamburg bei 397 593 „6 Os oder Sols Pfd. pro Mille (906,2 Feingehalt). . . . ö

Bel den vorgenommenen Prüfungen einzelner Münzen fand sich bei den Goldmünzen die größte Abweichung gegen das Sollgewicht, im Plus bei einer in Hamburg im Jahre 1875 geprägten Krone mit O. 00 C007 Pfd. oder C8788 Tausendtheilen, im Minus bei einer in Karlsruhe 1873 geprägten Krone mit 009 033 Pfd. oder 4,1431 Tausendtheilen; bei den Silbermünzen zeigte ein in München 1880 ge prägtes Zweimarkstück die Maximaldifferenz mit O00, Pfd. oder 2,6700 Tausendtheilen und von 1 Markstücken ein in Ber in 1880 geprägtes O00 6αν Pfd. oder 3,5900 Tausendtheilen; oeide Münzen waren aber aus dem Verkehr genommen und theilweis etwas abgenutzt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der im Januar d. J erlassene Aufruf zur Betheiligung an der durch die Huld Sr. Majestät des Kaisers ermöglichten Kri⸗ tifchen Gesammtausgabe der Werke Luthers (Herausgeber: Pfarrer Knagke in Drakenstedt, Verleger; Hermann Böhlau in Weimar) hat einen erfreulichen Erfolg gehabt. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen hai, wie der Verleger mittheilt, an alle evangelischen Souveräne Deutschlands, unter Hinweis auf die vom Kaifer gewährte Unterstützung, die Bitte um Förderung des großen Unternehmens gerichtet. Freudigste Zustimmung ist' dleser Fürstlichen Aufforderung zu Theil geworden, Ver⸗ schiedene Staatsregierungen haben auf des Werk subskribirt; der zreußische evangelische Ober-⸗Kirchenrath hat dasselbe den Königlichen Konsistorien zur thunlichsten Förderung empfohlen; das evangelisch lutherische Landes - Konsistorium für das Königreich Sachsen hat die An⸗ schaffung für kirchliche und geistliche Bibliotheken empfohlen und wird „bei sich darbietender Gelegenheit die Aufmerksamkeit. auf dieses wichtige und erfreuliche Unternehmen lenken“; das Königlich haverische protestantische Ober Konsistorium hat sämmtliche Geistliche ber Landeskirche auf. diese Ausgabe aufmerksam machen lassen. Offentliche Bibliotheken, akademische Lehrer, Bibliotheken von Konsistorien, theologischen und philologischen Seminaren, Gymnasien, Realschulen, sowie eine Reihe von Kirchen und Dizcesanbibliotheken befinden sich unter den Suhfkrihenten. Hervorzuheben ist die verbältnißmäßig große Zahl von Geistlichen, welche ihre Theilnahme an dem Unternehmen bethätigten. Auch Namen einer kleinen Anzahl von begüterten Freunden nationaler lite⸗ rarischer Unternehmungen sind in der Reihe der Subfkribenten zu finden. Höchst erfreulich ist es, daß in der, letzteren Zeit die Ma— gistrate ebangelischer Städte dem Lutherwerke ihr Interesse zugewendet kaben. An der Drucflegang des Werkes wird ungusgesetzt gearbeitet, Pie nahende Jubelfeier wird mindestens den ersten Band fertig⸗ gestellt finden.

Billert, Prof. F F. David, Kape Kammermusiker L. Hartmann, Jähns, Pr.

Preis geh. Der 10. Band Lieses. den Namen zweier Mitgli familie Stradivari, Fran Antonios, und bringt bald tanten der Tanzkomponisten⸗ Hof⸗Kapellmeisters Joseph sührlicher behandelten Abschnit Strophe, ein Artikel über die ö der Suite, Symphonia,

otenbeispielen), System, Tabulatur (e essanter, mit vielen Beispielen und ur l Äbschnitt), die Abschnitte über den Takt und alles was damit. hängt, Tanz, Tanzlied, Tanzmusik. Ein besonders lehrreicher Artikel ist der den eigenartigen süditalienischen Tarantella· Tanz behandelnde. In demselben ist nicht nur die Tarantella der Neuzeit, in Noten nieder⸗ geschrieben, sondern auch ältere Tarantella⸗Musik (aus dem Jahre 1654) mitgetheilt, darunter als höchst charakteristisch für den Glauben an die wunderbare Wirkung diesets wild rythmisirten Tanzes ein Antidotum Parantulae (Gegengift gegen die Tanzwuth). Ferner seien noch aus der übrigen großen Zahl be— fehrender Abschnitte die nachstehenden herausgegriffen: Tartini, (der große Violinspieler des 18. Jahrhunderts). Taubert, Tausig, Telemann (1681 1765), Telephon (dessen Erfindung darin

1.

mit Recht dem deutschen Physiker Philipp Reiß vindizirt wird), Temperatur, Terpander (ein hervorragender griechischer Musiker aus dem 7. Jahrb. v. Chr.), Thema und thematische Arbeit, Tichatscheck, Toccala dann eine ganze Reihe von Worten, die sich mit Ton zu⸗ sammensetzen, Tonabstand, Tonart, Tonbildung, Empsindung, Gren · zen, Tonleiter, Tonmalerei (mit vielen instruktiven Notenbeispielen) wei zer: Transskription und Transponiren (ebenfalls mit Noten⸗ illustrationen), Triangel, Triller (ein den Gegenstand geradezu erschöpfender Abschnitt), Trommel, Trompete, Troubadours, Tiuhn, Tärkische Musik (fehr ausführlich) Umkehrungs formen (mit vielen eingedruckten Beispielen), ungarische Musik, Unter⸗ haltungsmusik, Unterricht in der Musik (ein sehr beherzi⸗ genswerther, musikvädagogischer Beitrag), Ursprung der Musik ꝛc. Der an interessanten und wichtigen Artikeln besonders reiche Band Ter vortrefflichen Encyklopädie schließt mit dem Abschnitt -Veitstanz.

Die Helwingsche Verlags buchhandlung (Th. Mierzinsky, Kgl. Hof . Buchhändler) in Hannover hat soeben ein Taschenwörter⸗ Fuch für Kunst. und Alterthumsfreunde“ erscheinen lassen, welches in den Kreisen, für die es bestimmt ist, gewiß Beifall finden dürffe. Verfasser des kleinen Buchs ist der als Herausgeber der Denkmale der Provinz Hannover wohlbekannte Ober ⸗Baurath a. D. S. Wilh. H. Mithoff. Dem eisten Bande jenes Werks Kunstdenk⸗ male und Alterthümer im Hannoverschen“) war eine Erklärung von Ausdrücken aus dem Gebiete der Kunst, Technik und Alterthumskunde nebst Bemerkungen über Gegenstände des Kultus hinzugefügt; diese asphabetisch geordnete Sammlung liegt dem Werkchen zu Grunxze— Der Verfasser hat die darin aufgeführten Worte erheblich vermehrt und die Erklärungen erweitert, ferner aber auch ein Verzeichniß von Künstlern mit kurzen Angaben aus ihrem Leben und Wirken ange⸗ hängt, welches den Ansprüchen an ein Taschenwörterbuch durchaus genügt. Das mit instruktiren Illustrationen ausgestattete Taschen⸗. kuch dürfte allen Denjenigen, welchen umfangreichere Hülfsmittel nicht jederzeit zu Gebote stehen, als freundlicher Berather gute Dienste leisten. Der Preis desselben beträgt (ungebunden) 4 S6.

Ser Staatsanwalt am Landgericht J. zu Berlin, D. P. Daude hat das Strafgesetzbuch für das Deutsche, Reich vom 15. Mai 1871, mit den Entscheidungen des Reichsgerichts, in einer bei 5. W. Müller, Berlin, erschienenen Schrift herausgegeben. Dieselbe soll das eingehendere Studium der reichsgerichtlichen Ent⸗ scheidungen nicht entbehrlich machen, aber dem Praktiker das zeit⸗ raubende Nachsuchen in den zahlreichen Bänden der Entscheidungen“, der „Rechtsprechung“ und der „Annalen“ ersparen und ihm die vom Reichsgericht angenommenen Rechtsgrundsätze in gedrängrer Fassung vorführen. Bei der Auswahl der reichsgerichtlichen Entscheidungen sind auch diejenigen, welche spezielle landesrechtliche Fragen erörtern, berück⸗ sichtigt worden; im Uebrigen ist jedoch in den Anmerkungen aus, schließlich auf Reichsgesetze und Kaiserliche Verordnungen sowie auf Bekanntmachungen des Reichskanzlers und des Bundesraths ver— wiesen. Am Rande jeder einzelnen Strafbestimmung hat der Ver⸗ fasser die Gerichtszuständigkeit unter Hinweis auf die betreffenden Paragraphen des Gerxichtsverfassungsgesetzes vermerkt; die lezteren find im Anhang abgedruckt und mit einigen erläuternden Bemer⸗ kungen versehen. Der Gebrauch des aus der Praxis hervorgegangenen und für die Praxis bestimmten Werkes wird durch ein ausführliches Sachregister gefördert. Der Preis des gut ausgestatteten und dauer⸗ haft gebundenen Exemplars beträgt 2 4

H. Hartungs ‚Tabellen zur Berechnung der Pen— sionsbeträge“ sind soeben im Selbstverlage des Verf. erschienen und von demselben gegen Einsendung von 53 Rin Briefmarken pro Exemplar aus Celle, Großer Plan 8 L., franko zu beziehen. Die Tabellen um⸗ fassen die vorkommenden Gehaltsbeträge von 600 bis 10 000 MS. unter Steigerung theils von 25, von 50, 160, 150, 3090 und 500 M, unter Hinzurechnung des betreffenden durchschnittlichen Wohnungsgeld⸗ zuschusses. In den Vorbemerkungen sind die den Pensionsbetrag influirenden gesetzlichen Bestimmungen enthalten, Das Werkchen kann als praktisches Handbuch Behörden und Beamten empfohlen

werden. ; Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ueber die Raifeissenschen Darlehnskassen⸗Vereine wird der . Els. . Ztg. aus Stuttgart, den 21. Juni, geschrie⸗ ben: Wie rasch sich unsere ländliche Bevölkerung mit den Rafffeissenschen Dahrlehnskassen befreundet hat, geht am Besten daraus hervor, daß zur Zeit schon 82 solcher Kassenvereine in' Württemberg bestehen. Dem ins Leben gerufenen Verbande gehören bis jetzt 79 Vereine an. Von 61 Dar⸗ lehnskassen⸗Vereinen. welche ein volles Geschäftsjahr hinter sich hahen und 7065 Mitglieder zählen, betrug der Jahresumsatz 2 806 892 M, der Jahresgewinn 13 307 , das angesammelte Vermögen 18 560 6 Von diefen 61 Vereinen haben 46 eine Sparkasse eingerichtet Und be⸗ tragen die Einlagen bis zum 1. April d. J. 1II2 520 60 Der Gesammt⸗ betrag der Sparkasse⸗Einlagen ist in obiger Summe aber nicht vollständig enthalten, da, fobald der Sparkasse⸗Einlagebetrag 10041 erreicht hat, der⸗ selbe als solcher gestrichen und als ein Anlehen des Vereins angesehen wird. Die Verbands ⸗Ausgleichsstelle, die Königliche Hofbank in Stuttgart, ist im. Geschaäftsjahr 1882 von den Darlehnskassenvereinen derart benützt worden, daß der Jahresumsatz sich auf 371 607 4. beziffert. Zur Zeit ift 66 Vereinen bei der Hofbank ein Kredit von zusammen Ws 00 S eröffnet. Was die Revision der Geschäftsbücher anbelangt, diese für das Gedeihen des Instituts der Darlehnskassenvereine so wichtige Frage, so soll mit Huͤlfe eines Staatsbeitrags, den man zu erhalten hofft, für je 20 Vereine ein geeigneter Sachverständiger ange stelli werden. Im nächsten Frühjahr wollen die Dahrlehnskassen mit gemeinschaftlichem Ankauf von Kleesamen einen Versuch machen.“

Gewerbe und Handel.

Stralsund, 22. Juni. Auf den am 13. und 14. d. Mt. hier abgehaltenen Wollmarkt sind 2871 Centner Wolle gebracht roorden, wovon nichts unverkauft geblieben. Der Durchschnittspreis war 65 „a, der höchste 173 „, der niedrigste 156 6 Das Schur⸗ gewicht war ungefähr 30 höher als im Jahre 1882. .

Hamburg, 26. Juni, (W. T. B.) Die gestern hier stattge⸗ fundene vollzählige Ausschußsitzung der Berlin- Ham burger Gifenbahngesellschaft trat nicht in die eigentliche Diskussion der Verstaatlichungsofferte ein, beschloß dagegen neue umfassende Er⸗ hebungen über die diesjährigen Betriebsergebnisse und Aussichten

vorzunehmen. Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 25. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer Hotlfatig der Ham burg⸗Amerikanischen Packet fahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, am 17. d. Mts. am Kap Hayti eingetroffen.

= 75. Juni. (W. T. B. Der Post dampfer Ham⸗ mongia“ von der Ham burg Amexrikanischen Packetfahrt⸗ Attiengefellschaft ist, von New Jork kommend, gestern Abend 3 Uhr auf der Elbe eingetroffen.

Berlin, 26. Juni 1883.

Hamburg, 26. Juni. (W. T. B.) Der Direktion der inter⸗ nationalen? lanvwirthschaftlichen Thiergusstel!ung, welche am 3. Juli hier eröffnet wird, hat Se. Majestät der Kaifer auf die Bitte, die Ausstellung mit Allerhöchstseinem Besuche beehren zu wollen, mittelst Kabinetschreibens eröffnen lassen, daß AUllerhöchftderselbe sehr bedauere, durch die Badereise verhindert zu sein, dieser Bitte zu willfahren, jedoch beschlossen habe als Beweis der besonderen Theilnahme, welche Se. Majestãt dieser landwirthschaftlichen Auestellung widme, einen Ehrenpreis zu stiften und zu' diesem Zwecke eine mit, den Ansichten des König sichen Schloßes und des Königlichen Palais in Berlin geschmückte Porzellanvase ausgewählt habe. Der Herzog von Sach sen⸗ Goburg Hothaä hat das Ehrenpräsidium der Gesammtjury über⸗ nommen“ und wird. zugleich auch als. aktives Mitglied in der Jury der Abtheilung J (Pferde) fungiren. Prinz Max Gma⸗

nuel von Bavern bat der Ausstellung seinen Besuch anfagen lassen. Prinz Wilhelm von Preußen hat der Ausstellungs direktion eröffnen lassen, daß er aus Rücksicht auf das in nächster Zeit bevorstehende frohe Ereigniß in seiner Familie verhindert sei, nach Hamburg zu kommen. S Die Jury der Auestellung tritt am 1. Juli in der Villa des Herrn Albertus von Oblendorff, des Vorsitzenden der Aus. stellungs Direktion, unter dem Vorsitz des Ehren⸗Präsidenten, des Herzogs von Sachfen ⸗Coburg⸗Gotha, zusammen.

St. Petersburg, 25. Juni. (W. T. B.) Eine Feuer s⸗ brunst vernichtete heute eine an der Newamündung belegene Säge mühle nebst Holzlager sowie den größten Theil der Privathäuser auf der Lootse⸗Infel, ferner die auf der Gutujem-Insel befindliche, von der Krone derpachtete Dampfkornmühle, eine Fabrik chemischer Pro⸗ dukte, eine Knochenmühle und ein Baumwollenlager mit 3000 Ballen Wolle. Der Schaden wird auf ca. 13 Millionen Rubel geschätzt; das abgebrannte Eigenthum ist mit 1 Million Rubel versichert.

In der Charlottenburger Flora findet am Sonnabend, 30. d., das erste diesjährige So mm ernachtsfest statt. Der Be⸗ ginn des Festes ist um 7 Uhr Abends, das Ende auf gegen 3 Uhr Mor⸗ gens festgesetzt. Um den Theilnehmern die Rückfahrt nach Berlin zu seder Stunde zu ermöglichen, werden während der ganzen Nacht auf beiden Pferdebahnen Wagen kursiren. Aus dem Programm wollen wir bervorheben, daß neben der Berliner Sinfonie-Kapelle noch ein bewährtes Militär⸗Musikcorps concertiren wird. Bei eintretender Dunkelheit wird ein großes Brillant ⸗Feuerwerk abgebrannt und die Kaifergruppe, Riesenfontaine und Parkanlagen mittels ben⸗ galischer Flammen, die Texppichbeete und Anlagen mittels farbiger Gasflammen, Lampions und Ballons erleuchtet werden. Auf der Terraffe vor der großen Freitreppe wird ein besonderer Tanzplatz her gerichtet und festlich dekorirt, und die gegen 109 Uhr beginnenden Tänze von Königlichern Tänzern geleitet werden.

Bäder-Statistik. Personen

Alerisbad bis zum 15. Juni (nebst 295 Durchreis.) Kurgãste) 60 St. Andreasberg bis zum 14. Juni. : 70 Auguftusbad (bei Radeberg) bis zum 16. Juni (100 Parteien) 120 Baden⸗Baden bis zum 22. Juni d k 367 Burtscheid bis zum 19. Juni JJ 500 Colberg bis zum 19. Juni (200 Nrn.) . 407 Franz (Ostpreußen) am 15. Juni (Kurgäste)h .... 209 Dürrenberg bis zum 20. Juni (Badegäste)ẽ) .. 100 Glgersburg bis zum 16. Juni! 200 Elmen (b. Großsalze) bis zum 21. Juni (189 Nrn.) .. 1193 Elster bis zum 30. Juni (1256 Parteien)... 1812 Friedrichroda⸗Reinhardtsbrunn bis zum 22. . Goczalkowitz bis zum 4. Zuni (nebst 12 Durchr). ... 197) Grund bis zum 7. Juni urgäste) JJ Harzburg bis zum 15. Juni (Kurgäste) . Imnau bis zum 14. Juni (Badegãste) .. Johannisbad bis zum 20. Juni (207 Parteien) Karlsbad bis zum 18. Juni (E039 Parteien) . Kissingen bis zum 18. Juni (Kurgäste) 2 * Königsbrunn (b. Königstein) bis Mitte Juni. Kösen bis zum 19. Juni (165 Nrn.)... Kreischa bis Mitte Juni (7 Parteien) . Kreuznach bis zum 14. Juni (Kurgäste ))) . Landeck bis zum 15. Juni (nebst Erholungsgästen und Durch reisenden 260 Familien mit 417 Personen; an Kur— gästen 477 Familten mit Personenn). zangebrück bis Mitte Juni (77 Parteien) . 33 Jangenau bis zum 14 Juni, (nebst 63 Fremden) (Kurgäste) Lauchftädt bis zum 15. Juni (55 Nin. ). Lauterberg (am Harz) bis zum 11. Juni (Kurgäste). Liegau⸗Hermannsbad (bei Radeberg) bis Mitte Juni J Lippspringe bis zum 16. Juni (Nrn.). . Lüneburg bis Ende Mai (Badegäste) Marienborn (b. Kamenz) bis zum 12. Juni (4 Parteien) H n mn ü mnie 6844 Pünster a. Stein bis zum 20 Juni (Badegäste) . Neuenahr bis zum 23. Juni Fremde) . Neuhäufer am 15. Juni (Kurgäste) Neukuhren am 15. Juni (KCurgäste 36 Deynhaufen bis zum 21. Juni (nebst 551 Durchr) (Nrn.) Sppelsdorf (b. Reichenau i. Sachsen) bis Mitte Juni. J ,, Rehburg bis zum 15. Juni (Kurgäste))̃ 2 2 Reinerz bis zum 18. Juni (nebst 410 Erholungsgästen und Durchreisenden) (Kurgäste7?;?; . Rippoldsau bis zum 16. Juni (Kurgäste)) Schandau bis zum 17. Juni (269 Parteienx ?.. Schmiedeberg (Prov. Sachsen) bis zum 7. Juni (8 Nrn.) Schweizermühle bis Mitte Juni J Soden bis zum 20. Juni (Kurgäste) ... 3 . Sooden 4. d. Werra bis zum 14. Juni (863 Nrn.) . Gnbdernhe bis mm J? uni Teplitz⸗Schönau bis zum 17, Juni ElSd Parteien)... (Unter Einrechnung der in den Bade · Hospitãlern Wei⸗ lenden beträgt die Zahl der Kurgäste) ö Thale am 19. Juni (Fremde, anwesend). Tharandt bis Mitte Juni (63 Parteien). Travemünde bis Ende Mai (Badegäste)?7?. Warmbrunn bis zum 15. Juni (nebst Erholungsgästen und Durchreifenden 602 Parteien mit 840 Personen) (Kur⸗ gäste 511 Parteien mit Personen)⸗ . 4 8.3.6 Weißer Hirsch mit Oberloschwitz (klimatischer Kurort) bis zum 22. Juni (288 Parteien). Werne bis zum 15. Juni (Kurgäste 2 5 Wiesenbad (Warmbad bei Annnberg) bis zum 22. Juni J 155 Wildungen bis zum 16. Juni (H55 . 704 Wittekind (bei Giebichenstein und Halle) bis zum 18. Juni J 1) 282 Wolkenstein (Warmbad) bis zum 21. Juni (III Parteien) 169 Von den weniger frequentirten Bädern wurden besucht: Arendsee bis zum 15. Juni von 18 Pers, Gandersheim bis zum 16. Juni von 56 Perf., Georgenbad (bei Neukirch i. d. Lausitz bis Mitte Juni von 3 Parteien mit 6 Pers., Helmstedt bis zum Juni von 15 Pers., Jonsdorf (Luftkurort) bis Mitte Juni von 49 Pers. Niendorf ( Ost⸗ see) bis zum 15. Juni von 10 Badegästen, Oybin Cuftkurorth bis Mitte Juni von 29 Pers., Neu⸗Ragoezy am 17 Juni von 2 Bade⸗ gästen, Salzdetfurth bis zum 16. Juni von 38 Kurgästen, Schwarz⸗ ort am Jö5. Juni von 29 Kurgästen, Suggenthal bis zum 15. Juni von 21 Kurgästen. ö Tebmänns Bäder⸗Cours buch. Verlag von F. u, P Leh⸗ mann, Berlin 1883) enthält die Fahrpläne von Berlin nach sämmt⸗ lichen Bade- und Kurorten Europas, hin und zurück, in alphabetischer Ordnung. Ferner sind unter den Fahrplänen vielfach balneologische

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und lokale Mittheilungen über die betreffenden Badeorte beigefügt.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition Eesselh. Druck: W. Elsner. Vier Beilagen

Berlin:

(einschließlich Börsen · Beilage).

Erste Beilage

zum Dentschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 147.

Berlin, Dienstag, den 26. Juni

1883.

Aichtamtlich es.

Preußen. Berlin, 26. Juni. Im weiteren Ver⸗ Laufe der gestrigen (84) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die dritte Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Abänderungen der kirchenpoliti⸗ schen Gesetze, fortgesetzt. Nach dem Abg. von Eynern er⸗ griff der Mmister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Goßler das Wort:

Meine Herren! Die Ausführungen des letzten Herrn Redners geben mir Veranlassung, schon jetzt das Wort zu ergreifen, und ich kann in gewissem Sinne den Schlußsätzen, die er ausgesprochen hat, insofern beistimmen, als er in Uebereinstimmung mit seinem politi⸗ schen Freunde, dem Hrn. Abg. von Cunz, das Urtheil über die Vor lage und den Werth derselben davon abhängig gemacht hat, ob die⸗ selbe in ihrer Wirkung zum Frieden führt oder nicht; genau diesen selben Gedankengang hat neulich der Hr, Abg. von Cuny in seinen Ausführungen genommen. Ich habe deshalb nicht Unrecht gehabt, wenn ich schon bei der zweiten Lesung darauf hingewiesen habe, daß wir uns nicht so feindlich gegenüberstehen, als die Herren von der nationalliberalen Partei durch ihre Ausführungen, namentlich auch der letzte Herr Abgeordnete, uns glauben zu machen geneigt gewesen sind.

Dem warmen Appell des Hrn. Abg. Götting als Vertreter einer spezififch protestantischen Richtung habe ich ein offenes Ohr für meine Person geliehen. Meiner ganzen Anlage und Entwicklung nach bin ich selbst eine scharf ausgeprägte protestantische Natur. Aber wie ich in meinem Privatleben mir immer die Regel vor— gestellt habe: man soll nicht richten, und weshalb, man nicht richten soll, sagt uns ja die heilige Schrift so kann ich als verantwortlicher Staatsbeamter, wie der Hr. Abg. Götting selbst mir Recht geben wird, mir den Luxus nicht gestatten, und es ist ein Luxus aus meinem spezifisch individuellen protestantischen Bewußt⸗ sein heraus die Politik eines paritätischen Staates zu leiten, Alle diejenigen schwarzen Bilder, welche er und der Hr. Abg. von Eynern hier vorgeführt haben, weise ich zurück. Alle diejenigen Hülfstruppen, die sie Heere f äh haben, um klar zu machen, daß der gegenwärtige Kultus⸗Minister oder der Fürst Bismarck geneigt und entschlossen ifi werthvolle Rechte des Staates aufzugeben, bezeichne ich als kraftlos.

Ja, meine Herren, ich will auf einige Beispiele gern eingehen. Der Hr. Äbg. Götting hat mir mein Verhalten in der polnischen . vorgeworfen. Wenn Sie doch die Güte gebabt hätten, als die

nterpellation Kantak⸗Stableweki hier verhandelt wurde, aus den Reihen der liberalen Partei ein einziges Wort zu sagen, welches in dem Sinne gedeutet werden konnte, wie es der Hr. Abg. Götting ge⸗ deutet wissen will! Wenn je ein Minister des preußischen Staats die Stellung der Staatsregierung den polnisch⸗nationalen Bestrebun⸗ gen gegenüber festgehalten hat, so bin ich es gewesen. Ich habe vor einigen Wochen hier Ausführungen gemacht, wie sie in dieser Voll⸗ ständigkeit noch nicht gemacht sind; und kenne doch alles, was in Be— zug auf diesen Punkt im Landtag gesprochen worden ist, ich habe alle Verhandlungen gelesen von der ersten Einsetzung des Parlaments von Preußen und des Deutschen Reichs an, und sovie! Broschüren und Schriften, als ich deren habhaft werden konnte. Ich habe die bis— herige Position vertheidigt und will sie halten, aber damit in Zufammenhang oder vielmehr in Gegensatz zu bringen meine Maß— nahmen gegen die Verfügung der Posener Regierung, wird Ihnen nicht gelingen. Es war und das haben die Herren von der libe— ralen Partel auch anderweitig mehrfach anerkannt es war jeden falls mindestens ein politischer Fehler, in dem Augenblick, wo eine Festung mit großem Erfolge gehalten ist, einen Ausfall zu machen, der praktisch ohne Wirkung, aber vrogrammatisch sehr bedenklich war, einen Ausfall zu machen, einen Ausfall über die von Sr. Majestät genehmigten Verordnung hinaus, ohne jede Fühlung mit den po⸗ litisch leitenden und maßgebenden Persönlichkeiten der Centralinstanz. felbst ohne Fühlung mit den politischen Beamten der Provinz, der die Verordnung von 1873 erlassen hat und der für ihre Ausführung ver—

amwortlich ist.

Meine Herren! Das sind, doch andere Gesichtspunkte, die mich geleitet haben, und wenn ich die staatliche Autorität aufrecht erhalte, indem ich einen Schnitt gemacht habe, dann verdiene ich die erhobenen Vorwürfe sicherlich nicht.

Und was die Schulfrage anbelangt, so habe ich, glaube ich, mein Programm bei den Etatsberathungen festgelegt, und mit diesem Pro— gramm stehe und falle ich. Ich stehe auf dem Boden des Schul aufsichtsgefetzes, ich stehe auf dem Boden der Verfassung, und, wenn Sie mir vfelleicht vorwerfen wollen, daß, weil ich bereit gewesen bin, anknüpfend an das Vorgehen meines. Vorgängers vom November 1379 wieder die geistliche Schulinspektion eintreten zu lassen, so ent⸗ ferne ich mich damit, meine Herren, von den Grundsätzen, welchen der Herr Minister Falk hier Ausdruck gegeben, durchaus nicht. Derselbe hat bei Berathung des Schulaufsichtsgesetzes hier erklärt, daß er in jeder Welfe hoffe und wünsche, daß die geistliche Schulinspektion bleibe; das aber, was geändert werden sollte, oder meines Erachtens nicht fo sehr verändert, als zum klaren Ausdrucke gebracht werden sollte, das war die Stellung der geistlichen Schulinspektoren dem Staate gegenüber. Es sollte ihnen zum Bewußtsein gebracht werden, i . Mandatare des Staates sind, und das ist auch mein Stand⸗ Punkt.

Meine Herren! Um den beiden genannten Herren Vorrednern klar zu machen, wie die Sache eigentlich steht, möchte ich wie soll ich sagen eine ganz nüchterne Betrachtung anstellen, wie sich solch ein Gesetz entwickelt wie das, welches Ihnen hier vorgelegt wird. Bei allen solchen Gesetzen gehe ich für meine Person auf einem so feinen und diffizilen. Gebiete, wie dem kirchenpolitischen, nicht von theoretischen Erwägungen aus, sondern ich frage: wie sind die Zustände in unserem preußischen Staate, sind sie der Abhülfe bedürftig, und wie kann man die Zustände ändern? Und bei dem Eingehen auf diese Fragen werden die Herren mir vielleicht in meinen Ausführungen gern folgen.

Anerkennen muß man, aj die sogenannte Maigesetzgebung so konstruirt und organisirt ist, daß von der Benennung dem Staate gegenüber ergriffen werden nicht allein, diejenigen. Geistlichen, denen ein Amt übertragen werden soll, nicht allein die, welche mit der Hülfsleistung oder Stellvertretung in einem geistlichen Amte be⸗ frauf werden sollen, sondern darüber hinaus Jeder, welcher eine ein⸗ zelne Amtshandlung vollziehen will. Es kann nach der Deklaration von 1874 keine Amtshandlung vorgenommen werden auf geistlichem Gebiete, außer von einem Geistlichen, der die gesetzlichen Voraus⸗ setzungen auch in Ansehung der Benennungspflicht erfüllt hat; dies die erste Thatsache.

Die zweite Thatsache ist die, daß der kirchenpolitischen Gesetz⸗ gebung in Ansehung der Benennungspflicht ich will nicht sagen Überhaupt nicht, aber nicht in wirksamem Maße Folge geleistet ist. In Folge dieser Nichterfüllung der Benennungepflicht sind, thatsächlich betrachtet, und ich glaube, darin hat sich Hr, von Eynern ein wenig geirrt erhebliche Lücken in der seelsorgerischen Versorgung der Katholiken eingetreten, und es hat die Nichtbeachtung der Vorschriften dazu geführt, daß eine Reihe von geistlichen Amts⸗ handlungen auch von solchen, die dem Staate gegenüber als indiffe⸗ rent zu bezeichnen . zu schweren Konflikten und Bestrafungen ge⸗ führt haben. Dieser thatsächliche Zustand hat jedenfalls unter unsern

katholischen Mitbürgern, aber auch darüber hinaus, zu erheblichen Klagen geführt. Man hat die Klagen anerkannt Seitens einer ganzen Reibe der Vertreter des Landes hier im Hause, nicht allein der kon— servativen; sondern die Herren werden die Güte haben, sich zu ent⸗ sinnen, daß auch von den mehr links stehenden, liberalen Parteien wiederholt Anträge gestellt oder unterstützt sind, die dahin führen soll⸗ ten, auf diesem Gebiete Wandel eintreten zu lassen.

Weiter hat dieser Nothstand, der thatsächlich besteht, dazu ge⸗ führt, eine spezifische politische Parteigruppirung zu fördern und zu unterstützen und der geistliche Nothstand ist bei allen Wahlen in steigender Piogression benutzt worden, um gewisse bestimmt ausge⸗ prägte Persönlichkeiten zu wählen, nicht allein cus den Reihen der Centrumepartei; sondern es haben sich zum Zweck der Beseitigung des seelsorgerischen Nothstandes auch andere Partcien auf den Boden von Kompromissen gestellt, Parteien, die nicht blos nach rechts und nach links abschwenken, sondern die sich auch in der Mitte dieses Hauses befinden. Diese Konstellation hat immermehr auf unser ganzes poli⸗ tisches Leben Einfluß gewonnen. Wir stehen einer Koalition gegen— über, die wir von anderen Gesichtspunkten aus kaum verstehen und wir müssen mit einer Parteigruppirung innerhalb des Parlaments des Deutschen Reiches wie des preußischen Staates rechnen, welche jedenfalls nicht bestehen würde, wenn der Ausgangspunkt dieser Be— trachtung geändert würde.

ö Ich glaube, daß das Bild, welches ich hier auf dem Boden der Thatsachen entrollt habe, nicht zu sehr gefärbt ist, und ich hoffe, ich bin objektiv in meinen Darlegungen gewesen.

Man steht nun vor der Frage: soll es so weiter gehen oder nicht? und man kommt der Antwort näher mit der fernern Frage: besteht denn ein innerer Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung des preußischen Staates aus den Jahren 1873 und 1874 und diesem thatsächlichen, sei es Nothstand in seelsorgerischer Beziehung, sei es Mißstand in Bezug auf die pelitische Parteigruppirung? Bei dieser Frage nimmt Hr. von Eynern wohl einen etwas anderen Standpunkt ein als die meisten anderen Herren. Die Herren, die mir gegenüber— sitzen, werden sagen: jawohl, hier liegt Ursache und Wirkung vor. Andere werden sagen: nein, die Gesetze sind nicht die alleinige Ursache; sondern außer ihnen spielen noch andere mächtige Faktoren mit, welche den Zusammenhang zwischen den Gesetzen und dem Nothstand ver— bittern und verschärfen, um anßere Ziele zu erreichen. Ich will hier meine persönliche Stellung nicht weiter festlegen. Ich stehe mehr auf dem zweiten Standpunkte, aber ich erkenne an es besteht in der That in gewissem Umfange ein innerer Zusammenhang zwischen der staatlichen Gesetzgebung und den gegenwärtigen unerquicklichen Ver⸗ hältnissen.

Soll nun dieser Zusammenhang konservirt werden? Und wenn dies der Fall sein soll, kommen wir dann zu einer Gesundung unserer staatlichen Zustände, wenn immer wieder mit Vorwürfen und Angriffen angeknüpft werden kann an gewisse Vorschriften der Gesetzgebung, an gewisse thatsächliche Mißverhält⸗ nisse, und wenn die hieraus hervorgehende bittere Stimmung sich wie ein großer Baum allmählich über den weiten Raum unseres politischen Lebens ausbreitet? Vie Frage, wie sie gestellt ist, glaube ich, ver⸗ neinen wir in unserer überwiegenden Mehrheit. Man scheint darüber zweifelhaft zu sein, ich sehe einige der Herren den Kopf schütteln aber wenn ich bedenke, daß der Art. 1 der Vorlage in 2. Lesung von 4 dieses Hauses angenommen worden ist, so nehme ich, doch mit Recht an, daß die überwiegende Mehrheit dieses hohen Hauses der von mir ausgesprochenen Ansicht sein werde. Also für einen vraktischen Mann, der sich seiner Ver⸗ antwortung bewußt ist und darum handelt zs sich doch vor Allem, nicht darum, daß man zu Hause seine eigene Meinung hat und wenn man seine Zeitungen zugeklappt hat, vieder ein guter Staatsbürger ist sondern es handelt sich vor allen Dingen um das Bewußtsein der Verantwortlichkeit, und so lange man diese Verantwortung empfindet, muß man sich doch ernstlich fragen: kann ich zur Besei⸗ tigung des Mißverhältnisses etwas beitragen und wie kann 8 n n nn,, ich fett zu den Ueberzeugung gekommen, daß der Staat, wenn er den inneren Zu⸗ sammenhang, den ich vorhin gekennzeichnet habe, anerkennt, auch ernst— lich zu erwägen hat, ob er seinerseits durch irgendwelche Maßnahmen die Aenderung und Besserung der Zustände herbeizuführen im Stande ist. Denn, meine Herren, die corpora, um die es sich hierbei handelt, gehören nicht etwa dem Auslande an, sondern sind die unserer eigenen Staatsangehörigen, und voenn eine große Zahl unserer Staatsange— hörigen unbehaglich sich fühlt, so geht dieses Unbehagen durch den ge⸗ sammten Organismus des Staates, denn der Staat wird doch gebildet durch die Gesammtheit seiner Bürger.

Also gelangt man zu der Ueberzeugung, daß eine Aenderung auf diesem Gebiet eintreten kann, so können allerdings die Motive, die uns dabei leiten, sehr verschiedene sein; sie können liegen auf dem Boden eines warmen religiösem Mitempfindens mit den geistlichen Bedürfnissen unserer katholischen Mitbürger. Aber die Sache läßt sich auch nüchterner ansehen und man kann sagen, so gehe es nicht in der politischen Parteigruppirung weiter, es ist nicht wohl erträglich, daß der seelsorgerische Nothstand immer als Agitationsmittel benutzt wird, mit dem die Regierung und andere Parteien fortwährend ge— Juält und getrieben werden; wir wollen einmal versuchen, auf diesem Gebiete Wandel zu schaffen.

In diesen allgemeinen Auffassungen wird sich, wie ich annehme, die große Mehrheit dieses Hauses mit der Staatsregierung begegnen. Was aber die ungleich größere Schwierigkeit bildet, ist natürlich die Beantwortung der Frage, wie das zu eschehen hat, wie die Aende⸗ rung erfolgen soll. Die Rezepte zur Erfüllung dieser Aufgabe sind mannigfaltig; sie sind nicht so sehr in Form von Anträgen hier zur Erscheinung gekommen, als mehr in allgemeinen Betrachtungen, und auch in der heutigen Berathung sind zu diesem Zwecke verschiedene Linien gezogen, die zwar heut noch kein reales Gebiet umgrenzen, aber doch für die Zukunft bedeutsam sind. Das Wort „Trennung der Kirche vom Staat“ ist mit starker Betonung Seitens der konserva— tiven Partei, Seitens der Fortschrittspartei wie auch verschiedener an⸗ derer Parteien vorgebracht. Will man solche Fragen lediglich theo— retisch lösen vom Standpunkte, der Lehrbücherschreibung, so kann man sehr leicht und sehr rasch die Ueberzeugung gewinnen: die Tren— nung der Kirche vom Staate, das ist das Panacee, welches alle Wunden schließt. Aber, meine Herren, wir dürfen uns da nicht täuschen. So viel auch die Herren von der rechten und von der linken Seite iber diese Frage gesprochen haben, so verstehen wir uns, auch wenn wir dasselbe Wort gebrauchen, noch lange nicht darüber, was unter „Trennung der Kirche vom Staat. zu verstehen ist. Wenn Sie die Güte haben wollen, nicht blos Zeitungsartikel über diese Materie zu lefen, nicht blos einzelne Expektorationen, welche bei Gelegenheit von Synoden und andern Versammlungen gemacht werden, sondern vor allen Dingen sich einmal die Gesetzgebung anderer Staaten ansehen, oder, was ich den Herren von der Linken ganz besonders empfehle, einmal die ultramontanen Bücher prüfen, welche die Grenzen von Kirche und Staat zu regeln sich bemühen. Da werden die Herren finden, daß unter denen, welche diese Formel gebrauchen, ganz un- gemeine Differenzen bestehen. Einen Theil dieser Differenzen hat der Hr. Stöcker meines Erachtens bereits angedeutet, und auch der Hr, Abg. Götting, wie ich glaube. Wie steht denn die evangelische Kirche zu dieser Frage? Soll die Trennung der Kirche vom Staate sofort auch die evangelische Kirche ergreifen? (Zwischenruf des Abg. Götting.) Sie sagen, Gott bewahre! He. Abg. Götting. Ja, meine Herren,

wir haben aber doch von dem Hrn. Abg. Windthorst gehört, daß er der Trennung der Kirche vom Staate eher geneigt sei, wenn nicht die evangliche Kirche darunter so sehr leiden würde. Sie sagen. Gott bewahre! aber Sie haben vielleicht schon den Widerspruch auf Ihren Einwurf vernommen. Das wäre vielleicht eine Form der Tösung, es giebt wohl auch noch andere, Wir wollen aher hierbei nicht vergessen, und das hat der Hr. Abg. Götting richtig hervor⸗ gehoben, daß die evangelische Kirche in allen ihren Gestaltungen, ob— wohl sie aus prinzipiellen Gründen in die Maigesetzgebung hinein gejogen wurde, sich doch gefügt hat zwar nicht gern, aber das, was sie am schwersten empfunden, war doch das Staatsexamen, und den Ausführungen des Hrn. Abg. Götting gegenüber verdient die Novelle des vorigen Jahres eine mildere Beurtheilung, wenn durch dieselbe auch zu Gunsten der evangelischen Kirche, die viel gelitten und wenig geklagt hat, das Staatsexamen der Hauptsache nach außer Kraft gesetzt ist. Im Zusammenhang hiermit kann ich, um die Frage nach dem. Werthe des Staatsexamens zu erledigen. noch Folgendes sagen:; die Thatsache eines solchen Examens, Hr. Abg. Götting, ist wirklich nicht zu überschäßen, ich könnte aus anderen, verwandten Gebieten den Nachweis liefern, daß, waz die formale, in ihrem Resultate dem Examinator entgegentretende Bildung anlangt, allen Erfordernissen genügt wird, und doch, was die Gesinnung anbelangt, das Uebelste vom Uebeln bei den Examinanden vorhanden sein kann. Die Formel haben im Art. 3 des vorjährigen Gesetzes wir übrigens auch nicht neu erfunden, sie ist uns gegeben und zwar durch den badischen Liberalismus. Auch das ist eine beachtenswer:he Thatsache. Ich habe schon in meiner Rede bei der ersteg Lesung darauf hingewiesen, daß der Entwickelungsgang von Baden und Preußen ein paralleler ist, jedenfalls ein paralleler sein könnte, wenn er zum Frieden führte. Baden hat angefangen mit der Regelung der Anzeigepflicht, so wie wir heute endigen wollen, und hat geendigt mit der Regelung der Examenfrage, die wir bereits im vorigen Jahre nach dem Muster Badens geregelt haben. Wenn also die beiden großen Ströme der Anzeigepflicht und Vorbildung allerdings in verschiedener Reihenfolge auch in Preußen einmal zusammen⸗ kommen, so habe ich wohl nicht Unrecht gehabt, wenn ich in der ersten Berathung, gestützt auf diesen thatsächlichen Vorgang, der Hoffnung Ausdruck gegeben habe, daß, wie in Baden sich die Ver⸗ hältnisse friedlich geregelt haben, dies auch in Preußen der Fall sein wird.

Aber um wieder in den Gang meiner Betrachtungen zurückzu—

kommen, so muß ich darauf hinweisen, daß diese Frage der Trennung

von Kirche und Staat sehr anregend gewefen sein mag ihrer theore⸗ tischen Bedeutung nach, aber ein konkreter Vorschlag lag nicht vor. Das⸗ jenige, was noch dem ganzen Aufbau, dem gedachten Prinzipe am nächsten kam, war der Antrag Virchow, dem Sie Ihren Beifall nicht gewährt haben. Was wollte denn der Antrag Virchow? Er steht auf dem Standpunkte, daß die Anzeigepflicht an und für sich als etwas Werth— volles anerkannt wird, aber während die Vorlage der Staatsregierung und die bisherige Gesetzgebung versuchen, die Benennung unter vo— sitiver Mitwirkung des Staates herbeizuführen, so will der An— trag Virchow der katholischen Kirche wie den anderen christ⸗ lichen Kirchen es überlassen, ob sie die Benennungspflicht erfüllen wolle oder nicht. Und wie will der Antrag Virchow das er reichen? Er giebt den christlichen Kirchen eine Prämie, indem er ihnen vorschlägt: wenn ihr nicht benennen wollt, schön, dann laßt es bleiben, wenn ihr aber benennt, dann bekommt ihr alles, was ihr bisher habt, an Voxrechten, an Steuerprivilegien, an administrativen und exekutivischen Rechten, die Befreiung von der Militärpflicht und vieles andere Nützliche. Wenn man den Gedankengang, der in dem Vorschlage liegt, weiter nachgeht, so werden Sie einräumen, daß das empfohlene Schutzmittel dem Staate gegenüber ein geringeres ist, als dasjenige, welches die Regierungsvorlage festzuhalten sich bemüht. Es würde doch einen inkorrekten Zustand darstellen, wenn eine christliche Kirche etwa einen jungen Kandidaten benennt, ihn auf diese Weise der Militärpflicht, entzieht, und in kurzer Zeit, wenn der Geistliche aus dem militärpflichtigen Alter ausgeschieden ist, denselben ohne Anzeige versetzt, und ihn dadurch aller Privilegien entkleidet. Der Hr. Abg. Dr. Virchow hat auch in seinen Aus⸗ führungen die Ueberzeugung durchblicken lassen, daß so allein sein Vorschlag nicht marschiren würde, sondern noch Hülfs⸗ trappen haben müsse, jedenfalls beherrscht mich die Auffassung, daß, wenn man den Vorschlag vom Standpunkte des Staates be⸗ urtheilt, die staatliche Autorität und die staatlichen Potestas nicht genügend zur Geltung komme. Wollen wir durchaus, wie auch Seitens des Hrn. Abg. Dr. Virchow geschehen, davon reden, daß wir am Fuße des Berges von Canossa angekommen sind, so würde auf diesen Porschlag die Firma mindestens ebenso gut passen als auf den Vorschlag der Staatsregierung.

Meine Herren! Die Vorlage der Staatsregierung ist in ihrem allgemelnen Gedankengange, in ihren allgemeinen Gesichtspunkten klar; in den peziellen habe ich versucht sie zu erläutern. Daß man immer noch an meinen Worten veutelt und denkt, es wird aus den Darlegungen der Regierung noch etwas Neues, Ueberraschendes her— auskommen, das ist mir nicht verständlich. Ich kann nur wieder auf meine früheren Ausführungen zurückkommen. Die Vorlage will daß der Staat, anknüpfend an die deutsche Entwickelung durch Jahr— hunderte hindurch, sich positiv betheiligt bei der Zulassung von Geist⸗ lichen zu den geistlichen Aemtern Aemtern guch im Sinne des Pfründenwesens und daß er sich diejenigen Kautelen schafft, die eine Umgehung seiner Mitwirkung unmöglich machen, also Kautelen auf dem Gebiete der festen Besetzung der Pfarrämter, und auf dem Gebiete der Anstellung der Pfarrverweser, daß der Staat dagegen seine Mitwirkung nicht eintreten lassen will, wie es in früheren Zeiten in allen deutschen Staaten auch bei uns in Preußen der Fall gewesen bei denjenigen Geistlichen, die sich in den niederen Schichten der katholischen Hierarchie befinden, und daß es auf diese Weise mög⸗ sich fein wird, diejenigen Iniquitäten, die gegenwärtig auf dem Ge— biete der Seellorge schwer empfunden werden, aus der Welt ju schaffen. Auf diese Weise erzielen wir auch den politischen Erfolg und wollen, ihn erzielen, daß durch die Möglichkeit der seelsorgerischen Versorgung aller Glieder der christlichen Kirchen das aus der Seelsorgenoth hergeleitete Ägitationsmittel aus der Welt geschafft wird. Außerdem haben wir darüber können wir uns nicht täuschen aus den Erklärungen der Parteien dieses Hauses, namentlich auch der konservativen, die Ueberzeugung davon gewinnen müssen, daß auch die Parteien dieses Hauseß die Vorlage dann jedenfalls für möglich und nützlich halten, wenn die daran geknüpfte Erwartung dahin erfüllt wird, daß die Kurie und die katholifche Kirche sich auf den Boden der Vorlage stellen werden, indem sie, den Bedürfnissen der katholischen Gemeinden und den Bedürfnissen des katholischen Klerus entfprechend, die Benennung in Anfehung derjenigen Aemter ausüben werden, die noch der Benennungs— pflicht unterliegen. Daß noch eine Fülle von Wenns und Abers und bon Klaufeln sich an die Erklärungen der Parteien knüpfen, daß das Centrum eine bestimmte Erklärung seinerseits nicht gehen will und auch von seinem Standpunkt wobl nicht geben kann, liegt in der Natur der Sache. Aber keiner der Staaten, welcher seine Mitwirkung bei der Kemterbefetzung geregelt hat, ist soweit gegangen, daß er, wie die heiden Herren der nationalliberalen Partei andeuteten, sich vorher ge— fragt habe: kann ich das Gesetz nur dann vorschlagen, wenn ich auch sicher bin, daß das erlassene Staatsgesetz in Ansehung der Benennung der geistlichen Aemter auch wirklich zur Ausführung gelangt?