Während im letzten Monate des verslossenen Jahres das Leinen und Halbleinengeschäft Manches zu wünschen übrig ließ, entwickelte sich dasselbe im Januar recht erfreulich. Die Nachfrage in geringeren Fabrikaten wurde lebhaft und steigerte sich späterhin im Februar derart, daß mit Anstrengung gearbeitet werden mußte, um dem Bedarfe genügen ju können. Weniger lebhaft war der Absatz in Waaren wirklich guter Qualität, als Reinleinen und Tischzeug. In diesen letzteren Artikeln mußte sogar vielfach zu Konzessionen geschritten werden, um die Produktion nicht einschränken zu müssen. Die billigen Preise für baumwollene Kettgarne, die schon erwähnt worden sind, ermöglichen es, auch zu geringerem Preise verhãltnißmãäßig solide Stoffe herzustellen, und auf diese Weise wird voraussichklich der Absaßz in Waaren geringeren Genres immer größer werden, während die Nachfrage nach guter Waare noch mehr abnehmen dürfte. Was die Preise anbetrifft, so sind solche 2 des lebhaften Geschäfts⸗ ganges in billigeren Artikeln niedriger, als Mitte vorigen Jahres, was durch den Rückgang der Notirungen für baumwollene Gespinnste einigermaßen begründet ist. Im Ganzen ist die geschäftliche Lage dieser Branche immerhin als eine gesunde zu bezeichnen, und es sind die Vorräthe, die sich gegen die des vorigen Jahres gehäuft hatten, größtentheils auf ihren normalen Umfang zurückgeführt.
Ferner aus Düsseldorf, im April.
Im großen Ganzen haben die Erwartungen, welche der Handel Angesichts der günstigen Resultate des Vorjahres für das abgelaufene Quartal zu erhoffen, berechtigt war, sich erfüllt. Handel und In— dustrie behaupteten im Allgemeinen die günstige Haltung, über welche hierher zu berichten war. J ; ;
Auf dem Markte in der Roheisenbranche dauert bei ruhigem Verkehr und gestützt auf die unter den Werken beftehenden Konven tionen eine etwas rege Nachfrage an, während in den Walzfabrikaten eine Zunahme der Nachfrage zu konstatiren ist. In Puddeleisen sind auch größere Abschlüsse zu Stande gekommen; im Allgemeinen wird aber nur der nächste Bedarf gedeckt, da die Konsumenten sich mit Rück. sicht auf die niedrigen, kaum gewinnbringenden Walzeisenpreise nicht für längere Zeit binden wollen. Für alle Arten in Blechen werden die bestehenden Notirungen behauptet. Auch in Walzdraht dürfte eine zunehmende Nachfrage zu konstatiren sein. Die Fabrikate der Walz— drahtwerke verdrängen jetzt vielfach die Fabrikate der englischen Konkurrenz und bürgern sich immer mehr auf ausländischen Märkten ein. Die Notirungen für Stahlschienen sind unverändert geblieben, auch ziemlich lohnend, soweit es die inländischen Bestellungen betrifft. während die Aufträge für den Export zu äußerst billigen Preisen übernommen werden mußten. . .
Maschinenfabriken und Gießereien klagen schon lange über nie⸗ . wenig lohnende Preise; die Fabriken sind aber leidlich be—
äftigt.
Die Betriebsverhältnisse der Rheinischen Stablwerke gestalten sich auch in diesem Jahre recht günstig, da die Werke andauernd und lohnend beschäftigt sind. Namentlich wird dem Unternehmen durch das Thomas Gilchristsche Verfahren von denjenigen Werken, welche dasselbe gekauft, aber sich durch eine einmalige Zahlung nicht ab gefunden haben abermals eine gute Einnahme zugeführt.
Phönix und andere Werke zu Ruhrort. Diese Gesellschaft hat für England eine Lieferung von Stahlschienen zum Werthe von ungefähr 500 000 M erhalten, Dient diese Thatfache einestheils als Bestätigung der Nachrichten über den guten Gang unsexes Schienen geschäfts, so liefert sie anderentheils den Beweis, wie sehr die Vor⸗ trefflichkeit unserer Walzwerke in England anerkannt wird.
Auch andere Werke dieser Branche sind mit den vorliegenden Aufträgen ganz zufrieden. Das laufende Jahr läßt sich namentlich für Stabeisen, Gießereiroheisen und Bleche gut an. Da die englischen und belgischen Werke stark beschäftigt sind, so werden unsere Eisen produzenten bei den Zuschlägen, die bei Submissionen ertheilt werden, sehen, welche Preise unsere Konsumenten anlegen werden. .
Die Bauthätigkeit ist in den größeren Städten schon ziemlich rege, es kommen dadurch auch Winkel⸗ und Baueisen besser als im Herbste in Frage. Dasselbe gilt von Zinkplatten, Bleirohren und anderen Metallen zur Ausstattung neuer Gebäude, während Messing⸗ und Bronzesachen weniger gefragt sind. Allein auch in diesen Artikeln dürfte eine Besserung in Aussicht stehen.
Im Allgemeinen darf man mit dem Gange des Metallgeschäfts ganz zufrieden sein, zumal sich der Export erheblich belebt hat, wäh⸗ rend die höheren Eingangszölle deutsche Werke und Fabriken vor dem Mitbewerb des Auslgndes schüßen. England soll übrigens selbst mit dem Export seiner Metallfabrikate so stark beschäftigt sein, daß es darin einen Ausgleich für die Einbuße findet, die es auf deutschen Märkten erlitten hat und gegenwärtig noch leidet. .
Der Kohlenmarkt im Ruhrkoblenrevier hat einen regen Absatz bei unveränderten Preisen zu verzeichnen. Die günstige Stimmung dauert an, der ö ist lebhaft und die Tendenz fest. Die Förde⸗ rung ist noch immer sehr rege, und der Absatz wesentlich größer als im vorigen Jahr um diese Zeit. Für Sommerlieferungen ist, wie gewöhnlich, mit Beginn des Frühlings etwas billiger anzukommen.
Für das Kokesgeschäft war ein reger Verkehr bei unveränderten Preisen zu konstatiren. Die vor ö. Tagen erfolgte Verlängerung der Konvention ist von besonderer Wichtigkeit, indem dadurch die An⸗ dauer der festen Preistendenz bis auf Weiteres gesichert ist.
Maxineverordnungsblatt. Nr. 13 — Inhalt: Honneurs.
— Dienstschreiben. — Nachlaß desertirter Mannschaften — Schiffs⸗ artillericzeichnungen. — Verpflegungszuschuß. — Geldbeschaffung. — Personalveränderungen. — Benachrichtigungen. Zu stiz ⸗Ministerial · Blatt. Nr. 26. — Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 26. Junt 1883, betreffend die Aufnahme und die Behandlung von schwangeren Personen in den zum Resfort der inne⸗ ren Verwaltung gehörigen Straf⸗ und Gefangenanstalten. — Allge⸗ meine Verfügung vom 15. Juni 1883, betreffend das Verfahren be— hufs Erhaltung der Uebereinstimmung zwischen den Hrundbüchern und dem Grundsteuerkataster in den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont. — Allgemeine Verfügung vom 26. Juni 1883, betreffend den Ansatz des Portos sür Geldsendungen.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 25. — Inhalt: Nichtsmtliches: Entwurf zu einer neuen Oder⸗Weichsel⸗Verbindung. — Ueber Seilkurven. — Rechtsprechung.
Fentralblatt der. Bauverwaltung. Nr. 26. — Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. — Gutachten der Königlichen Aka— demie des Bauwesens, betreffend die neuc Entwurfsskizze des Archi⸗ tekten Wallot zum Neubau des Reichstagsgebäudes. — Nichtamtliches: Die Bekleidung des Königlichen Schauspielhaufes in Berlin mit Werksteinen. — Ueber Seilkurven. II. — Die Arlbergbahn. — Geheimer Ober⸗Baurath a. D. Karl 36. t. — Versuche mit Dampf Kochapparaten. — Vermischtes: Neubau eines Geschäfts⸗ gehäudes für das Haus der Abgeordneten in Berlin. — Zur Stadt— bahnfrage in Wien. — Kursus für Kulturtechniker in Oesterreich.— Neber das Verhalten schmiedeeiserner Träger mit zwischengespannten Gewölben im Feuer. — Technische Hochschule in Hannover. — Technische Hochschule in Berlin.
Candtags⸗⸗ Angelegenheiten.
Daß Haus der Abgeordneten hat seit dem 14. November v. J. getagt. In dieser Zeit von 137 Tagen, ausschließlich der Sonn⸗ und Festtage, der Zeit der offiziellen Vertagung des Landtages und der Weihnachts- und der Pfingstferien, haben stattgefunden:
91 Plengrsitzungen, einschließlich von 4 Abendßitzungen, welche als Fortsetzungen von Tagessitzungen angesehen wurden, 18 Sitzungen der Abtheilungen, 244 Sitzungen der verschiedenen Kommissionen, 260 Sitzungen der Fraktionen.
Dem Hause sind zugegangen: ᷓ der Staatshaushalts⸗Etat für 1883. 84 mit dem betreffenden Gesetz⸗
entwurf, die ö Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres ( . die Uebersicht über die Staatseinnahmen und Ausgaben für 1881/82,
die Verordnung vom 24. August 1882, betreffend die Vertretung des Lauenburgischen Landes ⸗Kommunalverbandes, die i e rmmüen der Kasse der Ober⸗Rechnungs kammer für J ⸗ ein Bericht der Staatsschuldenkommission, ; 21 k nn. Denkschriften, Uebersichten und ähnliche orlagen, welche Gegenstände bis auf die darin mit enthaltenen bloßen nach⸗ richtlichen Mittheilungen sowohl hier als im Herrenhause, soweit sie ab der Beschlußfassung des letzteren unterlagen, erledigt wor en sind. An Gesetzentwürfen sind, abgesehen von dem bereits er⸗ wähnten Etatsgesetz, dem Hause zugegangen:
unmittelbar von der Staatsregierung. 20 111 Von diesen .. 1
Gesetzentwürfen sind 3 durch Einfügung in andere Gesetzentwürfe erledigt und 19 von dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause übereinstimmend angenommen, einer, betreffend die Erhebung einer Hundesteuer, ist im Herrenhause und ein anderer, betreffend die Schul⸗ versäumnisse, hier nicht vollständig erledigt worden. Die Kanalvorlage ist von dem Herrenhause verworfen worden.
Die Zahl der Regierungsvorlagen beträgt demnach im Ganzen 52. Es sind davon neben verschiedenen Theilen des Staatshaushalts— Etats 30 Vorlagen an Kommissionen zur Vorberathung überwiesen worden, welche darüber 19 schriftliche und eine Anzahl mündlicher Berichte erstattet haben. ;
Selbständige Anträge sind von Mitgliedern des Hauses 8 eingebracht. Davon ist ein Antrag erledigt durch Annahme des vor geschlagenen Gesetzentwurfs sowohl hier als im Herrenhause; auf 3 Anträge sind Resolutionen beschlossen; ein Antrag ist in der vorigen Sitzung an eine Kommission verwiesen, einer abgelehnt, einer durch Uebergang zur Tageßtordnung beseitigt und endlich einer nicht zur Berathung gelangt. ;
Interpellationen sind von Mitgliedern des Hauses 3 gestellt und dieselben sämmtlich Seitens der Königlichen Staatsregierung beantwortet worden.
Petitionen sind eingegangen 1400 und davon zurückgezogen 13. Von den verschiedenen Kommissionen sind darüber 57 schriftliche Berichte erstattet und 43 mündliche Berichte vorbereitet, von denen 29 schriftliche und 20 mündliche im Plenum erledigt worden sind.
Von den Petitionen sind
317 zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet,
26 durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt,
98 der Königlichen Staatsregierung uͤberwiefen,
422 durch Annahme von Gesetzentwürfen oder Resolationen für
erledigt erklärt.
Ueber 247) haben die Kommissionen sich schlüssig gemacht und über 213 für die Plenarberathung Anträge gestellt, über 34 aber noch nicht Bericht erstattet, wogegen 277, zum Theil wegen verspäteten Eingangs, ganz unerledigt geblieben sind.
Die Abtheilungen haben die Wahlen der Mitglieder des Hauses bis auf wenige Nachwahlen, über welche die Wahlakten noch nicht eingegangen sind, sämmtlich geprüft. Es wurden dabei die Wahlen aus 34 Wahlbezirken der Wahlprüfung kommis⸗ sion überwiesen. Davon sind 9 Wahlen in der Kommission uner— ledigt geblieben und bezüglich einer Wahl ist über die erforderten und eingegangenen Beweisverhandlungen nicht mehr Beschluß gefaßt worden. In Bezug auf die übrigen Wahlen hat die Kommifsion 20 schriftliche und 6 mündliche Berichte erstattet, welche alle der Be— rathung im Plenum unterlegen haben.
Ueber die Frage einer Mandatserledigung ist Seitens der Kommission für die Geschäftsordnung mündlich im Plenum be— richtet worden.
Erledigt sind zur Zeit 4 Mandate von Abgeordneten.
Gewerbe und Handel.
Die Zeitschrift des oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereias enthält eine Statistik des Stein— kohlenberghaues im Ober⸗Bergamtsbezirk Breslau für das erste Quartal 1883. Darnach erfuhr gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres die Förderung eine Zunahme von 357 970 t — 190; ver kauft wurden 14,47/0 mehr als im Vorjahre. Die Preise stiegen im Regierungsbezirk Liegnitz um O21 S6 (3,70) pro Tonne, Spreln OQO? g (OG,, fielen dagegen in Breslau um 6, 11 M (1,7 0½ 0. — Der Braunkohlenberghau zeigte gegen das Vorjahr eine Abnahme der Förderung von 5408 t (47 . während der Absatz um 449 t i Fso) gestiegen ist und die Preise um O, 13 A6 (3,9 ) zugenommen
aben.
— Der Geschäftsbericht der Union“, Allgemeine Ver— siherungs⸗Aktiengesellschaft zu Berlin, konstatirt einen Zuwachs an Prämie von 2656 025 S und Versicherungssumme vyn 3 301 369 „, aher auch eine Zunahme der Schäden um 74 517 „, die insgesammt 869 098 „M betragen haben. Der Rechnungsabschluß weist pro 1382 einen Verlust von 147 145 ½ς nach; die Verwaltungs⸗ kosten blieben gegen das Vorjahr unverändert; die Prämienreserve ist um 9 460 „ verstärkt worden. Die Bilanz führt neben Effekten zum Courßwerthe von 505 4534 ½ und Grundstücke und Hypotheken von zusammen 464 789 S noch 60 549 M baagre Kasse und außer kleineren Posten, 471 345 „S. Außenstände und Guthaben bei Banken an und schließt in Aktiva und Passiva mit 5 457 555
— Die Königsberger Pferdebahn-Gesellschaft beab— sichtigt, in Königsberg eine Anzahl Omnibuslinien einzurichten, und hat zu diesem Behuf sowie zur Erwerhung eines zweiten Bepot— Grundstückes und zur Abstoßung einer Hypothekenschuld eine zweite 2bligationsanleihe im Betrage von 400 öh „M kreirt. Die Anleihe ist mit 5osg verzinslich, die Rückzahlung soll zu 1050j0 erfolgen.
— Die Generalpersammlung der Schweizerischen Nord⸗— o stbahn erklärte 60 0 Dividende für die Priorltäts Aktionäre und beschloß 261 009 Fres. auf eigene Rechnung vorzutragen.
Luzern, 30. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Gotthardbahn, in welcher 204 Aktionäre mit 24090 Stimmen vertreten waren, genehmigte den Geschäftsbericht und beschloß auf Antrag des Hrn, Cahn⸗ Speyer, in Firma Gebrüder S. und M. Reitzes, Wien, in theilweiser Abänderung der Anträge der Verwal- tung an Stelle der projektirten 108 138 Fres. 74 Citz. im Ganzen 441 746 Fres. 44 Ct. auf neue Rechnung vorzutragen und die AÄb⸗ schreibungen dementsprechend zu modifiziren. In den Verwaltungs— rath, wurden gewählt für Hrn. Cavallini Geheimrath Gerson von Bleichröder in Berlin, für Baron Eduard von Oppenheim Hr. Karl Figdor in Wien, für Pfyffer Dr, Temme in Basel; als Ersatz⸗ , Hr. Hans von Bleichröder in Berlin und Hr. Cahn. Speyer n Wien.
Glasgow, 50. Juni. (W. T. B) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 564 300 Tons gegen 636 500 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 113 gegen 105 im vorigen Jahre.
Konstantinopel, 30. Juni. (W. T. B. Der Vertreter der deutschen Bondsinhaber, Justiz⸗Rath Primker, ist ge—
storben. Verkehr s⸗Anstalten. Bremen, 30. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer des
Norddeutjchen Lloyd „Neckar“ ift heute Vormitlag 7 Uhr in New⸗Jork angekommen.
— . 2. Juli. (W. T. B.) Der Dampfer des Nord— deutschen Lloyd „Baltimore“ hat auf der Ausreise gestern
St. Vincent passirt.
Hamburg, 2. Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer Gellert?“ von der Hamburg ⸗ Amerikanischen Packet⸗ fahrt ⸗Aktiengesellschaft ist, von New ⸗Jork kommend, gestern Abend 7 Ubr in Plymouth eingetroffen.
Triest, 1. Juli. (W. T. B) Der Lloyddampfer Ettore“ ist heute Morgen mit der ostindisch⸗chinesischen Ueber= landpost aus Alexandrien hier eingetroffen und zur Quarantäne beordert worden.
Berlin, 2. Juli 1883.
Die 40 goldenen Medaillen, welche Ihre Majestät die Kaiserin zu Gunsten der Hygiene Ausstel lung genehmigt hat, sind, wie folgt, verliehen worden an: Josef von Fodor, Prof. Pr., Budapest; Georg Recknagel, Prof. Dr., Kaiserslautern; Verein der Berliner Volksküchen von 1866, Berlin; H. Cohn, Prof. Pr., Bres—= lau; „Germania, Maschinenfabrik, Chemnitz; Rietschel und
enneberg, Berlin; Babischer Frauenverein, Karlsruhe; H. Schmieden, vormals Gropius und Schmieden, Berlin; Deutscher Samariter Verein, Kiel; Wiener freiwillige Rettungs⸗ gesellschaft und J. Sohner u. Comp.. Wien; P. Dörffel, Berlin; Schimmel u. Comp., Leipzig; Paul Hartmann, Heidenheim; Baxe⸗ rischer Verein zur Pflege und Unterstützung im Felde verwundeter und erkrankter Krieger und Bayerischer Frauen⸗Verein, München; Central ˖ Comits des Niederländischen Rothen Kreuzes, Haag; Central⸗ Comits der deutschen Vereine vom Rothen Kreuz und Vaterländischer Frauenverein, Berlin; The Neuchatel Asphalt: Company, Berlin; Aktien Gesellschaft für den Bau landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe und, für Wagen Fabrikation, H. F. Eckert, Berlin; Siegmar Elster, Berlin; Julius Pintsch, Berlin; Friedr. Siemens und Comp., Dresden und Berlin; Deutscher Ritterorden, Wien; Doeckersche Zeltbaguerei, Kopenhagen; Oesterreichische Gesellschaft vom Rothen Kreuz, Wien; Siemens und Halske, Berlin; C. Becker, Berlin; W. Spindler, Berlin; W. Leyendecker u. Comp., Göln a. Rh.; Verband der Dampfkessel - Ueberwachungs⸗Vereine, Wohnort jährlich nach dem Vorsitz wechselnd; Verein für die berg! und hüttenmännischen Jäateressen im Aachener Bezirk; Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Bremen; L. v. Bremen u. Comp., Kiel; Friebr. Krupp, Essen; Berlin ⸗Anhaltische Maschinenbau⸗-Anstalt, Aktien ⸗Gesellschaft, Berlin; Schulz, Knaudt u. Comp, Essen; Aachener und Münchener Feuer— Versicherungs⸗Gesellschaft Jos. Beduwe, Aachen; Lausitzer Maschinen⸗ fabrik. Bautzen; Verein vom Rothen Kreuz, Budapest; Rheinisch⸗ westfälischer Diakonissen⸗Verein, Kaiserswerth; Scharowsky, Inge— nieur, Dresden.
Die 80 silbeznen Medaillen gelangen an: R. Fueß, Berlin; Johannes Greiner, München; G. Hartnack, Prof. Dr., Potsdam; Krieger, Sanitätßrath Dr., Straßburg; C. Reichert, Wien; Georg Westphal, Celle; Michael Koeniger, München; Louis Lejeune, Berlin; Direktion der Dauermehlmüble, Jätzdorf; K. Schwalb, Lehrer, Ober⸗Rokitai, Böhmen; Gewerbliche Fortbildungs⸗ und Fachschule, Wiesbaden; A. Vötsch, Dr., Ober Amtsarzt, Nür⸗ tingen, Württemberg; Römisches Bad, Dr. v. Heinrich, Wien; Barmer Badeanstalt, Barmen; Oskar Schimmel und Comp., Chemnitz; Verein für öffentliche Bäder. Bremen; Volksbad; Br. Lassar, Berlin; Berliner Asylverein für Obdachlose, Berlin; Mix und Genest, Berlin; Ihlee und Horne, London; Ludwig von Karajan, Dr., Ritter, Wien; Kinderheilanstalt zu Dresden, Dresden; Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten, Marburg; Th. Petruschky, Dr., Königsberg; Pissin, Dr., Berlin; August Feise, Hildesheim; F. Beely, Dr., Berlin; Rudolf Krüger, Berlin; Josef Leiter, Wien; Neuber, Dr., Kiel; E. M. Reiniger, Erlangen; H Windler, Berlin; F. v. Heyden, Dr., Dresden; Margarethen⸗Insel Verwaltung, Buda⸗ Pest; B. Spitzer, Dr., Kaposvar, Ungarn; Internationale Verbandstoff⸗ Fabrik, Schaffhausen; Verein deutscher Zahnkünstler, Berlin; O. v. Hönika, Herzogswalbe; Nicolai, Stabsarzt, Dr,, Freiburg, Baden; Rahlbaum, Dr., Görlitz; Neue hannoversche Asphalt -⸗Gesellschaft Reymer und Comp., Berlin; Klein, Schanzlin und Becker, Frankenthal; Franz Hulwa, Dr., Breslau; A. Thiem, Civil Ingenieur, München; Gebr. Schmidt, Weimar; Gebr. Naglo, Berlin; Gebr. Buderus, Hirzenhainer Hütte und Main Weser ⸗ Hütte, Oberhessen; Eisenwerk Kaiserslautern, Kaiserslautern; David Grove, Berlin; Heiser u. Comp, Berlin; S. Huldschins ky u. Söhne, Gleiwitz; Kaeuffer u. Comp., Mainz und Berlin; Emil Kelling, Dresden; Treutler u. Schwarz, Berlin; Gebr. Körting Hanno— ver; Chemische Fabrik Rhenania, Stolberg bei Aachen; Schöller, Mevissen und Bücklers, Düren; Rich. Schwartz kopff, Berlin; Vorstand des Oberschlesischen Knappschaftsvereins, Tarnowitz; Vorstand des Mãr⸗ lischen Kngppschafts-⸗Vereins, Bochum; Vorstand des Saarhrücker Knappschafts⸗Vereins, Saarbrücken; Mansfeldsche Kupferschiefer bauende Gewerkschaft, Eisleben; Verein für die bergbaulichen In teressen im Ober⸗Bergamtsbezirke Dortmund, Essen, und Westfälische Berggewerkschaftskasse, Bochum; Kiebitz, Berlin; The Westinghouss Brake Company, Lonw don; Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen. Gewerbe, Rettungsanstalt für Verunglückte, Hamburg; Verein für bergbauliche Interessen, Zwickau, und Königin Marien-Hütte Aktien ⸗Gesellschaft, Cainsdorf in Schl.; Obernier, Prof. Dr, Bonn; C. Rabitz, Berlin; Stanislaus Ziembiuski, Krakau; Gustav Ewald, Küstrin; Grether u. Comp., Freiburg in Baden; C. D. Magirus, Ulm; Paul Hosemann, Berlin; Judlinsche chemische Waschanstalt F. Gruner, Charlottenburg; Joses Kreittmayr, München; Feuerschutzplattenfabrik, Superator ', Wien; W. Güttler, Reichenstein; W. Mencke, Dr., Wilster; Dr. Paul Boerner, Berlin.
Aachen, 50. Juni, Nachmittags 1 Uhr. (W. T. B.) Wie nachträglich bekannt wird, war in Folge Flugfeuers der Brand gleichzeitig auf etwa zehn Stellen übertragen worden. Beide Thürme des Rathhauses glühen noch im Innern. Gegen Mittag brach aber⸗ mals ein kleiner Brand aus, der aber sofort gelöscht wurde. Die Cölner und Düsseldorfer Feuerwehren sind bereits zurückgefahren. Ein Verlust an Menschenleben oder Verletzungen sind nicht zu be⸗ klagen.
Reunert und
Im Krollschen Theater tritt Hr. Theodor Reichmann morgen (Dienstag) zum letzten Male auf und zwar als ‚Rigoletto-. Der Sänger, dem das Berliner Publikum bei dem diesmaligen Gast— spiel noch größere Sympathien entgegenbrachte als früher, muß bereits übermorgen in Bayreuth zu,. den neuen Parsifal-Proben ein= treffen. Unmittelbar an dieses so erfolgreiche Gastspiel schließt sich ein für das Berliner Publikum besonders interessantes erstes theatralisches Debüt: Frl. Anna Eptlsé, bisher Mitglied des Königlichen Ballets, wird am Mittwoch im „Freischütz' sich zum ersten Male in Ge— sangspartien versuchen. Sie singt das Aennchen, während die Wiener Hofopernsängerin Hermine Braga als ‚Agathe“ auftritt.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
Berlia:
( 971)
und das Postblatt Nr. 3.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗-Auzeiger und Königlich Prenßischen Staats⸗Anzeiger.
M E52.
Berlin, Montag, den 2. Juli
ESS3.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 2. Juli. Im weiteren Ver⸗ laufe der vorgestrigen Sitzung des Herrenhauses wies in der Generaldiskussion über die Kanalvorlage Herr Linde⸗ mann (Dortmund) darauf hin, daß es sich bei dieser Vorlage um die Entscheidung der prinzipiellen Frage handele, ob das Herrenhaus mit dem Beginn der Herstellung von künstlichen, leistungsfähigen Wasserstraßen überhaupt einverstanden sei oder nicht. Das Abgeordnetenhaus habe dieser Idee unge⸗ theilt zugestimmt, auch die Mehrheit der Herrenhaus— kommission habe sich mit der Inangriffnahme von Kanal— bauten einverstanden erklärt, was allerdings aus dem Be— richt des Herrn Stumm nicht recht ersichtlich sei, denn in dem— selben nähmen die Bedenken gegen den Kanalbau den breitesten Raum ein. Seit einem Dezennium sei die Mehrheit der wirthschaftlichen technischen Autoritäten im Interesse der
wirthschaftlichen Entwickelung für den Neubau von Wasserstraßen eingetreten, allen voran der berühmte Nationalölonom Roscher. Redner ging des Näheren auf die Vortheile des Kanaltransports gegenüber dem Eisenbahntransport ein und unterzog den Kom⸗ missionsbericht einer Kritik. Er suchte insbesondere nachzuweisen, daß die in dem Bericht behauptete Unrentabilität der französischen Kanäle auf unrichtigen
statistischen Daten beruhe. Der Referent hätte übrigens gar nicht so weit zu gehen brauchen, die in den Niederlanden und Belgien gemachten Erfahrungen sprächen deutlich zu Gunsten der Vorlage. Es sei auch darauf hingewiesen worden, daß die Landwirthschaft kein Interesse an der Vorlage habe. Dem gegenüber konstatire er, daß die Vorsitzenden der im Bereich des Kanals liegenden sechs landwirihschaftlichen Vereine Mitglieder des Comitès zur Förderung dieses Kanalbaues seien, ebenso wie einzelne Mitglieder des Provinzial-Landtags. Es sei dies geschehen in der sicheren Erwartung, daß durch den Kanal weitere Äbsatzgebiete für die Kohlen geschaffen würden. Diesem großen Gedanken gegenüber kämen die Kosten nicht so sehr in Betracht. Es sei indeß übertrieben, daß der Ausbau des Kanalnetzes 1 Milliarde kosten würde, wie der Referent behaupte. Auch die Rechnung der rachtvergleichung sei eine unrichtige. Redner bat, der Vor— age zuzustimmen.
Herr Stumm bestritt, daß die Mehrheit der Kommission für die Vorlage gestimmt habe, worauf der Schriftführer der Kommission, Herr Hache, konstatirte, daß thatsächlich 8 gegen 7 Mitglieder sich für das Prinzip der Vorlage erklärt und nur aus nicht prinzipiellen Gründen gegen dieselbe gestimmt hätten.
Herr von Bethmann-Hollweg erklärte sich gegen die Vor— lage, die lediglich einigen größeren Industriellen oder höchstens dem betreffenden Landestheile, keineswegs aber dem ganzen Lande nütze. Uebrigens würde jetzt schon von den Wasser— straßen kein ausgedehnter Gebrauch gemacht, weil der Eifen— bahntransport billiger sei. Düsseldorf beziehe seine Chaussee— steine nicht auf dem Rheinwege, sondern per Eisenbahn.
Herr Becker (Düsseldorf) konstatirte, daß Düsseldorf seine Pflastersteine ausschließlich per Schiff beziehe. Wenn wirklich einmal ein Eisenbahntransport erfolgt sei, so könne dies nur unter ganz ungewöhnlichen Verhältnissen geschehen sein.
Herr Bredt bestätigte dies.
Herr Adams (Coblenz) bemängelte die Berechnungen der Kommissien, als auf unrichtigen Zahlenangaben beruhend. Der Wassertransport werde immer billiger bleiben, als der Eisenbahntransport, und wenn dieser Satz auch von Herrn Stumm bekämpft werde, so sei er doch richtig, überhaupt müsse man Herrn Stumm nicht, wie Herr Graf Brühl gethan habe, als eine absolute Autorität in diesen Sachen ansehen, wenn er auch ein hervorragender Sachverständiger sei; um so we⸗ niger dürfe man sich den Ausführungen des Herrn Stumm anschließen, als er ein Vertreter der großen Eisenindustrie sei, welche natürlich ein großes Interesse am Weiterausbau der Eisenbahnen habe, für welche sie die Materialien liefere, während der Kanalbau dem Eisenbahnbau Eintrag thue. Man mög also diese hochwichtige und dankenswerthe Vorlage der Regierung annehmen.
= Fürst Hatz feldt⸗Trachenberg hielt den Wassertransport nicht für einen überwundenen Standpunkt, glaubte auch, daß die Finanzlage nicht so schlecht sei, um die Ausgabe zu ver— bieten; aber die spezielle Route, welche der Rhein⸗Ems⸗Kanal verfolge, sei von geringerer Bedeutung. Die Hauptsache sei, einen großen Binnenlandkanal zu schaffen; die Regierung habe nun allerdings im Abgeordnetenhause vahingehende Ver— sprechungen gemacht, aber auf so vage Versprechungen hin könne er so große Ausgaben nicht bewilligen: darum habe er seinen Antrag gestellt, den er hierdurch zur Annahme empfehle.
Der Staats⸗-Minister von Boetticher erklärte, er habe dem Bedauern des Ministers für Handel und Gewerbe darüber Ausdruck zu geben, daß dieser heute nicht hier anwesend sei, so⸗ wie seinem eigenen Bedauern darüber, daß in Folge dessen die Vertheidigung der Vorlage ihm zufalle, die aus jenem Munde mit größerer Beredtsamkeit geführt wäre. Die Stellung der Regierung zur Vorlage sei dieselbe geblieben, die fie von Anfang an gewesen sei; um entstandenen Gerüchten entgegen⸗ zutreten, füge er noch zu, daß nicht irgend ein Mitglied' der Regierung diese Vorlage nicht wolle; es sei schon an sich inner⸗ halb einer wohl gegliederten Regierung nahezu unmöglich, daß ein Minister, nachdem das Gesammt-Ministerium eine bestimmte Vorlage Sr. Majestät zu unterbreiten beschlossen habe, eine ablehnende Haltung einnehme und hinter den Coulissen gegen die Vorlage arbeite, außerdem folge aus den Worten Fes Vertreters des Ministers für öffentliche Arbeiten, daß Letz⸗ terer, obwohl die Kanalvorlage seinem Hauptressort, den Eisenbahnen, Konkurrenz mache, doch voll Und ganz für die⸗ selbe. eintrete, und von ihm (Nedner), dem Vertreter des Ministers für Handel und Gewerbe, fei derselbe Standpunkt selbstverständlich. Bei genauerer Prüfung finde man, daß die Gründe der Gegner des Kanals auf sehr schwachen Füßen stehen. Ihre Berechnungen, von denen sich ja heute herausgestellt habe, daß sie auf falscher Grundlage beruhen, könne er im Detail nicht wieder legen; aber selbst wenn er den ungünstigsten Stand— punkt einnähme, die ganze Rentabilität des Kanals preisgäbe,
sogar noch einen Staatszuschuß zur Unterhaltung voraussetze, empfehle er doch die Annahme der Vorlage mit gutem Gewissen. Es handele sich hier nicht um die kleinlichen Interressen, ob dieser oder jener Großindustrieller in Rheinland und Westfalen ein besseres Geschäft mache, sondern darum, daß Schätze ge⸗ hoben würden, die in Rheinland⸗-Westfalen liegen, darum, daß einer arbeitsamen Bevölkerung Arbeit und Verdienst gegeben werde, darum, daß die große soziale Frage auch hier gefördert werde, und dazu sei kein Opfer zu groß. Auch noch aus einem Grunde empfehle er die Vorlage. Dem Reiche nämlich sei die Regulirung der künstlichen Wasserstraßen verfassungs—⸗ gemäß vorbehalten, und das Reich habe für diese Materie die Vorarbeiten stetig gefordert; wie sollten wir nun aber unseren Bundesgenossen zumuthen, einen vielleicht wenig rentabeln Kanal zu bauen, wenn man uns vorhalten könne: kehrt vor Eurer eignen Thür, schafft Euch erst die Zustimmung Eurer legislativen Körperschaften zu den preußischen Kanalvorlagen! Aber auch die Rücksicht auf die allgemeine Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers bestimme, ein gutes Wort für die Vorlage einzulegen, welche ein Theil dieser großen Wirthschaftspolitik sei, die wir auf Befehl unseres Allergnädigsten Herrn begonnen haben, und für die wir auch die Hülfe des Herrscherhauses in Anspruch nehmen. Zu jedem so großen Unternehmen gehöre Vertrauen und Muth. Vertrauen habe das Herrenhaus bis— her zu den einzelnen Schritten, die die neue Wirthschaftspolitik forderte, gehabt: nun möge dasselbe auch den Muth haben, das Geld für den neuen Kanal zu geben.
Graf von Moltke räumte ein, daß es für ihn und vielleicht auch für manchen Anderen schwierig sei, die Gründe für und wider die Vorlage richtig gegen einander abzuwägen. Auf der einen Seite ständen Zahlen, auf der anderen Seite Erwartungen. Daß die Kanäle jemals die Zinsen des Ka— pitals ergeben werden, sei gewiß zweifelhaft, dem aber stän— den entgegen die großen Vortheile, welche der Kanal für den Transport vieler Güter enthalte, der Güter, die zum Theil nie auf Eisenbahnen kommen würden. Ob die Vortheile, die durch Annahme der Vorlage gewonnen werden, überwiegen, und in welchem Maße dies der Fall sein werde, könne Niemand als die Regierung selbst übersehen, welche die Vorlage gebracht und welche gewiß die weittragenden Konsequenzen derselben erwogen habe. In mili— tärischer Beziehung müsse er dem Ausbau der Eisenbahnen den Vorzug geben vor dem Kanalnetz, auf Kanälen werde man schwerlich jemals Truppen transportiren, aber auch das Kanalnetz würde militärisch sehr vortheil haft sein, namentlich zur Verproviantirung der Grenzfestungen und zur Er— haltung der unermeßlichen Magazine, die nöthig seien für die Operationen der Armee. Ihm scheine doch, daß die Vorlage sympathisch begrüßt werden sollte, namentlich vom Bergbau und von der Landwirthschaft. Letzterer ge— währten die Eisenbahnen nur einen sehr beschränkten Nutzen; sie kämen nur den beschränkten Gebieten zu Gute, die un— mittelbar an der Eisenbehn selbst lägen und einen Bahnhof hätten; für weitere Entfernungen sei der Transport bis zur Bahn so theuer, daß man die Eisenbahntarife herabsetzen könne, wie man wolle, der Vortheil gehe schon bei dem Wagentransport verloren. Auch könne man bei der Eisenbahn nicht so weit Rücksicht auf die Landwirthschaft nehmen, daß man jeden Zug überall da anhalten lasse, wo der Getreidetransport dies wünschens— werth mache — das würde dem ührigen Bahnverkehr zu großen Nachtheil bringen. Er glaube, daß Eisenbahnen und Kanäle sich gegenseitig ergänzen müßten. Eisenbahnen könnten Kanäle ebenso wenig ersetzen, wie umgekehrt. Er fürchte auch nicht, daß beide in Konkurrenz treten würden. Das sähen wir nicht nur am Rhein, sondern auch hier in Berlin, wo aus allen Weltrichtungen 8 oder 9 Hauptbahnen zusammen— kämen und wo demungeachtet und trotzdem, daß hisher die Wasserwege hier in schlechtester Ver fassung seien, ein großer Flußverkehr stattfinde. Baue man Kanäle und vertraue man dem Minister für öffentliche Arbeiten, daß die Eisenbahnen ihre weitere Entwickelung, die auch Redner für nöthig halte, finden würden. Die Eisenbahnen bedürften noch großer Er— gänzung, aber daneben dürften auch die Kanäle nicht ver— nachlässigt werden. Er (Redner) werde für die Vorlage stimmen.
Die Generaldiskussion wurde jetzt geschlossen, und der Re= ferent rekapitulirte die Debatte, die einzelnen Angriffe der Vorlage gegen den Kommissionsbericht widerlegend.
Bei der Spezialdiskussion über 8. 1 verwahrte sich Herr Hachs gegen den Einwand des Grafen Brühl, daß die Firma Friedrich Krupp in Essen sich gegen die Vorlage ausgesprochen habe, dieselbe habe sich im Gegentheil stets günstig über die Vorlage geäußert. — Die Regierungslommissarien Geh. Ober— Bergrath Freund und Geh. Regierungs-Rath Mosler ver— theidigten den 5. 1 vom technisch finanziellen Standpunkte aus. — Herr Bredt befürwortete einen von ihm gestellten Antrag, für den Fall der Annahme des §. 1 in der Fassung des Abgeordnetenhauses folgende Resolution anzunehmen:
Die Staatsregierung zu ersuchen, dem Landtage einen Gesetz⸗ entwurf vorzulegen, welcher a. die Verbindung der Schiffahrts— kanalstrecke von Dortmund nach der unteren Ems mit dem Rhein und der mittleren Weser und mittleren Elbe, b. die Herstellung einer leistungsfähigen Wasserstraße zwischen den Montandistrikten Oberschlesien und Berlin zum Gegenstande hat.
Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und nachdem der Referent Herr Stumm die Ablehnung des 5§. 1 befür—⸗ wortet hatte, erfolgte die Abstimmung über denselben durch Namensaufruf. Bei demselben wurden 135 Stimmen abge— geben, von denen 65 mit „Ja“ und 70 mit „Nein“ stimmten. Der 98. 1 war somit abgelehnt.
Hierauf erklärte der Staats⸗Minister von Boetticher, daß die Staatsregierung keinen Werth auf die weitere Berathung der Vorlage lege.
Die Resolution, welche von dem Fürsten von Hatzfeldt beantragt worden war, wurde hierauf von der Majorität des Hauses angenommen. — Die vorliegenden Peiitionen wurden für erledigt erachtet.
Der Rest der Tagesordnung wurde vertagt, und die nächste Sitzung auf Montag, 9 Uhr Vormittags, anberaumt. Schluß der Sitzung 4 Uhr.
— Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (87) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die Be⸗ rathung über Petitionsberichte fortgesetzt.
Der Centralverein für Körperpflege ia Volk und Schule richtete unter dem 5. Dezember v. J. folgendes Petitum an das Abgeordnetenhaus:
»Das Haus wolle die Königliche Regierung ersuchen, nach dem Vorbilde der Unterrichtsverwaltung von Elsaß-Lothringen eine Kom⸗ mission von Aerzten behufs Erstattung eines Gutachtens über das höhere Schulwesen Preußens einzusetzen, um auf Grund desselben die genügenden Maßnahmen zur Verhütung einer für die gebildete Jugend Deutschlands immer drohender werdenden Gefahr des kör⸗ perlichen Rückgangs zu treffen.“
Dieser Bitte schlossen sich aus mehr als 80 Städten die Magistrate, Kuratorien höherer Lehranstalten, Lehrerkollegien, Turn⸗, Bildungs⸗, Handwerker- und ärztliche Vereine in gleichlautenden Petitionen an.
Die Kommission beantragte, die Petitionen der König— lichen Staatsregierung mit der Maßgabe zur Berücksichtigung zu überweisen, daß die Frage, ob eine Ueberbürdung der Schüler an den höheren Lehranstalten stattfinde, und welche geeignete Vorschläge zur Abhülfe zu machen seien, der ein⸗ jehendsten Prüfung unterzogen werde.
Die Abgg. Dr. Perger und Dr. A. Reichen sperger (Cöln) beantragten bei der Wichtigkeit des Gegenstandes eine Ab— setzung dieses Gegenstandes von der heutigen Tagesordnung und eine eingehende Berathung in nächster Session, die der Regierung reiches Material bezüglich der Ueber bürdungsfrage liefern werde.
Hierauf wurde die Petition von der Tagesordnung abgesetzt.
Es folgte der Bericht der Petitionskommission über die Petitionen der Handelskammern in Hildesheim und Görlitz. Dieselben hatten sich geweigert, dem Handels-Minister ihre Berichte, bevor dieselben veröffentlicht würden, einzureichen, damit etwaige Berichtigungen in sie aufgenommen, und mit ihnen zugleich der Oeffentlichkeit übergeben werden könnten. Dieselben waren in Folge dessen ihrer amtlichen Funktionen enthoben worhen. Jetzt petitioniren diese Handelskammern, daß die über sie verhängte Maßregel aufgehoben und für un— vereinbar mit den bestehenden Gesetzen erklärt werde.
Der Referent Abg. von Gliszezynski empfahl Namens der Kommission Uebergang zur Tagesordnung.
Der Abg. Götting wollte die Rechtsfrage im Einzelnen nicht näher erörtern; er müsse aber erklären, daß er das Vor⸗ gehen des Handels-Ministers gegen die Gewerbekammern rechtlich für sehr bedenklich halte; indessen hoffe er, daß bald wieder erquicklichere Verhältnisse eintreten würden.
Der Unter⸗Staatssekretär Hr. von Möller widersprach dieser Auffassung. Der Minister sei sogar berechtigt, eine Handeis—⸗ kammer gänzlich aufzulösen. Der Minister habe aber von diesem Rechte deshalb keinen Gebrauch gemacht, weil derselbe der betreffenden Kammer die Möglichkeit habe gewähren wollen, dem Wunsche des Ministers entsprechend, ihre Berichte vor der Veröffentlichung dem Ministerium einzureichen, damit etwaige Berichtigungen u. s. w. aufgenommen, und mit diesem zu⸗ gleich der Oeffentlichkeit übergeben werden könnten. Die Handels- kammer von Kiel, die zu den Gegnern der herrschenden Wirthschaftspolitik gehöre, habe diese Vorberichterstattung an das Ministerium für sehr wünschenswerth bezeichnet; das Haus werde hoffentlich den Antrag der Kommission annehmen.
Der Abg. Hansen polemisirte gegen den Abg. Götting, welcher bestritten hatte, daß die Handelskammern Behörden seien. Wer dies bejahe, müsse aber auch dem Minister das Recht der Disziplinargewalt über dieselbe zugestehen.
Der Abg. Zelle vermißte in den Ausführungen des Re⸗ gierungsvertreters die Behandlung des Hauptpunktes, ob die Handelskammern Behörden seien. Wäre diese Auffassung richtig, so könnte die Regierung ja auch städtische Magistrate, bie ebenfalls Behörden seien, einfach aufheben. Es sei dann noch die Frage zu beantworten, wer im Falle einer Auflösung einer solchen Kammer ihre Funktionen versehen solle. Für den Fall der Auflösung eines Magistrats sei dieser Fall vor— gesehen. Redner behielt sich die Stellung eines Antrages in dieser Richtung vor, bat aber die Regierung, baldigst ein Ge— setz vorzulegen, das hiese Lücke ausfülle.
Der Abg. Dirichl t stellte einen Antrag auf Vertagung, in⸗ dem er die Beschlußfähigkeit des Hauses anzweifelte. Dieser An⸗ trag wurde abgelehnt und darauf der Antrag der Kommission angenommen. Damit war die Tagesordnung erledigt.
Der Präsident theilte mit, daß nach ihm soeben gewor— denen Mittheilungen aus dem Herrenhause es zur Zeit noch zweifelhaft sei, ob dieses mit seinen Arbeiten noch im Laufe des heutigen Tages zu Ende kommen werde, so daß der Schluß des Landtages noch heute erfolgen könne. Er bitte daher das Haus, ihn zu ermächtigen, eventuell dasselhe zu einer neuen Sitzung zu berufen. Da diese Sitzung aber auch die letzte sein könne, so wolle er schon setzt die üblich! Ge— schäftsübersicht dem Hause mittheilen.
Nachdem der Präsident dieselbe verlesen, fügte er den Wunsch hinzu, daß die Arbeiten dieser langen Session dem Lande von bleibendem Nutzen sein möchten.
Der Abg. von Bockum⸗Dolffs bemerkte: am Schlusse dieser ungewöhnlich langen Session glaube er im Sinne der großen Mehrheit des Hauses zu handeln, wenn er dem hoch— verehrten Praäsidenten für die Treue, Umsicht und unaus⸗ gesetzte Unparteilichkeit, mit welcher derselbe die wichtigen Ver⸗ handlungen des Hauses geleitet habe, den wärmsten, innigsten Dank des Hauses ausspreche. Auch den Vize-Präsidenten und Schriftführern sage er diesen Dank, und bitte das Haus, sich zum Zeichen seines Einverständnisses von den Sitzen zu er— heben. (Geschieht.)
Der Präsident von Köller erklärte, er danke für die freundlichen Gesinnungen, die soeben ausgesprochen seien, zu⸗ gleich im Namen seiner Kollegen vom Vorstande, die sich diesem Dank gewiß von Herzen anschließen würden. Er danke Allen für das Wohlwollen, welches alle Parteien dieses Hauses ihm im Laufe der ganzen Session hätten zu Theil werden lassen, und könne nur wünschen, daß das Haus das Wohlwollen ihm freundlichst erhalte. Das könne er sagen, unter diesen Umständen sei ihm sein Amt leicht geworden.
Hierauf vertagte sich das dHaus um 2 Uhr auf Montag 1 Uhr.