1883 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jul 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Buchstaben: Neunzigtausend Mark Reichswährung, welche in Ab⸗ schnitten von 2000, 1000, 500 und 200 A nach der Bestimmung des Darleihers bezw. dessen Rechtsnachfolgers über die Zahl der Schuld⸗ scheine jeder dieser Gattungen nach dem anliegenden Muster auszu—= fertigen, mit vier Prozent jährlich zu verzinsen und nach der durch das Loos zu bestimmenden Folgeordnung vom Jahre der Ausgabe der Anleibescheine ab mit jährlich mindestens Einem und höchstens Sechs vom Hundert des Nennwerths der ursprünglichen Kapitalschuld, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldbeträgen, zu tilgen sind, durch gegenwartiges Privilegium Unsere landesherrliche Genehmigung mit der rechtlichen Wirkung ertheilen, daß ein jeder Inhaber dieser Anleihescheine die daraus hervorgehenden Rechte geltend zu machen befugt ist, ohne zu dem Nachweise der Uebertragung des Eigen thums verpflichtet zu sein.

Durch vorstehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Rechte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Anleihescheine eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht übernommen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Bad Ems, den 22. Juni 1883.

(L. 8.) Wilhelm. Für den Minister der öffentlichen Arbeiten:

von Puttkamer. Lucius. von Scholz.

Provinz Westpreußen. Regierungsbezirk Danzig. Anleiheschein des Kreises Berent in Westpreußen. II. Ausgabe. Buchstabe .. Nummer .. über Mark Reichswährung.

Ausgefertigt in Gemäßheit des landesherrlichen Privilegiums vom 22. Juni 1883 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Danzig vom .. ten 18.3. Nr. ... Seite.. und Gesetz⸗ Sammlung für 18 . . Nr. . . Seite . .).

Auf Grund des von dem Bezirksrathe des Regierungs— bezirksß Danzig unterm 8. August 1882 genehmigten Be⸗ schlusses des Kreistages des Kreises Berent vom 1. August 1882 wegen Aufnahme einer Schuld von 90009 41 aus dem Reichs-Invalidenfonds bekennt sich der Kreisausschuß Namens des Kreises Berent durch diesen, für jeden Inhaber gültigen, sowohl Seitens des Gläubigers als auch Seitens des Schuldners unkünd baren Anleiheschein zu einer Darlehnsschuld von . .. Mark Reichs— währung, welche an den Kreis Berent baar gezahlt worden und mit vier Prozent jährlich zu verzinsen ist.

Die Rückzahlung der ganzen Schuld von 90 000 erfolgt vom Jahre 1884 ab aus einem zu diesem Behuf gebildeten Tilgungsstock von Einem Prozent des Nennwerths des ursprünglichen Schuldkapitals jährlich unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldbeträgen. Dem Kreise Berent bleibt jedoch das Recht vorbehalten, den Tilgungs—⸗ stock durch größere Ausloosungen um höchstens Fünf vom Hundert des Nennwerths des ursprünglichen Schuldkapitals für jedes Jahr zu ver— stärten. Die durch die verstärkte Tilgung ersparten Zinsen wachsen ebenfalls dem Tilgungsstock zu.

Die jährlichen Tilgungsbeträge werden auf 500 beziehungsweise 200 4M abgerundet.

Die Folgeordnung der Einlösung der Anleihescheine wird durch das Leos bestimmt.

Die Ausloosung erfolgt vom Jahre 18 .. ab im Monat März jeden Jahres, die Auszahlung des Nennwerthé der ausgeloosten Stücke an dem auf die Ausloosung folgenden 1. Oltober.

Die ausgeloosten Anleihescheine werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt spätestens sechs, drei, zwei und einen Monat vor dem Fälligkeitstermine in dem „Deutschen Reichs. und Königlich Preußischen Staats ⸗Anzeiger“, in dem ‚Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Danzig“, in je einem in Berent und in Danzig erscheinenden öffentlichen Blatte und in dem amtlichen Organ der Kreisbehörde zu Berent. Sollte eines dieser Blätter eingeben, so wird von der Kreisvertretung mit Genehmigung des Königlichen Regierungs⸗Präsidenten zu Danzig ein anderes Blatt bestimmt.

Durch die vorbezeichneten Blätter erfolgen auch die sonstigen, diese Anleihe betreffenden Bekanntmachungen, insbesondere die Be— zeichnung der Einlösestellen für die Zinsscheine und die ausgeloosten Anleihescheine. ͤ

Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 1. April und am J. Oktober, von heute an gerechnet, mit vier Prozent jährlich in Reichs⸗ münze verzinst.

Der Hir senlauf der ausgeloosten Anleihescheine endigt an dem für die Einlösung bestimmten Tage.

Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der ausgegebenen Zinsscheine, beziehungsweise dieses An⸗— leihescheins in Berent bei der Kreis⸗Kommunalkasse und in Berlin und Danzig bei den in den vorbezeichneten Blättern bekannt ge— machten Einlösestellen und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins folgenden Zeit.

Mit dem zur Empfangnahme des Kapitals eingereichten Anleihe scheine sind auch die dazu gehörigen Zinsscheine der späteren Fälligkeits— termine zurüculiefern.

Für die fehlenden Zinsscheine wird der Betrag vom Kapital ab⸗— gezogen. Die durch Ausloosung zur Rückzahlung bestimmten Kapital betrage, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungs— termin nicht erhoben werden, sowie die innerhalb vier Jahren, vom Ablaufe des Kalenderjahres der Fälligkeit an gerechnet, nicht er⸗ hobenen Zinsen verjähren zu Gunsten des Kreises. Das Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener und vernichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der 58§. 838 u. ff. der Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 1377 R. G. Bl. Seite 83 beziehungsweise nach §. 20 des Ausfübrungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordung vom 24. März 1879 Gesetz⸗ Sammlung Seite 281.

Zinsscheine können weder aufgeboten noch für kraftlos erklart werden. Doch soll Demjenigen, welcher den Verlust von Zins scheinen vor Ablauf der vierjährigen Berjährungsfrist bei dern Landrathe des Berenter Kreises anmeldet und den stattgehabten Be— sitz der Zinsscheine durch Vorzeigung des Anleihescheines oder sonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zins— scheine gegen Quittung ausgezahlt werden.

Mit diesem Anleiheschcine sind zehn halbjährliche Zinsscheine bis zum Schlusse des ausgegeben; die ferneren Zins—⸗ scheine werden für fünfjährige Zeiträume ausgegeben werden.

Die Ausgabe einer neuen Reihe von gi fr erfolgt bei den mit der Zinsenzahlung betrauten Stellen gegen Ablieferung der der älteren Zinsscheinreihe beigedruckten Anweisung. Beim Verluste der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheinreihe an den Inhaber des Anleihescheins, sofern dessen Vorzeigung rechtzeitig geschehen ist.

Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet der Kreis Berent mit seinem gesammten gegenwärtigen und zukänfti. gen Vermögen und mit seiner Steuerkraft.

Dessen zur Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.

Provinz Westpreußen. Regierungsbezirk Danzig. Erster (bis .. ) Zinsschein (.) Serie zu dem Anleibeschein des Kreises Berent . II. Ausgabe, Buchstabe .. Nr. .. über... Mark Reichswährung zu vier dan Zinsen K

Der Inhaber dieses Zinsscheines empfängt gegen dessen Rückgabe am ten und späterhin die Zinsen des vorbenannten An⸗ leihescheines für das Halbjahr vom .. ten bis mit (in Buchstaben) Mark . . Pf. bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Berent und bei den bekannt gemachten Einlösestellen in Berlin und Danzig.

Berent, den. 1

Der Kreis⸗Ausschuß des Kreises Berent.

Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit erhoben wird.

Anmerkung. Die Namensunterschriften der Mitglieder des Kreis ⸗Ausschusses können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namens unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Provinz Westpreußen. Regierungsbezirk Danzig. Anweisung zum Anleiheschein des Kreises Berent. . Ausgabe, Buchstabe . . Nr. . . über .. . . Mark Reichswährung.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem Anleihescheine des Kreises Berent II. Ausgabe, Buchstabe .. Nr. . über . .. . Mark Reichswährung zu vier Prozent Zinsen die „te Reihe Zinsscheine für die fünf Jahre vom .. ten .... 18. . bis ... ten .... 18 .. bei der Kreis ⸗Kommunalkasse zu Berent und bei den mit der Zinsenzahlung betrauten Stellen in Berlin und Danzig, sofern dagegen Seitens des als solchen legitimirten Inhabers des Anleihescheins kein Widerspruch erhoben ist.

Berent, den .. ten 1

Der Kreis -Ausschuß des Kreises Berent.

Anmerkung. Die Namensunterschriften der Mitglieder des Kreis Ausschusses können mit Lettern oder Faesimilestempeln gedruckt werden, doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.

Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken:

ter Zinsschein.

ler Zinsschein.

Anweisung.

Die Nummer 20 der Gesetz-Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter Nr. 8941 das Gesetz, betreffend Abänderungen der kirchen— politischen Gesetze. Vom 11. Juli 1883. Berlin, den 17. Juli 1883. Königliches ö

Beitz ing.

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. Juli. Se. Majestät der Kaiser trafen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend 61/4 Uhr wohlbehalten in München ein und setzten nach einem halbstündigen Aufenthalt die Reise nach Rosenheim fort. Der preußische Gesandte Graf von Werthern und der Militär⸗— bevollmächtigte von Panwitz waren Sr. Majestät bis Kempten entgegengefahren und begleiteten den Kaiser bis Rosenheim

In Rosenheim, von wo die Weiterreise nach Gastein heute erfolgen sollte, sind Se. Majestät gleichfalls wohlhehalten Abends angelangt und auf das Festlichste empfangen worden.

Se. Kaiser liche und Königliche Hoheit der Kronprinz kehrte gestern gegen Mitternacht aus Bielefeld über Spandau in das Neue Palais zurück.

In Verbindung mit der Ausstellung in Amsterdam wird daselbst am 2., 3., 9. und 10. September d. J. ein internationaler musikalischer Wettstreit von Civil— und Militärkapellen stattfinden. Anmeldungen zur Theilnahme sind bis zum 25. Juli schriftlich an das Sekre— tariat der Commission organisatrice in Amsterdam, Keizers— gracht 812, zu richten.

Zur Aburtheilung eines falschen eidlichen Zeug— nisses, welches, wie von vornherein feststeht, von dem Be— schuldigten abgegeben worden war, weil die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Verfolgung wegen eines Ver⸗ brechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte (5. 157 Str. G.⸗B.), ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 21. Mai d. J., das Schwurgericht zuständig.

Der Königliche Gesandte am Großherzoglich badischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Flemming, hat Karlsruhe mit längerem Urlaub verlassen. Während der Abwesenheit desselben ist der Königliche Gesandte in Darm— stadt, Legations⸗-Rath Stumm, mit der Leitung der gesandt⸗ schaftlichen Geschäfte in Karlsruhe beauftragt.

Der hiesige hanseatische Minister-Resident Dr. Krüger hat einen längeren Urlaub angetreten. Während seiner Ab⸗ wesenheit werden die Geschäfte der hanseatischen Mission durch die Königlich bayerische Gesandtschaft versehen.

Der Inspecteur der Infanterieschulen, General⸗Major von Sanitz, ist von der Besichtigung des Militär⸗Knaben— Erziehungs-Instituts zu Annaburg hierher zurückgekehrt.

Ems, 17. Juli. (W. T. B.) Der russische Finanz- Minister Bunge ist gestern Abend 10 Uhr zum Kurgebrauch hier eingetroffen.

Sachsen. Leipzig, 15. Juli. (Nat. Ztg.) Mit dem L. d. M. ist der letzte von den drei dem Reichsgerichte beigegeben gewesenen Hülfssenaten aufgelöst worden. Damit ist die regelmäßige Besetzung und Thätigkeit des Ge—⸗ richtshofes in allen Theilen bewirkt. Die Mehrzahl der Mit— glieder des jüngst aufgelösten Hülfssenats ist an die betreffen— den preußischen Ober Landesgerichte zurückgekehrt, der mehr—

jährige Vorsitzende desselben, Reichsgerichts Rath Dr. Fleischauer, ist in den fünften Civilsenat des Reichsgerichts eingetreten.

Großbritannien und Irland. London, 14. Juli. (Allg. Corr) Die Bewegung gegen den Vertrag, welchen die Regierung mit Hrn. von Lesseps wegen der Herstellung eines zweiten Suezkanals eingegangen ist, nimmt große Intensität an. Nicht weniger als fünf Kundgebungen gegen das „Neue Suez Canal Scheme“ paradiren in den Blättern. Die Rhedergesellschaft, eine Deputation der Vereinigten Handels⸗ kammern, eine Versammlung bei Lloyds, der Ausschuß der Schiff⸗ fahrtskammer und der Rhederverein von Northshields haben an ein und demselben Tage gegen den Schritt der Regierung pro⸗ testirt. Der Deputation von Vertretern der hritischen Handelskammern und Schiffsrheder, welche unter Führung des Parlamentsmitgliedes Monk dem Schatzkanzler ihre Aufwartung machten, um ihm ihre Bedenken gegen das mit Lesseps getroffene vorläufige Abkommen für die Herstellung eines zweiten Suezkanals vorzutragen, erwiderte Mr. Childers, die Regierung habe ihr Möglichstes im Interesse der Schiffsrheder und des britischen Handels gethan. Bei den Unterhandlungen mit Hrn. von Lesseps dürfe der Punkt nicht außer Acht gelassen werden; daß letzterer ein aus⸗ schließliches Privilegium in Bezug auf die Wasserstraße der Landenge von Suez besitze. Nichtsdestoweniger habe die Regierung eine Herabsetzung der Tonnengebühren, für die englischen Direktoren der Gesellschaft Sitz und Stimme im Verwaltungsausschuß und andere wichtige Forderungen durch— gesetzt. Nun sei es Sache des Publikums und des Hauses der Gemeinen, sich zu entschließen, ob sie diese Zugeständnisse annehmen oder auf den status quo ante zurückgehen wollen.

16. Juli. (W. T. B. Unterhaus. Auf eine Anfrage Northeote's erwiderte der Premier Gladstone, die Spezialberathung der Bills, betreffend die Pächter, könne nur unterbrochen werden, um diejenige des Ausgabenbudgets zu erledigen. Es könne daher ein Tag für die Berathung bes Abkommens wegen des neuen Suezkanals nicht festgesetzt werden, bevor man das Ende der Spezialberathung der Pachtbills absehen könne. Aus Madagaskar seien keine weiteren Nachrichten eingegangen. Unter⸗Staatssekretär Fitz⸗ maurice theilte mit, in Kairo seien 3 bis 4 choleraverdäch— tige Erkrankungsfälle vorgekommen. Der Gesundheits— zustand der englischen Truppen in Kairo sei ein guter, boch seien Vorkehrungen getroffen, um, wenn nöthig, ein Lager zu beziehen. Der Generalkonsul Malet habe berichtet, daß sieben europäische Aerzte nach den infizirten Gegenden ge— sandt seien.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Trincomale (Ceylon) vom 15. Juli sind die englischen Kriegsschiffe „Euryalus“ und „Tourmaline“ gestern Abend nach der Insel Mauritius ahgegangen.

17. Juli. (W. T. B.) Einer Depesche der „Times“ aus Konstantinopel zufolge hat die Pforte in dringlichen Vorstellungen bei der englischen Regierung darauf hingewiesen, datz ohne ihre Zustimmung keine Aenderung an dem gegen⸗ wärtigen Zustand des Suezkanals eingeführt werden könne.

Frankreich. Paris, 14. Juli. Ein Correspondent der „Köln. Ztg.“ schreibt über die Feier des Nationalfestes, nachdem er die Enthüllung des Standhildes der Republik ein⸗ gehend beschrieben: Paris selbst ist seit heute Morgen äußerst belebt und mit Ausnahme der aristokratischen Viertel ist die Pariser Hauptstadt ebenso geschmückt wie in den früheren Jahren. In allen Vierteln herrscht das regste Leben, fast überall wird getanzt, Musik gemacht, Vorstellungen der ver— schiedensten Art gegeben, mit einem Wort, Paris begeht das Nationalsest von 1883 fast in derselben guten Laune wie das von 1879, das erste, welches die Republik feierte. Die nämliche Be⸗ geisterung wie damals herrscht heute natürlich nicht. Der Pariser amüsirt sich aber gern und benutzt deshalb die gebotene Ge— legenheit nach Kräften. Selbstverständlich hatten sich die Bariser massenweise (freilich waren unter denselben viele Pro— oinzler und Fremde) zur Truppenschau auf dem Longchamps des Boulogner Wäldchens eingefunden. Die Menge war in— dessen doch kleiner als in frühern Jahren, sowohl weil häufige Regengüsse fielen als weil der Glaube an die Unüberwindlich— keit der Armee sich wieder befestigt hat und man es daher nicht für nöthig hält, sich von den Fortschritten derselben erst durch den Augenschein zu überzeugen. Die Vorgänge auf dem Longchamps waren ungefähr so wie in den letzten Jahren. Bei der Ankunft des Präsidenten Grévy donnerten die Kano— nen des Mont Valérien, die Musikbanden spielten, die Trup⸗

pen präsentirten und der Kriegs-Minister Thibaudin ritt mit

dem General Lecointe, Gouverneur von Paris, welcher den Oberbefehl führte, an den Truppen es waren ungefähr 15 9000 Mann vorüber. In seinem Gefolge, das sehr glän⸗ zend war, hefanden sich alle militärischen. Attachss. Da⸗ nach sprengté General Thibaudin mit seinem Ge— solge vor die präsidentschaftliche Loge, begrüßte den Präsidenten Gräéövy, und stellte sich dann der

präsidentschaftlichen Loge gegenüber auf. Der Vorbeimarsch

nahm alsdann seinen Änsang; er erhielt vielen Beifall. Nach dem Vorbeimarsch ritt der Kriegs-Minister General Thibaubin und sein Gefolge vor die präsidentschaftliche Tribüne, begrüßte den Präsidenten und ritt dann ab. Der Präsident Grévy wurde bei seiner Ankunft und Abfahrt mit ziemlich großer Sympathie empfangen. Man hörte sogar vielfach Vige Grévy. In Paris geht das Nationalfest seinen ruhigen Gang.

16. Juli. (W. TD. B.) Deputirtenkamm er. Die Generaldebatte über die Konventionen mit den Eisen⸗ bahnen wurde heute begonnen und soll morgen fortgesetzt werden. Charmes richtete die Anfrage an den Minister des Auswärtigen, Challemel-Lacour, ob er Mit— theilungen über den Zwischenfall in Tamatave er⸗ halten habe. Der Minister erwiderte, der Admiral Pierre habe Instruklionen gehabt, Majunka und Tamatave zu besetzen und die Zollgebühren bis zur Höhe der von Frankreich reklamirten Summe einzuziehen. Der Admiral habe an 18. Mai die Besetzung von Majunka und am 18. Juni die von Tamatave telegraphisch gemeldet. Dies seien die einzigen Mittheilungen gewesen, welche die Regie⸗ rung besessen habe, als der Botschafter Lord Lyons ihr am 10. Juli die bekannten, der englischen Regierung zugegange⸗ nen Nachrichten mitgetheilt habe. Die französische Regierung habe damals erwidert, sie wisse nichts von den erwähnten Vor⸗ gängen, jedenfalls müsse ein Mißverständniß oder wenigstens eine Uebertreibung vorliegen. Die Regierung habe hierauf Berichte von den französischen Konsuln in Aden und Zanzibar gefordert. Am 13. d. habe sie eine Depesche des Admirals Pierre

erhalten, in welcher dieser mittheilt, daß Angriffe der Hovas zurückgeschlagen worden, von den der englischen Regierung gemeldeten Vorgängen aber Nichts erwähne. Challemel⸗ Lacour fügte hinzu, Admiral Pierre sei ein Offizier, dessen Besonnenheit und Entschlossenheit über allem Zweifel erhaben seien. Wenn er besondere Maßregeln hätte ergreifen müssen, so seien dieselben jedenfalls durch die Umstände gerechtfertigt gewesen und der Admiral habe wohl nur seine Instruktion befolgt, die ihm anempfahl, auf die Empfindlichkeit Eng⸗ lands die größte Rücksicht zu nehmen. Ebenso sei Pierre angewiesen worden, die Regierung von allen etwaigen un⸗ vorhergesehenen Ereignissen in Kenntniß zu setzen. Sein Schweigen sei in gewisser Hinsicht erklärlich, da er kein Schiff von dem Geschwader habe entsenden können, um Nachrichten zu übermitteln. Thatsachen, die theils nicht hinlänglich bekannt, theils falsch ausgelegt seien, könnten die Beziehungen Frank⸗ reichs zu England in keiner Weise alteriren. Die im eng⸗ lischen Parlament abgegebenen Erklärungen zeigten eine Mäßigung und Courtoisie, zu der man sich Glück wünschen müsse. Wenn irgend ein ernstlicher Irrthum oder Mißver⸗ ständnisse vorgekommen wären, würde die Regierung nicht anstehen, der ihr durch die Gerechtigkeit und das Interesse des Landes auferlegten Verpflichtung nachzukommen. (Lebhafter Beifall.)

Italien. Rom, 16. Juli. (W. T J Meldung der „Agenzia Stefani“.) Der italienische Botschafter in Konstan— tinopel, Graf Corti, hat in Folge ihm von dem Minister des Auswärtigen, Mancini, zugegangener Instruktionen die Aufmerksamkeit der Pforte auf die durch Depeschen aus Tri— polis verbreiteten Gerüchte gelenkt, wonach Italiener angeb— lich dort Gebietsanläufe machten und mit Bezug hierauf von den Lokalbehörden Maßregeln ergriffen würden. Graf Corti hat der Pforte gegenüber das Verlangen gestellt, die Quelle dieser falschen Gerüchte ausfindig zu machen und ersucht, die Psorte, welche die Haltlosigkeit der Gerüchte kenne, möge dieser Intrigue mit einem formellen Dementi ein Ende machen.

17. Juli. (W. T. B.) Wie es heißt, würden in dem nächsten öffentlichen Konsistorium im Monat September mehrere Kardinalsernennungen stattfinden, darunter die des Nuntius in Portugal. ;

Venedig, 16. Juli. (W. T. B.) Eine Gesandtschaft aus Birma ist hier eingetroffen, dieselbe wird den bestehenden Quarantänemaßregeln unterzogen.

Rußland und Polen. St Petersburg, 17. Juli. (WB. T. B.) Ein Communiqué der Regierung besagt: Durch eine 18 jährige Praxis haben sich einige Un— vob kommenheiten der im Jahre 1865 verordneten Be⸗ steuerung des Handels und der Industrie heraus— gestellt. Dieselben bestehen theilweise in der übermäßigen Be— lastung gewisser Industrien niederen Ranges, theilweise in der un— genügenden Besteuerung der größeren Handels- und Industrie— unternehmungen. Den Mängeln kann nur allmählich abgeholfen werden, jedoch wird es gegenwärtig für möglich erachtet, ohne eine Totalrevision der Verordnung vom Jahre 1865 die Reichscinnahmen aus dem Handel und der Industrie durch Beitreibung von Ergänzungssteuern von den äußerst wenig Zahlenden zu vermehren und gleichzeitig den sehr viel Zahlenden, wenn auch nur wenige, Erleichterungen zu gewähren. Diese Maßnahmen sind ebenso durch die Forderung der Gerechtigkeit wie durch die Nothwendigkeit be— dingt, den durch die Aufhebung der Kopfsteuer ausfallenden Einnahmebetrag zu decken. Der diesbezügliche im Finanz⸗ Ministerium ausgearheitete Entwurf wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, um etwaige Aeußerungen Seitens der Fachleute hervorzurufen. Der Entwurf wird in der dies jährigen Herbstsession des Reichsrathes eingebracht werden.

Zeitungs stimmen.

Die „Germania“ kommt noch einmal auf das soge— nannte sozialpolitische Testament von Schulze-Delitzsch zurück. In dem betreffenden Artikel heißt es: .

Von der „Germania“ und „Köln. Volksztg.“, von „Kreuzzeitung“ und „Reichs bote“, wie auch von der „Nordd. Allg. Ztg.“ hat das sozialpolitische Testament‘ von Schulze-Delitzsch die Zurückweisung . die ihm vom Standpunkte positiver Sozialreformer aus gebührte.

... Verhältnißmäßig viele liberale Blätter haben die Ver öffentlichung des Aufsatzes sich nicht nur geschenkt, sondern vielfach ist auch ihre Berichterstattung darüber höchst dürftig gerathen, zuweilen auf ein halbes Dutzend Zeilen beschränkt worden, und andere liberale Blätter haben sogar mit uns und den übrigen Organen der positiven Sozialreform gemeint, es sei durch die Publikation des im Schulze'schen Nachlaß gefundenen Aufsatzes weder dem Rufe Schulzes noch der Sache der liberalen Wirthschaftspolitik ein Dienst geschehen. Dieser Meinung war z. B. die „Danziger Ztg.“, und in ihrer letzten Nummer enthält nun auch die Nat. Itg. eine Besprechung, weiche . . . nur geltend macht, es thue der Bedeutung des, verstorbenen edlen Volkesfreundes, dessen praktische Wirksamkeit seinen Ruhm ausmacht, keinen Eintrag, wenn man sage, daß der Artikel ebenso gut auch hätte ungedruckt bleiben können. Ganz die Meinung, die auch wir vor einer Woche aussprachen, und was uns noch mehr freut, die ‚Nat.-Itg.“ stimmt uns auch darin, wenn auch in anderen Wor— ten, bei, daß wir sagten, das sogenannte „sozialpolitische Testament“ Schulze's „bewege sich in den ausgetretensten manchesterlichen Ge— leisen und in Trivialitäten. Die „Nat.⸗»Ztg.“ drückt das nämlich so auß: Die Erörterung der sozialpolitischen Fragen ist über das Sta— dium hinaus, in welchem die bloße, Gegenüberstellung jener beiden Prinzipien (Staatshülfe oder Selbsthülfe), mag dabei eines derselben in noch so beredter Weise befürwortet werden, uns weiterbringen kann; keines von beiden wird die sozialpolinische Gefetzgebung der Gegenwart in Deutschland allein beherrschen; die zu lösende Frage ist vielmehr, wie weit das Gebot des Staates und wie weit der freie Entschluß der Einzelnen sich zu bethätigen hat. .

Wunder über Wunder! Die ‚Nakt.-Zig.“ ist über die von der zwingenden Sprache der Thatsachen und von der parlamentarischen Konstellation ihr hier und da abgenöthigten Einzelkonzessionen an eine positive Sozialreform hinaus! Mit einer Deutlichkeit und Entschiedenheit, die sie bei Begründung dieser ihrer Einzel konzessionen niemals bewiesen hat, erklärt sie prinzipiell sich jetzt gegen den manchesterlichen Individualismus! ..... Unter den fünf sozialpolitischen Parteien, die wir vor einigen Monaten im Deutschen Reiche nachwiesen, gehört nach dieser jetzigen Erklärung die „Nat. -Itg.' nicht allein zur Partei der oppor⸗ tunistischen Sozialisten dahin konnte man sie auch früher schen zählen wegen ihrer oben erwähnten Einzel-Konzessionen an eine Posi— tive Sozialreform sondern sie gehört zu denjenigen opportunistischen Sozialisten, die prinzipiell, nicht blos unter äußerem Zwang, neben der Thätigkeit der Einzelnen das Eintzteifen des Staates zu sozial politischen Zwecken zulassen, und nur die richtige Grenze zwischen diesen beiden Thätigkeiten festgehalten wissen wollen: „wie weit das Gebot des Staates und wie weit der freie Entschluß der Einzelnen sich zu bethätigen hat.“ . ..

Auch das „Berliner Fremdenblatt“ bespricht

jenes Testament und sagt u. A.:

... Wer den Aufsatz liest, muß sich enttäuscht fühlen: seine Freunde, wie seine Gegner werden zugeben müssen, daß das soge⸗ nannte sozialpolitische Testament nichts Ueberraschendes und keinerlei neue Gedanken enthält, welche als ein Vermächtniß des Verstorbenen in die Erbschaft des Volkes übergehen könnten. Die darin vorge⸗ tragenen Gedanken sind nur ein abermaliges Bekenntniß zu den Grundsätzen, von denen sich Schultze ⸗Delitzsch in seiner sozialpoli⸗ tischen Thätigkeit leiten ließ, und die er auch an seinem Lebensabend noch für richtig hielt, da er mit denselben gewiß recht anerkennens⸗ werthe und große Erfolge erzielt hat. ö

.... Der verstorbene Schulze⸗Delitzsch aber preist die Selbst⸗ hülfe und die durch Selbsthülfe entstandenen Kassen als den einzigen Rettungsanker der Gesellschaft, indem er zugleich das angeblich Ge— fährliche, Widerspruchsvolle und Unberechtigte der Sozialpolitik der Regierung darzuthun sucht. Er geht dabei von der völlig unhalt— baren und unbegründeten Voraussetzung aus, daß das Reich, ohne Inanspruchnahme der Mitwirkung der Arbeiter selbst oder der Unter nehmer, also allein durch seine eigenen Mittel, sich zum Almosengeber oder zu einer Pensionsanstalt für alte und invalide Arbeiter machen wolle. Er sieht darin eine Gefahr für die Selbständigkeit und für den Geist der Selbsthülfe, die durch solche Projekte und Einrich⸗ tungen vernichtet werden würde, und meint, daß sich die Regierung hierbei von denselben Ideen leiten lasse, wie die Sozial demokratie, welche die Gelder des Staates zum Besten der Arbeiter verwandt wissen wolle. Widerspruchsvoll aber sei es, wenn der Staat mit seinem Pensionsprojekt die Nothlage der Arbeiter als vorhanden anerkenne und anstatt die Nothlage zu heben und den Grund des des Uebels zu heilen, „der ungenügenden Lage der Arbeiter sogar ee. das Staatsalmosen für Alter und Invalidität die Dauer zu⸗ erkenne.“

Wie schon angedeutet, geht das sozialpolitische Testament von nicht begründeten Voraussetzungen aus. Die Sozialpolitik der Re— gierung will das selbstthätige Eingreifen und Mitwirken der Acbeiter zur Sicherstellung ihrer Existenz nicht verhindern, sondern nur da, wo es nicht ausreichende Kraft besitzt, durch gesetzliche Einrichtungen fördern und unterstützen. Daß der Staat die gesammten Kosten tragen soll, ist eine Ansicht, der wir bisher nirgend begegnet sind.

Wenn nun aher weiter der Regierung in dem „Testament“ der Vorwurf gemacht wird, daß sie die Nothlage der Arbeiter als dauernd und unabwendbar anerkennt und daß sie sich von der Annahme leiten läßt, der Arbeiter werde stets im Alter und in der Invalidität hülfs⸗— bedürftig sein, so mag der hierin liegende Optimismus zwar recht gut gemeint sein, er widerspricht doch aber allen thatsächlichen Er⸗ fahrungen und Verhältaissen. Durch „Selbsthülfe', wie sie von manchesterlicher Seite gepredigt wird, läßt sich jedenfalls die Noth⸗ lage nicht heben, und die Ansicht, daß der Arbeiter im Alter und In— validität immer verhältnißmäßig hülfsbedürftig bleiben wird, ist wenig stens his jetzt noch nicht durch die Erfahrung widerlegt worden.

Das „sozialpolitische Testament“ von Schulze -Delitzsch fordert also Entwicklungsfreiheit für die Arbeiter und meint, daß die Ge— werkveceine und eingeschriebenen Hülfékassen schließlich einen Zustand herbeiführen werden, welcher die alten und invaliden Arbeiter zu wohlsituirten Leuten macht. Bis jetzt ist auch nicht annähernd eine

solche Wirkung jener auf Selbsthülfe beruhenden Einrichtungen zu

Tage getreten. Soll nun der Staat ruhig die Hände in den Schooß legen und in Hoffnung und gutem Glauben warten, bis jener glück— liche Zustand eintritt oder auch nicht eintritt? Soll er zusehen, wie sich der Kampf der Interessen auf wirthschaftli Lem Gebiet immer heftiger und für den Staat selbst bedrohlicher gestaltet?

Diese in dem „sozialpolitischen Testament“ vertretene Ansicht ist so sehr ein überwundener Standpunkt, daß man sich nur wundern kann, daß die Freunde des Verstorbenen es unternehmen, die mehr oder weniger große Popularität desselben dazu zu benutzen, um für die Theorie des optimistischen Gehenlassens noch Anhänger zu ge— winnen. Wir glauben, daß sie dem Andenken des Todten keinen Dienst erwiesen haben, wenn sie diese längst bekannte und veraltete Theorie zu einem sozialpolitischen Testament“ desselben gestempelt haben. Wenn sie aber damit bezwecken wollten, dasjenige wirklich sozialpolitische Testament, welches das Volk bereits besitzt und hoch in Ehren hält bekanntlich ist die Kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 so bezeichnet worden zu verdunkeln und zu ver— drängen, so können wir über das ebsolut Ungefährliche dieser Be— mühungen gewiß vollständig beruhigt sein. .

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ theilt aus dem Jahresbericht der Handelskammer zu Breslau pro 1882 Folgendes mit:

Der Jahresbericht meint in seiner Einleitung, daß ein zuver— lässiges Gesammtbild von den geschäftlichen Resultaten des Jahres 1882 zu entwerfen, schon um deswillen nicht möglich sei, weil die Ergebnisse des Wirthschaftsbetriebes in den verschiedenen Erwerbs— branchen ungemein verschiedene seien. Mit einiger Gewißheit könne jedoch angenommen werden, daß die Verhältnisse der Fabrikation und des Waarenhandels, welche schon im Jahre 1881 eine Wendung zum Besserwerden gezeigt hatten, sich durchschnittlich im Berichts jahre nicht verschlechtert haben. Die Spiritusindustrie war, Dank der guten 1881er Kartoffelernte und einem lebhaften Bedarf im Auslande, in der Lage, ein ansehnliches Exportgeschäft zu machen, welches bis in das dritte Quartal anhielt. Im Großen und Ganzen erfreulich lauten die Nachrichten über das Manufakturwaarengeschäft. Die We— bereien sind bis in den September stels ausreichend beschäftigt gewesen, und als dann in Folge des Preisrückganges der Rohbaumwolle und der Garne die Nachfrage schwächer wurde, blieb der Absatz doch immer noch hinlänglich groß, um eine Ansammlung von Lägern nicht zu ge— statten. Dank der regen Bauthätigkeit und Schöpfung neuer indu⸗ strieller Ctablissements ist der Bedarf von Kupfermaterial auch in 1882 nicht zurückgegangen, sondern hat eher etwas zugenommen. Schlesisches Blei war am Jahresanfange loko Hütte schon 75 bil— liger als spanisches loko London und Ende des Jahres um 1 M1 bil liger, für Bleiwaaren ließ sich in Folge dessen der Export günstiger

Der Absatz der zwei schlesischen Zinnfolienfabriken hat durch Export etwas zugenommen; es wird betont, daß hierfür die Bemühungen der

heimischen Behörden und Konsulate, den Export zu heben, von gün⸗

stigem Einfluß gewesen sind. In den Maschinenfabriken und im Eisenbahnwagenbau hat ein nicht unbedeutender Aufschwunz statt⸗ gefunden. Was die Erzeugung und den Betrieb von Metallwagren anlangt, so ist hinsichtlich der Gold- und Silberwaaren zu konstatiren, daß die im Jahre 1881 eingetretene Besserung sich auch im Berichtsjahre erhalten hat. Was die Textilindustrie anlangt, so haben die Spinne— reien regelmäßig gearbeitet, auch diejenigen, welche Parchentgänge fabriziren. In Kammgarnen hat das Geschäft einen gleichmäßigen und ruhigen Verlauf genommen. Flachsspinnereien haben in 1882 etwas vortheilhafter gearbeitet als im Vorjahre. Die günstige Lage der Baumwollenwebereien es kommen zumeist süddeutsche, elsässische und westfälische in Betracht, da in Schlesien die Weberei roher baumwollener Waaren fast gar nicht mehr betrieben wird hat die Breslauer Händler, welche rohe Waaren kaufen, um sie bleichen, färben und überhaupt für den Verbrauch herrichten zu lassen, in ihrem Vortheil geschädigt; es war der Einkauf schwerer, der Nutzen geringer. Für die Tuchfabrikation verlief das Jahr 1882 im Allgemeinen befriedigend. Geschäft und Umsatz in leinenen und halbleinenen Geweben haben sowohl Fabrikanten als Handler etwas mehr befriedigt, als in den vorangegangenen Jahren; auch der Nutzen war ein etwas besserer, wenn derselbe auch noch immer als ein sehr mäßiger bezeichnet werden muß. Für die Papierindustrie darf das Jahr 1882 als ein normales bezeichnet werden. Die Fabriken waren das ganze Jahr hindurch voll beschäftigt, allerdings zu Preisen, die einen nennenswerthen Gewinn nicht übrig lassen. Nach Buntpapier ist die Nachfrage wesentlich größer geworden; auch die Breslauer Buntpapierfabriken haben im Berichtsjahre flott gearbeitet.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 38. Inbalt: Verfügung vom 2. Juli 1883. Prüfung der Kontrollisten für Post-⸗ anweisungen.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 13. Jahalt: Aktenstücke und Aufsätze: Die Berathungen im Reichstage über den Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung für das Jahr 1884.85. Der Militärtelegraßuh während des Bürgerkrieges in den Vereinigten Staaten von Nordamerika (Schluß). Reise des fran⸗ zösischen Arztes Dr. Lacaze in Madagaskar. Kleine Mittheilungen: Die dänische Postverwaltung im Jahre 1881,82. Das neueste Postdampfschiff der französischen transatlantischen Gesellschaft La Normandie“. Unbestellbare Sendungen in den Vereinigten Staaten. Eisenbahnen in Japan. Zeitschriftenüberschau.

Statiftische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heits amts sind in der 2. Jahreswoche von je 109 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt gerechnet als ge storben gemeldet: in Berlin 67,0, in Breslau 45,8, in Königsberg 31,0, in Cöln 44,4, in Frankfurt a. M. 29,8, in Hannover 35,2, in Cassel 25,8, in Magdeburg 65.56, in Stettin 36,5, in Altona 45,l, in Straßburg —, in Metz 30,2, in München 33,8,, in Nürnberg 342, in Augsburg 27,0, in Dres den 34,9, in Leipzig 35,7, in Stuttgart 32,7, in Braunschweig 39,8, in Karlsruhe 19,0, in Hamburg 38,5, in Lübeck —, in Wien 27,9, in Budapest 370. in Prag 36,3, in Triest in Krakau 28,6, in Basel 19,2, in Brüssel 24,4, in Paris —, in Amsterdam 23 5, in London 20,l, in Glasgow 28,1, in Liverpool 25,2, in Dublin 24,8, in Edinburg 16,1, in Kopenhagen 28,54, in Stockholm 21,5, in Chri⸗ stiania 17,5, in St. Petersburg 28,4, in Warschau 38,1, in Odessa —, in Rom ia Turin —, in Bukarest 38,6, in Madrid —, in Alexandrien (Egrypten) 49,3. In der Zeit vom 10. bis 16. Juni: in New⸗Jork 23,', in Philadelphia 24,9, in Chieago 19,5 in St Louis 18,7, in Cincinnati 160, in San Franzisko 17,5, in Kalkutta —, in Bombay 27.4, in Madras 33,1.

Beim Beginn und bis um die Mitte der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsorten östliche, in Conitz nord— östliche, in Breslau, Heiligenstadt und Berlin südöstliche Windrich— tungen, die zu Ende der Woche in Breslau und München in west— liche, in Berlin in nordwestliche übergingen, während in Conitz und Heiligenstadt südöstliche und südwestliche Winde wechselten. In Bremen und Karlsruhe überwogen in der ganzen Woche nord, und südwestliche Windströmungen. Die Temperatur der Luft überstieg an allen Stationen die normale; in der Mitte der Woche zeigte das Thermometer in Berlin 35.) Grad C. Niederschläge fielen im All— gemeinen selten, nur in Cöln und Karlsruhe in ergiebigerem Maße. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft nahm im Laufe derselben langsam ab, stieg am 5. und 6. ein wenig, zeigte aber am Schluß der Woche an mehreren Stationen abermals eine Abnahme.

Die Gesammtsterblichkeit war in der Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas, namentlich aber in den deutschen Städten, eine gegen die Vorwoche abermals erheblich gesteigerte. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte stieg, auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet, auf 38,8 von 28,9 der Vorwoche. Insbesondere war die Theilnahme des Säug— lingsalters an der Sterblichkeit, in Folge der zahlreichen Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen, eine sehr gesteigerte. Von 10009 Lebenden starben pro Jahr berechnet 193 Szuglinge (gegen 118 der Vorwoche), in Berlin 398, in München 128.

Unter den Todesursachen zeigten die Infektionskrankheiten keine wesentliche Veränderung der Sterbefälle, während Darmkatarrhe und Brechdurchfälle, wie bereits erwähnt, sehr zahlreich vorkamen. Aus deutschen Städten wurden insgesammt 1578 durch sie hervorgerufene Sterbefälle gemeldet, von denen allein 612 auf Berlin entfielen. Aber auch in Breslau, Hamburg, Altona, Osnahrück, Frankfurt a. M., Stuttgart, Nürnberg, München, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Stettin, Königsberg, Wien, Budapest, Prag, London, St. Petersburg, War schau u. A. war die Zahl derselben eine große. Erkrankungen an Ruhr wurden gleichfalls häufiger, ohne jedoch einen bösartigen Charakter zu zeigen. Todesfälle an Masern waren in Altenburg und Berlin vermehrt (27 bzw. 90), auch in München, Dresden, Hannover, Wien, London, Glasgow, L verpool ist die Zahl der Opfer an Ma⸗ sern eine größere; in den Reg⸗Bezirken Schleswig, Stettin, Aachen

haben Masernerkrankungen ab⸗, in Erfurt zugenommen. Das Scharlach⸗

sieber zeigte in Berlin, Hannover, London eine Steigerung der Todes⸗ fälle. Diphtherie wurde in München, Berlin und Amsterdam häu— figer, in Hamburg seltener Todesveranlassung. In Leipzia, Hannover blieb die Zahl der Todesfälle eine unveränderte. Zahlreichere Er— krankungen rief sie in den Regierungsbezirken Aachen, Stettin und Erfurt hervor. Der Keuchhusten gewann in Hamburg und Beuthen größere Ausdehnung, in Königshütte nahm die Zahl der Sterbefälle ab. Typhöse Fieber zeigten sich in beschraͤnkter Zahl, nur in Posen, Eisleben, Hamburg, wie auch in Alexandrien war die Zahl der durch sie hervorgerufenen Sterbefälle eine etwas größere. Sterbefälle an Flecktyphus kamen aus deutschen Städten gar nicht, aus Budapest, Alexandrien, Valencia, Granada, je l1, aus Malaga 4 zur Meldung. Dem Kindbettfieber erlagen 19 Frauen. Todesfälle an Pocken wurden aus deutschen Städien 4 (ie 1 aus Bremen und Breslau, 2 aus Heilbronn und aus dem Re— serungsbezirk Aachen 1 Pockenerkrankung gemeldet. Aus London, Budapest, Amsterdam, Philadelphia, Birmingham, Warschau und Alexandrien wurden einzelne, aus Brüssel, Valencia, Malaga, Prag, St Louis mehrfache, aus Rotterdam und St. Petersburg je 8, aus Madraß 26, aus New-Orleans 44 Pockensterbefaäͤlle gemeldet. Die Cholera in Egypten zeigt eine unverkennbare Abnahme der Morta— lität, bes. in Damiette, auch in Mansurah, Samanud und Chirbin scheint der Schwerpunkt der Seuche überschritten. Besonders er— freulich ist aber der Umstand, daß die Epidemie bis jetzt durchaus lokalisirt geblieben ist.

Sum marische Uebersicht über die Zahl der Studi⸗

an, da der niedrige Bleipreis die Konkurrenz außerhalb gestattete. renden auf der Königlichen Universität zu Greifswald

im Sommer -Semester 1583. Im Winter⸗Semester 1882,83 sind immatrikulirt gewesen laut Personalverzeichniß 662, nach Auf— stellung dieses Verzeichnisses wurden noch immatrikulirt —, zu— sammen 662; davon sind abgegangen 156, es sind demnach ge— blieben 506; dazu sind in diesem Semester gekommen 235, die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 741. Die theologische Fakultät zählt: Preußen 122, Nicht preußen 7, zusammen. 129. Die juristische Fakultät zählt: Preußen 60, Nichtpreußen 5. zusammen 65. Die medizinische Fakultät zählt: Preußen 353, Nichtpreußen 24, zusammen 377. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 156, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach 8. 3 der Vorschriften für die Studirenden der Landes -⸗Universitäten vom 1. Oktober 1879 16, (. Nichtpreußen 18, zusammen 170. Außer diesen immatrikulir⸗ ten Studirenden besuchen die hiesige Universität mit Genehmigung dez z. Rektors als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt 7. Es nehmen mithin an den Vorlesungen Theil 750.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Direltor des Luisenstädtischen Gymnasiums hierselbst, Professor Dr. Klemens, ist gestern srüh in Folge eines Herzschlages gestorben. Prosessor Dr. Klemens war der Nachfolger des erst kürz— lich von seinem Amte zurückgetretenen Direktors Dr. Koc.

Einer der berühmtesten Architekten der Gegenwart, Heinrich Ferstel, ist am Sonnabend, den 14. Juli, in Wien gestorben. Bei der Konkurrenz für den Bau der Votivkirche in Wien 1854 errang Ferstel einen Preis von 1000 Dukaten. Seitdem war Ferstels Ruf und Thätigkeit in beständigem Steigen. Die Votivkirche, das Bankgebäude, das österrcichische Museum, die Paläste des Erz⸗ herzogs Ludwig Victor und des Fürsten Liechtenstein, vor Allem die noch unvollendete Universität werden auch den Nachkommen ron seiner Kunst und seinem Ruhm erzählen. Seit 1866 wirkte