1883 / 198 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Aug 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Interessenten das Erlöschen der Grundgerechtigkeit als Kauf— bedingung festzustellen, jedoch nur für den Fall, daß der An⸗ tragsteller durch den Zuschlag für ein ohne diese Bedingung abgegebenes Gebot benachtheiligt werden würde.

Ob der Fall der Zulässigkeit dieser Bedingung vorliegt, ist durch besonders Ausgebot e amn,

Die sestgestellten Bedingungen werden verlesen und die angemeldeten Kündigungen mitgetheilt. Hierauf wird zur Abgabe von Geboten aufgefordert. Diese Aufforderung darf erst erfolgen, wenn seit der zum Beginn des Termins fest⸗ gesetzten Zeit mindestens eine Stunde verflossen ist und der Richter auf den zu erwartenden Ausschluß der noch nicht geltend gemachten Ansprüche ausdrücklich aufmerksam gemacht hat. Gebote, welche das geringste Gebot nicht erreichen, sind unzulässig.

S. 62.

Ein Bieter darf nicht zugelassen und sein Gebot nicht berücksichtigt werden, wenn ein Interessent, dessen Rechte durch Nichterfüllung des Gebots benachtheiligt werden würden, dagegen im Versteigerungstermin Widerspruch erhebt, es sei denn, daß der Bieter für das Gebot eine Sicherheit leistet, deren Betrag dem zehnten Theile des von ihm baar zu zah— lenden Kauspreises gleichkommt und mindestens zur Deckung der aus dem Kaufgelde zu entnehmenden Kosten des Ver— fahrens (58. 84) nach der Bestimmung des Gerichts ausreicht, Bei der Prüfung, ob die Forderung eines Interessenten bei dem beanstandeten Gebote zur Hebung kommen würde, sind vorgehende Forderungen nur nach dem Kapitalbetrage zu berechnen. ö. .

Auf Verlangen eines Gläubigers, dessen Anspruch auf Grund der Feststellung des geringsten Gebots von dem Er— steher übernommen wird, muß die Sicherheit auf einen Be— trag erhöht werden, welcher zur Deckung aller dem Anspruche vorgehenden, aus dem baar zu zahlenden Kaufgelde zu be— richligenden Forderungen einschließlich der Kosten des Ver— fahrens ausreicht.

Bietet der Schuldner oder der Eigenthümer des Grund— stücks, so muß die im Falle des Widerspruchs zu leistende Sicherheit ihrem Betrage nach dem ganzen Betrage des von ihm baar zu zahlenden Kauspreises gleichkommen.

Der Zulassung der Reichskasse, der Reichsbank, der Staatskasse, der Gemeinden und weiteren kommunalen Ver— bände, der landschaftlichen, ritterschaftlichen, städtischen und provinzialen Kreditinstitute und der öffentlichen Sparkassen darf nicht widersprochen ö

63.

Der Widerspruch (5. 63) muß spätestens sofort nach Ab— gabe des Gebots erfolgen; er gilt auch für alle nachfolgenden Gebote desselben Bieters.

Der Umstand, daß frühere Gebote eines Bieters ohne

znors 1 3 . NM J nah wesenden Interessenten zur Erklärung über die Ertheilung

Abgabe eines weiteren Gebots desselben Bieters nicht aus.

Das Gleiche gilt für das nach §. 62 Abs. 2, 3 zu stellende Verlangen einer erhöhten Sicherheit.

8. 64.

Die Sicherheit muß geleistet werden durch Hinterlegung von baarem Gelde, Reichskassenscheinen, Reichsbanknoten oder von inländischen Papieren, welche an dem für den Ort der Versteigerung maßgebenden Handelsplatz Cours haben, oder von Schuldverschreibungen anderer deutscher Staaten oder des Deutschen Reichs. Die Papiere dürfen nicht außer Cours gesetzt und müssen mit den laufenden Zins- oder Gewinn— antheilscheinen und Talons versehen sein; sie sind nach dem Cours zu berechnen.

Soweit die zu leistende Sicherheit den Betrag der aus dem Kaufgelde zu entnehmenden Kosten des Verfahrens über— steigt, kann die Sicherheit auch mit Hypotheken oder Grund⸗ schulden, welche auf dem Grundstücke für den Bieter einge⸗ tragen sind, geleistet werden, wenn der Kapitalbetrag unter Mitberücksichtigung der auf Grund der Beschlagnahme etwa vorgehenden Forderungen innerhalb des Zwanzigfachen des Grundsteuerreinertrages und des Zwölfeinhalbfachen des Gebäudesteuernutzungswerthes (S5. 40 Nr. 3, F§. 41) eingetragen ist, und Hypotheken- oder Grundschuldurkunden, aus welchen das uneingeschränkte Gläubigerrecht des Bieters sich ergiebt, hinterlegt werden. Vorgehende Forderungen sind hierbei nur nach dem Kapitalbetrage zu berechnen.

Die von dem Schuldner oder dem Eigenthümer des Grundstücks zu leistende Sicherheit kann nur dann mit Hypo⸗ theken oder Grundschulden geleistet werden, wenn diese bei Feststellung des geringsten . herücksichtigt worden sind.

Gebote eines Vertreters dürfen nur zugelassen werden, wenn dessen Vertretungsbefugniß gerichtsbekannt ist, oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird. Vollmachten müssen gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Vollmachten öffentlicher Behörden bedürsen keiner Beglaubigung, wenn sie ordnungsmäßig unterschrieben 33 untersiegelt sind.

6

Jeder Bieter, dessen Gebot zugelassen worden ist, bleibt an dasselbe gebunden, bis ein höheres Gebot ohne Widerspruch zugelassen worden ist. .

Durch Einstellung des Verfahrens oder Aufhebung des Termins wird der Bieter von . Verpflichtung frei.

Vorkaufsrechte sind im Versteigerungstermine vor Schluß der Versteigerung geltend zu machen. Die Vorschriften der 85. 62 bis 66 finden auf das hiernach abzugebende Gebot des Vorkaufsberechtigten ent— sprechende Anwendung. Die Abgabe weiterer Gebote ist nicht ausgeschlossen. 68

Die Versteigerung darf nicht vor Ablauf einer Stunde seit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten (5§. 61) ge⸗ schlossen werden und ist fortzusetzen, bis der Aufforderung des Richters ungeachtet ein weiteres Gebot nicht mehr abgegeben wird. Vor dem Schlusse der Versteigerung hat der Richter das letzte Gebot vernehmlich bekannt zu machen. Der Schluß der Verstei erung ist zu verkünden.

.Widerspricht vor dem Schlusse der Versteigerung ein zu⸗ rückgewiesener Bieter der Zurückweisung, so kann der Richter dem Schluß der Versteigerung die Maßgabe beifügen, daß höhere Gebote des zurückgewiefenen Bieters und des bisherigen Meistbietenden unter Vorbehalt der Entscheidung über die Oil e, der ersteren noch angenommen werden sollen.

ie Zulässigkeit gilt als Bedingung für die ferneren Gebote des bisherigen Meistbietenden. Ueber die Zulässigkeit ist durch das über den Zuschlag zu erlassende Urtheil zu entscheiden. Wird ein weiteres Gebot der Aufforderung des Richters un—

geachtet nicht mehr abgegeben, so ist die sortgesetzte Versteigerung nach der Vorschrist des ersten Absatzes zu schließen und der Schluß zu verkünden. z

8. 69.

Ist in dem Versteigerungstermin ein zulässiges Gebot nicht abgegeben worden, so wird das Verfahren nur auf An⸗ trag des Gläubigers fortgesetzt. Der Antrag ist dem Schuld⸗ ner und, wenn ein neuer Eigenthümer zu den Interessenten gehört, auch diesem von Amtswegen zuzustellen.

Sind bei der Bekanntmachung des früheren Versteige⸗ rungstermins die Vorschriften des §. 40 Nr. 1, 4, 5, 8, 9 und des §. 46 befolgt, so ist der von Neuem zu bestimmende Termin auf drei bis sechs Wochen hinauszurücken.

Wird der Antrag nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten, welche von dem Tage des vergeblich abgehaltenen Termins läuft, gestellt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen.

§5. 70.

Die Vorschriften des 8. 690 der Civilprozeßordnung finden auch dann Anwendung, wenn ein Dritter ein Recht an dem Grundstücke behauptet, welches den Verkauf an den Meistbietenden oder unter den festgestellten Bedingungen un— zulässig machen würde. Ist das Recht im Grundbuch einge⸗ tragen oder betrifft der Widerspruch die Feststellung des ge⸗ ringsten Gebots, so ist die Geltendmachung des Widerspruchs im besonderen Verfahren nicht erforderlich. Eintragungen im Grundbuche, welche nach Eintragung des in 5§. 18 bezeichneten Vermerks erfolgt sind, werden nur berücksichtigt, wenn sie spätestens im Termine vor Schluß der Versteigerung nach— gewiesen werden.

Die Einstellung des Verfahrens in den Fällen des 5. 691 Nr. 4, 5 der Civilprozeßordnung findet nur auf Grund einer nach 8. 688 ebenda zu erlassenden Anordnung statt.

Wenn der Schuldner im Versteigerungstermine die Summe, welche durch die Versteigerung beigetrieben werden soll, nebst Zinsen und Kosten, auf seine Gefahr und Kosten, für den Gläubiger hinterlegt und für die Kosten des Ver⸗ fahrens durch baare Hinterlegung eines vom Gericht zu be— stimmenden Betrages Sicherheit leistet, so muß das Verfahren eingestellt werden.

.

Einwendungen des Schuldners und nicht eingetragene Rechte Dritter an dem zur Versteigerung gestellten Grund⸗ stücke hemmen den Fortgang des Verfahrens nur, wenn auf Grund derselben die Einstellung des Verfahrens nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung angeordnet ist.

Nach Schluß des Versteigerungstermins findet eine Ein— stellung des Verfahrens auf Grund von Einwendungen des Schuldners oder von Rechten Dritter nicht mehr statt.

8. 72. Nach Schluß der Versteigerung sind die im Termine an—

des Zuschlags aufzufordern.

Ein Widerspruch gegen die Ertheilung des Zuschlags wird nur berücksichtigt, wenn er im Termine selbst erhoben wird. Dasselbe gilt für das Vorbringen von Thatsachen, durch welche ein erhebener Widerspruch entkräftet werden soll.

Au Erklärungen, welche erst nach Abschluß des Verstei— gerungsprotokolls eingehen, ingleichen auf Vorbehalte und un— bestimmte Erklärungen wird keine Rücksicht genommen.

Nur öffentliche Urkunden, durch welche der Beweis einer Zustellung geführt oder entkräftet werden soll, können bis zur Verkündung des Urtheils nachgebracht werden.

§. 73.

Der Gläubiger kann his zum Schlusse des Versteigerungs⸗ termins den Antrag auf Versteigerung zurücknehmen oder nach Maßgabe des §. 51 eine Stundung gewähren.

S. 74.

Widerspricht ein Interessent, welcher durch Ertheilung des Zuschlags benachtheiligt werden würde, der Ertheilung des Juschlags mit dem Antrag auf Ansetzung eines neuen Ver— steigerungstermins, so ist dem Antrage stattzugeben, wenn der Interessent sich verpflichtet, für die Wiedererreichung des Meistgebots, sowie für allen aus der Verzögerung des Zu— schlags entstehenden Nachtheil und die entstehenden Mehrkosten zu haften, auch hierfür eine nach dem Meistgebote und den Vorschriften des §. 62 und dez § 64 Absatz 1 zu bestimmende Sicherheit leistet. ;

Von der Sicherheitsleistung sind die in §. 62 Absatz 4 bezeichneten juristischen Personen befreit.

Sind bei der Bekanntmachung des srüheren Termins die Vorschriften bes 5§. 40 Nr. 1, 4, 5, 8, 9 und des §. 46 be— folgt, so ist der neue Termin auf drei bis sechs Wochen hin—⸗ auszurücken.

Die Bekanntmachung ist auch dem bisherigen Meistbieten⸗ den zuzustellen. -

In dem fortgesetzten Verfahren findet der Widerspruch gegen die Ertheilung des Zuschlags auf Grund dieses Para—⸗ graphen nicht statt.

S8 75.

Ein Widerspruch gegen Ertheilung des Zuschlags an den Meistbietenden kann nur darauf gestützt werden:

1) daß die Zwangsvollstreckung überhaupt oder durch Versteigerung des Grundstücks nicht zulässig ist oder nicht fort⸗ gesetzt werden darf;

2) daß dem Meistbietenden die Fähigkeit zum Abschlusse eines Kaufvertrages oder zum Erwerbe des Grundstücks man—⸗ gelt, oder das Meistgebot durch einen nicht legitimirten Ver⸗ treter abgegeben ist;

3) daß die Bedingungen, unter welchen das Meistgebot abgegeben worden, von den gesetzlichen, oder im Falle der Abänderung derselhen durch die Betheiligten von den durch . (6. 45, §. 57 Absatz 4) genehmigten ab⸗ weichen;

4) daß die Bekanntmachung des Versteigerungstermins den in §. 40 Nr. 1, 4, 5, 8, 9 vorgeschriebenen Inhalt nicht hat;

5) daß die Bekanntmachung des Versteigerungstermins nicht auf die im Gesetze vorgeschriebene Art veröffentlicht worden ist, wobei es jedoch bei einem Aushange nicht darauf ankommt, wie lange derselbe angeheftet gewesen ist; ;

6) daß die Frist zwischen dem Tage, an welchem die Einrückung oder die erste Einrückung der Bekanntmachung in den Anzeiger des Amtsblatts oder die Anheftung der Bekannt⸗ machung in der Ortsgemeinde erfolgt, und dem Versteigerungs⸗ termine kürzer ist, als die geringste für den Fall bestimmte Versteigerungsfrist C3. 42);

7) daß ein Interxessent, welcher durch Ertheilung des Zu— schlags benachtheiligt werden würde, zum Versteigerungstermine

ift gehörig geladen ist, obgleich er hätte geladen werden ollen;

8) daß nach der Vorschrift des §. 49 Absatz 1 der Ver⸗ steigerungstermin hätte aufgehoben werden sollen;

9) daß den Bestimmungen im ersten Satze des §. 68 nicht genügt ist;

i0) daß ein Bieter mit Unrecht zurückgewiesen und trotz des Widerspruchs desselben die Versteigerung nicht gemäß §. 68 Absatz 2 fortgesetzt worden ist;

II) daß das Gebot, für welches der Zuschlag verlangt wird, nach den Vorschriften der §§. 62 bis 64 nicht zugelassen werden durste;

12) daß den Bestimmungen im dritten Satze des 8§. 61

nicht genügt ist. §. 76.

5 Der Widerspruch kann nicht auf Gründe gestützt werden,

welche nur die Rechte anderer Betheiligten als des Wider⸗ sprechenden betreffen. §. 77.

Bei der Prüfung, ob ein Interessent durch den Zuschlag benachtheiligt werden würde, wird, sofern nicht etwas Anderes nachgewiesen ist, angenommen, daß von den ihm selbst zu— stehenden wie von den seiner Forderung vorgehenden wieder⸗ kehrenden Leistungen und Zinsen außer den laufenden Be— trägen Rückstände für die beiden letzten Jahre, und daß For— derungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, zu dem zulässigen höchsten Betrage zu berechnen sind.

Wird für die Forderung des Interessenten von einem anderen Interessenten oder von dem Meistbietenden Sicherheit geleistet, so ist eine Benachtheiligung nicht anzunehmen.

Die Sicherheit ist nach der Vorschrist des 5 64 Absatz 1 oder mit einer nach den vorstehenden Bestimmungen durch den Zuschlag nicht beeinträchtigten, auf dem Grundstück eingetra⸗ genen Forderung zu leisten. Sie haftet dem Berechtigten auch ohne dessen Annahme. Demselben ist erforderlichen Falls von Amtswegen Mittheilung zu machen.

8

J. .

Ist ein begründeter Widerspruch erhoben, so ist der Zuschlag zu versagen.

Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen, wenn einer der im §. 75 Nr. 1 bis 9 bezeichneten Umstände vorliegt; jedoch im Falle des . 75 Nr. J nur, wenn das versteigerte Grundstück dem freien Verkehr entzogen oder das Verfahren eingestellt ist; im Falle des 5. 75 Nr. Z nur, wenn der Mangel der Fähigkeit oder der Legitimation auch nachträglich nicht beseitigt ist; in den Fällen des 8. 75 Nr. 3, 7, 8 nur, wenn die betheiligten Interessenten im Versteigerungstermine nicht erschienen sind und auch nachträglich der ungehemmten Fort— setzung des Verfahrens nicht zugestimmt haben.

§. 79

.

Ist nach den Vorschriften der 85. 75, 78 der Zuschlag überhaupt zu versagen, eine erneute Versteigerung aber zulässig, so ist auf den im Versteigerungstermine gestellten Antrag eines Gläubigers, wegen dessen Forderung das Ver— fahren fortzusetzen ist, der Termin aufzuheben und ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. ö

Ein nach der Abgabe eines Gebots gestellter Antrag ist zurückzuweisen, wenn einer der anwesenden Interessenten widerspricht.

Der neue Termin ist, wenn nicht einer der in §. 75 Nr. 4, 5. bezeichneten Fälle vorliegt, auf drei bis sechs Wochen hinauszurücken.

(Fortsetzung folgt)

M ünisterium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗-Angelegenheiten.

Dem ordentlichen Lehrer an der Königlichen Kunstschule in Berlin, Historienmaler Paul Haendler ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Der seitherige Kreis⸗Wundarzt Dr. Bremme zu Soest ist zum Kreisphysikus des Kreises Soest ernannt worden. .

Der seitherige Kreis-Wundarzt Dr. Hoechst zu Wetzlar ist zum Kreisphysikus des Kreises Wetzlar, mit Ausnahme des Standesgebiets des Fürstenthums Solms-Braunfels, ernannt worden.

Bekanntmachung.

Für die Turnlehrerinnen-Prüfung, welche im Herbst 1833 zu Berlin abzuhalten ist, habe ich Termin auf Dienstag, den 20. November d. Is. und solgende Tage an— heraumt.

Meldungen der in einem Lehramte stehenden Bewerberin— nen sind bei der vorgesetzten Dienstbehörde spätestens 6 Wochen, Meldungen anderer Bewerberinnen unmittelbar bei mir spätestens 4 Wochen vor dem Prüfungstermine unter Ein reichung der in §. 4 des Prüfungs-Reglements vom 21. August 1875 bezeichneten Schriftstücke anzubringen.

Berlin, den 13. August 1883. .

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten. Im Auftrage: de la Croix.

Ministerium des Innern.

Der im Ministerium des Innern angestellte Geheime expedirende Sekretär Petzsch ist zugleich zum Geheimen Kalkulator ernannt worden.

40sB l Nassauisches Staatsanlehen von . 50 I Fl. ö. d. 1. 353. Oft ober 1855.

Bei der am 4. d. Mts, stattgefundenen 30. Verloosung der Partial = Obligationen des unter Vermittelung des Bankhauses M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M. negoziirten Staagtsanlehens des vormaligen Herzogthums Nassau von 1200009 Fl., d. . 26. Oktober 1863. sind zur Rückzahlung auf den 1. De zem ber 1883 nachverzeichnete Nummern gezogen worden:

Litt. A. à 10600 Fl. 1714 A 29 83 Nr. 7 36 38 56 68 234 272 273 325 363 372 383 12 Stück über 20571 M 48 9.

Titt. B. d 500 Fl. S57 46 14 3 Nr. 39 44 48 57 10 116 127 136 177 212 223 255 268 285 289 295 296 300 383 387 442 464 650 701 710743 768 786 896 938 94 31 Stück über 26 571 4

34 5.

Titt. G. à 200 Fl. 342 166 86 8 Nr. 28 50 81 115 148

164 181 204 272 388 403 460 485 490 515 529 558 571 745 767

769 779 849 859 936 910 948 952 967 957 1000 31 Stück über

10 628 1 66 5.

Litt D. à 100 Fl. 171 6 43 8 Nr. 985 195 144 148 171 227 233 259 272 275 282 340 372 377 429 446 478 505 514 598 614 642 647 655 674 679 680 714 739 6 796 893 806 9 332 35 Stück über 6000 M 05 3. Summa 109 Stück über 65 77i M 63 5. ;

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be⸗ merken in Kenntniß gesetzt, daß die Kapitalbeträge, deren Verʒin sung nur bis zum Rückzahlungstermine erfolgt, bei folgenden Stellen erhoben werden können;

Bei dem Bankhause der Herren M. A. von Roth— schild C Söhne in Frankfurt a. M., bei jeder König lichen Regierungs- und Bezirks-Hauptkasse, bei der Königlichen Staatsschulden-Tilgungskgsse in Berlin und bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M.

Die Zahlung erfolgt gegen Rückgabe der Obligationen nebst den Zinsscheinen Reihe III. Nr. 5 3 nebst Zinsschein⸗Anweisung.

Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unentgeltlich abzuliefernden Zinsscheine wird an dem Kapitalbetrag der Obligationen abgehalten.

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen Regierungs⸗Haupt⸗ kasse hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M, sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen nebst Zinsscheinen durch diese Kasse vor der Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden, weshalb diese Schuldverschreibungen einige Zeit vor dem Rückzahlungstermine eingereicht werden können.

Rückständig sind noch: aus den Verloosungen: pro 1. Dezember 1857: A. 124. pro 1. Dezember 1873: D. 135. pro 1. Dezember 1881: B. 434. pro 1. Dezember 1882: A. 210 262 287, B. 179 284 478. C. 24 68 219 294 320 438 512 533 609, D. 20 133 202 307 376 652 687 693. Wiesbaden, den 10. August 1883. Der Regierungs⸗-Präsident. von Wurmb.

In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 34 der Zeichenregister-⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Nichtamtliches. Deu tsches Reich.

Preußen. Berlin, 24. August. Die Anmeldung eines Rechtsmittels (Berufung, Revision, Beschwerde) durch Telegramm Seitens des zur Anmeldung des Rechts— mittels Berechtigten innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldefristen ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strassenats, vom 2. Juli d. J., rechtswirksam.

Der Gouverneur von Berlin, General⸗-Lieutenant Frei⸗ herr von Willisen ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt und hat die Geschäfte des Gouvernements wieder übernommen.

Frankfurt a. M., 24. August. (W. T. W.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf heute früh von Darmstadt hier ein, begrüßte Ihre Majestät die Königin von Griechenland, welche hier angekommen ist, und suhr dann mit Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Hessen nach Gießen weiter, um daselbst eine Truppenbesichtigung vorzunehmen.

Homburg, 23. August. (W. T. B.) Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz stattete nach der Truppenbesichtigung Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg⸗Strelitz und dem Herzog von Eambridge einen Besuch ab und nahm mit Beiden im Kurhause ein Gabelfrühstück ein.

Sachsen. Dresden, 24. August. (W. T. B.) Der König von Rumänien hat heute früh 7, Uhr seine Reise nach Wien fortgesetzt. Der König und die Königin von Sachsen gaben demselben von Pillnitz bis zum Bahn— hof in Niedersedlitz das Geleit.

Sachsen Weimar⸗Eisenach. Weimar, 23. August. (Th. C.. Der Großherzog gedenkt mit der Prinzessin Elisabeth noch einige Tage in Trouville zu verweilen. Die Rückkehr nach der Wartburg erfolgt in den ersten Tagen des September, und dann wird Se. Königliche Hoheit, einer Einladung Sr. Majestät des Kaisers Folge leistend, sich zu den Manövern des IV. und XI. Armee-Corps begeben. Von Seiten des Großherzoglichen Staats-Ministeriums ist eine Bekanntmachung zu Gunsten der Sammlungen für Ischia erlassen worden. Die eingehenden Gelder sollen an die Reichs-Hauptbank in Berlin abgeliefert werden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 23. August. (W. T. B.) Der Kaiser ertheilte heute dem Bürgermeister und den beiden Vize-Bürgermeistern der Stadt Wien eine Audienz, um die Immediateingabe, die Dezentralisation der Eisenb ahnen betreffend, entgegenzunehmen. Der Kaiser erwiderte der Deputation; er werde die Eingabe in Erwägung ziehen, doch wisse er, daß es sich nur um technische und administrative Maßregeln handle. Grund zu Besorgnissen sei nicht vorhanden; er habe immer das Wohl der Stadt Wien im Auge gehabt und die Regierung sei gleichfalls immer bestrebt, die Interessen der Stadt zu wahren.

Bei den in diesen Tagen stattgehabten Ministerkon fe⸗ renzen sind, den Anschauungen der ungarischen Minister ge⸗ mäß, Beschlüßse gefaßt worden, welche geeignet erscheinen, das durch das Herabreißen der Wappenschilder in Agram auf— geregte ungarische Nationalgefühl zu beruhigen und zugleich weiteren Agitationen jeden Vorwand zu entziehen. enn sodann die Gemüther beruhigt sind und keine weiteren Stö— rungen vorkommen, wird die ungarische Regierung im unga— rischen Reichstage diejenigen im Geiste der Versöhnlichkeit ab— gefaßten Beschlüsse beantragen, durch welche das in dieser Sache obwaltende Mißverständniß beseitigt werden soll.

(Prg. Abdbl.) Der Zusammentritt der öster⸗

reichisch-ungarischen Zollkonferenz ist für Mitte

September in Pest bestimmt. Frohsdorf, 24. August. (W. T. B. Graf Cham⸗ bord ist heute früh Uhr gestorben. Triest, 22. Augunst. (PFrg. Abdbl.) Das „Triester Tagbl.“ meldet, daß in ber gestrigen Landtagssitzung in Parenzo die Galerie wegen fortgesetzter Demonstrationen gegen

slavisch sprechende Abgeordnete geräunt werden mußte. Nach der Sitzung wurde den slavischen Abgeordneten eine Katzen⸗ musik gebracht.

Parenzo, 22. August. (Pr.) Die slavischen Ab⸗ geordneten erklärten dem Landtags-Präsidenten, daß sie, nachdem durch das Benehmen der Majorität und des Pu⸗ blikums ihre Nationalität und ihr Charakter beleidigt worden, genöthigt seien, Parenzo zu verlassen. Präsident Vidulich be⸗ klagte schristlich die gestrigen Vorkommnisse und Insulten. Die slavischen Abgeordneten verließen bereits Parenzo.

Agram, 22. August. (Prg. Abdbl.) Die Ruhe dauert fort. Das Bürgercomité hat seine Vollmachten in die Hände des Regierungskommissars zurückgelegt. Auch auf dem flachen Lande scheinen die Unruhen überall beigelegt. Nach Neugradisca, wo die Schilder an den Amtsgebäuden und die ungarische Fahne gewaltsam abgerissen worden waren, ist gestern eine Compagnie des Infanterie⸗Regziments Ramberg von hier entsendet worden. Der Banus hat die Wieder⸗ aufhissung der ungarischen Fahne in Neugradisca angeordnet.

Pest, 22. August. (Prg. Abdbl.) Der Kronprinz von Portugal ist mit seinem Gefolge am Abend hier an⸗ gekommen und wurde von einer großen Volksmenge begrüßt.

Pest, 24. August. (W. T. B.) „Nemzei“ meldet: Die Theilnahme der gemeinsamen Minister an den Berathungen über Kroatien sei geschehen, weil in Kroatien unter Umständen Maßregeln nothwendig werden könnten, deren Durchführung zu der Kompetenz des gemein— samen Ministeriums gehöre.

Großbritannien und Irland. Lon don, 23. August. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Premier Gladstone mit: die französische Re⸗ gierung habe die Erklärung abgeben lassen, daß dem auf Madagaskar gefangen gehaltenen Missionär Shaw hin— sichtlich seiner Vertheidigung jede Erleichterung gewährt werden würde, und daß die französische Regierung überhaupt alles in ihrer Macht Stehende thun werde, um den Zwischenfall zu einem befriedigenden Ende zu führen. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung lehnte das Unterhaus das vom Oberhause wieder hergestellte Amendement Salisbury's zu den Pachtbills aufs Neue ab. Das Finanzgesetz wurde definitiv angenommen.

Im Oberhause wurde in dritter Lesung die Vorlage über das Bankerottgesetz und die irische Tramway— Bill sowie in erster Lesung das Finanzgesetz ange— nommen.

24. August, früh. (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Hongkong, vom 23. d., gemeldet: Es herrscht große Erregung in Folge eines Konflikts zwischen einem europäischen Zollbeamten in Kanton und ein— geborenen Kulis. Der Beamte gab mehrere Revolverschüsse ab, tödtete einen Knaben und verwundete zwei Personen. Der Zollbeamte wurde sofort verhaftet und wird vor Gericht gestellt werden. Man fürchtet, daß, wenn die neue Niederlage der Franzosen in Tongking bekannt wir), die feindselige Haltung der Eingeborenen gegen die Fremden, welche durch das Vorgehen Frankreichs hervor— gerufen worden ist, sich noch mehr zuspitzen werde. Es sind bereits Maueranschläge erschienen, welche die Bevölkerung zur Ermordung der Fremden auffordern. Auf Ersuchen des eng— lischen Konsuls ist die englische Korvette „Swift“ heute nach Kanton abgegangen.

Aus der Kapstadt wird unterm 21. d. M. telegraphisch gemeldet, daß dem Irländer O'Donnell, welcher den Kronzeugen James Carey erschoß, der endgültige Prozeß in England gemacht werden soll. D'Donnell wird demnach mit dem am 4. September abgehenden Postdampfer nach London gesandt werden.

Frankreich. Paris, 21. August. (Köln. Ztg.) Der „Temps“ meldet: Der gestern nach Paris zurückgekehrte Kriegs-Minister berichtet, haß er von seiner In— spektionsreise den besten Eindruck heimgebracht habe; am 4. September wird derselbe nach Lyon zur Besichtigung der Alpenbefestigungen abreisen.

21. August. (Fr. Corr.) Der „Temps“ giebt fol— gende Erklärung für das Ausbleiben der offiziellen Depeschen Über die letzten Erfolge des Oberst-Lieutenants Badens vor Nam-Dinh, die nach dem „Standard“ der Presse mitgetheilt und dem Publikum ausführlicher erzählt wurden. Der Civil⸗ kommissar in Tongking sei nämlich auf einige Zeit abwesend, und da er keinem Stellvertreter Vollmachten gegeben, seien die amtlichen Beziehungen mit dem Mutterlande bis auf Weiteres unterbrochen geblieben. Das Blait meint übrigens, es wäre mehr als je zu bedauern, daß die An— legung des unterseeischen Kabels zwischen Saigon und Haiphong von der Kammer der englischen Gesellschaft entzogen und im Prinzip einer französischen anvertraut worden wäre; denn ohne diesen Beschluß wäre höchst wahrscheinlich die Ver⸗ bindung bereits hergestellt. Der Civilkommissar Harmand dürfte sich mit dem Contre⸗Admiral Courbet eingeschifft haben, um den Operationen an der Einfahrt des Flusses Hüe beizuwohnen, und konnte so von der Waffenthat des Oberst-Lieutenants Badens nicht benachrichtigt werden. Der „Temps“ stellt wiederholt des bestimmtesten in Abrede, daß die Operation des aus acht Kanonenbooten und nur 1200 Mann bestehenden Geschwaders gegen die Hauptstadt von Anam gerichtet sei. Es handle sich, sagt er, lediglich darum, sich der Forts zu bemächtigen, welche ö. Flußmündung vertheidigen, um der Einfahrt Herr zu werden.

Der „Temps“ läßt auch Einiges über die Absichten der Re⸗ gierung bezüglich des Madagaskar-Unternehmens ver⸗ lauten. Das Blatt versichert, die Regierung kenne alle die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, auf welche das Expeditions⸗ corps stoßen würde, wenn Tananariva auf dem Landwege von Tamatave her erreicht und eingenommen werden sollte. Diese Absicht bestehe jedoch vor der Hand nicht, und sollte die Regierung sich dazu entschließen, so werde man das Expeditionscorps einen besseren Weg einschlagen lassen. Möglich sogar, meint der „Temps“, daß die Regie— rung auf eine definitive Niederlassung in Tamatave verzichte. Aber Majunga werde Frankreich jedenfalls behalten. Die Nachricht, daß das Ministerium nicht mit der Haltung des Admirals Pierre auf Madagaskar einverstanden sei und deshalb Herrn Galiber an seiner Stelle zum Kommandanten der Floite der indischen Gewässer ernannt habe, wird autorisirterseits aufs Entschiedenste dementirt. Die Regierung billige vollständig das Auftreten des Admirals Pierre und habe nur auf dessen dringende Bitten eingewilligt, ihm einen Nachfolger zu geben. Wie bereits bekannt, soll Pierre an einem gefährlichen Augenübel leiden.

Spanien. Barcelona, 21. August. (Köln. Itg.) Nach⸗ dem König Alfons in Valencia 24 Stunden lang mit allen denkbaren Beweisen des Volkswohlwollens überhäuft worden war, ist ihm hier der gleiche begeisterte Empfang zu Theil geworden. Der Sonderzug, welcher den König hieher⸗ führte, war genau so wie der frühere zusammengestellt und bewegte sich mit der für spanische Verhältnisse ungewöhnlichen Schnelligkeit von 46 km in der Stunde. Der König stieg hier an dem schönen, über und über mit Gemälden ge⸗ schmückten Stadthause ab und zeigte sich dann bald auf dem Balkon der harrenden Menge. Es hat den heißblütigen Kataloniern ganz außerordentlich gefallen, daß der König so frischweg das ureigenste Gebiet der repuolikanischen . persönlich besucht, daß er ohne die Begleitung von

olizeimannschaften ausreitet und im offenen Wagen einher⸗ sährt. Da sich auch der Handel Barcelonas unter der Regie⸗ rung des Königs Alfons sehr gehoben hat, so darf man wohl glauben, daß jene Begeisterung, welche sich bei der Ankunst des Königs unter der dichtgedrängten Menschenmenge kund— gab, eine echte, ungekünstelte war. Heute Morgen empfing der König, zu dessen Linken Martinez Campos stand, eine Anzahl hervorragender Bürger und Offiziere. Namentlich auch die reichen Kaufleute drängten sich förmlich zum Empfang.

Persien. (Allg. Corr.) Aus Teheran wird dem Reuter⸗ schen Bureau u. d. 21. ds. gemeldet: Der Shah wird von seiner Pilgerfahrt nach Mesched Ende September zurückerwartet, d. i. einen Monat früher, als anfänglich beabsichtigt wurde. Da unter einigen Berg stämmen unweit Ardebil ein Aufstand stattgefunden, ist der Gouverneur von Aserbeidschan aus Tabriz . jenem Distrikt abgegangen, um die Bewegung zu unter—

rücken.

Afrika. Eaypten. Alexandrien, 23. August. (W. T. B.) Der frühere Präfekt von Alexandrien, Said Bey Khandil, der wegen seines Verhaltens bei den vorjährigen Massacres am 19. v. M. zu 7jähriger Zwangsarbeit verurtheilt wurde, ist heute nach Suez abgeführt worden. Zur Aburtheilung der wegen Organisation der Massacres verhafteten Personen tritt das Kriegsgericht am 25. d. M. zusammen. Der Nil beginnt langsam wieder zu steigen.

Zeitungsstimmen.

Die „Wiesbadener Zeitung“ bringt unter der Ueberschrift: „Ein französisches Urtheil über die deutsche Staatsbahnverwaltung“ nachstehenden Artikel:

Schon vor längerer Zeit wiesen wir darauf hin. daß die Zu⸗ geständnisse, welche man in Frankreich dem Privatbahnsystem hat machen müssen und die die Hoffnung auf eine spätere Verstaatlichung der neu zu erbauenden 4740 km Privatbahnen so gut wie aus— schließen, zeitlich zusammengetroffen sind mit dem Siege des Staatsbahnsystems in Preußen und Deutschland. Diese That⸗ sache ist auch in Frankreich nicht unbemerkt geblieben und mit besonderem Nachdruck von dem Abgeordneten Lockroy hervorge hoben worden, der sich darüber folgendermaßen vernehmen ließ:

„Blicken Sie auf Deutschland,“ sagte der Redner. „Die deutsche Regierung thut, was sie kann, um eines Tages die Militärmacht ihrer Nachbarstaaten zu brechen, wenn es möglich ist. Preußen hat aus seinen Eisenbahnen eine Waffe gemacht, die vielleicht noch mächtiger ist, als sein Heer. Preußen hat Lamartine's Aus— spruch: „Die Eisenbahnen müssen dem Volke gehören“, ins Praktische übersetzt Preußen hat alle Hindernisse gebrochen, um dieses Riesenwerk zu unternehmen. . . . Es mußte genug Schienenwege haben, um im gegebenen Moment die Millionen Soldaten zu transportiren, die es ausheben kann. Nun denn: Preußen hat dieses Problem, Dank der Babnverstaatlichung, großentheils gelöst. Es hat die Taxife herabgesetzt, dem Volke billige vierte Wagenklassen geboten, alle strategischen Linien doppelgeleisig gebaut, Berlin mit einer Stadtbahn umgeben. Preußen läßt im Süden die Gotthard linie, im Westen die Luxemburgbahn von deutschen Gesellschaften verwalten; es hat drei Bahnen zur russischen, elf zur französi⸗ schen Grenze.“

In unseren Tagen verschärfter nationaler Gegensätze verdient es besondere Beachtung, daß ein französischer Patriot seiner An— erkennung der deutschen Eisenbahnentwickelung und ihrer Leistungen so unumwunden Ausdruck gegeben hat, wie das im vorliegenden Falle geschehen ist. Möglich sind diese Erfolge nur dadurch gewor⸗ den, daß die Thätigkeit unserer Staatsbahnverwaltung eine mustergüllige gewesen ist, und daß sie thatsächlich den Beweis ge⸗— liefert hat, eine umsichtig und pflichttreu geleitete staatliche Ad— ministration vermöge mehr zu leisten, als die Thätigkeit privater, wesentlich auf den eigenen Nutzen errichteter Gesellschaften. Daran werden unsere fortschrittlichen Lobredner der freien Konkurrenz und ihrer Unentbehrlichkeit für eine gesunde wirthschaftliche Entwickelung immer wieder zu erinnern sein, wenn sie von der Unzweckmäßigkeit und Kostspieligkeit staatlich geleiteter Betriebe reden und das eigene Interesse! für den einzigen wirksamen Sporn des öko— nomischen Fortschritts erklären. Und es handelt sich dabei nicht um das Eisenbahnwesen allein sondern um die Gesammtheit der wirthschaftlichen und sozialpolitischen Aufgaben des Staates. Ins besondere gilt das von dem Versicherungswesen, dessen theil weise Verstaatlichunz immer wieder mit Berufungen darauf bekämpft wird. daß allein eine private, rein geschäftliche Versicherungs⸗ industcie wahrhaft zuverlässig und leistungssähig sei. Was auf dem einen Gebiete möglich gewesen ist, kann auch auf anderen geleistet werden, wenn Patriotismus und Leistungsfähigkeit unseres Beamten— thums sich auf der Höbe halten, welche sie bisher zu behaupten ge wußt haben. Das Zeugniß, welches der Franzose Lockroy der deutschen Staatseisenbahnverwaltung ertheilt hat, erscheint gegenüber solchen von „deutschen Männern“ angestellten Versuchen zur Verherr⸗ lichung der Privatthätigkeit auf Unkosten der staatlichen doppelt werthvoll und beachtenswerth!

Die von Dr. Victor Böhmert und Dr. Arthur von Studnitz herausgegebene „Sozial⸗-Correspondenz“ ent⸗ hält in ihrer jüngsten Nummer unter der Rubrik „Ärbeits—⸗ markt“ u. A. folgende Mittheilungen:

Die Entwicklung der Industrie Leipzigs schreitet rüstig vorwärts. Auf fast allen Gebieten ist gegen die Vorjahre eine beachtens⸗ werthe fortschreitende Besserung eingetreten. Hauptsächlick sind es Maschinenbau, Pignofortebau, chemische Industrie, Feébriken ätherischer Oele, Wollkämmerei und Kammgarnspinnereien, welche sich eines belebten. Geschäftsganges erfreuen. Auch die westlichen Vororte Leipzigs, Lindenau und Plagnitz, haben sich zu bedeutenden Industriebezirken entwickelt. Seit 1875 sind in beiden genannten Orten 43 neue Fabriken entstanden, in denen über 20090 Arbeiter lohnende Beschäftigung finden. Mit den bereits früher vorhanden gewesenen Fabriken bilden diese Etablissements einen höchst beachtenswerthen industriellen Knotenpunkt. Auch die von Dr. Heine angelegten und betriebenen Güterbahnen, welche nach Be— dürfniß sich ausbreiten, haben viel zur Entwicklung der Industrie von Lindenau und Plagwitz beigetragen.

Aus Braunschweig wird berichtet: Vom Arbeitsmarkt ist schon Angesichts des herannahenden Herbstes aus unserem Herzogthum und

1

. /

.

/ ..