1883 / 205 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Sep 1883 18:00:01 GMT) scan diff

zwei ernannte, darunter ein zum Richteramt befähigtes, und ein gewähltes Mitglied befinden muß.

Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei gerader Stimmenzahl scheidet, wenn außer dem Vorsitzenden zwei ernannte Mitglieder anwesend sind, das dem Dienstalter nach jüngste ernannte, wenn außer dem Vorsitzenden nur ein ernanntes Mitglied anwesend ist, das dem Lebensalter nach jüngste gewählte Mitglied mit der Maßgabe aus, daß das Stimmrecht vorzugsweise

I) unter den ernannten Mitgliedern einen zum Richter⸗ oe. befähigten, sofern es dessen zur Beschlußfähigkeit edarf,

2) im Uebrigen dem Berichterstatter

verbleibt.

§. 34. Die gewählten Mitglieder und deren Stellver⸗ treter erhalten Tagegelder und Reisekosten nach den für Staetsbeamte der vierten Rangklasse bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.

Alle Einnahmen des Bezirksausschusses fließen zur Staats—⸗ Derselhen fallen auch alle Ausgaben zur Last.

8. 35. In den Hohenzollernschen Landen kommen in Betreff des Bezirksausschusses die Bestimmungen der 5. 28, 30. 32, 33, 34 mit der Maßgabe zur Anwendung, daß die zu wählenden Mitglieder von dem Landesausschusse aus der Zahl der zum Kommunal-Landtage wählbaren Angehörigen des Landes⸗-Kommunalverbandes gewählt werden. Der Regierungs⸗ Pröäsident, die Ober⸗Amtmänner und die Beamten des Landes⸗ Kommunalverbandes sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen.

III. Abschnitt.

Kreisbehörden.

8. 36. An der Spitze der Verwaltung des Kreises steht der Landrath. Derselbe führt den Vorsitz im Kreisausschusse. Im Uebrigen wird die Zusammensetzung des Kreisausschusses durch die Kreisordnungen geregelt.

. 37. Der Stadtausschuß besteht aus dem Bürgermeister beziehungsweise dessen gesetzlichem Stellvertreter als Vorsitzen— den und vier Mitgliedern, welche vom Magistrate (kollegiali⸗ schen Gemeindevorstande) aus seiner Mitte für die Dauer ihres Hauptamtes gewählt werden.

Für Fälle der Bebinderung sowohl des Bürgermeisters wie seines gesetzlichen Stellvertreters wählt der Stadtausschuß den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Derselbe bedarf der Be— stätigung des Regierungs-Präsidenten, in dem Stadtkreise Berlin des Ober-Präsidenten der Provinz Brandenburg.

Der Vorsitzende oder ein Mitglied des Stadtausschusses muß zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst befähigt sein.

8. 38. In Stadtkreisen, in denen der Bürgermeister allein den Gemeindevorstand bildet, werden die außer dem Vorsitzen— den zu bestellenden Mitglieder von der Gemeindevertretung aus der Zahl der Gemeindebürger gewählt.

Die Wahl erfolgt auf sechs Jahre.

Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der gewählten Mit— glieder aus und wird durch neue Wahlen ersetzt. Die Aus— scheidenden bleiben jedoch in allen Fällen bis zur Einführung der neu Gewählten in Thätigkeit.

Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt. Die Ausscheidenden sind wieder wählbar.

Für die im Laufe der Wahlperiode ausscheidenden Mit⸗ glieder haben Ersatzwahlen stattzufinden. Die Ersatzmänner bleiben nur bis zum Ende desjenigen Zeitraums in Thätig— keit, für welchen die Ausgeschiedenen gewählt worden.

Im Uebrigen gelten in Betreff der Wählbarkeit, der Wahl, der Einführung und der Vereidigung der Mitglieder, sowie des Verlustes ihrer Stellen, unter einstweiliger Ent— hebung von denselben, die für unbesoldete Magistratsmitglieder bestehenden gesetzlichen Vorschriften.

§8. 39. Die gewählten Mitglieder des Kreis⸗ (Stadt⸗) Ausschusses können aus Gründen, welche die Entfernung eines Beamten aus seinem Amte rechtfertigen (5. 2 des Ge— setzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten), im Wege des Disziplinarver— fahrens ihrer Stellen enthoben werden.

Für das Disziplinarverfahren gelten die Vorschriften des genannten Gesetzes mit folgenden Maßgaben:

Die Einleitung des Verfahrens, sowie die Ernennung des Untersuchungskommissars erfolgt durch den Regierungs— Präsidenten.

Die entscheidende Behörde erster Instanz ist der Bezirks— ausschuß, die entscheidende Behörde zweiter Instanz das Plenum des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft wird für die erste Instanz von dem Regierungs-Präsidenten, für die zweite Instanz von dem Minister des Innern ernannt.

§8. 40. Der Kreis- (Stadt⸗) Ausschuß ist beschlußfähig, wenn mit Einschluß des Vorsitzenden drei Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Ist eine gerade Zahl von Mitgliedern anwesend, so nimmt das dem Lebensalter nach jüngste gewählte Mitglied an der Abstimmung nicht Theil. Dem Berichterstatter steht jedoch in allen Fällen Stimmrecht zu.

IV. Abschnitt. Behörden für den Stadtkreis Berlin.

§. 41. Der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg ist zugleich Ober-Präsident von Berlin.

Ingleichen fungiren das Provinzialschulkollegium, das Medizinalkollegium, die Generalkommission und die Direktion der Rentenbank für die Provinz Brandenburg auch für den Stadtkreis Berlin.

§. 42. An Stelle des Regierungs-⸗Präsidenten führt der Ober⸗Präsident die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Berlin. Auf welche Behörden die sonstigen e n,, der Regierungs⸗ abtheilung des Innern zu Potsdam in Betreff Berlins über— gehen, wird durch Königliche Verordnung bestimmt.

Im Uebrigen, und soweit nicht sonst die Gesetze Anderes bestimmen, tritt für den Stadtkreis Berlin an die Stelle des Regierungs-Präsidenten der Polizei⸗Präsident von Berlin.

§. 43. An die Stelle des Provinzialrathes tritt in den Fällen, in welchen derselbe in erster Instanz beschließt, der Ober⸗Präsident, in den übrigen Fällen der zustandige Minister.

Für den Stadtkreis Berlin besteht ein besonderer Bezirks— ausschuß. Auf denselben finden die Bestimmungen der 5§§. 28, 30 Saz 1, 31 Satz 3, 32, 33, 34 mit folgenden Maßgaben Anwendung: .

1) An Stelle des Regierungs-Präsidenten tritt ein vom Könige ernannter Präsident. Die Ernennung dieses Beamten

kaRsse.

kann im Nebenamte auf die Dauer seines Hauptamtes in

Berlin erfolgen. Beamte des Polizei-Präsidiums sind von dieser Ernennung auggeschlossen.

2) Die zu wählenden Mitglieder werden durch den Ma⸗ gistrat und die Stadtverordnetenversammlung unter dem Vor⸗ sitz des Bürgermeisters gewählt. Dasselbe Kollegium beschließt an Stelle des Provinzialausschusses über das Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen, sowie über die Abänderung der Dauer der Wahlperiode. Die Mit⸗ glieder des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen.

Zur Zuständigkeit des Bezirksausschusses für den Stadt⸗ kreis Berlin gehören die im Verwaltungsstreitverfahren zu be— handelnden Angelegenheiten und diejenigen im Beschlußver⸗ fahren zu behandelnden Angelegenheiten, welche im Einzelnen durch die Gesetze seiner Zuständigkeit überwiesen werden; in Betreff der übrigen im Beschlußoerfahren zu behandelnden Angelegenheiten tritt für den Stadtkreis Berlin der Ober— Präsident an die Stelle des Bezirksausschusses, soweit nicht in den Gesetzen ein Anderes bestimmt ist.

8. 44. In Angelegenheiten der kirchlichen Verwaltung tritt für den Stadtkreis Berlin an die Stelle der Regierungs— abtheilung für Kirchen- und Schulwesen der Polizei-Präsident.

Bezüglich der Verwaltung des landesherrlichen Patronats und des Schulwesens verbleibt es bei den bestehenden Be— stimmungen.

§. 45. Die Geschäfte der direkten Steuerverwaltung werden an Stelle der Regierungsabtheilung für Rirekte Steuern, Domänen und Forsten, fur den Stadtkreis Berlin von der „Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern“ wahrgenommen. .

Diese Behörde wird in Betreff der Zuständigkeit in Disziplinarsachen den im 5. 24 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der nicht richter lichen Beamten ꝛé, bezeichneten Provinzialbehörden gleichgestellt.

§. 46. Die Mitglieder der nach §. 24 des Gesetzes vom . Gesetz Sammlung für 1873 Seite 213) gebil— 35 Mar I5873 (Gesetz Sammlung für S 2 ; deten Bezirkskommission für die klassifizirte Einkommensteuer werden von dem Magistrate und der Stadtverordnetenversamm— lung in gemeinschastlicher Sitzung unter dem Vorsitze des Bürgermeisters gewählt. . .

§. 47. Für diejenigen Kategorien der in Berlin ange— stellten Beamten, bezüglich deren nicht die Zuständigkeit einer anderen Behörde in Disziplinarsachen begründet ist, behält es bei den Bestimmungen des 5. 25 des Gesetzes vom 21. Juli 1852 mit der Maßgabe sein Bewenden, daß die Einleitung des Disziplinarverfahrens, sowie die Ernennung des Unter— suchungskommissars und des Vertreters des Staatsanwalts für die erste Instanz dem Ober-Präsidenten von Berlin

zusteht. V. Abschnitt. Stellung der Behörden.

5. 48. Die dienstliche Aufsicht über die Geschäftsführung des Kreis- (Stadt-) Ausschusses wird von dem Regierungs— Präsidenten, in Berlin von dem Ober⸗Präsidenten, die Auf— sicht über die Geschäftsführung des Bezirksausschusses von dem Ober⸗Präsidenten, die Aufsicht über die Geschästsführung des Provinzialrathes von dem Minister des Innern geführt.

Vorstellungen gegen die geschäftlichen Aufsichtsverfügungen des Regierungs-Präsidenten unterliegen der endgültigen Be⸗ schlußfassung des Ober-Präsidenten, Vorstellungen gegen die Aufsichtsverfügungen des Ober-Präsidenten der endgültigen Beschlußfassung des Ministers des Innern.

Die Aussichtsbehörden sind zur Vornahme allgemeiner Geschäftsrevisionen befugt.

8. 48. gegenseitig Rechtshülfe zu leisten. Sie haben den geschäftlichen Aufträgen und Anweisungen der ihnen im Instanzenzuge vor— gesetzten Behörden Folge zu leisten.

Dritter Titel. Verfahren. J. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften.

§8. 50. Das Gesetz bestimmt, in welcher Weise Ver— fügungen (Bescheide, Beschlüsse) in Verwaltungssachen ange— fochten werden können. Zur ersten Anfechtung dienen in der Regel die Beschwerde oder die Klage im Verwaltungsstreit— verfahren.

Die Beschwerde ist ausgeschlossen, soweit das Verwaltungs— streitverfahren zugelassen ist, vorbehaltlich abweichender beson— derer Bestimmungen des Gesetzes.

Unberührt bleibt in allen Fällen die Befugniß der staat— lichen Aufsichtsbehörden innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständig⸗ keit, Verfügungen und Anordnungen der nachgeordneten Be— hörden außer Kraft zu setzen, oder diese Behörden mit An— weisungen zu versehen.

§. 51. Wo die Gesetze für die Anbringung der Be⸗ schwerde gegen Beschlüsse des Kreis- (Stadt-) Ausschusses, des Bezirksausschusses oder des Provinzialraths, oder der Klage beziehungsweise des Antrages auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren eine andere als eine zweiwöchent— liche Frist vorschreiben, beträgt die Frist fortan zwei Wochen. Das Gleiche gilt von den im 5§. L des Gesetzes vom 14. August 1876, betreffend die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, VPosen, Schlesien und Sachsen (GesetzSammlung Seite 373) und im 5. 91 des Gesetzes vom 1. April 1879, betreffend die Bildung von Wassergenossenschaften (Gesetz Sammlung Seite 297), vorge—⸗ schriebenen Fristen. .

8. 52. Die Fristen für die Anbringung der Beschwerde und der Klage beziehungsweise des Antrags auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren, sowie alle Fristen im Verwaltungsstreitverfahren sind präklusivisch und beginnen, sofern nicht die Gesetze Anderes vorschreiben, mit der Zu⸗ stellung. Für die Berechnung der Fristen sind die bürger⸗ lichen Prozeßgesetze maßgebend.

Bezüglich der Beschwerde kann die angerufene Behörde in Fällen unverschuldeter Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren.

Für eine im Verwaltungsstreitverfahren zu gewährende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind lediglich die für das Verwaltungastreitverfahren besonders getroffenen Be— stimmungen maßgebend (§. 112).

5. 53. Die Anbringung der Beschwerde, sowie der Klage beziehungsweise des Antrags auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren hat, sofern nicht die Gesetze Anderes vorschreiben, aufschiebende Wirkung. Verfügungen, Bescheide

Die im 5. 48 bezeichneten Behörden haben sich f

und Beschlüsse können jedoch, auch wenn dieselben mit der Beschwerde oder mit der Klage beziehungsweise dem Antrag auf mündliche Verhandlung im Verwaltungestreitverfahren angefochten sind, zur . gebracht werden, sofern letztere nach dem Ermessen der Behörde ohne Nachtheil für das Gemeinwesen nicht ausgesetzt bleiben kann, vorbehaltlich der Bestimmung im 5. 133 Absatz 3 dieses Gesetzes.

§. 54. Das Verfahren des Kreis⸗ (Stadt⸗ Ausschusses und des Bezirksausschusses in Angelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltung ist entweder das Verwaltungsstreitverfahren oder das Beschlußverfahren.

Das Verwaltungsstreitverfahren tritt in allen Angelegen⸗ heiten ein, in welchen die Gesetze von der Entscheidung in streitigen Verwaltungssachen oder von der Erledigung der Angelegenheit im Streitverfahren oder durch Endurtheil oder von der Klage bei dem Kreisausschusse, dem Bezirksausschusse oder einem Verwaltungsgerichte sprechen, und wo sonst dieses Verfahren gesetzlich vorgeschrieben ist.

In allen anderen Angelegenheiten ist das Verfahren des Kreis- (Stadt) Ausschusses und des Bezirksausschusses das Beschlußverfahren.

Das Ober⸗Verwaltungsgericht verfährt nur im Verwal⸗ tungsstreitverfahren; der Provinzialrath nur im Beschluß— verfahren.

§8. 55. Der Vorsitzende des Kreis⸗(Stadt⸗) Ausschusses, des Bezirksausschusses und des Provinzialraths beruft das Kollegium, leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang und sorgt für die . Erledigung der Geschäfte. Er bereitet die Beschlüsse der Behörde vor und trägt für deren Ausführung Sorge. Er vertritt die Behörde nach außen, verhandelt Namens derselben mit anderen Behörden und mit Privat⸗ personen, führt den Schriftwechsel und zeichnet alle Schrift⸗ stücke Namens der Behörde.

8. 56. Soweit Geschäftsgang und Verfahren des Kreis⸗ (Stadt⸗) Ausschusses, des Bezirksausschusses und des Provin⸗ zialraths nicht durch die nachstehenden oder durch besondere gesetzliche Bestimmungen geregelt sind, werden dieselben durch Regulative geordnet, welche der Minister des Innern erläßt.

§. 57. Die örtliche Zuständigkeit für das Verwaltungs⸗ streit-⸗ und Beschlußverfahren bestimmt sich, wie folgt:

Zuständig in erster Instanz ist:

I) in Angelegenheiten, welche sich auf Grundstücke be⸗ ziehen, die Behörde der belegenen Sache;

2) in allen sonstigen Fallen die Behörde desjenigen Be⸗ zirks (Kreis, Regierungsbezirk, Provinz), in welchem die Per⸗ son wohnt, oder die Korporation beziehungsweise öffentliche Behörde ihren Sitz hat, welche im Verwaltungsstreitverfahren in Anspruch genommen wird, oder auf deren Angelegenheit sich die Beschlußfassung bezieht. Wenn die Korporation oder öffentliche Behörde ihren Sitz außerhalb ihres räumlichen Bezirks hat, ist diejenige Behörde zuständig, welcher dieser Bezirk angehört.

Bezüglich des Kommunalverbandes der Provinz Branden burg ist der Bezirksausschuß zu Potsdam zuständig.

8. 58. Sind die Grundstücke in mehreren Bezirken belegen, oder ist es zweifelhaft, zu welchem Bezirke sie gehören, so wird die zuständige Behörde

I) für das Verwaltungsstreitverfahren durch den Bezirks⸗ ausschuß und, wenn die Grundstücke in verschiedenen ,, liegen, durch das Ober-⸗Verwaltungs⸗ gericht;

2) für das Beschlußverfahren durch den Regierungs—⸗ Präsidenten, den Ober-Präsidenten oder den Minister des Innern, je nachdem die betreffenden Bezirke dem— selben Regierungsbezirke, derselben Provinz, aber ver⸗ schiedenen Regierungsbezirken, oder verschiedenen Pro— vinzen angehören,

endgültig bestimmt.

Dasselbe findet statt, wenn die Personen oder Korpora⸗ tionen, deren Angelegenheit den Gegenstand der Entscheidung oder Beschlußfassung bildet, in mehreren Bezirken wohnen oder ihren Sitz haben.

8. 59. Ist bei einer Angelegenheit, welche zur Zuständig⸗ keit des Kreis- (Stadt-) Ausschusses gehört, die betreffende Kreiskorporation (Stadtgemeinde) als solche betheiligt, so wird

I) fuͤr das Verwaltungsstreitverfahren von dem Bezirks—⸗ ausschusse und, wenn ein Stadtkreis betheiligt ist, von dem Ober⸗Verwaltungsgerichte,

2) für das Beschlußverfahren von dem Regierungs-Präsi⸗ denten, für Berlin von dem Ober-⸗Präsidenten

ein anderer Kreis- oder Stadtausschuß mit der Entscheidung oder Beschlußfassung beauftragt.

§. 609. Die Vollstreckung im Verwaltungsstreitverfahren und im Beschlußverfahren erfolgt im Wege des Verwaltungs⸗ zwangsverfahrens. Die Vollstreckung wird Namens der Be⸗ hörde, welche in der ersten Instanz entschieden bezw. beschlossen hatte, von deren Vorsitzendem verfügt. Ueber Beschwerden gegen die Verfügungen des Vorsitzenden entscheidet die Be⸗ hörde. Gegen die Entscheidung der k findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an die im Instanzenzuge zunächst höhere Behörde statt.

Die Entscheidung der letzteren ist endgültig.

II. Abschnitt. Verwaltungsstreitverfahren.

1) Von der Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen.

8. 61. Die Bestimmungen der bürgerlichen Prozeßgesetze über Ausschließung und Ablehnung der Gerichtsperfonen finden für das Verwaltungsstreitverfahren sinngemäße An— wendung.

Aus der innerhalb seiner Zuständigkeit geübten amtlichen Thätigkeit des Landraths bezw. des Regierungs-Präsidenten darf kein Grund zur Ablehnung desselben wegen Besorgniß der Befangenheit entnommen werden.

5. 62. Ueber das Ablehnungsgesuch beschließt das Ge⸗ richt, welchem der Abgelehnte angehört, und wenn der Vor⸗ sitzende des Kreis- (Stadt⸗) oder Bezirksausschusses abgelehnt werden soll, das nächst höhere Gericht. .

Der Beschluß, durch welchen das Gesuch für begründet erklärt wird, ist endgültig. Wird das Gesuch für unbegrün⸗ det erklärt, so steht der mit demselben zurückgewiesenen Partei innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an das im Instanzen— zuge zunächst höhere Gericht zu. Das letztere entscheidet end⸗ gültig. Die Verhandlung über die Ablehnung erfolgt in nicht oͤffentlicher Sitzung.

Das im Instanzenzuge zunächst vorgesetzte Gericht ent⸗ scheidet desgleichen endgültig und bestimmt das zuständige Gericht, wenn das Gericht, dem das ausgeschlossene oder ab— gelehnte Mitglied angehört, bei dessen Ausscheiden beschluß— unfähig wird.

. ö. .

ñ = R . ö

2) Von dem Verfahren in erster Instanz.

8. 63. Die Klage ist bei dem zustandigen Gericht schrift⸗ lich einzureichen. Die Klage beim Kreisausschusse kann zu Protokoll erklärt werden. In der Klage ist ein bestimmter Antrag zu stellen, und sind die Person des Beklagten, der Gegenstand des Anspruchs, sowie die den Antrag begründenden Thatsachen genau zu bezeichnen. .

§. 64. Stellt sich der erhobene Anspruch sofort als recht— lich unzulässig oder unbegründet heraus, so kann die Klage ohne Weiteres durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückgewiesen werden.

Scheint der erhobene Anspruch dagegen rechtlich begründet, so kann dem Beklagten ohne Weiteres durch einen mit Gründen versehenen Bescheid die Klaglosstellung des Klägers aufgegeben werden.

Namens des Kreisausschusses steht auch dem Vorsitzenden desselben, Namens des Bezirksausschusses auch dem Vorsitzenden im Einverständniß mit den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen Bescheides zu.

In dem Bescheide ist den Parteien zu eröffnen, daß sie befugt seien, innerhalb zwei Wochen, vom Tage der Zustellung ab, entweder die Anberaumung der mündlichen Verhandlung zu beantragen oder dasjenige Rechtsmittel einzulegen, welches zulässig wäre, wenn der Bescheid als Entscheidung des Kollegiums ergangen wäre.

Wird mündliche Verhandlung beantragt, so muß dieselbe zunächst stattfinden.

Hat einer der Betheiligten mündliche Verhandlung bean— tragt, ein anderer das Rechtsmittel eingelegt, so wird nur dem Antrag auf mündliche Verhandlung stattgegeben.

Wird weder mündliche Verhandlung beantragt, noch das 1 eingelegt, so gilt der Bescheid als endgültiges Urtheil.

§. 65. Wird ein Bescheid nach den Bestimmungen des §. 64 nicht erlassen, so ist die Klage dem Beklagten mit der Aufforderung zuzufertigen, seine Gegenerklärung innerhalb einer bestimmten, von einer bis zu vier Wochen zu bemessenden Frist schriftlich einzureichen. Wenn das Verfahren bei dem Kreisausschusse anhängig ist, so kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll erklärt werden.

Die Frist kann in nicht schleunigen Sachen der Regel nach nicht über zwei Wochen verlängert werden. Die Gegen— erklärung des Beklagten wird dem Kläger zugefertigt.

8. 66. Allen Schriftstücken sind die als Beweismittel in Bezug genommenen Urkunden im Original oder in Abschrift beizufügen. Von allen Schriftstücken und deren Anlagen sind Duplikate einzureichen.

Das Gericht kann geeignetenfalls gestatten, daß statt der Einreichung von Duplikaten die Anlagen selbst zur Einsicht der Betheiligten in seinem Geschäftslokale offengelegt werden.

§. 67. Ist weder vom Kläger noch vom Beklagten die Anberaumung der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ver— langt, so kann das Gericht auch ohne solche Verhandlung schon auf Grund der Erklärung der Parteien seine Entscheidung in der Form eines mit Gründen versehenen Bescheides fällen. Dabei gelten die Bestimmungen der Absätze 4 bis 7 des 5. 64.

8. 58. Hat dagegen auch nur eine Partei die Anberau—⸗ mung der mündlichen Verhandlung gefordert oder erachtet das Gericht eine solche für erforderlich, so werden die Parteien zur mündlichen Verhandlung unter der Verwarnung geladen, daß beim Ausbleiben nach Lage der Verhandlungen werde entschieden werden.

Das Gericht kann zur Aufklärung des Sachverhältnisses das persönliche Erscheinen einer Partei anordnen.

Den Parteien steht es frei, ihre Erklärungen, auch ohne dazu besonders aufgefordert zu sein, vor dem Ter— mine schriftlich einzureichen und zu ergänzen. Das Duplikat solcher Erklärungen ist der Gegenpartei zuzufertigen. Kann dies nicht mehr vor dem Termine zur mündlichen Verhand— lung bewirkt werden, so ist der wesentliche Inhalt der Er— klärungen in dieser Verhandlung mitzutheilen.

S. 69. Wo die Gesetze zur Einleitung des Verwaltungs— streitverfahrens statt der Klage den Antrag auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren geben, erfolgt auf den Antrag ohne Weiteres die Vorladung der Parteien zur mündlichen Verhandlung.

Der Antrag muß Alles enthalten, was nach §. 63 für den Klageantrag erfordert wird, soweit dasselbe nicht aus den Vorverhandlungen bei der Behörde sich ergiebt.

8. 0. Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts— wegen die Beiladung Dritter, deren Interesse durch die zu erlassende Entscheidung berührt wird, verfügen. Die Ent— ö ist in diesem Falle auch den Beigeladenen gegenüber gültig.

. 8. 71. In der mündlichen Verhandlung sind die Par— teien oder ihre mit Vollmacht versehenen Vertreter zu hören. . Dieselben können ihre thatsächlichen oder rechtlichen An— führungen ergänzen oder berichtigen und die Klage abändern, insofern durch die Abänderung nach dem Ermessen des Ge⸗ richts das Vertheidigungsrecht der Gegenpartei nicht ge— schmalert oder eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens nicht herbeigeführt wird. Sie haben sämmtliche Beweismittel anzugeben und, soweit dies nicht bereits geschehen, die schrift⸗ lichen, ihnen zu Gebote stehenden Beweismittel vorzulegen; 6 können von ihnen Zeugen zur Vernehmung vorgeführt werden.

Der Vorsitzende des Gerichts hat dahin zu wirken, daß der Sachverhalt vollständig aufgeklärt und die sachdienlichen Anträge von den Parteien gestellt werden.

ö. Er kann einem Mitgliede des Gerichts gestatten, das Fragerecht auszuüben.

Eine Frage ist zu stellen, wenn das Gericht diese für an— . 6

. 72. Die mündliche Verhandlung erfolgt in öffentlicher Sitzung des Gerichts. n K ö

Die Oeffentlichkeit kann durch einen öffentlich zu verkün—⸗ digenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn das Gericht dies aus Gründen des öffentlichen Wohls oder der Sittlichkeit für angemessen erachtet.

Der Vorsitzende kann aus der öffentlichen Sitzung jeden Zuhörer entfernen lassen, der Zeichen des Beifalls ober des Mißfallens giebt oder Störung irgend einer Art verursacht.

Parteien, Zeugen, Sachverständige, welche den zur Auf— rechthaltung der Ordnung erlassenen Befehlen des Vorsitzen— den nicht gehorchen, können auf Beschluß des Gerichts aus dem Sitzungszimmer entfernt werden. Gegen die bei der Verhandlung betheiligten Personen wird sodann in gleicher Weise verfahren, wie wenn sie sich freiwillig entfernt hätten.

S8. 73. Die Parteien sind in der Wahl der von ihnen zu bestellenden Bevollmächtigten nicht beschränkt.

Das Gericht kann Vertreter, welche, ohne Rechtsanwalte zu sein, die Vertretung vor dem Gerichte geschäftsmäßig be— treiben, zurückweisen. Eine Anfechtung dieser Anordnung findet nicht statt.

Gemeindevorsteher, welche als solche legitimirt sind, be— dürfen zur Vertretung ihrer Gemeinden einer besonderen Voll— macht nicht.

§. 74. Liegt einer öffentlichen Behörde als Partei die Wahrnehmung des öffentlichen Interesses ob, so kann auf deren Antrag der n für die mündliche Verhandlung vor dem Bezirksausschusse, und der Ressort—⸗ Minister für die mündliche Verhandluug vor dem Ober— Verwaltungsgerichte einen Kommissar zur Vertretung der Be— hörde bestellen.

Der Negierungs⸗Präsident beziehungsweise der Ressort— Minister kann in geeigneten Fällen auch ohne Antrag einer Partei einen besonderen Kommissar zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses für die mündliche Verhandlung bestellen. Der Kommissar ist vor Erlaß des Endurtheils mit seinen Ausführungen und Anträgen zu hören, zur Einlegung von Rechtsmitteln aber nicht befugt. .

Der Vorsitzende des Kreis- (Stadt-) Ausschusses be— ziehungsweise des Bezirksausschusses und der Ressort-Minister hat behufs der erforderlichen Wahrnehmung des öffentlichen Interesses einen Kommissar zu bestellen, wenn das Gesetz die öffentliche Behörde, welche die Rolle des Klägers oder des Beklagten wahrzunehmen hat, nicht bezeichnet.

§8. 75. Die mündliche Verhandlung erfolgt unter Zu— ziehung eines vereidigten Protokollführers. Das Protokoll muß die wesentlichen Hergänge der Verhandlung enthalten. Dasselbe wird von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer unterzeichnet.

§. 76. Das Gericht ist befugt geeignetenfalls schon

vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung Unter— suchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachverständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretenen oder nach dem Ermessen des Gerichts er— forderlichen Beweis in vollem Umfange zu erheben. §. 77. Das Gericht kann die Beweiserhebung durch eines seiner Mitglieder oder erforderlichenfalls durch eine zu dem Ende zu ersuchende sonstige Behörde bewirken lassen. Es kann verordnen, daß die Beweiserhebung in der münd— lichen Verhandlung stattfinden soll.

Die Beweisverhandlungen sind unter Zuziehung eines vereidigten oder von der betreffenden Behörde durch Hand— schlag zu verpflichtenden Protokollführers aufzunehmen; die Parteien sind zu denselben zu laden.

§. 78. Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen, sowie hinsichtlich der im Falle des Ungehorsams zu verhängenden Strafen kommen die Bestimmungen der bürgerlichen Prozeßgesetze mit der Maßgabe zur Anwendung, daß im Falle des Ungehorsams die zu erkennende Geldbuße den Betrag von Einhundertfünfzig Mark nicht übersteigen darf.

Gegen die eine Strafe oder die Nichtverpflichtung des Zeugen oder Sachverständigen aussprechende Entscheidung steht den Betheiligten innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an das im Instanzenzuge zunächst vorgesetzte Gericht, gegen die in zweiter Instanz ergangene Entscheidung des Bezirks⸗ . die weitere Beschwerde an das Ober-Verwaltungs— gericht zu.

8. 79. Das Gericht hat nach seiner freien, aus dem ganzen Inbegriffe der Verhandlungen und Beweise geschöpften Ueber— zeugung zu entscheiden. Beim Ausbleiben der betreffenden Partei oder in Ermangelung einer Erklärung derselben können die von der Gegenpartei vorgebrachten Thatsachen für zuge— standen erachtet werden. Die Entscheidungen dürfen nur die zum Streitverfahren vorgeladenen Parteien und die in dem— selben erhobenen Ansprüche betreffen.

8. 80. Die Entscheidung kann ohne vorgängige Anbe— raumung einer mündlichen Verhandlung erlassen werden, wenn beide Theile auf eine solche ausdrücklich verzichtet haben.

8. 81. Die Verkündigung der Entscheidung erfolgt der Regel nach in öffentlicher Sitzung des Gerichts. Eine mit Gründen versehene Ausfertigung der Entscheidung ist den Parteien und, sofern ein besonderer Kommissar zur Wahr— nehmung des öffentlichen Interesses bestellt war (§. 74 Absatz 2), gleichzeitig auch diesem zuzustellen. Die Zustellung genügt, wenn die Verkündigung in öffentlicher Sitzung nicht erfolgt ist.

3) Von dem Verfahren in den weiteren Instanzen und von der Wiederaufnahme des Verfahrens.

§. 82. Gegen die in streitigen Verwaltungssachen er— gangenen Endurtheile der Kreisausschüsse und gegen die Be— scheide in den Fällen der §§. 64 und 67 steht, soweit nicht gemäß besonderer gesetzlicher Vorschrift diese Urtheile endgültig oder die gegen dieselben stattfindenden Rechtsmittel in ab— weichender Weise geregelt sind, den Parteien und aus Grün— den des öffentlichen Interesses dem Vorsitzenden des Kreis— ausschusses die Berufung an den Bezirksausschuß zu.

Will der Vorsitzende des Kreisausschusses gegen eine Ent— scheidung des letzteren die Berufung einlegen, so hat er dies sofort zu erklären. Die Verkündigung der Entscheidung bleibt in diesem Falle einstweilen, jedoch längstens drei Tage aus— gesetzt. Sie erfolgt mit der Eröffnung, daß im öffentlichen Interesse die Berufung eingelegt worden sei. Ist die Ver— kündigung ohne diese Eröffnung erfolgt, so findet die Be— rufung im öffentlichen Interesse nicht mehr statt. Die Gründe der Berufung sind den Parteien zur schriftlichen Erklärung innerhalb der im §. S6 gedachten Frist mitzutheilen. Nach Ablauf der Frist sind die Verhandlungen dem Bezirksausschusse einzureichen und die Parteien hiervon zu benachrichtigen.

8. 83. Gegen die in streitigen Verwaltungssachen in erster Instanz ergangenen Endurtheile der Bezirksausschüsse und gegen die Bescheide in den Fällen der 8§. 64 und 67 steht, soweit nicht gemäß besonderer gesetzlicher Vorschrift diese Ur⸗ theile endgültig oder die gegen dieselben stattfindenden Rechts⸗ mittel in abweichender Weise geregelt sind, den Parteien und aus Gründen des öffentlichen Interesses dem Vorsitzen sen des Bezirksausschusses die Berufung an das Ober-Verwaltungs— gericht zu.

Das Recht der Berufung des Vorsitzenden findet in den Formen statt, welche in 5. 82 Absatz 2 vorgeschrieben sind.

§8. 84. Die Vertretung der aus Gründen des öffentlichen Interesses von dem Vorsitzenden des Kreisausschusses oder des Bezirksausschusses eingelegten Berufung erfolgt vor dem Be⸗ zirkaausschusse durch den von dem Regierungs⸗Präsidenten, vor dem Ober-Verwaltungsgerichte durch den von dem Ressort⸗ Minister zu bestellenden Kommissar.

8. 85. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt vorbehaltlich der Bestimmungen der 35. 82 Absatz 2, 83 Absatz 2 und 157 dieses Gesetzes zwei Wochen.

§. 86. Innerhalb der im 5. 85 gedachten Frist ist, bei Verlust des Rechtsmittels, die Berufung bei dem Gerichte, gegen dessen Entscheidung dieselbe gerichtet ist, schriftlich anzu— melden und zu rechtfertigen.

Das Gericht prüft, ob die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist. Ist dies der Fall, so wird die Berufungsschrift mit ihren Anlagen der Gegenpartei zur schriftlichen Gegenerklärung innerhalb einer bestimmten, von einer bis zu vier Wochen zu bemessenden Frist zugefertigt.

Zur Rechtfertigung der Berufung, sowie zur Gegenerklä— rung kann in nicht schleunigen Sachen eine angemessene, der Regel nach nicht über zwei Wochen zu erstreckende Nachfrist gewährt werden.

Ist die Frist versäumt, so ist die Berufung ohne Weiteres durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückzuweisen. Namens des Kreisausschusses steht auch dem Vorsitzenden, Namens des Bezirksausschusses dem Vorsitzenden im Einver— ständniß mit den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen Bescheides zu. In demselben ist dem Berufungskläger zu eröffnen, daß ihm innerhalb zwei Wochen, vom Tage der Zustellung ab, die Beschwerde an das Berufungsgericht zustehe, widrigenfalls es bei dem Bescheide verbleibe.

8. 87. Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen, selbst wenn die Berufungsfrist verstrichen ist.

8. 88. Rach Ablauf der Frist sind die Verhandlungen dem Berufungsgerichte einzureichen. Die Parteien sind hier— von unter abschriftlicher Mittheilung der eingegangenen Gegen— erklärungen zu benachrichtigen.

§. 89. Bezüglich der von einer Partei eingelegten Be— rufung findet die Bestimmung des §. 67 für das Berufungs— gericht entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß gegen den Bescheid nur der Antrag auf mündliche Verhandlung zu— lässig ist.

Die Abänderung der durch Berufung angefochtenen Ent— scheidung findet nur nach vorgängiger Anberaumung der münd— lichen Verhandlung statt.

§. 90. Die Ladung der Parteien zur mündlichen Ver— handlung erfolgt unter der Verwarnung, daß beim Ausbleiben nach Lage der Verhandlungen werde entschieden werden. In gleicher Weise erfolgt in den Fällen der Berufung aus Grün— den des öffentlichen Interesses die Ladung des zur Vertretung desselben bestellten Kommissars.

Das Gericht kann zur Aufklärung des Sachverhältnisses das persönliche Erscheinen einer Partei anordnen.

§. 91. Ist die Berufung von dem Vorsitzenden des Kreis— ausschusses oder des Bezirksausschusses aus Gründen des öffentlichen Interesses eingelegt, so entscheidet das Berufungs— gericht zunächst über die Vorfrage, ob das öffentliche Interesse für betheiligt zu erachten ist. Wird die Vorfrage verneint, so weist das Berufungsgericht, ohne im Uebrigen in die Sache selbst einzutreten, die Berufung als unstatthaft zurück.

§. 92. Die 8§. 66, 70, 71 mit Ausschluß der Be— stimmungen über die Abänderung der Klage 55. 72 bis 81 ö 33 sür das Verfahren in der Berufungsinstanz maß— gebend.

Die Zufertigung der Entscheidung erfolgt durch Vermitte⸗ lung desjenigen Gerichts, gegen dessen Entscheidung die Be— rufung eingelegt worden war.

§. 93. Gegen die von den Bezirksausschüssen in zweiter Instanz erlassenen Endurtheile steht, soweit nicht gemäß be— sonderer gesetzlicher Vorschrift diese Urtheile endgültig oder die gegen dieselben stattfindenden Rechtsmittel in abweichender Weise geregelt sind, den Parteien das Rechtsmittel der Revision an das Ober-Verwaltungsgericht zu.

So weit das Rechtsmittel der Revision überhaupt zuge— lassen ist, steht dasselbe aus Gründen des öffentlichen Interesses auch dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses zu.

§. 94. Die Revision kann nur darauf gestützt werden:

I) daß die angefochtene Entscheidung auf der Nichtanwen— dung oder auß der unrichtigen Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen beruhe;

2) daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide.

§. 95. Die Bestimmungen des §. 66, des §5. 71 mit Ausschluß der Bestimmungen über die Abänderung der Klage sowie der 85. 72 bis 75, 80 und 81, 82 Absatz 2, 84 bis 90 sind auch für die Frist zur Einlegung und Rechtfertigung der Revision, sowie für das Verfahren in der Revisionsinstanz maßgebend.

Die Anmeldung und Rechtfertigung der Revision hat bei demjenigen Gerichte zu erfolgen, welches in erster Instanz ent— schieden hat.

§. 96. In der Revisionsschrift ist anzugeben, worin die behauptete Nichtanwendung oder unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts oder worin die behaupteten Mängel des Verfahrens gefunden werden.

§. 977. Das Ober-Verwaltungsgericht ist bei seiner Ent— scheidung an diejenigen Gründe nicht gebunden, welche zur , , der gestellten Anträge geltend gemacht wor— en sind.

§. 98. Erachtet das Ober-Verwaltungsgericht die Revi— sion für begründet, so hebt es die angefochtene Entscheidung auf und entscheidet in der Sache selbst, wenn diese spruchreif erscheint. Die Zufertigung der Entscheidung erfolgt durch Vermittelung desjenigen Gerichts, welches in erster Instanz entschieden hat.

§. 99. Ist die Sache nicht spruchreif, so weist das Ober⸗ Verwaltungsgericht dieselbe zur anderweitigen Entscheidung an die dazu nach der Sachlage geeignete Instanz zurück und ver— ordnet die Wiederholung oder Ergänzung des Verfahrens, soweit es nach seinem Ermessen mit einem wesentlichen Mangel behaftet ist.

§. 100. Gegen die im Verwaltungsstreitverfahren ergan⸗ genen, rechtskräftig gewordenen Endurtheile findet die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter denselben Voraus— setzungen, in demselben Umfange und innerhalb derselben Fristen statt, wie nach den bürgerlichen Prozeßgesetzen die Nichtigkeitsklage beziehungsweise die Restitutionsklage. Zu⸗ ständig ist ausschließlich das Ober-Verwaltungsgericht. Erachtet das Ober⸗Verwaltungsgericht die Klage für begründet, so hebt es die angefochtene Entscheidung auf, verweist die Sache zur anderweitigen Entscheidung an die dazu nach der Sachlage ge— eignete Instanz und verordnet die Wiederholung oder Ergän— zung des Verfahrens, soweit dasselbe von dem Anfechtungs— grunde betroffen wird.

§. 101. Das Gericht, an welches die Sache in den Fällen der 55. 99, 100 gewiesen wird, hat bei dem weiteren Ver—