1883 / 205 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Sep 1883 18:00:01 GMT) scan diff

fahren und bei der von ihm anderweitig zu treffenden Ent⸗ scheidung die in dem Aushebungsbeschlusse des Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichts aufgestellten Grundsätze, sowie in den Fällen des 8. 106 die dem Aufhebungsbeschlusse zu Grunde gelegten thatsächlichen Fesistellungen als maßgebend zu betrachten. 4) Von den Kosten des Verwaltungsstreitverfahrens. 5. 102. Das Verwaltungsstreitverfahren ist stempelfrei. 3. 1063. Dem unterliegenden Theile sind die Kosten und die baaren Auslagen des Verfahrens, sowie die erforderlichen baaren Auslagen des obsiegenden Theiles zur Last zu legen. Die Gebühren eines Rechtsanwalts des obsiegenden Theils hat der unterliegende Theil nur insoweit zu erstatten, als die⸗ selben für Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksausschusse oder dem Ober⸗Verwaltungsgerichte zu zahlen sind. An baaren Auslagen für die persönliche Wahr⸗ nehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirks⸗ ausschusse und dem Ober⸗-Verwaltungsgerichte kann die obsie⸗ gende Partei nicht mehr in Anspruch nehmen, als die gesetz⸗ lichen Sebühren eines sie vertretenden Rechtsanwaltes betragen haben würden, es sei denn, daß ihr persönliches Erscheinen von dem Gerichte angeordnet war. ö ; Im Endurtheile ist der Werth des Streitobjektes fest⸗

usetzen. ] ö Gebühren der Rechtsanwalte bestimmen sich nach den für dieselben bei den ordentlichen Gerichten geltenden Vor⸗ schriften. . 6 104. Die Kosten und baaren Auslagen bleiben dem obsienenden Theile zur Last, soweit sie durch sein eigenes Ver⸗ schulden entstanden sind. ö

z. 165. Die Entscheidung über den Kostenpunkt (88. 103, 104) kann nur gleichzeitig mit der Entscheidung in der Hauptsache durch Berufung oder Revision angefochten werden.

5. 106. Hebung, welches Bei dem Bezirksausschusse sechszig Mark,

An Kosten kommt ein Pauschquantum zur im Höchstbetrage bei dem Kreisausschusse und bei dem Ober⸗Ver⸗

waltungsgerichte einhundertfünfzig Mark nicht übersteigen darf. Für die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen

gelten die in Civilprozessen zur Anwendung kommenden Vor— schriften, für die Berechnung des Pauschquantums kann von den Ministern der Finanzen und des Innern ein Tarif auf⸗ gestellt werden.

§. 107. Die Erhebung des nicht statt:

1) wenn der unterliegende Theil eine öffentliche Behörde ist, insoweit die angefochtene Verfügung oder Entscheidung derselben nicht lediglich die Wahrung der Haushaltsinteressen eines von der Behörde vertretenen Kommunalverbandes zum Gegenstande hatte; die baaren Auslagen des Verfahrens und des obfiegenden Theiles fallen demjenigen zur Last, der nach gesetzlicher Bestimmung die Amtsunkosten der Behörde zu tragen hat;

2) wenn die Entscheidung ohne vorgängige mündliche Ver⸗ handlung erfolgt ist;

3) bei dem Kreisausschusse in den Fällen der 88. 60 bis 62 des Gesetzes vom 8. März 1871, betreffend die Ausfüh— rung des Buͤndesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz (Ge— setz'Zammlung Seite 130);

4) bei dem Bezirksausschusse und bei dem Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichte, soweit die Berufung oder die Revision von dem Vorfitzenden des Kreisausschusses beziehungsweise des Bezirks— ausschusses eingelegt worden war;

s) von denjenigen Personen, mit Ausnahme jedoch der Gemeinden in den die Verwaltung der Armenpflege betreffen⸗ den Angelegenheiten, denen nach den Reichs- oder Landes— . Gebührenfreiheit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zusteht.

§. 108. Die Kosten und baaren Auslagen des Ver— fahrens werden für jede Instanz von dem Gerichte festgesetzt, bei dem die Sache selbst anhängig gewesen ist.

Die von der obsiegenden Partei zur Erstattung Seitens des unterliegenden Theiles liquidirten Auzlagen werden für alle Instanzen von demjenigen Gerichte festäesetzt, bei dem die Sache in erster Instanz anhängig gewesen ist.

Gegen den Festsetzungsbeschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Bezirksaus— schuß, gegen den in erster Instanz ergangenen Festsetzungs— beschluß des Bezirksausschusses findet innerhalb gleicher Frist die Beschwerde an das Ober-Verwaltungsgericht statt.

§. 109. Dem unterliegenden Theile kann im Falle des bescheinigten Unvermögens nach Maßgabe der Bestimmungen des 8. 30 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichts⸗ kostengesetze vom 10. März 1879 (Gesetz- Sammlung Seite 145), oder wenn sonst ein besonderer Anlaß dazu vorliegt, gänzliche oder theilweise Kostenfreiheit beziehungsweise Stundung ve— willigt werden. Gegen den das Gesuch ablehnenden Beschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Be— schwerde an den Bezirksausschuß, gegen den in erster Instanz ergangenen ablehnenden Beschluß des Bezirksausschusses inner— halb zwei Wochen die Beschwerde an das Ober-Verwaltungs— gericht statt.

5) Schlußbestimmungen für das Verwaltungsstreitverfahren.

8. 110. Auf Beschwerden, welche die Leitung des Ver— fahrens bei den Kreis- und Bezirksausschüssen zum Gegen— stande haben, entscheidet das im Instanzenzuge zunächst höhere Gericht endgültig.

§. 111. Alle Beschwerden sind innerhalb der für dieselben vorgeschriebenen Frist bei dem Gerichte, gegen dessen Ent— scheidung sie gerichtet sind, einzulegen.

Das Gericht verfährt bei Versäumung der vorgeschriebenen Frist nach B stimmung des Schlußabsazes des §. 86.

Für das angerufene Gericht kommt §. 64 zur Anwendung; an die Stelle des Antrages auf Anberaumung der mündlichen Verhandlung beziehungsweise der Einlegung des Rechtsmittels tritt der Antrag auf Entscheidung durch das Gericht.

Wird die Beschwerde der Vorschrift des ersten Absatzes zuwider innerhalb der gesetzlichen Frist bei demjenigen Gericht angebracht, welches zur Enticheidung darüber zuständig ist, so gilt die Frist als gewahrt. Die Beschwerde ist in solchen Fällen von dem angerufenen Gerichte zur weiteren Vexan— lassung an dasjenige Gericht abzugeben, gegen dessen Beschluß sie gerichtet ist.

§. i12. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann beantragen, wer durch Naturereignisse oder andere un— abweisbare Zufälle verhindert worden ist, die in dem gegen⸗ wärtigen Gefetze oder die in den Gesetzen für Anstellung der Klage beziehungsweise sür den Antrag auf mündliche Ver⸗ handlung im Verwaltungsstreitverfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Als unabwendbarer Zufall ist es anzu—

Pauschquantums findet

sehen, wenn der Antragsteller von einer Zustellung ohne sein

Verschulden keine Kenntniß erlangt hat. Ueber den Antrag entscheidet das Gericht, dem die Entscheidung über die ver⸗

säumte Streithandlung zusteht. Die versäumte Streithandlung ist, unter Anführung der Thatsachen, mittelst deren der An⸗ trag auf Wiedereinsetzung begründet werden sell, sowie der Beweismittel, innerhalb zwei Wochen nachzuholen; der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages, mit welchem das Hinderniß gehoben ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, findet die Nach⸗ holung der versäumten Streithandlung beziehungsweise der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht mehr statt. Die durch Er—⸗ örterung des Antrages auf Wiedereinsetzung entstehenden baaren Auslagen trägt in allen Fällen der Antragsteller.

5§. 113. Die Central⸗ und die Provinzial verwaltungs⸗ behörden sind auch für die im Verwaltungsstreitverfahren zu verhandelnden Angelegenheiten zur Erhebung des Kompetenz konflikts befugt.

Die Erhebung des Kompetenzkonflikts auf Grund der Behauptung, daß in einer im Verwaltungestreitverfahren an⸗ hängig gemachten Sache eine andere Verwaltungsbehörde zu— ständig sei, findet nicht statt. (

Die zur Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren be⸗ rufenen Behörden haben ihre Zuständigkeit von Amtswegen wahrzunehmen.

Wird von einer Partei in erster Instanz die Einrede der Unzuständigkeit erhoben, so kann über dieselbe vorab ent— schieden werden. r ;

Haben sich in derselben Sache die zur Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren berufene Behörde und eine andere Verwaltungsbehörde für zuständig erklärt, so entscheidet auf Grund der schriftlichen Erklärungen der über ihre Kompetenz streitenden Behörden und nach Anhörung der Parteien in mündlicher Verhandlung das Ober-Verwaltungsgericht. Das Gleiche gilt in dem Falle, wenn beide Theile sich in der Sache für unzuständig erklärt haben. In beiden Fällen wer— den weder ein Kostenpauschquantum noch baare Auslagen er— hoben. Ebensowenig findet eine Erstattung der den Parteien erwachsenden Kosten statt. ;

8. 114. Die gemäß §. 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichts verfassungsgesetze vom 27. Januar 1877 (Reichs-Ge— setzblatt Seite 77) dem Ober-Verwaltungsgerichte zustehenden Vbrentscheidungen erfolgen in dem durch den letzten Absatz des 8. 113 dieses Gesetzes vorgeschriebenen Verfahren, für welches im Uebrigen die Vorschristen über das Verwaltungsstreitver— fahren entsprechende Anwendung finden.

III. Abschnitt. Beschlußverfahren.

s. 115. Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mitglieder der Behörde oder deren Verwandte und Ver— schwägerte in auf- und absteigender Linie oder bis zum dritten Grade der Seitenlinie, so dürfen dieselben an der Berathung und Abstimmung nicht theilnehmen. Ebensowenig darf ein Mitglied bei der Berathung und Beschlußfassung über solche Angelegenheiten mitwirken, in welchen es in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat, oder als Geschäftsführer, Beauftragter oder in anderer als öffentlicher Stellung thätig gewesen ist.

§. 116. Wird in Folne des gleichzeitigen Ausscheidens mehrerer Mitglieder gemäß §. 115 die Behörde beschlußunfähig, und kann die Beschlußfähigkeit auch nicht durch Einberufung unbetheiligter Stellvertreter hergestellt werden. ss wird von dem Regierunge⸗-Präsidenten beziehungsweise Ober⸗Präsidenten oder Minister des Innern, je nachdem es sich um einen Kreis— (Stadt⸗) Ausschuß, Bezirksausschuß oder Provinzialrath handelt, ein anderer Kreis- oder Stadtausschuß, Bezirksausschuß oder Provinzialrath mit der Beschlußfassung beauftragt.

Für den Stadtkreis Berlin steht die Beauftragung an Stells des Regierungs-Präsidenten dem Ober⸗-Präsidenten zu.

8. 117. Der Vorsitzende des Kreis- (Stadt-) Ausschusses ist befugt, in Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, oder in welchen das Sach- und Rechtsverhältniß klar liegt und die Zustimmung des Kollegiums nicht im Gesetz ausdrücklich als erforderlich bezeichnet ist, Namens der Behörde Verfügungen zu erlassen und Bescheide zu ertheilen.

Die gleiche Befugniß steht dem Vorsitzenden des Bezirks— ausschusses und des Provbinzialrathes mit der Maßgabe zu, daß eine Abänderung der durch Beschwerde angefochtenen Be⸗ schlüsse des Kreis- (Stadt) Ausschusses beziehungsweise des Bezirksausschusses nur unter Zuziehung des Kollegiums er— solgen darf.

In den auf Grund der vorstehenden Bestimmungen er— lassenen Verfügungen und Bescheiden ist den Betheiligten, so⸗ fern deren Anträgen nicht stattgegeben wird, zu eröffnen, daß sie befugt seien, innerhalb zwei Wochen auf. Beschlußfassung durch das Kollegium anzutragen oder dasjenige Rechtsmittel einzulegen, welches zulässig wäre, wenn die Verfügung be— ziehungsweise der Bescheid auf Beschluß des Kollegiums er— folgt wäre.

Wird auf Beschlußfassung angetragen, so muß solche zu— nächst erfolgen. Hat einer der Betheiligten auf Beschluß⸗ fassung angetragen, ein anderer das Rechtsmittel eingelegt, so wird nur dem Antrag auf Beschlußfassung stattgegeben. Wird weder auf Beschlußfassung angetragen, noch das Rechtsmittel eingelegt, so gilt die Verfügung beziehungsweise der Bescheid als endgültiger Beschluß. Für den Antrag auf Beschluß⸗ fassung des Kollegiums finden die nach den 88. 52 und 53 für die Beschwerde geltenden Bestimmungen Anwendung.

Der Vorsitzende hat dem Kollegium von allen im Namen desselben erlassenen Verfügungen und ertheilten Bescheiden nachträglich Mittheilung zu machen.

8. 118. An den Verhandlungen der Behörde können unter Zustimmung des Kollegiums technische Staats- oder Kommunalbeamte mit berathender Stimme theilnehmen,

§. 119. Die Behörden fassen ihre Beschlüsse auf Grund der verhandelten Akten, sofern nicht das Gesetz ausdrücklich mündliche Verhandlung vorschreibt.

Die Behörden sind befugt, auch in anderen als in den im Gesetze ausdrücklich bezeichneten Angelegenheiten die Be— theiligten beziehungsweise deren mit Vollmacht versehene Ver— treter behufs Aufklärung des Sachverhalts zur mündlichen Verhandlung vorzuladen.

In Betreff der mündlichen Verhandlung finden im Uebrigen die Vorschriften der 86. 68,9 71, 72, 73 und 75 sinngemaße Anwendung.

§. 126. Für die Erhebung und Würdigung des Beweises kommen die Vorschriften der 88. 76 bis 79 sinngemäß und mit der Maßgabe zur Anwendung, daß gegen den eine Strafe oder die Nichtverpflichtung eines Zeugen oder Sachverständigen aussprechenden Beschluß des Kreis- (Stadt⸗) Ausschusses den Betheiligten die Beschwerde an den Bezirksausschuß, gegen den

in erster oder zweiter Instanz erJangenen Beschluß des letz⸗ teren oder des Provinzlalrathes innerhalb gleicher Frist die Beschwerde an das Dber⸗Verwaltungsgericht zusteht.

8. 121. Gegen die Beschlüsse des Kreis- (Stadt) Aus⸗ schusses findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Bezirksausschuß, gegen die in erster Instanz ergehenden Be⸗ schlüsse des Bezirksausschusses innerhalb gleicher Frist die Be⸗ schwerde an den Provinzialrath statt, sofern nicht nach aus⸗ drücklicher Vorschrift des Gesetzes

I) die Beschlüsse endgültig sind,

2) die Beschlußsassung über die Beschwerde anderen Be⸗ hörden übertragen ist.

Die auf Beschwerden gefaßten Beschlüsse des Bezirksaus⸗ schusses und die Beschlüsse des Provinzialraths sind endgültig, sofern nicht das Gesetz im Einzelnen anders bestimmt.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die nach Maßgabe der Gesetze von dem Landrath unter Zustimmung des Kreisausschusses, von dem Regierungs⸗Präsidenten unter Zustimmung des Bezirksausschusses, von dem Ober⸗Präsidenten unter Zustimmung des Provinzialraths gefaßten Beschlüsse entsprechende Anwendung.

S. 122. Die Beschwerde ist in den Fällen des §. 121 bei derjenigen Behörde, gegen deren Beschluß sie gerichtet ist, anzubringen. Der Vorsitzende prüft, ob das Rechtsmittel recht⸗ zeitig angebracht ist.

Ist die Frist versäumt, so weist der Vorsitzende das Rechts⸗ mittel ohne Weiteres durch einen mit Gründen versehenen Be⸗ scheid zurück. In demselben ist dem Beschwerdeführer zu er⸗ öffnen, daß ihm innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an die⸗ jenige Behörde zustehe, welche zur Beschlußfassung in der Sache berufen ist, widrigenfals es bei dem Bescheide verbleibe.

Ist die Frist gewahrt, und ist eine Gegenpartei vorhanden, so wird die Beschwerdeschrift mit ihren Anlagen zunächst dieser zur schriftlichen Gegenerklärung innerhalb zwei Wochen zuge— fertigt. Die Gegenpartei kann sich dem Rechtsmittel an⸗ schließen, selbst wenn die Frist verstrichen ist.

Abschrist der eingegangenen Gegenerklärung erhält der Beschwerdeführer. Zur näheren Begründung der Beschwerde, sowie zur Gegenerklärung kann in nicht schleunigen Sachen eine angemessene, der Regel nach nicht über zwei Wochen zu erstreckende Nachfrist gewährt werden. Hierauf werden die Verhandlungen mittelst Berichtes derjenigen Behörde ein⸗ 6 welcher die Beschlußfassung über die Beschwerde zusteht.

Wird die Beschwerde der Vorschrift des ersten Absatzes zuwider innerhalb der gesetzlichen Frist bei derjenigen Behörde angebracht, welche zur Beschlußfassung darüber zuständig ist, so gilt die Frist als gewahrt. Die Beschwerde ist in solchen Fällen von der angerufenen Behörde zur weiteren Ver⸗—⸗ anlassung an diejenige Behörde abzugeben, gegen deren Be⸗ schluß sie gerichtet ist.

5. 125. Die Einlegung der Beschwerde steht in den Fällen des 5. 121 aus Gründen des öffentlichen Interesses auch den Vorsitzenden der Behörden zu.

Will der Vorsitzende von dieser Befugniß Gebrauch machen, so hat er dies dem Kollegium sofort mitzutheilen.

Die Zustellung des Beschlusses bleibt in diesem Falle einst⸗ weilen, jedoch längstens drei Tage, ausgesetzt. Sie erfolgt mit der Eröffnung, daß im öffentlichen Interesse die Beschwerde eingelegt worden sei. Ist die Zustellung ohne diese Eröffnung erfolgt, so gilt die Beschwerde als zurückgenommen.

Die Gründe der Beschwerde sind den Betheiligten zur schriftlichen Erklärung innerhalb zwei Wochen mitzutheilen.

Nach Ablauf dieser Frist sind die Verhandlungen der Behörde einzureichen, welcher die Beschlußfassung über die Beschwerde zusteht.

Eine vorläufige Vollstreckung des mit der Beschwerde an⸗ gefochtenen Beschlusses (58. 53) ist in diesen Fällen ausge⸗ schlossen.

5. 124. In, dem Beschlußverfahren wird ein Kosten⸗ pauschquantum nicht erhoben, ebensowenig haben die Bethei⸗ ligten ein Recht, den Ersatz ihrer baaren Auslagen zu fordern.

Jedoch können die durch Anträge und unbegründete Ein— wendungen erwachsenden Gebühren für Zeugen und Sachver⸗ ständige demjenigen zur Last gelegt werden, welcher den Antrag gestellt beziehungsweise den Einwand erhoben hat.

Die sonstigen Kosten und haaren Auslagen des Ver⸗ fahrens fallen demjenigen zur Last, der nach gesetzlicher Be— stimmung die Amtsunkosten der Behörde zu tragen hat.

Bei den Vorschriften der Gewerbeordnung behält es sein Bewenden. S. 125. Ueber Beschwerden, welche die Leitung des Ver⸗ fahrens und die Koften betreffen, beschließt endgültig die in der Hauptsache zunächst höhere Instanz.

5. 1256. Der Ober-Präsident kann endgültige Beschlüsse des Provinzialrathes, der Regierungs⸗Präsident endgültige Be— schlüsse des Bezirks ausschusses und der Landrath, bezw. der Vorsitzende des Kreis⸗(Stadt⸗) Ausschusses endgültige Beschlüsse dieser Behörde mit aufschiebender Wirkung anfechten, wenn die Beschlüsse die Befugnisse der Behörde überschreiten oder das bestehende Recht, insbesondere auch die von den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen, ver⸗ letzen. Die Anfechtung erfolgt mittelst Klage beim Ober⸗Ver⸗ waltungsgericht.

Die . deren Beschluß angefochten wird, ist befugt, zur Wahrnehmung ihrer Rechte in dem Verfahren vor dem Dber⸗Verwaltungsgericht einen besonderen Vertreter zu wählen.

(Schluß folgt.)

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ö. ö . . * . ö. ö ** .

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗AUnzeiger.

M 2O5.

Berlin, Sonnabend, den 1. September

1883.

x —VQuCiͥe—

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 1. September. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (3.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Handels⸗ und Schiff⸗ fahrts vertrages zwischen dem Deutschen Reich und Spanien in Verbindung mit der Berathung der dazu ein— gegangenen Petitionen fortgesetzt.

Der Abg. Dr. Stephani referirte über eine Anzahl von Petitionen, welche die Herabsetzung des Zolles für rohen Kakao, resp. vie Rückerstattung des bereits erlegten oder noch zu erlegenden höheren Zollbetrages für Rosinen und Korin⸗ then erbitten.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) beantragte, die letztgenannte Kategorie von Petitionen dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen. .

Der Abg. von Köller erstattete über die, die Spritklausel betreffenden Petitionen Bericht. Dieselben zerfallen in solche auf Beseitigung und solche auf Beibehaltung der Spritklausel. Die ersteren gehen hauptsächlich von sechs größeren Firmen der Stadt Hamburg aus; die letzteren, 25 bis 30 an der Zahl, von verschiedenen Grundbesitzern und 8 Fabrikherren aus den Stäbten Berlin., Guben, Stettin, Magdeburg, Chemnitz, Braunschweig, Breslau und anderen, sowie von der Handels⸗ kammer in Offenbach. Der Referent bemerkte, daß in keiner dieser Petitionen wesentlich neue Gründe angeführt seien, und hob hervor, daß dem Hamburger Interesse dasjenige fast aller großen Städte und Firmen Deutschlands gegenüberstehe.

Ein Antrag des Abg. Dr. Rée, dahin gehend, zugleich mit den Artikeln des Verkrages die auf dieselben bezuͤglichen Bestimmungen des Schlußprotokolls zu debattiren, wurde, obgleich der Präsident von Levetzow und der Abg. Sonne mann diesen Antrag für geschästlich nicht empfehlenswerth hielten, schließlich vom Hause angenommen. .

Art. T bestimmt im Allgemeinen, daß zwischen den beiden kontrahirenden Staaten volle Handels- und Schiffahrtsfreiheit bestehen solle. .

Der Abg. Ebert bedauerte hierbei, daß man in dem Ver⸗ trage keine günstigeren Eingangezölle für deutsche Steinkohlen in Spanien stipulirt, und somit eine gute Gelegenheit zur Er⸗ weiterung des Marktes für den Export deutscher Steinkohlen versaumt habe. .

Der Vundeskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Schraut entgegnete, die Reichsregierung habe versucht, eine solche Erleichte⸗ rung für die deutschen Steinkohlen zu schaffen, aber ohne Erfolg. Spanien habe sich darauf berufen, daß es dasselbe Verlangen gegenüber andern Staaten bereits abgeschlagen habe.

Art. 1 wurde genehmigt; ebenso die folgenden Artikel bis inkl. Art. S. .

Der Art. 9 enthält die beiderseitigen Tarifermäßigungen und im Schlußprotokoll folgende Bemerkung;

„Der spanische Bevollmächtigte giebt die Ecklärung ab, daß die Königlich spanische Regierung nur denjenigen nach Spanien eingehenden Sprit als deutsche Wagre zu behandeln in der Lage fei, welcher aus deutschem Rohspiritus in Deutschland hergestellt worden ist. Derfelbe bebält außerdem für die Königlich spanischen Konsulate ausdrücklich die Berechtigung vor, zum Nachweis dafür, daß der zur Ausfuhr kommende Sprit aus deutschem Rohspiritus im Gebiete des Deutschen Reichs bergestellt worden ist, nicht nur die Vorlage von speziellen Ursprungsattesten, sondern auch die Vor⸗ lage von Duplikaten der ertheilten Bonifikationsanerkenntnisse nach Maßgabe der den Konsulaten von ihrer Regierung ertheilten In⸗ ffruktlonen zu fordern, welche letztere im Einvernehmen der beiden Regierungen festgestellt werden. Die deutschen Bevollmächtigten bemerken hierauf, daß sie gegen die vorstehende Erklärung keine Einwendung erheben.“ ;

Zu diesem Artikel lagen folgende Anträge vor: 1) von den Abgg. Br. Kapp und Dr. Braun:

Der Reichstag wolle beschließen:

den Herrn Reichskanzler unter Bezugnahme auf Seite 30 der dem Reichstag vorliegenden Denkschrift zu ersuchen, dafür Sorge . zu wollen, daß nachträglich noch protokollarisch festgestellt werde:

daß, wenn andere Nationen, welche im Vertrags verhältniß zu Spanien fliehen, fremden Rohspiritus rektifiziren und zum Kon— ventionaltarif in Spanien einführen dürfen, dasselbe Recht auch Deutschland gewährt werde.

2) vom Abg. Dr. Meyer (Halle):

Der Reichstags wolle beschließen:

Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, in der nächsten Session eine Vorlage betr. die Ermäßigung des Zolles auf Kakao in Bohnen zu machen“. ö

3) von den Abgg. von Kardorff, Dr. Hammacher und Gen.:

Der Reichstag wolle beschließen:

Dem nachstebenden Gesetzentwurfe die verfassungsmäßige Ge— nehmigung zu ertheilen:

„Gesetz, betreffend die Verallgemeinerung der Zollermäßigungen in den Tarifen zu dem deutsch-italienischen Handels- und Schiff⸗ . und dem deutsch⸗spanischen Handels und Schiffahrts⸗ vertrage.

Bir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach er Ei Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was olgt:

Durch Kaiserliche Verordnung nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths kann angeordnet werden, daß die Zollermäßigungen, welche in dem Tarif zu dem Handels, und Schiffahrtsvertrage zwischen dem Deutschen Reiche und Italien vom 4. Mai 1883 und in dem Tarif zu dem Handels⸗ und Schiffahrtsvertrage zwischen dem Deutschen Reiche und Spanien vom 12. Juli 1883 enthalten sind, auch solchen Staaten gegenüber Anwendung finden, welche einen vertrags mäßigen Anspruch auf diese Ermäßigungen nicht haben, fofern Seitens derselben binsichtlich der Erhebung der Ein⸗ gangs⸗ und Ausgangsabgaben dritte Staaten nicht günstiger be⸗ handelt werden, als das Deutsche Reich.“

Der Abg. Sonnemann brachte die Vorgeschichte der Sprit⸗ klausel zur Sprache, auf welcher die je ge. Unterhändler von Anfang an bestanden haben sollten, während aus den Verhandlungen selbst darüber nicht das Mindeste bekannt sei. Außerdem habe noch am 10. März Spanien mit Schweden und Norwegen einen Vertrag ohne diese Klausel abgeschlossen; merkwürdig sei doch dieses Faktum in nicht geringem Grade. Die einzelnen Herabsetzungen brächten einen Einnahme⸗ aussall von pyr. 4 Millionen. Einzelne Tarifkonzessionen seien ja zum Theil schon durch den Handelsvertrag mit

*

Italien indizirt gewesen; das Bedauern über die Schädigung der Importeure von Korinthen und Rosinen, welche durch die plötzliche Herabsetzung des Zolles auf das Unangenehmste Überrascht seien, müsse er theilen. Den Wunsch derselben, entschädigt zu werden, sowie den Antrag auf Ermäßigung des Zolles auf Kakaobohnen werde er unterstützen. Die bedeu⸗ tende Ermäßigung des Korkzolles zeige recht deutlich, in wie überstürzter und oberflächlicher Weise im Jahre 1879 mit der Erhöhung der Korkzölle verfahren worden sei. Was die Spritklausel betreffe, so steye er derselben an sich sehr kühl gegenüber, schlimm aber sei die hier zum ersten Male ge— machte Unterscheidung zwischen einzelnen Theilen des deut— schen Reichshandelsgebietes, die den einen Theil (Ham⸗ burg) ungünstiger stellten als den anderen. Daß meistens Luxuzartikel von Seiten Deutschlands im Zoll herabgesetzt seien, könne nicht mit ungetheilter Freude begrüßt werden; eher hätte man auf die Herabsetzung des Schmalzzolls hin⸗ wirken sollen. Großes Glück hätten die deutschen Unterhändler überhaupt nicht gehabt; während die spanischen Forderungen alle bewilligt seien, hätten die Deutschen eigentlich nur die unwesentliche Erniedrigung gewisser Zölle erreichen können. Bezüglich der staatsrechilichen Frage werde seine des Redners) Partei für den Antrag stimmen, der das Recht des Reichs—⸗ tages am besten wahre.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗ sekretar des Reichs-Schatzamts von Burchard das Wort:

Meine Herren! Die allgemeinen Ausführungen, mit denen der Hr. Abg. Sonnemann seinen Vortrag eingeleitet hat, würden mir einen Änlaß geben, schon jetzt das Wort zu ergreifen, wenn er nicht nachher einige Punkte berührt hätte, die ich wünschen müßte, schon jetzt geklärt zu sehen. Ich werde mir, da ich das Wort habe, er⸗ lauben, auf diese ersten einleitenden Bemerkungen des Herrn Ab— geordneten einzugeben.

Der Herr Abgeordnete sagt, Spanien hätte gar keine Ermäßigung zugestanden. Ich weiß nicht, ob der Hr. Abg. Sonnemann der An⸗ sicht wirklich ist, daß Deutschland in Folge des Abschlusses des spanischen Handelsvertrages nicht Tarifermäßigungen bei der Einfuhr nach Spanien zu Theil werden. Wenn er der Änsicht ist, kann ich

ihn in! der That kaum belehren. Der Hauptvortheil, der durch den Abschluß des Handelsvertrags erreicht ist, ist der, daß der deutschen Einfuhr der Konventionaltarif

zu Theil wird, was bis jetzt nicht der Fall gewesen; und das ist ein wichtiger Erfolg. Die Unterschiede zwischen den Sätzen des General- und des Konventionaltarifs in Spanien sind sehr erheblich. Ich will sie nicht in Detail vortragen, man kann sie auf durchschnitt- sich fast 40 o/o ansetzen. Sie betragen z. B. bei Branntwein 134 0so, bei Eisenbahnschienen 43 , bei Waaren aus reiner Wolle 4670, bei Waaren aus Wolle und Baumwolle 67 0, bei baumwollenen Garnen Mwischen 30 und 43 60. Ich glaube also, daß das eine Darstellung der Sachlage ist, die kaum erklärlich ist.

Meine Herren! Ebenso ist die Kritik, die der Herr Abgeordnete über die Haltung der spanischen und deutschen Bevollmächtigten hier zcübt bat, nach unserer Auffassung im Widerspruch mit allen Thatsachen. Die Kritik wird ja jedenfalls in Madrid höchst angenehm berühren, daran zweifle ich keinen Augenblick, ich will mich auch enthalten, auf diese Details einzugehen, muß jedoch sagen, daß es absolut unrichtig ist, daß die spanischen Forderungen vollständig erreicht find; die Hauptforderung, die Spanien gestellt hat, nämlich Herabsetzung des Weinzolls, ist abgelehnt und auch bis zuletzt nicht erfüllt worden.

Meine Herren! Dann komme ich auf die Frage, die der Herr

bgeordnete berührt hat, und die ich für außerordentlich wichtig kalte, sie ist auch gestern von dem Hrn. Abg. Bamberger berührt, nämlich, wie die Zollermäßigungen zu verallgemeinern sein wer

den. Sie, sind ja zunächst nur zugestanden Spanien und bezw. Italien, und es ist in der Bekanntmachung vom 9. d. M. aus ge⸗

daß von Ursprungsattesten abgesehen werden soll, daß die bewilligten Zollermäßigungen allgemein der Einfuhr zu Theil werden sollen. Es ist die Frageè angeregt worden, oh dieses Verfahren den gesetzlichen Grundlagen voll entspricht. Meine Herren, die Sach⸗ lage ist eine außerordentlich schwierige, und die Frage ist sehr ein⸗ gehend erwogen worden. Die Waaren, die in den beiden Verträgen im Zoll ermäßigt sind, kommen allerdings nicht ausschließlich aus Spanien und Italien her, sondern namentlich diejenigen Waaren, welche im fpanischen Vertrage berührt werden, kommen auch aus der Türkei und Griechenland her, besonders Rosinen. Die Einfuhr aus andern Ländern ist in diesen Artikeln minim und wird füglich außer Be⸗ tracht bleiben können, sie wird keinen Anlaß zur Einführung von Ursprungs⸗ atteften geben können. Also es würde sich wesentlich darum handeln, ob der Bundesrath, ohne gesetzliche Frmächtigung, die Zollermäßi— gungen, die im Vertrage vorgesehen sind und nach. dem Inhalt des Verkrages nur den meistbegünstigten Staaten zu Theil werden sollen, auch auf die Turkei und Griechenland gusdehnen ann. Die ver- bündeten Regierungen haben sich dazu für ermächtigt gehalten und zwar aus folgenden Erwägungen. . Wir haben mit der Türkei einen Vertrag von 1862; in diesem Vertrage felbst ist ausdrücklich nur der deutschen Einfuhr nach der Türkei die meistbegünstigte Behandlung zugesichert worden, eine gegentheilige Versicherung von Seiten Preußens Namens des Zoll vereins ift damals nicht im Vertrage ausgesprochen worden. Es war auch diefe Frage damals für den Zollverein gegenstandslos, denn im Zollverein war damals Leine differentielle, sondern nur eine allgemeinẽè Zollbehandlung. Es ist aber, als die Noten zwischen den beiderseitigen Regierungen ausgetauscht sind, bei Vollzug des Ver⸗ trags auch preußischerseits die Zusicherung ertheilt, daß die Türkei bei der Einfuhr so günstig wie jedes andere Land behandelt werden sollte. Dementsprechend ist auch der Verlauf der Sache gewesen, es ist nie Fisher daran dedacht worden, die Türkei bei der Einfuhr n Produkte nach Deutschland anders als meistbegünstigt zu be⸗ handeln. . Was Griechenland betrifft, so habe ich mir schon bei Be⸗ rathung des italienischen Handelsvertrags hervorzuheben erlaubt, daß das handelspolitische Verhältniß zwischen Deutschland und Griechenland keineswegs genügend klar ist. Es be⸗ stehen ältere Verträge zwischen Griechenland und Sachsen, Bremen, Oldenburg und Preußen; diese Verträge sind nicht gekündigt, und in ihnen ist die Meistbeglnstigung auch im Wesentlichen gegen seitig zugesichert worden. Nun ist es ja eine sehr diffizile Rechtsfrage, vb und inwieweit auf Grund dieser Verträge Griechenland bean⸗ fpruchen kann, in Deutschland allgemein meistbegünstigt einzuführen. Das wird man ja kaum in Abrede stellen, daß die Verträge mit der Bildung des Deutschen Reichs nicht zerrissen sind. Welche Folgen daraus entstehen, will ich nicht näher beleuchten, aber dieser Zustand hat den Anlaß gegeben, dem Gedanken näher zu treten, zwischen Deutschland und Griechenland einen Vertrag herzustellen. Griechenland hatte schon früher wiederholt den Wunsch geäußert, daß dies geschehe. Es ist damals aus verschiedenen Gründen, die ich hier nicht näßer zu erörtern habe, von deutscher Seite abgelehnt worden. Nun⸗ mehr ist aber die Einleitung getroffen, ß die Verhandlungen als⸗ bald in Gang kommen, und ich darf die Hoffnung aussprechen, daß

sprochen worden,

es gelingen wird, in kurzer Zeit auch mit Griechenland zum Abschluß eines Handelsvertrages zu kommen. Aber wie die Sachen jetzt liegen, so würde es mit großen Bedenken verknüpft sein, die griechische Ein⸗ fubr nach Deutschland nicht als meistbegünstigte zu behandeln. Müssen die verbündeten Regierungen also die Einfuhren aus der Türkei und aus Griechenland meistbegünstigt bebandeln, und kommt aus anderen Ländern so gut wie keine Einfuhr. so würde daraus allerdings die Berechtigung für die verbündeten Re⸗ gierungen herzuleiten sein, daß sie allgemein die Zollermãßigung auf alle Einfubren Anwendung finden lassen können. Ich kann aus⸗ sprechen, daß die verbündeten Regierungen jedenfalls diese Zoll⸗ ermäßigung, wie es in der vorläufigen Bekanntmachung geschehen ist, so ' späterhin zu nächst allgemein auf alle Staaten anwenden wollen.

Ich glaube aber, daß der mir soeben zugeganzene Antrag der Herren Abgg. von Kardorff und Dr. Hammacher, welche eine gesetz⸗ liche Grundlage dafür schaffen wollen, daß durch Kaiserliche Ver⸗ ordnung mit Zustimmung des Bundesraths diese Zollermäßigungen der beiden Verträge verallgemeinert werden können daß dieser An⸗ trag sich doch der näheren Würdigung durchaus empfiehlt. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen versichern zu können, daß die verbündeten Regierungen ihm zustimmen werden; ich glaube aber nicht, daß sie sich ablehnend verhalten werden, da sie ibrerseits nur wünschen können, daß eine Frage, die immerhin nicht ganz unstreitig ist, auf diese Weise zu einer zweifellos unstreitigen gemacht wird.

Meine Herren, dann möchte ich noch auf eine Behauptung des Hrn. Abg. Sonnemann eingehen, die auch gestern berührt worden ist, die schon bei Berathung des italienischen Vertrages zur Sprache kam und, wie ich glaubte, ron hier aus vollständig widerlegt worden ist. Der Herr Abgeordnete hat im Einklang mit einigen Herren, die gestern sprachen, seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß Luxusartikel ermäßigt seien und nicht zum Beispiel Schmalz. Er fagte: es ist ein Mißerfolg der Verhandlung, daß keine Herabsetzung von Schm alz stattgesunden hat (Widerspruch links. Ich habe es so verstanden. Ich glaube, dazu brauche ich nichts zu sagen; wir können doch Spanien keine Konzessionen machen in Bezug auf Herab⸗ setzung von Zöllen, die es nicht verlangt. Aber wir mußten ihm diese Konzession zugestehen, weil sonst unter keinen Umständen ein Vertrag zu Stande gekommen wäre. Hätte Spanien unter allen Umständen eine Herabsetzung des Schmalzzolles verlangt ich weiß nicht, was die Regierung für eine Haltung dazu eingenommen hätte. Vielleicht würde sich die Regierung auch dem nicht haben ent- zieben können. Ich bleibe bei diesem Gegenstande stehen, weil im Hause gestern und auch in der Presse dieser Gegenstand in einer Weise ausgebeutet wird, die mir vollständig unverständlich ist.

Meine Herren! Dann hat der Hr. Abg. Sonnemann die in dem Vertrage vorgesehene Herabsetzung einiger Schutz lle kritisirt, des Choko⸗ ladezolls, des Korkzolles; die Herabsetzung des Traubenzolls hat er nicht näher berührt, aber es ist dies der dritte Punkt, der hierbei in Betracht kommt. Ich möchte hiebei auf eine Bemerkung zurückgehen, die Hr. Abg. Pr. Bamberger geftern und auch schon bei der Berathung des italienischen Vertrages gemacht hat; sie ging dahin, daß diese Verträge eine Umkehr der Regierung von den bisher befolgten Prinzipien der Handels, und Zollpolitik bezeichneten. Meine Herren, ich habe den Beweiß für diese Behauptung nicht gehört; es ist von der Regierung nie behauptet worden, wenigstens ist mir das nicht bekannt, daß die in dem Zolltarif von 1879 festgesetzten Industriezollsätze ein Noli me tangere seien, daß sie unter keinen Umständen eine Aenderung erfahren dürften. Allerdings ist bei ihrer Bemessung davon ausge⸗ gangen, daß sie nur so hoch bemessen werden sollten, wie es den Berürfnissen der Industrie absolut, entspräche; aber es ist damals keineswegs als ausgeschlossen angesehen worden, und auch, foweit ich weiß, daß bebauptet wurde, daß nicht unter allen ÜUmständen eine Herabsetzung dieser Zellsätze möglich, wäre. Der Unterschied zwischen der jetzigen Politik und derjenigen Politik, wie sie vor 1879 beim Abschluß von Handelsverträgen erfolgt ist, ist der, daß damals die Herabsetzung von Schutzzöllen nicht als eine er- hebliche Konzession, sondern fast als ein Erfolg behandelt wurde, daß man das gern thaf, und daß man Finanzzölle nur im äußersten Noth⸗ fall herabfetzte, waͤhrend jetzt die Regierung davon ausgeht: Die Finanzzölle sind das Hauptverhandlungsobjekt bei Handelsverträgen ünd zur Herabsetzung von Schutzzöllen schreitet man ungern, nur dann, wenn es geschehen muß, und nur dann, wenn es geschehen kann, ohne daß die Industrie empfindlich geschädigt wird. Meine Herren, das ist. doch, glaube ich, auch der richtige Standpunkt, denn, wenn wir in einem Handelsvertrage allge⸗ meine Vörtheile erreichen für das ganze Land, dann ist es geboten, daß die Zeche nicht ein einzelner Industriezweig zahlt. sondern daß die Allgemeinheit den Zollnachlaß trägt, daß sie die Mittel, die da⸗ durch der Reichskasse verloren gehen. anderweitig aufzubringen hat. Ich will hinzufügen, daß demgemäß auch im italienischen wie im spanischen Vertrage hauptsächlich Finanzzölle herabgesetzt sind, daß nur in verhältnißmäßig geringem

Umfange eine Herabsetzung von en, stattgefunden bat. , : .

s sind im fpanischen Vertrage drei Gegenstände, die im Zoll ermäßigt sind, und ich kann sagen, daß die Regierung mit großem Widerstreben an dieses Opfer herangegangen ist, daß sie dieselben nur gebracht hat, weil es unumgänglich nothwendig war. Ich glaube, auf das Detail zunächst noch nicht eingehen zu sollen, ich Till nur darauf hinweisen, daß die Herabsetzung doch nicht so weit gegangen ist, daß die Zölle, wie sie jetzt im Vertrage vorgesehen sind, niedriger oder auch nur so niedrig sind, wie vor 1879. Es ist also auch nach dem Vertrage noch nicht der Zustand erreicht, der vor 1879 bestand, denn der Chokoladenzoll beständ vor 1879 in Höhe von 12 M im Vertrage ist er auf 50 ½ herabgesetzt. Für Kork und Korkwaaren waren bekanntlich vor 1875 gar feine Zölle, sie sind jetzt auf 5 beziehungkweise 194 ermäßigt. Es sind alfo noch erheb= liche Schutzzölle vorhanden; für Weintrauben bestand bis 1881 gar kein Zoll, es ist also ein Zollsatz von 4 46 immer noch ein höherer, als er vorher bestand.

Meine Herren! Ich möchte dann, anknüpfend an eine Bemerkung des Hrn. Abg. Sonnemann, noch einmal auf die Spritfrage kurz zurückkommen und einer Behauptung entgegentreten, die gestern und auch heute wiederholt vorgebracht ist, die Behauptung nämlich, daß das Abkommen mit Hamburg, was dem Hollanschluß Damburgs zu Grunde lag, durch diese Spritklausel verletzt wird. Ich muß an⸗ nehmen, daß , . die diese Behauptung ausgesprochen haben, das Abkommen doch in der That sehr flüchtig gelesen haben. In der Petilion steht dasselbe, aber wenn Interessenten das geltend, machen, dann kann man schon cher darüber hinweggeben; ich glaube jedoch, daß derjenige, der es hier ausspricht. zunächst die Verabredung lesen sollte. Ich gestatte mir deshalb, die Verabredung hier wörtlich mitzutheilen. Is ist damals in der Hauptvereinbarung, die dem Reichstage vor⸗ gelegen hat, gesagt: ; Die für den Export arbeitenden industriellen Großbetriebe. welche ausländische Stoffe zollfrei verarbeiten wollen, sind für die Zu⸗ kunft auf den Freihafenbezirk angewiesen. = Also es ist als Regel hingestellt: wenn in Hamburg eine für den Export arbeitende Spritfabrik gegründet werden soll, dann hat sie sich für die Zukunft im Freihafengebiet zu placiren. Dann ist eine Ausnahme statuirt für die zur Zeit schon bestehenden und nicht in

das Freihafengebiet fallenden Industriezweige. Es heißt: ö Den zur Zeit vorhandenen, im künftigen Zollgebiet belegenen