Civil⸗ und Militärgewalt in Kroatien dem Landes komman⸗ direnden, General der Kavallerie, Baron Ram berg, über⸗ tragen werden soll. Im heutigen gemeinsamen Ministerrath = diese Beschlüsse der Sanktion des Kaisers unterbreitet werden.
Bad Gastein, 4. September. (W. T. B.) Der Statt⸗ halter in Elsaß-Lothringen, General⸗Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, ist zu dreiwöchentlichem Kurgebrauch hier angekommen.
Görz, 3. September. (W. T. B.) Die Leiche des Grafen Chambord ist heute früh 714 Uhr hier ange⸗
langt. Um 91 Uhr traf der Vertreter des Kaisers, Fürst von Thurn und Taxis ein, der vom Statthalter und dem Militär-Kommandanten empfangen wurde. Der Großherzog von Toskana und der Herzog
von Parma waren schon früher eingetroffen. Nunmehr setzte sich der Leichenzug vom Bahnhofe aus in Bewegung. Voraus gingen Veteranen, Militär, städtische Musikkavellen, Institute mit ihren Fahnen, die Geistlichkeit, das Domkapitel und der Erzbischof Zorn. Dem sechsspännigen, schwarz mit Silber drapirten Leichenwagen, welcher nun folgte, schlossen sich an: der Fürst von Thurn und Taxis, dann der Groß— herzog von Toskana, der Herzog von Parma, eine französische Deputation, der Statthalter, die Militär⸗ und Civit— behörden, verschiedene Korporationen und Deputationen aus Frankreich mit Fahnen und prachtvollen Kränzen. Militär und Veteranen bildeten Spalier bis zum Dome, wo der Zug um 10½ Uhr Vormittags anlangte. Die Bahre wurde hier auf den Katafalk niedergelassen, und Erzbischof Zorn cele— brirte unter großer Assistenz ein feierliches Traueramt. Die Kirche und der Platz davor waren überfüllt.
— 2. September. (W. T. B.) Der Sarg mit der Leiche des Grafen Cham bord wurde Nachmittags 5 Uhr vom Katafalk in der Domkirche aufgehoben und auf den Leichen⸗ wagen gebracht. Der Zug setzte sich dann in derselben Ordnung wie Vormittags durch die von der Bevölkerung dicht besetzten Straßen, in denen Militär und Veteranen Spalier bildeten, in Bewegung und traf um 6 Uhr bei der Klosterkirche zu Castagnovizza ein. Dort wurde der Sarg zunächst auf das Plateau gestellt und dann, nachdem der Fuͤrst-Erzbischof unter Assistenz zahlreicher Geistlicher die Absolution ertheilt hatte, zur Gruft gebracht. Die Kirchenfürsten, der Fürst von Thurn . Taxis und die übrigen hohen Herrschaften folgten dem Sarge.
Pest, 3. September. (W. T. B.) In Szigetvar haben gestern Abend Zusammenrottungen stattgefunden, die um 11 Uhr Nachts zu ernsten Unruhen ausarteten. Die Tumultuanten richteten große Verwüstungen an. Ein Ruhestörer wurde getödtet, vier schwer verwundet. Aus Siklos wurde Militär requirirt, welches heute noch verstärkt wird.
Pest, 4. September. (W. T. B.) In der vorgestrigen Nacht haben in Szigetvar antisemitische Unruhen
stattgefunden. Mehrere Läden wurden erbrochen und ver— wüstet. Die Ruhestörer waren zumeist Handwerksgesellen, von
denen einer durch die einschreitende Polizei erschossen und zwei schwer verwundet wurden; einer derselben ist inzwischen gestorben. Gestern Nachmittag traf eine Schwadron Husaren in Szigetvar ein; in Folge dessen fanden weitere Unruhen nicht statt.
Schweiz. Bern, 4. September. (W. T. B.) Der Vatikan hat in Betreff eines Bisthums für den Kanton Tessin erklärt, kein Provisorium und kein apostolisches Vikariat annehmen und event. über die Exrichtung eines Bisthums nur mit dem Bundesrath verhandeln zu wollen.
Großbritannien und Irland. London, 3. Septem—
ber. (W. T. B.) Ein Artikel der Pall Mall Gazette“ anläßlich der Sedanfeier sagt: Der Einfluß Deutsch— lands sei seit der Schlacht bei Sedan im Ganzen das ge— sündeste Element der europaäischen Lage gewesen. Das Vor— handensein dieser großen friedliebenden Kraft habe Europa in seinen Centralstaaten zum Vortheil gereicht, und Falls es gewiß ist, daß sein Einfluß in Zukunft mit gleicher Weisheit wie bisher gehandhabt werde, dann werde es wenige Männer außerhalb des engen Kreises der französischen Politiker geben, die nicht zu sagen geneigt wären: esto perpétua! Deutschland sei die einzige Macht, die durch Verfassung, Temperament, Lage und Interessen geeignet sei, die Führerschaft Europas auszuüben. Deutschland sei die große mäßigende Kraft in der internationalen Politik geworden. , e weg e schwört in einem Leitartikel Frankreich: einen Krieg mit China zu vermeiden, da ein solcher an jedem Punkte europäische Interessen ö und sehr delikate Fragen an— regen würde, bei deren Lösung England zu Rathe gezogen werden müßte. Die „Times“ glaubt, China werde sich zu— 3 geben, wenn Frankreich weitere Schritte in Tongking einstelle.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Hongkong ge— meldet: 15 009 Mann chinesischer Truppen überschritten bei Mongkai die Grenze von Tongking und marschiren in der Richtung auf Haidzuong, dessen französische Besatzung ver— stärkt wurde. Die längs der chinesischen Marschroute wirk— samen Missionäre flüchteten. Die Chinesen wollen sich bei Whampoa konzentriren und dort Forts errichten.
Der russische Botschafter am hiesigen Hofe, Baron , ,, hat sich gestern Abend nach Kopenhagen egeben.
Drei englische Kriegsschiffe haben Befehl erhalten, sofort nach der Sunda-Meerenge abzugehen, um die dortige Lage zu prüfen und über die durch das Erdbeben verursachten Veränderungen, soweit dieselben die Schiffahrt berühren, Bericht zu erstatten.
Dublin, 4. September. (W. T. B.) Auf einem Gute, unweit von New⸗Roß, wurde der Versuch gemacht, vierzig Erntearbeiter zu vergiften, weil dieselben sich geweigert hatten, ihren Arbeitgeber bei seinen Erntearbeiten im Stiche 2 2 Zwei sind bis jetzt gestorben, sechsunddreißig schwer erkrankt.
Frankreich. Paris, 3. September. (W. T. B.) In
der Kirche Saint Germain l'Auxerrois fand heute eine Leichenfeier für den Grafen Cham bord statt, welcher eine große Menschenmenge beiwohnte. Die Feier ver⸗ lief ohne jeden Zwischenfall. Nach einem Telegramm aus Saigun, vom 1. d. Mts, ist Champeaux abgereist, um die Gefandtschaft in Hue zu installiren und wird dort voraussichtlich am 5. d. Mts. eintreffen.
— 4. September. (W. T. B.) Prinz Napoleon ist gestern Abend nach Moncalieri abgereist.
Spanien. Coruña, 3. September. (B. T. B.) Der König hielt heute eine Revue über die Flotte ab und wurde dabei von der Bevölkerung überall enthusiastisch begrüßt.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 3. September. (W. T. B.) Wie die „Egyptische Zeitung“ meldet, wird die englische Okfkupations armee im Laufe des Oktober und November wahrscheinlich bis auf 3000 Mann vermindert werden. Ein Bataillon soll in Kairo, die übrigen in Alexandrien bleiben. Es werden Vorbereitungen getroffen, um nöthigenfalls 2000 Mann nach dem Sudan zu senden. Die englischen Truppen werden ihre früheren Quartiere in Kairo im Laufe der Woche wieder beziehen.
Zeitungsstimmen.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ äußert sich in einem Artikel über das Eisenbahnunglück in Steglitz folgendermaßen:
Unter den ersten Eindrücken der Trauer, des tiessten Mitleids, der schmerzlichsten Erschütterung findet sich für eine Erörterung über die tieferliegenden Ursachen der Katastrophe kaum die nöthige Ruhe und Unbefangenheit. In erster Reihe derselben wird jedoch nur die Unzulänglichkeit der Bahnhofsanlagen in Steglitz genannt werden müssen, und wird es Angesichts des gestrigen Ereignisses zur Ehrenpflicht, an die Dringlichkeit zu erinnern, mit welcher die Regie⸗ rung im Frühling d. J, leider vergeblich, beim Abgeordnetenhause die Mittel zum Umbau des Steglitzer Bahnhofes beanspruchte.
— Das „Deutsche Tageblatt“ giebt zunächst eine Darstellung der Verhandlungen des Abgeordnetenhaufes über die Budgetposition für den Steglitzer Bahnhof und sagt dann:
Wir überlassen es unseren Lesern, sich selbst das Facit aus dem Gesagten zu ziehen; das aber könnes wir hier konstatiren, daß die Regierung resp. der Herr Minister Maybach in jeder Weise pflicht— mäßig gehandelt hat, und die Verantwortlichen an anderer Stelle zu suchen sind. .
— Das „Fremdenblatt'“ schreibt dazu:
Die Bahnbeamten trifft durchaus keine Schuld, das Unglück ist nur durch die Aufregung des Publikums geschehen, welches in Angst war, nicht mehr nach Hause zu kommen und durch die vorhandenen Mittel nicht zurückzubalten war.
Im letzteren Satz liegt aber der Schwerpunkt der ganzen Katastrophe?!
Man erinnert sich, daß noch vor Kurzem der Landtag den Umbau des Steglitzer Bahnhofes ablehnte! ....
ungehört geblieben ist, bei der Staatsbahn aber in Vorbereitung war
Position aber
ö abgelehnt Theil der ablehnenden
wurde. Für einen . ö Voten war die Höhe des Kosten— bedarfs maßgebend, andere, insbesondere aus den Reihen des Centrums, wurden durch die Erwägung geleitet, daß auch anderwärts mangelhafte Bahnanlagen bestehen, die Befrie⸗ digung eines derartigen Bedürfnisses in der Nähe von Berlin anderen aber nicht vorgehen dürfe. Der Minister der öffentlichen Arbeiten seiner seits hat in der Sitzurg vom 19. April d. J. nichts unterlassen, um den sicherheitsgefährlichen Zustand der gegenwärtigen Bahnbofsanlage in Steglitz über jeden Zweifel klar zu stellen. Er betonte ausdrücklich, daß die Cisenbahnverwaltung im Interesse der Sicherheit des Publikums die Verantwortung für den Fortbestand der vorhandenen Mißstände nicht übernehmen könne, hob hervor, daß, wenn die Potsdamer Bahn noch Privatbahn wäre, deren Beseitigung ron Staatsaufsichtswegen erfol⸗ gen müßte, und erklärte schließlich, daß, wenn die Gefahren für Leben und Gelundheit der in Steglitz ein⸗ und aussteigenden Personen bei weiterer Erfahrung eine Aenderung des jetzigen Zustandes unabweis— bar erscheinen ließen, er auf seine Verantwortung nöthigenfalls außer dem Rahmen des Etats Abhülfe zu schaffen genöthigt sein würde.
Diese Ausführungen machten indessen nur auf einen Theil der
Abgeordneten den zu erwartenden Eindruck. Die Gegner nahmen vielmehr aus der letzterwähnten Aeußerung des Ministers Anlaß, vom formal konstitutionellen Standpunkt sich gegen die Eoentualität einer Rothmaßregel mit äußerster Schärfe zu erklären und mit Ver— sagung der nachträglichen Genehmigung zu drohen. Die Nothwendigkeit jenes Vorschlages der Staatsregierung, das sachliche Gewicht der Gruͤnde für denselben, haben nur zu rasch eine furchtbare Bestätigung erfahren; zugleich ergiebt sich die Zweischneidig⸗ keit der Weisheit, welche triftige Sicherheitszwecke aus geringfügigen Ersparnißrücksichten unbefriedigt läßt.
— In, einer längeren Besprechung der Steglitzer Katastrophe in der „Berliner Börsen-Zeitung“ findet sich folgende Stelle:
Tiefgebend ist die Sensation, welche das Unglück hervorgerufen hat. Was jagen jene Herren Abgeordneten nun, welche dem Drängen des Herrn Maxbach das „Lächeln der Ueherlegenheit‘, unseren War- nungen Gleichgültigkeit entgegensetzten? Erinnern sich dieselben noch jener Verhandlungen des Landtages am 19. April dieses Jahres und der Worte des Ministers Maybach? Er schloß mit den Worten: Ich bitte Sie aber, die Verwaltung nicht in die Lage zu setzen, ferner die Verantwortung zu übernehmen für einen Zustand, der auf die Dauer nicht zu vertreten ist,;. Das sind Worte, deren furchtbare Bedeutung erst heute uns Allen klar geworden.
— In ihrem heutigen Leitartikel äußert sich die „Po st' über die soeben zu Ende gegangene außerordentliche Reichs— tagssession:
Wie in der Kürze ihrer Dauer unterscheidet sie sich von vielen ihrer Vorgängerinnen durch den verhältnißmäßigen Reichthum positiver Ergebnisse, durch einen völlig harmonischen Abschluß. Ihr Ergebniß ist die nahezu einstimmige Annahme des sranisch ⸗deutschen Vertrages, die mit großer Mehrheit gegen Fortschritt, Sozial
demokratie, Volkspartei und einzelne besonders gesinnungs⸗ tüchtige Sezessionisten erfolgte Zustimmung zu dem Gesetz. entwurf Kardorff⸗Hammacher, durch welchen, unter Ertheilung
der Indemnität der Reichsregierung die Vollmacht beigelegt wird, die Zollermäßigung des Handelsrvertrages auch andern Staaten zu Tbeil, werden zu lassen, sofern sie ihrerseits nicht andere Länder günstiger behandeln als Deutschland. Dieser Gesetzentwurf war nicht sowohl wegen der Indemnität, deren Ertheilung an die Form des Gesetzes nicht geknüpft ist, sondern auch implizite durch Zustimmung zu dem Vertrage hätte gewährt werden können, sondern deswegen nothwendig, um die Lücke in formell richtiger Form auszufüEllen, welche die Verordnung vom 9. August bezüglich jener anderen
Länder vorbehaltlich der nommen hatte. ;
Die Regelung der 1 mit Spanien ist nunmehr auf eine völlig sichere Rechtsgrundlage gestellt; weder von deutscher noch von spanischer Seite ist eine Gefährdung mehr denkbar. Der deutsche Handel, die deutsche Industrie können in vollem Umfange die Vortheile sich nutzbar machen, welche aus den Bestimmungen des Vertrages ihnen erwachsen. Selbst Hamburg dürfte, namentlich unter der Voraussetzung, daß die Sxiritusklausel in gleicher Weise auf andere mit Spanien im Vertrags verhältniß stehende Mächte An⸗ wendung findet, die von der Handelskammer hervorgehobenen Schwie⸗ rigkeiten bald überwinden und in dem Gesammtantheil, welchen ihm seine Welthandelestellung aus dem Vertrage zu ziehen gestattet, baldigst reichen Ersatz finden. Die betheiligten Geschäftskreise, welche so lebhaft auf die schleunige Inkraftsetzung des Vertrages hindrängten, müssen mit bober Befriedigung erfüllt sein.
Nicht minder alle Diejenigen in und außer der Reichsvertretung, welche entscheidenden Werth auf die unentwegte Erhaltung des Staats in den regelrechten Bahnen der Verfassung entscheidendes Gewicht legen und Anomalien streng vermieden wissen wollen. Binnen kürzester Frist ist die in der Verordnung vom 9. August lie⸗ gende Abweichung durch die Genehmigung in verfassungsmäßiger Form beseitigt und durch Nachsuchung und Ertheilung der Indem⸗ nität gesühnt. Das Recht des Reichstages bat durch die Vorgänge keine Beeinträchtigung. sondern eine nachdrückliche Bestätigung er⸗ fahren. Durch das Gesetz Karderff⸗Hammacher endlich ist eine Lücke in dem bestehenden Reichsrecht in einer den verfassungmäßigen Rechten aller Theile durchaus genügenden Weise ausgefüllt. ...
Diesen erheblichen Erfolg, aus einer formal ungünstigen Lage zu einem nabezu einstimmigen Vertrauensvotum unter einem an das Lächerliche streifenden Mißerfolg der prinzipiellen Opposition zu ge⸗ langen, verdankt die Reichsregierung wesentlich der von ihr beobach⸗ teten Taktik der unumwundensten Anerkennung der Rechte der Reichsvertretung. Ganz im Sinne der Eröffnungsrede, deren Vor⸗ züge in dieser Hinsicht wir bereits hervorgehoben haben, ist auch bei der Verhandlung verfahren; selbst die heftigsten Apostrophen brachten die Vertreter der Regierung weder aus dieser sachlichen Stellung, noch aus der maßvollen Ruhe. . . . .
formellen Korrektur auszufüllen unter
Amtsblatt des Reichs-⸗Postamts. Nr. 48. — Inhalt: Verfügungen: vom 25. August 1883: Behandlung der Sendungen mit lebenden Thieren; — vom 29. August 1883: Eröffnung der Eisenhahnstrecke Remscheid — Remscheid-Hasten.
Statiftische Nachrichten. Den neuesten Nachweisen des Statistischen Amts über die Aus wanderung aus Deutschland nach überseeischen Ländern sind folgende
Zahlen zu entnehmen. Es gingen über deutsche Häfen und Antwerven deutsche Auswanderer:
im Monat Juli Januar / Juli 1883 11469 105 614 1882 12221 130 204.
— Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heits amts sind in der 34. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 28,9. in Breslau 35,8, in Königsberg 304, in Cöln 21.3, in Frankfurt a. M. 22, l, in Hannover 23.9, in Cassel 19,3, in Magdeburg 21,0, in Stettin 244, in Altona 17,3, in Straßburg 22,5, in Metz 17,8, in München 37.5, in Nürnberg 247, in Augsburg 22,l, in Dres- den 2635, in Leipzig 2859, in Stuttgart 19.9, in Braunschweig 30 6 in Karlsruhe 150, in Hamburg 21.34, in Lübeck — in Wien 22.5, in Budapest 335 in Prag 312, in Triest 29,8. in Krakau 24,8, in Basel 11,1, in Brüssel 21,9, in Paris 244, in Amsterdam 24,1, in London 129, in Glasgow 25,0, in Liverpool 230, in Dublin 21,B2, in Edinburg 15,6, in Kopenhagen 22.4, in Stockholm 21,5, in Chri⸗ stiania 1982, in St. Petersburg 26,5, in Warschau 39, in Odessa 56,9, in Bukarest 23,4, in Rom —, in Turin 183, in Madrid 29,6, in Alexandrien (Egypten) 84,8. — Ferner in der Zeit vom 39. Juli bis 4. August: in New⸗Jork — in Philadelphia 27,1, in Chica — in St. Louis —, in Cincinnati —, in San Franzisko 19,7, in Kalkutta — in Bombay 38,2, in Madras 32,8.
Beim Wochenbeginn herrschten an den ost nord- und westdeutschen Beobachtungsstationen schwache nördliche und nordwestliche Winde, die aber bald nach Nordost drehten, während an den süd⸗ und mitteldeutschen Stationen östliche und südöstliche Luftströmungen überwogen, die in Karlsruhe schon am 20. nach Nordost gingen und in Cöln, München und Karlsruhe bis zu Ende der Woche aus öst— lichen Richtungen vorwiegend wehten. An den mittel⸗ und nord deutschen Stationen lief der Wind dagegen wieder nach Nordwest und blieb bis zu Ende der Woche aus dieser Windrichtung wehend. Die Temperatur der Luft war eine höhere und lag, bei meist heiterem Wetter, an den meisten Stationen etwas über, in Berlin und in den süddeutschen Stationen ein wenig unter der normalen. Niederschläge erfolgten selten und spärlich, elektrische Entladungen in den östlichen Stationen. — Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft be⸗ hauptete mit geringen Schwankungen während der Woche seinen , , , und zeigte erst zu Ende der Woche etwas sinkende Tendenz.
In den meisten Großstädten war die Sterblichkeit in der Be⸗ rictswoche eine etwas gesteigerte. Für die deutschen Städte stieg die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl nur wenig, auf 24,8 von 24.7 (pro Mille und Jahr berechnet). Sowohl das Säuglingsalter wie die böhere Altersklasse (über 60 Jahre) waren etwas mehr wie in der Vorwoche an der Sterblichkeit betheiligt. Von 10000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 195 Säuglinge gegen 103 der Vorwoche, in Berlin 117, in München 167.
Unter den Todesursachen zeigten die Infektionskrankheiten meist mehr oder geringere Nachlässe, nur typhöse Fieber, Ruhr sowie Darm ; katarrhe der Kinder führten etwas mehr Sterbefälle herbei. — Die Zahl der Todesfälle an Masern war in München, Berlin, London etwas geringer als in der Vorwoche. — Das Scharlachfieber herrschte in Königsberg, Dresden, London, in Berlin und Hamburg hat die Zahl, der Todesfälle abgenommen. Auch Diphtherie und Cronp hat in Königsberg, Dresden, Hamburg, Hannover, Paris wieder
an Ausdehnung zugenommen und mehr, in Leipzig, München, Berlin, Wien, Prag dagegen weniger Todesfälle hervor⸗ gerufen. — Der Keuchhusten forderte in Insterburg, Hamburg,
Barmen mehr Opfer, — Typhöse Fieber zeigen sich, wenn auch bis jetzt meist mit gutartigem Verlaufe, in den Regierungsbezirken Schles= wig und Stralsund zahlreich; auch in Königsberg, Berlin, Leipzig, Paris war die Zahl der Sterbefälle daran etwas größer. Todesfälle an Flecktrphus kamen aus deutschen Städten gar nicht zur Anzeige; aus St. Petersburg nur 1, aus Granada, Saragossa, Murcia 2, bejw. 3 und 4 — Darmkatarrhe der Kinder führten etwas mehr, Brechdurchfälle etwas weniger Todesfälle herbei., Noch immer ist in Danzig, Stettin, Königsberg, Breslau, München, Dresden, Leipzig, Berlin, Frankfurt a. O. Hamburg, n nover, Braunschweig, Düsseldorf., Aachen, Krefeld, Straßburg, Wien, Budapest, Prag, Paris, London, St. Petersburg, Warschau, Odessa u. a. ihre Zahl eine größere, wenn auch meist eine kleinere als in der Vorwoche. — Sterbefälle an Ruhr wurden aus Berlin, Königshütte, Odessa und Granada bäufiger gemeldet. Pocken zeigten sich seltener. Einzelne Todesfälle wurden aus Breslau, Bremen, Wien, Brüssel, London, Alexandrien gemeldet. In beschränkter Zahl zeigten sie sich in Amsterdam, Paris, Liverpool, St. Petersburg, Warschau, Granada, Lissabon. In größerer Ausdehnung zeigten sie sich in Prag, Rotterdam, Birmingham, Malaga, Murcia und New⸗ Orleans. Aus Baltimore wurden 2 Choleratodes fälle gemeldet, aus Moskau 1 Erkrankung an Cholera nostras. In Egvpten läßt die Cholera nach, während sie in Indien an Ausdehnung gewonnen hat
— Im Monat August 1883 wurden bei der Allgemeinen Unfall-⸗Versicherungs⸗Bank in Leipzig 12 Todekfälle,
vom Dezember 1880 — deren erste Hälfte bereits im vorigen Jahr—
nsgefãhrliche Verletzung, 11 Unfälle, die ihrer Natur nach eine n n re., rbeilweise Invalidität erwarten lassen, und 1125 Unfälle en voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver- lezten, zufammen 1149 Unfälle angemelder.
Funst, Wissenschaft und Literatur.
Das Gesetz, betreffend die allgemeine Landes verwaltung, vom 30. Juli, und das Geset, betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungs un Verwaltungs Ferichts bebörden, rom. 1. August 1883, erscheinen, mit einem Sacregister versehen, innerhalb weniger Tage als Heft 3 der Sammfkung Deutscher Reichs- Und vrenßischer Lan des- Tefee, besonderer Abdruck aus dem Deutschen Reichs und Königlich Preußischen Staats. Anzeiger, im Verlage der Norddeutschen Buch⸗ druckerei und Verlagsanftalt, Berlin swr, Wilhelmstr. 32. Der Preis für das 6. Bogen starke Heft stellt sich auf O, 89 M ⸗
Heft J der besonderen Abdrücke entbält das Gesetz, betgef; fend die Krankenversicherung der Arbeiter, rom. 15. Juni 1883, nebst Sachregister (Preis 9, 39 AM), Heft 2, das Gesetz, be⸗ treffend die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 1. Juli 1883, nebst Sachregister (Preis 0 20 . ö
= = Soeben erschien der neunte Jahrgang des Statistischen Jabrbuchs der Stadt Berlin“, enthaltend die Statistik des Jahres 1881, herausgegeben von Richard Böckh, Direktor, des Statistischen Awtes der Stadt Berlin. (Berlin, Verlag von Lean— ard Simion, 1883). Dieser Jahrgang weist den früheren gegenüber verschiedene Erweiterungen auf. Abgesehen von der Aufnahme der Refultate der Erhebung der Bexölkerungs, und Wohnverhãältnisse
sind theils die Ergebnisse weiterer Arbeiten des Statistischen Amtes, wie die der i, , e. . ö. der 2 ĩ der einzelnen Stadtbezirke, und ie von em kö zuerst ausgeführte methodische Berechnung der — s, ⸗ . 2 8 Sterblichkeit nach Todesursachen hinzugetreten, theils vom Statistischen mt in Gemeinschaft mit anderen Behörden ausgeführte Arbeiten, wie die Auszäblungen der Erkrankungefalle, die der Unterstützten und ibrer Angehörigen mit Rücksicht auf die Ursachen der Verarmung, die der Steuerpflichtigen nach Stadtbezirken und derselben nach Be⸗ rufsklassen, und die erweiterte Tabelle der Arbeitslöhne, Andere aus dem flaäͤdtischen Ressort hinzugekommene Tabellen sind die Nachweisung der eingeschriebenen Hülfskassen, die Sterbefälle der Armenkran ken nach Todesursache und Alter, die Tabelle der Steuerrekla⸗ mationen; aus dem Ressort anderer Behörden: die Wiederber. stellung der Nachweisungen über den Hrvothelenverkebr. und die Erweiterung der Kriminalstatistik auf die Fälle der Schõffengerichte urd Strafkammern, ferner die nachträglich hinzugefügte Erbebung der Unfälle in größeren Betriebstätten. Diesen Erweiterungen steben aller · dings auch einzelne Einschränkungen sowobl innerhalb des städtischen Refforts wie an anderen Stellen gegenüber, welche an den einzelnen Stellen des Jahrbuchs bezeichnet sind. Der Herausgeber erkennt Dankend an, daß sein Bestreben, in diesem Jahrbuch alle Ergebnisse der Berliner Statistik zu vereinigen, an den verschiedensten Stellen bereitwillige Unterstützung findet, daß ins besondere die amtlichen Materialien der Königlichen Ministerien, sowie der Königlichsn und Raiferlichen Centralstellen und Behörden der verschiedenen Resoorts demselben stets zugänglich geblieben sind, und daß die umfassende Abnabme und Vertheilung des statistischen Jahrbuches von Seiten der städtischen Behörden die dauernde Fortführung des Unternehmens s ert. * * * * ö — Bon den im Verlage von Orell Füßli u. Co. in Zürich er scheinenden Europäischen Wanderbijsdern ist soeben das Trivelheft (14 —= 46): Ajaccio als Winterkurert und die Infel Corsica“, von Rud. Gerber, und das Doppelheft Augs⸗
gange gegeben wurde —
selbstãndiger Berechnungen der
Furg“, von Adolf Buff ausgegeben worden. Das erstgenannte Heft ist mit 11 Illustrationen und einer Karte, das andere mit 27 Holzschnitten, einem Vogelschauplan 2c. ausgestattet.
Diese vortrefflichen kleinen Spezialführer haben sich bereits den Bei⸗ fall der Touristen erworben, so daß sie eigentlich keiner Empfehlung mehr bedürfen. Jedoch verdient der Führer durch Augsburg wegen seiner ausgezeichneten, kaum zu übertreffenden Holzschnitt ˖ Illustrationen, deren er außer mehreren Plänen einige 20 bietet, eine ganz besondere Hervorhebung. Für den Preis von 1 46 dürfte nicht wohl mehr und Besseres verlangt werden können. — In der nächsten Zeit sollen von den . Wanderbildern' zur Veröffentlichung kommen; Chur, Bürgen ⸗ stock, Neuchatel, Bad Battaglia bei Padua, Stadt Bonn, Wallis, Zermatt, Eggisborn, Chamounix, die Brennerbahn, die Dolomitwelt Tirols und Abbazia. 9 ö
— Von dem Prachtwerk „Die deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung', geschildert von Max Ring, Verlag von Schmidt u. Güntker in Leipzig) liegen uns 5 neue Lieferungen, 13 bis 17, vor. Zunächst wird darin noch die Schilde rung der Museen und Sammlungen fortgesetzt und die vorzüglich in Hol; geschnittenen Illustrationen zeigen uns: die Tafelrunde Friedrichs des Großen in Sanssouci, nach dem berũhmten Menzelschen Gemälde, die apokalyptischen Reiter, nach dem grandiosen Carton von Cornelius, eine Ansicht des Kunstgewerbe⸗ Museums nebst einzelnen, bemerkenswerthen Objekten daraus, einige der denkwürdigsten historischen Reliquien aus dem Hohenzollern⸗ Museum, und von den Olympiafunden die herrliche Nike des Paionigs und den Kopf des Hermes. Dann folgen die Kirchen und gottes dienst⸗ sichen Gebäude, von denen die Zions«, Thomas“, Petri⸗, Michaels und Jerusalemer Kirche sowie die Synagoge dem Leser vor Augen geführt werden, und daran reihen sich die wohlthätigen Anstalten, mit den Abbildungen des Krankenhauses Bethanien, der Gertraudt ; Stiftung, des Asyls für Obdachlose, der Volksküche, ferner die Kirch— höfe mit den Ansichten der Gräber Neanders, Diesterwegs und Scharn⸗ korsts. Der folgende Abschnitt handelt von den wissenschaftlichen Anstalten und Schulen und bringt die Bildnisse Fichte's, Hegels, Schleiermachers, der Gebrüder von Humboldt, Ranke 's und anderer Ge⸗ lehrten, die Ansicht der Kunstschule, das Porträt Menzels, die Abbildungen der Bauakademie und der neuen technischen Hochschule in Charlottenburg. Das nächfte Kapitel trägt die Ueberschrift: Theater und Musik, Schauspieler und Schriftsteller und ist mit den Bildnissen Ludwig Deyrients, der Henriette Sontag, Wilibald Alexis, Joseyh Joachims und einer Porträt ⸗Kollektion aus dem Verein Berliner Presse aus- gestattet. Mit der Beschreibung der militärischen Gebäude und Er⸗ ziehungsanstalten nebst den Ansichten des Generalstabsgebãudes des Vortrags zimmers in demselben, des Kriegs ⸗Ministeriums und der neuen Kriegsakademie schließt die 17. Lieferung.
Gewerbe und Handel.
Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende August 15883 291 000 M 37 0 ige, 16 021 800 1M 4 0ννige, 44 337 990 47 dige und 8 198 9660 M 3 Cοige, zusammen 69 S818 70 6 Pfand, briefe ausgegeben, wovon noch 291 G00 66 3 Goige, 15 762 900 400ige, 5 69 360 M 4 06 ige und 6771 306 M 5 Jcige, zusammen 59 194 500 M Pfandbriefe verzinslich sind. — Es sind zugesichert, aber noch nicht abgeboben 772 200 46, im Laufe des Monats August 1583 angemeldet 3 Grundstüͤcke mit einem Feuer ⸗Versicherungswerthe ron 52 ga5 A .
London, 3. September. (W. T. B) Bei der am Sonnabend abgehaltenen Wollauktion waren Preise unverändert,.
Glasgow, 3. September. (W. T. B.). Die Verschiffungen von 1 3 . . 2 in der 2 e i5 700 gegen 16 060 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. . .
Bradford, 3. September. (W. T. B. Wolle fest, Garne ruhig, Stof fe besser.
Vertkehrs⸗Anstalten.
Die neueste Ausgabe des Reichs ⸗Kursbuches, ausgegeben am 1. September 1883, ist soeben im Verlage von Julius Springer in Berlin erfchienen. Dasselbe enthält eine Uebersicht jämmtlicher Gisenbahn⸗, Post· und Dampsschiff⸗ Verbindungen in
Verbindungen der übrigen Theile Eurgpas und der Dampfschif Verbindungen mit außereuropäischen Ländern, bearbeitet im Kurs ⸗ bureau des Reichs ⸗Postamts. Eine Eisenbabn-⸗NUebersictskarte ven Deutschland und den angrenzenden Ländern liegt dem Reichs- Kursbuche bei. Der Preis dieses jedem Reisenden unentbehrlichen Handbuches
betrãgt, wie sonst, 2 0 Die rächste Ausgabe erscheint am 15 Oktober. Hamburg, 4. September. (W. T. B.) Der Packet⸗
schiffahrtsgefellschaft wird aus New-⸗York mitgetheilt, der Damrfer Spain“ habe den Hamburger Postdampfer Lessing?', welcher am 27. August Abends einen Bruch an der binteren Kurbelwelle erlitt, gesprochen Man hahe ver sucht, denselben zu repariren, damit er mit verminderter Fahrgeschwin ˖ digkeit die Reife fortsetzen könne. Der Postdampfer ‚Lessing' war am 23. Auguft von Rew⸗YJork nach Hamburg abgegangen. . Triest, 3. Sertember. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Oreste “ ist mit der ostindischen Ueberlandsvost aus Alexandrien heute früh bier eingetroffen. ;
New⸗Jork, 3. Sextember. (W. T. B.) Der Dampfer „Spain“ von der National ⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist bier angekommen.
Berlin, 4. September 1883.
Ueber den Eisenbahn-Unfall in Steglitz vom 2. d. M. erhalten wir von dem Königlichen Eisenbahn⸗ Betriebs amt Berlin-Magdeburg folgende Mit— theilung: . Der fahrplanmäßig um 9 Uhr 51 Min. Abends in Steglitz ankommende und um 9 Uhr 52 Min. abgehende Lokalzug Nr. 221 a. von Zehlendorf nach Berlin hatte in Folge des starken Sonntag-verkehrs eine Verspätung von 53 Min. erhalten. Die Folge hiervon war, daß derselbe, an—⸗ statt zwischen Steglitz und Friedenau, in Steglitz mit dem um 9g Uhr 50 Min. Abends aus Berlin abgehenden Courier— zug 1426. kreuzen mußte. .
Der Stationsvorsteher in Steglitz hatte demnach an⸗ geordnet, daß die zur Mitfahrt nach Berlin auf dem Perron am Stationsgebäude Anwesenden erst nach Darchfahrt des Courierzuges das Geleise des letzteren überschreiten und in den Zug 221 a. einsteigen sollten. Zu diesem Zwecke waren die in den das erwähnte Geleis von dem Hauptperron ab— sperrenden starken Holzbarrieren angebrachten Schiebebarrieren geschlossen und sollten dem Publikum erst nach Durchfahrt des Tourierzuges geöffnet werden. Der Zug 2212. sollte nicht bis an den breiten Perron vorfahren, sondern an der schmalen Verlängerung desselben bis nach Ueberschreitung der Geleise Seitens des Publikums halten. ö.. -
Auf dem Perron neben dem Geleise, auf welchem der Courierzug nahte, und unmittelbar vor der das Publikum ab⸗ sperrenden Barriere befand sich der Stationsvorsteher und 2 Arbeiter, welche das Publikum unausgesetzt durch lauten Zuruf vom Oeffnen resp. Uebersteigen der Barrieren abhielten.
Der Maschinist des Zuges 2212, welch letzterer des Sonntagsverkehrs wegen verstärkt war, fuhr einige Wagen— längen weiter, als beabsichtigt war, und kaum war der Zug zum Halten gekommen, als ein großer Theil des Publikums, ohne auf den dringenden und wiederholten Warnungsruf der Beamten zu achten, mit Gewalt theils die feste Barriere über⸗ stieg, theils die Schiebebarrieren öffnete und den Zug, wie dies leider sehr häufig geschieht, von der vom Perron abge⸗ wendeten Seite zu besteigen suchte. ; .
Ein mit einer roth geblendeten Laterne versehener Sta— tionsarbeiter wurde bei dem Ansturm vom Publikum zu Boden gerissen und die Laterne zertrümmert, so daß dem, in diesem Augenblicke heranbrausenden Courierzug Nr. 1425. das Halte⸗ zeichen Seitens des Stationsvorstehers nur mit der in seinen Händen befindlichen weiß geblendeten Laterne gegeben werden konnte. Der Führer dieses Zuges war jedoch nicht im Stande, denselben so plötzlich zum Stehen zu bringen und fuhr mitten durch den im Geleise gebildeten Menschenknäuel hindurch.
Dem aufregenden Nothsignale des Lokomotivführers solgte eine Todtenstille, und erst nach längerer Zeit machte sich der Schreck und das Entsetzen der Zuschauenden in einem lauten Schmerzensschrei Luft. . .
Als Opfer der Katastrophe blieben die Leichen von 17 Nännern, 18 Frauen und 4 Kindern, sowie 5 schwer und einige wenige leicht Verwundete zurück. Die Leichen waren zum großen Theil arg verstümmelt. . .
Von dem Stationsvorsteher wurde sogleich per Telegraph Hülfe und Aerzte aus Berlin, sowie der Amtsvorsteher und die Steglitzer Aerzte requirirt. .
In kurzer Zeit erschienen dieselben, sowie die freiwillige
Steglitzer Feuerwehr, welch letztere voll aufopfernder Hingabe und musterhafter Haltung sich des schweren Amts der Bergung der Verunglückten so erfolgreich widmete, daß nach Verlauf von ungefahr 15 Minuten die Leichen aus dem Geleise ent⸗ fernt und in den Wartesaal III. Kl. untergebracht, sowie die Schwerverletzten nach Berlin in das Elisabeth⸗Krankenhaus eschafft waren. ü sch n, Abend, unmittelbar nach der ersten Nachricht waren der Direktor, sowie der oberste Betriebsbeamte des Königlichen Eisenbahn-Betriebsamts an Ort und Stelle geeilt. Heute stellte eine Gerichts kommission den Thatbestand an Ort und Stelle fest und ordnete die Ueberführung der Leichen nach Berlin an. Ebenso waren Kommissare des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten, des Reichseisenbahn⸗Amts und der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Magdeburg am Orte des Schreckens. . ⸗ .
Dieser traurige Vorfall giebt uns Veran— lassung, dem Berliner Publikum recht dringend ans Herz zu legen, sich bei der Rückfahrt von ihren Sonntagsausflügen per Bahn alles Drängens und Anstürmens zu enthalten. . .
Es werden ja fämmtliche Reisende unzweifelhaft n befördert, und wenn dies wirklich einmal etwas später ge chieht, als beabfichtigt war, so ist dabei wohl zu bedenken, daß die sichere Bewältigung des so ungemein starken Sonntagsver⸗ kehrs vor Allem von der ruhigen Haltung des Publikums abhängt und daß bei hastigem Ansturm ein Unglück wie das vorliegende leicht eintreten kann. ö
Im Nachstehenden geben wir eine Liste der bis jetzt Rekognoszirten: . .
A. Sofort getödtet wurden;
Hr. Heinrich nebst Frau, Berlin, Britzerstr. Nr. 30 Hr. Otto Peters, Michgelkircholatz Nr. 6; Hr. Grund nebst Frau und den Kindern Karl und Willy, Buckowerstr. Nr. 53. Hr. Patschke nebst Frau, Alexandrinenstr. Nr. 13; Hr. Bölling, Pallisadenstr. Nr. 83; Frl. Anna Tietz, Kalkscheunenstr. Nr. 3;
nebst Frau, Slalitzerstr. Nr. 57; Knabe Max Ruhm, Alexan⸗ drinenstr. Nr. 2; Frl. Ida Horwitz, Sebastianstr. Nr. 79; Unteroffizier Scharfenberg vom Fuß⸗Artillerie⸗Regiment Nr. 10; Unteroffizier Seydel vom Sächsischen Fuß-Artillerie⸗Regiment Nr. 12; Frl. Klara Kaiser, Keibelstr. Feuerwehr⸗Depot); Frau Lüdke, Belle-Alligncestr. Nr. 70; Schlosser Wildberg nebst Frau und zwei Dienstmädchen, ebendaselbst; Reisender Simon nebst Frau, Brandenburgstr. Nr. 48; Klempner Rathmann, Kürassierstr. Nr. 9. . . B. Auf dem Transport nach dem Elisabeth⸗ Krankenhaus verstorben: Frau Bölling, Pallisadenstr. Nr. 83. . . C. Im Elisabeth⸗Krankenhause befinden sich: Unteroffizier Schmidt vom 2. Hannovexischen Feld⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 20 aus Mecklenburg; Dachdecker Johann Wil— mowsky, Nostizsir. Nr. 5; Frau Töpfermeister Ruhm, Alexan— drinenstr. Nr. 2; Frau Wittwe Raupach, Scharrnstr. Nr. 21.
München, 3. September. (W. T. B.) Der zweite deutsche Kunstgewerbe⸗Kongreß ist heute im Prachtsaale des hiesigen Kunstgewerbe-⸗Vereinshauses durch den Ehrenpräsidenten Miller sen. eröffnet worden. Ministerial⸗Rath von Ziegler begrüßte die Versammlung im Namen der Regierung, worauf ein Hoch auf den König ausgebracht wurde. Zum Vorsitzenden wurde Direktor Lange, bier, ju Beisitzern Lange (Hannover) und Luthmer (Frank⸗ furtz gewählt. Vertreten sind 16 Vereine aus großen Städten mit 180 Theilnehmern. Direktor Lange sprach über die Aufgaben des Konagresses. Auf Antrag Gurlitt's (Dresden) wurde eine Kommission erwählt, um über die Gründung eines deutschen Gesammtverbandes zu berathen. An den Debatten betheiligt; sich auch Geheimrath Reuleaur aus Berlin.
Dresden, 3. September. (W. T. B.) Der zweite allge⸗ meine deutsche Bergmannstag ist heute früh um 9 Ubr in der Aula des Königlichen Polvtechnikums durch den Ober⸗Bergrath Föͤrster ⸗Jaukeroda eröffnet worden. Geh. Finanz ⸗Rath Dr. Freies leben begrüßte die Versammlung Namens der Staatsregierung, Ober— Bürgermeister Br. Stübel Namens der Stadt und Geheimer Rath Professor Dr. Zeuner Namens des Polrtechnikums. Der Ober⸗-Berg⸗ hauptmann, Wirkliche Geheime Rath von Dechen aus Bonn wurde mit Akklamation zum Vorsitzenden gewählt. Bisher sind 270 Theil— nehmer angemeldet.
Im Krollschen Theater hat der . Prophet“ mit Hrn, Anton Schott in der Titelrolle am Sonntag bei seiner ersten Aufführung vor ausverkauftem Saale einen so glänzenden Erfolg gehabt, daß mit der sofortigen Wiederbolung am heutigen Dienstag vielfachen Wünschen gedient sein dürfte. Speziell He. Schott darf die Helden rolle des Propheten zu seinen vorzüglichsten Partien zählen, sowohl as Gesangs⸗ als was darstellerische Kunst betrifft. Die ursprüng- lich für heute angesetzt gewesene Vorstellung der Hugenotten‘ wird nunmehr am Donnerstag in Scene gehen Neben Hrn. Schott als Raoul tritt an diesem Abend als Prinzessin Frl. Talero vom ungarischen National⸗Theater in Pest zum ersten Male in Berlin auf. Morgen wird die „Regimentstochter“ (in der laufenden Saison neu) mit Frau Norbert-Hagen in der Titelrolle gegeben. ö — Belle⸗AlIIiance“ Theater. Das neu einstupirte Lust piel „Deutscher Krieg“ mit Hrn. Wilhelm Fliegner als Gast hat sich der freundlichsten Aufnahme zu erfreuen. Außer dem Gaste sind die Damen Wisotzki, Strabl und Hayn sowie die Herren Sepvdel, Dorn, Schuljz, Würst und Mietzner mit bervorragenden Partien bedacht, deren kreffliche Darstellung ihnen allabendlich reichen Beifall einträgt.
Bäder⸗Statistik. Personen Baden-Baden bis zum 31. August (Fremde) 69 Bocby bis zum 26. Auagust . . ; 542
Burtscheid bis zum 1. Sertember (Kur- und Badegäste) . 1230 Elfter bis zum 24. Auaust (3237 Nrn.). 42597 Griesbach bis zum 30 Auzust (nebst 447 Darchr.) (Badegäste) 04 Heiligendamm am 25. August (anwesend) (Badegäste) „. ca. 10 Jonsdorf (Luftkurort) bis Mitte Auagust (149 Part.)... 266 Karlsbad bis zum 29. August (Kurgäste) . 25794
Königsbrunn (6. Königstein a. d. Elbe) bis Mitte Aug. (65 Part) 393 Königsdorf?⸗Jastrzemb bis zum 21. August (225 Nrn.) .. 345 Kösen bis zum 24. August (665 Nrn.) z 1735
Kreischa bis Mitte August (139 Part.) 5 16 Langenbrück (Sachsen) bis Mitte August (174 Part.) ... 436
Liegau⸗ Hermanns bad (b. Radeberg) bis Mitte Aug. C21] Part.) 371 Marienborn (bei Panschwitz)! bis Mitte Aug. (154 Part) . 225
Reuenahr bis zum 29. August (Fremde! 3 954 Deynhausen bis zum 31. August Inebst 2898 Durchr.) (Nrn) 4 409 Sppelsdorf (bei Reichenau in Sachsen) bis Mitte August .
(279 Parteien) k 323 Osterode am Harz bis zum 28. August (Nr) :* 567 Sybin (Euftkurort) bis Mitte Auaust (154 Parteien) 414 Reinerz bis zum 28. August (nebst 1757 Familien mit 2193
Perf. als Vergnügungsgästen und Durchreisenden) (Kur- .
gäste M7 Familien mit Pers.) 3 405
Schandau bis zum 26. August (nebst 17699 Durchreisenden
bis zum 15. August) (1054 Parteien); 16 Schweizermühle bis Mitte August (111 Parteien) ... 285 Soden bis zum 21. August (Badegäste⸗⸗ . . Sooden a. d. Werra bis zum 253. August (414 Nrn.). 554 Tharandt bis Mitte August (263 Parteien );; 546 Ünna⸗Königsborn bis zum 17. August (nebst 1522 Durch⸗
reisenden (ständige Kurgäste7?7!! . 0 1097 Weißer Hirsch mit Oberloschwitz (klimat. Kurort) bis Mitte Angust (365 Parteien . Wildungen bis zum 29. August (1685 Nin.) .. 2 16 Wilhelmshöhe am 28. August (Fremde anwesend) . 321
Kittekind (bei Giebichenstein und Halle) bis zum 31. Aug. ! k 5533 Wolkenstein (Warmbad) bis zum 30. August (373 Parteien) 568 Von den weniger frequentirken Bädern wurden besucht bis Mitte August: Georgenthal (bei Neukirch i. d. Lausit, von 25 Parteien mit 61 Pers., Gruben (bei Meißen) von 46 Part, mit 63 Pers., Hamm bis zum 16. August einschließlich von 87 ständigen fremden
Badegãsten.
Literarische Reuigkeiten und periodische Schriften.
Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine. Heft 3. — Inhalt: Algerien und Tunesien. Von A. Janke, Haupt mann (Fortsetzung). — Die Kriege der Vendée gegen die erste fran ˖ zösische Republik 1793 — 1796. — Eine militärhistorische Skizze von A. v. Crousaz, Major 3. D. (GFortsetzung). — Die preußischen Husa⸗ ren bei der Armee der Verbündeten Friedrich des Großen in den Jahren 1758 - 176090. — Grundzüge für eine Neuordnung unseres Ingenieur und Festungswesens. — Italiens westliche Vertheidigun s front und heutiges Befestigungsspystem Von C. Winterberg, „ Die neueste Stiefelfrage. — Ein Wort über Anonymität und Pfeudony⸗ mität. — Stuarts letzter Raid vom Sattel aus gesehen. — Umschau in der Militärliteratur. ;
Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg, von H. Cramer, Geheimer Bergrath und Ober- Bergrath in Halle a. S. Siebentes Heft: Die Kreise Landsberg a. W., Friedeberg. Arnswalde, Soldin und Königsberg.
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Hr. Banksekretär Kleeß, Prinzenstr, Nr. 101; Frau Beudke,
Deutschland, DOesterreich⸗òUngarn, Schweiz sowie der bedeutenderen
Reue Friedrichstr. Nr. 31; Hr. Betriebssekretär Lamprecht
Halle a. S, Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1883.