Bedingungen.
Die Werke der Bewerber sind dem ökonomischen Inspektor der Akademie spätestens am 30. Juni 1884, Nachmittags 4 Uhr, zu überreichen. Entschuldigungen wegen Ueberschreitung dieser Frist werden nicht angenommen. Die Akademie über⸗ nimmt nicht die Entnahme der an sie adressirten Werke von den Eisenbahn⸗Bureaux oder Zollämtern.
Jedes Werk ist mit einem Motto zu versehen und zugleich mit einem versiegelten Schreiben einzureichen, welches außer⸗ halb dasselbe Motto trägt und innerhalb den Namen, Zunamen das Vaterland und den Wohnort des Urhebers enthält. Außer diesem Schreiben ist ihm eine Erläuterung beizufügen, welche den gewählten Gegenstand und die Quelle angiebt, welcher derselbe entnommen wurde, wenn sie nicht im Pro⸗ gramme enthalten ist, und jedenfalls den Gedanken des Autors erklärt, um durch Vergleich mit der Ausführung seine Ahsichten erkennen zu können.
Die Akademie ist berechtigt, Werke, welche aus künst— lerischen Gründen oder des gesellschaftlichen Anstands wegen dem Publitum nicht vorgestellt werden können, von der Be⸗ werbung auszuschließen und zurückzuweisen.
Die Erläuterungen werden den Richtern mitgetheilt; die versiegelten Schreiben werden vom Sekretär verwahrt und nur diejenigen geöffnet, welche den des Preises würdig er— kannten Werken entsprechende Aufschriften tragen. Alle übri⸗ gen werden zugleich mit den Werken sofort nach der auf die ö solgenden öffentlichen Ausstellung zurück⸗ gegeben.
Kein bei der Zustellung nicht in gutem Zustande be— fundenes Werk wird angenommen. Die Rückgabe der nicht gekrönten Werke geschieht durch den ökonomischen Inspektor, welcher von den Autoren oder ihren Bevollmächtigten die von ihm bei der Ablieferung ausgestellten Quittungen zurück— empfängt. Wenn die nicht gekrönten Werke von den Autoren nicht innerhalb drei Monaten zurückgenommen werden, so bürgt die Akademie nicht für ihre Erhaltung.
Den künstlerischen Werth der Werke beurtheilen außer— ordentliche Kommissionen mittels motivirter und unterzeichneter Gutachten und dies Urtheil unterliegt dann der endgültigen Genehmigung des akademischen Naths.
Alle zur Bewerbung eingesandten Werke werden in einer öffentlichen Ausstellung vorgezeigt, während welcher die Urtheile
efällt und die Preise zuerkannt werden. Die preisgekrönten
erke werden Eigenthum der Akademie und bei der Aus—
stellung durch einen Kranz und die Angabe des Namens und Vaterlandes des Autors kenntlich gemacht.
Ministerium des Innern.
Dem Landrath Freiherrn Riedesel zu Eisenbach ist das . Landrathsamt im Kreise Gelnhausen übertragen worden. .
Ju stiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Bentz in Colberg ist zum Notar im Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Stettin, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Colberg, ernannt worden.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Der Oberförster Roth zu Adelebsen in der Provinz Hannover ist auf die durch Ernennung des Obersörsters Grafen Bethusy⸗Huc zum Forstmeister erledigte Oberförster— ee, zu Entenpfuhl im Regierungsbezirk Coblenz versetzt worden.
Die Forst⸗-Assessoren Hoffmann, Roos und Gieße sind zu Oberförstern ernannt.
Dem Oberförster Hoffmann ist die durch Versetzung des Oberförsters Schulze erledigte Oberförsterstelle zu Gauleden im Regierungsbezirk Königsberg, dem Oberförster Roos die durch Versetzung des Oberförsters Krafft erledigte Oberförster— stelle Daun im Regierungsbezirk Trier und dem Oberförster
Gieße die durch Ernennung des Oberförsters Hellwig zum
Forstmeister erledigte Oberförsterstelle zu Plietnitz im Re— gierungsbezirk Marienwerder übertragen worden.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Es sind ernannt worden: der Berg-Assessor und bisherige Berg⸗Inspektor zu Saarbrücken, Dr. Busse zum Bergwerks⸗ Direktor des Braunkohlenwerks am Habichtswald bei Cassel; die Berg-Assessoren F. Poeppinghaus zu Zabrze, Ban—⸗ niza zu Clausthal und Grumbrecht zu Saarbrücken zu Berg⸗Inspektoren, der Berg-Assessor Sy mpher zu Clausthal zum Hütten⸗Inspektor, der Regierungs⸗Baumeister Haselow zum Bau-Inspektor für den Verwaltungsbezirk des Ober— Hir en zu Breslau, unter Anweisung seines Wohnsitzes in
eiwitz.
Versetzt sind: der Bergwerks-Direktor Doerell von St. Andreasberg in gleicher Eigenschaft an die Berg⸗-Inspektion Silbernaal zu Grund, der Bau⸗Inspektor Buchmann von Zabrze in gleicher Eigenschaft nach Schönebeck.
Dem Berg⸗Inspektor Kreuschner auf Königsgrube in Oberschlesien ist der Charakter als Ober⸗-Berg⸗Inspektor bei⸗ gelegt worden.
Hauptverwaltung der Staatsschulden.
Der Kassen⸗Sekretär Ehrmann ist zum Geheimen expedirenden Sekretär und Kalkulator ernannt worden.
Angekommen: Se. Excellenz der Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern, von Puttkamer,
Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten, Maybach, .
Se. Excellenz der Staats⸗-Minister, Staatssekretär des Innern, von Boetticher,
Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der ir Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, von
oßler,
Se. Excellenz der Staats- und Finanz⸗-Minister von Scholz von Wiesbaden; .
Se. Excellenz der Kaiserliche Wirkliche Geheime Rath, Unter⸗Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Eck, aus Baden⸗Baden;
Se. Excellenz der Hosmarschall, General⸗Lieutenant Graf von Perponcher von der Reise zu den Manövern des IV. und des XI. Armee⸗Corps;
der Ministerial⸗Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath de la Croix, aus der Schweiz.
Abgereist: der Unter⸗-Staatssekretär im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-A1Angelegenheiten, Lucanus, nach der Schweiz.
Aichtamtliches. Deutsches Reich
Preußen. Berlin, 1. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König trafen, von Wiesbaden kommend, am Sonnabend Mittag, kurz nach 12 Uhr, in Begleitung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin sowie Ihrer Königlichen Hoheit der Prin⸗ zessin Victoria und Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen⸗Weimar in Darmstadt ein, wurden von Sr. Kö—⸗ niglichen Hoheit dem Großherzog von Hessen und Höchstdessen Familie am Bahnhofe empfangen und durch die festlich ge⸗ schmückten Straßen, unter jubelnden Zurufen der Bevölkerung, nach dem Schlosse geleitet.
Nachmittags reisten Se. Majestät der Kaiser mit den Höchsten Gästen mittels Extrazuges nach Baden-Baden weiter, wo Allerhöchst⸗ und Höchstdieselben um 41 Uhr eintrafen und von Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog, der Groß herzogin, dem Erbgroßherzog, dem Prinzen Ludwig Wilhelm— von Baden, der Herzogin von Hamilton und den Spitzen der Behörden am Bahnhof empfangen wurden.
Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften begaben Sich alsbald, von dem zahlreichen Publikum enthusiastisch begrüßt, zum Besuch zu Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.
Am Abend nahmen Se. Majestät der Kaiser und die anderen Fürstlichkeiten den Thee bei Ihrer Majestät der Kaiserin ein.
Anläßlich des gestrigen Geburtstagsfestes Ihrer Majestät der Kaiserin fand Vormittags 101 / Uhr große Gratulations— cour statt, zu welcher die Kronprinzlichen Herrschaften, die Großherzoglich badische Familie, der Großherzsg von Sachsen— Weimar, die Herzogin von Hamilton, die Fuͤrstin und der Erbprinz von Fürstenberg, sowie die Ober-Hof- und Hofchargen erschienen.
Mittags wohnten Ihre Majestäten mit den Fürstlichkeiten dem Gottesdienst im Großherzoglichen Schlosse bei.
Nachmittags fand ein größeres Diner bei Ihrer Majestät der Kaiserin statt.
— . Majestät die Kaiserin und Königin nahm gestern Vormittag die Glückwünsche Sr. Majestät des Kaisers und der in Baden vereinigten Königlichen Familie und sodann der Hofstaaten entgegen. Später fand der Gottes⸗ dienst in der Schloßkapelle statt, welchem Beide Majestäten, die Kronprinzlichen sowie die Großherzoglich badischen Herrschaften, der Großherzog von Sachsen und der Erbprinz von Hohen⸗ zollern sowie die Umgebung ,
Das Diner mit Umgebung fand bei den Kaiserlichen Majestäten statt. .
Abends war die Kaiserliche Familie bei Ihrer Majestät zum Thee vereinigt.
— Anläßlich des Geburtstages Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin war gestern eine große Anzahl von Gebäuden festlich beflaggt. Bei dem Gottesdienst wurde in allen Kirchen im Gebet Ihrer Majestät gedacht. Zu Ehren des Tages wurden die Vorstellungen Abends in den Theatern durch Prologe eingeleitet. In der Hygiene⸗Ausstel⸗ lung fand ein großes Fest statt, dessen Ertrag zum Besten der Hinterbliebenen der bei dem Steglitzer Eisenbahnunfall Verunglückten bestimmt ist.
— Mit dem heutigen Tage haben bei der Kriegs— Akademie, der Vereinigten Artillerie- und Inge⸗ nieurschule und der Militär⸗-Turn-Anstalt neue Kurse begonnen und sind zur Theilnahme an denselben Offiziere aller Truppengattungen kommandirt worden und hier eingetroffen.
— Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen ofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Brandenburg ist vom Urlaube nach Brüssel zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.
— Der griechische Gesandte Rhangabs begab sich am 29. v. M. für mehrere Wochen auf Urlaub. Wahrend dessen Abwesenheit fungirt der Legations⸗-Sekretär Duruttis als Geschäftsträger.
— Zu einem 11 tägigen Informations-Kursus bei der Militär⸗-Schieß-Schule ist eine größere Anzahl von Stabsoffizieren gestern hier angekommen.
— S. M. S. „Leipzig“, 12 Geschütze, Kommandant Korvetten-Kapitän Herbig, ist am 7. August cr. von Hakodate nach Wladiwostock in See gegangen.
S. M. Kanonenboote „Iltis“ und „Wolf“, je 4 Ge⸗ schütze, Kommandanten Korvetten-Kapitän Klausa resp. Ka⸗ pitän-Lieutenant von Raven, sind am 16. August er. in Shanghai eingetroffen.
Wiesbaden, 29. September. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm ist nach Steyermark abgereist, um einer Einladung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich zu den dort stattfindenden Jagden zu folgen. — Der Commandeur der hessischen Division, General-Lieutenant Prinz Heinrich von Hessen, Hoheit, ist von Sr. Majestät dem Kaiser à la suite des Königs Husaren⸗-Regi⸗ ments (1. Rheinischen) Nr. gestellt worden.
Bayern. München, 29. September. (W. T. B. In der heutigen ersten Sitzung des Landtages wurde na der Vereidigung der neugewählten Abgeordneten, und nachdem der Präsident dem verstorbenen Staatsrath Schloer einen warmen Nachruf gewidmet hatte, von dem Finanz⸗Minister von Riedel das Budget pro 1884/85 eingebracht. Einnahmen und Ausgaben balanciren mit dem Betrage von 234 143 613 6 Unter den Mehrausgaben befinden sich 2334 965 6 für Ver⸗ zinsung und Tilgung der Staatsschuld, 968 000 6 für Zurück⸗ zahlung des seinerzeitigen Reichszuschusses zur Einlösung des bayerischen Staatsgeldes, 140 000 S für den Neubau des
—
Landtagsgebäudes, 277 000 MÆ für Neubauten in den Straf⸗
anstalten und 1 566 000 6 zur Aufbesserung der pragmatischen Beamtengehalte.
Sachsen. Dresden, 30. September. (W. T. B.) Der König ist heute Abend nach Wien abgereist.
Braunschweig. Braunschweig, 30. September. W. T. B.) Der Rücktritt des Staats⸗Ministers Schulz sowie die Uebertragung des Vorsitzes im Staats⸗ Ministerium an den Wirklichen Geheimen Rath Grafen Görtz-Wrisberg werden heute in den „Braunschweigischen Anzeigen“ amtlich publizirt. Gleichzeitig ist der Ministerial⸗ Rath Meyer zum Wirklichen Geheimen Rath und zum ee, , amn Mitglied des Staats-Ministeriums ernannt worden.
Oesterreich Ungarn. Wien, 1. Oktober. (W. T. B.) Der König von Sachsen ist hier eingetroffen. Derselbe wurde auf dem Bahnhofe von dem Kaiser empfangen und nach Schönbrunn geleitet.
— (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen ist heute Vormittag in Penzing eingetroffen und daselbst von Sr. Majestät dem Kaiser, in dessen Begleitung sich der Adjutant Frhr. von Mondel und Graf Wolkenstein befanden, empfangen worden. Ferner waren anwesend der deutsche Botschafter Prinz Reuß mit dem Personal der Botschaft, der Statthalter, der General-Konsul Wahlmann und die dem Prinzen zuge⸗ theilten Offiziere. Der Kaiser trug die Uniform seines preu⸗ ßischen Garde Regiments und begrüßte den Prinzen Wilhelm, welcher österreichische Majorsuniform trug, auf das Herz— lichte. Die am Bahnhof aufgestellte Ehren-Compagnie wurde von dem Erzherzog Johann kommandirt. Die Herr— schasten begaben sich alsdann nach Schönbrunn, wo der Prinz von dem Kronprinzen Rudolf begrüßt wurde. Nach dem Dejeuner erfolgte sogleich der Aufbruch zur Jagd.
Pest, 24. September. (W. T. B.) Die Konferenz der kroatischen Abgeordneten hat folgende Basch fänf.⸗ ge⸗ faßt, welche durch eine aus 5 Mitgliedern bestehende Deputation dem Minister⸗Präsidenten Tisza unterbreitet wurden; Entfernung des doppelsprachigen Wappenschildes, Wiederherstellung von Wappenschildern, welche blos mit kroatischer Umschrift ver⸗ sehen sind, Sistirung des Königlichen Kommissariats, Herstel⸗ lung der Konstitutions-Regierung, Einberufung des kroatischen Landtags und sofortige Verhandlung über das Ausgleichs⸗ gesetz durch beide Regierungen. Der Verhandlung über die Wappensrage im gemeinsamen Reichstage werden die Kroaten nicht beiwohnen.
Belgien. Mecheln, 29. September. (W. T. B.) Der Erzbischof Kardinal Dechamps ist gestorben.
Großbritannien und Irland. London, 29. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Die „Pall Mall Gazette“ schreibt anläßlich der Einweihung des Niederwalddenkmals: das Uebergewicht Deutschlands sei eine gewaltige Zugabe in der Wagschale des Friedens. Wenn ein grieg ausgebrochen, sei Deutschlands Einfluß stets im Interesse der Lokalisirung desselben geltend gemacht worden. Falls die Politik Deutsch⸗ lands künftig dieselbe bleibe, die sie bisher gewesen, werde ganz Europa Grund haben, sich zu freuen, wenn das Nieder⸗ walddenkmal nicht blos die Wiederherstellung der deutschen Einheit, sondern die allgemeine Anerkennung der Hegemonie der deutschen Race von Seiten der übrigen Nationen des Kontinents verewigen sollte.
Frankreich. Paris, 29. September. (W. T. B.) Der König von Spanien ist heute Nachmittag 3 Uhr 40 Minuten hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Präsidenten Grévy und den Ministern empfangen worden. Bei der Fahrt des Königs aus dem Bahnhof machten sich einige Personen durch Schreien und Zischen bemerkbar und wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen. König Alphons ist in der spa—⸗ nischen Botschaft abgestiegen. — Die Nachricht von der De⸗ mission des Seinepräfekten bestätigt sich nicht.
Unter dem Vorsitz des Präsidenten Gréêvy trat heute Vormittag der Ministerrath zu einer Berathung zu— sammen, an welcher bis auf den durch Unwohlsein verhin— derten Kriegs⸗Minister Thibaudin alle Minister Theil nahmen. Der Marine-Minister machte Mittheilung von dem Stande der militärischen Operationen in Tongking, der Minister— Präsident Ferry und der Minister des Auswärtigen Challe⸗ mel-Lacour berichteten über den Stand der Verhandlungen mit China. Der Ministerrath beschloß, die Kammern zum 23. Oltober einzuberufen. Gleichzeitig erging nach Toulon der Befehl zur Formirung von 3 Compagnien See— soldaten, von je 150 Mann, welche nach Tongking ge—⸗ schickt werden sollen.
— 30. September. (W. T. B.) Der König von Spanien wohnte heute Vormittag der Messe in der St. Clotilden-Kirche bei und wird heute Abend bei dem Prä⸗ sidenten der Republik im Elyscepalast diniren. Die Jagd, welche heute bei Rambouillet stattfinden sollte, ist des schlechten Wetters wegen abgesagt worden und wird, wie es heißt, morgen stattfinden. Heute Mittag begab sich der König von Spanien mit seinem Vater nach Epinay, von wo er um 5 Uhr zurückkehrte. —
Der Präsident Greyy begab sich heute Nachmittag gegen 5 Uhr nach der spanischen Botschaft, um dem König Alphons einen Besuch abgestattet. Der Präsident hat, wie die „Agence Havas“ mittheilt, dem König Alphons im Namen Frankreichs seine Entschuldigungen gemacht wegen der gestrigen unfreundlichen Kundgebung, deren Urheber der König nicht mit Frankreich selbst verwechseln dürfe. Gleichzeitig bat Praäͤ⸗ sident Grévyy den König, daß er Frankreich einen neuen Beweis seiner Sympathie geben möge, indem er die Einladung zu dem für heute Abend im Elysée veranstalteten Bankett annehme, an welchem alle Mitglieder der Regierung theilnehmen wür⸗ den, und bei welchem er Gelegenheit haben werde, die wahren Gefühle Frankreichs gegen ihn kennen zu lernen. Der König erwiderte: er sei, von den freundlichsten Gefühlen für Frank⸗ reich beseelt, nach Paris gekommen und wolle demselben einen neuen Beweis seiner Sympathie geben, indem er die an ihn
erichtete Einladung annehme. Der König hat sich darauf lbends 71, Uhr zu dem Bankett im Elisée begeben.
Auch die meisten Blätter geben ihrem Bedauern über die gestrige Kundgebung beim Eintreffen des Königs von Spanien Ausdruck. Der „Temps“ sagt: Der Verdruß und die Kränkung, welche allen gutgesinnten Bürgern durch den gestrigen Zwischenfall bereitet worden seien, dürften die Be⸗
deutung dieser traurigen Kundgebung nicht übertreiben. Die paar tausend Individuen, welche den Skandal ver⸗ ursachten, seien dieselben Großsprecher, welche auch in öffentlichen Versammlungen pfeifen und mit den Füßen trampeln, die Thiers und Gambetta ebenso behandelt hätten, wie den König Alphons, und die ebensowenig Achtung vor dem Interesse und der Würde Frankreichs haben, wie vor der Ehre anderer Nationen. Ohne Zweifel müsse Frankreich die Verantwortung für solche Ungezogenheiten fragen; es sei aber zu hoffen, daß die auswärtigen Nationen, insbesondere Spanien, gerecht genug sein würden, um in den Verirrungen einiger Tollhäusler nicht die Gesinnungen der ganzen Nation zu erblicken. Die Mehrzahl der Übrigen Abendblätter sprechen sich in gleichem Sinne aus.
— 1. Oktober. (W. T. B.) Bei dem gestern Abend statt— gehabten Bankett im Elys ée saß der König von Spa— nien zwischen der Gemahlin und der Tochter des Prä— sidenten Grévy. Mit Ausnahme des Kriegs-Ministers Thibaudin und des Ackerbau⸗Ministers Meline nahmen alle Minister an dem Bankett Theil. Der Präsident Grévy trug den Orden des goldenen Vließes; die anderen Minister hatten gleichfalls spanische Ordenszeichen angelegt. Von 9 bis 9i— Uhr saßen der König Alphons, der Präsident Grévy und der Minister⸗Präsident Ferry in lebhafter Unterredung bei ein— ander. Präsident Grévy ersuchte den König dringend, noch einen Tag in Paris zu verweilen.
— 1. Oltober, Vormittags. (W. T. B.) Das „Jour⸗ nal officiel“ meldet: Gestern Nachmittags 5 Uhr begab sich der Präsident der Republik zu dem König von Spanien und benutzte diese Gelegenheit, um demselben aus— zudrücken, wie weit gewisse isolirte Manifestationen davon entfernt wären, die wahren Gefühle des Landes zum Aus— druck zu bringen.
Der König von Spanien ist heute Morgen 8. Uhr nach Madrid abgereist. Bei der Abreise ereignete sich keinerlei
wischenfall. Der Chef des Militärstaats des Präsidenten,
eneral Pittié, der spanische Gesandte und mehrere angesehene Mitglieder der spanischen Kolonie waren am Bahnhof anwesend. 2 König wird gegen Mitternacht die spanische Grenze passiren.
Spanien. Madrid, 29. September. (W. T. B.) Zur Jahresfeier der Revolution von 1868 fand heute hier ein Bankett statt, an welchem etwa 100 Personen theil— nahmen. Dasselbe ist ohne weiteren Zwischenfall verlaufen.
— 1. Oktober. (W. T. B.) Ein gestern Abend abge— haltener Ministerrath beschäftigte sich mit den während der Anwesenheit des Königs in Paris stattgefundenen Zwischen fällen. Sämmtliche Zeitungen äußern sich im Tone tiesster Erregung über diese Ereignisse und beschul⸗ digen die französischen Behörden, keine genügenden Vorsichts— maßregeln ergriffen zu haben. Die „Correspondencia“ glaubt: Spanien werde an die französische Regierung eine Protestnote richten und die Bestrafung der Schuldigen ver— langen. Einige Zeitungen berichten: der Polizeipräfekt von Madrid habe das Palais des französischen Ge— sandten zum Schutz gegen feindliche Kundgebungen durch Gensd'armen bewachen lassen.
Italien. Alessandria, 1. Oktober. (W. T. B.) Das Rattazzi⸗Denkmal wurde gestern in Gegenwart des Königs, der Minister Depretis und Mancini, sowie vieler Senatoren und Deputirten enthüllt. Der König reiste Abends nach Monza zurück. Bei einem von der Munizipalität veran— stalteten Banket hielt Depretis eine kurze Lobrede auf das Leben und Wirken Rattazzi's. Später begab sich der Minister— Präsident nach Stradella.
Türkei. Konstantinopel, 29. September. (Pr.) Der englische Botschafter Lord Duffe rin ist hier eingetroffen.
Rumänien. Bu karest, 29. September. (Pr.) Der Mi—⸗ nister-Präsident Bratiano ist gestern Abend in der König⸗ lichen Residenz Sinaia eingetroffen und wird heute in Bukarest erwartet.
Serbien. Belgrad, 30. September. (W. T. B.) Der König wird morgen Nachmittag hier zurückerwartet.
Bulgarien. (W. T. B.) In einer Meldung der „Polit. Corresp.“ aus Sofia wird die aus Bu karest herstammende Nachricht von der Abreise des Fürsten von Bulgarien nach Wien als vollständig erfunden be— . und hinzugefügt, daß ebenso wohl alle angeblichen
bdikationsabsichten des Fürsten gänzlich unbegründet seien. Die Stellung des Fürsten sei fester denn je; sowohl aus der Sobranje wie aus dem Lande kämen dem Fürsten zahlreiche
Beweise des Vertrauens und der Dankbarkeit für die Her—
stelung des gegenwärtigen Zustandes zu.
Dänemark. Kopenhagen, 29. September. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute hier eingetroffen und bei der Ankunft von seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Albert Victor, sowie von dem König, dem König von Griechen— land und dem Prinzen Waldemar empfangen worden.
Asien. (W. T. B.) Nach einer Depesche des „New-⸗-York Herald“ aus Hongkong, vom 29. September, hat die chinesische Regierung 25600 Polizeiagenten ange— worben, um die Ordnung aufrecht zu halten.
Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Simla vom 29. September gemeldet, daß nach aus Afghanistan einge— gangenen Nachrichten der Aufstand der Ghilzais gegen den Emir von Afghanistan im Wachsen sei. Die Ghilzais hätten im Norden ihres Landes einer 8000 Mann starken Truppenabtheilung des Emirs eine Niederlage beigebracht; aus Kabul und von mehreren anderen Orten würden Ver— stärkungen für den Emir abgesandt. Die indische Regierung halte diese Nachrichten aber fu übertrieben.
Seitungsstimmen.
Der „Deutschen volkswirthschaftlichen Cor— respondenz“ entnehmen wir folgenden Artikel: Oh wohl die Londoner Handelskammer noch Gnade findet in den ingen jener deutschen Volkswirthe, welche soeben auf ihrem Königs erger Kongreß so mächtig in die Freihandelsposaunen gestoßen haben? Wir fürchten für diefe Freundschaft, wenn die Kaufmannschaft jener Vllt handesest dᷣ an der Themse ihren Sekretär fortfahren läßt, im n. Dandels kammer · Journal so manchen schönen Wahn zu zer⸗ dren und zu beweisen, daß nicht das schutzzöllnerische Europa des sontinents von dem Freihandelseldorado des Inselkönigreichs, sondern . von jenem in dem letzten Viertel jahrhundert auf dem Gebiete es Außenbandels überflügelt worden ift.
Schade daß Mr. Murran s Tabellen nicht im Kongreßsaal zu Fönigsberg aushingen! Die Manchesterfreunde hätten vielleicht die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn sie schwarz auf weiß das gerade Gegentbeil von dem gelesen, was sie so oft behauptet; sie würden ihren Augen kaum getraut haben, wenn sie den statistischen Nachweis vor sich gesehen hätten, daß der englische Außenhandel mit Europa seit 1860 um ca. 85 pCt, der Außenhandel der europäischen KLontinentalstaaten aber um 162 pCt. im Durchschnitt, a lso um das Doppelte, zugenommen hat. Hinter England zurückgeblieben sind nur Portugal, Italien und Spanien; Frankreich hat mit England un⸗ gefähr gleichen Schritt gehalten, während alle anderen Staaten nicht nur England überflügelt, sondern theilweise noch den oben genannteg Durchschnitts-Prozentsatz von 162 pCt. des Zuwachses ihrer Importe und Exporte weit überschritten haben.
In der genannten, von der Londoner Handelskammer heraus gegebenen Zeitschrift wird zu diesen überraschenden Prozentsätzen der Entwickelung des Außenhandels von England und der europäischen Kontinentalstaaten (Türkei nebst Rumänien, Serbien und Bulgarien, für welche das zum Vergleiche nöthige statistische Material fehlte, ausgenommen) wörtlich folgende Bemerkung gemacht: Die Bedeu⸗ tung dieser Thatsache liegt in ihrer Allgemeinheit. Wir haben es nicht mit Ausnahmen zu thun; der Vorsprung ist allgemein gewesen über ganz Europa, in großen wie in kleinen Ländern. Unsere Daten sind wahrlich eher noch zu unseren Gunsten angenommen, da unsere An— gaben für Deutschland sich nur auf 11 anstatt auf 21 Jahre erstrecken. Wenn die Zahlen unseres Handels mit den einzelnen Staaten des Deutschen Reiches vor dessen Einigung für 1860 —– 1870 erhaltbar ge— wesen wären, das Ergebniß würde noch ungünstiger gewesen sein.“ Die Tabellen des „Londoner Handelskammer Journal“ enthalten nämlich hinsichtlich Deutschlands nur Angaben für die Jahre 1872 und 1881 mit einem Zuwachs von 42 9½ in dieser Zeit, während der Zuwachs des englischen Handels mit Europa nur ca. 289, in derselben Periode betragen hat.
Es mag nun sein, daß diese Erscheinung mit den handelspoliti⸗ schen Prinzipien allein nicht in ursächlichem Zusammenhang steht, daß beispielsweise auch ein Betreten schutzzöllnerischer Bahnen Sei—⸗ tens Englands den Gang der Dinge nicht aufzuhalten vermocht haben würde. Es ist ja natürlich, daß die reichen und wohlbevölker— ten Staaten des europäischen Kontinents bestrebt sein mußten, sich von der handelswirthschaftlichen Bevormundung durch England zu befreien und auch daß sie, nachdem sie diese Unabhängigkeit erreicht hatten, darauf ausgehen mußten, mit ihren ehemaligen Herren und Meistern auf den neutralen Weltmärkten in Wettbewerb zu treten. Eben so sicher aber, wie Englands Uebergang zum Schutzzoll jenen Umschwung auf dem Kontinente nicht verhindert haben würde, hat den verschiedenen Festlandsstaaten Europas ihr Fernbleiben von radikalen Freihandelsmaßnahmen in ihrer handels— wirthschaftlichen Entwickelung zum Mindesten keinen Eintrag gethan. Zweifellos aber ist es handelswissenschaftliche Brunnenvergiftung, wenn aller statistischen Wahrheit zum Hohn immer wieder das alte Märchen aufgetischt wird, Englands Freihandelssystem habe sich unwiderleglich dadurch bewährt, daß es der wirthschaftlichen Entwickelung Englands zu einem uneinbringlichen Vorsprung vor derjenigen des schutzzöllne⸗ rischen Festlandes verholfen habe. ..
Dasselbe Blatt theilt aus dem Jahresbericht der Handels— kammer in Crefeld Folgendes mit:
Als erfreulicher Theil der Berichterstattung über den Verlauf des Jahres 1882 wird die günstige Arbeitsgelegenheit hervorgehoben, die während des größeren Theiles des Jahres der Arbeiterbevölkerung geboten wurde. So sind in der Seiden. und Sammet-Industrie, laut der dem Berichte beigegebenen Statistik, auf welche wir weiter unten zu sprechen kommen, bedeutend mehr Webstühle als im Vor— iahre thätig gewesen und ist dadurch eine nicht unerhebliche Vermeh— rung der Weblöhne zu verzeichnen. Bei den Hülfsindustrien der Seidenweberei sind in Folge dessen die gleichen Erscheinungen zu Tage getreten. Ohne Zweifel jedoch hat die vergrößerte Produktion der Seiden-Industrie mehr den Arbeitnehmern als allen Fabrikanten zum Nutzen gereicht. . . . .
. Uebrigens zeigten sich auch in allen anderen Zweigen der gewerb— lichen Thätigkeit des Kammerbezirkes die Folgen eines vergrößerten Geschäftsbetriebes der Hauptindustrien. Desfalls, daß diese Resultate nicht unerfreuliche waren, wird auf die vergrößerten Spareinlagen hingewiesen. .
Unter dem Kapitel: Einrichtungen für Handel und Gewerbe finden wir einen bemerkenswerthen Passus, welcher die Folgen der Verstaatlichung von Bahnen betcifft. Indem dort dem Herrn Minister für öffentliche Arbeiten ein warmer Dank ausgesprochen wird, daß er die schriftlichen und mündlichen Vorstellungen der Kammer in wohlwollendste, Erwägung gezogen, sie berücksichtigt, und damit Mißstände im Eisenbahnverkehrswesen beseitigt hat, welche seit mehr denn einem Jahrzehnt Anlaß zu den berechtigtsten Beschwerden gegeben hatten, wird gesagt: ‚Erst dem Staatsbahnsystem ist es vorbehalten gewesen, für uns Wandel zu schaffen, nachdem Crefeld und sein Hinterland lange Jahre die Opfer oft sehr kleinlicher (Privatbahn,) Konkurrenzverhaältnisse, welche die Staatsoberaufsicht nicht hindern konnte, gewesen sind.“
Was nun die obenerwähnte Statistik der beschäftigten Webstühle (Meister, Gesellen und Lehrlinge) anbelangt, so waren in Sammet und Sammetgeweben, festkantigem Sammetband, in Stoffen und Stoff band 35 692 Webstühle im Gange, gegen 32 126 im Vorjahre. Darunter waren bereits 856 mechanische Webstühle, die in den Vor— jahren in diesen Tertilbranchen noch nicht zur Anwendung gekommen .
Der Gesammtumschlag mit Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, England, Frankreich und allen übrigen Ländern betrug rund 8.4 Millio⸗ nen Mark, gegen 765 Millionen im vorhergehenden Jahre. Die verausgabten Löhne als: Weblöhne, Windlöhne, Scheerlöhne, Farb— löhne (diese allein etwa 44 Millionen) und Appreturlöhne betrugen 27 874 929 S gegen 25 432 676 4M pro 1881.
— Wir lesen in der „Berliner Börsen-Zeitung“: In dem Jahresbericht der Handelskammer des Kreises Lennep wird in besonders beifälliger Weise der Verstaatlichung der ECisen— bahnen gedacht; wenn dieselbe anfänglich viele und entschiedene Gegner ehabt habe, so werde dies heute weniger, vielleicht kaum noch der 36 sein. Die Thätigkeit der Staatsverwaltung auf diesem Gebiete sei anzuerkennen. Der Verkehr in dem gewonnenen großen Bahn system sei einheitlicher geworden; die Personenzüge griffen besser in einander und es seien die Anschlüsse geregelter als früher bei den konkurrirenden Privatbahnen; die Benutzung von Retourbillets auf perl ten sei eingeführt, ebenso eine Ermäßigung für Schüler. insichtlich des Güterverkehrs sei die Erweiterung der direkten Ex⸗ pedition, die Verkürzung der Transportfristen, die Durchführung des Pfennigsatzes bei Beförderung von Massengütern des Spezialtarifs III. auf Entfernungen über 100 km, die Ermäßigung des Tarifsatzes füe Güter der Spezialtarife bei Waarenladungen von 5000 kg auf 5 43 pro Tonnen-Kilometer verwirklicht worden.
— „Das Deutsche Wollen-Gewerbe“ schreibt:
Die geschäftliche Lage der zahlreichen in der Form von Aktien gesellschaften betriebenen Baumwollspinnereien und Webereien in Oldham scheint im Allgemeinen eine sehr günstige zu sein, wenn auch die Erträgnisse derselben sehr verschieden sind. So betragen die Divi⸗ denden von achtzehn verschiedenen Gesellschaften, deren Namen für die Leser des ‚Deutschen Wollen⸗Gewerbe“ kein Interesse haben, im verflossenen ersten Halbjahr 16, 10, 4, 8t, 91, 19, 14, 1481, 10, 16, Null, 10. 10, 15 134, io. 5, 6, oder im Durchschnitt etwas über 10059. Das sind fur Aktien oder Kooperativ ⸗ Gesellschaften ganz günstige Resultate; es werden deshalb noch fortwährend neue Fabriken in Oldham gebaut. Eine neuerrichtete Baumwollspinnerei, die „‚Chaddertonmill' mit 90 000 Spindeln, wird in den nächsten Tagen vollständig in Betrieb kommen. ; J
Auch in Tuch, Worsted ꝛc. werden in England fortwährend neue große Fabrikanlagen gebaut und die alten vergrößert, und sehen wir daraus, daß das bekannte Schlagwort unserer Freihändler, das Wort „Ueberproduktion“, unseren Nachbarn jenseits des Kanals keine großen
Sorgen macht, so daß man fast versucht wäre zu glauben, dasselbe stehe gar nicht im englischen Wörterbuch. Unsere Freihändler haben dieses Wort überhaupt niemals an die einzig richtige Adresse, an die⸗ jenige Englands nämlich, sondern immer nur an unsere eigene ge⸗ richtet. Ein theilweises Schließen unserer eigenen Fabriken, damit England die seinigen desto mehr ausdehnen kann, schien eine Zeit lang das freihändlerische Ideal zu sein, und hätte unser Reichskanzler nicht noch zu rechter Zeit sein entschiedenes Wort in die Wagschale geworfen, so wären wir diesem Ideal sehr nahe gekommen, die Ge⸗ fahr war wahrhaftig groß genug.
Thatsächlich ist das, was man mit dem Wort ‚Ueberproduktion“ bezeichnen will, noch immer eine streitige Frage, welche die ver⸗ schiedensten Auslegungen zuläßt. Nach einer jenseits des Kanals vielfach verbreiteten Auffassung soll es für England deshalb keine Ueberproduktion geben, weil ihm für seine Fabrikate nahezu die ganze Welt offen steht. Die Anhänger dieser Lehrmeinung nennen dies die Segnungen des Freihandels', was in gewissem Sinn richtig ist, nur daß sich dieser Segen immer blos auf englischer Seite befindet. Hat England seinen heimischen Bedarf vollständig gedeckt und es häufen sich dann die Vorräthe etwas mehr an, dann genügt eine gewisse Preisreduktion, die der Fabrikant mit seinem Kommissionshaus vereinbart und die der meist sehr kaxital kräftige englische Fabrikant leichter verschmerzt, um entweder fremde Käufer anzulocken, oder die Vorräthe auf fremde Märkte zu werfen, wo sie der niedrigeren Preise wegen rasch verkauft werden, sodaß die⸗ selben bald geräumt und die Lagerbestände sich bald wieder auf dem gewohnten Niveau befinden.
Solche geschäftliche Transaktionen vollziehen sich in England gewöhnlich sehr rasch, natürlich zum großen Schaden der Industrie anderer Länder, namentlich dann, wenn letztere infolge ungenügender . ein bequemes Absatzgebiet für die englische Ueberproduktion n den,.
Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 53. — Inhalt: Verfügungen: vom 22. September 1883. Post-Dampfschiffverbin. dungen mit Dänemark und Schweden; vom 26. September 1883. Zahlungen für Monatstheile im Verkehr mit der preußischen Eisen— bahnverwaltung. ;
Landtags⸗Angelegenheiten.
Im 2. Düsseldorfer Wahlbezirk — Städte Elberfeld und Barmen — ist an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Strücker der Sanitäts⸗Rath Dr. Graf zu Elberfeld — national liberal — mit 291 gegen 175 Stimmen, welche H. Carl Stelter zu Wiesbaden — liberal — erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
SEtatiftische Nachrichten.
Die Ausleihung der Sparkassengelder in Preußen 1881. (St. Corr.) In den preußischen Sparkassen befand sich am Schlusse des Geschäftsjahres 1881 bezw. 1881/82 ein nachzuweisendes Vermögen von rund 1819 Millionen Mark. Von dieser Summe waren zur selben Zeit ungefähr 1754 Millionen Mark oder 96,42 9e ausgeliehen, deren Belegung wir heute näher betrachten wollen. Eine zweckentsprechende Ausleihung der Sparkassengelder ist in⸗ sofern besonders schwierig, als es dabei sowohl auf große Sicherheit, wie auf leichte und schnelle Realisirbarkeit der gewährten Kredite an— kommt. Die Gesetzgebung hat nun in Preußen vor Allem die sichere Belegung der Gelder vorgeschrieben, und daher erklärt es sich, daß die Ausleihung auf Hypotheken bei uns stets die wichtigste Anlage des Sparkassenvermögens bildete.
Am Schlusse des Rechnungsjahres 1881 waren ausgeliehen:
* / auf städtische Hypotheken. 490 255 910 2735 ländliche -. .
ᷓ a6 F5l 45 77s Inhaberpapieren.
J 795 9 . Schuldscheine gegen Bürgschaft und Wechsel 171 0095481 9,75 ki bei öffentlichen Instituten und Korporationen . 122 252 428 6, 9! . zusammen 1754 049 325 1660,06 In den einzelnen Landestheilen des Staates variiren diese Prozentsätze nicht unerheblich, und zwar waren von den ausgeliehenen Geldern im Jahre 1881 (1881/2) angelegt: Prozent in den in städt. in ländl. in Inhaber Provinzen Hypotheken Hypotheken papieren Ostpreußen. 36,31 9, 54 30, 52 23,63 Westpreußen .. 15,95 19, 36 21,48 43,21 Stadtkreis Berlin 32,72 58,51 8.77 Brandenburg . 28,04 37,41 9, 13 Pommern. 231411 35,22 15,16 Posen. 30, 84 21,82 27,69 K, 27,20 41, 38 10,3 Sachsen . ; 26,07 29,34 6, 89 Schleswig Hol . 30, 98 34, 15 6, 82 28,95 Hannover. 18, 83 41,51 17,82 21,84 Westfalen 34.21 31.36 1142 723.67 32, 36 17,65 25, 18 24,87
Deffen . Raffau Rheinland. 26,54 12,98 39,52 20,86
Von den Sparkassen in Berlin, sowie in den Provinzen West— Preußen und Rheinland, welche verhältnißmäßig wenig hypothekarische Darlehen ausgeben, fließen. demnach immer noch z und mehr der Sparkassengelder den kreditsuchenden Grundbesitzern zu. Es erhellt hieraus der große Vortheil, welcher den letzteren aus dem hoch⸗ entwickelten Sparkassenwesen in den Provinzen Westfalen, Schles« wig-Holstein und Sachsen gegenüber Sst. und Westpreußen, sowie Posen erwächst. Derselbe findet in den nachstehenden Zahlen, welche die von den Sparkassen ausgeliehenen Hypotheken zur Gesammt⸗ fläche und die ausgeliehenen ländlichen Hypotheken zu dem land- und forstwirthschaftlich benutzten Areale in Beziehung stellen, einen charakteristischen Ausdruck.
An Sparkassen⸗ Geldern waren Ende 1881 angelegt in Hypo⸗ theken überhaupt bezw. in ländlichen Hypotheken durchschnittlich: Mark
auf 1ha land und auf 1 ha forstwirthschaftlich benutzter Fläche
anderweitig
2542 235 15. 55 21.11 57 76
in den Provinzen
Ostpreußen. Westpreußen . Stadtkreis Berlin. Brandenburg Pommern.
annover. ; estfalen essen⸗Nassau
Rheinland.
Staat v?
Die hier hervortretenden Unterschiede finden nun zwar insofern einen Ausgleich, als die Sparkassen auch außerhalb der Prorinz, in welcher sie domizilirt sind, Hypotheken ausgeben; indeß wird dies nur in geringem Umfange der Fall sein und keineswegs die Schluß folgerung einschränken, daß die Grundbesitzer in den östlichen Pro— vinzen Veranlassung haben, sowohl im eigenen wie im allgemeinen
volkewirthschaftlichen Interesse die Entwickerung des Sparkassenwesens mit allen Kräften zu fördern.