1883 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. Oktober. (W. T. B.) Die „Pol. Corr.“ erklärt die Mittheilung, daß die Anregung des Projekts zur Bildung eines polnischen Scharj⸗ schützencorps in Galizien von den beiden Ministern pol⸗ nischer Nationalität ausgegangen sei, für vollständig unbe⸗ gründet und fügt hinzu, daß i die Einbringung einer dar⸗ auf bezüglichen Petition im Landtage bis jetzt auch kein ein⸗ ziger Abgeordneter gewonnen sei.

8. Oktober. (Wien. Abdpost.) Anläßlich der er⸗ warteten Ankunft des Kaisers in Szegedin entsendet Siebenbürgen eine Galadeputation, deren Mitglieder Nachkommen der Mitunterzeichner der pragmatischen Sanktion sind. Weiter sind Deputationen des Arader und Krassoö⸗Szö⸗ renyer Komitats sowie der Stadt Wersetz angemeldet. Der Szegediner Bahnhof wird in prachtvoller Weise dekorirt.

Pest, 9. Oktober. (W. T. B.) Im Abgeordneten⸗ hause wurde heute die Debatte über den Beschlußantrag Tisza's ir der kroatischen Frage fortgesetzt. Der Deputirte Polonyi bekämpfte denselben vom Standpunkte der äußersten Linken, mochte Kroatien den Vorwurf der Untreue und des Undanks gegen Ungarn und erklärte, auch die Ansicht Apponyi's bezüglich der allgemeinen Anwendung von Wappen ohne Umschrift involvire einen halben Rückzug. Merey vertrat den nämlichen Standpunkt Irunyi (äußerste Linke) erklärte, daß er den Beschlußantrag Tisza's zwar ablehne, daß er aber auch dem Helfy'schen Antrage nicht zuzustimmen ver⸗ möge, da er in der ungarischen Umschrift ein unerläßliches

Ersorderniß der staatlichen Einheit nicht erblicken könne. Die kroatische Auffassung widerspreche nicht dem Gesetze; eine Nach⸗ giebigkeit Ungarns könne daher nicht als Schwache ausgelegt werden; er wünsche die Aufrechterhaltung des seit 1866 beob⸗ achteten Usus. Den Tisza'schen Antrag würde er nur dann annehmen können, wenn Tisza versichere, daß auf diesem Wege die baldige Aufhebung des Königlichen Kommissariats und die Wiederherstellung verfassungsmäßiger Zustände er—⸗ möglicht werde. Mocsary und Nemeth befürworteten den Helfy'schen Schlußantrag. Mocsary führte dem Minister⸗Prä— sidenten gegenüber aus, daß derselbe nichts zu unternehmen wage, weil die kroatischen Aspirationen in Wien Unterstützung fänden. Der Minister⸗Präsident Tisza bekämpfte die Aus⸗ führungen der Vorredner und stellte Mocsary gegenüber ent— schieden in Abrede, daß er in der kroatischen Frage mit den österrei⸗ chischen Ministern konferirt habe: er habe dieselben gar nicht ge⸗ sprochen, habe sich auch nicht zur Durchführung der Wiener Be— schlüsse verpflichtet, habe es vielmehr nur übernommen, die⸗ selben dem Reichstage vorzulegen, ohne indeß eine Bürgschaft für deren Annahme zu übernehmen. Das von Apponyi vor— geschlagene Kompromiß sei eher geeignet, die Agitationen zu fördern. Schließlich betonte der Minister⸗Präsident, daß die Regierung, wenn auch ein Ersolg ihrer Maßnahmen bei dem unterwühlten Terrain nicht verbürgt werden könne, dennoch sobald wie möglich normale Zustände wieder einzuführen und etwa bestehenden Mißbräuchen auf dem Wege des Gesetzes abzuhelfen beabsichtige.

Belgien. Brüssel, 8. Oktober. (Köln. Ztg.) Der König und die Königin haben, wie der „Independance“ aus dem Haag gemeldet wird, von dem niederländischen Königspaar eine freundliche Einladung zum Besuch er⸗ halten und werden in der nächsten Woche sich nach Schloß Loo begeben, im April k. J. aber hier den Gegenbesuch empfangen. Der außer Dienst gestellte General⸗-Lieutenant Brialmont wird nächstens wieder in Thätigkeit treten und die General-⸗Inspektion des Geniewesens wieder übernehmen. Der neue Justizpalast wird am 15. ds. feierlich ein⸗ geweiht und seiner Bestimmung überwiesen werden.

Frankreich. Paris, 9. Oktober. (W. T. B.) Der General Campenon ist zum Kriegs-Minister ernannt worden und wird morgen die Geschäfte übernehmen. Wie verlautet haben die Generale Saussier und Lewal selbst den General Campenon als denjenigen bezeichnet, der das Ver— trauen der Armee hesitze.

Nach einer Depesche des Gouverneurs von Cochinchina aus Saigon, von heute, soll sich die Lage in Tongking in Folge der Ankunft der anamitischen Bevoll— mächtigten und der Unterwerfung der Mandarinen des Rothen— Fluß-Deltas merklich verbessert haben. Zahlreiche Desertionen sollen unter den durch Krankheiten dezimirten Schwarzflaggen“ stattgefunden haben. Der Feind scheine eine Rückzugsbewegung nach Laokai zu beabsichtigen und habe Sontay theilweise ge⸗ räumt. Oberst Bichot habe bei seiner Rekognoszirung bis Day keinen Feind angetroffen.

. 9. Oktober, Abends. (W. T. B.). Der Minister— Präsident Ferry hatte heute Vormittag eine Unter⸗ redung mit dem neuernannten Gesandten für China, Patenstre, dessen Abreise nach Peking unmittelbar be⸗ vorsteht.

Aus Saigon wird gemeldet: der Gouverneur von Saigon habe vom König von Cam bodja das Zugeständniß ausgewirkt, daß die Erhebung der indirekten Steuern im ganzen Königreich fortan durch die französischen Behörden er— folgen solle.

Anläßlich mehrerer Madrider Depeschen, in denen es hieß: der spanische Zwischen fall sei noch nicht vollständig erledigt, sagt der „Temps“: Spanien habe keine neus Reklamation formulirt; die darauf bezüglichen Gerüchte seien irrthümliche und aus der Polemik zwischen den verschiedenen Parteien in Spanien entstanden.

Der seitherige Botschafter bei dem russischen Hofe, Vize⸗Admiral Jaurès, begiebt sich am nächsten Sonnabend 23 St. Petersburg, um sein Abberufungsschreiben zu über— reichen.

Türkei. Konstantinopel, 9. Oktober. (W. T. B.) Der englische Botschafter, Lord Dufferin, hat für den Major Baring als englischen Konsul in Egypten um das Exequatur nachgesucht und dasselbe bewilligt erhalten.

Bulgarien. Sofia, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Sobranje hat sich bis zum 27. November d. J. vertagt, um dem Ministerium Zeit zur Vorbereitung des Budgets zu gewähren. Ueber den Entwurf bezüglich der an der Ver⸗ fassung von Tirnowa vorzunehmenden Aenderungen wird nach der Wiederaufnahme der Sitzungen berathen und derselbe sodann der großen Nationalversammlung unterbreitet werden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Kronprinz von Portugal ist heute früh 1 Uhr hier angekommen und auf dem Bahnhofe von dem König sowie den Prinzen Oekar und Karl empfangen worden; das Kronprinzliche Paar war dem Gaste entgegengefahren. Zur Erweisung der militärischen Ehren

war auf dem Bahnhofe eine Grenadier-Compagnie mit der Regiments musik aufgestellt.

Süd Amerika. Valparaiso, Ende August. ( Polit. Corr.) Man ist berechtigt, zu erwarten, daß die Wirren und Kämpfe in Peru endlich ihr Ende nehmen und daß die neue Regierung in nächster Zeit zur allgemeinen Anerkennung gelangt sein werde. Ausschlaggebend in dieser Richtung war der entscheidende letzte Sieg, den die chilenischen Truppen über das Gros der peruanischen Streitmacht bei Huamachuco erfochten. Obgleich die Peruaner dem Feinde numerisch überlegen waren, brachten ihnen die wohldisciplinirten und kriegstüchtigen Chilenen doch eine so vernichtende Niederlage bei, daß es dem Befehlshaber der Peruaner, General Caceres, und einigen seiner Leute nur in Folge der Terrainbeschaffenheiten gelang, der Verfolgung der chilenischen Truppen zu entrinnen. Peru kann somit als der Autorität des Generals Iglesias unterworfen angesehen werden. Letzterer hat bereits von einigen nördlichen Provinzen Besitz ergriffen, und je mehr sich die Autorität des Generals im Lande befestigen wird, um so rascher wird Chile die Eva⸗ cuirung des Landes ausführen. Es heißt, daß die chilenischen Truppen Lima schon demnächst verlassen werden. Man er— wartet allgemein, daß auch die bisher intransigente konstitu⸗ tionelle Partei im Süden sich nunmehr Angesichts der letzten Ereignisse der neuen Ordnung der Dinge fügen und daß es nicht nothwendig sein werde, zum Mittel einer chilenischen Expedition nach Arequipa zu greifen. Seitens Boliviens sind bezüglich des Zustandekommens eines Arrangements mit General Iglesias keine besonderen Schwierigkeiten zu besorgen. Nachdem General Jalesias de facto Beherrscher des größeren Theiles von Peru ist, so stünde der Anerkennung der neuen peruanischen Regierung Seitens der Vereinigten Staaten nichts im Wege. Auch Chile ist dadurch in die Lage versetzt, einen Friedensvertrag mit Peru abzuschließen. Die Präliminarien für einen solchen sind bereits zwischen der chilenischen Regie— rung und dem General Iglesias festgestellt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 9g. Oktober. (W. T. B.) Bei dem bevorstehenden Courban-Bairam⸗Feste wird ein Dekret des Khedive erscheinen, in welchem für alle während des egyptischen Aufstandes begangenen Verbrechen, mit Ausnahme von Diebstahl und Mord, Amnestie ertheilt wird. Ein zweites Dekret wird die besonderen richterlichen Kommissionen zu Alexandrien und Kairo und die Kriegs— gerichte auflösen. Die in die Amnestie nicht einbegriffenen ce, gn, werden vor die ordentlichen Gerichte verwiesen werden.

Seitungsstimmen.

Die Wiesbadener Zeitung“ schließt einen Artikel

über die Sozialreform, wie folgt: Für Jeden, der sich in seinem Urtheil nicht von augenblick— lichen Eindrücken oder nur bestimmten Interessen dienenden Partei⸗ manövern leiten läßt, sollte es über allem Zweifel erhaben sein, daß an dem sozialreformatorischen Programm der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881, welches erst durch die Botschaft vom 14. April dieses Jahres von Neuem bekräftigt worden ist, unent ˖ wegt festgehalten wird. Ebenso aber sollte es sich für alle billig Denkenden von selbst verstehen, daß die Sozialreform nicht wie Pallas Athene aus dem Haupte des Zeus plötzlich fertig in die Welt gesetzt werden kann und daß aus dem mehr oder weniger langsamen Gang sich nur auf die Schwierigkeit des Unternehmens, nicht aber auf Sinnesänderung, d. h, auf ein Fallenlassen der letzten Ziele der feierlich verkündeten Allerhöchsten Botschaften zu schließen ist.

Diese Ziele, die einer weiteren Erläuterung nicht bedürfen, stehen fest. Mit welchen Mitteln sie erreicht werden und hierauf scheint es den Parteien bei ibren Hoffnungen und Befürchtungen besonders anzukommen ist Sache der praktischen Erwägung und der den that⸗ sächlichen Verhältnissen Rechnung tragenden Verständigung. Wenn man auf diesem Gebiete zum Ziele gelangen will, wird man sich freilich nicht auf vorgefaßte Meinungen steifen und nicht an denselben um Alles in der Welt festhalten dürfen. Die Parteien verfallen nur zu leicht in diesen Fehler, und das ist es, was den schnelleren Fortgang der Reform bis jetzt verzögert hat. Die Regierung wird sich desselbeu Fehlers gewiß nicht schuldig machen, sondern mit den vielen Bedingungen zu rechnen wissen, welche ibr die Verhältnisse auferlegen; aber ebensowenig wird sie sich durch Hoffnungen und Befürchtungen, die bald von dieser, bald von jener Seite geäußert werden, in eine Richtung drängen lassen, welche die möglichst baldige Erreichung des Zieles in Frage stellen könnte.

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt:

Eine merkwürdige Beleuchtung zu den kleinlichen Kritiken, welche in deutschen Parlamenten bei der Bewilligung der Mittel für öffent— liche Bauten und etwaige noch so unbedeutende Anschlagüberschrei⸗ tungen an dem sogenannten „Baum andarinenthum von gewisser Seite geübt zu werden pflegen, giebt das ‚Centralblatt der Bau— verwaltung! durch die Angabe der Baukosten einiger öffentlicher Ge⸗ bäude in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Danach be— tragen die reinen Baukosten abgesehen vom Grunderwerb beispiels⸗ weise für das Zoll und Posthaus in St. Louis, ein Gebäude von 3 Siock⸗ werken über dem Erdgeschoß gekrönt von einer in Eisen konstruirten Kuppel, 5 661 118 Doll,, d. h. per Quadratmeter 63983 6! Das ähnlich entworfene Post⸗ und Gerichtshaus in Philadelphia erforderte einen Bauaufwand von 4558 800 Doll. oder pro Quadratmeter 4274 6, In einer kleineren Stadt, Alban im Staate New⸗-Pork, kostete das 3 und Posthaus (2 Stockwerke über dem Erdgeschoß) 569 300

oll. oder pro Quadratmeter 1585 S Dagegen erforderte das Kol⸗ legialgerichtsgebäude in Kiel einen Bauaufwand von 638 418 , gleich 422, 0 6 pro Quadratmeter; das Berliner Kriminalgerichts⸗ gebäude einen solchen von 2 649 350 * gleich 583,20 ½ pro Quadrat- meter bei einer Bauzeit von nur 6 Jahren; das hiesige Hauptpost— gebäude in der Oranienburgerstraße kostete 330 095 ½ oder pro Quadratmeter 381 In kleineren Städten, wie beispielsweise Breslau, stellen sich die Bausummen nicht unerheblich niedriger.

Hieraus ist ersichtlich, daß die Kosten für öffentliche Verwaltungk⸗ gebäude in den Vereinigten Staaten sich durchschnittlich um das fünf⸗ bis zehnfache höher stellen, als der Betrag für deutsche Bauwerke gleicher Art. Dieser auffallend große Unterschied erklärt sich, ab⸗ gesehen von den sehr hohen Arbeitspreisen, auch durch die Bekleidung der Fagaden mit Granit, durch die Sorge für möglichste Feuersicher⸗ heit mit Ausschluß aller Holzkonstruktionen, welche soweit geht. daß in den Erdgeschoßräumen, in denen die Post— ureaux liegen, meistens sogar die Thür und Fenster⸗Be—⸗ kleidungen, die Futter und Schwellen von Gußeisen hergestellt sind durch sehr reichliche Anlagen für die Ventilation, Heizung, Beleuchtung und Beförderung (Aufzüge, Telephone, Sprachrohre u. s. w. und durch die kostspielige Einrichtung der Briefverschluß kasten (Post office boxes). Im übrigen ist die AÄusstattung der Ge— bäude nicht wesentlich von der in Deutschland üblichen verschieden.

Bemerkenswerth ist die Behandlung, welche der Kongreß bei An⸗ schlagsüberschreitungen walten läßt. Hierfür einige Beispiele: Die Kosten des Gerichtsgebäudes in Bofton wurden im Jahre 1570 vom Kongreß auf 1 500990 Dollars festgesetzt, die Bewilligungen sind indessen allmählich bis auf 5729 295 Dollars angewachsen, und für das laufende Jahr sind nochmals 10000 Dollars zur Voll—⸗ endung eines Erweiterungsbaues zur Verfügung gestellt. Für Chicago

wurden die Kosten für das Zollbaus im Jahre 1871 auf 4 Millionen Dollars festgesetzt, sie sind aber auf 5 851 00 Doll. angewachsen ꝛc. Auch in Betreff der 22 der Ausführang wird große Nachsicht geübt; beispielsweise sind die Gebäude in Albany, Cincinnati, St. Louis und Philadelphia bereits seit 190 Jabren in der Ausführung begriffen. Dabei werden diese Bauten nicht etwa von behördlichen Organen, sondern von großen Privatunternehmern ausgeführt.

Es erhellt hieraus wieder einmal, daß unsere heimatlichen Ver⸗ hältnisse doch in manchen Dingen vortheilhaft gegen das Land der Freiheit abstechen, während wir andererseits recht wohl auch von dort lernen können. ;

Im „Berliner Tageblatt“ lesen wir Folgendes.

Die Finanzlage des Staates Bavern, welche seit einer Reihe von Jahren nicht die beste war, ihat sich nunmehr entschieden gekräftigt. Aus dem Expose, welches der Finanz ⸗Minister dem baverischen Land⸗ tage dieser Tage vorlegte, geht hervor, daß an Stelle der Fehlergebnisse nunmehr Ueberschüsse treten werden. Bereits die Generalrechnung für 1882 ergiebt eine reine Mehreinnahme von 45 Millionen Mark, welche besonders durch die Eisenbahn Mehreinnahmen herbeigeführt wurde; da diese aber schwankend sind, so wurde die Einnahme aus diesem Posten nicht in der gleichen Höhe in das Budget eingesetzt, wenn auch etwas höher als früher. Der Bierexport ist auch im Jahre 1882 in bedeu- tend erfreulicher Weise gestiegen. Das Ergebniß vom Jahre 1882 kann im Ganzen als ein sehr günstiges bezeichnet werden. Das De— fizit pro 1378 betrug 9733 2239 ½, das pro 1879 12 891 629 . das pro 18380 6 06 300 é und das pro 1881 207 486 16 Die Ueberschüsse vom Jahre 1882 werden gestatten, daß das letzterwähnte

Defizit die übrigen sind gedeckt mit den Einnahmen von 1882

gedeckt werden kann.

Dem „Centralblatt für den deutschen Holz⸗ handel“ (Stuttgart) wird aus Stockholm u. d. 22. September geschrieben:

Die Hudikswall Travarn Aktienbaugesellschaft hielt vor 10 Tagen ihre jährliche Generalversammlung ab und hatte dieselbe das Jahr 1882 als ein sehr günstiges zu verzeichnen, da die ungeheure Zahl von 50 000 Stämmen umgesetzt wurde.

Die gegenwärtige enorme Produktion von geschnittenem Holz in Norrland ist der Aufmerksamkeit der schwedischen Autoritäten nicht entgangen.

Die Königliche Kommission, welche am 20. De zember 1870 über die Wälder von Norrland Bericht erstattete, kam zu der Ueber⸗ zeugung, nachdem sie während 2 Jahren eine alle Einzelheiten erschöpfende Prüfung des Gegenstandes vorgenommen hatte, daß im Jahre 1868 nicht weniger als 2769 000 Bäume, von denen die kleinsten, 15 Fuß und darüber, vom Boden gemessen, einen Durch⸗ messer von 8 Zoll hatten, gefällt worden sind. Nach damaliger Waldbewirtbschaftung repräsentirte diese Summe eine Zahl, welche durch den Nachwuchs nicht zur Hälfte ergänzt werden konnte.

Obgleich die Kommission eine gründliche Prüfung vornahm, in—⸗ dem sie jede Gemeinde speziell behandelte, und obgleich es ihr durch das Entgegenkommen der Gemeinden sehr leicht gemacht worden war, scheint es mir nach den Ergebnissen der seitdem verflossenen 15 Jahre, daß die Kommission den Bestand des schlagreifen Holzes viel niedrig geschätzt habe. Wenn wir diesen Umstand ins Auge fassen, bleibt fein Zweifel mehr übrig, daß gegenwärtig in Norrland eine Ueberschreitung im Holzfällen stattfindet, und beträgt der Kubikinhalt des gefällten Holjes gegenwärtig 8M /0 mehr, als im Jahre 1868 nach den Berichten der Kommission, ungeachtet dessen, daß der Kubikinhalt eines jeden einzelnen Baumes jetzt geringer ist. als damals.

Dem Bericht der Kommission folgte im Jahre 1870 sogleich das sogenannte Norrbotten⸗Gesetz, welchem zufolge es verboten war, Bäume, die in einer Höhe von 16 Fuß weniger als 8 Zoll Durch⸗ messer hatten, zu fällen, welches Gesetz bald darauf auch auf das Westerbotten⸗ Gebiet ausgedehnt wurde.

Das in dieses Gesetz inbegriffene Gebiet umfaßt die Strecke zwischen Haparanda und Ummea und hat sich in wenigen Jahren noch weiter südlich ausgedehnt. Eine gesetzliche Maßregel gleich dieser ist indessen verschwindend. . . .. Trotzdem ist eine solche Verordnung der einzige Schutz, der den Wäldern gewährt werden kann.

Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ entnehmen wir folgende Mittheilung:

Das Ackerbau⸗Departement der Vereinigten Staaten hat die Herren Dr. Salmon, Chef der Veterinärabtheilung dieses Departe— ments, und Dr. F. Curtis in New⸗Jork seinerseits zu Mitgliedern einer Kommission ernannt, welche die Schweinefleischfrage mit Rück— sicht auf die in Europa erlassenen Einfuhrverbote einer Untersuchung unterziehen Jollen. Sobald der Präsident die weiteren Ernennungen volljogen haben wird, soll die Kommission ihre Arbeiten beginnen. Von Interesse ist, daß Professor Dettmers, welcher im Auftrage des Ackerbau ⸗Departements in Chicago eine Untersuchung von Schweinen auf Trichinen vorgenommen hat, berichtet, er habe unter mehreren Hunderten von ihm untersuchter Schweine 4 mit Trichinen behaftet gefunden. Manchesterliche Blätter beeilen sich triumphirend, obige Nachrichten zu kolportiren, und fügen der letzteren Angabe an: „In Deutschland und Frankreich hat sich angeblich derselbe Prozent⸗ satz ergeben. Wie es in Frankreich mit der Sache steht, kann uns wenig interessiren, die Behauptung aber, daß „angeblich“ in Deutsch⸗ land sich ebenfalls 4 / der untersuchten Schweine trichinös erwiesen habe, ist eine wahrheitswidrige. Wie wir bereits in Nr. 220 der Nordd. Allg. Ztg.“ mittheilten, betrug bei 12816931 von 1876— 1889 in Preußen untersuchten Schweinen die Zahl der trichinösen 6945 OO54 do, von 1878 in Dresden untersuchten 29 832 Schweinen waren trichinös 11 0,036 9½, ebendaselbst 1880 von 41 500 untersuchten 7 trichinöss O17 0609, im Herzogthum Braunschweig ergab sich für eine längere Zeit O, 17 ½ als Durch⸗ schnitt der Trichinenbehaftung; in Hamburg von 1878 —1882 unter⸗ suchte 241 689 deutsche Schweine ergaben 8 trichinöse, also 0, 003 Co. Das nennt die manchesterliche Presse: angeblich derselbe Prozentsatz!“

Statiftische Nachrichten.

Von dem Bericht über die Gemeindeverwaltun der Stadt Berlin in den Jahren 1877 bis 18814 i soeben der erste Theil erschienen. Der Bericht, auf dessen reichen Inhalt wir noch näher einzeben werden, ist zum Theil eine Er— gänzung des in den Jahren 1579 bis 1881 erfolgten Berichts über die Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin in den Jahren 1861 bis 18766, hauptsächlich aber eine Fortsetzung desselben; im Uebrigen ist mitunter auch über die Berichtszeit hinaus in die Jahre 1882 und 1883 hinübergegriffen. Der Inhalt des vorliegenden Theils setzt sich wie folgt zusammen:; JI. Das Rathhaus und die an— deren Dienstgebäude der städtischen Verwaltung. IH. Das Ma⸗— gistratskollegium und die Gemeindebeamten. II. Die Stadtverordneten⸗ Versammlung. I7. Die Gemeindebehörden in ihren Beziehungen zu dem Herrscherhause, zu den Reichs⸗ und Staatsgewalten. V. Das Stadtgebiet, die Verbesserung seiner Straßenzüge und die innerhalb desselben dem Publikum zur Verfügung stehenden öffentlichen Transportmittel. VI. Die das Stadtgebiet durchziehenden Wasser⸗ läufe, der Schiffsverkehr auf denselben und ihre Ueberbrückungen. VII. Die Bevölkerung und die Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses. VIII. Die öffentlichen Einrichtungen für die Versorgung der Bevölke⸗ rung mit Lebensmitteln. IX. Die von der Bevölkerung erhobenen Steuern, ihre Veranlagung und Erhebung. T. Das Kämmerei⸗ vermögen. XI. Dotationen und Renten. XI. Die Einnahmen aus der Verwaltung der städtischen Wasserwerke. XIII. Die Einnahmen aus dem Verkaufe städtischer Grundstücke. XIV. Andere außerordentliche Einnahmen der allgemeinen Finanzverwaltung. XV. Anlehen. XVI. Generelle Uebersicht der gesammten Einnahmen und Ausgaben des Stadthaushalts. Anhang. Wir beschränken uns für heute auf diese formelle Mittheilung; auf den materiellen Inhalt des Berichts werden wir wohl später noch Gelegenheit haben, des Näheren zurückzukommen. Für den Buch⸗

handel ist der Kommissions⸗Verlag der Firma Julius Sittenfeld,

Mauerstraße Nr. 63 / 5 hierselbst, übertragen. Der Preis für den J. circa 19 Bogen umfassenden gebundenen Theil beträgt 5.00 Æ Der frübere, die Jahre 1861 bis 1875 umfassende Bericht ist in demselben Verlage erschienen und beträgt der Preis für den J. 4 M, für den II. 6 M und für den II. Band 5 M pro Exemplar.

Knunst, Wissenschaft und Literatur.

Martin Luther. Sein Leben dem deutschen Volke erzählt von Prof. Dr. Friedrich Junge. 176 S. 8. Mit Bildnissen und Facsimile. Ganzleinenband mit rothem Schnitt. Berlin, Verlag von Franz Siemenroth (4 125). Die reiche Lutherliteratur hat durch diese soeben erschienene Schrift noch eine recht erwünschte Ver⸗ vollständigung erfahren. Prof. Junge zeichnet in schlichter, einfacher, darum gemeinverständlicher Weise das Leben des großen Reformators und gewaltigen Volksmannes, gestützt auf die Werke von v. Ranke, Köstlin u. A., in großen, aber doch scharfen Umrissen im Zusammen⸗ bange mit den damaligen gesellschaftlichen, staatlichen und kirchlichen Zufländen. Dadurch, daß Luther überall im Rahmen seiner Zeit ge⸗ schildert ist, erhält sein Charakter und sein Wirken die richtige Be⸗= leuchtung. Auch hat der Verfasser in seiner Arbeit zweckmäßig Maß gehalten; sie ist nicht so kuri; daß Manches axhoristisch wäre, und nicht so lang, daß man in Versuchung käme, einzelnes zu überschlagen. Zu dem gediegenen Inhalt gesellt sich eine würdige Ausstattung, bei welcher auch auf gute Porträts und Facsimiles Bedacht genommen ist, und ein billiger Preis, so daß neben den andern zahlreichen Lutherschriften auch noch dieser eine weite Verbreitung gesichert ist.

Ein anderes, kleines Lutherbüchlein (e) ist im Verlage von Hugo Klein in Barmen bereits in dritter Auflage erschienen. Um— schlag und Titelblatt ziert Luthers gut getroffenes Bildniß. Den Inhalt des 60 Seiten starken Hefts bildet zunächst ein ganz kurzer Äbriß von Luthers Leben, der alles Wichtige in leicht faßlicher Form enthält; daran schließt sich mit kurzer Einleitung die Aufzählung der 45 wichtigsten aus den 95 Thesen. Weiter folgen 15 von Luthers geistlichen Liedern in korrektem Text, der luthersche Morgen⸗ und Abendsegen und zuletzt zwei Briefe Luthers: der letzte an seinen Vater vor dessen Tode und der an sein Söhnlein Hänschen. 1 Exem⸗ plar dieser Schrift kostet 3) , bei Bezug von 50 Ex. jedes Heft 20 4, von 100 jedes 15 , von 500 jedes nur 10 5. -

Der neuste (LX) Band der Internationalen wissen⸗ schaftlichen Bibliothek (Leipzig, F. A. Brockhaus 1883) be— bandelt einen Gegenstand von allgemeinstem Interesse und besonderer Wichtigkeit, nämlich: Die menschenähnlichen Affen undihre Organisation im Vergleich zur menschlichen *, von Robert Hartmann, Professor an der Unixersität zu Berlin. Wie aus der Vorrede ersichtlich, sollte das Thema ursprünglich von dem be— rühmten Lehrer der chirurgischen Pathologie, Hrn. P. Broca in Paris, bearbeitet werden; nach dessen plötzlich erfolgtem Tode ist dasselbe aber dem Professor Hartmann überwiesen worden, der sich als Anatom eines großen Rufes erfreut. Der Verfasser beherrscht sein reiches Material dergestalt, daß er sich nicht durch Mode ⸗Theorien von dem Wege ab lenken läßt, auf welchem ihn die selbstgewonnene Erfahrung und das eigene Urtheil leiten, und in der That nur so objektiv wissenschaftliche Unter⸗ suchungen, wie sie das vorliegende Buch enthält, können das Dunkel, welches auf dieser Materie noch lagert, allmählich lichten. Zuerst erzählt der Verfasser, wie sich die Kenntniß von den menschen— ähnlichen Affen seit den Zeiten der Karthager (669 Jahre v. Chr.) bis auf die Gegenwart entwickelt hat, die es den Gelehrten ermöglicht, die merkwürdigen Geschöpfe lebend in Muße zu beobachten. Das zweite und dritte Kapitel behandeln dann in sehr eingehender Weise die äußere Gestalt und den anatomischen Bau der menschen⸗ ähnlichen Affen im Vergleich mit dem Menschen. Selbstverständlich ist dieser Abschnitt, der das eigentliche thema probandum betrifft, streng wissenschaftlich . und in seinen zahlreichen Details auf den Fachgelehrten berechnet; aber auch, der Laie gewinnt aus der klaren, durch, treffliche Zeichnungen erläuterten Darstellung des Verfassers die Ueberzeugung, daß bei aller Aehnlich keit, welche die anthropomorphen Affen in ihrem anatomischen Bau mit den Menschen zeigen, doch im Einzelnen viele und wichtige Ver⸗ schiedenheiten obwalten, gegen welche der Glaube der Abstammung des Menschen von dem Affen nicht stichhaltig ist. Das vierte Kapitel prüft die Formverschiedenheiten der menschenähnlichen Affen, während uns das fünfte in ansprechender Weise über deren Verbreitung, Freileben sowie die einheimischen Namen und das sechste Üͤber das Leben in der Gefangenschaft belehrt. Im siebenten Kapitel wird den Anthropomorphen nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschungen in dem zoologischen System ihre Stellung angewiesen, die sie, unter Auflösung der Ordnung der Vierhänder, in der Linne— schen Ordnung der Primates, als Familie Primarii mit dem Men- schen gemeinsam erhalten. Diese bilden in dieser Ordnung die erste Unterfamilie Erecti (auch bezeichnend Nomo sapiens genannt), jene die zweite (Anthropomorpha) mit verschiedenen Gattungen, die wieder in Arten zerfallen. An sie schließen sich als zweite Familie die eigent⸗ lichen Affen (8imiina),. Das achte und letzte Kapitel ist das wich tigfte; in demselben zieht der Verfasser seine Schlußfolgerungen aus dem Vorentwickelten dahin, daß im äußerlich Körperlichen manches die scheinbare Kluft zwischen Menschen und Affen überbrücke, aber es blieben auch hierin bei dem Affen Absonderlichkeiten, die sich bei dem Menschen nicht finden, namentlich der Greiffuß; vorzugsweise sei aber zu beachten, daß die Menschenäbnlichkeit sich mit dem Wachs thum des Affen immer mehr vermindere, während bei dem Menschen der vollentwickelte Mann fast ausnahmslos das twpisch Menschliche repräsentire. Obwohl sich nun der menschenähnliche Affe dem farbigen Menschen physisch unverkennbar näbere und ihn pfychisch in mancher Hinsicht sogar übertreffe, so bleibe zwischen Beiden doch immer eine beträchtliche Kluft dadurch, daß das Menschen— geschlecht erziehbar sei und sich geistig zu der höchsten Kulturentwicklung fortzubilden gewußt habe, während der , . Anthropoide es immer nur zu einer gewissen Abrichtung habe bringen können, welcher überdies durch die mit dem Alter zunehmende Bosheit eine Grenze esetzt sei. „Die Anthropoiden lassen sich wohl zu interessanten Ihle oelf robert: heranziehen, nicht aber, wie selbst unsere gewöhn— lichsten Hausthiere, zu nützlichen Mitgliedern des 5konomischen Be— reichs. Der Verfasser spricht seine NUeberzeugung dahin aus, daß der Mensch weder von einem der bis jetzt bekannt gewordenen fossilen, noch von einem der noch lebenden Affen abstammen könne, und daß alle Bersuche, von dem vermeintlichen Urahn unseres Geschlechts ein wenn auch nur ungefähres Bild zu entwerfen, auf einer bedeutungs—⸗ losen Spielerei beruhen. Gelänge es aber auch, den vermeintlichen Urtvpus in irgend welchen Erdschichten zu entdecken, so blieben für die Forschung immer noch außerordentliche Schwierigkeiten zu überwinden, nämlich die Deutung der Entwickelung des Verstandes und der Sprache sowie die Ausbildung der selbstthätigen menschlichen Intelligenz überhaupt klarzulegen. Das Buch verdient umsomehr Beachtung, als Professor Hartmann keineswegs ein Gegner der Descendenztheorie ist; er verzweifelt vielmehr Angesichts der groß= artigen paläontologischen Aufschlüsse, welche die Neuzeit gewährt hat, nicht an der Möglichkeit der Auffindung eines wirklichen Bindegliedes jwischen der Menschen⸗ und Säugethierwelt.

Land⸗ und Forfstwirthschaft.

Ueber die Pnroduktion und den Verbrauch Deutschlands an Flachs und Hanf meldet der in Bielefeld erscheinende ‚Leinen⸗ Industrielle' Folgendes: Was Deutschland an Hanf produzirt, wird sammtlich im Lande verbrauckt; ja es reicht dies noch lange nicht aus, um den Bedarf der Seilereien und der vorhandenen Hanfspin⸗ deln zu decken, so daß jährlich noch immer 30000) bis 350 000 Ctr. fremdes Gewächs eingeführt werden müssen. Beim Flachs liegt das Verhältniß ebenso; man kann auch vom Flachse sagen, daß Alles, was in Teutschland gebaut wird, im Lande selbst verbraucht wird. Eine eigentliche Ausfuhr existirt nicht, denn das Wenige, was etwa von Königsberg und Memel, ferner aus den schlesischen und sächsischen Grenz⸗ distrikten über die österreichische Grenze, und von Hannover nach Spanien

exportirt wird, fällt bei dem großen Quantum, welches Deutschland erntet, nicht ins Gewicht. Selbst die reichste Ernte vermag den Be⸗ darf Deutschlands an Flachs nicht ju decken, und werden daher all jährlich große Quantitäten aus Rußland, Holland, Belgien 8 ein⸗ geführt. Die Ernte der Jahre 1881 und 1882 ist nach dem Bericht auf 15156409 Gir. Flachs, und 219 249 Ctr. Hanf anzunehmen. Die Quantitäten Flachs und Hanf, über welche die deutsche Indufstrie und der deutsche Handel in den Jahren 1880, 1881 und 1882 zu verfügen hatten, stellten sich nach dem Bericht, wie folgt: Flachs: Ernteertrag: 1880 1 528 640 Ctr., 1881 1615390 Ctr.I, 1882 1615390 Ctr., Einfuhr: 1880 727 385 Ctr., 1881 1003 182 Ctr.ͥ, 1882 1483 660 Ctr., Summa: 1880 2256 42 Ctr, 1881 2618572 Ctr., 1882 35 938 992 Ctr., ab Ausfuhr: 1880 464 6060 Ctr., 1881 637 434 Ctr., 1882 1 053 010 Ctr., Rest Summa: 1880 1791422 Ctr.,, 1881 1981138 Ctr., 1882 2045 952 Ctr. Hanf: Ernteertrag:; 1880 215 900 Ctr, 1881 219 240 Ctr., 1882 219 240 Ctr,, Einfuhr: 1880 S13782 Ctr., 1881 1090244 Ctr., 1882 779 18 Ctr.,, Summa: 1880 1029782 Ctr.,, 1881 1309 484 Ctr, 1882 9898 420 Ctr., ab Ausfuhr: 1880 470 814 Ctr., 1881 691 682 Ctr., 1882 481 326 Ctr. Rest⸗ Summa 1880 558 gs8 Ctr., 1881 617 802 Ctr., 1882 517 996 Ctr. Hierzu kommt noch das Quantum Heede, welches als Ueßerschuß der Einfuhr über die Ausfuhr ergiebt, nämlich in 1880 S3 016 Ctr, 1881 109568 Ctr., 1882 112 744 Ctr. Der größte Theil der Einfuhr in Deutschland von Flachs und Hanf ist russischer Herkunft; es wurden bezogen aus Rußland: Flachs 1881 891 738 Ctr., 1882 1 394 800 Ctr., Hanf 1881 927270 Ctr., 1882 618 000 Ctr., Werg 1881 132778 Ctr., 1882 151 670 Ctr. Was Deutschland jedes Jahr an Flachs, Hanf und Heede verbraucht, dürfte auf mindestens 1850 000 Ctr. Flachs (inkl. Heede) und 536 000 Ctr. Hanf anzunehmen sein. Von diesem Quantum verbrauchen die 271 038 mechanischen Flachs⸗, Hanf⸗ und Wergspindeln, die Deutschland jetzt in Betrieb hat, etwa 850 909 Ctr. Flachs und Heede und 50 000 Ctr. Hanf. Der ganze übrige Rest von 1020000 Ctr. Flachs und 480900 Ctr. Hanf entfällt auf den Ver⸗ brauch der Seilerei und der Handspinnerei. Was an Flachs in Deutschland noch jährlich mit der Hand versponnen wird, veranschlagt der Bericht auf mindestens S850 Ctr. Hierzu bemerkt der Bericht wörtlich Folgendes:

„Es mag befremdend und auffallend erscheinen, daß trotz des großen Verbrauchs von Maschinengarn noch immer ein so bedeutendes Quantum Flachs mit der Hand in Deutschland versponnen werden soll. Vergegenwärtigt man sich aber, in welchem Umfange in manchen Gegenden, z. B. in 2st und Westpreußen, Mecklenburg, Hessen, mehreren süddeutschen Staaten, Hannover ꝛc. das Spinn— rad noch jetzt die Füllarbeit der langen. Winterabende bieten muß, wie noch allerwärts im deutschen Vaterlande die ländliche Bevölkerung es als eine Ehrensache betrachtet, nur selbstgefertigte Leinen zu tragen und im Haushalt zu verwenden, und auf den Bauernhöfen der mit Leinen aus selbstgesponnenem Garn gefüllte Koffer noch immer den Stolz der Hausfrau bildet, so wird man gestehen müssen, daß jenes Quantum Flachs nicht zu groß ist. Zudem wird auch noch viel Leinen aus Handgarn für den Handel gearbeitet. So sind z. B. von allen in der Landdrostei Lüneburg zur Legge resp. zum Verkauf gebrachten Leinen noch immer fast 9g5 0 aus Handgarnen gearbeitet!“

Gewerbe und Handel.

Dortmund, 8. Oktober. (Rheinisch⸗Westf. Ztg.) Die Lage des Eisengeschäfts ist im Allgemeinen noch immer wenig befrie⸗ digend, wenngleich in einzelnen Branchen eine fortschreitende Belebung unverkennbar ist. Namentlich ist solches in der Stahlindustrie der Fall, da dieselbe in der letz ten Zeit viele und zum Theil sehr belang⸗ reiche Ordres aus dem Auslande wie aus dem Inlande erhalten und weitere durch bereits ausgeschriebene Submissionen von hei— mischen Eisenbahnen zu erwarten hat. Durch solche Liefe— rungen wird nicht blos die Stahlbranche, sondern auch das Geschäft der Kleineisenzeugfabriken, der Verkehr in Bessemer Roheisen ꝛe. günstig beeinflußt. Im Stabeisengeschäft macht die Nachfrage nur langsame Fortschritte, doch entspricht der Bedarf so ziemlich der Pro⸗ duktion und fanden die Vertreter der kartellirten Stabeisenwalzwerke daher auch in ihrer vor einigen Tagen abgehaltenen Versammlung keine Veranlassung, den Grundpreis für Stabeisen zu verändern. In Stahldraht laufen die Aufträge etwas regelmäßiger ein, während Eisendraht vernachlässigt bleibt, doch bieten die eingehenden Ordres in Stahldraht noch nicht allen betreffenden Werken genügende Be— schäftigung, auch sind die Preise nach wie vor gedrückt und wenig lohnend. Auch in Kesselblechen geht es . immer nicht nach Wunsch, vielmehr dauert die eingetretene Stockung in der Nachfrage an, doch . auch darin die Konventionspreise unverändert ge— blieben. Feinblechen hat sich dagegen eine rege Nachfrage und flotte Beschäftigung erhalten. Die Maschinenfabriken, Gießereien, Lokomotiv⸗ und Waggonfabriken sind andauernd befriedigend beschäftigt, erhalten auch fortwährend neue Aufträge. Was schließlich die Roheisenbranche betrifft, so bleibt der Verkehr schleppend bei unveränderten Preisen. Im Kohlengeschäft ist der Absatz noch immer sehr bedeutend, indem derselbe nach den täglichen Mittheilun⸗ gen des Königlichen Wagenamts zu Essen insgesammt pro Tag ca. 1E Millionen Centner an Kohlen und Kokes beträgt. Die Kohlen— preise sind nicht weiter verändert worden und werden gut behauptet. Im Kokesgeschäft nehmen die Vorräthe stark ab und sind guf manchen Kokereien, deren Lagerplätze vor einigen Wochen noch hoch bedeckt lagen, vollständig verschwunden. Die Preise für Koke und Kokekohlen bleiben aber wegen starken Angebots gedrückt.

London, 6. Oktober. Allg. . Die heute erschienenen amtlichen Ausweise über den britischen Handel im September lassen ersehen, daß der Export im abgelaufenen Monat einen Werth von 20 495 494 erreichte, was im Vergleich mit dem entsprechenden Monat im vorhergehenden Jahre eine Abnahme von 425 9241 4 ergiebt. Verglichen mit September 1881 stellt sich die Abnahme auf 405 159 E. In den verflossenen neun Monaten d. J. belief sich die Ausfuhr auf 179 665 085 d. i. eine Abnahme von 2469 859 im Vergleich mit dem entsprechenden Zeitraum von 1882, aber eine Zunahme von 7 845 373 verglichen mit der Parallelperiode von 1881. Der Werth der Einfuhr im September bezifferte sich auf 32 30 465 E und für die neun Monate auf 319397 159 E. Im Vergleich mit September 1882 weist die Einfuhr eine Abnahme von S828 443 und mit den neun Monaten im vorhergehenden Jahre eine Zunahme von 11 895782 auf. Die Edel metall⸗Bewegung umfaßte im September d. J. eine Einfuhr von Gold und Silber im Betrage von 1720 405 . 1738 168 E resp. 1 309 314 im September 1882 und 1881, sowie eine Ausfuhr im Betrage von 1223128 4 gegen 1 362 380 * resp. 1810 898 im September 1882 und 1881. In den verflossenen neun Monaten betrug die Edelmetalleinfuhr 13 340 611 4 ö 19317 645 E in 1882 und 13190992 R in 1881) und die Ausfuhr 11253276 6 (gegen 17278612 in 1882 und 16750 700 in 1881).

New⸗-Jork, 8. Oktober. (W. T. B) Weizen verschißf⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗— einigten Staaten nach Großbritannien 54 000, do. nach Frank⸗ reich 20 M0, do. nach anderen Häfen des Kontinents 30 009, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 84 000, do. nach dem Kontinent Qrtrs.

New⸗Hork, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche hier ausgeführten Produkte betrug 6 599 000 Dollars.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Habsburg! ist gestern Abend 6 Uhr in New⸗Nork eingetroffen.

am burg, 9. Oktober. (W. T. B.). Der Postdampfer Frisia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ , , n, ist heute Nachmittag auf der Elbe ein— getroffen.

Berlin, 10. Oktober 1883.

Dem Ausschuß der Allgemeinen Deutschen Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesenß in Berlin ist folgendes Kabinetsschreiben Ihrer Majestät der Kaiserin zugegangen:

Unsere Aufgabe ist gelöst. Wir wollten beweisen, daß die For⸗ schungen des menschlichen Geistes fortschreitend dem Wohl unserer Mitmenschen sich widmen, daß Gesundheitspflege und Rettungswesen vereint unsere Zeit durch ihre Leistungen ehren, und daß wir berech⸗ tigt sind, von diesem ersten Versuch einer umfassenden Darstellung dieses wichtigen Gebietes einen bleibenden Erfolg zu erwarten. Jeder, der dazu beigetragen hat, möge das Bewußtsein einer guten That be⸗ wahren! Ich erinnere hierbei mit besonderer Erkenntlichkeit an die muthige Ausdauer der Unternehmer und an den Beistand, der uns von nah und fern aus ganz Deutschland und namentlich aus der eng befreundeten österreichisch⸗ungarischen Monarchie zu Theil geworden ist. Vor Allem erinnere Ich an die Dankbarkeit, die wir Gott schulden für seinen allmächtigen Schutz. Dem Mir bewiesenen Ver— trauen und der Mir noch soeben durch ein werthvolles und sinniges Andenken gewidmeten Theilnahme entspreche Ich am Schlusse unserer gemeinsamen Arbeit mit dankbar bewegtem Herzen durch Meinen treuen Segenswunsch.

Baden-Baden, den 5. Oktober 1883.

Morgen, Donnerstag, findet Königliche Parforce— jagd stait. Rendezvous: Mittags 1 Uhr zu Forsthaus Plantagenhaus der Oberförsterei Potsdam.

Augnsta.

.Das Liesjährige Herbstmeeting des Unionklub wird am künftigen Freitag seinen Anfang nehmen und am Sonnabend und Sonntag fortgeführt und geschlossen werden. Es wird damit auch gleichzeitig die Rennsaison 1883 für Berlin geschlossen, da die für den Herbst in Aussicht genommenen Rennen des Hinderniß⸗Rennvereins in Leipzig gelaufen werden. Wie immer so zeigen auch in diesem Jahre wieder die Oktoberrennen eine sehr lebhafte Betheiligung der Besitzer von Rennpferden. An jedem Tage werden 6 Rennen abgehalten. Der Freitag beginnt mit dem Erneuerungsrennen für Stuten um den Staatspreis von 180 M für 2 jähr. und 3 jähr. inländische Stuten, die nie gesiegt haben. Distanz 1000 m. Elf Pferde haben die Konkurrenz angenommen. In dem großen Rennen um den Staatspreis J. Klasse von 10900 sind von 28 Unterschriften 7 stehen geblieben. Zu dem deutschen Gestütspreis von 5000 tn für 1881 geborene inländische Pferde waren 62 Unterschriften eingegangen und 56 Pferde haben von diesen die Konkurrenz angenommen. In dem Omnium um den Unionklubpreis von 2500 S werden 15 Pferde starten. Zu dem Oktober⸗Verkaufsrennen um den Graditzer Gestütspreis von 18900 e ju dem die Betheiligung noch offen ist, sind bis jetzt 5 Pferde angemeldet, und in dem Rennen um den Staatspreis IV. Klasse von 1500 S werden 15 Pferde kon⸗ kurriren. Die Sonnabend⸗Konkurrenzen eröffnen mit dem Erneuerungsrennen für 2. und Zjährige inländische Hengste um den Staatspreis von 1800 ½, 11 Pferde sind hierzu genannt. Das Hertefeld⸗Rennen um den Staatspreis von 6000 ½ und ein Silbergeschirt im Werthe von 1500 M auf die Distanz von 3000 m haben 23 Pferde angenommen. In dem Stuten Biennial pro 1883,84 um den Staatspreis von 3000 (S sind 19 Pferde und in demgleichen Rennen pro 1882/83 um denselben Preis 13 Pferde genannt. Das Rennen um den Staatspreis II. Kl. von 4500 (S6 auf die Distanz von 4800 m wird 8 Pferde zum Pfosten bringen, und in dem Sabinus— Hürden-⸗Rennen um den Unionklubpreis von 1200 S sind 14 Pferde genannt. Der Sonntag beginnt mit dem Memorial⸗ Rennen um den Staatspreis von 300) „, zu dem 15 Pferde ge— nannt sind. Ebensoviel Unterschriften weist auch das Zuchtrennen um den Staatspreis von 3000 AM auf. Das Kin der⸗Trost⸗ Rennen um den Staatspreis von 1500 1 hat 18 Unterschriften erhalten. Zu dem Rennen um den Staatspreis III. Kl. von 3000 S auf 2000 m sind 16 Pferde genannt. Das Verkaufsrennen um den Graditzer Gestütspreis von 1083,70 ½ ist noch zur Betheiligung offen, hat aber schon jetzt 12 Unterschriften aufzuweisen, während das Logir⸗— haus-Steeple⸗-Chase um den Unionklubpreis von 1800 S nur 4 Konkurrenten zum Start bringen wird. Die Rennen beginnen an jedem Tage um 1 Uhr Nachmittags und sind um 4 Uhr beendet. Die beiden Extrazüge, welche zu denselben abgelassen werden, passiren den Bahnhof Friedrichstraße um 11 Uhr 38 Minuten und 11 Uhr 53 Minuten.

St. Peters burg, 9. Oktober. (W. T. B.). Das Leichen⸗ begängniß Turgenjeffs hat heute in feierlichster Weise statt— gefunden. Schon frühzeitig hatten sich die Theilnehmer an der Pro— zession mit Kränzen vor dem Warschauer Bahnhof aufgestellt, wäh— rend auf dem schwarz drapirten Bahnhof selbst die Geistlichkeit, die offiziellen Persönlichkeiten und die Ordner der Prozession versammelt waren. Nach Ankunft, des Bahnzuges mit der Leiche wurde zunächst auf dem Bahnhofe eine kurze Andacht abgehalten; hier— auf setzte sich der Zug nach dem Kirchhof in Bewegung. Dem mit einem goldenen Baldachin versehenen und mit Kränzen bedeckten Leichenwagen vorauf gingen die verschiedenen Deputationen mit ihren Kränzen und die Geistlichkeit; unmittelbar hinter der Leiche schloß sich das endlose Trauergefolge an. Die Straßen, welche der Zug passirte, waren auf beiden Seiten mit einer zahllosen, in theil— nahmsvollem Schweigen verharrenden Menschenmenge besetzt, welche bei dem Annähern der Leiche die Häupter entblößte. Mittlerweile hatte in der Kirche des Friedhofes das vom Bischof Sergius eele⸗ brirte Todtenamt seinen Anfang genommen; beim Eintreffen der Leiche wurde dieselbe auf den prächtigen mit Blumen und Gewächsen geschmückten Katafalk gehoben und die Einsegnung vollzogen. Hierauf ward der Sarg nach der Gruft hinausgetragen, deren Wände mit blauem Atlas ausgeschlagen und mit frischen Blumen geschmückt waren. Als der Sarg in die Gruft . wurde, sprach der Bischof Sergius den Segen; nach ihm nahmen die Rektoren, der St. Petersburger und der Moskauer Universität, sowie die Schriftsteller Grigorowitsch und Plestschejeff zu Trauerreden um den Verstorbenen das Wort. Unter den auf dem Sarge liegenden Kränzen befand sich auch ein von der Familie Viardot und ein von dem Verein der Berliner Presse gespendeter. ,. Abend findet eine vom Comits der Gesellschaft zur Unterstützung hülfsbedürftiger Schriftsteller veranstaltete Gedächt⸗ nißfeier zu Ehren des Verstorbenen statt.

J. Oktober, Nachmittags. (W. T. B. Von einem zweiten Korrrspondenten) Die Beisetzung der Leiche Turgenjeffs ist heute unter außerordentlich großer Betheiligung der Bevölkerung erfolgt. Dem Kondukt voraus gingen 176 verschiedene Deputationen, welche von Städten, Ständen, Lehranstalten, Universitäten, Gewerbe⸗ treibenden und Bauernschaften entsendet waren; prachtvolle Lorbeer⸗ kränze und Kränze von Silber bedeckten den Leichenwagen oder wurden im Leichenzuge getragen. Die Straßen, durch welche der Zug führte, waren mit einer Kopf an Kopf gedrängten Volks menge angefüllt und alle Fenster und Dächer mit Menschen besetzt Die Vertreter der Presse sowie diejenigen der Wissenschaften und Künste gingen neben dem Baldachin. Der Zug hatte eine Länge von nahezu ? Werst; derselbe setzte sich Vormittags i Uhr in Bewegung und langte erst gegen 2 Uhr auf dem

olkowofelde an. Bei dem Gottesdienst in der Kirche wurde keine Rede gehalten. Am Grabe sprachen der Rektor der St. Petersburger Universität Beketoff sowie die Schriftsteller Grigorowitsch und Plestschejeff. Die Haltung des Publikums war trotz der großen Menschenmassen eine durchaus würdige und musterhafte; nirgends kam eine Störung vor, und die Polizei verhielt sich gänzlich passiv, da ihre Einmischung nirgends erforderlich war.