1883 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

e. Der Seeverkehr in den deutschen Hafenplätzen für die Jahre 1575, 1880 und 1881. d. Nachweis über die in den Jahren 1879, 1880 und 1881 ver⸗

unglũckten deutschen Seeschiffe.

e. Uebersicht der Schiffsunfälle an der deutschen Küste während der Jabre 1880, 1881 und 1882.

XIV. Nachtrãge. 3 .

Das unter IX. aufgeführte Verzeichniß giebt für jedes einzelne Schiff an:

1) Das Unterscheidungssignal.

2) Den Namen.

3) Den Heimathshafen.

4) Die Gattung (Bauart), insbesondere:

a. bei Dampfschiffen, ob Räder⸗ oder Schrauben⸗Dampsschiff;

b. bei Segelschiffen die durch die Takelage und die Form des Schiff skörpers bestimmte Gattung nach der landesüblichen Benennung.

5) Die Ladungsfähigkeit (den Netto⸗Raumgehalt), sowohl in Kubikmetern, als auch in britischen Registertons auf Grund der Vermessung nach der Schiffsvermessungs Ordnung vom 5. Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 270); insoweit eine solche Vermessung noch nicht stattgefunden hat, ist dies erkennbar gemacht.

6) Die Pferdestärken der Dampfmaschinen; die Angabe über die- selben ist in der Jorm eines Bruches gemacht, in welchem die Zahl der effektiven Pferdestärken den Zähler und diejenige der nominellen Pferdestärken den Nenner bildet.

7) Das Jahr der Erbauung, d. h. das Jahr, in welchem das Schiff zuerst vom Stapel gelaufen ist; erforderlichen Falles auch das Jahr eines etwa vorgenommenen neuen Aufbaues.

8) Das Hauptmaterial, aus welchem das Schiff erbaut ist; ob:

a. von Eisen,

b. von Holz, und zwar:

aa. von hartem (z. B. Eichen⸗, Teak⸗) Holz,

bb. von weichem (3. B. Föhren ⸗;) Holz.

9) Die Verholzung; ob das Schiff verholzt ist mit:

a. Bolzen von Kupfer oder von irgend einer Kupferlegirung (Muntzmetall, Metall in engerem Sinne),

b. Bolzen aus verzinktem (galvanisirtem) Eisen,

e. Boljen aus unverzinktem Eisen. .

10 Den Beschlag; ob der äußere Schiffsboden beschlagen ist mit:

a. Platten von Kupfer oder von irgend einer Kupferlegirung (Muntzmetall, Metall in engerem Sinne),

b. Zinkplatten.

11) Die Zahl der Schiffs⸗ (Box⸗) Chronometer, welche das Schiff führt.

12) Den Namen und Wohnort des Rheders. Bei getheiltem Eigenthum den Namen und Wohnort des Correspondent-Rheders.

13) Den Namen und Wohnort des Schiffers (Schiffsführers, Kapitäns). .

14 Die Zahl der regelmäßigen Besatzung, einschließlich des Schiffers (Schiff sführers, Kapitäns), sowie des ärztlichen, Maschinen-, Verwaltungs⸗ und Dienstpersonals. ;

Das Verzeichniß ist nach den Namen der Schiffe alpha—⸗ betisch geordnet. Schiffe gleichen Namens sind nach der alpha⸗ betischen Reihefolge ihrer Heimathshäfen aufgeführt. Kennt man daher den Namen, beziehungsweise den Namen und den Heimathshafen eines Schiffes, so wird man das Unterschei— dungs-Signal, die Ladungsfähigkeit, den Namen und Wohn— ort des Rheders und Schiffers sowie die sonstigen Angaben über das Schiff dem Verzeichnisse leicht entnehmen können.

Diese alphabetische Anordnung sowie die größere Zahl und Reichhaltigkeit der Angaben über jedes einzelne Schiff unterscheiden das Verzeichniß von der als Anhang zum inter⸗ nationalen Signalbuche herausgegebenen Schiffsliste. Die letztere weist die Schiffe nach der systematischen Reihefolge ihrer Unterscheidungssignale nach und beschränkt sich, unter Beibehaltung des Schemas der britischen beziehungsweise fran—⸗ zösischen Signalbuch⸗-Schiffsliste, auf die Angabe des Unter— scheidungssignales, des Namens, des Heimathshafens, der Ladungsfähigkeit und der Maschinenkraft des einzelnen Schiffes. Während die Signalbuch-Schiffsliste daher vorzugs—⸗ weise den Signalisirungszwecken dient, ist das alphabetische Verzeichniß wesentlich zum allgemeinen Gebrauche für Be— hörden, Kaufleute, Schiffer u. s. w. bestimmt.

Ueber die deutschen Kauffahrtei⸗Dampfschiffe enthält das unter X aufgeführte besondere Verzeichniß derselben im An— schluß an die Aufzeichnungen unter X noch Folgendes:

a. Die nach 5. 22 der Schiffsvermessungsordnung vom 5. Juli 1872 behufs Feststellung der. Identität der Schiffe ermittelten Hauptmaße Länge, Breite, Tiefe sowie Länge des Maschinenraumes derselben,

b. den nach der Schiffsvermessungsordnnng festgestellten Brutto-⸗Raumgehalt der Schiffe, sowohl in Kubikmetern als auch in britischen Registertons,

c. den Unterschied zwischen dem Brutto- und dem Netto— Raumgehalte der Schiffe in Prozenten ihres Brutto-Raum— gehaltes,

d. die Zahl und Bauart der Fortbewegungs⸗Maschinen der Schiffe sowie die Zahl und Bauart der zu ersteren ge⸗ hörigen Dampfkessel.

Die in diesem Verzeichniß enthaltenen Dampfschiffe, welche Suezkanal⸗Meßbriefe erhalten haben, sind am Schlusse des Verzeichnisses noch besonders nachgewiesen unter Angabe des nach den Vorschriften, betreffend die Vermessung der Schiffe für die Fahrt durch den Suezkanal, vom 15. April 1879 er⸗ mittelten Brutto- und Netto⸗Raumgehalts sowie des Unter⸗ schiedes zwischen dem Brutto⸗⸗ und Netto-Raumgehalt in Prozenten des Brutto⸗Raumgehalts.

Nach Mittheilungen aus Italien sind folgende Submissionen ausgeschrieben worden:

I) von der Schiffsbau⸗Direktion des II. Marinedeparte⸗ ments zu Neapel für den 18. Oktober d. J. eine Sub⸗ mission auf Kohlen aus Eichen- und Kastanienholz im Tax—⸗ werth von 10120 Lire (Kaution 1000 Lire);

von derselben Behörde für den 18. Oktober d. J. eine Submission auf Blei in Platten und Röhren zum Tax⸗ werth von 22 625 Lire (Kaution 2200 Lire);

3) von der Schiffsbau⸗Direktion des III. Seedeparte⸗ ments zu Venedig für den 18. Oktober X J. eine Sub⸗ mission auf Transmissionsriemen im Taxwerthe von 19 396,30 Lire (Kaution 2000 Lire);

4) von der Direktion der Werkstätte für Militäraus⸗ rüstung in Turin für den 24. Oktober d. J. bis Nachmit⸗ tags 3 Uhr eine Submission auf 8000 kKg schwarzes Leder im Taxwerth von 22 0900 Lire. ̃

Die näheren Bedingungen sind an Ort und Stelle ein⸗ zusehen.

Der Erlaß des Ressort⸗Ministers, vom 30. April 1880, welcher die Anfertigung von Inventarienzeichnungen aller bedeutenderen öffentlichen Bauten nach deren Fertigstellung anordnet, ist unterm 15. v. M. wie folgt ab ge⸗ ändert worden: Die Anfertigung von Inventarienzeichnungen und deren Vervielfältigung mittels Umdrucks ist im Kostenanschlag in besonderer Position vorzusehen und nach Vollendung des

Baues bei allen Gebäuden oder Bauwerken zu veranlassen, zu deren Ausführung der Fiskus die Mittel allein hergiebt und deren Anschlagskosten den Betrag von 10 900 6 errei⸗ chen oder überschreiten. Leisten zu den Baukosten Gemein⸗ den oder sonstige Baupflichtige Beiträge, so sind Inventarien⸗ zeichnungen ig anzufertigen, wenn die Anschlagskosten sich mindestens auf 30 006.16 beziffern, es sei denn, daß die sonstigen Baupflichtigen sich auch schon bei Bauten von geringerem Um⸗ fange bereit erklären, den auf sie entfallenden Kosten— antheil für diese Zeichnungen zu tragen. Die Zustimmung derselben ist selbstverständlich auch bei den größeren Bauten erforderlich. Ebenso ist bei allen Bauanlagen zu verfahren, wenn die veranschlagten Kosten des Hauptgebäudes oder der Hauptanlage sich auf jene Summe stellen oder darüber hin⸗ ausgehen. Bei Bauanlagen dieser Art sind auch von den zu⸗ gehörigen Nebenbaulichkeiten, ohne Rücksicht auf die Höhe der veranschlagten Kosten, Inventarienzeichnungen anzufertigen. Für Bauanlagen von besonderer Eigenthümlichkeit oder Wich⸗ tigkeit ist die Beschaffung derartiger Zeichnungen auch erforder- lich, wenn ihre Kosten den Betrag von 10 900 M bezw. 30 000 S6 nicht erreichen. Vorstehende Bestimmungen gelten nicht nur für Hochbauten, sondern in gleicher Ausdehnung für die Wasser⸗; Brücken u. s. w. Bauten, jedoch mit Ausschluß sämmtlicher Stromregulirungen. Die Zeichnungen sind mindestens in je zehn Exemplaren her— zustellen, sofern nicht in einzelnen Fällen aus besonderen Gründen eine größere Anzahl von Exemplaren erforderlich erscheint. Je ein emplar der Inventarienzeichnungen ist an den betreffenden Ressort-Minister, an den Minister der öffentlichen Arbeiten und an die betreffende Regierung bezw. Landdrostei oder die sonstige den Bau leitende und aus— führende Behörde einzusenden. Weitere drei Exemplare erhält die bei der Instandhaltung und Benutzung der betreffenden Bauanlage bezw. des Gebäudes zunächst betheiligie Behörde, während die übrigen Exemplare von dem zuständigen Bau—⸗ beamten in Verwahrung zu nehmen sind.

Die von dem Bureau⸗Direktor des Hauses der Ab— geordneten, Geh. Rechnungs-Rath Kleinschmidt, bearbeiteten Uebersichten über die Geschäftsthätigkeit des Hauses der Abgeordneten der letzten Session sind erschienen. Dieselben sind in der bisherigen zweckmäßigen und korrekten Art angefertigt und zerfallen in die Rednerliste, die Uebersicht über den Staatshaushalts-Etat und die Haupt— übersicht. Die Rednerliste ergiebt den Tag, an welchem, so⸗ wie den Gegenstand, über welchen jeder einzelne Redner gesprochen hat, unter Hinweis auf die betreffenden Seiten der stenographischen Berichte. Die Etatsübersicht macht die bezüglichen Anfragen, Anträge und Verhandlungen ersichtlich und weist unter den verschiedenen Verwaltungen sämmtliche Etatstitel mit ihren Beträgen speziell nach. Die alphabetisch geordnete Hauptübersicht umfaßt, abgesehen von dem Staats⸗ haushalts-Etat, alle zur Erörterung gelangten Gegenstände, unter Darlegung des Verlaufes der Berathung. Die Regierungsvorlagen sowie die Anträge zu denselben sind darin in ihrem Wortlaute übernommen und die Verhandlungen über ein und denselben Gegenstand, auch wenn dieselben zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Gelegenheiten statt— gefunden haben, auf Einer Stelle verzeichnet. Zu der Haupt— übersicht gehört ein besonderes Inhaltsverzeichniß, welchem eine Gesammtübersicht der Berathungsgegenstände beigefügt ist.

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Im Sinne des Erlasses vom 9. September 1878 (Nachtrag 1, Seite 27, zum Geldverpflegungs⸗Reglement für das preußische Heer im Frieden) haben Offiziere des Beurlaubtenstandes, welche aus der Heimath direkt in ein Barackenlager zur Uebung einberufen werden, wäh— rend der Unterbringung in letzterem auf Kommandozulage Anspruch.

Die General Lieutenants von Oppell, Commandeur der 2. Garde-Infanterie⸗Division, und Lüderitz, à la suite der Armee und Ober⸗Landstallmeister, sind von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. v. Ingersleben in Cöslin, Dr. Sanneg in Obernigk, Dr. Heidenhain in Arnsdorf, Dr. Melcher in Priebus, Dr. v. Wehde in Twistringen, Schick in Marburg und Teschauer in Eiterfeld.

Der heutigen Nummer des „Reichs-Anzeigers“ liegt der am 1. k. M. in Kraft tretende Winterfahrplan der Berliner Stadt- und Ringbahn bei.

Kiel, 13. Oktober. (Kl. Ztg.) Die Korvette „Eli⸗ sabeth“ wurde heute außer Dienst gestellt.

Bayern. München 13. Oktober. Durch Allerhöchste Entschließung vom 9. d. M. ist die Eröffnung der Land⸗ rathsCLversammlungen für das Jahr 1884 auf Montag, den 5. November d. J., angeordnet worden.

Mecklenburg⸗ Schwerin. Schwerin, 13. Oktober. Nach einem den „Meckl. Landesnachr.“ mitgetheilten Briefe ist das Befinden des Großherzogs ein gutes. Die Nachwehen des letzten Anstoßes in Ludwigslust verschwanden schon auf der Reise. Die Ueberfahrt, obwohl sie stürmisch war, erzeugte keinerlei Beschwerden, und schon in London konnte sich Se. König⸗ liche Hoheit wieder ganz frei bewegen. Seitdem ist in der frischen, aber milden und wohlthuenden Luft der englischen Seeküste das Wohlsein ein stetig fortschreitendes. Die Villa unweit des Meeres ist durch ihre Lage sehr günstig und in ihrer Einrichtung sehr bequem. Die letzten Nachrichten von dem Herzog Johann Albrecht waren aus Japan. Der⸗ selbe gedachte von dort auf einem der nächstabgehenden Dampsschiffe den Stillen Ozean zu durchschneiden und dann quer durch Amerika nach Europa zurückzukehren.

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Braunschweig. Braun schweig, 14. Oktober. (W. T. B.

Der Herzog ist heute Nachmittag aus Sppillenort hier wieder eingetroffen.

Sachsen⸗ Coburg Gotha. Coburg, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Herzog von Edinburg ist aus Tyrol hier eingetroffen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 12. Oktober. Die „Presse“ berichtet: Die Landtagssession nähert sich ihrem Ende. Die meisten der gegenwärtig versammelten Landtage, bis auf jenen von Triest, der eben erst seine Thätigkeit begonnen hat, werden im Laufe der nächsten Woche geschlossen werden, um den Delegationen Platz zu machen.

Pest, 13. Oftober. (W. T. B.) In dem Exposée, mit welchem der Finanz⸗Minister vie Budgetvorlage pro 1884 einbrachte, führte derselbe aus: nach den Schlußrech⸗ nungen vom Jahre 1882 habe das mit 31 900 000 Fl. prä⸗ liminirte Defizit thatsächlich nur 224 19 Millionen erreicht und sich sonach für 1382 eine um 9! Millionen günstigere Bilanz ergeben. Die Einnahmen in den ersten 8 Monaten des laufenden Jahres seien um 21 800 000 Fl. höher als in der gleichen Periode des Vorjahrs; nach Abzug der Kosten der Wag⸗ thalbahn betrage die faktische Mehreinnahme rund Si / Millionen, worin als wichtigster Posten die Steuereinnahme für die Spar⸗ kasseneinlagen enthalten sei. Da die Ausgaben in den ersten S8 Monaten um 11 Million gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahrs gestiegen seien, so gestalte sich die Bilanz thatsächlich um 6 800 000 Fl. günstiger. Von letzterer Summe entfielen 2 200 000 Fl. auf direkte Steuern, A Millionen auf Staats⸗ bahneinnahmen und 1 Million auf indirekte Steuern. Seit Oktober 1882 seien 51 Millionen 6 prozentiger Goldtitres konvertirt worden und demnach noch 166 Millionen zu konvertiren. Völlig problematisch sei es, welche Summe man als Zinsenersparniß aus der nächstjährigen Konvertirung einstellen wolle, denn der weitere Verlauf der Konvertirung hänge nicht nur von dem Konsortialvertrag, sondern auch von anderen Verhältnissen ab. Der Minister ging nun auf das Budget von 1884 über und analysirte das Mehrerforderniß von 8 300900 Fl. bezüglich der einzelnen Ressorts sowie die Mehreinstellungen an Einnahmen. Betreffs der Investirungen, welche mit 25 8o0 000 Fl. präliminirt sind, bemerkte Szapary: man könne zwar jetzt nicht behaupten, daß künftig alle Eisenbahn⸗ bauten eingestellt werden würden, aber nach dem Ausbau der Hauptlinien, wie Budapest-Semlin, der Szony⸗Brucker Linie, sowie nach Beschaffung des Verkehrsparks für die neuen Linien und nach der Vollendung der Budapester Bahnhöfe dürften jedenfalls auf längere Zeit große Beträge für Eisen⸗ bahnbauten nicht mehr erforderlich sein. Was den Abgang im Ordinarium betreffe, welcher für 1883 noch 8i„ Millonen betragen habe, so beziffere sich derselbe für 1884 nur noch auf 2 600 000 Fl., und habe sich sonach um 5 900 0900 Fl. ver⸗ ringert. Zur Deckung desselben sei die Mehreinnahme in Aussicht genommen, welche, falls der Reichstag den ihm vorzuschlagenden Gesetzentwurf über die Modifikation der Grundsteuer, der Haus⸗, Kapitals, Zinsen und Rentensteuer, sowie über den Zuschlag zur allgemeinen Einkommensteuer annehme, erwartet werden könne und werde sich in diesem Falle im Ordinarium noch ein geringer Ueberschuß ergeben. Das Gesammtdefizit stelle sich 1884 auf 20 300 000 Fl., also 3 800 000 Fl. niedriger als 1883. Nach Deckung des Abganges im Ordinarium durch die eingeführten Steuerreformen blieben noch 17 300 000 Fl. des Gesammtabgangs und 10 Millionen für Amortisationszwecke im Kreditwege zu beschaffen.

Szegedin, 14. Oktober. (W. T. B.) Anläßlich der Vollendung des Wiederaufbaues der Stadt ist der Kaiser Franz Josef, begleitet von dem Minister-Präsidenten Tisza, dem Minister der Landesvertheidigung, Baron Orczy, dem Königlichen Kommissar für den Wiederaufbau der Stadt, Ludwig Tisza, und zahlreichem Gefolge, heute Vormittag 11 Uhr hier eingetroffen, von dem Bürgermeister empfangen und von zahlreichen Deputationen und einer großen Volks—⸗ menge jubelnd begrüßt worden. Die Stadt ist prachtvoll ge⸗ schmückt. Der Kaiser wird drei Tage hier bleiben, um die neucrbaute Stadt eingehend zu besichtigen.

15. Oktober. (W. T. B.) An dem gestrigen Empfange des Kaisers nahmen außer dem hohen Klerus und den Behörden 27 zur Begrüßung des Kaisers abgesandte Depu⸗ tationen Theil. Die neugebaute Stadt, welche der Kaiser be— sichtigt, zählt in 7 Radial- und 2 Ringstraßen 3000 Neubauten, darunter das Theater, das Finanz-, das Gerichts-, das Tele⸗ graphengebäude, das Rathhaus, mehrere Kasernen, Schulgebäude, humanitäre Institute, vier den verschiedenen Konfessionen an— gehörige Kirchen, die Quais, die Eisenbrücke. Gegen jede künftige Ueberschwemmungsgefahr ist die Stadt durch drei— fache Schutzdämme gesichert. Zur Erinnerung an die vom Auslande eingegangenen Unterstützungsspenden sind mehrere Hauptstraßen nach den Hauptstädten der betreffenden Länder (London, Paris, Berlin, Rom, Brüssel und Wien) benannt.

Schweiz. Bern, 14. Oktober. (Bund.) Der Bundes⸗ rath hat beschlossen, die eidgenössischen Räthe auf Montag, den 26. November, zur ordentlichen Wintersession einzuberufen.

In dieser Woche beginnt der Bundesrath die Be⸗ rathung des nächstjährigen Budgets. Gemäß der auf Grund der Eingaben des Departements gemachten vorläufigen Zusammenstellung würde sich ein Defizit von circa 350 000 Fr. ergeben. Dabei sind die Zolleinnahmen auf 19500 000 Fr. die effektiven Militärausgaben (nach Abzug der Einnahmen des Militärdepartements) auf circa 13 500 900 Fr. budgetirt. Weitere Ausgabeposten sind u. a.: 750 000 Fr. für das Insel⸗ gebäude in Bern und 500 9000 Fr. als sechste Amortisations⸗ quote auf die Kosten der Gottharddahn. „Immerhin“, sagt der „Bund“, „darf das finanzielle Gleichgewicht der Bundes⸗ finanzen auch für das nächste Jahr als gesichert betrachtet werden, da einerseits das oben erwähnte Defizit durch even⸗ tuelle Reduktion der Ausgaben, die schon im Schoße des Bundesraths beschlossen wurden, reduzirt werden dürfte, andererseits auch die Verwaltungsrechnung pro 1884 bezüglich der effektiven Ausgaben ein wesentlich günstigeres Resultat ergeben dürfte.“

Großbritannien und Irland. London, 13. Oktober. (W. T. B.) Nach der „Pall Mall Gazette“ würden alsbald nach der Rückkehr des Generals Wood nach Egypten drei von den dort stehenden sechs englischen Regimentern nach England zurückkehren. Ueber die Zurückziehung des Restes des englischen Okkupations-Corps aus Egypten werde voraussichtlich im November d. J. Entschließung gefaßt werden.

Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Zanzibar, von heute, gemeldet: das englische Kriegsschiff „Osprey“ sei dort, von Madagaskar kommend, eingetroffen und habe die Nachricht gebracht, daß Admiral Galib ert in Tamatave angelangt sei und daß die Situation auf Madagaskar sich nicht verändert habe. .

14. Oktober. (W. T. B. Der chinesische Gesandte, Marquis Tseng, empfing gestern in Folkestone eine Adresse des dortigen Stadtraths und sagte in seiner Erwi⸗ derung: er hoffe noch, daß durch gegenseitige Konzessionen eine befriedigende Lösung der großen, ihn beschäftigenden Frage erfolgen werde. Seine Pflicht und seine Neigung entsprächen einer solchen Lösung; es würde daher nicht seine Schuld sein, wenn dieselbe als unmöglich befunden werden sollte.

Frankreich. Paris, 13. Oklober. (W. T. B.) Der Soir“ meldet: das Journal „Antiprussien⸗ sei auf Ver⸗ langer des Kriegs-Ministers Campenon suspendirt worden.

Casimir Perier ist zum Unter-⸗-Staatssekretär im Kriegs-⸗Ministerium ernannt worden.

Es bestätigt sich, daß der Präfekt von Marseille, Po n— belle, die Stelle des Seinepräfekten erhalten wird.

15. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Während die Zeitungen der Intransigenten naturgemäß die Reden Ferry 's (s. u.) hestig angreifen, bringen die gemäßigt repu⸗ blikanischen Zeitungen lebhafte Beifallsäußerungen über die— selben. Nur „La Paix“ bedauert, daß Ferry's Reden kein bestimmtes Programm enthielten.

Rouen, 13. Oktober. (W. T. B.) Der Minister⸗ Präsident Ferry und der Minister der öffentlichen Ar— beiten, Raynal, sind heute Nachmittag 3 Uhr hier ein⸗ getroffen und von den Behörden und Notabilitäten am Bahn— hofe empfangen worden. Dort hatte sich auch eine große Menschenmenge eingefunden, welche die Minister mit dem Rufe „Es lebe die Republik!“ begrüßte. Auf eine Ansprache des Präsidenten des Appellhofes erwiderte Hr. Ferry: Wir wollen die Unabhängigkeit des Rich— seramis, und gerade um diese Unabhängigkeit sicher— zustellen, haben wir von den Kammern Maßnahmen verlangt, deren wahre Bedeutung man gewiß nicht verkannt haben wird. Die Regierung will kein Richterpersonal, welches politischen Einflüssen unterworfen ist; sie verlangt von ihm einzig und allein eine gute Justiz und nichts weiter als das. Der Minister⸗⸗Präsident gedachte ferner der anerkennenz— werthen Fortschritte, welche in Rouen für die Zwecke des Mädchenunterrichts gemacht worden seien. Auf die Ansprache Seitens des Pfarrklerus erwiderte Hr. Ferry: Sie wissen, meine Herren, wie sehr die Regierung eine Politik vertritt, die nun schon so lange die Beziehungen zwischen Staat und Kirche regelt, und da Sie uns Ihrer Ergebenheit versichern, können Sie hinwiederum auf unser Vertrauen rechnen. Bei der Besichtigung des Lyceums nahm der Minister-Präsident auch die Revue über ein Schul— bataillon ab und bemerkte dabei: Diese Uebungen im Ge— danken der Allgemeinheit sind keineswegs ein Spiel; wir knüpfen daran den ersten Preis. Wenn Ihr erst wirkliche Gewehre habt, müßt Ihr auch wirkliche Soldaten sein. Abends fand im Rathhause ein Banket statt, bei welchem zahlreiche Toaste ausgebracht wurden und wobei Ferry eben— falls eine Rede hielt. . .

13. Oktober, Abends. (W. T. B.) Bei dem dem Minister-Präsidenten Ferry gegebenen Banket dankte derselbe dem Präfekten für dessen Toast auf den Präsidenten Grévy, „den wir alle verehren, der in der republikanischen Verfassung die republikanischen Prinzipien der Stabilität und der Würde vertritt, der niemals die Grenze seiner Vollmachten überschritt, der, als er sich persönlich ins Mittel legte, um eine Schwie— rigkeit zu lösen, welche er nicht verursacht hatte, Jeder⸗ mann zeigte, welche Würde, welche Erhabenheit ein republika— nischer Staatschef zu entfalten weiß, wenn er die Irrthümer einer gedankenlosen Menge wieder gutmacht.“ (Beifall.) Hr. Ferry hob weiterhin anerkennend hervor, daß der Maire in seiner Rede nicht von Politik gesprochen habe. Die Republik sei nicht die unaufhörliche Agitation; sie könne vielmehr die Ruhe fein in wechselseitigem Verkrauen und in der Werthschätzung der allgemeinen Interessen. Der Conseils⸗Präsident lobte Rouen wegen der Entwickelung, welche die Stadt dem technischen und gewerblichen Unterricht gegeben habe. „Dieses Schauspiel erhebt uns über die Schmähungen unserer Feinde. Diejenigen, welche alle Reformen auf ihre Fahnen schreiben, sind nicht diejenigen, die sie verwirklichen. Die Intransigenten können alle möglichen Fragen aufstellen und sie stellen dieselben zu⸗ weilen recht schlecht; gelöst werden diese Fragen aber von den praktischen, klugen, gemäßigten Männern, deren Sympathie mich für die bevorstehenden Kämpfe mit unbegrenztem Ver— trauen erfüllt.“ Jules Ferry schloß seine Rede mit einem Toast auf die Republik im guten Sinne, auf die Republik des Fortschritts, der Rechtlichkeit. (Beifall) .

Havre, 15. Oktober, früh. (W. T. B) Der Minister— Präsibent Ferry und der Minister Raynal begaben sich heute Vormittag von Rouen zunächst nach Lillebonne und Bolbec, wo dieselben von den Behörden empfangen wurden. In den bei diesem Empfange gewechselten Reden wurde hauptsächlich die Unterrichts frage berührt. Nachmittags 2 Uhr trafen beide Minister in Havre ein und wurden hier ebenfalls von den Behörden empfangen. Eine sehr zahlreich angesammelte Volksmenge begrüßte dieselben mit dem Rufe; Es lebe die Republik !“ Von Einzelnen wurde auch: „Es lebe Thibaudin!“ gerufen. Die Minister besuchten im Laufe des Nachmittags den Hafen sowie mehrere Dampfer und einige Schulen. An dem Empfange der Behörden, der Abends 6 Uhr stattfand, nahmen auch alle Konsuln Theil. Bei dem darauf folgenden Bankett trat der Minister⸗-Präsident Ferry in der von ihm gehaltenen Rede für die Politik der republikanischen Vereinigung ein, betonte, daß die Republik regiert werden müsse, und konstatirte, daß die von den Intransigenten ausgegangenen Beschimpfungen und Verleumdungen zwischen ihnen und der Regierung eine breite Kluft geschaffen hätten. Eine Gefahr von Seiten der Monarchisten sei nicht mehr vorhanden; der von den Intran— sigenten drohenden Gefahr aber müsse man die Vereinigung aller Republikaner entgegenstellen. Das Land, müsse wählen zwischen der Politik der Intransigenten und einer Politik der Stabilität und des weisen Fortschritts.

Spanien. Madrid, 13. Oktober. (W. T. B.) Das neue Kabinet ist nunmehr definitiv konstituirt und wie folgt zusammengesetzt: Posada Herrera: Minister⸗Präsi⸗ dent, Ruiz Gomez: Auswärtiges, Linares Rivas: Justiz, Gallostra: , g. Morel: Inneres, Lopez Dominguez: Krieg, Sardoal: öffentliche Arbeiten, Suarez Inclan: Kolonien, Valcarcel: Maxine. : .

14. Oktober. B. T. B.) In einem Cirkular— schreiben an die Präfekten, in welchem das neue Kabinet sein Programm entwickelt, soll sich dasselbe dahin aussprechen, daß es die Preßfreiheit und Versamm⸗ lungsfreiheit schützen, die Civilehe und das Geschworenen—⸗ gericht wieder einführen und Maßregeln treffen werde, um die Freiheit des Unterrichts zu sichern. Außer⸗ dem werde das Kabinet bemüht sein, das allgemeine Stimmrecht zur Geltung zu bringen, eine Ver fassungs⸗ revision herbeizuführen und eine Zolleinigung mit Portugal sowie einen Handelsvertrag mit England abzuschließen. In der äußeren Politik werde es vermelden, Einzelallianzen

einzugehen, und sich bemühen, gute Beziehungen zu Frankreich herzustellen. Der Kriegs⸗Minister werde die Armee reorga⸗ nisiren, um die Ursachen der militärischen Aufstände zu be⸗ seitigen.

95. wird für wahrscheinlich gehalten, daß die Cortes bis zu den ersten Monaten des nächsten Jahres vertagt werden, damit die Regierung alle administrativen Fragen ohne legislativen Charakter inzwischen erledigen könne.

15. Oktober. (W. T. B.) Das Journal „Dia“ meldet: das Cirkularschreiben des neuen Ministers des Auswärtigen werde den Wunsch der spanischen Re— gierung ausdrücken, mit allen Mächten freundliche Beziehungen zu unterhalten. In dem diplomatischen und Konsularpersonal Spaniens werde keine Aenderung vorgenommen. Der spa— nische Generalstab soll nach französischem Muster organi⸗ sirt werden. Die Idee einer Amnestirung der bei dem jungsten Aufstande Betheiligten ist von den Zeitungen nicht günstig aufgenommen worden; man hält eine Amnesti⸗ rung der Soldaten, aber nicht eine solche der Offiziere für

wahrscheinlich.

Rußland und Polen. Kronstadt, 14. Oktober. W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin sind mit ihren Kindern heute Vormittag von Kopenhagen hier eingetroffen und haben sich Mittags nach Peterhof begeben.

Dänemark. Kopenhagen, 14. Oktober. W. T. B.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales werden, wie von vornherein bestimmt, morgen Nachmittag die Rück⸗ reise antreten. Dieselbe geht über Korsör, bis wohin der eng— lische Gesandte Vireian und der Erste Legations-Sekretär Gosling das Prinzliche Paar begleiten werden, von dort mit der Königlichen Yacht „Danebrog“ nach Lübeck und dann nach Vlissingen, wo der Dampfer „Osborne“ das Prinzliche Paar zur Fahrt über den Kanal aufnimmt.

Seitungsstimmen.

Im „Hannoverischen Courier“ lesen wir:

. .. Das Schlagwort „Keine Steuer auf unentbehrliche Lebens⸗ mittel“ bört sich sehr schön an, klingt ungemein volksfreundlich und verfehlt selten seine Wirkung. Wer es aber in dieser Allgemeinbeit gebraucht, der macht sich wider besseres Wissen einer ganz frivolen und unverantwortlichen Volksverführung schuldig. Die Einnahmen unseres Reiches sind fast ausschließlich auf die Besteuerung von ganz unentbehrlichen Lebensmitteln oder von nahezu unentbehrlichen Ge⸗— nußmitteln des verbreitetsten Volksluxus, wie Branntwein, Bier, Zucker, Kaff ee, Taback u. s. w. gegründet. Es ist schlechter⸗ dings unmöglich, diese Hunderte von Millionen durch direkte Steuern oder irgend ein anderes Steuerobjekt aufzubringen, und ein halbwegs gewissenhafter und die niedrigsten Künste der Volksverführung ver— schmähender Politiker sollte diese Thatsache anerkennen und die nun einmal ganz unvermeidliche Nothwendigkeit nicht mehr in Frage stellen, daß der weitaus größte Theil der Reichsbedürfnisse durch indirekte Verbrauchssteuern bestritten werden muß, die selbstverständlich auf Gegenstände des Massenkonsums gelegt werden müssen. Daran würde keine Regierung etwas ändern können, auch wenn Hr. Eugen Richter Reichskanzler wäre. Wo die Fortschrittspartei am Regiment ist, weiß sie sich auch trotz aller Prinzipien mit den harten That— sachen des praktischen Lebens sehr wohl abzufinden. Sehr lehrreich ist z. B. ihre Haltung gegenüber der Miethesteuer in Berlin, die von allen prinzipiell verurtheilt, aber Jahr für Jahr beibehalten wird, weil eben ein genügender anderweiter Ersatz nicht zu finden ist. Sehr vernünftig führen dabei die kommunalen Politiker und Volks— wirthe in ihren Wahlreden aus, daß es unnütz und thöricht ist, eine Forderung zu erheben, die nun einmal nach Lage der Sache gegen— wärtig nicht zu erfüllen ist; sie werden dafür freilich auch von den radi⸗ kaleren Genossen oder den Gegnern der Leisetreterei, des Opportunis— mus, der Inkonsequenz, ja was das Schlimmste ist, des National⸗ Liberalismus beschuldigt. Dieselben Männer legen sich in der Frage der staatlichen Besteuerung keineswegs die gleiche Entbaltsamkeit und verständige Rechnungstragung auf. Da soll das Brod und das Salz, das Pfeischen Taback, das Glas Bier u. s. w. des armen Mannes frei fein. Wie aber Ersatz geschafft werden soll, das kümmert diese Politiker nicht, wenn sie mit ihren steuerpolitischen Versprechungen nur Wählerstimmen fangen. Wären sie an der Regierung, sie wür— den gerade sprechen wie bei der Frage der Miethssteuer und plötzlich sehr verständig, besonnen und gemäßigt werden. . Um die Abwehr neuer Steuern auf Artikel des Verbrauchs und Genusses der Massen handelt es sich nicht, sondern um die Auf— hebung bestehender Steuern, und hierbei können wir diese Agitatoren von Frivolität und Unehrlichkeit nicht freisprechen, insofern, als sie ihre Forderungen erheben, ohne für den Ausfall eine anderweite Deckung vorschlagen und die gewissenhafte Verpflichtung übernehmen zu können, etwas Wesentliches zu ändern, wenn sie einmal selbst die Leitung in die Hand bekämen. Unter allen Umständen und zu allen Zeiten werden und müssen die Bedürfnisse unseres Reiches in erster Linie aus der Besteuerung jener Artikel des täglichen Verbrauchs und Genusses bestritten werden, und wer etwas Anderes in Aussicht stellt, der macht sich einer wissentlichen Täuschung schuldig.

Die „Elberfelder Zeitung“ bespricht den Ent— wurf eines Aktiengesetzes und sagt u. A.:

Die Bewunderer der Aktiengesellschaften weisen vor Allem aur die Eisenbahnen hin, welche nach ihren Darftellungen vorwiegend nuf durch die Association des Privatkapitals zu Stande gekommen sind. Hätte man keine Aktiengesellschaften gehabt, so würden nach dieser ÄUnsicht nur wenige Bahnen erbaut worden sein und insonderheit in Deutschland das Bahnnetz und mithin die ganze Verkehrs⸗ entwickelung noch in den Windeln liegen. Diese Ansicht bedarf, wie jeder Kundige zugeben wird, einer sehr erheblichen Einschränkung. .. Andere deutsche Länder, in denen der Konstitutionalismus früher das öffentliche Leben geweckt hatte, wie Bayern, Württemberg, Baden, Sachsen, haben der Aktiengesellschaften nicht bedurft, um ein den Berkehrtansprüchen sich anschmiegendes Eisenbahnnetz herzustellen. Auch darf man nicht vergessen, daß in Preußen die Eisenbahngesell⸗ schaften vielfach nicht auf eigene Gefahr, oder mindestens nicht aus— schließlich auf eigene Gefahr, sondern mit Hülfe staatlicher Zins⸗ garantien die Eisenbahnen gebaut haben. Aber wie hoch man auch das Verdienst der Actiengesellschaften um das deutsche Eisenbabn⸗ wesen anschlagen mag, sie haben ihren Lohn dahin: sie haben den öffentlichen Verkehr länger als ein Menschenalter hindurch zu ihrem Vortheil ausgebeutet und kolossale Privatreichthümer geschaffen, welche das Volk (auch nach der preußischen Eisenbahnverstaatlichung) mit schweren Zinsopfern belasten. Diese Zeit ist hoffentlich für immer vorbei. Weder in Preußen, noch im übrigen Deutschland wird der Eisenbahnverkehr in Zukunft vorwiegend durch Privatinteressen aus⸗ gebeutet werden.

Außer dem kurzsichtigen Bureaukratismus war es noch ein ande— res Moment, welches die Entwickelung der ECisenbahnen den Privat- interessen überlieferte, nämlich die Bornirtheit einer volkswirthschaft⸗ lichen Theorie, welche jeden öffentlichen Betrieb als unvortheil haft anfah und Staat und Gemeinde grundsätzlich von aller wirthschaft⸗ lichen Thätigkeit auszuschließen trachtete. Ueber diese Theorie, die ja allerdings noch viele Gläubige zählt, brauchen wir uns nicht zu ver breiten, da sie nicht blos theoretisch, sondern auch durch leuchtende Thatsachen überwunden ist und mehr und mehr auf ihr richtiges Maß zurückgeführt wird. . . .

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Cor respondenz“ äußert sich über den Jahresbericht der Handels⸗ kammer zu M. Gladbach wie folgt:

Derselbe bezeichnet den Gang der Geschäfte im Vorjahre als einen günstigen; die Spinnereien waren vollauf beschäftigt, die Webereien in allen Zweigen der dortigen Industrie batten ebenfalls genügend zu thun; der Absatz ist allgemein ein leichter, wenn auch mit theilweise gedrückten Preisen verbundener gewesen. Die Seiden industrie bat in vielen Zweigen nicht günstige Schwankungen er⸗ fahren, dagegen haben Chappe⸗Sammete und Plüsche einen überaus günstigen Aufschwung genommen, welcher sich in Räumung aller Vor⸗ räthe und in der vollen Thätigkeit aller Stähle bekundete.

Auch die übrigen Industriejiweige des Bezirkes entwickelten eine lebhafte Thätigkeit, und sind alle Kräfte vollauf beschäftigt gewesen. Der Bericht spricht die sehr bemerkenswerthe Ansicht aus:

„daß. wenn man in Erwägung zieht, daß die Erzeugnisse der dortigen Textil⸗Industrie in baumwollenen und halbwollenen Waaren zum weitaus größten Theile in Deutschland ihren Verkauf finden,. und zwar für die weniger bemittelten Klassen, so dürfe aus dem leb⸗ haften Absatze der Fabrikate auf eine durchgängige Besserung der Verhältnisse dieses Theils der Berölkerung, also auch auf eine erfreu⸗ liche Erböhung der allgemeinen wirthschaftlichen und besonders der gewerblichen Thätigkeit geschlossen werden.

Dagegen scheinen die ländlichen Distrikte des Niederrbeins und besonders der ganzen linken Rheinseite, über welche die Berichte der Handelkkammer sich auslassen. „an der wirthschaftlichen Kräftigung nicht so großen Antheil zu baben, als diejenigen Gegenden, wo in dustrielle Thätigkeit der Bevölkerung vorwiegend ist.“

Ueber die Arbeiterverhältnisse wird gesagt, daß alle Arbeitskräfte

des Bezirkes vollständig beschäftigt waren. In den Spinnereien haben die Löhne keine Aenderung erfahren; in der Buntweberei dagegen sind sie theilweise gestiegen, und es fanden alle guten Weber dauernd einen lohnenden Verdienst. Die Arbeiter machten run auch von der dort bestehenden Alters sparkasse (Diergardt⸗Stiftung) einen umfassenderen Gebrauch, denn von 1881,82 auf 1882,83 hat sich die Anzahl der Sparer von 202 auf 469, und die Summe der Spareinlagen von 66 907 M auf 127 545 ½ gehoben. .

Centralblatt für das Deutsche Reich. Rr. 41. Inhalt: Zoll- und Steuerwesen: Befugniß einer Steuerstelle. Konsulat⸗ wesen: Exequatur⸗Ertheilung. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichf gebiet. Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende August 1883.

Amtsblatt des Reichs⸗Post amts. Nr. 56. Inbalt: Verfügungen: Vom 10. Oktober 1883. Feststellung der Bestände an Reichs⸗Goldmünzen, Einthalerstücken, Reichs⸗Silbermünzen und Reichs⸗ Kassenscheinen. Vom 8. Oktober 1883: Verhütung der Ursachen des Verlustes von Telegrammen. Vom 8. Oktober 1883: Post⸗ verbindung mit Helgoland.

Justiz · Ministerial⸗Blatt. Nr. 37. Inhalt: All⸗ gemeine Verfügung vom 4. Oktober 1883, betreffend die Aufhebung des kollegialischen Schöffengerichts zu Honnefeld, sowie die anderweite Regelung der Zuständigkeit von Schultheiß und Schöffen.

Centralblatt für die gesa mmte Unterrichts⸗Ver⸗ waltung in Preußen. August⸗Heft. Inhalt: Feier des vierhundertjährigen Gedächtnißtages der Geburt Luthers. I) Gestal⸗ tung der kirchlichen und der Schulfeier an den Unterrichtsanstalten. 2) Beschaffung und Verwendung von Schriften für Schüler höherer Unterrichtsanstalten. 3) Weitere Anordnungen über Gestaltung der Feier an den Volksschulen; Beschaffun und Verwendung von Festgaben für Schulkinder. Zu⸗ sammensetzung der Prüfungskommission II. zu Breslau für die wissenschaftliche Staatsprüfung der Kandidaten des geistlichen Amtes bis 1. April 1884. Höhe des Stempels zu Kauf-, Liefe⸗ rungs- und Werkverdingungsverträgen zwischen Staatsbehörden und Gewerbetreibenden. Kostenfreie Auszahlung der Dienstbezüge an die unmittelbaren Staatsbeamten, an deren amtlichen Wohnsitze eine Königliche Kasse sich nicht befindet. I) Verfügung des Herrn Finanz⸗Ministers vom 13. Dezember 1882. 2) Verfügung des Herrn Ministers der geistlichen 2c. Angelegenheiten vom 19. April 1883. Zulassung von Obligationen der Prioritäts⸗Anleihen mehrerer vom; Staate übernommener Eisenbahnen zur Bestellung von Amtskautionen. Uebertragung der Bewilligung der gesetzlichen Wittwen⸗ und Waisen—⸗ gelder an Hinterbliebene von unmittelbaren Staatsbeamten auf die Provinzialbehörden. Die Lehrer der nicht ausschließlich aus Staats- fonds unterhaltenen Gewerbeschulen unterliegen nicht den Bestim⸗ mungen des Gesetzes über die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten. Bestätigung der Wahlen von Rektoren und Dekanen an Universitäten. Reglement für die Habi⸗ litation von Privatdozenten bei der philosophischen Fakultät der Universität zu Kiel. Bestätigung der Wahlen des Präsidenten und des Vertreters desselben bei der Akademie der Künste zu Berlin. Verleihung goldener Medaillen an Künstler, welche sich auf der akademischen Kunstausstellung im Jahre 1885 besonders ausgezeichnet haben. Preisertheilung bei der von Rohr'schen Stiftung für deutsche Künstler. Konkurrenz⸗Ausschreiben, Entwürfe zu Erweiterungs- bauten für die Königlichen Museen zu Berlin. Reglement über die Behandlung der in der Königlichen National-Galerie zu Berlin zurückgelassenen und gefundenen Gegenstände. Bestätigung der Wahlen, bezw. Ernennung der Rektoren und der Abtheilungs⸗ vorsteher an den technischen Hochschulen. Unzulässigkeit der Ableistung des Probejahres an Landwitthschaftsschulen für das Lehramt an Schulen allgemeiner Bildung (Gymnasien ꝛc) Zuständigkeit bei Anstellung ꝛc. der Lehrer an den zu Ober ⸗Real—⸗ schulen u. s. w. umgestalteten reorganisirten Gewerbeschulen. Be⸗ trieb des Turnunterrichtes an den höheren Unterrichtsanstalten. Bedeutung der im Centralblatte für die Unterrichts⸗Verwaltung ver öffentlichen Ministerialerlasse für andere als diejenigen Behörden, an welche sie gerichint sind. Eine organische Verbindung zwischen Kirchen und Schulamt ist auch da nicht ausgeschlossen, wo zwar nicht immer der Inhaber einer bestimmten Stelle an einer Schule, wohl aber immer ein Lehrer der letzteren das kirchliche Amt bekleidet hat. Fortdauernde Gültigkeit des 5. 13 der Pensionsverordnung vom 28. Mai 1846. (Anrechnung der von Lehrern, welche in ein Lehramt an staatlichen Unterrichtsan stalten übergetreten sind, im Elementarschulamte zugebrachten Dienstzeit bei der Pensionirung.) Termin für die Turnlehrerinnenprüfung im Herbste 1883. *. Turn- betrieb in Lebrerinnen⸗Seminaren in höheren und in Volks-Mädchen⸗ schulen. Kurse zur Ausbildung von Turnlehrerinnen. Befähigungs⸗ zeugnisse aus der Turnlehrerinnen Prüfung im Frühjahre 1885. Befähigungszeugnisse für Zöglinge der Lehrerinnen. Bildungsagnstalten zu Droyßig. Anerkennung der an der Priyat Lehrerinnen⸗Bildungs⸗ anstalt Marien ⸗Institut zu Gotha ausggestellten Lehrerinnen · Zeugnisse in Preußen. Einrichtung der zweiten Volksschullehrer Prüfung. Besuch der Schule Seitens einzelner Mitalieder der Schuldeputation. Rechtsgültigkeit der über die Schulpflicht in den unter dänischer Schulgesetzgebung stehenden Schuldistrikten des Kreises Tondern in der Provinz Schleswig⸗Holftein erlaffenen Anordnungen der preußischen Schulverwaltung. Uebersicht über die Zahl der bei dem Landheere und bei der Marine in dem Ersatzjahre 1382.83 eingestellten Preußt⸗ schen Mannschaften mit Bezug auf ihre Schulbildung. Das Schul- geld sst nicht als Kommunalabgabe anzusehen, auch wenn im UÜebrigen die Schule als Gemeindeanstalt von der bürgerlichen Gemeinde unterhalten wird; es erhält diesen Charakter auch dadurch nicht, daß es auch für solche Kinder erhoben wird, welche die Kemmunalschule nicht besuchen. Befreiung der fervisberechtigten Militärersonen des aktiven Dienst standes vom Schulgelde, auch dann, wenn dasselbe für die nicht die Volksschule befuchenden Kinder zu entrichten ist. Personal Chronik.

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