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würden. In der That existiren 4197 Gemeindeflaͤchen und 1201 Guttz⸗ bezirke in den acht alten östlichen Provinzen allein, welche unter 1060 ba umfassen. Auf der anderen Seite sind allerdings in derselben Kommission auch Wünsche laut geworden, die dahin gingen, in noch viel größerem Umfange die Grenze zu erhöhen zu Gunsten der Bil dung von großen Jagdbezirken. Es ist meines Erachtens sehr begreif⸗˖ lich und natürlich, daß bei Beurtheilung gerade dieser Frage jeder sein Urtheil aus den nächstliegenden Verhältnissen entnimmt, die ihn unmittelbar betreffen und unmittelbar umgeben. Ich glaube daher, daß jede Größenbestimmung der Minimalfläche, wie man sie auch greifen mag, immer gewissen Bedenken ausgesetzt sein wird, und ich glaube meinerseits, daß mit diesen Vorschlägen der Königlichen Staatsregierung ungefähr die Mitte und das Richtige getroffen ist.
Eine weitere Reihe von Bestimmungen det Entwurfs sind dar auf gerichtet, Anpachtungen vor Enklaven zu sichern, dafür zu sorgen, daß auf kleineren Flächen in gewissen Fällen die Jagd ruht. In allen diesen Bestimmungen werden sich Garantien bieten für zweck⸗ mäßige künftige Dispoitionen über die Jagdbezirksbildungen, und sie dürften sich daher zur Annahme empfeblen. In der Thar hat damals die Kommission schließlich die hier einschlagenden Bestimmungen ihrerse its ge⸗ nehmigt. Eine andere Reihe von Bestimmungen bezieht sich auf die Bildung von Jagdvorständen und auf das Stimmverhältniß in Bezug auf die Vertretung der Jagdinteressenten, sowie auf das Verfahren in der Behandlung dieser Angelegenheiten. Ich glaube sagen zu dürfen, daß die hier einschlagenden Bestimmungen den that ächlichen Verhält⸗ niffen entsprechen und daß ste den einzelnen Interessenten in jagd⸗ lichen Beziehungen den Einfluß sichern, der ihrem eigenen Besitzver⸗ hältnisse entsxyricht. .
Ein westerer wesentlicher Punkt, in welchem sich das je zige Jagd⸗ polizeigesetz, als nicht völlig genügend erwiesen hat, betrifft die Ab⸗ wehr uͤbermäßigen Wildschadens. Diese Trage ist bekanntlich eine der bestrickendsten und eine derjenigen, die sehr häufig zu Kontroversen Anlaß gegeben und deren Diskussion immer zu den größten Gegen⸗ sätzen geführt hat. Es liegt dies in der Natur der Sache. Die Königliche Staatsregierung hat in dieser Beziehung geglaubt, sich fern halten zu müssen, auf das Gebiet des Privatrechts überzu⸗ greifen, sie hat es rermieden, in dem Entwurf Begriffs befstimmungen über den Umfang und Inhalt des Jagdrechts zu geben, und sie hat die Frage der Verpflichtung des Erfatzes von Wildschä⸗ den ungelöst gelassen. Sie hat an den Verhältnissen, wie sie jetzt bestehen, in diefer Beziehung geglaubt, festhalten zu müssen. Es bietet diese Frage der juristischen Konstruktion die außersten Schwie⸗ rigkeiten, die in der Natur der Sache liegen. Sowohl der Rechts⸗ grund der Ersatzpflicht, die Ermittelung der Person des zum Scha⸗ denzersatz Verpflichteten, die Feststellung sowohl des Umfangs des er— sittenen? Schadens, wie der dafür zu gewährenden Entschädigung unterliegt den größten Schwierigkeiten. Es liegt dies in der Natur der Sache, da das in freier Wildbahn umherschweifende Wild einen Eigenthümer im eigentlichen Sinne nicht hat und nicht haben kann. Es respektirt weder Landes- noch Flurgrenzen, und jeder Versuch der rechtlichen Regelung nach dieser Richtung wird gerechtfertigten An⸗ griffen ausgesetzt sein. Der Versuch, den Jagdberechtigten schadens⸗ ersatzpflichtig zu machen, bietet keineswegs eine befriedigende Lösung, denn thatsächlich wird der Jagdberechtigte möglicherweise für Schäden' ersatzpflichtig gemacht werden für das jenige Wild, welches sich Jar nicht auf feiner Flur aufgehalten hat, son— dern herüber gekommen ist aus der Nachbarflur, wo er nicht jagd⸗ berechtigt ist. Auch die Bestimmung, wonach Wildschaden nur in den Fällen gewährt werden soll, wo ein übermäßiger Wildstand gehegt und gepflegt werden ist, ist nicht befriedigend, denn auch ein mäßiger Wildstand kann unter Umständen Schaden anrichten, welcher für ein⸗ zelne kleinere Besitzer ominös ist. Die hannoverische Gesetzgebung hat diesen Punkt dahin zu lösen gesucht, daß sie den Jagdberechtigten in diesen . einen Regreßanspruch gegeben hat an den NRéchbar, bei dem die Wild⸗
egung in übermäßigem Maße statt findet. Aber, wie gesagt, die Definition, was ein übermäßiger Wildstand ist, welche Wildarten als schädlich zu bezeichnen sind, ist äußerst schwierig und streitig. Die Königliche Staatßregierung hat gegenüber diesen rechtlichen und thaͤtsãchlichen Momenten deshalb geglaubt, an dem status praesens, wie er sich in der Monarchie gestaltet hat, festhalten zu müssen, das beißt, also in denjenigen Landes theilen, in denen ein Schabengersatz für Wildschäden nicht gewährt wird — und das ist in dem weitaus größten Theile der Monarchie —, der Geltungsbereich des jetzigen Jagdpolizeigesetzes, also die alten acht Provinzen und Schlekwig-Holstein — deiß da nach wie vor ein Wildschadensersatz nicht gewährt wird, daß aber überall da, wo ein erheblicher Wildschaden entsteht, die Aufsichtsbehörden in die Lage gesetzt werden, einmal durch Ausübung der Rechte, welche das Jagd⸗ polizeigesetz ron 1860 bereits gewährt, für polizeilichen Abschuß zu sorgen, durch Ertheilung von Erlaubnißscheinen, durch Ver— anstaltung von polizeilichen Jagden, und endlich auch durch die Bestimmung, daß unter Umständen über das bei dieser Gelegenheit erlegte Wild zu Gunsten des Beschädigten und eventuel! des Fiskus dieponirt werden kann, Diese. Be⸗ stimmungen sollen nur theilweise auch Platz greifen in denjenigen Landestheilen, in denen, wie in Hannover und den früheren hessischen Landestheilen, Wildschadensersatz gewährt wird. Ich würde dringend schon jetzt empfehlen, an dieser Loösung der ganzen Frage festzuhalten, so wenig befriedigend sie auch Manchem erscheinen mag. Ihre da⸗ malige Kommission hat sich dahin resolvirt, den gesetzlichen Anspruch auf Wildschadensersatz für die ganze Monarchie zu streichen. Ich würde von einer Wiederholung dieses Beschlusses dringend abmahnen. Die Ersatzberechtigung für erlittenen Wildschaden wird in denjenigen Landes⸗ theilen, wo sie existirt, als ein sehr werthvolles Recht betrachtet, und die Abschaffung würde weit über die reale Be deutung dieser Sache hinaus Verstimn ung schaffen. Außerdem ist es be⸗ kannt, daß kaum ein Gegenstand leldenschaftlicher behandelt wird und sich mehr zu agitatgrischem Mißbrauch eignet, wie gerade diese Frage. Ich glaube, die Behandlung, die damäls schon die Kommissions— beschluͤsse in der gegnerischen Presse gefunden haben, sind ein Vor—= läufer dessen, was, jollten diese Beschlüsse wiederholt werden, wir von dem weiteren Verlauf der Sache zu gewärtigen hätten. Ich fürchte, wir würden auch von der anderen Seite gleichfalls weiter gehende Anträge hervortreten sehen, dahin gerichtet, daß Wildschadens ersatz in der ganzen Monarchie gewährt werden müsse. Ich würde daher meinerseits empfehlen, an diefer vorgeschlagenen Lösung der Frage auch in diesem hohen Hause festhalten zu wollen.
Ein. anderweitiger wichtiger Beschluß der Kommission hat auch die Zustimmung der Königlichen Staatzregierung nicht gefunden. Es betrifft das den Beschluß, welcher darauf hingusgiag, die Ausübung der Jagd an Sonntagen und Feiertagen ganzlich zu verbieten. Die Königliche Staatzregierung hält es für richtig, in dieser Beziehung es guch bei dem bestehenden Zustande zu belassen. Der bestehende Zustand ist der, daß dieser Punkt in den verschiedenen Pro—— Rinzen durch Polizeiordnungen verschieden geregelt ist. In der ganzen Monarchie ist die Veranstaltung von Treibjagden an Sonntagen überhaupt verpönt; ebenso die Ausübung der Jagden, auch von Einjeljagenden während der Stunden des Gottesdienstes; in einzelnen Provinzen, in der Provinz Hannover z. B., ist die Ausübung der Jagd an Sonntagen gänzlich verboten. Die Königliche Staatsregierurs hält es für richtig, es, dabei bewenden zu lassen, daß diefe Angelegenheit Frovinziell verschieden ge— regelt. bleibt, wie es gegenwärtig der Fall ist. Es sind erhebliche Mißstände in dieser Beziehung nicht hervorgetreten und man wird ga— nehmen dürfen, daß die jetzt hestehenden Polizeiordnungen den ver— schiedenen Sitten der einzelnen Prooinzen entsprechen und der öffent- lichen Ordnung genügen möchten. Man darf nicht außer Acht lassen, daß etz doch Berufsstände giebt, denen gerade die Erholung im Freien und die Uebung, die die Jagd gewährt, besonders zu gönnen ist, und welche vorzugsweise nur an Sonn und den Feiertagen nach Gottes 3 fe, zur Ausübung der Jagd haben.
e Bestimmungen des Gesetzes vom 26. Febr 870 ü die Schonzeiten des Wildes sind ö. den , unverändert übernommen. Dieses Gesetz hat sich in der Praxis im
— 2 — und in Fachkreisen vielfach gemacht worden sind, einzelne orschriften dieses Gesetzes zu ändern. sind immer aus denselben sachmännischen Kreisen einer lebhaften Opposition begegnet, so daß man annehmen darf, daß im Wesentlichen die Bestimmungen dieses Gesetzes von 1870 richtig gegriffen sind.
Die Abänderungen, die der jetzige Entwurf entkält, beziehen sich nur duf den Biber, der in Rücksicht auf seine Seltenheit unter die zur erböhten Schonung bestimmten Thiere versetzt ist und auf einige polizeiliche Bestimmungen, die darauf gerichtet sind, den Verkauf von Wild während der Schonzeiten in böherem Maße noch unter Obser⸗ vation zu stellen, als es bisher der Fall ist. Es ist kein Zweifel, daß diefe markipolizeilichen Bestimmungen die geeignetsten sind, um dem Wildfrevel während der Schonzeit wirksam zu begegnen.
Ihre damalige Kommission hat in Bezug auf diesen Theil des Geseßes den Vorschlag gemacht, daß das Kaninchen unter die jagd⸗ baren Thiere versetzt werden möchte. Diesem Vorschlag kann ich Sei⸗ tens der Königlichen Staatsregierung nicht zustimmen; das Kaninchen gehört in dem weitaus größten Theile der Monarchie, so viel ich weiß, mit Jus schluß einiger schlesischen Landestheile und einiger rechts der Elbe gele⸗ genen sächsischen Landestheile überall zu den nicht jagdbaren Thieren; es wird überall als ein Wild betrachtet, dessen Schädlichkeit die Nützlichkeit weit übersteigt. In den früheren Verhandlungen über das Schongesetz ist meinen Erinnerungen nach kaum irgend eine Stimme dafür eingetreten, daß dieser Wildart eine besondere Scho⸗ nung zu Theil werden dürfte, streitig war nur, wie ihr am wirk⸗ samsten beizukommen sei, eben well die Schädlichkeit als weit überwiegend allseitig anerkannt ist. Noch vor wenigen Mona— ten sind mir die Verhandlungen des schlesischen Forstvereins zu Ge— sicht gekommen, wo über diese Frage ausführlich diskutirt ist und wo von sehr jagdkundigen und jagdgerechten Herren der Vorschlag ge⸗ macht worden ist, daß zur Vertilgung der Kaninchen die Räude ein⸗ zelnen Exemplaren eingeimpst werden möchte, um sie daun frei zu lassen und die anderen dadurch zu zerstören. Es ist dies sicher kein waidmännischer Vorschlag; ich führe ihn nur an, um zu zeigen, wie weit die Anficht von der überwiegenden Schädlichkeit dieser Wildart verbreitet ist.
Ich würde sonach von der Wiederholung dieses Beschlusses Seitens der Königlichen Staatsregierung abrathen müssen.
Meine Herren! Ich glaube mich zur Zeit auf diese Bemerkungen beschränken zu dürfen und kan im Rückblick auf die vielen miß⸗ glückten Verfuche, die seit länger als einem Menschenalter gemacht sind, um diese Materie gesetzgeberisch zu regeln, nur mit dem Wunsch schließen, daß dieses hohe Haus mit dem Geist weiser Mäßigung, welcher seine Verhandlungen jederzeit auszeichnet, auch ar diese Gesetzes. vorlage herantreten möge, Es wird dann gewiß gelingen, ein Werk zu Stande zu bringen, welche das Ziel erreicht, welches sich die Vor⸗ lage gesteckt hat, daß die öffentliche Sickerheit von Personen und Eigenthum geschützt werde, daß die Landeskultur vor Schaden durch Wild und durch den Jäger bewahrt wird, und daß ein mit der Tandeskultur verträglicher Wildstand auch künftig erhalten bleibe.
Die Bestimmungen der §§. 312 bis 314 des Straf— gesetzbuches, betreffend die Herbeiführung einer mit gemeiner Gefahr für Leben oder Eigenthum verknüpften Ueber⸗ schwemmung, finden. nach einem Urthbeil des Reichs— gerichts, J. Strafsenats, vom 29. September d. , kann Anwendung, wenn die Gefahr eine im Voraus nicht bestimmbare Anzahl von Personen oder Gegenständen betrifft, der Thäter sonach den Umfang der Gefährdung nicht in seiner Gewalt hat. Eine gemeine Gefahr ist dann nicht vorhanden, wenn blos einzelne bestimmte Personen oder Gegenstände ge— fährdet sind. Auch wenn es sich um eine Mehrzahl von Per⸗ sonen oder Sachen handelt, ist die Anwendung der 858. 312 bis 314 Str. Gz B. ausgeschlossen, sofern die Anzahl der gefährdeten Personen oder Sachen von vornherein objektiv festbegrenzt ist.
— Der General der Kavallerie Fürst zu Hohenlohe—⸗ Langenburg, sa suite der Armee, hat heute früh Berlin wieder verlassen.
Bayern. Mü nchen, 22. November. (Allg. Ztg.) Die Erzherzogin, Prinzessin Gisela ist heute Vo mittag gl Uhr von einem Prinzen glücklich entbunden worden.
Hessen. Darm st abt, 22. November. (Darmst. Ztg.) Se Königliche Hoheit der Großherzog begiebt sich auf Einladung Sr. Majestät des Kaisers zu den am Freitag und Sonnahend in Letzlingen stattfindenden Hof— agen, Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Sergius ist gestern Morgen zum Besuch Ihrer Majestät der Königin von Württemberg nach Stuttgart abgereist.
Mecklenburg. Sternberg, 22. November. (Meckl. Landesnachr) Im Landtage wurde heute die gestern be— gonnene Verlesung der Propositionen des Engeren Ausschusses fortgesetzt und beendet. Sodann schritt man zur Wahl der Landlasten-Committe, der Committe ad gapaf Il, der Polizei- Committe, der Justiz-Committe, der Kloster⸗ Committe und der Committe für Eisenbahn- und Wegesachen.
Waldeck. Arolsen, 20. November. Der Landtag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont berieth in seiner heutigen Sitzung zunächst den Etat der Immobiliar-Feuer— versicherungsanstalt für die Jahre 1884, 1885 und 18865.
Ueber einen Antrag: zu bestimmen, daß Staats-, Doma— nial⸗ Kirchen- und Gemeindebeamte und Diener an demjenigen Orte die Kommunalsteuer zahlen, wo sie ihren amtlichen Wohnsitz haben, wurde zur Tagesordnung übergegangen. Eine Petition des Kirchenvorstandes der vereinigten Lutheraner im Ederkreise um Verleihung der Korporations⸗ rechte wurde dem Landes⸗Direktor zur Erwägung und eventueller Berücksichtigung überwiesen.
Aeber einen Antrag; den Landes-Direktor zu ersuchen,
bei dem Bundesrath dahin zu wirken, daß den Bundesstaaten die Wiedereinführung von polizeilichen Taxen bei Back- und Fleischwaaren gestattet, oder daß das Publikum auf sonstige geeignete Weise gegen diesen Mißbrauch der Gewerbe— freiheit sicher gestellt werde, ging der Landtag, der die Uebel— stände der Gewerbefreiheit allerdings anerkannte, zur motivir— ten Tagesordnung über, weil die Angelegenheit Reichssache, und nicht anzunehmen sei, daß bei den zur Zeit herrschenden Anschauungen eine Initiative Waldeckischerseits irgend welchen Erfolg haben werde. Eine Gesetzesvorlage, wonach die Anlegung gesetzwidriger Dacheindeckungen mit einer Geldstrafe bis zu 150 M6 gegen den Hauseigenthümer und bis zu 75 66 gegen den Verfer— tiger der Dacheindeckung zu ahnden ist, wurde en bloc an— genommen.
Hamburg, 22. November. (Hamb. Corr.) In der gestrigen Sitzung der Bürgerschasft wurde die Spezial— diskussion üher den Bexicht des Ausschusses zur Prüfung von Anträgen, betreffend Revision der Gesetzgebung über die Hamburgische. Staatsangehörigkeit und das Bürgerrecht, fortgesetzt.
Bie Berathung war bei 58. 4 stehen geblieben. Es lag
Großen und Ganzen bewährt; die Versuche, die inzwischen in den
ein Antrag von Dr. A. Wolffson vor:
Wiederaufnahme der Debatte über 8. 2 und Kombination der⸗ selben mit der Debatte über §. 4.
Der Antrag wurde angenommen.
S. 2 lautet:
ö Zum Erwerbe des Hamburgischen Bürgerrechts ist jeder Voll jährige berechtigt, welcher die Hamburgische Staats angehörigkeit erworben hat, sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, nicht auf Grund der Bestimmungen des §. 6 sub 2— 5 des Bürger⸗ rechts verlustig geworden ist, nicht unter polizeilicher Aufsicht steht und während der letzten drei Jahre Einkommensteuer in Hamburg gezahlt hat.
§. 4 lautet:
Der Antrag auf Verleihung des Bürgerrechts ist bei der Auf⸗ sichtsbebörde für die Standesämter“ zu stellen; dieselbe hat, wenn die im 5. 2 enthaltenen Bedingungen vorliegen, den Antragsteller anzuweisen, den gesetzlich vorgeschriebenen Bürgereid vor dem Senat, eziehentlich, wenn der Betreffende in der Landherrenschaft Ritzebüttel seinen Wohnsitz hat, vor dem Amtsverwalter daselbst zu leisten, anderenfalls den Antrag unter Beifügung der Motire abzulehnen.
Nach längerer Berathung wurde 5. 4 in namentlicher Abstimmung mit 88 gegen 46 Stimmen abgelehnt, ebenso mit 87 gegen 45 Stimmen ein Amendement von Dr. Schlüter und Genossen auf Entrichtung einer Stempelabgabe von 30 16 für den Bürgerbrief, mit 77 gegen ö Stimmen ein solches von Tilemann auf Normirung der Stempelabgabe auf 15 16 und mit 107 gegen 23 Stimmen ein solches von Lavy auf Fest⸗ setzung der Abgabe auf 10 6 Der §. 2 wurde in der Fassung des Ausschusses genehmigt. Hierauf trat Ver— tagung ein.
Desterreich⸗ Ungarn. Pest, 22. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses betonte bei der fortgesetzten BVerathung des Gesetzentwurfs, betreffend die. Ehen zwischen Christen und Juden, der Minist er-⸗Präsident vers chiedenen Ausführungen gegenüber, daß Niemand strenger und schonungsloser den Antisemitismus verdamme als er. Er gebe zu, daß er es verabsäumt habe, nicht nur gegen die antisemitischen, sondern überhaupt gegen die zum allgemeinen Rassenhasse aufreizenden publizistischen Organe mit der gehörigen Strenge vorzugehen; er werde aber bei fortgesetzten Agitationen an das Parlament das An— suchen stellen, zur Steuerung der gegen die Rassen und Kon— fessionen gerichteten Agitation der Presse zwar eine nur kurze Zeit, währende, aber weittragende Gewalt in die Hände der Regierung zu legen: „in meine Hand, wenn sich das Vertrauen des Parlamentes mir zuwendet, in eine andere Hand, falls ich dieses Vertrauen nicht mehr hesitze. Diese Vollmacht wird sich auch darauf erstrecken, zu verhindern, daß das hier im Hause Gesagte, was zur Aufregung der Gemüther beitragen könnte, außerhalb verbreitet werde.“ (Lebhafter Beifall.) Der Minister⸗Präsident führte ferner aus, daß der Justiz-Minister die Schwierigkeiten der Einführung der obligatorischen Civilehe nicht deshalb betont habe, weil dieselbe überhaupt und für immer unmöglich sei, sondern nur um darzuthun, daß ein sofortiges Inkraftsetzen derselben unannehmbar sei. Die
Zukunft werde jedenfalls eine Lösung dieser Frage im Sinne
der obligatorischen Civilehe bringen.
Großbritannien und Irland. Lon don, 22. November. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl zum Unterhause in Hor wurde Milner (konsero.) mit 3945 Stimmen gewählt. Der lizerale Gegenkandidat Lockwood erhielt 3927 Stimmen.
— 23. November. (W. T. B.) Die Zeitungen be— dauern einstimmig die Niederlage Egyptens im Sudan und sprechen sich für die Hinausschiebung des Räumungs— termins der englischen Truppen aus.
Frankreich. Paris, 22. November. (W. T. B.). In der Teputirtenkammer griff heute bei der fortgesetzten Berashung des Kultusetats die äußerste Linke die Hal⸗ tung des Klerus an und verlangte die Trennung von Kirche uns Staat; die verlangten sechs Millionen Francs sollten da— her bis auf Weiteres nicht gewährt werden. Der Minister⸗ Präsident und der Kultus⸗-Minister hoffen, daß die Trennungs⸗ trage bald entschieden sein werde; bis dahin müsse jedoch an den Bestimmungen des Konkordats festgehalten werden. Die Debatte wird morgen fortgesetzt; heute wurde lediglich das erste Kapitel, das Bureaupersonal betreffend, erledigt.
Ter „National!“ versichert, daß der Minister des Aus⸗ wärtigen dem heutigen Minisserrath keinerlei Vorschlag Tsengs unterbreitet habe.
Der Marine-Minister empfing eine Depesche des Gouverneurs von Cochinchina mit der Anzeige, daß sämmtliche Verstärkungen und Approvisionirungen sich bereits auf dem Wege von Haiphong nach Hanoi befinden.
Der Präsident Grevy empfing heute den neuernann—⸗ fen spanischen Botschafter, Marschall Serrano, in einer Privataudienz; die Ueberreichung der Kreditive findet am Sonnabend statt.
Spanien. Ueber die Ankunft Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen in Valeneia und den Höchsdemselben zu Ehren bereiteten Empfang liegen heute folgende Meldungen des „W. T. B. vor:
Vakeneia, 22. November. Die „Correspondencia“ beer an der Spitze des Blattes den Kronprinzen in deutscher Sprache.
Grao, 22. November, Nachmittags 1 Uhr. Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist soeben wohl⸗ behalten unter enthusiastischen Kundgebungen der Bevölkerung gelandet. Der Kronprinz begab Sich zu Wagen nach Valencia. Das deutsche Geschwader verbleibt im Hafen, das spanische liegt außerhalb desselben. Die Verspätung der Ankunft Sr. Kaiserlichen Hoheit wurde durch einen Sturm verursacht. Das spanische Geschwader traf das deutsche Geschwader um 3 Uhr Morgens zwischen den Inselgruppen der Balearen und der
Columbretes.
Valencia, 22. November, Nachmittags 4 Uhr 55 Mi⸗ nuten. U.ber die Landung des Kronprinzen werden noch folgende Einzelnheiten gemeldet. Die Korvette „Adalbert“ hielt am Haseneingange von Grao, an der Rhede Valencias, die „Sophie“, „Loreley“ und das aus 4 Fregatten bestehende spanische Geschwader hinter sich lassend. Der deutsche Gefandte Göeaf, zu Solms, der General, von Cas, der General- Kapitän von Valencia und der General Adju⸗ tant Sr. Majestät des Königs Alfons, General Blanco hatten sich mittelst einer spanischen Schaluppe an Bord des „Adalbert“ begeben, welcher ein Kanonensalut abgab. Nach⸗
dem die Korveite sowie die „Sophie“ und die „Loreley im Hafen vor Anker gegangen waren, begab Sich der Kronprinz.
mit den genannten Würdenträgern und Seiner Begleitung unter dem Donner der Geschütze der spanischen und deutschen Schiffe sowie der Hafenbatterien auf eine Schaluppe des „Adal⸗ Feri“. Bei der Landung in Grao wurde Se. Kaiserliche Hoheit von dem Präfekten und den Civilbehörden begrüßt. 12 Bäuerinnen in der Landestracht brachten Blumen und Früchte dar, welche der Kronprinz, jeder der Geberinnen dankend, entgegennahm. Dann bestieg Se. Kaiserliche Hoheit den Wagen zur Fahrt nach der auf der linken Seite des Flusses gelegenen Haupt⸗ promenade von Valencia, der Alameda, wo HDöchstder selbe den Wagen verließ und, umgeben von den Spitzen der Behörden, die aufgestellten Truppen Revue passiren ließ. Rachdem der Kronprinz dem Kommandirenden Seine befondere Zufriedenheit ausgesprochen hatte, westieg Höchstderselbe wieder den Wagen und begab Sich in das Palais des General-Kapitäns, wo ein kurzer Empfang statt⸗ sand. Auf der ganzen Fahrt von der Rhede bis in das Palais wurde der Kronprinz von der alle Straßen dicht füllenden Bevölkerung mit lauten Zurufen und mit Hochrusen auf Deutschland begrüßt. Nach dem Empfange machte der Kronprinz eine Fahrt durch die Stadt zur Besichtigung der hervorragendsten Bauwerke. * abkencia, 22. November, Nachmittags 5 Uhr 35 Mi⸗ nuten An dem auf der Alameda errichteten Triumphbogen war, aus Blumen gebildet, das Wort „Willlommen“ zu lesen. — Die im Hafen liegenden Handelsschiffe waren nüt Flaggen reich geschmückt. In den Ragen der deutschen Schiffe waren die Matrosen postirt und begrüßten den Kronprinzen, als HDöchstderselbe die Schaluppe bestieg, mit jubelndem Zuruf. — Der Kronprinz hat Sich über den Ihm bereiteten Empfang in hohem Maße besriedigt geäußert. — Heute Abend findet bei dem General-Kapitän ein Diner zu 80 Gedecken statt, zu welchem Se. Majestät der König Älfons einen Theil der Hof⸗— küche nach Valencia gesandt hat. . .
Valencia, 22. November, Abends. (Meldung eines zweiten Correspondenten) Nach 72stündiger Fahrt ist Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz heute Nach— mittag hier gelandet. Vom 206. d. M. früh bis zum 21. Morgens wüthete im Golf von Lyon ein heftiger Sturm mit hoher See. Gestern wurde an Bord aller drei Schiffe der Geburtstag Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin gefeiert. Die vier spanischen Kriegs⸗ schiffe „Vittoria“, „Numancia“, „Carmen“ und „Beren quella“ kamen heute früh 6 Uhr in Sicht und salutirten die deutsche Kriegsflagge zweimal mit je 21 Schüssen, als der „Adelbert“ die Kronprinzliche Standarte hißte. Der Botschafter Graf Solms, der General von Los, der General-Adjutant Blanch und der General-Kapitän Salamanca von Valencia meldeten sich alsbald am Bord des „Adalbert“, worauf vie drei deutschen Schiffe unter Flaggenparade und mit der spanischen Flagge im Großtop sich dem Hafen von Gra näherten, Als der Kronprinz mit den sHweneralen von Blumenthal, Mischke und dem Gefolge den „Adalbert“ verließ, salutirten nachher die drei deutschen Schiffe pie spanische Flagge. Bei der Landung wurde der Kronprinz, Höchstwelcher die Schlesische Dragoner⸗Uniform angelegt hatte, Fon dem Personal der deutschen Botschaft, des General⸗Kon⸗ julats und den Behörden der Stadt begrüßt. In der Nähe des Triumphbalrachins am Hafen befand sich auch die Ehrenwache, aus Infanterie, Gensd'grmerie zu Pferde und Artillerie bestehend. In einem Königlichen Wagen begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit darauf nach dem Parazefelde, um dort Truppenschau über ein Bataillon Infanterie, 1 Schwadron Ulanen und 1 Schwadron Dragoner abzuhalten. Die Bevö kerung, zu Tausenden in den Straßen, die mit deutschen und spanischen Flaggen sich geziert hatten, begrüßte den Kronprinzen mit anhaltenden Hochrusen, die sich bis zur Ankunft im General⸗Gouvernementsgebäude, wo Höchsiderselbe abstieg, fortsetzten.
Valencia, 22. November, Mitternacht. Bei dem Diner im Palais des General-Kapitäns nahm Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz den Platz in der Mitte der Tafel ein; zu Seiner Rechten saßen die Generäle Salamanca und Mischke und der Bürgermeister von Valencia, zu Seiner Linken der deutsche Gesandte Graf Solmz, der Präfekt, der Eisenbahn-Direktor und der Praͤsident des Generalraths. Dem Kronprinzen gegen⸗ über hatte General Blanco und zu dessen Rechten General von Blumenthal und der Präsident des Tribunals von Valencka, zu' dessen Linken General von Los, Oberst— Tieutenant von Sommerfeld, der Militär-Gouverneur von Va⸗ lencia und Frhr von Nyvenheim Platz genommen; zu beiden Seiten schlossen sich die übrigen Vertreter der Behörden an. Bei der Tafel erhob Sich der Kronprinz und brachte einen Toast auf Se. Majestät den König Alfons, auf Spanien und die Stadt Valencia aus, welche Ihm einen so freundlichen Empfang bereitet habe. Der Bürgermeister erwiderte dankend mit einem Toast auf Deutschland, Se. Majestät den Kaiser Wilhelm und den Kronprinzen und gab den Wunschen nach Erhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern Ausdruck. Nach dem Diner besuchte der Kronprinz das Theater, wo Höchstderselbe wiederum Gegen⸗ stand begeisterter Kundgebungen wax. Nach Beendigung des zweiten Aktes nahm der Kronprinz die Ihm von der Munizipalität und dem Generalrath dargebotenen Er⸗ frischungen an, verließ alsdann, geleitet von dem Präfekten und dem Bürgermeister, das Theater und begab Sich nach dem Bahnhof, um gegen Mitternacht unter den Hochrufen der zahlreich zusammengeströmten Bevölkerung die Reife nach Madrid mittels Königlichen Hofzuges fortzusetzen. Bei der Verabschiedung von den Behörden äußerte der Kron— prinz wiederholt Seine lebhafte Befriedigung über die warme Aufnahme in Valencia. Das Journal „Provincigs“ sagt: es habe sich noch kein Fürst in Valencia eines so herzlichen Empfanges zu erfreuen gehabt wie der Deutsche Kronprinz.
Alcazar, 23. November. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute früh 8 Uhr hier eingetroffen und am Hauptbahnhof von den Behörden empfangen worden. Eine Truppenabtheilung hatte auf. dem Bahnhof Aufsstellung genommen und erwies die militärischen Honneurs. Die Ankunft des Kronprinzen in Madrid wird
heute Mitiag erfolgen. (W. T. B.) Das
Sofia, 22. November. (
Bulgarien. r Aufhebung des Staats—
Ministerium beschloß die raths.
Amerika. Washington, 22. November. (W. T. B.) Dem Staatssekretär des Auswärtigen, Frelinghuysen, ist eine von China an die Mächte gerichtete Cirkularnote
Afrika. Egypten. Kairo, 22. November, (W. T. B.) In dem heutigen Kriegsrath, dem der Präsident des Ministerraths, Scherif Pascha, der Kriegs Minister Omar Pascha Lufti, Abdelkader Pascha, Giegler Pascha und der enalische General⸗Konsul Baring beiwohnten, sollte die militärische Lage geprüst und Entscheidung darüber ge⸗ troffen werden, ob Ehartum, resp. ein anderer noch süd⸗ licher gelegener Punkt noch zu halten sei. Ein Beschluß ist noch nicht gefaßt worden. — Der Kampf zwischen Hicks Pascha und dem Mahdi fand bei El Obeid statt. Hicks Pascha, welcher seine Truppen im Carré aufgestellt hatte, wurde von dem Mahdi nach dreitägigem verzweifelten Kampfe vollständig geschlagen. Die egyptische Regierung hat be⸗ schlossen, die noch in verschiedenen Plätzen des Sudan be— findlichen Truppen in Chartum zusammenzuziehen.
— 23. November. (W. T. B.) Der englische Contre-Admiral Hewett hat angeordnet, daß das eng⸗ lische Geschwader im Rothen Meere zum Schutz der egyptischen Interessen durch mehrere Kanonenboote des Mittel⸗ meergeschwaders verstärkt werde.
Zeitungsstimmen. Die „Germania“ beginnt einen Leitartikel „Zur Diskussion über die Kapitalrentensteuer“ wie folgt:
In Sachen der endlichen Sonder- Besteuerung des mobilen Ver— Zögens thun hoffentlich alle Katholiken des Landes voll und ganz shre Schuldigkeit, an diesem Exempel dem ganzen Volke wieder ein⸗ mal zu zeigen, wie der Liberalismus darauf ausgeht, einestheils die Privileglen des Kapitals zu erhalten und anderntheils noch diese Thatfache zu verdunkeln. Er stellt sich an, als handele es sich um die Absicht einer neuen Steuer auf die Ersparnisse der „armen Wittwe“, des „kleinen Beamten und kleinen Gewerbe⸗ treibenden“ und dergleichen, während andererseits die Großgrund⸗ besitzer eine Bevorzugung erfahren sollten. Es will aber Niemand die kleinen Erfparniffe treffen, sonhern die besondere Steuer auf Kapitalvermögen soll erst in ziemlicher Höhe des Vermögens und au da nur ig kleinen Sätzen beginnen und Tann steigend die größe rer? Kapitalvermögen staͤrker treffen. Die Großgrundbesitzer aber sollen von dieser neuen Steuer — gan genau ebenso, wie die mittleren Grund⸗ und auch die Hausbesitzer, genau ebenso ferner, wie die mittleren und großen Gewerbetreibenden — nur deshalb nicht betroffen werden, weil schon jetzt alle diese Ver mögen neben der allgemeinen Einkommensteuer noch eine Steuer von der besonderen Art ihres Einkommens bezahlen, während eine solche besondere Steuer für das Kapitalvermögen noch fehlt und daher jetzt endlich eingeführt werden soll. Dafür hat sich das Abgeord⸗ netenhaus im Prinzip im Februar ausgesprochen, und die Staats⸗ regierung will diesem Prinzip in der Form der Kapitalrentensteuer gerecht werden. Daß ist ohne jeden Zweifel ein Fortschritt in der Gerechtigkeit der Besteuerung, und darüber haben wir volle Be— friedigung.
Pie iiberalen Blätter aber fahren fort, Sturm zu laufen. .
— Die „Staatsbürger-Zeitung“ bemerkt zur Steuerreform:
Die Prlester des goldenen Kalbes lassen bereits ihre Klagelieder ertönen; die Klagelieder gelten der Kapitalrentensteuer.
Wir haben diesen Schmerzensschrei erwartet, aber nicht erwarten fonnfen wir ihn von denen, welche sich den Schein geben, auf der Seite des Liberalismus zu kämpfen.
Wie es mit einem derartigen Liberalismus aussieht, weiß man im Auslande genauer als in Preußen, namentlich in Berlin, wo man sich noch immer durch den Schein blenden läßt und die Vertretung der Kapitalmacht für „gut fortschrittlich' hält. So schreibt die Wiener „Presse' wörtlich:
„Der Kampf, welcher in den nächsten Tagen im Hause der preußischen Abgeordneten zwischen dem Manchesterthum und der Reform ⸗ politik beginnen wird, ist für die Liberalen ein aussichtsloser, da sie wieder nur eine Klasse von Privilegirten vertreten und den Klerikalen und Konser⸗ vativen selbft die Wahrnehmung der Gesammntinteressen in die Hände spielen. Die Erleichterung der unterften Klassen des Volkes, der Gedrück— ten und mühsam Erwerbenden, zu bekämpfen, während der Liberalis⸗
punkt der Verblendung zu sein; aber die Liberalen sind im Begriff, ihn zu überschreiten .
Man wird diesem Wiener Blatte wohl nicht vorwerfen können, daß es eine reaktionäre Strömung in Preußen unterstütze oder für das hiesige Junkerthum eintrete,. Das Blatt ist durchaus liberal, aber es ist frei von den Einflüssen des fortschrittlichen Ringes, der die Presse in Preußen beherrscht. Es sieht die Dinge mit ungetrübten Augen und entscheidet sich für das, was praktisch und nützlich ist. So heißt es an einer anderen Stelle des betreffenden Artikels:
„Das Unternehmen der preußischen Regierung ist von solcher Tragweite, daß es euch das Interesse des Auslandes erwecken muß. Ganz besonders ist dies der Fall bezuglich der Form, durch welche der preußische Staat steuerpolitisch den Erträgnissen des Kapitals beizu— fommnen' sucht, die ohnehin schwer greisbar sind und in proteusartigen Verwandtungen der Steuerbehörde auszuweichen suchen, in der Gesetz gebung der liberalen Aera aber noch dazu eines besonderen Vorzugs sich erfreuen. . k
Dann heift es weiter: „Der alte Liberalismus war auf die Herrschaft des nobilen Kapitals gegründet, dem er auch in der Gesetz⸗ gebung eine privilegirte Stellung einräumte; etz ist nur begreiflich, wenn er diese Position mit äußerster Anstrengung zu halten versucht. Die Art aber, wie die Rentenstener von den liberalen Organen be— kämpft wird, beweist deutlich, daß der Liberalismus seine Stellung erschüttert fühlt. Man wagt nicht direkt, die von der öffentlichen Meinung, von der großen Mehrheit des schwerbelasteten und in seinem Schweiße arbeitenden Volkes geforderte Aufhebung der kapi⸗ . Privilegien anzugreifen, man sucht ihr indirekt ein Bein u stellen.“ tech denkt man im Auslande über die Steuerreform in Preußen, indem man die eigene Regierung zur Nachahmung anfeuert. Man gewöhnt sich bereits an den Gedanken, daß Preußen der Pionier sein werde auf dem Gebiete der Wirthschafts⸗ und Steuerreform; der gewaltige Riese, der den Kampf mit dem Manchesterthum auf⸗ genommen hat und nicht ruhen wird, bis er dasselbe zu Boden geschleudert.
— Wir lesen in der „Berliner Börsen-Zeitung.*
Von großem Interesse für die norddeutsche Industrie sind die Mittheilungen, welche der General ⸗Konsul der Vereinigten Staaten in Berlin, Hr. Mark S. Brewer über die deklarirten Ausfuhren aus Annaberg, Berlin, Bremen, Breslau, Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Hamburg, Leipzig, Stettin nach den Vereinigten Stagten während“ des Zeitraums vom 39. September 1832 bis 30. Sey: tember 1853 dem Aeltesten⸗Kollegium der Berliner Kaufmannschaft gemacht bat. In diesen Zeitraum fallen die Kämpfe um die Revi⸗ sion des Zolltarifs der Vereinigten Staaten, fällt das Inslebentreten bes neuen Tarifs, der freilich keine so lief greifende Aenderungen brachte, als man vor und während jener lebhaften Debatten in den gesetzgeben den Körperschasten erwarten durfte, fällt auch die erschwerte Lage einiger Geschäftszweige in den Vereinigten Staaten. Dennoch . die Ausfendungen aus nördlichem und mittlerem Deutschland n= diesem Zeitraum von 265 S6 008 Doll. (des Vorjahres) auf 33 481 230 Doll., d. h. um 7585212 Doll., gestiegen. Fassen wir die Hauptartikel der Norddeutschen Ausfuhr ins Auge, so macht sich bei Vergleichung der beiden Jahrgänge Abnahme bemerk⸗
zugegangen, in welcher Annam als Dependenz des chine⸗ sischen Reiches in Anspruch genommen wird.
mus für die Freiheit der Coupon eintritt, das scheint der Gipfel⸗
Schnüren und Bsäßen (Annaberg, Berlin, Leirzig) von 2542497 auf L165 8i3 Doll,, bei Metall, Metallwaaren und Maschinen (Berlin. Bremen, Breslau, Hamburg, Stettin) von 1631 405 auf 776 80 Doll, dagegen Vermehrung der Ausfuhr bei Zucker von 7i5 124 auf 734 002. Doll, fertig gemachten Kleidern (Berlin) von 1232 978 auf 1659 296 Doll., baumwollenen, seidenen und wollenen Handschuhen (Chemnitz)! von 1422 488 auf 2535 408 Doll., wollenen und balbwollenen Stoffen (Berlin, Leipzig, Chemnitz) von 1434058 auf 2 (089 661 Doll., baumwollenen, seidenen und wollenen Strumpf⸗ waaren (Chemnitz von 4130 914 auf 4612734 Doll. Lederwaaren. Handschuhen und Handschuhleder (Annaberg, Berlin. Braunschweig, Hamburg, Leipig) von 1449 332 auf 1515 060 Doll., musikalischen und wissenschaftlichen Instrumenten (Annaberg, Berlin, Braunschweig, Chemnitz Leipzig) von 1118920 auf 1321725 Doll, Zephirgarn (hauptsächlich Berlin) von 238731 auf 266 552 Doll., Chemikalien und Droguen (Berlin, Bremen, Braunschweig, Hamburg, Leipzig) von 476 325 auf 1562 804 Doll., künstlichen Blumen und Schmuck⸗ federn (Berlin) von 140 498 auf 180717 Doll,, Stickereien (Aana⸗ berg, Chemnitz, in geringerem Maße auch Berlin) von 392 535 auf S47 807 Doll. — Berlins Aussendungen nach den Vereinigten Staa⸗ ten haben sich im letzten Jahrgang (endend mit dem 30. September) auf einen Werth von 6054 367 Doll. gehoben, 933 128 Doll. mehr als in dem entsprechenden vorigen Jahrgang; auch Braunschweigs Ausfuhr bat sich um 5098 932 Doll. gehoben, Leipzigs um 289 482 Doll., Hamburg und Chemnitz sind um erhebliche Posten gegen das Vorjahr zurückgeblieben.
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— Der „Frankfurter Oder-Zeitung“ wird aus Guben, 16. November, geschrieben:
Hat auch die Tuchfabrikation unseres Ortes merklich abgenommen, so daß nur noch 50 005 Stück Tuche gefertigt werden, so ist die Hut⸗ fabrikation dafür in erfreulichem Aufschwung begriffen. Die Zahl der Fabriken, ursprünglich nur zwei, ist bereits auf sechs gestiegen. In denselben können täglich etwa 600 Dutzend Hüte angefertigt werden, was eine Jahresproduktion von über 2 Millionen Stück ergeben würde.
Landtags- Angelegenheiten.
Die JX. Kommission des Herrenhauses zur Vorberathung des Entwurfs einer Jagdor dnung hat sich wie folgt konstituirt; Graf von Brühl, Vorsitzender; von Schuhmann, Stellvertreter des Vorsitzenden; von Pfuel, Schriftführer; von Alvensleben, Stellver⸗ sreter des Schriftführers; von Bredow, Frhr. von Mirbach, Graf von Schlieben, Lotichius, Dr. Stephan, Graf zu Stolberg-Roßla, Adams, Graf von Arnim -⸗Boitzenburg, Graf von Finckenstein⸗Madlitz, Graf von Fürstenberg⸗Stammheim, Graf von Pfeil-⸗Hausdorf. Ebenso die X. Kommission für Vorberathung des Entwurfs einer Landgüterordnung für die Provinz Schleien: Prinz zu Hohenlohe⸗-Ingelfingen, Vorsitzender; von Woyrsch, Stell⸗ dertreter des Vorsitzenden; Dr. Knoblauch, Schäistführer; Staude, Stellvertreter des Schriftführers; Brüning, Ostermever, Dr. Frieden thal, Graf von Pückler⸗Schedlau, Graf von Rothkirch⸗Trach, Frei⸗ herr von Duͤrant, Graf von Dyhrn, Struckmann, Fürst Blücher ven Wahlstatt, Graf von Moltke, Graf von Pfeil⸗Hausdors.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes ämtern in der Woche vom 11. Norember bis inkl. 17. November er. zur Anmeldung gekommen: 241 Eheschließungen, 899 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene, 597 Sterbefälle.
— neber die landwirthschaftlichen Anbauflächen und über die Ernte des Jahres 1882 im Großherzogthum Baden wird von den dortigen Statistischen Mittheilungen (Band III. Rr. 19) Folgendes gemeldet; Was die Zusammensetzung der landwirth⸗ schaftlichen Fläche nach den hauptsächlichsten Kulturen betrifft, so wurde bebaut: Acker in 1882 574 640 ha (68.3 o/), gegen in 1881 zr a, (68,5 ); Wiesen in 1882 185 376 ha (23,2 dg); gegen in 1881 192 860 ha (E23, 0 oM); Rebland in 1882 gbW5z0 ha (2.6 bo), gegen in 1851 21930 ka. Ez, oH; Graegarten in 1882 15 020 ha (1.80 /), gegen in 1881 14 730 ha (1.8 / ; Kastanienwald in 1882 959 ha (6,1 b), gegen in 1381 950 he (, 1 og); ständige Weide in 1882 33 JM) ha (460 0υι), gegen in 1881 335 665 ha (40 υν) ; es betrug daher die gesammte landwirthschaftliche Flache in 1882 Sil 700 ha, gegen in 1881 S838 400 ba; von dem Lcker varen angebaut in 18873 548 220 ha, gegen in 1881 547 Sl9 ha, unangebaut in 1882 26 420 ha, gegen in 18381 26 460 ba, so daß die landwirthschaftliche Ertragefläche betrug in 1882 815 280 ha, gegen in 18831 811940 ha.
Die Ackerfläche war angebaut: mit Wintergetreide in 1882 180 750 ha, gegen in 1881 179 750 ha; mit Sommergetreide, Hülsen⸗ früchten ꝛc. in 1882 139 450 ba, gegen in 1881 138 300 ha; mit Kartoffeln in 1882 87 5650 ha, gegen in 1881 87 600 ba; mit Futter⸗ kräutern in 1882 106 609 ha, gegen in 1881 102 42 ha; mit Futter⸗ hackfrüchten in 1882 75 190 ha, gegen in 1881 74 560 ha; mit Han⸗ delsgewächsen und Gemüsen in 1882 24 720 ba, gegen in 1881 26 490 ba; jusammen die Acker ⸗Erntefläche in 1882 614 210 ba, gegen in 1881 609 120 ha. Von der gesammten Acker ⸗Ernteflãche kamen in 1887 auf den Anbau von: Körnern und Hülsenfrüchten 52,1 Yso, Kartoffeln 14,3 *½, Futterkräutern 17, io, Futterhackfrüchten 12,20, Handelsgewächsen und Gemüsen 4069. .
Die Bedeutung des Anbaues der einzelnen Handelsgewächse zeigt die folgende Darstellung: Es wurden angebaut in 1882: Taback 7020 ba, Oelgewächse 4719 ha, Hanf 3250 ha, Hopfen 2660 ha, Cichorten 2606 ha, Zuckerrüben 1270 ha, Hanf 690 ha, zusammen 22 200 ba. —
Die Ernte des Jahres 1882 war im Ganzen eine ungünstige; nach dea allgemeinen Ernteberichten steht sie ziemlich tief unter dem 18 jährigen Durchschnitt. Die hauptfächliche Ursache des allgemein ungünstigen Ausfalls der Ernte war die regnerische Witterung des Sommers und des Herbstes; aber auch Hagelschlag, Kartoffelkrank⸗ , und Spätfröste haben nicht unerheblich die Ernteerträge ge— mindert.
Der Unterschled des Werthes der Ernte von 1882 gegen den Durchschnittswerth der Ernten von 1865/82 betrug bei den einzelnen
ruchtgattungen: Körner und Hülsenfrüchte 4 2300 00) 6 3. 31 0so, Stroh — 1200000 S, H 6,3 Yon Kartoffeln — 6109000)
= 28,5 o/o, Heu und Futter — 2 306 065 S6 — 3,8 o, Futterhack⸗
früchte 4 800 00) s . I, Go, Handels gewächse — 2300 00
== 16.1 6/o, Wein — 6 500 000 . = 49, 6 so, Obst — 6400 00 — 587 000, — im Ganzen — 18400 O00 (6 — S3 lo. Der Werth der Ernte von 1387 steht hiernach um 184 Millionen Mark oder n oso hinter dem Durchschnittswerth der 18 Beobachtungsjahre zurück.
; Per Tabackbau hat im Großherzogthum Baden, und zwar all— gemein in allen tabackbauenden Bezirken, im Jahre 1882 gegen die zwei vorhergehenden Jahre, in denen derselbe einen plötzlichen Auf— schwung genommen hatte, einen erheblichen Rückgang erfahren. Die angebaute Fläche betrug 70 ä4,5h ha gegen 85s, 64 ha im Jahre 1851 und 753201 ba im Jahre 1880. Die Zahl der Tabackpflanzer ist entsprechend von 44 455 im Jahre 1851 und 40 066 im Jahre 1880 auf 36 886 gefallen. Immerhin ist, die Bedeutung des Tabackbaues noch ansehnlich größer gewesen als in den Jahren 1876/79.
Unter den Tabackpflanzern waren 1882: 3389 (9, 20ᷣ0), welche wer iger als 5 a, 26 422 (71,60 y), welche 5 bis 25 a und 7075 (1920/9, welche mehr als 25 a mlt Taback bepflanzten; im Jahre 1881 war die relative Zusammensetzung in dieser Hinsicht: 10,1, 70,6, 19,5 cso; dieselbe hat sich also nur unwesentlich verändert.
Ber Ertrag an Taback war 233 388 Ctr. gegen 390 871 Ctr.
bar bei Albums (Berlin) von 752955 auf. Sd4 590 Doll., bei Sammet und Plüsch (Berlin) von 455 638 auf 264 397 Doll, bei
im Jahre 1881 und 308 566 Ctr. im Jahre 1880. Dieser starke