1883 / 291 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Dec 1883 18:00:01 GMT) scan diff

4.

Die Prioritäts⸗-Dbligationen unterliegen der Amortisation, zu welcher vom Jahre 1886 ab alljährlich 4 50 M und vom Jahre 1821 ab alljährlich 195 C0 M nebst den auf die amortisirten Prioritäts -⸗Obli- gationen fallenden Zinsen verwandt werden. Die Amortisation wird durch Auslgosung bewirkt, welche letztere alljährlich im Monat Juli, zuerst im Juli 1886, nach einem von dem Minister der öffentlichen Arbeiten zu genehmigenden Amortisationsplane stattfindet.

Der Oberschlesischen Eisenbahn - Gesellschaft bleibt das Recht vor⸗ behalten, mit Genehmigung des Staats den Amortisationsfonds zu verstärken und hierdurch die Tilgung der Prioritäts. Obligationen zu beschleunigen. Dieselbe ist auch jeder Zeit berechtigt, sämmtliche Prioritäts- Obligationen durch die öffentlichen Blätter mit dreimonat⸗ licher Frist zu kündigen und durch Zahlung des Nennwerths einzu⸗ lösen. Diese Kündigung darf jedoch nicht früher als zum 2. Januar 1886 geschehen.

5. 5.

Die Ausloosung der zu amortisirenden Prioritäts- Obligationen geschieht durch die Königliche Direktion der Oberschlesischen Eisen—⸗ bahn in Gegenwart eines öffentlichen Notars in einem 14 Tage vorher zur öffentlichen Kenntniß zu bringenden Termine, zu welchem den Inhabern der em, d mann der Zutritt gestattet wird.

Die Nummern der ausgeloosten Obligationen werden unverzüg⸗ lich nach Abhaltung des im 8. 5 gedachten Termins einmal öffentlich bekannt gemacht. Die Auszahlung der ausgeloosten Obligationen er⸗ folgt von dem auf den Auslossungstermin folgenden 2. Januar ab bei der Königlichen Eisenbahn⸗Hauptkasse (Couponkasse) in Breslau und bei den von der Königlichen Direktion der Oberschlesischen Eisen⸗ bahn etwa noch namhaft zu machenden und gehörig G8. 16) publizirten Zahlungsstellen nach dem Nominalwerthe an die Vorzeiger der be— treffenden Obligationen gegen Aushändigung derselben und der dazu gehörigen nicht fälligen Zinccoupons und der Talons.

Werden die Coupons nicht mit abgeliefert, so wird der Betrag der fehlenden von dem Kapitale gekürzt und zur Einlösung der Cou⸗ pons verwendet. Im Uebrigen erlischt die Verbindlichkeit der Ge⸗ sellschaft zur Verzinsung einer jeden Prioritäts. Obligation mit dem 31. Dezember des Jahres, in welchem dieselbe ausgeloost, und. daß dies geschehen, bekannt gemacht worden ist. Die in Folge der Amor, tisation eingelösten Prioritäts-Obligationen werden in Gegenwart eines Notars vernichtet, und wird, daß dies geschehen, durch die öffent— lichen Blätter bekannt gemacht. Die in Folge der Kapitalrückforde⸗ rung (58. 7) von dem Inhaber oder in Folge einer Kündigung außer halb der Amortisation (8. 4) eingelösten Obligationen hingegen ist die Gesellschaft wieder auszugeben e.

Die Inhaber der Prioritäts-Obligationen sind nicht befugt, die Zahlung der darin verschriebenen Kapitalsbeträge anders als nach Maßgabe der in den §§ę. 4 und 6 getroffenen Bestimmungen zu for— dern, ausgenommen:

a. wenn ein Zinszahlungstermin länger als drei Monate unbe⸗ richtigt bleibt,

b wenn der Transportbetrieb auf sämmtlichen zum Oberschlesischen Eisenbahn⸗Unternehmen gehörigen Lokomotiv⸗Eisenbahnen länger als sechs Monate ganz aufhört.

In beiden Fällen bedarf es einer Kündigungsfrist nicht, sondern das Kapital kann von dem Tage ab, an welchem einer dieser Fälle eintritt, zurückgefordert werden und zwar zu:

a. bis zur Zablung des betreffenden Zinscoupons, zu

b. bis zur Wiederherstellung des unterbrochenen Trantport— betriebes. .

Diejenigen Prioritäts⸗-Obligationen, welche ausgeloost oder ge⸗ kündigt find, und, der Bekanntmachung durch die öffentlichen Blätter ungeachtet, nicht rechtzeitig zur Realisirung eingehen, werden während der nächsten zehn Jahre von der Königlichen Direktion der Oberschle⸗ sischen Eisenbahn alljährlich einmal öffentlich aufgerufen. Geben sie desfen ungeachtet nicht spätestens binnen Jahresfrist nach dem letzten öffentlichen Aufrufe zur Realisation ein, so erlischt jeder Anspruch aus denselben an das Gesellschaftsvermögen, was unter Angabe der Nummern der werthlos gewordenen Prioritäté-Obligationen von der Direktion öffentlich bekannt zu 9. ist.

Die Mortifikation angeblich vernichteter oder verlorener Obliga—⸗ tionen erfolgt im Wege des gerichtlichen Aufgebots nach den dafür geltenden gefetzlichen Bestimmungen. Zinscgupons und Talons können weder aufgeboten noch mortifizirt werden. Es soll jedoch dem Ermessen der Königlichen Direktion anheimgestellt bleiben, Demjenigen, welcher den Verlust von Zinscoupons vor Ablauf der Verjährungsfrist (8. 2) bei der Königlichen Direktion der Oberschlesischen Eisenbahn anmeldet und den stattgehabten Besitz in glaubhafter Weise darthut, nach Ab— lauf der Verjährungsfrist den Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht zum Vorschein gekommenen Zinscoupons gegen Quittung aus— zuzahlen. ö

§. I0.

Die in den vorstehenden Paragraphen vorgeschriebenen öffent— lichen Bekanntmachungen erfolgen durch zwei Breslauer Zeitungen und den Deutschen Reichs und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeiger, oder diejenige Zeitung, die an dessen Stelle erscheint.

Zu Urkund diefes haben Wir das gegenwärtige landesherrliche Privilegium Allerhöchsteigenhändig vollzogen und unter Unserem Königlichen Siegel ausfertigen lassen, obne jedoch dadurch den In— habern der Obligationen in Ansebung ihrer Befriedigung eine Ge— währleiftung von Seiten des Staates zu geben oder Rechten Dritter zu präjudiziren.

Gegeben Berlin, den 31. Oktober 1883.

(L. 8.) Wilhelm. Maybach. von Scholz. Schema. Vierprozentige Prioritäts⸗-Obligation

er Oberschlesischen Eisenbahn⸗ - Gesellschaft 364 81 von 1883 ö

JJ Mark Reichswährung. Inhaber dieser Obligation hat auf Höhe des obigen Betrages 1 Mark Reichswährung Antheil an dem in Gemäß⸗ heit des umstehend abgedruckten Allerhöchsten Pririlegiums vom emittirten Kapitale von 14 000 000

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J / ö Königliche Direktion der Oberschlesischen Eisenbahn. (Facsimile der Unterschrift zweier Direktionsmitglieder.) (Trockener Stempel.) Eingetragen im Lagerbuch Nr. . Der Hauptkassen Rendant. (Faesimile der Unterschrift.) Rückseite der Obligatiox. (Hier folgt ein wörtlicher Abdruck des Pririlegiums.)

Schema I. Talon zu der riervrozentigen Prioritäts. Obligation der Oberschlesischen Eisenbabn⸗Gesellschaft II. Emission von 1683

ar Jahre Okligation allein, oder auch gegen als Quittung dienende Einreichung

nur dieses Talons, falls ickt vom Obligationsinbaber gegen die Aushändigung der neuen Serie an den Taloninhaber bei der unter⸗ zeichneten Direktion schriftlich Widerspruch erboben ist.

Im Falle des bezeichneten Widerspruchs erfolgt die Aushändi⸗ gung der neuen Couponserie an den Vorzeiger der Obligation.

Die Direktion ist zur Prüfung der Legitimation des Vorzeigers der Obligation oder des Talons nicht verpflichtet.

Gee .

Königliche Direktion der Oberschlesischen Eisenbahn. (Facsimile der Unterschrift zweier Direktionsmitglieder) Trockener Stemxel.) Schema III. Erster Zins coupon für die vierprozentige Prioritãts⸗ Obligation

der Oberschlesischen Eisenbahn⸗Gesellschaft II. ö ron 1883 H y Pfennige bat Inhaber dieses Coupons a ö ,,, ab aus der Hauptkasse der Oberschlesischen Eisenbahn, oder an den durch öffentliche Bekanntmachung bezeichneten Stellen zu erheben. Gern ln 1 Königliche Direktion der Oberschlesischen Eisenbahn. (Facsimile der Unterschrift zweier Direktionsmitglieder) Trockener Stempel.) e .

Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Bei dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten ist der Kanzlei⸗Diätarius Unverfähr zum Geheimen Kanzlei— Sekretär ernannt.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund des 5. 12 des Reichegesetzes gegen die ge— meingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Nr. 1 der in Warschau in polnischer Sprache erscheinenden periodischen Druckschrift: „Proletariat, Organ der internationalen sozialrevolu⸗ tionären Partei“, nach §. 11 des gedachten Gesetzes Seitens der unterzeichneten Landespolizeibehörde verboten worden ist.

München, den 9. Dezember 1883.

Königliche Regierung von Oberbayern, Kammer des Innern. Freiherr von Pfeufer, Präsident.

Nichtamtliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Chefs des Militär-Kabinets, General-Lieutenants von Albedyll, entgegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen und für Handel und Verkehr traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des 6 der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.

In der heutigen (13.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz-Minister Pr. Friedberg nebst mehreren Kommissarien beiwohnte, stand auf der Tages⸗ ordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1884 85.

Die Etats der General-Kommission, des Geheimen Civil— Kabinets, der Ober⸗Rechnungskammer, der Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte, des Diszipling rhofs, des Ge— richtshofs zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, des Gesetz⸗ k in Berlin wurden ohne wesentliche Debatte erledigt.

Es folgte die Berathung des Etats der Justizverwal— zung. Zu Tit. 1 der Einnahmen ergriff der Abg. Schreiber (Marburg) das Wort, um an den Justiz-Minister die Frage zu richten: wie weit die von dem Hause angeregte Rückver— weisung der Einbeziehung der Gerichtskosten von der Ver— waltung der indirekten Steuern an die Justizbehörden ge— fördert sei.

Der Justiz-Minister Dr. Friedberg erklärte, er sei trotz seiner Abreigung vor einer solchen Umwandlung auf die Bitten des Hauses hin derselben näher getreten. Se. Ma— jestät der König habe jetzt die Genehmigung ertheilt, daß die Gerichtékosten wieder von den Gerichten selbst einzezogen würden. Allein eine derartige Umgestaltukng des Orga⸗ nismus lasse sich nicht ohne erhebliche Geldkosten bewerk—⸗ stelligen. Er hoffe deshalb, daß das Haus sich bereit finden lassen werde, die Mittel hierfür zu bewilligen.

An der weiteren Debatte betheiligten sich die Abgg. Wester— burg, Dr. von Cuny, Dr. Köhler, Rübsam, Biesenbach und Günther. Der Titel wurde hierauf bewilligt.

Zu Kap. 71 Tit. 1 (Ministergehalt) ergriffen das Wort die Abgg. Dr. Wehr, Dr. Martinius und Wüsten, um ver⸗ schiedenen Bedenken Ausdruck zu geben.

Der Abg. Bachem lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf, wie er es nannte, die Umherwürfelung der Juristen im Lande. Der Justiz-Minister habe im vorigen Jahre erklärt, daß die Versetzung sich ganz nach seinem Wunsche vollziehe. Da durfe man sich nicht wundern, wenn im vorliegenden Etat die Position für Versetzung von Gerichts beamten noch um ein ganz Erhebliches vermehrt worden sei. In— dessen könne er in einem solchen Vorgehen nur eine Ge— fahr für die Handhabung der Rechtspflege erblicken, und ver⸗ stehe nicht, wie ein solches Verfahren im Interesse des Dienstes befürwortet werden könne.

Der Abg. Dr. von Jazdzewski beschwerte sich darüber, daß, entgegen den Versprechungen, welche den Polen im Jahre 1815 gemacht worden seien, die Richter polnischer Nationalität nicht in höhere Stellen aufrückten. Es gebe in der Provinz Posen nur einen polnischen Landesgerichts-Direktor, aber von

einem Ober⸗Landesgerichtz⸗Rath oder gar einem Prasidenten

polnischer Nationalität sei nicht die Rede. Eine gleiche Zurücksetzung der polnischen Elemente mache sich bemerllig bei der Verleihung des Justiz⸗Rathstitels.

Hierauf nahm bei Schluß des Blattes der Justiz-Minister Dr. Friedberg das Wort.

Mittelst Allerhöchster Kabinetsordre ist der General- Major von Oppeln-Bronikowski, Kommandant von Berlin, unter Beförderung zum General-Lieutenant, zum Commandeur der 3. Division, und der General Major von Spangenberg, Commandeur der 28. Infanterie⸗Brigade zum Kommandanten von Berlin ernannt, sowie dem General Major von Blumroeder, Kommandant des hiesigen Invalidenhauses, der Charakter als General-Lieutenant wer— liehen worden.

Nach Mittheilungen aus Italien ist von der Schiff— ausrüstungs⸗Direktion des III. Seedepartements zu Ven edig für den IJ. Tezember d. J. eine Submission auf Liefe rung von Hanf⸗ und Baumwollengeweben zum Taxwerth von 57 569,20 Lire ausgeschrieben worden (Kaution 5809 Lire)

M näheren Bedingungen sind an Ort und Stelle ein— zusehen.

Werden dem Strafantragsteller bei der Ein— stellung des Verfahrens wegen Zurücknahme des Sträaf— antrages die Kosten des Verfahrens auferlegt, so steht ihm nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenatz vom 22. Oktober d. J, falls er sich dadurch für unrecht mäßig beschwert erachtet, dagegen die Rerision zu.

Sachsen. Dresden, 10. Dezencer. (Dr. J.) Die Zweite Kammer unterzog in ihrer heutigen Sitzung das Königliche Dekret, betreffend den Bau mehrerer Se kkun— därbahnen der allgemeinen Vorberathung. Die ziemlich umfängliche Diskussion ergab im Allgemeinen Einverständniß mit den Vorschlägen der Staatsregierung; in der nächsten Finanzperiode die Eisenbahnen Geithain⸗-Lausigk-Leipzig, Votschappel-Wilsdruff und Wilischthat-Ehrenfriedersdorf und in der dann folgenden die Eisenbahn Schönfeld-Schwarzen— berg nebst Zweigbahnen auszuführen. Differirende An— sichten wurden, abgesehen von Wünschen auf möz— lichst baldige Ausführung anderer als der vor— genannten Linien insofern laut, als die Möglichkeit erörtert wurde, das Eisenbahnbedürfniß der Stadt Lausigk auf eine minder kostspielige Weise als durch Ausführung einer Nor— malspurbahn GeithainLausig⸗Leipzigk zu befriedigen; die Linie Potschappel-Wilsdruff nicht schmalspurig, wie die Staatsregie⸗ rung vorschlägt, sondern normalspurig auszuführen, und den Bau der Linie Schönfeld-Schwarzenberg ebenfalls bereits in der nächsten Finanzperiode zur Ausführung zu bringen. Das Dekret wurde alsdann der Finanzdeputation überwiesen.

Mecklenburg. Sternberg, 19. Dezember. (W. T. B) Die Regierung eröffnete den Ständen: sie könne über die Verhandlungen mit der preußischen Regierung betreffs Erwerbs der Berlin-Hamburger Eisenbahn zur Zeit nach der Lage der Dinge weitere Mittheilungen nicht machen. Der Vorschlag der Regierung, den engeren Ausschuß zur Ab— gabe der ständischen Erklärung zu ermächtigen, wurde an— genommen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 10. Dezember. (W. T. B.) Der Landesausschuß wurde heute Nachmit⸗ tag 3 Uhr in Vertretung des Statthalters durch den Staatz— ,. . Hofmann mit einer geschäftlichen Ansprache eröffnet.

Oesterreich Ungarn. Wien, 9. Dezember. (W. T. B. Der Verwaltungsrath der Kronprinz⸗Rudolf-Bahn hat in seiner heutigen Sitzung das mit der Regierung vereinbart Verstaatlichungsübereinkommen genehmigt; die Unter— zeichnung des Vertrages soll in den nächsten Tagen stattfinden.

10. Dezember. (W. T. B.) Wie die „Wiener Allg. Ztg.“ meldet, hat der Verwaltungsrath der Franz-⸗Josefs— Bahn den Bericht des zur Berathung der Verstaatli— chungs-⸗Offerte eingesetzten Comitéès entgegengenommen. In allen wesentlichen Punkten, bis auf die Höhe der Aktienrente, wurde eine Einigung erzielt. Am Mittwoch findet die Be— scklußfassung über die Einberufung der außerordentlichen Generalversammlung statt. Der Verwaltungsrath der Vorarlbergbahn sctzte heute die Berathung über den An—⸗ kauf der Bahn Seitens des Staats fort.

Ag ram, 10. Dezember. (W. T. B.) Der neue Banu? von Kroatien, Graf Khuen⸗Hedervary, hat heute die Landesregierung übernommen. Der Landtag ist zum 17. De zember einberufen.

Großbritannien und Irland. London, 10. De zember. (W. T. B.) Der Dichter Alfred Tennyson in . dem Titel als Baron in den Pairsstand erhoben worden.

Frankreich. Paris, 10. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer setzte heute die Berathung der Tongking⸗Kredit vorlage fort. Der Minister⸗-Präsiden; Ferrh erklärte: das Kabinet verfolge keine abenteuerlich Kolonialpolitik, sondern wünsche die Erhaltung der Kolo— nien. Frankreich sei nach Tunis gegangen, um Algier ü schützen, es sei nach Tongking gegangen, um Cochinchina zu

retten. Die wahre Ursache der gegenwärtigen Schwierig keiten sei die Wandelbarkeit der Kabinette; das, was allen Kabinetten fehle, sei Zeit, ohne welche Nichts er

reichbar sei, namentlich nicht in auswärtigen Angelegen— heiten. Ferry konstatirte ferner: die Regierung habe alle Mittel verfucht, um eine Verständigung mit China hä—— beizuführen. Der Minister wies auf die wachsenden Präten tionen Chinas hin und suchte die Mäßigung Frankreichs dur= Verlesung des in dem Gelbbuche veröffentlichten franzöfischen Memorandums darzulegen. Frankreich sei immer bereit, au, bestimmten Grundlagen zu verhandeln. Marquis Tseng habe unter dem 5. d. verlangt: es solle den französischen Truppen Befehl ertheilt werden, den Marsch auf Sontay und Bacninb zu unterbrechen, da aber jede einsthafte Grundlage für ein Arrangement fehlte, hätte von der Ertheilung eines solchen Befehls keine Rede fein können. Wenn die Kammer eint andere Politik kenne, um die Ehre Frankreichs und die Sicherheit Cochinchinas zu retten, so möge sie es offen sagen, Die diplomatische Aktion sei noch nicht beendet; die milita⸗ rische Aktion werde sich in den erwähnten Grenzen halten Man müsse die strategisch wichtigen Punkte besetzen, Um in nützlicher Weise unterhandeln zu können. Das Expeditions⸗

corps werde erst verstärkt werder, wenn Admiral Courbet darum ersuche. Die Regierung verlange kein Votum der Re⸗ signation, sondern ein Votum des Vertrauens im Interesse der Armee und der Unterhandlungen. (Lebhafter Beifall.) Andrie ux warf dem Ministerium vor, aus eigener Macht- vollkommenheit zu handeln. Ribot erklärte: es seien zwar Fehler gemacht worden, man müsse aber aus Patriotismus für bie Kreditvorlage stimmen. Clèmenceau griff das Ministe⸗ rium auf das Heftigste an und beschuldigte es, die Kammer stets etäuscht zu haben. Die Generaldebatte wurde hierauf ge— schlossen. Die Kamm er beschloß unter Ablehnung aller Vertagungs⸗ anträge in die Spezialdebatte einzutreten. Im Laufe der— selben gab Larochesoucauld im Namen der Rechten die Erklärung ab, daß diese dem Kabinet die Kredite verweigere, sie aber den Soldaten bewillige. Die Kreditvorlage wurde schließlich mit 381 gegen 146 Stimmen genehmigt und hierauf mot 315 gegen 206 Stimmen eine von Bert vorgeschlagene, von Ferry acceptirte Tagesordnung angenommen, in welcher es heißt: die Kammer sei überzeugt, daß die Regierung die erforderliche Energie entwickeln werde, um in Tongking den Einfluß und die Ehre Frankreichs zu vertheioigen.

Der Minister der Auswärtigen Angelegen⸗ heiten hat den Ministern des Handels und der Finanzen das Projekt eines Handelsvertrages mit Mexiko unterbreitet. ;

11. Dezember. (W. T. B.) Die gemäßigten re⸗ publikanischen Zeitungen betrachten die gestrige Ab⸗ stimmung der Kammer als ein Vertrauensvotum,

welch s das Ministerium besestigen werde. Das Land werde dieses Votum der Kammer gutheißen. Die mo⸗

narchistische Presse konstatirt anläßlich der Abstimmung die Abnahme der ministeriellen Majorität. Die radikalen Blätter sagen: die Kammer habe den Krieg beschlossen und den Feinden Frankreichs in die Hände gearbeitet.

Spanien. Granada, 10. Dezember, Abends. (W. T. B.) Se Faiserliche und Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz ist heute Abend 8 Uhr 25 Minuten wohlbehalten hier eingetroffen.

11. Dezember. (W. T. B.) Der Kronprinz, welcher gestern Abend nach 8 Uhr hier eingetroffen und in dem „Hotel der sieben Himmel“ abgestiegen ist, bes mchte sogleich die Alhambra. Der Besuch des alten maurischen Königs⸗ schlosses, welches auf einem hohen Hügel liegt und zu dem man durch einen Wald riesenhafter Bäume gelangt, fand bei Mondschein statt; das Ganze machte einen überwältigenden Eindruck. Morgen früh erfolgt die Weiterreise direlt nach Barcelona.

Italien. Rom, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Großfürst Paul von Rußland. hat sich heute von dem Könkg und der Königin verabschiedet und ist am Abend nach Athen abgereist.

Griechenland. Athen, 7. Dezember. (Presse.) In der heutigen Kammersitzung beendete Delyannis unter dem Beifall seiner Partei seine Rede gegen das Ministerium. Die politische Debatte wird wahrscheinlich acht Tage in An— spruch nehmen. Die Hauptführer der Opposition werden das Wort ergreifen und die Minister antworten. Die Majorität ist dem Ministerium gesichert.

Serbien. Belgrad, 10. Dezember. (W. T. B) Das UrtheildesStandgerichts gegen die radikalen Führer des Centralausschusfes lautet für Todorovie und Milo— sevie auf Todesstrafe, für den Tabdckhändler Tausonovic auf achtjährige, für Paja Mihailovie auf fünfjährige Kerkerstrafe. Die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen. Der König hat die ausgesprochene Todesstrafe im Gnadenwege in zehn⸗ jährige Haft umgewandelt.

Bulgarien. So fia, 7. Dezember. (Presse,) Nach der der Sobranije gemachten Finanzvorlage betragen die Ausgaben 37 251 3638, die Einnahmen 31 991 390, also Das Defizit 5 260 058 Fr. Der bisherige Finanzdirektor in Ost⸗ Rumelien, E. Gefchow, ist mittels Ükases zum Direktor der bulgarischen Nationalbank hierselbst ernannt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 10. Dezember. (W. T. B.) Heute wurde hier ein großes Meeting der Partei der Rechten abgehalten. Anwesend waren 20 Mitglieder des Folkethings, 35 Mitglieder des Landsthings, sowie Delegirte der hauptstädtischen konservativen Presse und sämmtlicher 68 im Lande bestehenden Vereine der Rechten. Die Versamm— lung nahm eine Resolution an, welche sich lebhaft gegen die Obstruktions-Politik der Linken ausspricht.

Afrika. Egypten. Kairo, 8. Dezember. Das Reutersche Büreau“ meldet: Nachrichten aus Aden zufolge, wurden am 5. Dezember fünf Compagnien egyptischer Truppen bei einer in der Richtung gegen Suakim ausgeführten Re⸗ cognoszirung von Aufständischen angegriffen und nach hef⸗ tigem Kampfe vollständig vernichtet. Ein von den n g, mitgeführtes Geschuͤtz fiel in die Hände der Auf— standischen. .

10. Dezember. (B. T. B) Der hiesige öster⸗ reichische General-Konsul hat, da sich die Vernichtung eines egyptischen Bataillons bei Suakim sowie der Aufstand in Sennar bestätigen, den österreichischen Konsul in E hartu m angewiesen, die dortigen Missionäre sowie die österreichischen Staatsangehörigen und Schutzbefohlenen zur unverweilten Abreise aufzufordern.

Seitungsstimmen.

„Das industrielle Deutschland.“ (Von Robert P. Porter Mitglied der Zolltaris-⸗Kommission des Kongresses der Ver⸗ einigten Staaten. Unter diesem Titel veröffentlichte die „New-Hork Daily Tribune“ eine Reihe von Aufsätzen, von denen der „Deutsche Leinenindu st riell?“ den 12, in Form einer Korrespondenz geschriebenen Artikel über die Ge⸗ sialtung des Leineuhandels in möglichst wortgetreuer Ueber— setzung reproduzirt. Wir entnehmen diesem Briefe Folgendes:

Bielefeld, Preußen, 18. Juli. . Jetzt ist Bielefeld der Mittelpunkt der westfäͤlischen Leinen— industrie und besitzt große Fabriken und ausgedehnte Bleichereien. . . . Einige der Flachsspinnereien sind sehr hübsche Bauwerke, besonders die Ravensberger Spinnerei und die Spinnerei Vorwärts, welche beide im ganzen mit über 35 000 Spindeln, also ungefähr der Zälfte der vor 35 Jahren in ganz Preußen thätigen Spindeln, arbeiten. EX befinden sich noch manche andere schöne moderne Gebäude in der Stadt, desgleichen ein guter Komplex neuer und komfortabler Wohn—⸗ häuser fr Fabrikarbeiter, welche letztere nach meiner Ansicht besser

situitt sind, als die in der Leineninduftrie in England, Irland, Schettland oder Frankreich beschäftigten Arbeiter

So fragte ich 4. B. einmal, wozu ein großes, aus rotben Ziegeln geschmackvoll gebautes Haus, umgeben von schönen großen Bäumen und Anlagen, diene, worauf mir die Aniwort wurde:

O, das wird von einigen hundert schlesischen Mädchen, die in der Ravensberger Spinnerei beschästigt sind, bewohnt.“

Sind Sie denn genöthigt, Arbeiter von auswärts zu beziehen?“ „Ja, es wird uns zuweilen schwer, erfahrene Weber und Sxinner in der erforderlichen Anzabl zu erlangen. und hier werden böhere Löhne bejablt als im südöstlichen Deutschland.“

Was beijablen Sie denn den Mädcen, die in diesem Hause wohnen?“

Dieselben erbalten 1 Æ 50 pro Tag oder 9 Æ pro Woche nebst freiem Logis.

Dieses erzählte mir einer der Superintendents der genannten Spinnerei. Die Mehrzahl der Arbeiter sind nicht mit freier Wob—⸗ nung versorgt, erhalten aber für 12 Arbeitstage 22 M, also un gefäbr soriel, wie die Arbeiter in Clark's und Coats 3 Baumwollspinnerei zu Paisley verdienten, und zwar unter sebr ähnlichen Verhältnissen. Dbwohl eine Fabrikstadt, genießt Bielefeld doch die Vortheile einer prachtvollen, dasselbe umgebenden Landschaft. In den Arbeiter zuartieren fand ich, daß sebr viele Häuser Eigenthum der dieselben bewohnenden Arbeiter waren, besonders in den Distrikten , III und V. Herr Mar Kempel, welcher 20) Mann beschäftigt, erzählte mir, daz J3 = 45 derselben Haus und Garten besäßen. Gute Handwerker verdienten 4 M pro Tag, und diejenigen, welche zu mieihen genöthigt seien, könnten außerhalb der Stadt komfortable Wohnungen zu 175 bis 200 M pro Jahr haben.

Ja Bielefeso werden Hemden, Kragen und Manschetten zu Tausenden von Dutzenden gemacht; 3000 Nähmaschinen sind zu diesem Zweck täglich in Thätigkeit. Der größerere Theil der Fabri⸗ kate versorgt den einheimischen Markt, aber manches wird auch exportirt.

Etwa? Meilen ron Bielefeld liegt Herford. . . . Auch diese Stadt ist der Textilindustrie zu eigen und besitzt außer einigen Flache spinnereien eine immense Jutefabrik mit 0 ) Arbeitern.

. . . In Deutschland war vor mehr wie 109 Jahren die schle⸗ sische Leinwand weltberühmt, die in allen Theilen Europas und Süd— amerikas, von Archangel bis Peru. Absatz fand. Nach Ungarn und Polen wurden bedeuteude Quantitäten erportirt und auch Rußlan erwies sich als ein günstiges Absatzgebiet. Im Jahre 1792 betruz der Errort von Schlesien über 5 50) 000 Doll. an Werth. Die Kriege Napoleons versetzten der schlesischen Leinenindustrie, wie manchen anderen gewerblichen Thätigkeiten in Deutschland, einen harten Schlag, wodurch Tausende von braven, fleißigen Menschen ruinirt wurden. r n,, ,,,, ,

. Nachdem der Friede wieder zurückgekehrt, versuchte Schlesien,

en verlorenen ausländischen Markt wieder zu gewinnen, aber rer— Großbritannien hatte als erfolgreicher Rival in der neuen Welt festen Fuß gefaßt, in Rußland und Polen machte Böhmen Konkurrenz. . . . Die Wahrheit war, England hatte ihren ausländischen Handel an sich gerissen. Der einheimische Markt ist den Deutschen indessen geblieben und diesen, wenn man aus der Gesetzgebung der jüngften Zeit schließen darf, wollen sie festhalten.

Ein balbez Jahrbundert ist seitdem verflofsen; Grosbritannien hat den Segen vieler Handelsplätze genossen und wäbrend der letzten Jahre eine beisriellos gänstige Gelegenheit gehabt, jene Hunderte von Millionen, die sich mit Leinen und Baumwolle bekleiden“, zu ver sorgen (was die Freihändler den amerikanischen Baumwoll ⸗Fabrikanten als eine Lockspeise hinhalten), und doch hat ihre Leinenindustrie weder prosperirt noch ist sie heute bezüglich der verwendeten Arbeits krãfte so umfangreich als diejenige Beutschlands, und ebensowenig sind shre Arbeiter so gut situirt als diejenigen in den von mir befuchten Distrikten des nordwestlichen Deutschlands. Hirsch⸗ berg, welches nach Russells) Aussage in Folge größerer Geschicklichkeit und Bortheile Glasgows, Belfasts und Manchesters, sowie des Ver— lustes der ausländischen Märkte im Sterben lag, Schmiedeberg und Landeshut, welche so geheimnißvoll, wie der Fluß Zacken, verschwinden, aber im Gegensatz zu diesem niemals wieder erscheinen würden, diese drei Städte sind heute bei weitem wichtigere kommerzielle Plätze als in den Tagen Russells. Hirschberg hat feine Bevölkerung seitdem fast verdreifacht, ist der Haupt-⸗Stapelplatz des schlesischen Handels und so romantisch und hübsch wie je, während die im 16. Jahr— hundert eingeführte Leinen Industrie noch immer ihren Vorrang be— kauptet. Schmiedeberg und Landeshut haben mit Hirschberg gleichen Schritt gehalten und sind bedeutende Fabrikationsorte. Der Vortheil eines an Umfang beständig zunehmenden heimischen Marktes hat nicht nur die Bedeutung der schlesischen Leinen-Industrie erhöht, sondern auch in anderen Landestheilen diesen Industriezweig gehoben, so daß sert mehr Personen darin beschäftigt werden als in England, Irland und Schottland zusammengenommen. Nach den offiziellen Statistiken beider Länder betrug im Jahre 1875 die Gesammtzahl der in der Leinen-Industrie tbätigen Personen

8 gebens.

im Vereinigten Königreich. . . 161 590 in entf nde 199 483

Seitdem hat die Arbeiterzabl in Großbritannien abgenommen (s. ‚The Nineteenth Century“, Juni 1883), in Deutschland dagegen in diesem wie in fast allen übrigen Industriezweigen erheblich zu— genommen. Mulhall (eine englische Autorität) sagt, daß Preußen setzt beinahe zwei Drittel der gesammten deutschen Leinenindustrie, welche in den letzten 20 Jahren sich verdreifacht hatt. besitzt, In 30 Jabren wurden nach dem Verfasser des erwähnten Artikels in der Junt-Nummer von „The Nineteenth Century“ (gleichfalls eine eng⸗ sische Autorität) in Großbritannien 290 000 Spindeln, also über 18 *, der Gefammtzahl, außer Betrieb und 20 O00 Personen außer Verdienst gesetzt. Die Aktien von zehn der hauptsächlichsten Flachs⸗ spinnereien in Belfast steben ca. 58 o unter pari. wogegen die jenigen der Ravensberger Srinnerei und der Spinnerei Vorwärts, der bedeuten dsten Flachs spinnereien in Bielefeld, mit 120 bew. 122 beute 135,55 bezw. 119.50. Die Red) notirt werden. Die erst⸗ genannte diefer beiten Gesellschaften zahlte im vorigen Jabre 15.0 des Karitals, die letztgenannte 8 , abgesehen von Autlagen für neue Gebäude ꝛc.

Eine deutsche Mark ist gleich einem englischen Schilling, aber die Kaufkraft jener ist bier in Bielefeld größer als die Kaufkraft eines Sckillings in den Leinendistrikten Großbritannens, wenigstens was die Leben sbedürfnisse angeht. In Dundee verdient (nach dem englischen Board of Trade) eine Spinnerin 9 sh. 3 8. bis 13 sh. 5 d. ein Weber = 14 sh. pro Woche, in Leeds jene 9 h., dieser 11 b und in Belfast sind die Löhne tine unbedeutende Kleinigkeit unter den in England und Schottland bewilligten, oder, um sicher zu gehen, man kann an⸗ nehmen, dieselben seien gleich. Spinner und Weber erhalten in Bielefeld 9 pro Woche nebst freiem komfortablen Logis, bezw. 1IL 6 obne Wohnung. ;

Die Zahlen sind nach meiner Ansicht durchaus glaubhaft und zeigen, daß gegenwärtig die betreffenden Arbeiter in Deutschland und England ungefähr denselben Lohn erhalten, daß aber infolge der nie drigen Miethe und der größeren Sparsamkeit, der Deutschen, sowie der größeren Sorge seitens der Fabrikbesitzer für die Wohlfahrt ihrer Untergebenen, diese sich in einer weit besseren Lage befinden (besonders im Biclefelder Distrikt), als die in der Leinenindustrie in England, Irland oder Schottland beschäftigten Arbeiter. .

Wie verhalten sich aber diese Löhne gegen die in den Ver⸗ einigten Staaten in derselben Industrie bezahlten! Ich babe glück lickerweise eine nicht zu bezweifelnde Autorität bezüglich dieses Punktes. Die Barbour Flax Spinning Company zu Paterson, RJ, beschäftigt 2800 Arbeiter in Irland und 1290 in Paterson. Tie Lohnlisten in beiden Etablissemenis werden für dieselben Arbeiter an Lerfelben Maschine in gleicher Weise geführt. Mr. Thomas Barbour, ein Theilhaber der Firma, sagt, daß im Durchschnitt der Tohn in' den Vereinigten Staaten etwa 55 Doll. pro Woche be—

) Russel, ein englischer Reisender, der Schlesien im Jahre 1822

besuchte.

trage; ich babe oben gezeigt, das in Deutschland und Großbritannien der Durchscknittslobn einer Woche weniger als die Hälfte dieser Summe ausmacht. Sodann sagt Me. Barbour: „Wir beschäftigen Märchen von 12 bis aufwärts ju 40 Jahren; einige derselben ver⸗ Tieren bis 10 Doll. Kinder 3— 4 Doll. vro Woche. Ein Mann kann 13 bis 2 Doll. pro Tag verdienen.

Während Deutschland 260 009 und Großbritannien wabrschein⸗ lich „0 65h Personen in der Leinenindustrie beschäftigt, finden wir darin nickt uber 5000 in den Vereinigten Staaten, wogegen der Werth unserer jäbrlichen Produktion etwa aleichkonmt den jährlichen Importationen aus England, 55 Mill. Doll. Die Einfuhr von Teinenwaaren in Nordamerika beziffert sich gegenwärtig auf rund 16 Mill. Doll., woran vartiziviren England mit 5 500 000, Schott- land mit 4200 600, Irland mit 400 0M, Deutschland mit 1200900 und Frankreich mit weniger als 100) 00 Doll. Flachs und dessen Fabrikate zablen im Durchschnitt einen Zoll von 30 000 des Werthes, aber die zu zahlenden Löbne sind in den Vereinigten Staaten um 120 095 höher als in denjenigen Ländern, von welchen wir diese Fabrikate beziehen, wie ich oben nachgewiesen habe. Kann man sich da wundern, wenn Mr. Barbour sacen sollte: ‚Ohne 50 Zoll giebt es für die Leinenindustrie keine Hoffnung“.

Es würde schwer halten, einen vollständigeren Nachweis über die Hoblbeit der freihändlerischen Versprechungen bezüglich der Vortheile fremder Märkte zu führen, als durch diese einfache Geschichte der deutschen Leinenindustrie. Im Anfang dieses Jꝛhrbunderts beberrschte Deutschland die Leinenmärkte der Welt. Nachdem Deutschland durch einen verwüstenden Krieg zerrüttet war zu einer Zeit, als die Textil⸗ industrie den schnellen Wechsel von Handbetrieb zu Kraftbetrieb durch—⸗ machte, tritt Großbritannien auf und vervollständigt diese Zerstörung, indem es Glasgow, Dundee, Belfast und Manchester den Loöwenantheil

des gewinnbringendsten auswärtigen Handels sichert. Nähere Nachbarn, wie Böhmen und Belzien, reißen den Rest an sich und Deutschland bleibt nichts als der durch Schutz gesicherte

beimiscke Markt. Als der Handel mit dem Auslande für Deutschland verloren war, glaubte man in England, die Industrie sei dort ruinirt und der Nothstand der einst woblhabenden Thäler Schlesiens wurde ron britischen Touristen in Deutschland mit grellen Farben gemalt und mit dem Ruhme der industriellen Zentralvunkte Englandtz verglichen. Jetzt ist ein halbes Jahrhundert verstrichen und ich lasse wiederum meinen Blick über die Leinenindustrie schweifen. Während dieser Periode hat Großbritannien zwar die ausländischen Märkte behalten, Deutschland aber seinen einbeimischen Markt ruhig behauptet und einen ziemlich guten Preis für seine Pro⸗ dukte erzielt, da es nicht genöthigt war, wie Großbritannien, von Jahr zu Jahr mehr Pfund Garn und mehr Vards Leinen für die— selbe Summe zu verkaufen.

Während der letzten 20 Jahre hat nach englischen Autoritäten die Leinenindustrie Deutschlands um 300 „0 zugenommen.

In dem nämlichen Zeitraume hat nach englischen Autoritäten die Leinenindustrie Großbritanniens um 18 0,0 abgenommen.

Während der letzten 20 Jahre hat die Ausfuhr von Leinen fabrikaten aus Deutschland zugenommen.

Während der letzten 10 Jahre hat nach offiziellen englischen Statistiken die Ausfuhr von Flachsgarn alljährlich sich stetig ver mindert, bis sie unter die Hälfte des vor einer Dekade exportirten Quantums gefallen ist.

Die Aktien der haurtsächlichften deutschen Flachsspinnereien zu Bielefeld stehen 20 und 22 6ο0 (heute ca. 37 und 20. D. R.) über Pari und die jährlichen Dividenden des angelegten Kapitals variiren zwischen 8 und 15 9o.

Die Aktien der 10 haurtsächlichsten Flachsspinnereien in Belfast stehen nach englischen Autoritäten 58 (, unter Pari.

Deutschland giebt gegenwärtig 20 000 Personen Beschäftigung in dieser Industrie, Großbritannien etwa 1530 00 Personen. Unter Berücksicktiiaung der Differenz in der Kaufkraft einer Mark und eines Schillinas, sowie der niedrigeren Miethe in Deutschland ist der deutsche Arbeiter unzweifelhaft in einer besseren Lage als der britische

Diese Thatsachen kennzeichnen die Hohlheit der Verheißungen auf fremde Märkte, welche von den freihändlerischen Rednern und Schreibern in den Vereinigten Staaten so verschwenderisch gegeben werden. Die praktische Gesetzgebung, welche in diesem Falle Deutsch—⸗ land den beimischen Markt im Laufe der Zeit sicherte, hat sich für dieses Land weit vortheilhafter erwiesen und zur Festigung der Industrie mehr beigetragen, als die Weltmärkte mit beständig ab⸗ niekmendem Nutzen und zunehmender Konkurrenz für Großbritannien. Mit aller Aufrichtigkeit einer festen Ueberzeugung frage ich;

Können selbst intelligente Freihändler die vorstebende industrielle Geschichte lesen, ohne in ihrem Glauben an die Wirksamkeit aus— ländischer Märkte erschüttert zu werden?“

Archiv für Post und Telegravhie. Nr. 22. Inhalt“

Aktenftäücke und Auffätze: Die Eröffnung des neuen Post . und Tele⸗ graphengebäudes in Coblenz Ueber die Heranbildung und die Dienstprüfungen der Telegraphenbeamten. Die Ergebnisse der fran⸗ zösischen Postiparkassen in dem ersten Geschäftsjahr. 1882. Post⸗ und Telegraphenverhältnisse in Siam. Kleine Mittheilungen? Der Eifenbahntunncl unter dem Hudson zwischen New-Jork und Jer ey City. Straßenbahnen in England und Frankreich. Nordenskjölds grönländische Expedition. Die Arbeiten am Panama Kanal. Flektriscke Eisenbahn zwischen Frankfurt (Main) und Offenbach (Main). Literatur des Verkehrswesens: Gustav Neumann, geo— grarhisces Crikon des Deutschen Reiches. Leipzig, Verlag des Biblio⸗ zraphischen Instituts. Zeitschriften-Ueherschau. é Fentrali-Blatt der Abgaben Gesetzgebung und Ver waltung in den Königlich vreußischen Staaten. Nr. 25. J. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. III. Indirekte Steuern: Erkenntniß des Reicksgerichts. Zolldefraude gegen Dester⸗ reich. Einsichung. Gehülfe. Erkenntniß des Reichsgerichts. Ge— meinschaftliche Ausübung von Contrebande oder Zolldefraudation. Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. Ausfuhrvergütung für Taback und Tabackfabrikate. Erkenntniß des Reichsgerichts. Stempelsteuer bei Einbringung eines Grundstücks in eine Aktiengesellschaft. Spiel kartenstempel von s. g. Widderkarten. VI. Personalnachrichten.

Centralblatt'der Bauverwaltung. Nr. 49. Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. Nichtamtliches: Ueber Eisenbahn oberbau mit Holzschwellen. (Schluß.) Das neue Concerthaus in Leipzig. (Schluß) Die internationale eleltrische Ausstellung in Wien. I7. Die Fangvorrichtungen an Fahrstühlen für Aufzüge. Vermischtes: Restaurationsarbeiten an der Marienburg. Kon

kurrenz um Entwürfe im Architektenverein in Berlin zu Normal⸗ uhren für die Stadt Breslau. Königliches Gymnasium in Eis leben. Verleihung des Charakters als Baurath Bewegung

von Schiffen durch Bodenreibung von Ketten ohne Ende.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 48. Jahreswoche von je 1009 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als ge storhben gemeldet: in Berlin 25,7, in Breslau 26, ,, in Königsberg 32,5, in Cöln 227, in Frankfurt 1. M. 169, in Hannover 174, in Cassel 3a,8, in Magdeburg 24,1, n Stettin 22.2, in Altona 25.5, in Straßburg 21,5, in Metz 16,1, in München 5,1, in Rürnberg 21, in, Augsburg 27,9, in Dretz den 27,2, in Leipzig 28,2, in Stuttgart 182, in Braunschweig 29,5, in Hamburg 25, in Karlscuhe 9, in Lübeck. in Wien 24 , in Budapest 21.4 in Prag 329 in Triest 2653. in Krakau 31,5, in Basel 19,1, in Brüssel 228, in Paris 22,6, in Amsterdam 30,3, in London

21,5, in Glasgow 26,3, in Liverpool 26,5, in Dublin 25,!, in