Dr. Cörner, vom Ulan. Regt. Nr. 1, zum Stabs⸗ und Batz. Arzt des Füs. Bats. Gren. Regts. Nr. 5, Dr. Gosebruch, vom Pion. Bat. Nr. 11, zum Stabs. und Bats. Arzt des 2. Bat. Juf. Regis. Ur. 45, Dr. Raetzell, vom Garde ⸗Train⸗ Bataillon, zum Stabs- ulnd Bataillons Arjt des 1. Bataillons Infanterie ⸗Re⸗ giments Nr. 71. Dr. Züchner, vom Ulanen⸗Regiment Nr. 2 zum Stabs. und Abtheil. Arzt. der 2. Abtheil. des Feld⸗Art. Regts. Nr. 14. Dr. Loeffler, vom 1. Garde⸗Regt. 5 F., zum Stabs. und Bats. Arzt des 2. Bats. Gren. Regts. Nr. 1065, Dr. Martius, von der Art. Schießschule, zum Stabsarzt bei dem medizin. chirug. Friedrich⸗Wilhelms⸗Institut befördert. Die Assist. Aerzte 2 Kl.: Wirtz, vom Inf. Regt. Nr. 29, Dr. v. Gizycki, vom Gren. Regt. Nr. 12, Dr. Schmie dicke, vom Inf. Regt. Nr. 76, Dr. Linde⸗ mann, vom Inf. Regt. Nr. 99, Dr. Gerstacker, vom Drag. Regt. Nr. 14, Dr. Benzler, in der etatsmäß. Stelle beim Gen. und Corps- arjt des X. Armee⸗Corps, Dr. Kobelius, vom Inf. Regt. Nr. 72, Dr. Schlacke, vom Hus. Regt. Nr. 3. Schaefer, Dr. Brand⸗ staeter, von der Marine, Dr. Proelß, vom 2. Garde Ulan Regt, Dr. Rothe, vom Kadettenhause zu Culm, Dr. Goldscheider, vom Inf. Regt. Nr. 23, Dr. din vom Garde⸗Füs. Regt., Lr. Niet ner, vom 1. Garde Regt. z. F., Dr. Schmidt, vom Feld ⸗ Art Regt Nr. 21, Dr. Marsch, vom Kadettenhause zu Pots dam, De. Spilling, vom Drag. Regt. Nr. 12, zu Assist. Aerzten 1. Kl., Dr. Dü sterhoff, Marine⸗Assist. Arzt 1. Kl. von der 1. Ma⸗ trosen⸗Dir zum Marine Stabsarzt, r , ohne Patent, befördert. Prof. Dr. Fraentzel, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl und Regts. Arzt vom 2. Garde ⸗Feld⸗ Art. Regt. , Dr. Thörner, Dr, Kleffel, Stabs⸗ ärzte der Marine, ein Patent ihrer Charge verliehen. Dr. Volk— mann, Geh,. Medizin. Rath und Prof. zu Halle, während des Krieges 1870/71 Gen. Arzt und konsult. Chirurg in der Armee, als Gen. Arzt 1. Kl. mit Patent vom 29. November er. im San. Corps u. zwar à la suite desselben, Dr. v. Platen, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. vom 2 Bat. Landw. Regts. Nr. 56, im aktiven San. Corps und zwar als Assist. Arzt 1. Kl. mit Patent vom 23. Februar 1881, bei dem Inf. Regt. Nr. 14 Dr. Morf, Königl. bayer. Assist. Arzt J. Kl. a. D, im preuß. San Corps, und zwar als Assist. Arzt 1. Kl. mit Patent vom 260. November 1878, bei dem Inf. Regt Nr 28, angestellt Dr. Goetting, Ober ⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 131, zum Hus. Regt. Nr. 8, Dr. Batzer, Ober⸗Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt vom Inf. Regt. Nr. 45, zum Inf. Regt Nr. 112, Dr. Stabbert, Stabs. und Bates. Arzt vom Füs. Bat. Gren. Regts. Nr. 5, zum Kadettenhause zu Kulm, Dr. Loos, Stabs- und Bats. Arzt vom 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 45, zum Füs. Bat. Gren. Regts. Nr. 109, Dr. Steinrück,. Stabs« und Bats. Arzt vom 2. Bat. Kaiser Alexander Garde⸗Gren. Regts. Nr. 1, zum Garde-Pionier⸗ Bat.,, Dr, Timann, Stabsarzt vom medizinisch⸗chirurgischen Friedrich⸗Wilhelms-⸗Institut, als Bats. Arzt zum 2. Bat. Kaiser Alexander Garde ⸗Gren. Regts. Nr. 1, Dr. RosenthalL, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 17, zum Ulan. Regt. Nr. 2, Dr. Ro the, Assist. Arzt 1. Kl. vom Gren. Regt. Nr. 8, zur Art. Schießschule, Dr. Hertel, Assist, Arzt 1. Kl. vom Kaiser Franz Garde Gren. Regt. Nr. 2, zum Garde ⸗Train⸗Bat., Dr. Scholze, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 132, zum Inf. Regt. Nr. 47, Dr. Grün- baum, Asstft. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 14, zum Gren. Regt. Nr. 8, Dr. Langhoff, Assist. Arzt 2. Kl. vom Fuß⸗Att. Regt. Nr. 3, zum Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2. Dr. Nocht, Assist. Arzt 2. Kl. vom Infanterie⸗ Regt. Nr. 21, kommandirt bei der Marine, zur Marine, Dr. We gener, Marine ⸗Stabsarzt von der 1. Matrosen Div., zur Armee, und zwar als Bats. Arzt zum Pion. Bat. Nr. 9, versetzt. Kaiser, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom Gren. Regt. Nr. 109, mit Pens. und seiner bisher. Unif.,, Schrickel, Stabs- und Bats. Arzt vom 2. Bat. Gren. Regts. Nr. 109, als Ober ⸗Stabsarzt 2 Kl. mit Pens. und seiner bisher. Unif, Dr. Wagner, Marine⸗AUssist. Arzt 1. Kl. von der 1. Matrosen Div., mit Pens., der Abschied bewilligt. Den Stabsärzten der Landwehr: Dr. Köppe, vom 2. Bataillon Landwehr-Regiments Nr. 67, diesem mit seiner bisherigen Unif., Dr. Michelson, vom Res. Landw. Bat. Nr. 33, Dr. Ben“ gelsdorff, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 2, Dr. Hildebrand, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 51, Dr. Ruprecht, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 30, Pr. Rothmann, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 76, diesem mit seiner bisher. Unif, Dr. Mensch, vom 1. Bat. Landw. Regts, Nr. 79, Dr. v. Fragstein⸗Niemsdorf, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 87, Dr. Grützner, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 113, der Abschied bewilligt. Den Assist. Aerzten 1. Kl. der Landw.: Dr. Lemcke, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 2, Dr. Fraenkel, vom Res. Landw. Regt. Nr. 35, Dr. Dicken, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 57, Dr. Kopfermann, vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 16, Dr. Schnelle, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 15, Dr. Hedde, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 76, Hr. Wendel, vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 94, Br. Hurck, Assist. Arzt 2. Kl. der Landw. vom 1. Bat. Landw. Regts. Nr. 57, der
Abschied bewilligt. Königlich Bayerische Armee. Abschiedsbewilligungen Im aktiven Heere. 5. De zember. Graf v. Schönborn ⸗Wiesenthei d, Sec. Lt. à la suite des 1. Schweren Reiter ⸗Regts,, behufs Uebertritis in Königl. preuß. Militärdienste der erbetene Abschied bewilligt.
Kaiserliche Marine.
Ernennungen, Beförderungen, Nersetzungen 2e. Berlin, 4. Dezember. v. Die de richs, Korr. Kapitän, zur Dienst⸗ leist. bei der Admiralität kommandirt. — 6. Dezember. Beck, ö. und Comp. Chef vom See-Bat., behufs Uebertritts zur
rmee, von der Marine ausgeschieden. Gresser, Hauptm., bisher Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 70, mit seinem Patent als Comp. Chef im See⸗Bat. angestellt.
Aichtamtlich es.
Berlin, 12. Dezember. Im Verlaufe der gestrigen (13. Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1884/85 mit der Dis⸗ kussion des Etats der Justiz verwaltung fortgesetzt.
Nach dem Abg. Dr. von . ergriff bei Berathung
Preußen. weiteren
des Kap. 71 Tit. 1 (Ministergehalt) der Justiz Minister Dr. Friedberg das Wort;
Ich möchte zunächst dem letzten Herrn Redner antworten. In der Behandlung der Persönlichen 6. in der Provinz Posen habe ich als Justiz-Minister eine Tradition überkommen, die ohne Weiteres abzuändern mir nicht beifallen konnte, da ich nicht annehmen durfte, daß diese Tradition von ungefähr entstanden sei, sondern ich war berechtigt anzunehmen, daß sie aus den nationalen Verhältnissen, die in der Provinz Posen herrschen, ihren Ursprung hergeleitet habe. Ich kann dem Herrn Abgeordneten auf seine Frage erwidern, daß ich von einem prinzipiellen Gegensatz gegen die Anstellung von Juristen aus den Kreisen der Einheimischen in der Provinz Posen weit entfernt bin, daß ich aber allerdings bei der Anstellung darauf sehen muß, ob der Anzustellende an der betreffenden Stelle auch den Aufgaben eines Preußen in der Provinz Posen genügen wird.
Wenn der Herr Redner schließlich mir gewissermaßen drohende Worte entgegengehalten hat, so möchte ich ibm darauf den Rath ertheilen, mit dieser Drohung nicht allzuweit sich vorzuwagen, denn er würde mich dadurch zwingen, auf Einzelheiten einzugehen, die nicht zu Gunsten seiner Kandidaten ausfallen würden. Ich will, da er insbesondere die Frage des Notariats erwähnt und angeführt hat, daß ich bei der Ertbeilung desselben an polnische Rechtsanwalte zurück= baltender sei wie an andere, zunächst antworten, daß ich überhaupt mit dem Notariat in der ganzen Monarchie möglichst knapp vorgehe, weil ich darin das einzige Mittel finde, die Gefahren, welche
die freie Adrokatur namentlich in Zeiten des Ueberganges darbietet, zu mildern Wenn mir ein Rechtsanwalt mit dem Antrage kommt, ich möchte das Notariat ihm rerleihen, und ich, wie es meine Pflicht ist, mich umthue in der Prorinz, wie ist die Stellung dieses Ad⸗ vokaten zu der Frage des Deuischthums im Allgemeinen, und nun folgende Antwort bekomme: Dieser sich jetzt um das Notariat be= werbende Kandidat hat noch vor ganz Kurzem als Vertheidiger, wo es ich darum handelte, Jemanden zu vertheidigen, der an der
evolution Theil genommen, gesagt: Wenn dieser mein Klient dabei den Arm verloren bat und beschuldigt wird bei dieser Gelegenheit, sich an der Revolution betheiligt zu haben, so kann ich darin keinen Vorwurf finden, sondern möchte es ihm zur Ehre anrechnen, wenn er bei einer Revolution mitwirkte, selbst wenn ihm dabei das Amt eines Hänge Gensd'armen übertragen würde.“ Meine Herren, werden Sie einem Justiz⸗Minister zumuthen, daß er einem Manne, der, wie ich anerkenne, im Uebrigen in seiner Dlenstleistung durchaus gelobt wurde, der aber solche Grundsätze vor offenem Gericht bekennt, daß ich dem das Notariat gebe? Das werden wenige von Ihnen hier ver— langen, vielleicht selbst nicht der Herr Interxellant!
Nebenbei thut mir der Herr Interpellant zu viel Ehre an, wenn er meint, daß ich den Titel als Justiz⸗Rath verleihe. Ich kann ihn nicht ver⸗ leihen, sondern ich kann nur Anträge an Se. Majestät darüber machen, der allein den Rathstitel verleiht; diese meine Anträge gründe ich aber meistentheils, und ich glaube mit Recht, auf die Grundlagen, die mir von den Provinzialbehörden suppeditirt werden.
Daß so wenig Juristen polnischer Nationalität sich in den höheren Stellen befinden, ist richtig; das, glaube ich, hat aber eine sehr einfache Erklärung. Wie lange ist es denn her, daß polnische Bewohner der Provinz sich überhaupt der Justiz zugtwendet haben? Das ist erst in neuerer Zeit ausgiebiger geschehen, und die Zeit liegt nicht weit genug zurück, als daß sie jetzt schon in die Appellhöfe bineinkommen könnten. Dann aber, meine Herren, wenn ich Juristen polnischer Nationalität eine Beförderung an biete, aber außerhalb der Provinz, dann weigern sie sich, und ich kann nicht zugeben, daß die Justizbeamten aus der Provinz Posen ein Reckt und einen Anspruch darauf haben, nur in der Provinz Posen angestellt und befördert zu werden.
Damit verlasse ich Hrn. von Jazdzewski und wende mich zu dem Abg. Bachem. Zavörderst möchte ich eine Aeußerung richtig stellen, die er im Laufe seiner vorhergehenden Rede gebraucht hat. Habe ich ihn anders xichtig verstanden, so sagte er, diese Inter pellation sei um so nöthiger einem Minister gegenüber, der es offen ausgesprochen hat, er bedauere, daß er die Richter nicht ohne Weiteres versetzen könne. Meine Herren! Einen solchen Ausspruch habe ich niemals gethan, und ich würde mich schämen, ihn zu thun. Was ich gesagt habe, und zwar bei der Berathung dieses Gegen— standes im vergangenen Jahre, war, als ich die Gründe ausführte, weshalb ich nicht den Provinzialismus der Justizbeamten befördere, Folgendes:
Dies sind die Gründe, die mich bestimmen, auf die Zer— streuung der Richter auf sämmtliche Provinzen hinzuwirken. Wenn Sie mir sagen, ich versetze die Leute wider ihren Willen, so ist das einfach den Thatsachen widersprechend. Ich würde es manch mal gern thun, kann es aber nicht, — weil ein Richter nicht wider seinen Willen versetzt werden darf. ⸗
Das wiederhole ich auch heute, denn ich habe auch heute oft den Gedanken, und er wird mir leider oft genug aufgedrängt, daß ein bestimmter Richter an einem bestimmten Orte besser nicht wäre, und ein Richter an einem anderen Orte seines Amts viel besser walten lönnte. Aber, daß ich darum die Versetzbarkeit der Richter wünsche, das bestreite ich, und ich glaube, daß der Herr Abgeordnete selbst das eigentlich nicht mir hat imputiren wollen.
Die damalige Verhandlung, auf die ich Bezug genommen, und namentlich, darf ich bekennen, die Ausführungen, die in der damaligen Debatte der Abg. Hr. Dr. Windthorst gemacht hat, müssen mich ja nothwendig von Neuem vor die Erwägung der Frage stellen, ob ich in der Versetzung der Richter doch nicht vielleicht zu weit ginge, und ich kann versichern, daß bei jeder Versetzung, die ich beabsichtige, mir die Bedenken, die damals hier hervorgehoben sind, sehr lebendig wieder in die Erinnerung treten. Aber nichts destoweniger bin ich bei dem Prinzip stehen geblieben, daß der Richter keinen Anspruch hat, in einer bestimmten Provinz zu amtiren, und daß, wenn das Interesse des Dienstes es verlangt, ich wünschen muß, daß der Richter sich versetzen lasse. Weiter geht ja überhaupt meine Befugniß nicht; ich kann keinem Richter sagen: ich setze Dich dahin oder dorthin, sondern ich kann ihn blos fragen, ob er, meiner Bitte nachgebend, sich mit einer . da⸗ und dorthin einverstanden erklären wolle. Also den betreffenden Justizbeamten geschieht gewiß kein Unrecht, denn ihnen geschieht nur das, was das Gesetz erlaubt und sie selbst wollen. Den Gerichtseingesessenen aber, glaube ich, geschieht gewiß kein Unrecht, wenn ich tüchtige Männer aus der einen Provinz in eine andere versetze. Dieser Provinzialismus, die Abneigung in irgend einen anderen Theil der Monarchie zu gehen, zeigt sich eigentlich wesentlich nur in zwei Provinzen, der Rheinprovinz und Hannover. Ich habe wiederholt hier erklart, daß ich nicht nur berelt, sondern sogar bemüht bin, den Justizbeamten jener beiden Provinzen gute, ja die besten Stellen in den anderen Theilen der Monarchie anzubieten, weil ich es allerdings für politisch richtig halte, daß der Juristenstand sich in der ganzen Monarchie als einer fühle, und daß dieser Nativismus — ich glaube dieser Ausdruck ist in der Kommission gebraucht — unter den Juristen aufhöre. Ich kann wirklich dringend bitten nicht glauben zu wollen, daß irgend eine Tendenz bei diesen Versetzungen obwaltet, sondern mich lediglich die Ueberzeugung leitet, daß es der Justiz als solcher zuträg⸗ lich ist wenn ich diesen Provinzialismus breche, daß diese Ueberzeu— gung allein mich bewegt, so zu handeln, wie ich handle. Dabei werde ich aber stets mit Vorsicht und mit Schonung aller Personalinteressen zu Werke gehen. . ;
Der Abg. Westerburg wandte sich gegen die Ausführun— gen des Abg. Bachem. Er wundere sich, daß der Abg. Bachem in einer Zeit, wo man endlich der langersehnten Rechtseinheit näher komme, noch einmal auf den überwundenen prinzipiellen Standpunkt zurückgegangen sei. Wenn man sage, die ver— setzten Richter verständen nicht die Sprache der betref⸗ fenden Provinz, so könne sich das nur auf solche Richter beziehen, die unmittelbar mit den Parteien verhandelten, nicht aber auf Richter an den Land- und Ober-⸗Landesgerichten, wo nur mit Anwälten verhandelt werde. Aber auch in Bezug auf die Amtsrichter werde jener Einwand dadurch widerlegt, daß sich Dialekt und Provinzialgrenze durchaus nicht deckten. Meine man ferner, die konservative Gesinnung des Richter⸗ standes leide durch häufige Versetzungen, so müßte dasselbe ja auch bei den, doch ihrer Mehrzahl nach immer noch konser⸗ vativen Verwaltungsbeamten der Fall sein, die viel mehr als die Richter versetzt würden. Wenn man endlich anführe, der Richter müsse vor allem das Recht seiner Provinz kennen, so sei auch dieser Grund nur scheinbar. Gerade durch die Ver⸗ setzung von Richtern aus einem Gebiet ins andere, durch die Zuführung von frischem Blut, von neuen Anschauungen ge— winne das Rechtsleben außerordentlich, komme neues Leben in den Richterstand und die Rechtsprechung. Der wohlthätige Einfluß des Reichsgerichts auf die gesammte Rechts⸗ entwickelung schreibe sich wesentlich daher, daß dort die einzelnen Sachen grundsätzlich nicht nach Provinzen, sondern nach Materien vertheilt seien, und daß in ein und demselben Senate Richter aus den verschiedensten Provinzen zusammen urtheilten. Er stimme den Ausführungen des Justiz-Ministers vollständig zu; ja er wünsche, daß derselbe noch weiter gehe. Indem Redner dann auf die Bemerkungen des Abg. Martinius einging, hielt er die Lichtseiten der freien Advokatur doch für überwiegend. Wünschenswerth halte er namentlich, so lange
die Berufung fehle, daß die Strafkammern und auch die Staats anwaltschaften mit hinreichenden Kräften besetzt seien damit sie ihrer Pflicht vollauf genügen könnten. Bezüglich der vom Abg. Martinius monirten Gerichtekosten meine er, daß gerade die Nebenkosten, die Schreibgebühren und Gerichte vollzieherkosten die Prozesse vertheuerten. Diesem Zustellungs⸗ wesen müßte von Reichswegen näher getreten werden.
Der Abg. Pr. Wehr erklärte, er habe die Angelegenheit bezüglich der Ueberweisung verwahrloster Kinder nur zur Sprache gebracht, damit ihm der Minister des Innern bei seinem Etat nicht sagen könne, „das gehöre in das Ressort des JustizMinisters“. Eine in der Debatte zur Sprache ge⸗ kommene Ueberbürdung der Richter bestreite er.
Der Regierungs⸗Kommissar Geh. Ober⸗Justiz-Rath Starcke erwizerte dem Vorredner nochmals, daß nach dem Wortlaut des 5. 56 des Gesetzes die Angelegenheit keineswegs in sein Ressort gehöre.
Der Abg. Günther bestritt die unverhältnißmäßige Höhe der Gerichtskosten gegen früher, der Werth des Geldes habe sich vermindert. Der Höhe der Anwaltskosten könne man durch eine erweiterte Kompetenz der Amtsgerichte begegnen. Die Beschwerden bezüglich der Versetzungen der Richter halte er für grundlos.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, die Angelegenheit, über welche hier debattirt werde, gehöre eigentlich in den Reichstag. Das Prinzip der Justizreform solle nickt angegriffen werden, wohl aber könne man einzelne Punkte hervorheben. Es seien die Kosten genannt worden, er glaube aber, daß man sich darüber nur ein Urtheil erlauben dürfe, wenn man das Ganze übersehen könne. Die Ansicht des Vorredners, daß die Gerichtskosten jetzt nicht zu hoch seien, theile er nicht. Die Anwaltsgebühren möchten wohl in ein— zelnen Sätzen nicht ganz richtig abgemessen sein, aber diese Gebühren bildeten zusammen ein Ganzes, und glichen sich gegenseitig aus. Außerdem sei die Advokatur eine der schwierigsten Aufgaben, und wenn sie nicht ordentlich bezahlt würde, würden sich keine tüchtigen Kräste für dieselbe finden. Die freie Advokatur sei eine werthvolle Errungenschaft und die gegenwärtige Ueberfüllung der Advokatur nur eine Er— scheinung des Uebergangsstadiums. Die wissenschaftliche Ans— bildung der jungen Juristen liege gegenwärtig im Argen; das komme sowohl von den Universitätsverhältnissen im All— gemeinen als auch von der zunehmenden Genußsucht der Jugend. Der Minister habe eine starke Sehnsucht nach der Berech— tigung, Beamte zu versetzen, laut werden lassen. Derselbe wolle den „Provinzialismus“ der Richter bekämpfen und Aller— weltsrichter schaffen. Er (Redner) meine aber, dem Prinzip, von Osten nach Westen und von Westen nach Osten zu versetzen, müsse entgegen getreten werden. Der Richter solle dort blei⸗ ben, wo derselbe zu Hause sei, nicht allein seiner Heimath nach, sondern auch der äußeren Verhältnisse wegen. Zuerst sei hier die Sprache zu berüͤcksichtigen. Haupterforderniß sei, daß der Richter die Parteien verstehe und umgekehrt. Ob nicht vielleicht die große Zahl von Meineiden darin ihren Grund habe, daß dies oft der Fall sei? Bei einer gewissen Stabilität der Richter werde jedenfalls das Vertrauen zur Justizverwaltung vermehrt. Einen Punkt wolle er hier noch hervorheben, der ihm auch ein Grund für die mangelhafte juristische Ausbildung zu sein scheine. Er meine die Militär— Dienstpflicht, die für die jungen Juristen eine schwere Last sei. Er wünsche, daß der Minister hier festere und weitergehende Grundsätze in Anwendung bringe. Zu dieser Aufforderung sei er ausdrücklich beauftragt worden. Wenn er hier mehrere Dinge bemängelt habe, so habe er es nicht gethan, um über⸗ haupt nur zu tadeln. Im Gegentheil müsse er hier im All— gemeinen ausdrücklich seine Befriedigung über die Justiz— verwaltung äußern.
Der Abg. Biesenbach bemerkte, die ungeheure Höhe der Gerichtskosten werde in der gesammten Rheinprovinz bedauert. Es sei und bleibe eine große Ungerechtigkeit, daß der Kläger sein gutes Recht nicht verfolgen könne, weil derselbe die Kosten nicht nur vorschießen müsse, sondern sie sogar verliere, wenn der Beklagte nichts habe. Dies verhindere eine Menge von sonst sehr berechtigten Klagen. Er möchte sodann den Minister bitten, sich gütigst darüber erklären zu wollen, welche Inten— tionen bei demselben in Betreff des rheinischen Notariats ob— walteten. Es sei in der Presse die Frage ventilirt worden, daß im Ministerium die Absicht obwalte, das Notariat mit der Rechtsanwaltschaft in der Rheinprovinz zu verbinden, die bis— her getrennt gewesen seien. Eine Reihe jüngerer Anwälte trage nur deshalb Bedenken, in die Notariatskarriere einzu— treten, weil über diese Frage keine Klarheit herrsche.
49 Hierauf nahm der Justiz-Minister Dr. Friedberg das ort:
Die Nachricht, daß der Justiz⸗Minister damit umgebe, die Gesetz⸗ gebung über das Notariat zu ändern, habe ich in den Zeitungen ge— lesen. Es war aber auch das erste Mal, daß ich davon hörte. Ich babe niemals die Absicht gehabt, nie irgend ein Wort über solche Absicht geäußert, und der Zeitungsschreiber, der diese Nachricht in die ,. gebracht hat, wird wohl seiner Phantasie allein Lauf gelassen haben.
Bei dleser Gelegenheit kann ich noch eine Antwort auf die Worte des Hrn. Abg. Windthorst geben, der gleichfalls auf eine Zeitungsnotiz Bezug genommen hat. Ich soll nämlich in Altona gesagt haben, ich fürchtete, daß die sreie Advokatur uns zu einem Proletariat unter den Abcvokaten führen könnte. Ich will ganz dra— matisch dem Hause mittheilen, welche Aeußerung ich wirklich gethan babe: Bei einem Besuch des Landgerichis in Altona hatte das Bureau die Güte, sich mir vorzustellen, und bei der Unterredung mit den ,,. Anwälten fragte ich, wie es hier um die Advokatur stände. Man erwiderte mir: ganz vorzüglich! die neue Gesetzgebung hat in unserer Stellung nichts geändert, die Advokatur befindet sich in Altona in durchaus zufriedenstellender Lage. Darauf erwiderte ich: wie ich mich doppelt freute, dies zu hören, da ich allerdings nicht verhehlen wolle, daß ich bei Einführung der freien Advokatur wohl die Befürchtung gehabt hätte, es würde hier und da ein Ueber— fluß an Advokaten entstehen, und damit möchte namentlich in den großen Städten die Gefahr eines Advokatenproletariats eintreten. Ich fügte hinzu, bisher sei meine Befürchtung glücklicherweise nicht nur nicht eingetroffen, jondern man habe mich vielfach versichert, daß wenigstens augenblicklich die Zustände der Art seien, daß solche Befürchtungen auch für die Zukunft nicht nahe lägen. Das ist meine Aeußerung, die dann in den Zeitungen allerdings ganz anders und entstellt wiedergegeben ist. .
Der Abg. von Rauchhaupt kam auf die vom Abg. Wüsten bereits erwähnte Verfügung, betreffend die Reinigung einzu⸗ liefernder Gefangenen zuruͤck. Es sei hier schon die Frage aufgeworfen, welche Behörde am Praktischsten das Reinigungs⸗ geschäft der eingelieferten Gefangenen besorgen solle, die Polizei oder das Amtsgericht. Daß die ländlichen Polizei behörden dies schwerlich thun könnten, unterliege keinem Zweifel. Dieselben hätten ihre Noth, Polizeigefängnisse zu errichten, aber nun auch noch Badeanstalten zu errichten,
sie mit Medikamenten zu versehen, um die Leute u reinigen, das sei doch nickt zu verlangen. Lammiliche Juristen seiner Partei versicherten ihm, daß in den Amtsgefangnissen die nöthigen Vorrichtungen vorhanden seien. Es hange nur vom guten Willen ab, die Sache zweck⸗ maßig durchzuführen. Die Vagabonden laufen zu lassen, liege ju auch nicht im Interesse der Justiz. Möge also das Amts— gefängniß dies Geschäft besorgen, und die Liquidation dafür der Polizeibehörde zuschicken. Dieselbe wolle ja gern die Kosten tragen. ᷣ ;
Der Abg. Knoch wandte sich gegen die Ausführungen des Abg. Bachem. Man stehe hier vor hohen politischen Auf— gaben und Zielen der Regierung, und da müsse das Justiz⸗ ressort auch das Recht haben, diese Aufgaben und Ziele da— durch zu fördern, daß sie bei aller Rücksicht auf provinzielle Verhältnisse füc den rechten Augenblick den rechten Mann auf die rechte Stelle setze. Er wolle nicht bestreiten, daß der Richter einen fremden Dialekt nicht gleich vol ständig verstehe. Dies komme aber auch bei Versetzungen in der Heimaths—⸗ provinz vor. Bei einigem Eifer werde die Sache schon gehen, ohne daß materiell die Geschäfte leiden würden. Und was die Verschiedenheit der Rechte betreffe, so dürfe man dem Justiz— Minister das vollste Vertrauen schenken, daß derselbe nicht ungeeignete Personen in ein solches fremdes Rechtsgebiet senden
erde. 4 Der Abg. Frhr. von Minnigerode erklärte, auf die ein— gehenden Anführungen des Abg. von Rauchhaupt, die er und feine Freunde unterstützten, sei Seitens des Regierungstisches eine Mir legung nicht erfolgt; er verzichte desbalb auf die Sache näher einzugehen.
Der Titel wurde bewilligt.
Bei Titel 3 (Gehälter der vortragenden Räthe im Mini— sterium) bemängelte der Abg. Lauenstein, daß der Direktor der Justizprüfungskommission aus einem Nebenamt beinahe eben— soviel beziehe, wie seine Besoldung aus dem Hauptamte be— trage. Die Remuneration des Präsidenten der Prüfungs— kommission mit 9500 ½ sei nämlich nur um 400 M6 geringer, als seine eigentliche Besoldung. Im Etat für 1883.84 hätte sie nur 72060 6 betragen, es scheine also jetzt eine ganz andere Vertheilung der Prüfungsgebühren obzuwalten. Auch sei über die Gebühren der Kandidaten im Etat nichts aufge— führt. Die Prüfungsgebühren für den Präsidenten und die Mitglieder der Prüfungskommission für Verwaltungs beamte seien viel niedriger.
Der Justiz-Minister Dr. Friedberg erwiderte, der Modus der Vertheilung habe sich nicht geändert, sondern nur die Zahl der Prüfenden. Die Prüsungsgebühren würden auf diejen gen Mitglieder vertheilt, welche an der speziellen Prüfung theilge— nommen hätten. Der Präsident erhalte viel mehr als die Mitglieder, weil derselbe an allen Prüfungen theilnehme. Die Einnahme des Präsidenten sei jetzt allerdings sehr groß, dessen Arbeit sei aber auch außerordentlich groß und man würde keinen guten Präsidenten finden, wenn derselbe nicht gut bezahlt würde. Er habe selbst als Examinator nur 600 Thaler eingenommen, weil die Zahl der Prüfenden gering gewesen sei. Jetzt harrten über 4090 Referendare des Examens. Zu diesem Amt dränge sich Niemand, sondern er habe Mühe und Noth, Examinatoren zu finden.
Der Abg. von Heyden glaubte, daß das Examen der Verwaltungsbeamten für die Prüfenden ebenso schwierig sei, wie dasjenige für die Justizbeamten.
Der Titel wurde bewilligt, ebenso der Rest des Kapitels ohne Debatte.
Bei Kapitel 72 (Justiz-⸗Prüfungskommission) bat der Abg. Frhr. v. Fürth bei der Prüfung der Juristen auf das kano⸗ nische Recht besondere Rücksicht zu nehmen, dessen Unkenntniß sich bei der Judikatur in katholisch-kirchlichen Fragen sehr un— angenehm fühlbar mache. ⸗ .
Der Abg. Dr. Windthorst bedauerte, in dieser Frage mit seinem Fraktionsgenossen nicht einverstanden zu sein. Die gegenwärtige Zeit sei nicht geeignet, richtige Anschauungen von Kirchenrecht und kirchlichen Dingen zu verbreiten. Er würde vielmehr geneigt sein, jungen Juristen das Hören kanonischer Vorlesungen auf Universitäten zu verbieten, weil dort die große Mehrzahl der sogenannten Kanonisten tendenziöse Irrthümer verbreiteten. ö
Der Abg. Frhr. v. Fürth entgegnete, die Richter seien einmal dazu berufen, in solchen Fragen zu entscheiden, und darum sei es auch von großer Wichtigkeit, daß sie die Grund— sätze des Kirchenrechts kennten.
Das Kapitel wurde bewilligt.
Bei Kap. 73 (Ober⸗Landesgerichte 3 564 221 6) kam der Abg. Dr. von Jazdzewski auf seine Kontroverse mit dem Justiz-Minister zurück. Nationalpolnische Tendenzen der pol— nischen Richter bestreite er. Wenn vielleicht der eine oder der andere Richter strafversetzt worden sei, so seien das sporadische Fälle. Man stehe hier einem System gegenüber, und der Minister habe die von ihm angeführten Fakta nicht widerlegt. Die Richter polnischer Nationalität erfüllten ihre Pflicht als Richter ebenso gut, wie die deutschen Richter, und hätten dann dasselbe Recht der Beförderung. Diese werde ihnen aber nicht zu Theil. Wenn ein Rechtsanwalt seiner Partei sich ungehöriger Ausdrücke bei einer Vertheidigung bedient habe, so sei er der Letzte, der derartige Redensarten ver⸗ , Aber einzelne aus der ganzen Rede herausgerissene Phrafen bewiesen gar nichts. Der Minister habe sich auf Berichte der Behörde berufen, an deren Spitze der Ober— Landesgerichts Präsident von Kunowski sich befinde. Gegen diesen ausgesprochenen Parteimann — das sei die communis obinio — herrsche nicht nur unter den Polen, sondern auch unter den Deutschen allgemeine Abneigung. Er bitte daher den Minister um Versetzung dieses Beamten.
Der Justiz⸗-Minister Dr. Friedberg entgegnete, der Abg. Bachem habe ihm vorgeworfen, daß er die Richter zu leicht versetze, ver Vorredner mache ihm jetzt den Vorwurf, daß er einen bestimmten Richter nicht versetze. Der Abg. von Jazdzewski scheine es übrigens selbst inicht erwartet zu haben, und er Redner) könne und wolle es auch nicht zufagen. Der Präsident von Kunowski sei ein Richter, der seines Amtes, so weit er es beurtheilen könne, mit Treue und derjenigen Hingehung walte, die von einem Richter erwartet werde. Daß derselbe dabei mitunter nationalpolnische Gefühle verletze, möge sein.
zenn aber behauptet werde, daß derselbe darum ein allgemein unbeliebter Beamter in der Provinz sei, so bestreite er dies als unbewiefen. Er könne daher nur antworten, er sei in 3. . in der Lage, auf den Wunsch des Vorredners zugehen. er Abg. von Bismarck Flatow erklärte, er habe von dem Abg. von Jäzdzewski keine Fakta gehört, fondern nur Klagen Einzelner, die fich im Rachtheil glaubten. Seine Partei ver—
lange mit vollem Recht, daß der Pole, der in den Staatadienst treten wolle, der Richter werden wolle, sich auch als Preuße belenne, und er verlange, daß, wenn die Regierung einen Polen anstelle, sie sich die Fragen vorlege: 1) habe derselbe den preußischen Sinn, den man voraussetzen müsse, und 2) könne derselbe an seinem Platze richtig wirken oder nicht? Der Abg. von Jazdzewski habe ferner behauptet, ein Pole, der Rechtsanwalt sei, bekomme das Notariat nicht. Er könne aber gerade aus eigener Anschauung das Gegentheil konstati⸗ ren. Er wolle zum Schluß noch die Versicherung abgeben, daß die preußische Justiz in Posen nicht schlechter sei, als in irgend einer anderen Provinz.
Der Abg. Dr. Wehr erinnerte den Ausführungen des Abg. von Jazdzewski gegenüber daran, daß sast die Hälfte der Bewohner Posens deutsche, und daß die Richter in erster Linie preußische Beamte seien.
Der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum bemerkte, der Abg. von Jazdzewski habe nur von dem Schein der Parteilichkeit ge— sprochen, Thatsachen habe derselbe keine angeführt. Er müsse gegen ein solches Verfahren einem verdienten hohen Beamten gegenüber protestiren.
Der Abg. Dr. von Jazdzewski erwiderte, daß ein solcher Angriff allerdings seine Bedenken habe, aber der Landtag sei der einzige Ort, wo man den Angriff anbringen könne, und deshalb sei es Pflicht eines polnischen Abgeordneten, darüber zu sprechen.
In Titel 2 sind für 235 Ober⸗Landesgerichts-Räthe 1357455 s6 ausgeworfen.
Der Abg. Dr. Huyssen empfahl die Einkommen der Ober— Tribunals⸗-Räthe, welche bezüglich ihres Gehalts bei der Reor— ganisation sehr schlecht weggekommen seien, der Berücksichtigung der Regierung für den nächsten Eiat. Man könne entweder eine Liste führen, und das Gehalt nach dem alten Durchschnitt berechnen, oder den alten Normaletat wieder herstellen und die Räthe aufrücken lassen, wenn sie an der Reihe seien.
Der Regierungskommissar Geh. Ober-Justiz-Rath Schmidt erwiderte, die Regierung habe den Wunsch gehabt, bei der Reor⸗ ganisation jede Schädigung der Beamten zu vermeiden, man habe aber nur bis zu einem gewissen Grade den Wünschen der Beamten entgegenkommen können. Viele andere Beamte ver— dienten viel mehr Berücksichtigung, als die Ober-Tribunals⸗ Räthe, das seien namentlich die Kanzleibeamten, die viel schlechter bei der Reorganisation fortgekommen seien.
Titel 2 bis 10 wurden bewilligt.
Bei Titel 11 „Prüfungsgebühren 9009 M6 bemerkte der Abg. Munkel, bei der Ueberfüllung, welche der juristische Beruf aufzuweisen habe, sei von offizieller Seite oft von dem Studium der Jurisprudenz abgerathen worden. Aber niemals sei das in so kräftiger Weise geschehen, als in dem Regulativ, welch s der Justiz-Minister unter dem 1. Mai 1883 erlassen habe Derselve habe sich, um dasselbe zu rechtfertigen, auf das Gerichtsverfassungsgesetz und das preußische Ausführungs— gesetz berufen. Aber er finde weder in dem einen, noch in dem anderen etwas, was Bestimmungen rechtfertigen könnte, wie sie in jenem Regulativ enthalten seien. Durch die 88. 14 und 15 würden die Rechtskandidaten verpflichtet, den „uͤber— zeugenden“ Nachweis zu führen, daß ihnen für die Dauer von fünf Jahren die Mittel zu einem standesgemäßen Leben zu Gebote ständen, und werde den Praäsidenten der Ober-Landesgerichte die Befugniß zugestanden, nach den Prüfungsakten und nach dem, was ihnen sonst über den be— treffenden Kandidaten bekannt geworden, die Entscheidung dar⸗ über zu fällen, ob derselbe würdig sei, in den Staatsdienst einzutreten oder nicht. Die Gründe, welche gegen die Zu— lassung sprächen, sollten den Akten beigefügt und durch die Entscheidung eines Präsidenten alle übrigen Präsidenten ge— bunden werden. Er würde dem Justiz-Minister dankbar sein, wenn derselbe mir nachweisen wollte, wie eine solche Bestimmung mit der Verfassung vereinbar sei, die erkläre, daß die öffent⸗ lichen Aemter für Alle zugänglich sein sollten. Die Frage der Zweckmäßigkeit des Regulatios wolle er nur obenhin berüh— ren. Man habe immer eine Bescheinigung verlangt, daß Der— jenige, welcher sich zum Justizdienst melde, die Mittel besäße, um sich fünf Jahre selbständig zu unterhalten. Jetzt aber werde ein „überzeugender Nachweis“ gefordert. Wie es mit diesem Nachweis bestellt sei, dafür ein Beispiel. In Posen müsse ein Bauer, der seinen Sohn in den juristischen Dienst eintreten lassen wolle, eine Hypothek auf sein Haus aufnehmen. Ein Glück, daß man die neue Subhastationsordnung be⸗ kommen habe; jetzt könne dem Bauer das Haus wenigstens nicht subhastirt werden. Das Schlimmste aber sei, daß Jemand, der das Examen gemacht habe, zurückgewiesen werden könne, nicht nur, wenn sich aus den Prüfungsakten Nachtheiliges ergebe (denn dagegen habe er nichts), sondern auch wenn Mit— theilungen anderer Art vorlägen, die den Kandidaten als un— würdig zum Eintritt in den Staatsdienst bezeichneten. Was sei aber unter „unwürdig“ zu verstehen? Er hege den Ver— dacht, daß man auch für den Juristenstand die Disziplin ein— zuführen gedenke, die sich in der Armee bewährt habe. Dann
könnte sich aber ereignen, daß ein Kandidat, der eine Heraus-
forderung zum Duell abgelehnt habe, von einem Präsidenten mit militärischen Anschauungen für unwürdig befunden werde. Ebenso dürften Fragen konfessioneller Art hier und da Ver— anlassung geben, daß ein Kandidat für unwürdig bejunden werde, man sehe, daß das Regulativ, welches in dieser Gestalt um ersten Male vor das Haus erschienen sei, Fragen weit—⸗ tragender Natur berühre. Um so mehr liege für das Haus Veranlassung vor, dasselbe hier zur Sprache zu bringen.
Hierauf nahm wiederum der Justiz-Minister Dr. Fried⸗ berg das Wort: ; , Der Herr Abgeordnete hat zwei Fragen an mich gerichtet. Die erste geht dahin, worauf sich die gesetzliche Ermächtigung zu der er— lassenen Verfügung gründe, und die zweite dahin, daß die Verfügung
jedenfalls zu weit geht, selbst wenn ich die gesetzliche Ermächtigung
dazu behaupten könnte. Meine Ermächtigung zu dem neuen Regulativ und zu der angefochtenen speziellen Verfügung habe ich aus §. 14 des Gesetzes vom 6. Mai 1865 abgeleitet, derselbe lautet: . Der Justix Minister wird die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen, namentlich alle zur Ergänzung noth⸗ wendigen Grundsätze über die Art der Prüfungen, die Zusammen⸗ setzung der Prüfungskommissionen, die Vertheilung der Beschäfti⸗ gungezeit, sowie über die wiederholte Zulassung noch nicht bestan⸗ dener Prüfung in einem Regulativ festsetzen. . . Dieser 5 14 giebt also dem Justiz⸗Minister die Ermächtigung, ein neues Regulatio zu erlassen und führt nun Beispiele dessen an, was jedenfalls in dieses Regulativ aufgenommen werden müsse; der §. 14 beengt aber den Justiz⸗Minister nicht derart, daß er nichts anderes als was in diesem Paragraphen aufgeführt ist, in das Regulativ aufnehmen dürfe, sondern er giebt ibm die Ermächtigung zu einem Regulativ, in dem jedenfalls diese Punkte enthalten sein müssen. Nun habe ich in dem erlassenen Regulativ allerdings fest⸗ gesetzt, daß der Präsident unter Berücksichtigung einer allgemeinen
älteren Verfügung von dem sich Meldenden den überzeugenden Nach- weis zu fordern habe, daß demselben für die Dauer von fũnf Jabren die zum standesgemäßen Unterhalt erforderlichen Mittel zu Gebote ständen. Meine Herren, eine solche Bestimmung war meines Erachtens nothwendig, weil bei dem großen Andrange zur Justij in den letzten Jahren, namentlich auch in der Hoffnung auf die freie Advokatur, sich allerdings eine Anzabl von Personen meldeten, die ihrer ganzen sozialen und wirthschaftlichen Stellung nach Lie Gefahr mit sich brachten, daß der Justizstand als solcher durch Eindringlinge die⸗ ser Art herunterkemmen möchte. Ich weiß sehr wohl, daß nicht Be⸗ sitztbümer und Geld dasjenige ift, was den Mann macht, aber in einer Laufbahn, welche nothwendig voraussetzt, daß der sie Betretende eine ziemliche Reihe von Jahren wirthbschaftlich selbständig gestellt sein müsse, damit er nicht zu Dingen verleitet werde, die mit der Würde des Standes, dem er sich widmen will, sich nicht vertragen. diese Erwägung war es, die mich dazu veranlaßte, diese Bestimmun⸗ gen zu treffen.
Ich darf anführen, daß die bloße Bescheinigung von Verwandten, daß der betreffende Kandidat fünf Jahre von ihnen werde unterhalten werden, vielfach sich als trügerisch herausgestellt hat. Mir ist beispielsweise ein Fall bekannt geworden, wo eine solche Bescheini⸗ gung Anlaß gab, nähere Auskunft über den Aussteller der Be—⸗ scheinigung zu fordern, und da ergab sich, daß der Aussteller selbst von Armenunterstützungen lebte, und dennoch frischweg bescheinigte, daß er mit seinen Mitteln den Kandidaten erhalten könne und wolle
Wende ich mich zum zweiten Theil der Frage, so hat der Herr Abgeordnete selbst nicht den Verdacht geäußert, als ob mit der weiteren Bestimmung, der Pröäsident solle auch die Ueberzeugung gewinnen, daß der Gexrüfte zur Zu— lassung zum höheren Justizdienste würdig sei, irgend welcher vo⸗ litische Hintergedanke verbunden wäre. In der That ist keine andere Absicht damit verbunden, als die: von dem Eindringen in den Juristenstand Personen zu Anfang fern zu halten, von denen man nicht die Hoffnung oder die Ueberzeugung haben kann, daß sie demnächst dem Juristenstande Ehre machen werden. Meine Herren, zur Zeit sind — ich habe es schon vorhin erwähnt — in der Justiz gegen 4000 Referendarien. Der Hinweis darauf, daß von diesen 14000 jungen Männern durch die freie Advokatur ja eine große Reihe derselben bald nach bestandener zweiter Prüfung in eine wirthschaftlich gesicherte Stellung komme, ist doch nur mit großer Vorsicht aufzunehmen; denn die Erfahrung lehrt, daß der Wunsch, in die Advokatur zu treten, sich immer mit dem Wunsche verbindet, diese Advokatur dann noch in einer der großen Städte zu üben, und selten geschieht es, daß der junge Jurist sehr geneigt ist, sich bei einem Amtsgerichte niederzulassen. Dieses Streben nach den großen Städten hat einmal die Gefahr der Ueberfüllung der große tãdte an Advokaten, und hat zweitens die weitere Gefahr der Verödung, des Mangels an Advokaten an den kleinen Gerichten, eine Gefahr, . ö. so größer ist bei einem Prozeß, der auf dem Anwaltszwange
eruht.
Ich darf und kann ja hier nicht mit Beispielen kämpfen, in denen ich Ihnen Personen vorführen möchte, von denen auch der Herr Inter⸗ vellant selbst anerkennen würde, daß es sehr gut war, sie bei Zeiten von der Justiz fern gehalten zu haben, und daß es nicht erst nöthig ge⸗ worden, sie nachber durch Disziplinar- oder gar Kriminalerkenn!nisse als unwürdige Glieder aus der Justiz wieder herauszubringen. Das Wort ‚unwuürdig“, gebe ich zu, ist einer sehr weiten Deutung fähig, aber da der Gesetzgeber es selbst in seinem Gesetze gebraucht hat, dürfen Sie, glaube ich, dem Justiz⸗Minister keinen Vorwurf daraus machen daß er dasselbe Wort und zu demselben Zweck in das Regu—⸗ lativ aufgesmmen hat. Ich will übrigens bemerken, daß ich an diese Bestimmung gar nicht so schnell herangegangen bin, denn ich war mir sehr wohl bewußt, welche Anfeindungen sie erfahren konne, und sie sind mir denn auch, noch ehe sie hier in diesem Hause laut ge— worden sind, schon von anderen Seiten nicht erspart geblieben. Ich glaube aber, daß die Bestimmung selbst trotzdem eine gute ist, daß sie sich bisher bewährt hat, und daß sie der Rechtspflege als solcher auch fernerhin zu Gute kommen wird.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er halte den Zweck bei dem Regulativ für gut, die Mittel aber schlecht. Es sei gewiß löblich, daß der Minister bemüht sei, zu sorgen, daß nur ge— eignete Personen in den Juristenstand hineinkämen. Er gebe auch zu, daß es für einen jungen Mann am erwünschtesten sein müsse, das was ihm später bevorstehr, so bald als mög— lich zu erfahren; aber er halte es für ganz verkehrt, daß ein Ober-Landesgerichts Präsident für sich allein die Entscheidung darüber haben solle, ob der Kandidat zum Staatsdienst zuge— lassen werden solle oder nicht. Wolle man eine Censurbehörde, dann müsse man auch ein ordentliches Kollegium und ein ordentliches Verfahren, vor Allem eine Vernehmung einrichten. Aber man sollte nicht das Schicksal eines jungen Mannes einzig und allein in die Hand eines Präsidenten legen. Dann sei auch der Ausdruck „würdig“ sehr vag. Der Minister sage zwar, der Ausdruck sei einem Gesetz entnommen. Allein, was beweise das? Ferner sei ein Vermögensnachweis verlangt. Man sollte den⸗ selben fordern, ehe der junge Mann sich zum Examen melde, und nicht erst dann, wenn derselbe bereits ein großes Kapital unnütz aufgewendet habe. Er müsse sagen, er selbst würde einen solchen Nachweis, wie derselbe jetzt gefordert werde, nicht haben führen können. Aber er habe seiner Kraft vertraut, und habe als Referendar so viel verdient, um seinen Eltern all das Geld ersetzen zu können, welches sie ihm während seiner Studienzeit gewährt hätten. Man sollte sich wohl erinnern, daß der junge Beamte nicht allein Geld gebrauche, sondern auch ein Kapital an geistiger Kraft. Mit solchen Bestim— mungen könne man nur tüchtigen Leuten den Weg ver— sperren. Er glaube nicht, daß die Verfügung aufrecht erhalten bleiben könne. Bedürfe es besonderer Maßregeln, so ent— schließe man sich, ein Gesetz zu machen. Das wolle er ruhig abwarten, bis dahin aber müsse auch diese Verfügung unbe— dingt sistirt werden. ;
Der Regierungs-Kommissar Geheime Justiz⸗Rath Hoffmann entgegnete, die angezweifelte Zulässigkeit der Bestimmung, daß der Ober-Landesgerichts-⸗Präsisent die Zurückweisung derjenigen Refendare aussprechen könne, welche für nicht qualifizirt er⸗ achtet würden, werde aus dem Schlußparagraphen des Ge⸗ setzes vom 6. Mai 1869 abgeleitet, in welchem dem Justiz— Minister die Befugniß zum Erlaß der betreffenden Aus⸗ führungsverfügungen ausdrücklich ertheilt werde. Es werde auch darüber keine Meinungsverschiedenheit bestehen, daß, wer unwürdig sei, zurückgewiesen werden müsse. Auch das Dis⸗ ziplinargesetz bestimme in §. 84, daß Unwürdige ohne weiteres Verfahren vom vorgesetzten Minister entlassen werden könnten. Nun, die Entscheidung des Ober-Landesgerichts-Präsidenten sei ja nicht unangreifbar. der Minister könne ja stets ange⸗ rufen werden. Man könne vielleicht schützendere Formen des Regulativs für die Referendare als wünschenswerth erachten, aber daß das Regulativ dem Sinne des Gesetzes widerspreche, könne nicht erwiesen werden. ;
Der Abg. Dr. Hänel erklärte, das Regulativ gebe keines- wegs nur die erforderlichen Ausführungsbestimmungen, son⸗ dern es stelle ganz neue Qualifikationsmomente für die Zu⸗ lassung zum Staatsdienst auf. Nach dem 3. 14 des Regulativs könne der Ober⸗Landesgerichts-Präsident nach bestandener Prüfung die Qualifikation zum Staats⸗ dienste anzweifeln. So lange nicht ein besonderes